Abdullah, Muhammad Salim. Islam für das Gespräch mit Christen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Mohn, 1992. Der Autor dieses Buches ist ein Mann von beeindruckender Kompetenz: Journalist, Fachreferent für Islam, Leiter des Zentralinstitutes Islam-Archiv-Deutschland, Vertreter des islamischen Weltkongresses in der BRD und bei den Vereinten Nationen, sowie Mitglied des Exekutivrates des Kongresses. Darüberhinaus muß man ihm das Zeugnis ausstellen, sowohl ein Kenner des Islam als auch der deutschen religiösen Mentalität zu sein. Wie der Titel richtig aussagt, soll das Buch Christen ein neues Verständnis für den Islam ermöglichen. In oft rührender Weise und mit fähiger Feder schildert der Autor den, wie er meint, mißverstandenen Islam und seine Glaubenslehre. Der im Qur’an, den Hadithen (Traditionen) und dem Islam als Religion unbewanderte Leser wird, zumal wenn er das Gelesene mit den allgemein bekannten Praktiken der Volkskirche vergleicht, sicher von dem Inhalt des Buches tief berührt sein. Der erste Teil des Buches schildert kurz und eindrucksvoll aus islamischer Sicht seine Offenbarungslehre, Propheten, Buch und Glaubenslehre. Im zweiten Teil entwickelt Abdullah die islamische Polemik gegen den christlichen Glauben. Dies geschieht mit Einfühlungsvermögen und Verständnis. Mit viel Geschick versteht es der Autor, den Islam und seine Lehre und Praxis dem Westler nahezubringen. Wo offensichtliche Tatsachen gegen den Islam sprechen, wendet er sich auch offen dagegen, was die Glaubwürdigkeit des Buches nur noch festigt. Blauäugig erklärt er beispielsweise den „heiligen Krieg“ und wendet sich mit einer sehr schwachen Exegese sowohl gegen die Lehre als auch die geschichtlichen Tatsachen. Obwohl Abdullah seiner Dialogbereitschaft wiederholt Ausdruck verleiht, geht er seinerseits keinen Kompromiß ein. Entschieden lehnt er die Göttlichkeit und Gottessohnschaft Jesu, seinen Kreuzestod und damit die biblische Heilslehre ab. Natürlich wird auch die Bibel in Frage gestellt, wo sie nicht mit dem Qur’an übereinstimmt - und das leider bei allen wesentlichen Aussagen. Trotz gegenteiliger Beteuerung ist dieses Buch klar anti-biblisch und wohl die beste Werbung für den Islam, die mir bekannt ist. Gerhard Nehls, em 1993-2. |
Abraham, K. C. und Bernadette Mbuy-Beya (Hg.). Spirituality of the Third World, Orbis Books: Maryknoll, 1994. Es ist das Verdienst von Orbis Books, jeweils die regionalen Tagungen und Vollversammlungen der 1976 gegründeten „Ökumenischen Vereinigung von Dritte-Welt-Theologen“ (Ecumenical Association of Third World Theologians - EATWOT) zu dokumentieren. Vorliegender Band gibt die „papers and reflections“ der 3. Vollversammlung vom Januar 1992 in Nairobi wieder. Kennzeichnend für die theologische Arbeit ist der ganzheitliche Ansatz, der persönliche Frömmigkeit, Einsatz für Freiheit und Gerechtigkeit, Kampf gegen Armut und Unterdrückung und die daraus resultierende Theologie als Einheit sieht. „Der Schrei der Dritten Welt ist der Schrei nach Leben“ (2). Hierauf muß Frömmigkeit und Theologie relevante Antworten geben. Stimmen aus Lateinamerika, Afrika und Asien regen zum Nachdenken an. Dr. Johannes Triebel, em 1997-1. |
Adegbola,
E.A.Ade. Traditional Religion in West Africa.
Daystar Press: Ibadan, 1983. Das vorliegende Buch enthält eine Sammlung von Aufsätzen verschiedener Autoren über die traditionellen Religionen Westafrikas. Unter drei Hauptpunkten ‑ Religiöse Persönlichkeiten, Funktionen der Religion, Religionssysteme ‑ finden wir eine Fülle von Informationen. Man liest über Priester, Riten und Feste, Moralfragen, Mythologien, Symbolismus, afrikanische Vorstellungen vom Menschen und von Gott, um nur einige Themen zu nennen. Für an Informationsmaterial über traditionelle afrikanische Religionen Interessierte ist dieses Buch eine wahre Fundgrube. Das unterscheidende Merkmal dieses Buches besteht aber darin, daß es nicht nur die sonst üblichen Beschreibungen enthält. Einige der Autoren machen den Versuch des Vergleichens, Erklärens und Interpretierens der traditionellen Religionen. Der Herausgeber schreibt folgendes dazu: „Die meisten Studien über traditionelle Religionen aus der Sicht des Missionars tendieren in erster Linie dazu, Beschreibungen zu sein. Dies wächst (neben der Bequemlichkeit) aus der Priorität der phänomenologischen Methode heraus. Es ist der Vorteil dieser Methode, daß Methoden der Feldforschung der Sozialanthropologen daraus entwickelt wurden. Während Beschreibungen notwendig sind, sind sie offensichtlich nicht immer ausreichend. Erklärungen und Interpretationen müssen eingebracht werden. Gerade aber dies ist die schwierigste und empfindlichste Aufgabe.“ Langjährige Erfahrung zeigt, daß der Hauptgrund der Faszination der Afrikaner durch Für uns sind diese Entwicklungen eine Herausforderung in dem Sinne, daß wir beginnen müssen, die religiöse Umgebung und Herkunft unserer afrikanischen Brüder zu verstehen. Einmal müssen auch wir zu einem neuen Verstehen der traditionellen afrikanischen Religionen kommen. Zum andern müssen wir uns der Wichtigkeit bewußt werden, daß eine gründliche, klare und zweckmäßige biblische Theologie für Afrika entwickelt werden muß. Hier kann das interpretierende Raster nur die Bibel sein. Das vorliegende Buch mit seinen Beschreibungen, Erklärungen und Interpretationen des westafrikanischen religiösen Denkens kann man darum jedem empfehlen, der die Seele unseres afrikanischen Bruders und Mitmenschen kennenlernen und verstehen will. Battermann, em 1988-1. |
Adeney,
Miriam.
Daughters of Islam: Building Bridges with Muslim Women, As an anthropologist
and a Christian, Miriam Adeney comes to the issue of Missions among Muslim
women with a particular sensitivity and insight. However, her interest in
understanding the cultural and anthropological aspects of Muslim women’s
lives does not deter Adeney from a firmly grounded missiology. The result is
a book which draws heavily on the real life stories of women from across the
Islamic world who have come to believe in Jesus as more than a mere prophet
balanced by firmly grounded missiological insights. Adeney
begins her book with the Biblical accounts of Hagar, from whose son the
Muslim world would trace their genealogy, encountering God’s merciful, loving
presence in the midst of hardship. From this moving story, Adeney asserts the
love of God for Muslim women, and the clear call to give a compassionate
witness to the hope of Christ. In a time
in history in which there is a tendency in the West to wrongly stereotype
Muslim women as forcefully veiled, repressed, uneducated and oppressed,
Adeney paints the extremely varied experiences of Muslim women in her chapter
‘Every Woman is an Exception.’ Through several chapters, she tells the
stories, albeit at times in a somewhat unrefined literary style.
Nevertheless, she manages to communicate the realities of women from both
lower and upper class, from religious as well as nominal Muslim upbringing,
from such varied countries as North Africa, Southeast Asia, the Middle East,
and She
underlines the importance of a culturally contextualized yet biblically sound
witness through firmly built friendships and trust, speaking into areas of
their lives that concern them as opposed to wielding a particular rhetoric.
However, she does not refrain from sharing accounts in which despite flawed
witnesses, Muslim women came to believe. In the
end, it becomes clear through the accounts of women who came to Christ
through the loving witness of believers, through painful life experiences,
through dreams and visions, that God has unlimited means to draw the hearts
of Muslim women. With or without us, He will stir the hearts of the hungry to
seek Him and as promised in scripture ‘those who seek, shall find.’ And yet,
Adeney gives us cause to recognize the part we may be privileged to play in
prayer, authentic friendship, acts of kindness, and being prepared to give an
answer to the hope that we have. In the
preface of her book, Adeney states that her aim for the book is ‘to educate
about important parts of Muslim women’s lives. To elucidate some mission
strategies…and to encourage.’ It is clear that she has managed to do just
this. For those who are just stepping foot into the arena of missions among
Muslim women, it is an insightful and helpful tool. For many of us who have
been walking with our Muslim friends and long for them to be our sisters in
faith, it is encouraging to read the accounts of those women who have heard
the call of Christ and responded. It reminds us that although the way may be
long and narrow, we must persevere in patient and faithful prayer and
witness. Lisa Dik, em 2006-2. |
Albrecht, Rainer. Eine Trommel allein singt
kein Lied. Evangelische Predigt in Nordwest-Tanzania. Erlangen: VELM, 1996. Fast 30 Jahre nach Beginn seiner Forschungen veröffentlicht Rainer Albrecht hier seine Doktorarbeit. Durch die Hinzufügung unkommentierter Predigten der frühen 90er Jahre versucht er, die zeitliche Verzögerung zu überbrücken. Überhaupt nehmen die jeweils vollständig wiedergegebenen Predigten gut ein Drittel der Arbeit ein. Das ermöglicht dem Leser, den erfrischenden Untersuchungsgegenstand unmittelbar auf sich wirken zu lassen. Zahlreiche Nebenbemerkungen Albrechts zum Umfeld erweisen sich als außerordentlich hilfreich. Hier spürt man den intimen Afrikakenner heraus. In der Einzelkritik findet der originelle, beispielreiche Predigtstil sein uneingeschränktes Lob. Die afrikanische Eigenart der Frage des Predigers, die auf eine Antwort der Gottesdienstbesucher wartet, würdigt Albrecht ausdrücklich mit dem Untertitel seines Buches „Dialogisches Geschehen in einer Kultur der Oralität“. Ein echter Austausch kann eine Predigt aber nicht sein. Das Stilmittel wird wohl eher zur Erhöhung der Spannung und Einbindung der Zuhörer eingesetzt. In der streckenweise begeisternd treffsicheren theologischen Bewertung entdeckt Albrecht Defizite, benennt aber leider auch den Pietismus der Missionare sowie die ostafrikanische Erweckungsbewegung als Hauptimpulsgeber „verkürzten“ theologischen Denkens. So berechtigt seine Kritik in vielen Punkten sein mag, reflektiert sie oft nur seine eigene theologische Vorliebe wie im Falle Christologie vs. quietistischer Jesulogie. Welch ein Segen, daß die Lutheraner Jesus verkünden! Da gibt es in Tansania durchaus anders gelagerte Fälle. Ein kleiner Wunsch am Rand: Die beigefügte Landkarte mit den unleserlich klein gedruckten Ortsnamen wäre durch eine Hervorhebung der im Buch erwähnten Predigtorte entscheidend aufgewertet worden. Winfried Schwatlo, em 1997-4. |
Ali, Michael Nazir. Frontiers in Muslim-Christian
Encounter. Oxford: Regnum Books, 1991. Der Generalsekretär der CMS und frühere Bischof der „Church of Pakistan“ greift in diesem Buch die wichtigsten theologischen und missiologischen Themen für eine Begegnung von Christen und Muslimen auf, u. a. die Lehre von Gott und die Christologie im islamischen Kontext, die Bedeutung der Heiligen Schrift, Ganzheit im Evangelium, Kontextualisierung und Evangelisation, Glaube im Dialog, die Kirche und die sozial-politischen Ordnungen. Nazir Ali als Insider vermittelt hilfreiche und praktikable Einsichten. Eine Studienanleitung zu Themen der Lehre, theologischen Charakteristika und Titeln (Namen) und ein Personen- und Sachindex sind angehängt. Klaus Brinkmann, em 1997-4. |
Ali, Othman & Hassan Samir. Islamische Kräfte und Gemeinde Jesu. 1991. & Wolfgang Zschaler; Othman Ali (Hg.). Gesprengte Brücken. Muslime wählten Jesus. 1992. Der jüngste Golfkonflikt hat viele Fragen aufgeworfen und
neue Feindbilder geprägt. Endlich gibt es ein christliches Buch, das die
Fronten nicht verhärtet, sondern
Verständnis zu wecken versucht. Das Besondere an dem Buch ist, daß seine Autoren, aus dem Islam kommend,
eine klare Bekehrung zu Jesus Christus vollzogen haben. Sie schreiben aus
eigenem Erleben des Islam und aus fundierter Kenntnis der politischen
Entwicklungen und der christlichen Missionsarbeit in der islamischen Welt: Entstehung und Ziele des islamischen Funda Die zweite Neuerscheinung Gesprengte Brücken füllt eine echte Informationslücke. Den fünf Erlebnisberichten von ehemaligen Muslimen sind fachkundige Erläuterungen des Islams aus der Feder Othman Alis angefügt. Dadurch gewinnt der „westliche“ Leser ein tieferes Verständnis, das notwendig ist, um die Situation von Konvertiten, besonders nach der Bekehrung, zu verstehen. Sehr einfühlsam werden die Leiden und Anfechtungen der Konvertiten beschrieben, unter anderem in einem Gedicht. Aber auch der Trost und die Stärkung des Glaubens durch Jesus tritt deutlich hervor. Dieses Buch zeigt deutlich, daß sich die Mühe der Mission unter Muslimen lohnt, und Gott in der islamischen Welt seine Gemeinde baut. Reinhard Born, em 1993-2. |
Al-Sain, Johanna; Ernst
Schrupp. Ich
kämpfte für Allah. Eine Frau auf der Suche nach der Wahrheit. Brockhaus/Oncken: Wuppertal/Zürich, 2000. Johanna wächst in einem christlichen Elternhaus auf, findet jedoch nicht zu einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus. Antworten auf ihre Fragen scheint sie im Islam zu finden, zu dem sie auf der Suche nach Wahrheit konvertiert. Sie setzt sich ganz in einer politisch aktiven islamischen Gruppierung ein, betreibt Mission und Schulungsarbeit und macht sogar die Wallfahrt nach Mekka, wird aber bei ihrem Aktivismus für den Islam wie in zwei Ehen mit Muslimen immer tiefer enttäuscht. Als sie keinen Ausweg mehr sieht, findet sie zum lebendigen Glauben an Jesus Christus. Zwei Exkurse erläutern Hintergründe und vermitteln Wissen über den Islam als Religion, politisches System und Kultur, sowie über grundlegende Unterschiede zwischen Islam und christlichem Glauben. Nur selten wird andernorts so deutlich auf die Versäumnisse des christlichen Abendlandes in der Begegnung mit Muslimen und dem Islam hingewiesen (Verabschiedung vom christlichen Glauben, Entkirchlichung und Säkularismus, Pluralismus und Sinnleere). Ein authentischer Bericht, der auch Einblick in die „Schwächen“ des Islam vermittelt (statt Heilsgewißheit Werkgerechtigkeit, statt Veränderung des inneren Menschen Aktivismus und Druck, statt Seelsorge an Zweifelnden Verfolgung von Abgefallenen). Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-2. |
Alvarez-Cineira, David. Die Religionspolitik des Kaisers Claudius und
die paulinische Mission.
Herders Bibl. Studien 19, Freiburg: Herder, 1999. In dieser umfangreichen Studie will der Verfasser Aspekte der paulinischen Mission auf dem Hintergrund der zeitgenössischen kaiserlichen Religionspolitik erklären. Im ersten Teil (10-224), untersucht A-C daher die Hinweise auf die Religionspolitik des Kaisers Claudius (41-54 n. Chr.), deren Auswirkungen für die ur-christl. Mission schon an Apg 18.1-3 deutlich werden. Nach einer Übersicht über die vorhandenen Quellen zeichnet A-C die Haltung des Kaisers zur römischen Religion, zu fremden westlichen Religionen, zu verschiedenen griechischen Kulten, zu orientalischen Religionen und zu den Juden nach (knapp: „… Anstrengungen für eine Wiederbelebung des altrömischen Kults neben reichsweiter Toleranz gegenüber anderen Religionen, falls diese keine Gefahr für die Pax Romana darstellten“, 411). Nach einführenden Beobachtungen und Darstellung der ersten Periode paulinischer Mission (226-59), wendet sich A-C im zweiten, allgemein der paulinischen Mission gewidmeten Teil zunächst dem erwähnten Claudiusedikt zu als einem Faktor für die Verschlechterung der Verhältnisse zwischen Juden und Christen (260-90). Das Christentum war ein möglicher, auch politischer Unruhefaktor innerhalb des Judentums und somit angesichts der hier empfindlichen kaiserlichen Religionspolitk bedrohlich. Nach dem kaiserlichen Edikt stellten die Christen eine politische Gefahr für das Überleben der Juden dar, was die Härte der Auseinandersetzung erklären mag. Auf diesem Hintergrund versteht A-C die Konflikte mit den Juden und deren Vorgehen gegen Christen in Thessalonich (Apg. 17.6f, 1 Thess 2.14-16). Ferner sieht A-C das Claudiusedikt als den Auslöser der christlichen anti-paulinischen Mission, die sich in den Gegnern in Galatien und im Philipperbrief zeigt (291-340). Die judenchristlichen Massnahmen gegen Paulus, opportunistisch und politisch motiviert, gehen auf diese Reaktion des Judentums gegen das Christentum in der Diaspora zurück. Die Gegner wollten verhindern, dass sich die von Paulus geprägte christliche Bewegung (ohne Gesetz und Beschneidung) als eine vom Judentum getrennte Religion darstellte und somit die bisher genossenen (jüdischen) Privilegien verlieren und zum collegium illicitum erklärt werden würde, was für alle Gemeinden schwerwiegende Folgen hätte haben können. Wenn A-Cs Überlegungen stimmen, wäre dies ein weiterer Hinweis auf die Datierung und die Empfänger des Galaterbriefes. Abschließend wendet der Verfasser die im ersten Teil gewonnenen Erkenntnisse auf „Paulus und die Christen in Rom“ an (Entstehung des Christentums in Rom und Zustand der Gemeinden nach dem Claudiusedikt sowie die Darstellung des Römerbriefes, vor allem die in 16.17-20 und 13.1-7 gegebenen Hinweise). A-Cs Studie zeigt erneut, dass die Kenntnis und Berücksichtigung der politischen und religionspolitischen „Grosswetterlage“ für ein Verständnis von Wesen und Verlauf der urchristl. Mission interessante Hinweise bereithält. Paulus bewegt sich auch hier nicht in einem luftleeren Raum, sondern wurde mit Zwängen und Umständen konfrontiert, die dem Evangelium gemäss zu meistern waren. Das Verhalten des Paulus und seine Äußerungen angesichts dieser Umstände, zu denen sich moderne Parallelen finden lassen (Verleugnung des Evangeliums, um möglichen Verfolgungen zu entgehen), können auch heutigen Missionaren und missionarischen Gemeinden Wegweisung bieten. Dr. Christoph Stenschke, em 2002-4. |
Anania, Valeriu. Bilder vom Reich Gottes. Metzingen:
Verlag Sternberg, 2002 Im Zentrum der fünf Themenbereiche, die augenblicklich durch eine Sonderkommission des ÖRK untersucht werden sollen, steht das Kirchenverständnis. Die einzelnen christlichen Denominationen fordern mehr „eigenes Profil“; sie vergessen, dass in der gegenwärtigen globalen Auseinandersetzung der Religionen Christen sich durch ihr gemeinsames Zeugnis für das Evangelium von Jesus Christus über alle Grenzen hinweg profilieren müssen. Das christliche Profil ist das von Jesus verkündigte Reich Gottes. Das schöne Buch von Valeriu Anania, Bilder vom Reich Gottes erscheint zum rechten Zeitpunkt. Wir finden darin hervorragende Bilder mit tiefsinnigen Erklärungen zu 59 Ikonen und Fresken aus 16 Klöstern und Kirchen Rumäniens. Die „kunstvolle und tief greifende Auslegung bedeutender Ikonen und Fresken durch den Schriftsteller, Dichter und Bibelübersetzer Valeriu Anania“ (Landesbischof G. Maier im Vorwort) fördern das orthodoxe Glaubensverständis und die Tiefe seines theologischen Denkens. Der „wahrhaft europäische Patriarch“, Valeriu Anania, wurde durch den reichen geistlichen Schatz seiner südlich von Hermannstadt (Sibu) gelegenen Heimat als Kind und später als Mönch geprägt. Er entwickelte sich im Laufe seiner über 80 Lebensjahre zum Meister einer „Theologie der Nuancen“. Die Fotografien verdanken wir Victor Bortas, Lehrer für Fotografie und freischaffender Künstler. Leider sind einige Bilder nur mit Hilfe einer Lupe richtig erkennbar. Der Anhang, „Von Württemberg nach Rumänien“ (S.80-87), rundet den Bildband ab mit einer kurzen Würdigung von Valeriu Anania als „ökumenischen Brückenbauer“ und einer „Gemeinsamen Erklärung“ zwischen der rumänischen Erzdiözese und der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ( S.86-87). Die hinter den Bildern vom Reich Gottes stehende biblische Theologie wird im an Plato erinnernden Dialog zweier fiktiver Gestalten, des älteren Erzpriesters Bartolomeu und des jüngeren Valeriu erklärt. Sie geben die Stichwörter zur Entschlüsselung der Geheimnisse der Fresken und Ikonen in Klöstern der Olteria, dem südlichen Teil Rumäniens. In Deutschland ist dieses Gebiet unter dem Namen Walachei bekannt. Die Konzentration auf wenige Bildmotive läßt die „theologische Tiefe“ zum Vorschein kommen; sie ist in diesem Band wichtiger ist als das „kunsthistorische Interesse“. Die Ikone (Bild) hat ihren Ursprung in der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und ist nach Gregor von Nyssa „ein mit Farbe geschriebenes Evangelium“ (S. 12). Neben Christus, dem Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt und der Gottesmutter Maria, sind die Heiligen Bildgegenstand. Sie reichen von Nikanor, über Georg, den Drachenkämpfer, bis zu den großen Philosophen (S.12- 33). Der Held ist wichtig als Sieger und Symbol der Fürbitte. Die Schlange, Symbol des Teufels, wird mit dem „Hinabgestiegen in die Hölle, um die Ketten der Gefangenen zu lösen“ in Verbindung gebracht. Die Auferstehung wird zur Handlung. Christus hebt Adam und Eva aus den Gräbern; der in Ketten gefesselte Teufel wird vom Engel an seinen Hörnern hinabgedrückt (Fresko- Ikone der Klosterkirche Clocociou, S.16). Die Ikone spielt eine gottesdienstliche Rolle. Die Ikonostase als Altarwand erinnert an den Vorhang des jüdischen Tempels, der das Heilige vom Allerheiligsten trennt und zerriss als Jesus am Kreuz starb. Die Bilderwand vereinigt Malerei und Holzschnitzkunst. Erst nachdem das 7. Ökumenische Konzil von Nizäa (787) den langen Bilderstreit in der Orthodoxie beendete, holten die Gläubigen ihre Ikonen wieder aus ihren Verstecken hervor und reihten sie aneinander vor der Altarschranke. So wird die Ikonostase zum Buch für Analphabeten, wie der große Missionspapst Gregor der Große es einmal formulierte. Vorbilder waren die ersten byzantinischen Zeichnungen und Malereien biblischer Texte. Mittelpunkt ist die Königstür mit dem Heiland der Gottesmutter, meist gefolgt von den Schutzheiligen der Kirche. Die Ikone unterscheidet sich von anderen Bildern dadurch, dass sie Teil der göttlichen Liturgie ist. Die Ikonostase ist eine „durchscheinende Wand“ (S.27); die Deesis- Ikone „ist die vollkommenste bildhafte Darstellung für das Symbol Jesse“ (S.27, Bild 14): „Christus, du bist der Sproß aus Isais Wurzel und dessen Blüte“. Das zeigt der Eucharistische Christus der Fresko- Ikone im Refektorium des Klosters Hurezi (Bild 15, S.28) wunderbar. Isai und Abraham (Bild 13, S.26) erreichen gleichsam kosmische Proportionen. Der Weinstock ist Metapher für die Idee der Einheit zwischen Christus und der Kirche, die aus der Eucharistie entsteht. Aus der Wunde des Lanzenstosses am Kreuz erwächst ein Weinstock (Fresko-Ikone der Apostel-Kapelle in Hurez, S.29). Durch das Herabrufen des Heiligen Geistes wird Brot zum kostbaren Leib und Wein zum Blut Jesu Christi; es erinnert daran, dass der Herr sich selbst seinen Jüngern darreicht. Diese geistliche Hierarchie beginnt mit Melchisedek, dem Priester Gottes des Höchsten, der Abraham segnet (1.Mose 14, 18- 20), der nach dem Hebräerbrief (5,10; Psalm 110, 4 zitierend) bezeugt, dass Jesus „ein Priester ewiglich und nach der Ordnung Melchisedeks ist“; er steht nach Paulus höher als Abraham. David, die geistliche Ordnung und die königliche Abstammung tradierend, verweist auf Jesus Christus als König im Reich Gottes und als Priester, der sein eigenes Leben geopfert hat (S.31). Die Ikonostase ist dreidimensional „als Krone eines Baumes“ so wie Christus die beiden Testamente und den Kosmos verbindet (S.32). Die Fresken spiegeln auch zeitgeschichtliche Ereignisse wider. Das Schiff (Kirche) fährt durch gefährliche Wasser (S.39). Im Maul des Drachens ist der mit Pfeil und Bogen bewaffnete Mohammed zu sehen, der auf den leibhaftigen Christus auf dem Altartisch zielt. Neben der Darstellung der Hölle spielt die Deesis (S.45-53) eine große Rolle. (Deesis heißt Fürbitte). Die Ikone Deesis (S.45) erinnert an den „Zeugen“ Johannes den Täufer und die fürbittende „Gottesmutter Maria“ (S.57-64). Den Abschluss bilden eindrückliche Ikonen und Fresken über die Dreieinigkeit (S.67-76). Als Fazit bleibt: „Die Fresken und Ikonen sind die Mission der christlichen Künstler. Sie sind eine Einladung in Bildern zur Teilnahme am Reich Gottes, das durch Jesus Christus eröffnet ist“ (S.75). Der Verlag Sternberg ist hoch zu preisen für diesen Bildband, der sich als Geschenk gut eignet und glaubenden Protestanten, Katholiken, aber auch dem Glauben fernstehenden Menschen, gleicherweise den Weg öffnet zum Verständnis der geheimnisvollen Glaubenswelt aus orthodoxer Sicht. Prof. em. Karl Rennstich, em 2003-1. |
Anderson, Allan. Moya.
The Spirit in an African Context. Pretoria: Sigma, 1991. Kasukuti,
Ngoy. Recht
und Grenze der Inkulturation. Heilserfahrungen
im Christentum Afrikas am Beispiel der Kimbanguistenkirche. Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission, 1991. Beide Autoren unternehmen eine nötige Neubewertung Afrikanischer Unabhängiger Kirchen (AUK) verbunden mit kritischer Sichtung bisheriger Standardliteratur (Sundkler, Oosthuizen, Beyerhaus, Martin) und theologischer Einordnung afrikanischen Christentums. Der in Südafrika lebende evangelikal-charismatische Weiße A. Anderson schildert die Entstehungsgeschichte der dortigen AUKs und Pfingstkirchen, die er in Anlehnung an seinen Lehrer Inus Daneel „Geist-Kirchen“ (nicht: zionistisch, messianisch oder prophetisch) nennt, – gegenüber der Gruppe der „äthiopischen“ Kirchen. Er möchte sie aus dem synkretistischen Abseits herausholen, indem er ihre Pneumatologie als relativ gelungenen Versuch kontextueller Theologie darstellt, die ernstlich auf das von Ahnen- und Geisterkult bestimmte afrikanische Existenzverständnis eingeht, besonders auf das ‚Lebenskraft’ („power“) - Konzept. Er beschreibt ausführlich ihre pastorale Praxis, die großen Wert auf charismatische Geist-Manifestationen wie Geist-Empfang, Glossolalie, Prophetie und geistliche Leiterschaft legt. Seine These ist, daß die Geist-Kirchen mit ihrer Betonung der dritten Person des dreieinigen Gottes bisher die angemessenste christliche Antwort bieten auf das afrikanische Grundbedürfnis nach einer lebenssichernden Macht. Er sieht in dieser Heraushebung ‚pneumatologischer Existenz’ auch eine größere biblische Nähe als es bisher westliche und afrikanische Theologen wahrgenommen haben. Wenn auch teilweise zu idealisierend und biblisch-theologisch oberflächlich, ist dieses Buch Anreiz genug zur Neubesinnung auf die AUK-Gemeindepraxis als relevantes Bestätigungsfeld neutestamentlicher Pneumatologie. Der Afrikaner Ngoy Kasukuti, Bischof der lutherischen Kirche in Zaire, befaßt sich mit der größten und immer noch stark wachsenden AUK in Afrika, der 1921 entstandenen Gemeinschaftsbewegung Simon Kimbangus (ca. 5 Mill. Mitglieder). Sein Buch verarbeitet kritisch die Literatur von M.L. Martin und W. Ustorff. Er schildert die Religions- und Gottesvorstellungen seines Bantu-Stammes, besonders die Heilsbedeutung der Übergangsriten (Geburt, Initiation, Heirat, Tod) und der Ahnen und wie sich die Heilslehre der Kimbanguisten auf diesem Hintergrund profiliert. Er kommt zum Schluß, daß es sich bei dieser AUK am Anfang noch um einen genuin christlichen Ausdruck religiöser Bewältigung des bedrohten Alltagslebens handelte. Er beobachtet aber einen theologischen Bruch in der Soteriologie in dem Moment, als sich ab 1957 die EJCSK (Kirche Jesu Christi von Simon Kimbangu) unter dem Sohn des Gründers organisierte und Simon Kimbangu als konkurrierenden Heilsmittler neben Jesus Christus stellte. Damit sei die Grenze der Inkulturation überschritten, was sich auch im Abendmahls- und Taufverständnis widerspiegele. Anregend sind die in
die Darstellung der AUK eingestreuten theologischen Reflexionen Detlef Kapteina, em 1995-3. |
Anderson, Gerald H., u. a.
(Hg.). Mission Legacies.
Biographical Studies of Leaders of the Modern Missionary Movement. Maryknoll: Orbis,
1994. Diese 75 wissenschaftlichen Biographien von Experten über führende Persönlichkeiten der modernen Missionsbewegung (v. a. 19. und 20. Jahrundert) bilden das derzeit umfangreichste und qualifizierteste Sammelwerk. Die Beiträge umfassen (1) Förderer der Mission in der Heimat wie Gordon, Simpson, Franson und Mott, (2) Missionare in Afrika wie Livingstone oder Gutman, (3) in China wie Nevius, Taylor und Reichelt, (4) in Südostasien wie Carey und Martyn, (5) Theologen und Historiker wie Warneck, Schmidlin, Latourette, Freytag und Neill, (6) Theoretiker und Strategen wie Kraemer, McGavran und Tippet und (7) Administratoren wie Venn, Anderson und Hartenstein. Die Darstellung und Bibliographie ist von unterschiedlicher Qualität und Aktualität, je nach Datum der Erstveröffentlichung im ‘International Bulletin of Missionary Research’ (IBRM) ab 1977. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Personen englischsprachiger Herkunft. Alle erfaßten Deutschen wurden unter obigen Beispielen erwähnt, ausgenommen die katholischen Bibliographen Streit, Dindinger und Rommerskirchen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn ein weiterer in Aussicht gestellter Band zu Nordafrika, dem Mittleren Osten, Nordostasien, dem Pazifik und Lateinamerika zustandekäme. Bis dahin muß man im IBMR nachschlagen. Christof Sauer, em 1998-1. |
Austin, Alvyn. China’s Millions: The China Inland Mission and Late Qing Society, 1832 – 1905, Grand Rapids: Eerdmans, 2007. Alvyn Austin ist Sohn von Missionaren der China Inlandmission (CIM, heute ÜMG/OMF) und Assistenzprofessor für Geschichte in Kanada. Seine Monographie aus der Reihe Studies in the History of Christian Missions ist eine wohlwollende, aber nicht unkritische Darstellung der CIM und ihres Gründers Hudson Taylor im 19. Jahrhundert. Das Buch gliedert sich in drei Teile, die drei Generationen von CIM Missionaren entsprechen. Zur ersten Generation gehört Taylor selbst, der im England der industriellen Revolution aufwächst. Austin zeichnet den Einfluss der Brüderbewegung auf Taylor nach, seinen Ruf nach China, seine Glaubensprinzipien und 1853 seine Ausreise mit der chinesischen Evangelisationsgesellschaft (CES), die vom visionären Missionspionier und Opiumhändler Karl Gützlaff gegründet wurde. In China angekommen findet sich Taylor inmitten des Taiping Aufstandes (1850-1864) wieder, einer christlichen Sekte, die sich gegen die herrschende Qing Dynastie auflehnt. Während des zweiten Opiumkrieges gründet Taylor eine Art Rehabilitationszentrum für Opiumabhängige und tauft seine ersten Konvertiten. Aus gesundheitlichen Gründen kehrt er 1860 mit seiner Familie nach England zurück. Infolge einer „himmlischen Vision“ in Brighton, gründet Taylor die CIM, schreibt ein Manifest über die geistliche Not Chinas und hält im ganzen Land Vorträge. Dank der nordirischen Erweckung 1859-1860 und durch ein großes Netzwerk von Unterstützern, darunter auch Charles Spurgeon und Georg Müller, gewinnt Taylor 16 Missionare – gewöhnliche und teils ungebildete Leute – und bricht 1866 mit ihnen auf. Widerstand gegen Taylors Forderung nach chinesischer Kleidung, antichristliche Tendenzen in China, diplomatische Schwierigkeiten, Krankheit und Tod prägen die schwierigen Anfänge. Die zweite Generation von Missionaren mobilisiert Taylor während eines längeren Heimataufenthaltes. 1875 kann er gemeinsam mit Dwight L. Moody auftreten und profitiert vom geistlichen Klima der Keswick Heiligungsbewegung. In Abständen von 2-3 Jahren werden 18, dann 30, später 70 und schließlich 100 Missionare ausgesandt. Die Entscheidung einiger bekannter Persönlichkeiten – als die „Cambridge Sieben“ bekannt – in die Mission zu gehen, macht die CIM schlagartig berühmt. Dieses Wachstum bringt strukturelle Änderungen mit sich und eine bessere Ausbildung der Missionare in Sprache und Kultur vor Ort. Die weiteren Entwicklungen der CIM werden exemplarisch anhand der Provinz Shanxi nachgezeichnet, wo 1877-1879 fünf Millionen Menschen an Hunger sterben und viele der Überlebenden opiumabhängig sind. So auch Hsi, die zweite Hauptfigur des Buches neben Taylor. Er ist ein früheres Mitglied der daoistischen Sekte „die goldene Pille“ und gründet nach seiner Bekehrung mehrere „Reha-Zentren“ für Opiumabhängige. Sie erhalten morphiumhaltige Pillen zur Linderung ihrer Entzugssymptome und hören dort das Evangelium. Einige der CIM Missionare arbeiten unter Pastor Hsi, der eine eigene Form des Christentums kreiert, in der Exorzismen eine große Rolle spielen. Seine strikt regulierte Kommunität trägt konfuzianische Züge. Die dritte Generation von Missionaren kommt aus Nordamerika, wo Taylor 1888 einen neuen CIM Zweig eröffnet. Durch die Vernetzung mit Bibelschulen und die Kontakte von D. L. Moody und A. B. Simpson wächst die CIM exponentiell und wird internationaler. 1900 beginnt jedoch der Boxeraufstand, eine ausländerfeindliche und antichristliche Massenbewegung, der zahlreiche Missionare und Christen inklusive Frauen und Kinder zum Opfer fallen. Taylor befindet sich zu diesem Zeitpunkt aus Gesundheitsgründen in der Schweiz und stirbt 1905 in China. Durch diese historische Darstellung hindurch ziehen sich viele Themen. Untersucht werden u.a. die Finanzprinzipien und Spender der CIM, die autokratische Führung Taylors und die demokratischen Tendenzen, die theologischen Fixpunkte und Spielräume, die konfessionellen Prägungen und die Überkonfessionalität, die Zusammenarbeit und Abgrenzung von anderen Missionswerken, die prinzipielle Gleichberechtigung der Frauen und ihre tatsächlichen Einschränkungen, die Parallelen und Unterschiede zwischen Christentum und chinesischer Volksreligion. Wer sich fragt, welche Anforderungen ein Missionar erfüllen sollte, wie Kontextualisierung konkret aussieht, welche Evangelisationsmethoden und Strategien sinnvoll sind und welche Rolle humanitäre Hilfe in der Mission spielt, wird eine Fülle anregender Fallbeispiele entdecken. Austins Werk ist ein komplexes Geflecht aus vielen historischen Details und Beobachtungen. Einerseits verleiht das seiner Erzählung Lebendigkeit und Unterhaltungswert, andererseits erfordert seine Darstellungsweise viele thematische und chronologische Sprünge, sodass gelegentlich der Überblick verloren gehen kann. Thematisch Zusammengehöriges lässt sich zwar mithilfe des soliden Indexes auffinden, eine Zeittafel mit den wichtigsten historischen Daten wäre zur Orientierung jedoch hilfreich gewesen. Das methodische Vorgehen ist einwandfrei. Austin legt die Quellenlage gut dar und macht auf die CIM-interne Zensur der Archive aufmerksam sowie auf ihre Kultur des Schweigens, um die Unterstützung der Mission nicht zu gefährden. Durch viele Zitate lässt er die Quellen selbst zu Wort kommen und überlässt dem Leser die Wertung. Kritische Stimmen werden nicht unterschlagen und gelegentlich lässt Austin gegenläufige Meinungen nebeneinander stehen. Gerade das Absehen von hagiographischen Darstellungen öffnet den Blick für die Komplexität und Herausforderungen der kulturübergreifenden Mission. Dabei geht der inspirierende Charakter dieser Glaubensmission und vieler ihrer Mitarbeiter nicht verloren. China’s Millions ist nicht nur von historischem Interesse. Die zugrunde liegenden Prinzipien für Leiterschaft, Aufbau einer missionarischen Bewegung, Kontextualisierung und Missionspraxis sind auch für die Gegenwart relevant und gewinnbringend. Anthony Fisher, em 2011-3. |
Bacon, Daniel W. From Faith to Faith. The influence of Hudson Taylor on the faith missions movement. Singapore, 1984. Wohl niemand hat die evangelischen Missionen, jedenfalls im interdenominationellen Bereich, so entscheidend geprägt wie Hudson Taylor, der Gründer der China Inland Mission. Die Biographien über ihn und sein Lebenswerk sind ja auch im deutschsprachigen Raum weit verbreitet. Mit diesem Buch legt Bacon eine übersichtliche Untersuchung über Taylors Prinzipien (S.12-69) und über den Einfluß dieser Prinzipien auf die gesamte Bewegung der interdenominationellen Glaubensmissionen (S.79-129) vor. In einem dritten Teil untersucht er, welche Bedeutung Taylors Prinzipien heute haben. Über die Geschichte der
Glaubensmissionen gibt es nur wenig wissenschaftliche Literatur. Umso bedeutsamer ist Bacons Veröffentlichung, die von der UeMG als Studien Klaus Fiedler, em 1986-4. |
Badenberg, Robert. Sickness and Healing: A Case Study on the Dialectic of Culture and Personality. Edition afem: mission academics 11. 2nd rev. ed. Nürnberg: VTR, Bonn: VKW, 2008 (1st ed. 2003). Robert Badenberg war 1989 bis 2003 Liebenzeller Missionar in Zambia im südlichen Afrika. Er hat in dieser Zeit am deutschen Zentrum der Columbia International University in Stuttgart-Korntal einen Masterabschluss gemacht und an der Universität von Südafrika (UNISA) in Missionswissenschaft promoviert. Seit seiner Rückkehr unterrichtet er an der Akademie für Weltmission in Korntal Missionswissenschaft und Kulturanthropologie. Das vorliegende Buch ist die überarbeitete Fassung seiner Doktorarbeit. Er bearbeitet darin, und darin besteht die besondere Originalität des Buches, als Nichtmediziner die Problematik von Krankheit und Heilung aus kulturanthropologischer und missiologischer Sicht. Er wählt dazu ein geniales Konzept: Die theoretischen Erwägungen sind um die Lebensgeschichte eines kränklichen Freundes von Badenberg herum gesponnen, was durch die Konkretisierung der kulturanthropologischen und missiologischen Überlegungen und die persönliche Betroffenheit des Autors dem Buch eine besondere Relevanz und Frische verleiht. Nach einer Einführung in die Methode der kognitiven Anthropologie (Kulturanalyse aufgrund der sprachlich begrifflichen Grundlagen) und in die Geografie und Geschichte des Volkes der Bemba geht Badenberg in einem ersten Teil auf das Körper/Seele- und das Krankheitskonzept der Bemba ein. Er nimmt damit Material aus seiner Masterarbeit auf und vertieft und systematisiert es. Für den Uneingeweihten empfiehlt sich die Aneignung dieses für die Anthropologie eines afrikanischen Volkes exemplarischen Stoffes zum besseren Verständnis und als Abrundung des vorliegenden Buches (bibliographische Angaben am Schluss). In einem zweiten „sozial-hermeneutischen“ Teil diskutiert Badenberg am Beispiel der Lebensgeschichte seines Freundes, u.a. dessen Kontakt mit der Ngulu-Besessenheit, die Theorien der „Culture and Personality“ Schule. Aufgrund eigener Beobachtungen und der Literatur beschreibt Badenberg die kreative Interaktion, die zwischen persönlichen und kulturellen Symbolen herrscht. In einem dritten missiologischen Teil zieht Badenberg die Schlussfolgerungen für Kommunikation, Bekehrung und Seelsorge. Er kommt darin zu einer meisterhaften Integration von Theologie, Kulturanthropologie und Missionswissenschaft. Durch das lebhafte Wechselspiel zwischen Lebensgeschichte und theoretischen Erwägungen einerseits, und zwischen Theologie, Kulturanthropologie und Missionswissenschaft andererseits, wird das Buch zu einer spannenden Lektüre. Es ist ein gutes Beispiel reflektierter Missionspraxis. Eine relevante und konzise Bibliographie, Anhänge mit Karten und Grafiken und Indexe runden das Buch ab. Trotz einiger formaler Mängel ist das Buch für international interessierte Theologen, Missionare, Missionswissenschafter, Mediziner und alle in Afrika lebenden Menschen sehr lesenswert. Badenberg hat ein hoch relevantes Thema für das Verständnis Afrikas, insbesondere des heutigen afrikanischen Christentums aufgegriffen. Nicht von ungefähr werden die unabhängigen afrikanischen Gemeindebewegungen (AIC) „Heilsanstalten“ genannt (Sundkler, Bantupropheten, 1964, 323). Ein besseres Verständnis des afrikanischen Menschen- und Krankheitsverständnis wird die Qualität eines Dienstes in verschiedenen Berufsgattungen erheblich verbessern können, was durch die Reflektionen Badenbergs in diesem Buch offensichtlich wird. Dr. Dr. Hannes Wiher, em 2009-3. |
Badenberg, Robert. The Body, Soul and Spirit
Concept of the Bemba in Zambia. Fundamental Characteristics of Being Human
of an African Ethnic Group. edition afem: mission academics, Bd. 9. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1999. Diese Publikation ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Es handelt sich um die Ergebnisse einer Feldforschung, in deren Verlauf der Autor mit einer modernen ethnologisch-linguistischen Methode gearbeitet hat. Er gibt sich zu erkennen als Vertreter (und Verfechter!) der sogenannten kognitiven Ethnologie (bislang auch kognitive Anthropologie genannt). Mit Hilfe der kognitiven Ethnologie können insbesondere Begriffssysteme und Denkformen einer Gesellschaft erfaßt und beschrieben werden, die mit anderen wissenschaftlichen Mitteln nicht zugänglich sind. Über die dazu nötigen detaillierten Sprachkenntnisse verfügt der Autor: Er ist seit mehr als 10 Jahren Missionar bei den Bemba, einer Ethnie im Norden Sambias. Das zentrale Thema seiner Untersuchungen, der Begriff „Seele“, gilt in der neueren Ethnologie als einer derjenigen Forschungsgegenstände, die am schwierigsten zu erfassen sind und daher immer noch eher selten bearbeitet werden. Den Begriff „Seele“ untersucht der Autor aber nicht isoliert, sondern eingebettet in die Frage nach den Begriffen „Körper“ und „Geist“ im Denken der Bemba. Er liefert damit eine eingehende Beschreibung des Menschenbildes dieser Volksgruppe, deren Denkrahmen von animistischen Grundstrukturen gebildet wird. Dieses Menschenbild – und das ist eine der bedeutenden Qualitäten der Untersuchung – wird nicht beschrieben unter Zugrundelegung von europäischen Seelenvorstellungen als Vergleichsgegenstand. Er greift vielmehr auf sogenannte „emische Kategorien“ zurück, also ausschließlich auf diejenigen Gesichtspunkte, unter denen die fraglichen Begriffe von Mitgliedern der Bemba-Gesellschaft (zumindest in den Grundzügen) verstanden und benützt werden. Auf diese Weise entsteht ein Menschenbild, das den Missionar (und nicht nur diesen!) befähigt, bei seinem Versuch, biblische Vorstellungen von der Natur des Menschen zu vermitteln, in einer Weise vorzugehen, die unter anderem sogenannte „kognitive Dissonanzen“ vermeiden hilft. D. h., er beugt gegen die Formulierung von verhängnisvoll falschen, schiefen oder zumindest problematischen Wiedergaben des Begriffs „Seele“ und entsprechenden Theologien vor, wie sie in der Missionsgeschichte und in der Geschichte der Bibelübersetzungen durch Missionare aus dem europäisch-abendländischen Kulturkreis so häufig entstanden sind. Das Ganze ist in flüssiger, leicht nachvollziehbarer Sprache geschrieben. Es ist lesenswert, nicht nur, weil es Basiswissen zu einem afrikanischen Weltbild vermittelt, sondern erkennen läßt, wie man selbst an die Erforschung eines solchen Weltbildes im eigenen Arbeitsgebiet herangehen kann. Es sei daher keineswegs nur den afrikaorientierten Mitarbeitern der verschiedenen Missions- und Entwicklungshilfeorganisationen zum Studium empfohlen! Prof.Dr. Lothar Käser, em 2000-3. |
Baer, Martin; Olaf Schröter. Eine Kopfjagd: Deutsche in
Ostafrika. Spuren kolonialer Herrschaft. Berlin: Ch. Links Verlag, 2001. Dieses Buch ist kein Missionsbuch im engeren Sinn, jedoch ist es für den Missionar bzw. Missionsinteressierten insofern interessant, weil es in gekonnter, ja geradezu in spannender Weise in die Kolonialgeschichte einführt. Eingerahmt in die dramatische Geschichte einer Kopfjagd in Deutsch-Ostafrika, werden in einzelnen in sich abgeschlossenen Kapiteln am Beispiel der Kolonie „Deutsch-Ostafika“ folgende Themen erörtert: Motive und Geschichte des Kolonialismus, Aufstände der einheimischen Bevölkerung, Mission und Kolonialismus, Kolonialpolitik, und die Rezeption des Kolonialgedankens in der Weimarer Republik, im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. Wer zu solchen Themen sonst keinen Zugang findet, bekommt ihn in diesem hervorragend illustrierten und mit vielen zeitgenössischen Abbildungen versehenen und gut aus Quell- und Sekundärliteratur schöpfenden Buch. Von besonderem Interesse dürften die Kapitel über die deutsche Schuld sein. Denn dort wird der Mythos von den Deutschen als harten aber gerechten Kolonialherren erschüttert. Schonungslos werden die Verbrechen der Deutschen in Deutsch-Ostafrika geschildert: Zahllose Stockhiebe, ungerechte Exekutionen, brutale Unterdrückung und Ausbeutung menschlicher und materieller Ressourcen. Wie sich diese Demütigungen in die schwarzafrikanische Volksseele eingegraben haben und sich bis in die Gegenwart auswirken, kann nur erahnt werden. Obwohl die Autoren gegen besseres Wissen die stereotype Behauptung „Kolonisieren ist Missionieren, Missionieren ist Kolonisieren“ in die Überschrift des interessanten Kapitels über Mission und Kolonialismus aufnahmen, kommen sie dann in den Ausfuhrungen überraschender Weise zu einem ausgewogenen Urteil. Alles in allem handelt es sich bei diesem Buch um ein faires Buch, das vor allem Lust macht auf mehr, auf mehr Kolonialgeschichte. Daher sei diese Lektüre vor allem Missionaren empfohlen, die in ehemaligen Kolonialgebieten arbeiten und zur wissenschaftlichen Spezialliteratur keinen Zugang finden. Elmar Spohn, em 2003-3. |
Bailey,
Kenneth E. Jesus
through Middle Eastern Eyes – Cultural Studies in the Gospels. Leicester: IVP Academic, 2008 Das vorliegende Buch ist ein einzigartiger Bibelkommentar mit faszinierenden Kulturstudien zum Orient. Der Autor hat 60 Jahre im Nahen Osten gelebt und dort 40 Jahre Neues Testament unterrichtet: 20 Jahre in Beirut, 10 Jahre in Jerusalem und weitere Jahre in Kairo und Cypern, und der vorliegende Band stellt gleichsam sein Vermächtnis dar. In der Einleitung fasst er seine exegetische Methode kompakt zusammen: Ausgangspunkt ist die zirkuläre orientalische Erzählstruktur, Ringkompositionen mit invertiertem Parallelismus, meist aus sieben Einheiten mit dem Zielgedanken in der Mitte – und nicht am Ende, wie in der westlichen linearen Erzählstruktur. Dies führt zu völlig anderen Ergebnissen. Zudem berücksichtigt Bailey viele alt- und neuarabische, syrische, hebräische und aramäische Bibelübersetzungen, Kommentare sowie jüdische Literatur und er legt die Bibeltexte (vor allem aus dem Lukasevangelium) aus Sicht eines Orientalen aus. Gott hat entschieden, sich im Orient zu offenbaren und seine Heilsgeschichte besonders in der Geschichte des Volkes Israels zu gestalten. In Kapitel 1 betrachtet er die Geburt Jesu nach Lukas 2 und räumt mit dem Mythos von der Geburt im Stall auf: Im Orient sei es unvorstellbar, dass Josef in seine Heimatstadt kommt (zumal wenn von königlicher Abstammung und er dort über Grundbesitz verfügte) und ihn dort niemand zu kennen scheint. Im individualistischen Europa könne sich vielleicht so etwas zutragen, unmöglich aber in der engen Familienkultur des Orients. Kaum vorstellbar, dass Josef und Maria wochenlang in einem Stall lebten, wenn Marias Verwandte Elisabeth nur wenige Kilometer entfernt wohnte. Die Exegese des lukanischen Textes ergibt dann auch einen erstaunlichen Befund: Das mit „Herberge“ übersetzte griechische Wort „katalyma“ bezeichnet sonst nirgends eine Gastwirtschaft, sondern eher eine „gute Stube“ wie z.B. beim Abendmahl. Ist aber eine Herberge gemeint, dann wird in der Bibel das Wort „pandochaion“ („wo alle schlafen können“) verwendet. Zudem zeigen archäologische Funde und die heutige traditionelle Bauweise, dass Häuser i.A. nur aus 1-2 Räumen bestanden, und das Großvieh nachts im vorderen Teil des Wohnraums gehalten wurde – als Schutz vor Diebstahl und wilden Tieren sowie biologische Heizung im Winter. In der Mitte des Raums stand eine Futterkrippe als Abtrennung von Stall und Wohnbereich, in der offensichtlich der neugeborene Jesus Platz fand (die „gute Stube“ war wohl von weiteren Verwandten/Gästen belegt). Jesus wurde somit mitten in eine jüdische Großfamilie hinein geboren. Das Wunder der Inkarnation wird m. E. dadurch noch größer: Gott wurde in Jesus Christus Mensch und in allem uns gleich. In 32 Kapiteln legt Bailey etwa 40 Evangelientexte aus mit gelegentlichen Exkursen in das AT. Er betrachtet vor allem die Seligpreisungen (Kap. 5-6), das Vater-unser (Kap. 7-10), die Bergpredigt (Kap. 5-10), Jesu besondere Taten (Kap. 11-13) und seinen Umgang mit Frauen (Kap. 14-20). Doch sein Herz gilt den Gleichnissen Jesu, besonders aus dem Lukasevangelium (Kap. 21-32), und seine Auslegungen vom unehrlichen Verwalter (Kap. 26) und vom dienenden Herrn (Kap. 29) haben mich besonders fasziniert. Bailey räumt mit etlichen kulturellen Missverständnissen auf, und die Ereignisse bekommen ihre natürliche Bedeutung. Die Bibelauslegungen Baileys lassen den Reichtum des Wortes Gottes hell hervor strahlen und immer wieder leuchtet das Kreuz Jesu auf: Gottes kostbare Demonstration seiner unerwarteten, einzigartigen Liebe (S. 182, 236, 296, 376 u. a.). Auch wenn mich nicht jedes einzelne Detail voll überzeugt hat – einzelne Texte scheinen mir in die symmetrische Siebenerstruktur hineingepresst – so bestechen Baileys Auslegungen doch durch ihre Klarheit – und der Leser fragt sich erstaunt, warum ihm dies nicht selbst schon aufgefallen ist. Die übersichtliche, tabellarische Sprachanalyse der biblischen Texte wie auch die Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels erleichtern das Selbststudium; zahlreiche Fußnoten verweisen auf die Quellen ohne den Lesefluss zu behindern. Das Buch lädt immer wieder zum Verweilen ein, zur Anbetung Gottes und zum Reflektieren. Es fordert auf zur Hingabe und zur konsequenten Nachfolge Jesu. Eine absolute Pflichtlektüre für jeden Missionar. Dr. Detlef Blöcher, em 2009-1. |
Balz, Heinrich. Where the Faith has to Live.
Studies in Bakossi Society and Religion. Part I: Living Together. Part II:
The Living, the Dead and God. Dietrich Reimer Verlag: Berlin, 1984/1995. Balz, Heinrich. Weggenossen im Busch. Erzählende
und theologische Briefe aus Kamerun. Erlanger Verlag für Mission und Ökumene:
Erlangen, 1998. Der Missionar als Forscher. Was das heißt, verdeutlicht das Werk des Missionstheologen Heinrich Balz. Von 1973 bis 1983 war er Missionar und Dozent am Theologischen Seminar der Presbyterianischen Kirche in Nyasoso in Kamerun, im Gebiet des Volkes der Bakossi. Ein Jahr lang stellte ihn die kameruner Kirche und die Basler Mission für Forschungen frei. Teil I konnte er 1984 nach seiner Rückkehr nach Deutschland als Habilitationsschrift in Heidelberg vorlegen; Teil II entstand während seiner Lehrtätigkeit als Professor für Missionswissenschaft in Berlin. Zur Zeit lehrt Balz am Tumaini University College Makumira/Tanzania Systematische Theologie und Religionswissenschaft. Der Titel der umfangreichen Studie „Where the Faith has to Live“ ist Programm. Glaube, gleich ob der der alten Religion oder der christliche Glaube, muß sich verorten. Deshalb muß nach dem Ort, dem Kontext gefragt werden, „wo der Glaube lebt“, um dann auch aufzuzeigen, wie der Glaube lebt und wie neuer Glaube wächst. „Wenn der neue Glaube wirklich leben, seine Identität bewahren und Wurzeln schlagen soll, muß er wissen, wo er zu leben hat; er muß die alten Fragen verstehen, auf die er … als die neue Antwort angesehen wird.“ „Die Antworten des christlichen Glaubens können nicht ohne die Fragen verstanden werden, die von der traditionellen Religion gestellt werden“ (II 5 und 808). Die Studie über eine afrikanische Religion, hier die Religion der Bakossi, kann also nicht mit der „Glaubenslehre“ einsetzen, sondern muß zunächst das Umfeld in Augenschein nehmen, in dem die Menschen leben. Deshalb widmet sich Teil I der Gesellschaft der Bakossi, ihrer sozio-politischen Struktur, ihren Traditionen und Entstehungssagen und den Institutionen, die das Zusammenleben regeln. Balz weiß, daß sich Gesellschaft und Religion nicht strikt voneinander trennen lassen, sondern sich gegenseitig beeinflussen, dennoch werden in der Betrachtung jeweils andere Akzente gesetzt. Deshalb gehören auch beide Teile, der sozialanthropologische und der religionswissenschaftliche, zusammen. Mit Recht werden „parareligiöse“ Phänomene wie Geheimgesellschaft, Hexerei und Zauberei bewußt im Umfeld von „Gesellschaft“ und nicht von „Religion“ behandelt. Balz’ Studie ist ein Beleg dafür, daß es notwendig ist, regional begrenzte Studien durchzuführen, um afrikanische Gesellschaftsformen und Religionen zu verstehen und gerade auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Völkern zu erkennen. Deshalb ist auch im Plural von „afrikanischen Religionen“ zu sprechen. Dennoch lassen sich auch immer wieder Parallelen zwischen den einzelnen Völkern in verschiedenen Teilen des Kontinents entdecken. Darin liegt das Reizvolle der Studie für Missionare, die in anderen Teilen Afrikas arbeiten. Im Vergleich mit der eigenen Situation können soziale, legendär-mythische und religiöse Fakten besser verstanden und eingeordnet werden. Der umfangreiche zweite Teil behandelt in vier Kapiteln die Religion der Bakossi. Dabei kann auch jedes Kapitel zunächst für sich gelesen werden. Unter dem Titel „die Lebenden, die Toten und Gott“ (in dieser Reihenfolge!) geht es um Tod und Beerdigung, das Dorfahnenfest ndie, Familienheiligtümer und schließlich den nahen und fernen Gott. Diese Reihenfolge der Betrachtung macht den Ansatz von Balz deutlich: „Glaubensüberzeugungen und Glaubensbekenntnisse sollten nie isoliert betrachtet werden, ohne im Blick zu haben, worauf die Menschen, ausgedrückt durch Verehrung (worship) und Gebet, wirklich vertrauen“ (II 664). Balz geht in seiner Forschung also von der religiösen Praxis aus, um von da aus zu fragen, was im Zentrum der Religion steht und wie dann die Botschaft des Evangeliums ihre Relevanz erweisen kann. Jedes der vier Kapitel ist nach dem gleichen Grundschema aufgebaut. Nach der einleitenden Darstellung des Problems wird die Forschungsgeschichte vorgestellt, beginnend mit Vertretern des Volkes der Bakossi. Ihnen weist Balz so einen Ehrenplatz zu, oder anders gesagt, er nimmt die afrikanischen Kollegen als Religionswissenschaftler und theologische Partner ernst. Bei den Quellen handelt es sich vor allem um Dissertationen und Abschlußarbeiten der Theologiestudenten am Seminar. Erst dann folgen die Forschungsergebnisse und Berichte der früheren Missionare, die in diesem Gebiet gearbeitet haben, allen voran J. Ittmann. Ihre Schriften liegen meist nur in deutsch vor und werden den Kamerunern in einer englischen Zusammenfassung zugänglich gemacht. In einem dritten Teil folgen die eigenen Forschungsergebnisse von Balz und schließlich eine zusammenfassende Auswertung. Ein zentrales Kapitel ist das über das Dorfahnenfest ndie. Balz hat als Beobachter an mehreren Festen teilgenommen und die dort gesprochenen Gebete erstmals auf Band aufgenommen, übersetzt und ausführlich analysiert. Eine wichtige Frage lautete: Welche Rolle spielt hier Gott, und welche Bedeutung haben die Ahnen? Sein Ergebnis ist eindeutig: „Nicht Gott, sondern die verstorbenen Menschen, die Dorfahnen … sind das Herzstück und das Zentrum der traditionellen ndie-Gebete. Mehr noch, sie sind das Zentrum der traditionellen Bakossi-Religion insgesamt, wie sie in diesem öffentlichen Gebet lebendig ist, also dem Ausgangspunkt, von dem aus alle anderen Elemente dieser Religion betrachtet und eingeordnet werden müssen“ (II 380). Die Religion ist also nicht theistisch, sondern Ahnen-zentriert (II 381). Gott spielt nur eine periphere Rolle, er scheint mehr und mehr in Vergessenheit geraten zu sein, obwohl er immer noch bekannt ist. Die Ahnenverehrung steht also in Konkurrenz zum Ersten Gebot. Die entscheidende Frage ist nun, wie Gott zum Zentrum der Religion werden kann, wie es von der (Aner-)Kenntnis Gottes zur Anbetung Gottes kommen kann. Um diese Frage geht es letztlich im vierten Kapitel. Die missionarische Aufgabe ist es, die traditionelle Gotteserkenntnis durch die christliche Botschaft zu verändern, zu christianisieren. Die Offenbarung Gottes in Jesus Christus ist also nicht etwas, was nur zum traditionellen Gottesbild hinzukommt, sondern etwas, das einen neuen Zugang zu dem Gott gewährt, der bereits bekannt war. In diesem Teil ist Balz nun nicht mehr nur Religionswissenschaftler, sondern zugleich Missionar und Missiontheologe. Seine Ausführungen können für viele, die mit diesen Fragen in Afrika und anderswo zu tun haben, eine wichtige Hilfe sein. Balz hat sein Werk bewußt in englisch geschrieben, damit es vor allem auch seine Kameruner Kollegen lesen können. Damit hat er aber darüber hinaus den afrikanischen Kirchen insgesamt einen wichtigen Dienst erwiesen. Denn hier werden auch für andere Teile Afrikas wichtige Anregungen zur Auseinandersetzung mit den traditionellen Religionen und zur Entwicklung einer eigenständigen Theologie gegeben. Deshalb sollte dieses Werk in allen englischsprachigen theologischen Seminaren Afrikas in der Bibliothek vorhanden sein. In gewisser Weise als Begleitbuch zum theologischen Werk lesen sich die „erzählenden und theologischen Briefe“. Zehn Jahresrundbriefe von 1974-1983, ergänzt durch Beobachtungen bei einem weiteren Aufenthalt in Kamerun 1995, werden hier zusammengetragen. Sie sind in gewisser Weise Werkstattberichte, lassen den Hintergrund, von dem aus die Forschung getan wurde, erkennen. Höhepunkt ist sicherlich der Bericht über die Teilnahme am Dorfahnenfset. Wichtig ist hier, zu sehen, daß dies theologisch sehr wohl reflektiert war, daß Balz schließlich auf dem Fest eine christliche Predigt halten konnte (dokumentiert in ‘Where the Faith has to Live II’ 377f) und so in einen wirklichen Dialog mit den Vertretern der alten Religion kommen konnte. Sicherlich kann man die Frage, ob ein Missionar als Forscher an einen traditionellen religiösen Fest teilnehmen kann und soll, sehr kontrovers diskutieren. Aber Balz zeigt, daß sich dadurch nicht nur Möglichkeiten für ein besseres Verstehen der alten Religion ergeben, sondern auch für die missionarische Verkündigung. Insgesamt sind diese Briefe von Balz eine interessante Informationsquelle über Kamerun und zugleich eine unterhaltsame missionstheologische Lektüre, erzählend und theologisch. Sie lassen uns den Missionar Balz als Forscher näherkommen. Dr. Johannes Triebel, em 2000-1. |
Bammann,
Heinrich (Hg.). Lutherische
Mission in Südafrika. Dankesgabe
für Ernst-August Lüdemann.
Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen: Hermannsburg,
1990. Diese kleine Festschrift ist eine Dankesgabe für den aus der Mission in Südafrika ins Leitungsamt des ELM Niedersachsen berufenen Ernst-August Lüdemann. Wie alle Festschriften ist es eine bunte Mischung verschiedener Beiträge, die in diesem Fall aber alle dadurch verbunden sind, daß sie von Mitarbeitern derselben Mission und der von ihr gegründeten Kirche geschrieben sind. Der Herausgeber steuert einen Artikel über den ersten einheimischen Missionar unter den Bakwena ba Mogopa bei (interessant für die Diskussion um die „transkulturellen Drittweltmissionare“), Heinrich Voges reflektiert Amt und Auftrag des Missionars (unter Berufung auf Luther, interessant für Freikirchler als kritische Anfrage). Mehrere Artikel nehmen speziell auf lutherische Theologie Bezug, und alle Artikel ermöglichen einen Einblick in die Arbeit einer heutigen lutherischen Mission. Drei Artikel sind von schwarzen Südafrikanern geschrieben (Andreas Khose reflektiert seine Zeit in Deutschland). Klaus Fiedler, em 1993-1. |
Bammann, Heinrich. Inkulturation des Evangeliums unter den Batswana
in Transvaal/Südafrika. Am Beispiel der Arbeit von Vätern und Söhnen der
Hermannsburger Mission von 1857 – 1940. edition afem: mission academics
17. Nürnberg: VTR, 2004. Das vorliegende Buch ist die Veröffentlichung der Promotionsarbeit des Autors, die im Jahr 2002 von der Universität von Südafrika (Department of Missiology) angenommen wurde. Sie gewährt einen aufschlussreichen Einblick in die Anfänge und Motivation der Hermannsburger Mission in Südafrika, die immerhin eine der ersten deutschen Missionsinitiativen in Afrika war. In den zentralen drei Hauptkapiteln (218 S.) werden Hunderte von Berichten und Briefen von sechs Missionaren ausführlich verwertet und thematisch dem geschichtlichen und sozio-kulturellen Kontext ihres Wirkungsfeldes und den relevanten Bereichen möglicher „Anknüpfung“ der Inkulturation zugeordnet. Es handelt sich um drei Väter (Jensen, Behrens und Penzhorn) und um ihre im Missionsgebiet aufgewachsenen drei Söhne, die in das Transvaal Gebiet gesandt wurden und dort je unter drei Volksgruppen (Bafurutshe, Bagopa, Bafokeng) des Batswana Stammes von 1857-1940 wirkten. Bammann konzentriert sich bei seiner Analyse auf die Phänomene der Übergangsriten (Geburt, Beschneidung, Heirat, Tod), der Polygamie, Zauberei, Brautpreis-Sitte, Heilmethoden und des politischen Patriarchats (Häuptlingskultur) im Leben der Afrikaner. Im Blick auf die Missionare erstaunt ihre Ignoranz einer biblischen Perspektive von Gebetsheilung und die Selbstverständlichkeit, mit der sie Homöopathie als ihre missionarische Alternative anboten und Ernst Penzhorn sogar bei Krankheit seiner Kinder, wo europäische Medizin versagte, einen traditionellen Medizinmann aufsuchte (S.286). Einleitend befasst sich der Autor mit einer Begriffsbestimmung und missionstheologischen Einordnung von ‚Inkulturation’, wobei die Unterschiede zur Enkulturation, Akkulturation und besonders ‚Interkulturation’ diskutiert werden. Im Schlusskapitel wird die Arbeit der Missionare missionstheologisch ausgewertet. Dabei wird nicht an herber Kritik der kontextuellen Defizite im Wirken dieser Missionare gespart. Es sind die klassischen Fehler aller erwecklichen Missionen des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihrer mangelnden Differenzierung zwischen eigener frommer, konfessioneller Kultur und dem Evangelium und zum anderen mit eben der zu kurz gekommenen Inkulturation des Evangeliums in die Tiefen der religiösen Lebenswelt des afrikanischen Stammes hinein, mit dem die Missionare eng und aufopferungsvoll zusammenlebten. Bammann hat selbst in diesem Gebiet 25 Jahre lang in
Südafrika als Gemeindebetreuer der Das Bestechende an Bammans Buch ist, dass die Missionsarbeit von zwei aufeinander folgenden Generationen dargestellt wird, die zudem kontinuierlich eine einzige Volksgruppe eines einzigen Stammes an einem einzigen Ort mehr als 80 Jahre lang begleiteten. Die Unterschiede zwischen beiden Generationen werden präzise herausgearbeitet und es zeigt sich, dass die Generation der Söhne ihre Akkulturationsvorteile zur Inkulturation nutzten. Der flüssige Erzählstil und die anschaulichen Beispiele von Erlebnissen der Missionare lassen die damalige Zeit für den Leser lebendig und spannend werden. Diese Fallstudie einer zwar paternalistischen, aber vom Rettungseifer erfassten Mission der „ersten Stunde“, die trotz aller Fehler doch viele Menschen mit dem Evangelium erreichte und so die Entstehung afrikanischer einheimischer Kirchen bewirkte, ist ein Gewinn (nicht nur) für missionsgeschichtlich Interessierte. Dr. |
Bär, Hans. Heilsgeschichtlicher Bibelunterricht.
McIlwains Programm ‘Building on Firm Foundations’ im Einsatz unter den Karen
im Bezirk Omkoi (Nordthailand). edition afem - mission academics Bd. 3. Verlag für Kultur und Wissenschaft:
Bonn: 1998. Hans Bär war von 1982-1995 mit der ÜMG in Nordthailand, wo er unter dem Volk der Sgaw Karen arbeitete. Hier lernte er das Programm des Heilsgeschichtlichen Bibelunterrichtes von Trevor McIlwain, ‘Building on Firm Foundations’ kennen und wandte es in seiner Missionstätigkeit an. Im vorliegenden Buch stellt er dieses Programm McIlwains vor. Dabei ist der Untertitel etwas irreführend, da sich von den 150 nur 12 Seiten mit dem Einsatz dieses Programmes unter den Karen beschäftigen. Im Wesentlichen stellt Bär das Programm von McIlwain dar und bewertet es. Dieser Darstellung ist eine weite Verbreitung zu wünschen, denn McIlwains Programm ist eine Form des Bibelunterrichtes, die nicht nur in der Außenmission, sondern auch in Deutschland Bedeutung gewinnen sollte. Je weniger biblisches Grundwissen in einer Gesellschaft vorhanden ist, umso wichtiger wird es, dieses Grundwissen zu vermitteln. McIlwain hat dazu ein Programm entwickelt, das die Vermittlung biblischen Grundwissens zum Inhalt der Missionstätigkeit und der darauffolgenden Gemeindeaufbauarbeit macht. Dem Programm von McIlwain liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die Bibel zum großen Teil aus Geschichte besteht. In und durch diese Geschichte wird Gottes Heilshandeln mit der Menschheit deutlich. Darum ist die beste Methode des Bibelunterrichtes, diese Geschichte Gottes mit der Menschheit (Heilsgeschichte) nachzuerzählen. Dies geschieht nach McIlwain in drei Schritten. Zunächst wird die biblische Geschichte (vor allem das AT) nacherzählt (S.24ff), ohne schon im AT von Jesus zu sprechen (S.103). Erst wenn das NT in den Blick kommt, wird von Jesus berichtet. Das Ziel dieses Bibelunterrichtes ist es, die Menschen vor eine Entscheidung für oder gegen Jesus zu stellen. In einem zweiten Schritt werden die neuen Gläubigen gesondert unterrichtet. McIlwain legt sehr viel Wert darauf, Ungläubige und Gläubige nicht gemeinsam zu unterrichten (S.30f). Den Gläubigen wird dann erneut die biblische Geschichte von der Schöpfung bis zum neuen Himmel und der neuen Erde präsentiert, wobei diesmal schon im AT von Jesus die Rede ist (S.30ff). Durch diesen Unterricht sollen die Gläubigen im Glauben weitergeführt werden. In einem dritten Schritt sollen schließlich die im Glauben gewachsenen Christen ein drittes Mal in der biblischen Heilsgeschichte unterrichtet werden. Diese dritte Phase ist zur Zeit noch im Aufbau (S. 38f). Bär bewertet das Modell McIlwains zurecht sehr positiv. Kritisch bemängelt er lediglich die teilweise sehr strikten dispensationalistischen Ansichten McIlwains (S.83ff) sowie die grundsätzliche Ablehnung, in der Evangelisation auf die Bedürfnisse und Fragen der Menschen in den verschiedenen Kulturen einzugehen (S. 103f). Bärs Darstellung selbst liest sich teilweise etwas stockend,
was u.a. den häufigen Zitaten zuzuschreiben ist. Auch die inhaltliche Gliederung
könnte zielgerichteter sein. Nicht immer Dr. Hans-Georg Wünch, em 1999-4. |
Barrett, David; George T.
Kurian; Todd M. Johnson. World Christian Encyclopedia: A Comparative Survey
of Churches and Religions in the Modern World. 2 Bände. Oxford
University Press: New York, Oxford usw., 2001. 1968 schlossen sich Kirchen- und Missionsstatistiker unter Leitung des evangelikalen Missionsmannes David Barrett zu einem Mammutprojekt zusammen, dass 1981 zur ersten Ausgabe der WCE führte, die einer der renommiertesten Wissenschaftsverlage der Welt verlegte. Der Band gewann mit seiner Erfassung aller Denominationen der Welt schnell weit über den christlichen Bereich hinaus Bedeutung, da er zugleich zum Mercedes der Religionsstatistik avancierte, bot er doch für viele Länder einmalige Daten an. Die lang ersehnte zweite Ausgabe auf dem Stand des Jahrs 2000 läßt die erste Ausgabe weit hinter sich, denn viel hat sich in den letzten 20 Jahren getan. Die evangelikale Missionswissenschaft hat jedes Schattendasein abgeschüttelt und längst ist die Missionsstatistik als Motor für Planen, Motivieren und Beten anerkannt. Die vorliegenden Bände bieten eine erdrückende Fülle von Daten zu allen möglichen und unmöglichen Fragen rund um die christlichen Kirchen und die Religionen der Welt. Was wollen sie wissen: Wieviel Geld jährlich in Honduras an christlichen Geldern schätzungsweise veruntreut wird? Wieviel vollzeitliche kirchliche Mitarbeiter auf Hawai arbeiten? Wieviel Geld jährlich für christliche Medien in Deutschland ausgegeben wird? Wieviel mehr ein schweizer Christ für die Mission gibt als ein deutscher Christ? Ob der Islam in Indonesien vor allem durch Bekehrungen oder durch biologischen Zuwachs zunimmt? Wieviele charismatische und pfingstkirchliche Denominationen und Splittergruppen in Kanada beheimatet sind? Wieviele Märtyer es im Laufe der Geschichte schätzunsgweise gegeben hat? Wieviele Evangelikale in Köln wohnen? Oder wann die methodistische Kirche in Paraguay gegründet wurde? Neben den umfangreichen Registern, Begriffserklärungen, Abkürzungs- und Literaturverzeichnissen, dem Adressverzeichnis und einem Atlas finden sich folgende großen Blöcke in den beiden Bänden: * Übersichtstabellen zur weltweiten Situation (24 S. in Bd. 1) * Darstellung der Länder der Erde (neben den Statistiken jeweils mit Texten zur Lage der Menschenrechte, der Religionsfreiheit und des Verhältnisses von Religion und Staat, sowie der Geschichte und Stand der Religionen und der Christenheit) (800 S. in Bd. 1) * Zahlen zu den 270 größten Religionen (12 S.) * Zahlen zu 12.600 Völkern und Volksgruppen, inkl. des Status der Evangelisation (230 S.) * Daten zu 13.500 Sprachen und Dialekten der Welt einschließlich des Status der Bibelübersetzung (290 S.) * Daten zu 7.000 Großstädten (85 S.) * Daten zu 3.030 Provinzen der 238 Länder der Welt (30 S.) Wie zuverlässig sind die Daten? Trotz der umfangreichen Mitarbeiterliste und der vielen Literaturlisten (etwa pro Land) ist es natürlich unmöglich, jeweils anzugeben, wie jede Zahl errechnet wurde. Die Ausführungen zur Frage, wie die Daten erhoben wurden, sind recht dünn und David Barrett ist dafür bekannt, seine Daten ungern mit anderen auszutauschen und zu diskutieren, ganz im Gegensatz etwa zum Autorenteam bei ‘Operation World’ um Patrick Johnstone. Die gigantische Organisation zum Datensammeln, die Barett aufgebaut hat, erfaßt sicher fast jede Kirchen- und Religionsstatistik, die irgendwo erstellt wird und dort, wo keine anderen Daten vorliegen, wird man ihm wohl folgen müssen. Dennoch dürfte der Anspruch des Vorwortes, mit den Bänden ausschließlich Fakten und keine Interpretation zu liefern, kaum zu halten sein. Denn wie will man etwa die Zahl der „Great Commission Christians“, also die Zahl derer, die den Missionsbefehl persönlich ernst nehmen, erheben, ohne zu interpretieren, wo doch kaum ein Pastor diese Zahl für seine Gemeinde angeben könnte. Missionsstatistik ist seit William Carey 1792 mit einem missions- und religionsstatistischen Buch die moderne Phase der evangelischen Weltmission ausgelöst hat, unverzichtbar, aber sie sollte sich nicht überhöhen und sich einen Wahrheitsgrad zumessen, den es in einer sich ständig ändernden und nicht zu überschauenden Welt einfach nicht gibt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Bauckham,
Richard. Bible
and Mission: Christian Witness in a Postmodern World. Carlisle: Paternoster, Grand Rapids: Baker,
2003. Das vorliegende Bändchen des britischen Neutestamentlers
Richard Bauckham (University of St. Andrews, Schottland) geht auf zwei Vorlesungsreihen
zurück. Der Stil der Vorlesungen wurde weitgehend beibehalten, jedoch durch
Fußnoten ergänzt. In „A Hermeneutic for the Kingdom of God“ beschreibt B.
zunächst unter den Stichworten „zwischen McWelt und Jihad“ die Situation der
Welt nach dem 11. September 2001. Die sich universalisierende Kultur, die
gegenwärtig alle Partikularität und Verschiedenheit zu unterdrücken
trachtet, ist der globale Kapitalismus, in dem B. eine sechste große universale
Ordnung sieht (nach dem antiken Griechenland und Rom, dem mittelalterlichen
Christentum, dem Islam und der von der Aufklärung bestimmten Zivilisation
der westlichen Moderne). Diese universalen Kulturen sind geprägt von einer
eigenen Meta-Erzählung (narrative) und ihrem Drang nach Globalisierung mit
der einhergehenden Unterdrückung anderer Kulturen („… with the
ever-increasing threat to local cultures throughout the non-western world by
the so-called Coco-colonization of the world, the relentless universalization
of commercialized American culture“, 7). Im Gegensatz zu diesem Trend
gewährt und fördert das Christentum historisch und gegenwärtig kulturelle
Hete-rogenität. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Partikularen und
dem Universalen ist eine Leitfrage des Autors. Nach dieser hilfreichen
Analyse geht es um eine Hermeneutik für das Reich Gottes. B. will die
missionarische Ausrichtung der Bibel ernst nehmen und ihre Bewegung vom
Partikularen zum Universalen nachzeichnen: „This is a universalist direction
that takes the particular with the utmost seriousness. Christian communities or individuals are
always setting off from the particular as both the Bible and our own
situation defines it and following the biblical direction towards the universal
that is to be found not apart but from within other particulars. This is
mission“ (11). Diese Bewegung hat in der Bibel eine zeitliche („mission is a
movement into the new future of God), eine räumliche („mission is a movement
towards ever-new horizons“) und soziale Dimension („mission is a movement
that is always being joined by others, the movement, therefore, of an
ever-new people“, 13-15). Durch viele Beispiele zeigt B. überzeugend: „The
realistic narratives of Scripture portray only the ever-recurrent setting
out from the particular towards the universal in a movement which can move
in a universal direction only by way of other particulars, since the goal is
not an abstract universal but the ingathering of all particulars into the one
kingdom of the one God“ (16). Kapitel zwei zeichnet diese Bewegung „Von dem Einen zu den Vielen“ im AT nach (27-54): von Abraham zu allen Geschlechtern der Erde, von Israel zu allen Völkern, von dem in Zion herrschenden König zu den Enden der Erde und zu allen über den Weg des Geringsten (die Erniedrigung Christi und die Torheit des Kreuzes): „… God’s purpose begins with a singular choice: God singles out first Abraham, then Israel, then David. The three movements that begin with these three choices by God each has its own distinctive theme, one aspect of God’s purpose for the world. … The trajectory that moves from Abraham to all the families of the earth is the trajectory of blessing. The trajectory that moves from Israel to all the nations is the trajectory of God’s revelation of himself to the world. The trajectory that moves from God’s enthronement of David in Zion to the ends of the earth is the trajectory of rule, of God’s Kingdom coming in all creation“ (27). Kapitel drei untersucht den geographischen Horizont der Bibel („Geography - Sacred and Symbolic“, 55-81). B. fragt nach dem Bewusstsein der Bibel für die Völkerwelt und nach ihren geographischen Horizonten (Völkertafeltradition, Völkerorakel der Propheten, die Enden der Erde in atl. Sicht in verschiedenen Himmelsrichtungen) sowie nach dem Verhältnis von Jerusalem als Zentrum und dem Horizont der Völkerwelt. Abschließend geht es um die Bedeutung der Sendung Israels zu den und für die Völker schon im AT und um das bleibende „Diaspora-Wesen“ des Volkes Gottes. Das abschließende Kapitel beschreibt das christliche Zeugnis für die Wahrheit in einer postmodernen und globalisierten Welt. Dazu zählen die biblische Meta-Erzählung und die postmoderne Kritik und ihr Wesen als eine nicht-moderne Meta-Erzählung ganz anderen Charakters. Ferner geht es um diese biblische Geschichte und die ökonomische Globalisierung, in der B. einen neuen Imperialismus sieht und sie einer vernichtenden Kritik unterzieht. Die Folgen der biblischen Geschichte für die Bezeugung der Wahrheit werden deutlich (die ganz andere Qualität der Herrschaft Gottes). B. beleuchtet das christliche Zeugnis angesichts sich globalisierender Mächte (so schon urchristlich gegenüber den Ansprüchen des römischen Reichs) sowie die biblische Geschichte und ihre Betonung kultureller Verschiedenheit. Prof. Bauckham hat für Bibelwissenschaftler, Missiologen, Missionare und alle an Mission Interessierten ein enorm inspirierendes Büchlein vorgelegt, das hilft, die Mission der Kirche zu verstehen und als integralen Bestandteil von Gottes Geschichte mit dieser Welt zu sehen, nämlich als Teil der biblische Meta-Erzählung des Reiches Gottes. Trotz seines geringen Umfangs enthält dieses klar und verständlich geschriebene Buch viele wichtige und herausfordernde Gedankenanstöße für unser Verständnis der Bibel, der gegenwärtigen globalen Entwicklungen und – daraus abgeleitet – unserer missionarischen Aufgabe. Prof.Dr. Christoph Stenschke, em 2005-4. |
Baumann, Andreas. Der Islam – Gottes Ruf zur Umkehr? Eine
vernachlässigte Deutung aus christlicher Sicht. Basel: Brunnen Verlag
2003. Andreas Baumann greift ein Thema auf, das in der neueren theologischen Diskussion um den Islam bisher am Rande stand. Diese bewegt sich weitgehend im Spannungsfeld zwischen Dialog und Harmonisierung einerseits sowie Apologetik und missionarischem Handeln andererseits. Andreas Baumann aber stellt die alte Frage nach dem Platz des Islam im Weltregiment Gottes und nach dem, was Gott der Christenheit mit dem Islam sagen möchte. Gewiss sieht der Verfasser die vielfachen Herausforderungen des Islam an die christliche Kirche und ihren Glauben, stellt aber fest, dass gegenwärtig neben Abgrenzung, Mission und Dialog die christliche Selbstkritik und der Ruf zur inneren Umkehr weitgehend fehlen. A. Baumann geht der biblischen Sicht vom Gericht Gottes nach und befragt die Kirchen- und Theologiegeschichte nach Beispielen für eine Deutung des Islam als Gerichtshandeln und Bußruf Gottes. Das bekannteste Beispiel ist sicher Martin Luthers Ruf an die Deutschen zur inneren Umkehr angesichts der Türkengefahr (der Islam als „Zuchtrute“ Gottes). In weiteren Kapiteln zeigt A. Baumann auf, wie und warum die christliche Kirche von der Zeit Muhammads an bis heute im Blick auf den Islam versagt hat und welche Verheißung darauf liegt, dass Christen angesichts dieses Versagens zum biblischen Evangelium umkehren. Ein Anhang mit kurzen Überblicken über die Kernländer des Islam, über die wichtigsten orientalischen Kirchen und die Hauptgründe für das Entstehen des Islam sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis und ein Register der Anmerkungen runden das Buch ab und regen zum weiteren Arbeiten an. Es ist A. Baumann zu danken, dass er dieses lange vernachlässigte Thema aufgegriffen und neu zum Bewusstsein gebracht hat. Sein Buch hat theologische Tiefe und ist doch leicht lesbar. Es sei allen, die sich über das Phänomen Islam und die Welt der Muslime mehr Klarheit verschaffen wollen, sehr zur Lektüre empfohlen. Eberhard Troeger, em 2004-4. |
Baumann, Andreas. Der Orient für Christus: Johannes Lepsius
- Biographie und Missiologie. TVG Brunnen: Gießen 2007. Dr. Johannes Lepsius (1858-1926) war eine faszinierende und vielschichtige Persönlichkeit; heute jedoch ist er meist nur noch wegen seines Einsatzes für die Armenier während der Zeit des Genozides bekannt. Der Rahmen für seine diesbezügliche Tätigkeit war Lepsius‘ umfassenderes Missionsengagement als Gründer und Direktor der Deutschen Orient-Mission und der Dr. Lepsius Deutschen Orient-Mission und seine Aktivitäten als profilierter theologischer Autor und als Herausgeber von Missionszeitschriften. Für den deutschsprachigen Bereich darf er als einer der Pioniere der christlichen Mission unter Muslimen gelten. Seine sehr vielgestaltigen Aktivitäten können nur recht verstanden und eingeordnet werden mithilfe eines tiefgehenden Verständnisses seiner Theologie und Missiolo-gie, die die Grundlage und Motivation für seine ganze Arbeit darstellen. Sie sind der „innere Schlüssel“, um Lepsius recht zu verstehen. Ein missiologisches Forschungsprojekt über Johannes Lepsius muss sich mit vielen Hindernissen auseinandersetzen: Es muss ein enormer Umfang von Archivmaterialien bewältigt werden, zu denen gerade erst – parallel zu dieser Forschungsarbeit – ein ausführliches KatalogVerzeichnis erarbeitet wurde. Zudem gibt es die von Lepsius gegründeten Missionsgesellschaften seit rund einem halben Jahrhundert schon nicht mehr. Da Lepsius ein recht eigenständiger Denker war, der in kein theologisches und missiologisches Lager so recht hineinpasste, hat er auch keine direkten Nachfolger gehabt, die sein Erbe weitergeführt hätten. Außerdem hat Lep-sius sein Missionsdenken in keinem zusammenhängenden Werk veröffentlicht. Vielmehr muss es aus seinen theologischen Werken und aus der Vielzahl seiner Artikel in Missionszeitschriften herausgearbeitet werden. Jedoch ist Johannes Lepsius von solch herausragender Bedeutung, dass sein Werk und sein Denken eine sorgfältige Untersuchung und systematische Interpretation verdient. Andreas Baumann hat in seiner nun in Buchform erschienenen Doktorarbeit diese Aufgabe gekonnt übernommen. Er erarbeitet darin erstmalig einen zusammenhängenden und vollständigen Überblick über Johannes Lepsius‘ Missiologie, die er somit auch für Fragestellungen der Gegenwart fruchtbar macht. Als notwendiges Nebenprodukt hat er die bisher umfangreichste Biographie über Johannes Lepsius geschrieben (113 S.); denn Lepsius und seine Schriften können nur in ihrem Kontext recht verstanden werden. Baumann wendet deshalb gekonnt einen literarhistorischen Ansatz auf die Quellen an, der es ihm ermöglicht sie in ihren Kontext eingebettet zu deuten und so auch Entwicklungen im Denken von Johannes Lepsius im Laufe seines Lebens aufzuspüren. Es ist sinnvoll, dass die Untersuchung sich auf die Missiologie von Lepsius beschränkt, da keiner der vielen anderen Aspekte seines Lebenswerkes bisher in der Tiefe erforscht wurde – mit Ausnahme seines Einsatzes für die Armenier. Diese äußerst umfangreiche Aufgabe bleibt anderen Studien vorbehalten. Baumann tut auch gut daran, dass er seine Studie nur auf die veröffentlichten Quellen von Lepsius beschränkt und nicht auf die unzähligen unveröffentlichten Manuskripte, Notizen und Briefe ausdehnt. Auch sieht die Arbeit zu recht ab von dem Versuch einer erschöpfenden Analyse der vielfältigen Ursprünge, Wechselwirkungen und der Wirkungsgeschichte von Lepsius‘ Theologe und Missiologie, was Aufgabe einer weiteren Forschungsarbeit von gleicher Größenordnung wäre. Die Primärliteratur und die relevante Sekundärliteratur wurden – soweit feststellbar – vollständig ausgewertet, wobei die Bibliographie des Buches einen beeindruckenden Umfang von 54 Seiten aufweist. Die einzelnen Kapitel des Buches beschäftigen sich mit Lepsius' Biographie, seiner Theologie (115 S.), seiner Missionsarbeit unter Muslimen (110 S.) und wichtigen missiologischen Einzelfragen (101 S). All dies wird eingerahmt von einer Einleitung und einem Schlussteil (50 S.), der Johannes Lepsius‘ „Missiologisches Erbe“ herausarbeitet. Der entscheidende Forschungsbeitrag von Baumann ist dabei die Rekonstruktion der Missiologie von Johannes Lepsius, die er zunächst ausführlich untersucht und danach in 18 Thesen prägnant zusammenfasst. Dabei wird überzeugend die Eigenständigkeit von Lepsius herausgearbeitet und es wird deutlich, dass kein heutiges „missionstheologisches Lager“ ihn – etwa im Gegensatz zu anderen – gänzlich für sich beanspruchen kann. So finden sich beispielsweise sowohl wichtige Gemeinsamkeiten mit der gegenwärtigen deutschsprachigen evan-gelikalen Missionstheologie als auch markante Unterschiede. Sorgfältig werden im Schlussteil des Buches noch beispielhaft einige der wichtigsten Aspekte der Missiologie von Johannes Lepsius in Beziehung gesetzt zur Fragestellung nach dem Verhältnis von Mission und gesellschaftlicher Verantwortung, wobei der Autor hierbei sein eigenes missiologisches Profil erkennen lässt. Es wird dabei deutlich, dass eine Beschäftigung mit Johannes Lepsius‘ Missiologie auch durchaus fruchtbar sein könnte für die heutige missio-logische Diskussion, wie etwa für den ökumenisch-evangelikalen Dialog über das rechte Missionsverständnis. Dr. Christof Sauer, em 2008-3. |
Baumann, Andreas. Die Apostelstraße. Eine
außergewöhnliche Vision und ihre Verwirklichung. Brunnen Verlag: Giessen, 1999. Andreas Baumann, Absolvent des Theologischen Seminars St. Chrischona und Prediger in Rheinfelden, hat sein missiologisches Studium in Korntal mit einer Forschungsarbeit über die berühmte „Apostelstraße“ abgeschlossen. Die vom Gründer der Pilgermission St. Chrischona, Christian Fr. Spittler (1782-1867), angeregte Straße sollte über eine Kette von 12 Missionsstationen von Jerusalem durch das Niltal in das Hochland von Äthiopien führen. Zwischen 1860 und 1875 wurden 5 Orte in Ägypten und im Sudan mit Handwerkermissionaren der Pilgermission besetzt. Schließlich scheiterte jedoch das Projekt u. a. an politischen und finanziellen Ursachen. Die Apostelstraße wird immer wieder in der Missionsliteratur erwähnt und hat – bis heute – die Gründung von missionarischen Vorposten und Gemeinden an strategisch wichtigen Routen angeregt. Es fehlte bisher aber eine gründliche Erforschung der Quellen, des historischen Umfeldes und der Wirkungsgeschichte der Apostelstraße. Deshalb konnte die „Apostelstraße“ als romantische Idee Spittlers ein wenig belächelt werden. Das hat sich durch die Arbeit von Andreas Baumann geändert. Es ist ihm zu danken, daß er das reichlich vorhandene Archivmaterial sowie die Sekundärliteratur umfassend gesichtet und ausgewertet hat. Dadurch ist es nun möglich, die Apostelstraße mit konkreten Menschen, ihren Erwartungen, Mühen und Enttäuschungen zu verbinden. Dadurch wird auch das geistliche und missionarische Denken aller an der Apostelstraße Beteiligten besser sichtbar. Über „Tränensaat“ und „Freudenernte“ muß in der Missionsarbeit immer wieder nachgedacht werden – gerade in unserer, sehr an der aufweisbaren Leistung orientierten Zeit. Insofern ist A. Baumanns Arbeit nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Missionsgeschichte des 19. Jahrhunderts, sondern auch die Beschreibung eines geistlich-missionarischen Vermächtnisses, dem viele Leser und Nachahmer zu wünschen sind. Eberhard Troeger, em 1999-4. |
Baumert, Manfred. Natürlich – übernatürlich: Charismen entdecken und weiterentwickeln. Frankfurt: Peter Lang, 2011. „Mission geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes“, formuliert die Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM), und Gottes Geist „schenkt verschiedene Gaben für Dienst und Leben“. Diese Worte unterstreichen die zentrale Bedeutung des Heiligen Geistes in der Mission. Zudem haben wir heute eine Generation von jungen Mitarbeitern, die hervorragend ausgebildet ist und voller Leidenschaft, jedoch auch tief verunsichert in unserer mega-optionalen Welt. Sie sehnen sich nach Gewissheit und erwarten eine gute Übereinstimmung von Gaben und Aufgaben. Darum kommt heute Persönlichkeits- und Gabentests eine besondere Bedeutung in der Auswahl von Mitarbeitern, Arbeitszuweisung und Begleitung zu. Wie werden Charismen entdeckt und gefördert? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Dissertation von Manfred Baumert, Studienleiter am Theologischen Seminar Adelshofen, die jetzt als Buch vorliegt. Sie erforscht diese Thematik im deutschen, landeskirchlichen Kontext und spannt dabei einen weiten Bogen: Er beginnt mit einem kirchengeschichtlichen Überblick, wie Chrysostomos, Thomas von Aquin, Luther, Schleiermacher, Max Weber, Rahner, Zinzendorf und Blumhardt die Gnadengaben verstanden haben. Anschließend diskutiert Baumert die aktuellen systematisch-theologischen Fragen. Oft ergibt sich dabei ein Dreiklang von menschlicher Disposition, verbunden mit dem unbegreiflichen Wirken von Gottes Gnade (soteriologisch) und dem Weltwirken von Gottes Geist, und seinem Wirken in der Gemeinde (112). Es folgt eine exegetische Analyse der wesentlichen Bibelstellen (115-139), bevor Baumert die gängigen Gabentests von Christian Schwarz, Bill Hybels, Obenauer, Xpand/EC und APPLE (Frost & Hirsch) vorstellt und ihre Stärken und Schwächen untersucht. Alle Kurse empfindet Baumert als pragmatische Konzepte, die auf gründliche Exegese wenig Wert legen. Gaben und Aufgaben entsprechen einander und Fehler in ihrem Gebrauch werden einkalkuliert (155). Am besten beurteilt er noch Oberauers Kurse (für Jugendliche und für Erwachsene), weil sie relativ gut theologisch arbeiten, auf deutsche Landeskirchen normiert (176) ist und Gemeindemitarbeiter im Fokus hat (171). Bei B. Hybels hebt er die Integration von Frucht und Gaben des Geistes, natürlichen Interessen und Fähigkeiten mit dem Persönlichkeitsstil hervor (170); zudem nimmt hier die Motivation durch Liebe sowie der Wunsch, Gott zu verherrlichen und zum Bau der Gemeinde beizutragen, die zentrale Rolle ein (169). Baumert diskutiert dann forschungstheoretische Aspekte (191-202) und entwickelt die Methodik für seine empirische Umfrage unter Pfarrer/innen der badischen Landeskirche: ein Online-Fragebogen (202-228) mit qualitativen und quantitativen Items. Bei den empirischen Ergebnissen (272-344) fällt auf, dass 77% der befragten Pfarrer/innen geistliche Gaben vorwiegend als Kombination von natürlichen Anlagen und Geistwirkung verstehen (281); 62% sind überzeugt, dass diese bereits bei der Geburt (62%) empfangen werden (285), nicht bei der Taufe. Sie sehen geistliche Gaben vor allem in Leitung (44%), Musik (33%), Verkündigung (24%), Gebet (24%), Lehre (24%), Organisation (22%), Seelsorge (19%), Besuchsdienst (16%), handwerklichen Fähigkeiten (16%), während die paulinischen Gaben Geisterunterscheidung (8%) und Prophetie (6%) nur sehr selten genannt wurden (295). Hier spiegelt sich der landeskirchliche Kontext wider, der beachtliche Unsicherheit hinsichtlich des dritten Glaubensartikels aufweist. Wie entdecken Gemeindeglieder ihre Gaben? Die badischen Pfarrer nannten vor allem (312): ein Gemeindebild, dass jeder Christ begabt sei (79%), motivierende Gemeindeziele (74%), Lob und Vertrauen in der Gemeinde (68%), gegenseitiges Ergänzen in den Aufgaben von Hauptamtlichen (63%), Einsetzen von Gemeindegliedern, wo Mitarbeiter fehlen (48%), Pfarrer geben Hilfestellung zum persönlichen Glauben (37%), Einüben von Gaben in Kleingruppen (34%), Reaktion auf Verkündigung (32%), Mitvollziehen geistlich-pastoraler Handlungen wie Segnen, Fürbitte (29%), Gebet um Gaben (23%), regelmäßige Einzelgespräche über Ämter und Aufgaben (23%), während Lernen von charismatischen Personen (12%), Vorträge zu Geistesgaben (10%) und überregionale Konferenzen (5%) nur selten genannt wurden. Dabei verstehen sich Pfarrer als Schlüsselperson, die das prozesshafte Erlernen von Gaben an Gemeindeaufgaben und Ausprobieren in der Gemeinschaft vermitteln (294). In diesem Kontext wachsen viele der neuen Missionare heran! Woran werden geistliche Gaben erkannt? Die Pfarrer nannten hier vor allem Pragmatisches (361): der Einzelne erlebt Freude bei Aufgaben (89%), geistliche Stärkung in der Gemeinschaft (71%), geistliche Veränderung (63%), Dienstbereitschaft (62%), Bedürfnis zur Mitarbeit (61%), Interesse an geistlicher Gemeinschaft (61%), Entwicklung der eigenen Identität (60%), Menschen kommen zum Glauben (60%). Die Studie belegt, dass Gabentests gegenwärtig noch relativ wenig (2-8%) verwendet werden (344) und mehr der Bestätigung erkannter Gaben dienen als dem Entdecken von neuen. Korrelationsanalysen decken weitere empirische Zusammenhänge auf im Hinblick auf Gebet, Gabenverständnis und Gemeindetypus (345-360). Die Online-Umfrage ist ergänzt durch Interviews mit Gemeindegliedern, die Baumert sorgfältig hinsichtlich Wortwahl, Syntax und Themen analysiert (313-328) und zu Profilen verdichtet (366-388). Dabei fällt auf, dass auch viele Gemeindemitarbeiter Schwierigkeiten haben, ihre Gaben zu erkennen. Zum Vergleich dienen Interviews mit Gemeindegliedern einer charismatisch-pentekostalen Gemeinde (365-375), bei denen Heilung, Prophetie, Glossolalie und Visionen eine zentrale Rolle spielen. Sie sehen eine enge Verbindung zwischen persönlicher Berufung und geistlicher Begabung (375) – oft in Bereichen früherer Defiziterfahrungen – jedoch keine zwischen Begabung und Persönlichkeit. Trotz übernatürlicher Zuweisung müssen diese eingeübt und durch Dritte bestätigt werden (377). Mitarbeiter mit unauffälligen Gaben stehen dabei im Hintergrund und benötigen eine gehorsame Haltung (375). Baumert fasst seine Ergebnisse in 46 Thesen zusammen, wie landeskirchliche Gemeinden geistliche Gaben in ihrer Mitte besser entdecken und zur Entfaltung bringen können (395-432). Es sind praktische Vorschläge, die in jeder Gemeinde umgesetzt werden können; dazu dient auch die umfassende Bibliographie. Das vorliegende Buch überzeugt durch seine empirischen Ergebnisse. Die Kombination von Online-Umfrage mit quantitativen und qualitativen (offene) Fragen plus Interviews von Pfarrern und Gemeindegliedern gewährt einen tiefen Einblick in das theologische Verständnis von Charismen und die Gemeindepraxis von badischen landeskirchlichen Gemeinden. Mit ihrer Kombination von verschiedenen Befragungstechniken, detaillierter Diskussion der Forschungsmethodik (228-271) und komplexer Sprachanalyse setzt sie auch methodisch Maßstäbe; sie stellt eine Fundgrube und Inspiration dar für jeden, der eine empirische Studie plant. Die numerischen Ergebnisse sind graphisch vielfältig (nicht immer konsistent) aufbereitet. Jedoch täuschen die Nachkommastellen eine Präzision der Ergebnisse vor, die dem (begrenzten) Umfang der Stichprobe (N=139) nicht entspricht, die bereits eine statistische Unschärfe von ± 4-8% vorgibt. Dem Genre Dissertation ist die theologische und soziologische Fachsprache, abstrakten Konzepte und komplexe Syntax geschuldet, die für Akademiker einen sprachlichen Genuss darstellen mögen, jedoch Lesefluss und Verstehen erschweren. Trotz dieser geringen Einschränkungen bietet das Werk wertvolle Impulse für den missionarischen Gemeindeaufbau und für die Mitarbeiterführung in Missionswerken. Detlef Blöcher, em 2012-3. |
Beck, Hartmut (Hg.): Wege in die Welt. Reiseberichte aus 250 Jahren Brüdermission. VELM:
Erlangen, 1992. Dieses Buch stellt eine Ergänzung zu Hartmut Becks Geschichte der Brüdermission mit dem Titel „Brüder in vielen Völkern“ dar. Rund 20 Texte geben bis zum Jahr 1916 Einblick in etwa 200 der 250 Jahre Mission der Herrnhuter Brüdergemeine. Allerdings wird hier nicht die Missionsarbeit selbst dargestellt, sondern die Reisen der Missionare in die Polarregion, die Karibik, nach Zentralasien, Indien und Grönland und die damit verbundenen erheblichen Schwierigkeiten. Schwere Unwetter, Schiffbruch, Krankheit, Verwicklung in Kriege und Gefangenschaft, feindselige Schiffsmannschaften, Geldmangel und Hunger, Ausgeliefertsein aufgrund ihrer Rechts- und Schutzlosigkeit und vor allem Einsamkeit angesichts der gewaltigen Aufgabe der Pioniermission kennzeichneten die oft monatelangen Reisen an die entlegenen Bestimmungsorte der ausgesandten Männer und Frauen. Daß alle Texte aus Tagebüchern und eigenhändigen Reiseberichten stammen, macht das Buch zu einem eindrücklichen Zeitzeugnis. Christine Schirrmacher, em 1995-1. |
Beck, Hartmut. Brüder in vielen Völkern. 250 Jahre Mission der Brüdergemeine. Verlag der Evg.-Luth. Mission, Erlangen 1981. Herrnhut, das ist die Mutter der deutschen evangelischen Missionen. (Die noch ältere dänisch-hallesche Mission gibt es ja schon lange nicht mehr). Nicht nur, daß Herrnhut die älteste Mission ist, es hat auch für die Entstehung der großen Missionen (wie Basel, Berlin oder Leipzig) wichtige Vorarbeiten geleistet. Interessant ist auch die Struktur der Herrnhuter Brüdergemeine als einer „volkskirchlichen Freikirche“, bei der fast von Anfang an Weltmission wichtiges Grundelement des Auftrags der Kirche war. Das hatte zur Folge, daß heute der weitaus größte Teil der Moraven in den „Missionsgebieten“ lebt. Außerdem ist die Brüder-Unitat eine der wenigen internationalen evangelischen Kirchen. Hartmut Beck, Missionarskind (geboren in Surinam), Missionar (in Tansania) und Pfarrer einer Brüdergemeine (in Hamburg) hat zum 250jährigen Jubiläum der Herrnhuter Missionsarbeit ein bedeutendes und gut lesbares Buch veröffentlicht, das das bisherige, von Karl Müller und Adolf Schulze zum 200jährigen Jubiläum erschienene Buch ablöst. Das Buch ist auch interessant für den, der sich mit Fragen der Gemeindestruktur und ihren Veränderungen beschäftigen will. Geschickt ist auch seine Darstellung der Verflechtungen zwischen Mission, Kolonialismus, Sklaverei, Sklavenbefreiung, Handel und Predigt. Weil er die historischen Details kennt, vermeidet er Generalisierungen. Er zeigt, wie sowohl die Identifikation mit den Opfern des Kolonialismus als auch Gehorsam gegenüber der Obrigkeit (in jeweils unterschiedlicher Mischung) geistliche Realitäten waren (lesen Sie einmal auf S. 248/9 die Geschichte von der Nichteroberung Silos). Klaus Fiedler, em 1985-2 |
Becken, Hans-Jürgen. Wo der Glaube noch jung ist: Afrikanische Unabhängige Kirchen in Süd-Afrika.
Erlangen, 1985. Das Buch ist eine wesentliche Bereicherung der immer noch spärlichen deutschen Literatur über die Afrikanischen Unabhängigen Kirchen (AUK), die immerhin mit 33 Millionen Anhängern gut 15% der afrikanischen Christenheit ausmachen. Das Bestechende an diesem Buch ist es, daß die Vertreter der AUK selbst ausführlich zu Wort kommen. Das kann nur jemand präsentieren, der wie Becken seit 1951 in Afrika tätig ist und seit 1965, also seit zwanzig Jahren, eng mit diesen Kirchen zusammenlebt. Allein als solche erzählerisch beschreibende Darstellung der AUK in Selbstzeugnissen ist es ein gelungenes Werk, das eine würdige Weiterführung und Aktualisierung der Arbeit Bengt Sundklers („Bantupropheten in Südafrika“, 1964) ist. Becken will aber mehr als nur darstellen. Er möchte die AUK als ebenbürtigen Partner im ökumenischen Gespräch vorstellen, der einen substantiellen Beitrag zur afrikanischen Theologie und zur Mission in Afrika liefern kann. Für ihn sind diese von den Missionskirchen unabhängig gewachsenen Gemeinschaften eine authentische „afrikanische Antwort auf die christliche Botschaft“ (S.11), eine „missionarische Bewegung“ (S. 274) der weltweiten Kirche Jesu Christi. Sehr überzeugend
wird das Besondere am Beitrag des AUK-Christentums herausgestellt: das ganzheitliche Heilsverständnis (in der Zusammenschau von
Seelenrettung und körperlicher Heilung),
die Bedeutung der prophetischen
Heiler als begeisternde Vorbilder
und die missionarische Wirkung der Gemeinschaft der „geheilten Heiler“,
die sich durch Fürbitte (in
Heilungsgottesdiensten) und durch Fürsorge (in Heilungsheimen) um
das Leid des Nächsten kümmert. Ausführlich wird die vielfältige Verwendung von Symbolen beschrieben (z.B. Asche, Wasser, Berge, Fahnen, Kerzen), und die Theologie des Liedgutes eines AUK wird exemplarisch herausgearbeitet. Die Schlußkapitel geraten zu einem dringenden Appell an die westlichen und afrikanischen Missionskirchen, in den Dialog mit den AUK einzutreten und sie als gleichgesinnte Missionspartner für Afrika anzusehen. Denn es wäre zu den nun über 6000 AUK in Afrika nicht gekommen, wenn es nicht die Missionskirchen gegeben hätte, von denen sich die ersten abgespalten hatten (seit 1819), deren Führer aber viel von ihren Mutterkirchen mit herübergenommen haben und die auch nur dort Kirche bauen konnten, wo ihnen die Bibel in ihrer Muttersprache zur Verfügung stand. Der theologisch Interessierte vermißt vielleicht ein gründlicheres Eingehen auf die Synkretismus-Problematik. Ekklesiologische Bedenken erheben sich bei der von Becken so euphorisch geschilderten Massenbewegung des Cancele-Kultes, den er als gelungene Weiterführung der AUK im Sinne einer das ganze Volk erfassenden Kirche versteht. Fasziniert hier nicht das Ideal der Volksnähe (,,Volkskirche“) mehr als das biblische Ziel der Christusnähe? „Wo der Glaube noch jung ist“ ‑ ein markanter Meilenstein zur Orientierung auf dem verschlungenen Pfad der Begegnung mit den unabhängigen Kirchen in Afrika. Detlef Kapteina, em 1986-4. |
Becker, Dieter. Die Kirchen und der Pancasila-Staat:
Indonesische Christen zwischen Konsens und Konflikt. Missionswissenschaftliche Forschungen NF 1. Verlag der Ev.-Luth.
Mission: Erlangen, 1996. Auch wenn die Lage der Kirche Jesu in keinen zwei Ländern der Erde wirklich gleich ist, gibt es kaum ein Land der Erde, in dem die Kirche auf eine so einmalige Situation stößt, wie in Indonesien. Das Land ist islamisch und doch ist der Islam nicht Staatsreligion. Als m. W. einziger Staat der Erde macht Indonesien weder eine bestimmte Religion zur Staatsreligion, noch ist er religiös indifferent, sondern erhebt den Glauben an einen Gott zu einem der staatstragenden Säulen der Staatsphilosophie, der ‘Pancasila’. (Vgl. meine Beiträge „Religion ist Pflicht in Indonesien“ Idea-spektrum 56/57/1981 vom 21.10.81 und „Javanische Mystik“. Factum 10/1987: 3-6). Dieter Becker stellt in seiner Heidelberger Habilitationschrift von 1993 die Geschichte und Gegenwart der protestantischen Missionen und Kirchen in Indonesien dar, wobei der Schwerpunkt bei den älteren Kirchen liegt. Bedauerlich ist, daß Becker praktisch nur die im Nationalen Kirchenrat zusammengefaßten Kirchen berücksichtigt und die außerhalb stehenden und meist auch jüngeren Kirchen, die aus der indonesischen Erweckung entstanden sind, nur am Rande erwähnt (z. B. S. 260-261 die Einschätzung „charismatischer“ Gruppierungen). Dabei geht es Becker aber nicht um die Missionsgeschichte an sich, sondern um ihr Verhältnis zur politischen Ordnung des Landes in der Kolonialzeit, der ersten Phase der Unabhängigkeit unter Präsident Sukarno bis 1965 und der gegenwärtigen Struktur seit 1966 unter Präsident Suharto. Der Leser bekommt dabei auch einen ausgezeichneten Überblick über die politische Geschichte Indonesiens bis Mitte der 80er Jahre. Die Reaktionen der protestantischen Kirchen auf die politischen Gegebenheiten erhebt Becker minutiös aus einer Großzahl von Quellen und aus seiner vor Ort gesammelten Einsichten. Ich kenne derzeit kein Buch, das Missionaren oder Missionsgesellschaften einen besseren Einblick in die ‘Pancasila’ und in das ungewöhnliche Verhältnis von Religion und Politik in Indonesien und die Reaktionen der christlichen Kirchen darauf gibt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-1. |
Bediako, Kwame. Theology and Identity. The Impact of Culture upon Christian Thought in the Second Century and in Modern Africa. Oxford: Regnum Books, 1992. Ist es möglich, als Afrikaner seine eigene Kultur, Tradition und religiöse Vergangenheit voll zu bejahen und zugleich überzeugter Christ zu sein? Lassen sich Afrikanersein und Christsein miteinander verbinden, oder gilt, wie der renomierte presbyterianische Theologe Bediako aus Ghana nachdrücklich in Kap. 6 beschreibt, auch heute noch wie vielfach bis zur Mitte dieses Jahrhunderts alles Afrikanische als heidnisch und damit als unwertvoll, unwichtig, abzulehnend? Demgegenüber betont Vf.: „Ohne Erinnerung (an das Alte) haben wir keine Vergangenheit, und ohne Vergangenheit haben wir unsere eigene Identität verloren, denn die Vergangenheit ist auch unsere Gegenwart.“ (237) Die missionarische Verkündigung trifft in Afrika weder auf eine religiöse und kulturelle tabula rasa noch bringt das Evangelium nur etwas ganz Anderes, das zur afrikanischen Tradition in keinerlei Beziehung steht, wie es noch Byang Kato (vgl. Kap. 10) in den siebziger Jahren sah. Vielmehr geht es um das rechte Verhältnis von Kontinuität und Diskontinuität von afrikanischer Tradition und christlichem Glauben. Nur in einem ausgewogenen Verhältnis von beidem, Kontinuität und Diskontinuität, kann sich eine eigene afrikanische christliche Identität entwickeln. Dieser Fragestellung widmet sich Bediako in seiner bereits im Juli 1983 in Aberdeen eingereichten Dissertaion. Die Fragestellung ist nicht neu. Bereits die Apologeten im zweiten nachchristlichen Jahrhundert hatten sich damit auseinanderzusetzen. Deshalb geht Vf. zunächst auf vier Vertreter von ihnen ein (Tatian, Tertulian, Justin und Clemens von Alexandria), um aufzuzeigen, wie sie sich zu ihrer Zeit mit der hellenistischen Religion und Philosophie auseinandergesetzt haben und im Kontext dieser kulturellen Gegebenheiten das Evangelium verständlich machen wollten. Vf. stellt die missionarische Intention der Apologeten stark heraus und behandelt ihre Theologie also bewußt unter missiologischen Gesichtspunkten. Nicht eine radikale Verurteilung des Hellenismus (so höchstens Tertulian), sondern eine bewußte kritische Auseindersetzung mit ihm und eine positive Aufnahme partieller Wahrheiten unter Wahrung biblischer Maßstäbe prägte ihre Arbeit. Ähnlich untersucht Vf. dann vier treffend ausgewählte afrikanische Theologen der Gegenwart, die sich in Bezug auf ihren Kontext der gleichen Problematik stellen, mit dem Unterschied, daß sie zugleich gegen das Vorurteil ankämpfen mußten, daß der afrikanische Hintergrund anders als der Hellenismus minderwertig, ungebildet und rückständig sei. Während der nigerianische Methodist Bolaji Idowu die „Kontinuität Gottes in der afrikanischen religiösen Erfahrung“ (293) und Offenbarung Gottes auch in der afrikanischer Religion in den Mittelpunkt stellt, geht es dem kenianischen Anglikaner John Mbiti darum, afrikanische Religiosität und Tradition als praeparatio evangelica hervorzuheben. Mulago gwa Cikala als katholischer und frankophoner Vertreter aus dem Zaire betont die Partizipation am Leben und an der Gemeinschaft als Kontinuum. Nur der evangelikale Byang Kato aus Nigeria lehnt jegliche Relevanz afrikanischer Tradition für den christlichen Glauben ab, eine Position, die auch in der evangelikalen Missiologie zum Glück als überwunden gelten kann. Wie der (hellenistische) „unbekannte Gott“ der Athener schließlich als der Eine Gott, allmächtige Vater und Schöpfer aller Dinge bestätigt wurde (429), muß es auch in Afrika zu einer „Synthese zwischen christlicher religiöser Verpflichtung (commitment) und kultureller Kontinuität“ (432) kommen, die keineswegs einen theologischen Synkretismus impliziert. Afrika lebt ebenso wie die alte Kirche schon seit langem im Kontext religiösen Pluralismus. Deshalb gibt es andere Antworten als das westliche Christentum, das sich diesem Phänomen erst langsam nähert (432ff). Bediakos Buch ist eine anregende, nach-denkenswerte, nicht immer bequeme Lektüre, die wichtige Perspektiven eröffnet. Alle, die an Theologie, Mission und Kirche in Afrika interessiert sind, sollten daran nicht vorübergehen. Dr. Johannes Triebel, em 1996-2. |
Bellers, Jürgen und Markus Porsche-Ludwig. Christenverfolgung
in islamischen Ländern (LIT
aktuell Bd. 3), Berlin: LIT-Verlag, 2011. Auf die Verfolgung von Christen in islamischen Ländern aufmerksam zu machen, ist ein dringendes und gutes Anliegen. Wenn das jedoch auf ungute und unsachliche Weise geschieht, entsteht mehr Schaden als Nutzen. Leider ist dies in dem vorliegenden Buch weithin der Fall, so dass es für eine hilfreiche Auseinandersetzung mit dem Thema nicht empfohlen werden kann. Zu den Autoren: Dass Kardinal Karl Lehmann seinen treffenden und sachlichen Vortrag „Lage der christlichen Minderheiten in der Welt“, den er im Jahr 2008 vor der Konrad-Adenauer-Stiftung hielt, zum Abdruck als erstem Kapitel dieses Sammelbandes (S. 3-7) freigab, kann ich mir nur daraus erklären, dass er wohl den Rest des Buches nicht kannte. Jürgen Bellers, Professor für Internationale Politik an der Universität Siegen, steuert einen kurzen Beitrag (Kapitel 5, S. 101-110) zu „Christenverfolgungen in Nordafrika“ bei, der Hintergrundinformationen liefert und beispielhaft einige Länder (Ägypten, Nigeria, Mauretanien) schildert. Bei dem durchaus sachlichen Aufsatz, war ich nur über für einige auffällige Schwächen im Schreibstil überrascht (vgl. S. 105: „Das Problem, warum die islamischen Mörder sich überhaupt zusammenfinden, liegt einerseits an charakterlichen Schwächen (es sind halt Mörder), aber auch an gewissen Sympathien eines weiteren Kreises ihrer sozialen Umwelt, die allerdings auch immer noch nur eine Minderheit ist.“) Markus Ludwig-Porsche, Professor für Politikwissenschaft in Taiwan, ist Autor von Kapitel 6 („Christenverfolgung von Saudi-Arabien bis Indien“, S. 111-127) und Kapitel 7 („Christenverfolgung in Südostasien und China“, S. 129-145). Neben interessanten Bemerkungen etwa zur Kulturgeschichte des arabischen Raums, verblüfft auch bei Ludwig-Porsche, dass er manchmal floskelhaft und verallgemeinernd formuliert: „Der arabische Raum ist – mit wenigen Ausnahmen (Zweistromland, Libanon) – durch Wüste gekennzeichnet. Insofern konnten sich im Nahen Osten nur wenige Kulturzentren herausbilden“ (S. 111). Zählt er Ägypten nicht zur arabischen Welt? Falls er vom arabischen Kernland ausgeht, würde wiederum Mesopotamien nicht dazugehören. Zu fragen ist auch, warum in einem Buch über islamische Länder auch Indien und China recht ausführlich geschildert werden. Meine Hauptkritik richtet sich aber gegen die drei vom Publizisten Michael Mannheimer verfassten Kapitel (S. 9-100). Nach Umfang und Stoßrichtung bilden sie den eigentlichen Hauptteil des Buches. Natürlich muss auf Gefahren durch den Islam, auf seine antichristliche Stoßrichtung und auf konkrete Beispiele von Christenverfolgung hingewiesen werden. Da wird man bei Mannheimer durchaus fündig. Die Aussagen des Publizisten, die ich nachprüfen kann (und das betrifft vor allem die Türkei), erwecken in mir jedoch den Eindruck: Hier sammelt einer alles Grausame zusammen, was er über den Islam finden kann und selektiert dabei nicht nach der Glaubwürdigkeit der Quellen, sondern nach dem Grad der Grausamkeit. Er hat kein wirkliches Interesse an mühevoller Recherche, sondern will einfach so wirkungsvoll wie möglich, Deutsche gegen den Islam mobilisieren. Ein paar Belege für mein Urteil: Zu den Malatya-Morden von 2007 (zu den Opfern gehörte auch mein Schwager) präsentiert Mannheimer auf S. 74-75 ein „Protokoll der Malatya-Morde“, das ein vorschneller Christ auf Grund von Zeitungsberichten ein paar Tage nach den Morden versandte. Die Morde waren brutal genug; aber viele Einzelheiten im „Protokoll“ sind vollkommen unzutreffend und längst vielfach korrigiert (z.B. S. 74: „Finger wurden ihnen abgehackt, Nase, Mund und After aufgeschlitzt“). S. 92 wird in der Überschrift behauptet „Alle drei Minuten wird ein Christ wegen Seines Glaubens in den Ländern des Islam getötet“ (S. 92). Im folgenden Text wird allerdings klar, dass sich die „drei Minuten“ von der Erklärung eines Evangelikalen ableiten, dass in 2003 weltweit (also nicht nur in islamischen Ländern) 170.000 Christen starben, weil sie Christen waren. Mannheimers Aussage „Auch in der Gegenwart werden Christen in der Türkei systematisch verfolgt“ (S. 81) kann so nur stehenbleiben, wenn man sauber unterscheidet, welchen Anteil der Staat, welchen Anteil die Gesellschaft und bestimmte politische Gruppen am tatsächlichen Druck auf Christen in der Türkei haben. Das tut Mannheimer nicht. Bezeichnend für den Stil Mannheimers ist, wie er zu Beginn seiner Schlussbemerkung, aber eben doch fast am Ende (!) des ausführlichen Kapitels 3 über „Terrormonat Ramadan“ (S. 39-68) plötzlich bemerkt: „Um jedes Missverständnis bereits im Vorfeld auszuräumen: Selbstverständlich wird der Ramadan von der Mehrzahl der Muslime friedlich begangen“ (S. 60). Eine Hauptthese Mannheimers ist „Der Terror gegen „Ungläubige“ kommt aus dem Herzen des Islam“ (S. 93). Für Aufrufe zur Gewalt lassen sich natürlich tatsächlich zahlreiche Belege in Koran und Sunna finden. Zum einen lässt hier Mannheimer aber keine abweichenden Meinungen im Islam (die es auch gibt) zu Wort kommen. Zum anderen fordert er gleichsam (S. 63-65) von „moderaten Muslimen“, sich eindeutig vom Islam zu distanzieren, um glaubwürdig zu sein. Damit stellt er jeden Muslim etwa in Deutschland unter einen Generalverdacht, und das halte ich für äußerst gefährlich. Dass es Christenverfolgung in der islamischen Welt gibt, habe ich in der Türkei hautnah selbst erlebt. Ich hoffe, viele werden schreiben und berichten über Gewalt und Unrecht gegen Christen im islamischen Umfeld; aber bitte: So nicht! Wolfgang Häde, em 2011-4. |
Beom-Seong Lee. Die politische Leistung der
„evangelikalen“ Kirchenführer in Korea: Der Beitrag der koreanischen
Kirche zum nationalen Wiedervereinigungsgedanken vor dem Hintergrund der
Erfahrung aus der japanischen Besatzungszeit von 1910-1945 (Die protestantische
Kirchengeschichte in Korea von 1832 bis 1945). afem-academics 12, Nürnberg:
VTR, 2003. Die vorliegende Arbeit wurde unter Begleitung von G. Besier / J. Thierfelder als Dissertation an der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg verfasst und angenommen. Sie beschreibt und bewertet Entwicklungen der protestantischen Missions- und Kirchengeschichte Koreas zwischen 1910 und 1945 unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktion im politischen Widerstand gegen die japanische Besatzungsmacht. Der Verfasser, inzwischen Professor für Missionswissenschaft an der Graduate School of Practical Theology, Seoul, und Leiter eines Forschungsprojekts zur Wiedervereinigung von Süd- und Nordkorea, [Vgl. „Wiedervereinigung nach dem Gesichtspunkt der sozialen Integration“, Berliner Missionswerk, Korea-Info 14/2009, www.berlinermissionswerk.de/uploads/media/Korea_Info_14_2009.pdf.] gibt zunächst einen Überblick über die gesamte koreanische Missionsgeschichte (inklusive eines interessanten religionsgeschichtlichen Vorspanns) und legt dabei besonderen Wert darauf, zu zeigen, dass die Ursprünge der koreanischen Kirchen in der evangelikalen Erweckungsfrömmigkeit (Bibelzentrismus, persönliche Bekehrung, Zeugnis, Weltmission, presbyterianische amerikanische Korea-Mission 1884-1910) liegen. Den „koreanischen Kirchenkampf“ gegen die japanische Besatzungsmacht bis zur Befreiung durch die Allierten (USA/ Russland) und der Teilung Koreas beschreibt Beom-Seong in drei Schritten: zunächst als Kampf um die Freiheit der Nation (angesichts der politischen Bedrohung), dann als Kampf um die Identität der Kirche (angesichts der geistlichen Bedrohung des erzwungenen Synkretismus mit japanisch geprägter Religion) und schließlich als Kampf ums Überleben der Kirche (angesichts der existentiellen Bedrohung in der Schlussphase der Besatzungszeit). Anhand der historischen Darstellung entwickelt und begründet der Autor seine zentrale These, dass der politische Widerstand während der japanischen Besatzungszeit vor allem von der evangelikalen Frömmigkeit der Christen und nicht von politischen oder philosophischen Motiven inspiriert gewesen sei (S. 223): „Das Beharren der Kirchenführer auf der 'evangelikalen Idee' bildetet die Kraftquelle dieser Bewegung“ (S. 303). Der so (evangelikal) motivierte Widerstand gipfelte in der Verweigerung des japanischen shintoistischen Jinja-Kultes, den die japanische Kolonialregierung angeordnet hatte. So habe sich ein evangelikal-nationaler Gedanke entwickelt, ohne nationalistisch zu werden. Im Verhältnis zur historischen Darstellung der Zeit zwischen 1910 und 1945 fällt die Diskussion des Beitrags zum Wiedervereinigungsgedanken Koreas eher knapp aus. Es wird lediglich öfters darauf hingewiesen, dass die Darlegungen auch für das heutige Problem der Wiedervereinigung Koreas relevant seien (S. 306). Ebenso wird nicht – wie im Titel angedeutet – „die koreanische Kirche“ insgesamt in den Blick genommen, sondern die presbyterianische als älteste und größte Kirche Koreas (S. 4), andere evangelikale Kirchen in Korea werden nicht näher thematisiert. Etwas unklar bleibt auch die Kategorie der „Evangelikalen“ in den koreanischen presbyterianischen Kirchen (S. 304/305). Es wird zwar beschrieben, dass es eher liberale (dem ÖRK nahe stehende) und eher konservative (der Evangelischen Allianz nahe stehende) Zweige gebe, aber sie werden dennoch alle letztlich als „evangelikal“ bezeichnet, womit evangelikal und presbyterianisch zum Synonym würden. Im Vorwort schreibt der Autor, dass seine Arbeit zuerst dazu dienen solle, „den verschiedenen presbyterianischen Kirchen in Korea ... eine Grundlage theologischen Nachdenkens im Hinblick auf die Frage der nationalen Wiedervereinigung zugänglich zu machen“ (S. 2). Die ses Ziel hat das Buch sicherlich erreicht, wobei offen bleiben muss, inwieweit die deutschsprachige Veröffentlichung in Korea selbst zur Kenntnis genommen worden ist. Beom Songs Buch stellt einen wichtigen und lesenswerten deutschsprachigen Beitrag zur Missions- und Kirchengeschichte Koreas dar und ist von Interesse für jeden, der sich mit den Zusammenhängen ostasiatischer Kirchen- und Missionsgeschichte im Horizont weltpolitischer Ereignisse und der Frage des politischen Auftrags missionarischer Kirche in interreligiösen Kontexten kritisch auseinandersetzen will. Dr. Friedemann Walldorf , em 2011-2. |
Bergunder, Michael; Jörg Haustein (Hg.). Migration und Identität.
Pfingstlich-charismatische Migrationsgemeinden in Deutschland. Beiheft
der Zeitschrift für Mission Nr. 8, Frankfurt: Lembeck, 2006. Dieser Band enthält die Beiträge der Fachtagung „Migration und Identität. Pfingstlich-charismatische Gemeinden fremder Sprache und Herkunft in Deutschland", die in Heidelberg im Juni 2004 stattfand. Er gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil bietet mit zwei Artikeln einen Überblick zur Thematik des Buches. Claudia Währisch-Oblau stellt „Die Spezifik pentekostal-charismatischer Migrationsgemeinden in Deutschland und ihr Verhältnis zu den >etablierten< Kirchen“ (S.10-38) überzeugend und leserfreundlich geschrieben dar. Ausgehend von einem empirischen Überblick über die pentekostal-charismatischen Migrationsgemeinden im Rheinland und in Westfalen wird eine Taxono-mie erarbeitet, ihre Charakteristika dargestellt, das Verhältnis untereinander und zu den deutschen Kirchen beschrieben. Der zweite Überblicksartikel von Cornelis van der Laan über „Nicht-westliche pfingstliche Migrationskirchen in den Niederlanden“ (S.40-59) kann den Anspruch des gewählten Titels und auch den des Buches nicht einlösen. Denn van der Laan gibt einen – durchaus interessanten – Überblick über die niederländische Migrationspolitik, die Situation der Migrationsgemeinden und ihr Verhältnis zur niederländischen Gesellschaft. Aber die dem Leser angekündigte Zuspitzung auf die pfingstlich-charismatischen Kirchen fehlt vollständig. Im zweiten Teil des Buches werden Fallstudien präsentiert. Der Artikel von Afe Adogame „Dinge auf Erden um Himmels Willen tun. Aushandlungsprozesse pfingstlicher Identität und die afrikanische religiöse Diaspora in Deutschland“ (S.60-82) basiert auf der Analyse einer Kirche, die von zwei afrikanischen Einwanderern in Deutschland gegründete wurde. Auf einem hohen abstrakten Sprachniveau wird aufgezeigt, wie komplex die Identitätsfindung und die theologischen Wandlungsprozesse des Einzelnen und der untersuchten Diaspora-Kirchen sind. Die sich daran anschließende Fallstudie „>Wartendes Israel und Israel am Ziel< Leid und Wunder von Pfingstgemeinden afrikanischer Migranten in Deutschland“ (S.83-106) von Evangelos Karagiannis ist von besonderem Interesse. Er schildert die sehr unterschiedlichen sozioökonomischen Rahmenbedingungen von zwei Pfingstgemeinden in einer ostdeutschen Stadt und setzt sie in Bezug zu ihren ebenfalls sehr unterschiedlichen theologischen Schwerpunktsetzungen. Auch wenn der Rezensent das Fazit: „Was die Predigt der Pastoren vor allem reflektiert, ist die Ressourcenausstattung ihrer Kirche, deren Konsolidierungsgrad als Organisation, das Spektrum ihrer Möglichkeiten“ für überzogen hält: Die Varianz pfingstlicher Theologie wird exemplarisch deutlich. Das macht die Studie so interessant. Jörg Haustein geht der „Pfingstbewegung und Identität im Kontext äthiopischer Migranten in Deutschland“ (S.107-126) nach. Dazu informiert er in der ersten Hälfte seines Beitrages über die pfingstlich-charismatischen Bewegungen in Äthiopien, um dann die Situation, Identität und Theologie der äthiopischen pfingst-lichen Christen in Deutschland zu schildern. Werner Kahl – Studienleiter an der Missionsakademie in Hamburg – untersucht in seiner Fallstudie „Zur Bibelhermeneutik pfingstlich-charismatischer Gemeinden aus Westafrika in Deutschland“ die Art und Weise, wie in Ghana die Bibel gelesen wird. Dazu hat er in Ghana präferierte biblische Passagen quantitativ empirisch erhoben. Der besondere Wert seines Beitrages ist, dass hier einer der zentralen Punkte charismatisch-pfingstlicher Identität und Theologie angesprochen wird. Wie sich langfristig der ökumenisch-pfingstliche Dialog weiterentwickeln wird, hängt zweifelsohne auch davon ab, ob bei dieser Frage nach einer angemessenen Bibelhermeneutik gemeinsame Verständigung möglich sein wird. Der dritte Teil des Buches ist der religionswissenschaftlichen und theologischen Reflexion gewidmet. Michael Bergunder gibt einen kenntnisreichen Überblick über die „Pfingstbewegung, Globalisierung und Migration“ (S.155-170) im weltweiten Kontext. Allan Anderson, bekannt als herausragender Kenner der Pfingstbewegung der Universität Birmingham, geht leider kaum und auch nur sehr allgemein auf das Thema seines Artikels „Was europäische Christen von afrikanischen Pfingstlern lernen können“ (S.170-189) ein. Stattdessen gibt er einen fundierten Einblick in die afrikanisch-pfingstliche Kirchengeschichte und geht auf die Identität und Pluralität der Pfingstbewegung ein. Der Abschluss ist einem der großen – und wohl von allen Pfingstlern geliebten – Theologen der Pfingstbewegung vorbehalten: Walter J. Hollenweger. Ausgehend von der Frage „Was ist charismatische Theologie? Oder: Was muss sich ändern?“ (S.190-206) möchte er kritische Theologie und Spiritualität versöhnen. „Die Trennung zwischen ge-lebter Spiritualität und kritischer Theologie ist ein Verlust für die Universität. Deswegen ist die Präsenz dieser Immigrationskirchen in unseren Universitäten und in unserer Gesellschaft wichtig“. Trotz der offensichtlichen Schwierigkeit einzelner Autoren, das gestellte Thema zu fokussieren, ist der Band empfehlenswert. Denn diese Thematik wendet sich einem in der deutschen theologischen und missionswissenschaftlichen Diskussion weitgehend vernachlässigten Thema zu. Und die Gründung des interdisziplinären Arbeitskreises „Pfingstbewegung“ an dieser Tagung zeigt, dass der Prozess der Erforschung der charismatisch-pfingstlichen Bewegung weltweit und in Deutschland weitergehen wird. Dr. Andreas Kusch, em 2008-1. |
Berneburg, Erhard. Das Verhältnis von Verkündigung
und sozialer Aktion in der evangelikalen Missionstheorie. TVG. R. Brockhaus: Wuppertal, 1997. Diese von Prof. Beyerhaus betreute Tübinger Dissertation
zeichnet minutiös und zuverlässig die Entwicklung des Titelthemas in der evangelikalen
Welt seit etwa 1960 bis 1990 nach. Dabei dienen vor allem evangelikale
Großkonferenzen, etwa die Lausanner Kongresse und Konsultationen, als
Ausgangspunkt. Der Einfluß der Eschatologie auf die Sicht der sozialen Aktion
wird zu Recht besonders berücksichtigt (z. B. S.18+35-36+157-160+301-316),
wobei die Position des Autors kaum durchschimmert. Der Autor warnt sowohl vor
einer Evangelisationstheorie, die aus - meist Thomas Schirrmacher, em 1998-3. |
Bevans, Stephen B. Models of Contextual Theology. Maryknoll/N.Y.: Orbis 1992. Bevans schöpft aus seiner 7jährigen Erfahrung auf den Philippinen. Er ist Professor für historische und dogmatische Studien am Catholic Theological Union Seminary in Chicago/Illinois. In seinem Buch baut er seinen gleichlautenden Artikel aus Missiology: An International Review 13 (1985) aus. Modelle versteht er als vereinfachende und verdeutlichende Rekonstruktionsversuche der Wirklichkeit. Sie beschreiben die Realität „da draußen“ nicht vollständig, aber bilden sie durchaus wirklichkeitskongruent ab. Er faßt die von ihm beschriebenen Modelle als deskriptiv bzw. komplementär auf, d. h. sie sind für ihn nicht exklusiv, wie bei Hesselgrave und Rommen in ihrem Buch Contextualization: Meaning, Methods, and Models (S.157), sondern sie ergänzen einander. Vom Übersetzungsmodell, das sich am stärksten an der Bibel bzw. der Tradition orientiert, geht die Beschreibung der Modelle über das synthetische Modell und das Praxis-Modell zum am radikalsten an Kultur und Kulturveränderung interessierten anthropologischen Modell. Das Transzendenzmodell steht gewissermaßen über allen, da es nicht vom zu formulierenden Inhalt, sondern vom formulierenden Subjekt ausgeht, das versucht, seinen Glauben auf authentische Art auszudrücken. knappe und präzise Beschreibung der Modelle läßt sich durch den klaren Aufbau (Terminologie - Beschreibung der Voraussetzungen - Kritik) gut nachvollziehen. Jedes der Modelle wird durch das Beispiel eines Theologen aus der westlichen und der Zweidrittelwelt illustriert. Die leider nicht als Fußnoten, sondern am Ende organisierten Nachweise verraten fundierte Kenntnisse der Literatur. Das Buch kann durchaus als Übersicht, Diskussionshilfe, praktische Anleitung und Einführung zur Thematik dienen, wie der Herausgeber Robert Schreiter in seinem Vorwort meint. Es bildet ein katholisches Gegenstück zu dem von Hesselgrave und Rommen veröffentlichten evangelikalen Standardwerk. Auch wenn Bevans gewisse Präferenzen für das synthetische und das Transzendenzmodell zeigt, beantwortet er die Frage, welches das beste Modell sei: „It depends on the context“ (S.112). Martin Sachs, em 1996-1. |
Bevans, Stephen B.; Roger P. Schroeder. Constants
in Context: A Theology of Dieses Buch ist eine der wesentlichen Neuerscheinungen im Bereich der Missionstheologie. Die nordamerikanisch-katholischen Autoren (beide Mitglieder der SVD-Ordensgemeinschaft und Professoren an der Catholic Theological Union, Chicago) sind keine missionswissenschaftlichen Unbekannten. S. Bevans hat bereits wesentliche missiologische Quellensammlungen und wegweisende Arbeiten zur kontextuellen Missionstheologie verfasst. Mit Constants in Context setzen die Autoren die missionstheologische Tradition von David Bosch fort, bieten zugleich aber einen neuen Ansatz und verarbeiten neuere Dokumente und Entwicklungen. Der erste Teil des Buches (Part I, S.7-73) bietet eine biblische Grundlegung anhand der Apostelgeschichte und erklärt den missionstheologischen Grundansatz des Werkes: er besteht im Herausarbeiten von sechs missionstheologischen „Konstanten“ in den „Kontexten“ der Mission in Geschichte und Gegenwart. Die sechs Konstanten stellen theologische Grundthemen dar, mit denen christliche Mission in allen Kontexten und zu allen Zeiten zu ringen hat: Christologie, Ekklesiologie, Eschatologie, Soteriologie, Anthropologie und Kultur. Diese Themen werden verknüpft mit drei theologischen Traditionen, die idealtypisch an Tertullian, Origenes und Irenäus festgemacht und durch die Jahrhunderte in verschiedenen Bewegungen und Theologen aufscheinen. Dieser Ansatz ist – trotz gewisser Vereinfachungen – innovativ, pädagogisch sinnvoll und geht stellenweise quer zu den gewohnten missions- und religionstheologischen „Schubladen“ und bietet somit Anstöße zum kreativen Neudenken. Ähnlich wie bei Bosch – allerdings in größerer Nähe zur spezifisch missionshistorischen Entwicklung - wird dann Missionstheologie in historischen Epochen entfaltet (Part II, S.73-280): Mission in der frühen Kirche, Mission und die mönchische Bewegung, Mission und die Handelsbewegung, Mission im Zeitalter der Entdeckung, Mission im Zeitalter des Fortschritts, Mission im 20. und 21. Jahrhundert. Auch die Mission der Pfingstkirchen und neuerer Bewegungen in der nichtwestlichen Welt findet Berücksichtigung. Nach jeder Epoche wird nach den Konstanten, ihrer Spiegelung in den konkreten missionstheologischen Traditionen (z.B. auch in der Lausanner Bewegung bis 1992) und dem Ertrag für heute gefragt. Das jeweilige Ergebnis wird in Form einer Übersichtstabelle geboten. Dieser Teil ist der umfangreichste und bietet (ergänzend und relativ wenig überschneidend zu Bosch) eine Fundgrube missionstheologiegeschichtlichen Wissens. Den Abschluss (Part III, S.281-398) bildet eine gegenwartsbezogene systematisch-missionstheologische Reflexion der Mission als: (1) Teilnahme an der Mission des Dreieinigen Gottes, (2) befreiender Dienst im Reich Gottes, (3) Verkündigung Jesu Christi als universaler Retter, (4) prophetischer interreligiöser und versöhnender Dialog. Auch diese Themen werden jeweils wieder im Licht der sechs Konstanten gespiegelt. Das Buch bietet eine erfrischende Lektüre: ein großer Überblick und eine faire Darstellung aller Traditionen wird mit inspirierenden Gedankenanstößen verbunden. Der Ansatz von Konstanz und Kontextualität wird in Nähe zu biblischen Texten, historischen Kontexten und der theologischen Diskussion der Gegenwart entfaltet. Die ausführlichen und informativen Fußnoten finden sich erst am Ende des Buches, was beim Lesen etwas hinderlich ist. Ein echter Wermutstropfen ist das Fehlen einer Bibliographie. Erschlossen wird der Text durch einen detaillierten Index und hilfreiche Karten und Tabellen. Dieses Buch stellt wohl jetzt schon – zumindest im englischsprachigen Raum – eine neue Standardeinführung in der Tradition von David Bosch dar. Dr. |
Beyer,
Ulrich. Und viele wurden hinzugetan. Mission und Gemeindewachstum in der Karo-Batak-Kirche/Indonesien. Verlag der VEM, Wuppertal; Verlag der
Ev.-Luth. Mission, Erlangen, 1982. Im Jahre 1890 begann die protestantische Mission im Land der Karo-Batak. In den ersten
Jahren breitete sich das Evangelium nur langsam aus. Nach drei Jahren sehr
intensiver Arbeit waren erst sechs Karo-Batak
getauft worden. Die Mission erschien als
Anhängsel des Kolonialismus, außerdem galten für Gemeindeglieder sehr
strenge Regeln, die ihnen keinerlei Kontakt zu ihren früheren
Verwandten und zum Stamm ließen. Damit waren sie von ihrem
eigenen Volk getrennt. Im Laufe der Jahre wuchs die
Kirche langsam. 1935 gab es 4189 getaufte Christen, 1,5% der
Bevölkerung. 1941 wurde
die Karo-Batak-Kirche selbständig mit dem Namen: Gereja Batak Karo Protestan (GBKP). 1945, nach dem Ende der japanischen Besetzung, stellte sich die GBKP hinter die entstehende Republik Indonesien. In der darauffolgenden nationalistisch/kommunistischen
Periode fand sich die Kirche in einer schwierigen Lage: Das Buch ist sehr sorgfältig geschrieben, auch die Details werden nicht übersehen. Auch in den großen Städten wie Medan und Jakarta gibt es Karo-Batak Gemeinden mit eindrucksvollen Mitgliederzahlen: in diesen Gemeinden fühlt sich der Karo-Batak zu Hause, wenn er in der Fremde leben muß. Am Schluß des Buches wird die Gebetsgruppen-Bewegung erwähnt, die interdenominationelle Gebetsgruppen
bildet, die das bieten sollen, was den
verfaßten Kirchen an innerem Leben
fehlt. Der Verfasser hat das Buch
systematisch, fast mathematisch geschrieben.
Christ werden erscheint in seiner
Darstellung eher als die Annahme eines
bestimmten Systems und weniger als eine Begegnung mit einer lebendigen und Leben spendenden geistlichen Gemeinschaft:
der Gemeinde Jesu Christi. Während seines Dienstes unter den Batak kannte der Rezensent die erwähnten Missionare Neumann und Muylwijk persönlich, er war auch ein guter Freund von General Isaak Pandjaitan. Die Genauigkeit, mit der das Buch geschrieben wurde, beeindruckt. Das Buch ist sehr zu empfehlen. Hans van der Boom, em 1985-3 |
Beyerhaus, Peter. Er sandte Sein Wort. Theologie der
christlichen Mission, Bd. 1: Die Bibel in der Mission. Wuppertal/Bad Liebenzell:
R. Brockhaus Verlag/VLM, 1996. Die bibliographischen Angaben dieses Buches zeigen bereits, daß der Tübinger Missionswissenschaftler ein umfangreiches Opus geplant hat, das an Gustav Warnecks „Evangelische Missionslehre“ aus den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erinnert. Sowohl der Gesamttitel als auch der des ersten Bandes spiegeln wesentliche Grundüberzeugungen und Intentionen des Autors wider, denn „Mission“ wird hier „in ihrem ureigenen Wesen“ als „Sendung des Wortes Gottes in die Welt“ verstanden. „Solange christliche Mission im tiefen Respekt vor der Autorität dieses Wortes, welche die des dreieinigen Gottes selber ist, ihren Dienst der Versöhnung an Israel und den Völkern tut, bleibt sie authentische Mission. Nur so lange ist sie Fortsetzung der Sendung Christi und des Geistes vom Vater … (und) nimmt … teil an der trinitarischen Missio Dei“. Dieses Missionsverständnis setzt ein Schriftverständnis voraus, „welches die Heilige Schrift – bei aller Offenheit für ihr geschichtliches Gewordensein und für die Mannigfaltigkeit der in ihr redenden Zeugen – als ein in sich geschlossenes Ganzes betrachtet“. Denn „durch die Wirkung des prophetischen Wortes wurde Menschheitsgeschichte zur Heilsgeschichte“. Schließlich fand „die Heilsgeschichte in der Sendung des Sohnes“ ihren „die Äonen wendenen Höhepunkt“. Damit das Wort dieser Offenbarungsgeschichte „vollinhaltlich und unversehrt bis an das Ende der Zeiten in ursprünglicher Kraft ergehen könne, ging die Verkündigung Christi und seiner Apostel und Propheten durch die Inspiration des Geistes ein in das geschriebene Wort heiliger Schriften, die im Kanon der Bücher Alten und Neuen Testaments, der Bibel, ihre endgültig besiegelte Gestalt gefunden haben“. Peter Beyerhaus entfaltet das Thema jedoch nicht losgelöst von den – meist kontrovers verlaufenden – Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, an denen er selbst engagiert beteiligt war, sondern versucht, eine „biblisch-theologische Begründung der Mission zu entwickeln“. Im ersten Kapitel „Die Notwendigkeit missionstheologischer Grundlagenklärung“ skizziert der Autor die Entwicklung seit 1961, dem Jahr der Eingliederung des Internationalen Missionsrates in den Ökumenischen Rat der Kirchen. Daraus ergibt sich in nuce die Konzeption des ersten Bandes. In elf weiteren Kapiteln, die sich in drei Teile gruppieren, knüpft Beyerhaus zunächst „dankbar … an die Tradition heilsgeschichtlichen Denkens in der deutschen evangelischen Missionswissenschaft“ an (Teil I: Die Bibel – das Buch der Mission). Er plädiert dafür, lernwillig, aber in „wachsamer Auseinandersetzung mit andern heute vertretenen Positionen“ diese Anknüpfung zu vollziehen (Teil II: Die hermeneutische Krise der Mission und ihre mögliche Überwindung). Der Autor verweist auf die „verheerenden Folgen für die Theologie und Praxis der Mission … die entstehen, wenn das reformatorische Formalprinzip Sola Scriptura preisgegeben wird“. Teil III (Missionarische Verkündigung in biblischer Vollmacht) erörtert, „wie echte missionarische Verkündigung nach Inhalt und Gestalt durchgehend von der Autorität der Heiligen Schrift bestimmt ist und ihre überzeugende, aufbauende Vollmacht gewinnt.“ Mit seiner Ermutigung zur „Orientierung der Mission an den elementaren heilsgeschichtlichen Aussagen der Bibel“ möchte der Autor keinen neuen Gedanken in die Missionstheologie einführen, sondern im Gegenteil nur „das erneut aussprechen, was zu allen Zeiten die Grundüberzeugung wahrhaft christlicher Mission gewesen ist, besonders, soweit sie im Erbe der Reformation und des klassischen Pietismus gründete“. So knüpft Beyerhaus konkret an die Bemühungen von Missionstheologen wie Gustav Warneck, Walter Freytag und Karl Hartenstein an. Nach Konzeption und Inhalt kann dieser Band als Lehrbuch dienen und alle anregen, die an der Aufgabe der Mission in irgendeiner Form mitarbeiten oder an den verschiedenen Detailthemen weiterarbeiten wollen. Dazu ist der Anhang eine gute Hilfe. Er enthält eine Übersicht der erwähnten internationalen Konferenzen und ein Abkürzungsverzeichnis. Die umfangreiche Bibliographie (mehr als 50 Seiten!) gliedert sich in vier Gruppen: Lexika und Quellensammlungen, Quellentexte, Konferenzberichte, sowie Sekundärliteratur. Ein Bibelstellen-, Personen- und ein differenziertes Sachregister ermöglichen die Arbeit am Detail. Mit diesem umfangreichen Werk legt Peter Beyerhaus „die reiche Frucht seines Lebens als Missionar, Forscher und Lehrer“ vor. Möge diese Frucht als Lehrbuch weitere Früchte tragen. Dr. Erich Scheurer, em 1996-4. |
Beyerhaus,
Peter. God’s
Kingdom and the Utopian Error. Discerning
the Biblical Kingdom of God from its
Political Counterfeits. Wheaton: Crossway, 1992. Peter Beyerhaus, Professor für Missionswissenschaft in
Tübingen, hat über das christliche Verständnis
des Reiches Gottes gründlich geforscht
und nachgedacht. Sein neuestes Buch sollte als Fortsetzung seiner
früheren Bemühungen verstanden werden, der englischsprachigen Welt die konservative Position in der evangelikal
- ökumenischen Auseinandersetzung
verständlich zu machen. Er verbindet eine tiefschürfende biblische
Ergründung mit einer sorgfältigen Analyse der wichtigsten Missionskonferenzen,
der ökumenischen Vollversammlungen und deren jüngster Dokumente. Beyerhaus’
Kernthese ist, daß die biblische Lehre von Gott von denen verdreht wird, die
das Reich Gottes mit politischen Ideologien gleichsetzen. „Volkstheologien“ ist seine Bezeichnung dafür.
Nach Aussage des Autors gibt es Versuche von einigen in der
ökumenischen Bewegung, eine Einigung
zwischen den beiden Flügeln der Debatte um soziales Handeln und
Evangelisation herbeizuführen. Doch dann müßten Evangelikaie nicht nur
Kompromisse auf der oberflächlichen
politischen Ebene eingehen, sondern auch ihr Verständnis der
biblischen Heilsgeschichte ändern. Gott wird sein Reich errichten,
indem Einzelne zu Glaubenden und dann zu Jüngern gemacht werden. Für Beyerhaus
ist die Kirche, wenn auch nicht mit dem Reich Gottes identisch, so doch
Gottes messia-nische Gemeinschaft. Gott, nicht der Mensch, wird das Königreich errichten. Auch wenn große Teile des Buches aus Beiträgen zu bestimmten
Anlässen bestehen, entsteht durch einen guten Aufbau eine sinnvolle Gedankenführung,
beginnen mit der Sicht des Reiches Gottes
in der evangelikalen Eschatologie bis zum letzten Kapitel über das Martyrium als Tor zum Himmelreich. Von besonderem Interesse ist das kurze Kapitel „Zehn Kriterien zur Un William Wagner (übersetzt von Thomas Schirrmacher), em 1993-2. |
Beyerhaus, Peter. Krise und Neuaufbruch der Weltmission: Vorträge,
Aufsätze und Dokumente. Verlag
der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell,
1987. Wer sich grundsätzlich informieren will über die Geschichte der Missionstheologie, sowohl von Seiten des ökumenischen Rates der Kirchen als auch der evangelikalen Lausanner Bewegung; wer sich speziellen Fragen wie Mission als Evangelisation oder Revolution, Armut, Rassismus, Verhältnis der christlichen Missionen zu anderen Religionen und Kulturen widmet; wer eine erste Einsicht in die Situation der missionarischen Kirchen auf anderen Kontinenten erhalten oder sich erstmalig oder vertiefend mit der Problematik nachkolonialistischer Mission befassen will, der sollte zu dem vorliegenden Sammelband mit Vorträgen und Aufsätzen des Herausgebers von 1970 bis 1984 greifen. Die einzelnen Erarbeitungen sind meist leicht überarbeitete Vorträge, gut zu lesen, und geben deshalb auch dem Nichttheologen einen tiefen Einblick in die theologische und kirchenpolitische Diskussion. Der Verfasser vertritt selbst einen evangelikalen Standpunkt und ist engagierter Gesprächspartner. Das Buch ist von daher keine objektive, journalistische Information, sondern ein äußerst informativer und ein engagierter Gesprächsbeitrag. Für alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter könnte der Sammelband ein Fortbildungsseminar und eine hilfreiche Horizonterweiterung in der Situation und Problematik der weltweiten Mission sein. Einen eigenen Standpunkt kann man sicher an der Position von Peter Beyerhaus profilieren. Der Anhang mit Originaldokumenten, so z.B. der Lausanner Erklärung, eine Zeittafel über wichtige ökumenische und evangelika-le Ereignisse zum Thema von 1961 bis 1984, eine Literaturliste und ein Personen- und Sachregister machen das Buch zu einem wertvollen Nachschlagewerk, das auch zu einzelnen Themen wegen der in sich abgeschlossenen Kapitel gut zu lesen ist. Manfred Beutel in: Praxis der Verkündigung (Oncken) 3/89. Em 1989-4. |
Beyerhaus, Peter. Theologie als Instrument der Befreiung.
Brunnen Gießen/Basel (TGV) 1986. Befreiungstheologie, Black Theology, Home-land- und Minjung-Theologie finden seit 1976 einen Zusammenschluß in der „ökumenischen Vereinigung von Dritte-Welt-Theologen (EATWoT)“. Nachdem der Tübinger Ordinarius für Missionswissenschaft und ökumenische Theologie zunächst die Entstehung und den wesentlichen Einfluß des Ökumenischen Rats der Kirchen darstellt, analysiert er die Inhalte und Ziele dieser Bewegung: Subjekt und Objekt dieser Theologie ist das „Volk“ im Sinne einer (hier unaufgebbaren) marxistischen Sozialanalyse. Beyerhaus zeigt auf, daß die damit verbundene Interpretation der Bibel und die ideologisierte Umdeutung markanter biblischer Begriffe (z.B. Erlösung, Jesus, Reich Gottes) eine Preisgabe maßgeblicher Glaubenswahrheiten bedeutet. Jürgen Kuberski, em 1987-1. |
Billington Harper, Susan. In the Shadow of the Mahatma: Bishop V.S. Azariah and the Travails of Christianity in Britih India, Studies in the History of Christian Missions, hg. v. R. E. Frykenberg, Brian Stanley, Grand Rapids USA: Eerdmans/Richmond UK: Curzon, 2000. Susan B. Harper, ehemalige Dozentin für Geschichte und Literatur an der Harvard University, gelingt es, in dieser wissenschaftlichen Biographie das Leben des ersten indisch-anglikanischen Bischofs und Missionsleiters, Vedanayagam Samuel Azariah (1874-1945), in seiner Bedeutung für den Bau der indischen Demokratie in der letzte Phase britischer Herrschaft zu analysieren und darzustellen. Von einer säkular verengten Geschichtsschreibung sei der Beitrag des evangelikal und evangelistisch geprägten Bischofs bisher nicht wahrgenommen worden. Gemäß dem Anliegen der neuen Reihe „Studies in the History of Christian Missions“ möchte die Autorin mit ihrer Monographie die Bedeutung der – oft geschmähten – christlichen Mission und geistlich motivierter Persönlichkeiten für die Profangeschichte herausstellen. Aufgrund eines umfassenden Quellen-Studiums (das neben Archivalien aus Indien, Großbritannien und den USA auch die noch lebendige „oral tradition“ und Fotos – vgl. Bildteil in der Mitte des Buches – einbezieht) entwirft die Autorin ein detaillgetreues Bild Azariahs und seiner Zeit, das sie unter das Motto stellt: „Im Schatten des Mahatma (Ghandi)“. Azariah war ein Zeitgenosse Ghandis und hatte wie dieser das Ziel der sozialen Erneuerung Indiens. Doch weil Azariah zwar positiv zur nationalen Unabhängigkeit Indiens eingestellt war, aber auch deren subnationale Problematik kannte, und vor allem den wirklichen Weg zur Erneuerung in der Bekehrung der Menschen zu Jesus Christus und ihrer Eingliederung in die Kirche sah (S. 46, 55), und diesen Weg auch konsequent und mit größtem Erfolg beschritt, geriet er zunehmend in einen Konflikt mit und – zumindest was die historische Sichtbarkeit betrifft – in den Schatten Ghandis, der christliche Bekehrung aus politischen und religiösen Gründen (als Eingriff ins Dharma – die „göttliche Weltordnung“ – ablehnte). Doch damit sind wir bereits zum Höhepunkt der Biographie vorausgeeilt, die von der Autorin in einem geschickten Spannungsbogen in vier Teilen entfaltet wird. Im ersten Teil („The Rise“, S. 9 – 90) beschreibt sie die Herkunft und Prägung Azariahs durch die Missionsarbeit des evangelikal geprägten Low-Church-Flügels der Anglikanischen Kirche (Church Missionary Society) in der südostindischen Provinz Tinnevelly, sein Engagement im asiatischen CVJM, in dem er die evangelistisch-internationale Welterneuerungsvision John Motts und der christlichen Studentenbewegung in sich aufnahm, und seine – von britischen Missionaren angeregte – Gründung der beiden ersten unabhängigen indischen Missionsgesellschaften, der Indian Missionary Society (IMS) und der National Missionary Society (NMS) Die mit letzterem tiefgründig verbundene Problematik – Azariah wird zum Ausführenden der Indigenisierung-Visionen westlicher Missionare – kommt in der folgenden Etappe, seiner Konsegration zum ersten einheimischen Bischof der indo-anglikanischen Kirche (1912) (Teil II: „The Reign“, S.91-220), noch stärker zum Vorschein. Azariah, der ein befähigter und geistlich geprägter Leiter war, und sich auch als Bischof vor allem für die praktische Evangelisations- und Gemeindebauarbeit unter der armen Dorfbevölkerung engagierte, steht von da an im Konfliktfeld zwischen progressiven und konservativen Engländern einerseits und zwischen nationalistischen Indern und der einfachen indischen Dorfbevölkerung andererseits, wobei jeweils die letzte Gruppe der genannten Parteien seine Ernennung zum Bischof – bei aller Befürwortung seiner Person – kritisch sah. Verwestlichung (und damit auch das Vorhandensein britischer Bischöfe) „wurde von den lange unterdrückten niederen Kasten nicht als Schwäche und Anpassung an dominante westliche Missionare gesehen, sondern als symbolische Kampfansage an die repressive einheimische Sozialordnung. In diesem Licht wurde die von Missionaren geforderte ‚Indigenisierung’ nur als eine weitere Form der Unterdrückung verstanden“ (S. 150, Übers. FW). Azariahs bischöfliches Ringen um die Überwindung kirchlicher und sozialer Zersplitterung in Indien durch denominationelle Streitigkeiten und Kastenwesen wird im dritten Teil des Buches dokumentiert („The Resolutions“, S.221-288). Eine entscheidende Kluft allerdings hielt Azariah für nicht überbrückbar (Teil IV: The Rift, S.289-366). Und diese Kluft brachte ihn unausweichlich auf Kollisionskurs mit Mahatma Ghandi, mit dem er – von der Herkunft bis zu den Hoffnungen für Indien – so vieles gemeinsam hatte. Die Autorin, die manche Archiv-Texte hier zum erstenmal präsentiert, zitiert Azariah, wie er den unvermeidbaren Konflikt beschreibt: „Wir … sind davon überzeugt, dass Menschen von einer Zugehörigkeit in die andere überwechseln. ‚Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Kreatur’. Eine neue Kreatur kann nur in einer neuen Umgebung leben. Das christliche Leben kann nur in der Gemeinde richtig gelebt werden. Das bedeutet, mit der alten Gemeinschaft zu brechen und in eine neue Gemeinschaft einzutreten … Mr. Ghandi hält davon nichts“ (S.336, Übers. FW). Azariah aber, der in seiner Provinz die Bekehrung von vielen Tausenden und die geistlich-soziale Erneuerung dörflicher Strukturen durch die kirchliche Arbeit erlebte, war von der Notwendigkeit und Richtigkeit dieses Weges überzeugt. Auch das am 12. Februar 1937 geführte „Spitzen-gespräch“ zwischen Ghandi, Azariah und einem weiteren anglikanischen Bischof änderte nichts an der Ablehnung Ghandis gegenüber der christlichen Evangelisation, und ebenso wenig an Azariahs theologischer Haltung. Im Gegensatz zu Ghandi lehnte er den selektiven Umgang mit der Bibel ab und hielt an der Notwendigkeit von Bekehrung und Gemeinde fest. Er widersetzte sich auch der selbst unter Missionarskollegen „populären Tendenz der Zwischen-Kriegs-Jahre, den religiösen Glauben in säkularen Utopismus zu verwandeln, oder zumindest die evangelikale Evangeliumsbotschaft durch ein ‚social gospel’ zu ersetzen“ (S.358). Azariah stand bis zum Schluss für die Unabhängigkeit Indiens ein. Aber er sah die Gefahr, dass der Nationalismus sich mit einer fanatischen und einseitigen Renaissance des Hinduismus verbinden und zur Christenverfolgung führen könnte. Außerdem kannte er die subnationalen ethnischen und kastenbezogenen Auseinandersetzungen aus nächster Nähe und wusste nur zu gut, dass beträchtliche Teile der ländlichen Bevölkerung die britische der brahminischen und hinduistischen Herrschaft vorzuziehen würden. Harper arbeitet heraus, dass Azariahs Beitrag für die indische Demokratie vor allem in seiner Weigerung, sich politisch vereinnahmen zu lassen, bestand, und in seiner so bewahrten Freiheit, sich auf die sozial wirksame Evangelisation und den Gemeindebau zu konzentrieren. Azariah ging einen eigenen missionarischen Weg. „Er folgte dabei weder den westlichen Normen, die von den meisten Dorfbewohnern bevorzugt wurden, noch den indischen Normen, die von den westlichen Missionaren und den indischen Nationalisten bevorzugt wurden“ (S.176). Am Ende des Buches gesteht die Autorin: „Selbst die besten analytischen Theorien können die Individualität eines Mannes wie Azariah nicht voll erklären“ (S. 358). Es ist in dieser kritischen, aber weder trockenen noch zynischen missionsgeschichtlichen Biographie gelungen, mit analytischem Fingerspitzengefühl „die Freiheit des Menschen als historischem Agenten“ und die Bedeutung geistlicher Überzeugungen für den Lauf der Geschichte deutlich zu machen. Der Text wird hilfreich ergänzt durch vier Landkarten, 16 Fotoseiten, einen Index und eine 75-seitige Bibliographie, die erstmalig auch eine vollständige Zusammenstellung der Publikationen Azariahs enthält. Dr. Friedemann Walldorf, em 2002-3. |
Bister, Ulrich / Stephan Holthaus (Hg),
Friedrich Wilhelm Baedeker. Leben und Werk eines Russlandmissionars, Wiedenest:
Jota-Publikationen, 2006. 2006 jährte sich der 100. Todestag des Deutsch-Engländers Friedrich Wilhelm Baedeker. Baedeker gehört zu den wichtigen prägenden Gestalten der Heiligungs- und Evangelisationsbewegung, die Ende des 19. Jahrhunderts in ganz Europa zu einer geistlichen Erneuerung der Kirchen beitrug. Erst in den letzten Jahren begannen Kirchenhistoriker, die noch wenig erforschte Geschichte dieser Bewegung aufzuarbeiten. Das vorliegende Buch gehört daher in eine Reihe von ähnlichen Veröffentlichungen, die mehr Licht in diesen bisher vernachlässigten Teil der jüngeren Erweckungsgeschichte bringen. Es ist daher den Autoren zu danken, dass sie mit vorliegender Biographie über Baedeker und der Veröffentlichung seines Briefwechsels mit Toni von Blücher sein Leben und Wirken aus dem Vergessen holen. So können weitere wichtige Wissenslücken im Verständnis der Heiligungsbewegung geschlossen werden. Baedeker wurde in Witten geboren und stammte aus der berühmten Familie gleichen Namens, die durch die Reiseführer weltbekannt wurde. Nach Philosophiestudium und Promotion ließ sich der reiselustige Baedeker im englischen Seebad Weston-super-Mare nieder. Er heiratete eine Engländerin. Durch Lord Radstock kam er zum lebendigen Glauben an Christus und schloss sich der sog. Offenen Brüderbewegung an, einer Gruppe bibelgläubiger Christen, die von Georg Müller, dem Waisenhausvater von Bristol geprägt waren. Bekannt wurde er als Übersetzer von Robert Pearsall Smith, den er kongenial übersetzte und auf seiner Reise durch Deutschland begleitete. Damit stand er von Anfang an im Zentrum der neu aufbrechenden Heiligungsbewegung, die durch Smith auf den Kontinent und nach Deutschland getragen wurde. Seine eigentliche Lebensaufgabe fand Baedeker jedoch nicht in Deutschland sondern im zaristischen Russland. Durch seinen geistlichen Mentor Lord Radstock wurde er ab 1876 in die erweckten adligen Kreise Russlands eingeführt. Bis zu seinem Tode 1906 bereiste er evangelisierend ganz Russland, Finnland, Sibirien, Asien und Süd-Ost-Europa. Dabei lagen ihm besonders die russischen Gefängnisse am Herzen, die er besuchte und in denen er vor tausenden Gefangenen predigte und Bibeln verteilte. Dennoch blieb er mit Deutschland verbunden, evangelisierte hin und her im Land, hielt Kontakte zu den neu entstandenen Glaubensmissionen und wurde vor allem ein Förderer der Evangelischen Allianz. Die Blankenburger Allianzkonferenzen hat Baedeker als Konferenzredner und Berater über Jahrzehnte mitgeprägt. Einen guten Einblick in die Persönlichkeit, die Zeit und das seelsorgerliche Denken Baedekers bekommt der Leser dann durch den zweiten Teil des Buches. Dieser besteht aus dem hier zum ersten Mal veröffentlichten Briefwechsel Baedekers mit Toni von Blücher, welche durch ihn zum Glauben kam. Hervorragend und sehr informativ sind die Anmerkungen und Hinweise der Autoren auf den Kontext der Briefe und die biographischen Notizen zu den Persönlichkeiten, die in den Briefen genannt werden. Für die Forschung ist diese Briefedition Baedekers sehr wertvoll; sie zeigt das weitgeknüpfte Netz von Persönlichkeiten, die damals miteinander Kontakt hatten, sich gegenseitig beeinflussten und die neue Erweckungsbewegung in Deutschland prägten. Es wäre zu wünschen, dass über weitere prägende Persönlichkeiten der Heiligungs- und Heilungsbewegung in Deutschland wissenschaftlich fundierte Biographien und Quellen veröffentlicht werden. Nur so wird es möglich sein, dieses bisher vernachlässigte Stück Kirchen- und Erweckungsgeschichte aus dem Dunkel des Vergessens und des Unverständnisses heraus zu holen. Dr. Bernd Brandl, em 2009-1. |
Blackburn, W. Ross. The God Who Makes Himself Known. The Missionary Heart of the Book of Exodus (New Studies in Biblical Theology 28). Downers Grove: InterVarsity, 2012. Die missionarische Absicht Gottes, sich den Nationen erkennen zu geben, ist zugleich theologisches Hauptanliegen und hermeneutischer Schlüssel zum Verständnis des Buchs Exodus, so die These von Blackburn (S. 15, 20). Vorliegende Arbeit basiert auf seiner Dissertation an der schottischen St. Andrews Universität bei Christopher Seitz. Bei einer Untersuchung über „Mission“ im Alten Testament spielt die Definition des Begriffs eine grundlegende Rolle. Erfreulicherweise steigt Blackburn genau mit dieser Frage ein. Mission heißt für ihn in Anlehnung an seinen Doktorvater: Gott nimmt sich des Versagens der Menschheit an, vgl. C.R. Seitz, Figured Out, Louisville, 2001, S. 147. Ist Gott der „Missionar“ (vgl. D. Bosch) und das Konzept so weit gefasst, wird „Mission“ zum Hauptthema des Alten Testaments (vgl. ähnlich bereits Gottfried Simon, 1935). Unter Berufung auf Richard Bauckham, Bible and Mission, Grand Rapids, 2003 erfolgt dann jedoch noch einmal eine gewisse Zuspitzung auf die „Bewegung“ partikularer Erwählung zu universalem Zweck (vgl. G. Warneck). In Auseinandersetzung mit John Barton und John Collins verteidigt Blackburn seinen explizit evangelikalen Ansatz. Nicht diskutiert werden hierbei jedoch die Fragen der Datierung, der literarischen Struktur und des Verhältnisses zu Leviticus und Numeri (wichtig für S. 90f, Anm. 18). Blackburn unterteilt das Buch Exodus in fünf bzw. sechs „commonly accepted“ Abschnitte und widmet jedem dieser Teile ein eigenes Kapitel. Hier stellt er je ein exegetisches Problem des Abschnitts dar und versucht es unter Berücksichtigung des missionarischen Grundanliegens zu lösen: (1) Ex 1,1-15,21. Nach Ex 6,3 hat sich Gott den Patriarchen nicht mit seinem Namen Jhwh zu erkennen gegeben hat, dieser taucht jedoch in den Dialogen der Genesis auf (vgl. Gen 15,7). Brevard Childs betont, dass Ex 6,3 Gottes Fähigkeit umschreibt, seine Verheißungen an die Patriarchen zu erfüllen. Blackburn sieht im Gegensatz dazu Gottes Selbstoffenbarung als Retter im Vordergrund (S. 28). Childs erkennt jedoch gerade dies auch selbst aus dem direkten Kontext der Passage, The Book of Exodus, Louisville, 1974, S. 115. (2) Ex 15,22-18,27. Ein Problem mit dem Abschnitt der Wüstenwanderung liegt in der grundlegenden Infragestellung seiner theologischen Bedeutung, etwa durch Martin Noth. In Anlehnung an Dtn 8,2f sieht Blackburn den Wert der Passage vor allem in dem Eintrainieren von Gehorsam für das Leben im verheißenen Land, damit die Nationen Gott erkennen. (3) Ex 19-24. Gerhard von Rad unterscheidet deutlich zwischen dem Gesetz der Sinaitradition als Ausdruck von Gottes forderndem Rechtswillen und dem „Evangelium“ der Landnahmetradition, die Gottes Gnadenwillen bezeugt. Dem gegenüber möchte Blackburn Evangelium und Gesetz mit Hilfe von Ex 19,4‑6 und 20,2 in ein Verhältnis zueinander setzen. Von Rad baut an erwähnter Stelle allerdings keinen unüberbrückbaren Gegensatz auf, sondern redet bereits selbst von „Ineinander“, „Hereinnahme“, und „Zusammenordnung der beiden Traditionen“, Ges. Stud. z. AT, S. 61f. Ausführlich behandelt Blackburn den Ausdruck „Königreich von Priestern“ und deutet ihm im Sinn einer Mittlerrolle zwischen Jhwh und den Nationen. Als „heiliges Volk“ soll Israel Gottes Charakter nachahmen und so vor den Nationen repräsentieren. (4) Ex 25-31. Den Kapiteln über den Plan der Stiftshütte wird oft ein Mangel an Lebendigkeit und Gehalt nachgesagt. Doch repräsentiert Gottes Herrschaft aus der Stiftshütte heraus seine himmlische Herrschaft über den Kosmos. Sie vermehrt die Gotteserkenntnis unter dem Volk Israel (Ex 29,45f) und bis an die Enden der Welt, so mit Gregory Beale, The Temple and the Church’s Mission, Leicester, 2004. (5) Ex 32-34. Dass Gott gleichzeitig vergibt und doch nicht ungestraft lässt (Ex 34,6f) deutet für Walter Brueggemann auf eine ungelöste Uneindeutigkeit in Gottes Charakter hin. Beides lässt sich jedoch als notwendige Folge von Gottes Eifer um seine Ehre unter den Nationen erklären – deshalb muss er Sünde strafen (Ex 20,5), deshalb muss er dem Volk vergeben (32,11-13: „Warum sollen die Ägypter sagen: In böser Absicht hat er…“). (6) Ex 35-40. Die starke Ähnlichkeit von Ex 35-40 mit 25-31 führt zur Frage nach dem Sinn dieser Doppelung. Blackburn macht deutlich, dass hier angesichts der Infragestellung durch das Goldene Kalb Buße und Wiederherstellung zum Ausdruck kommen, bestätigt durch das Erscheinen von Gottes Gegenwart (Ex 40,34). Das Buch endet mit fünf praktisch ausgerichteten Thesen: Missionierende Gemeinde muss auf dem Doppelgebot der Liebe gebaut sein. Mission geschieht unter persönlichen Prüfungen. Kein erdachtes Gottesbild, sondern den Gott der Bibel gilt es bekannt zu machen. Dieser Gott ist an erster Stelle ein Erlöser. In Jesus Christus gibt sich Gott zu erkennen. Die letztgenannte These verdeutlicht, mit welcher Freiheit der Autor seine theologischen Linien durch den gesamten christlichen Kanon bis hinein in das Neue Testament zu ziehen vermag. Das Buch zeichnet sich weniger durch neue Erkenntnisse, als vielmehr durch das Zusammenfügen verschiedener Einsichten zu einem großen Bild aus. Auch wenn die Erkenntnisformel sicherlich nicht der Schlüssel zur Lösung aller exegetischen Probleme des Buchs Exodus ist, wird eindrücklich demonstriert, dass ihre zentrale theologische Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Dr. Siegbert Riecker, em 2013-4. |
Blocher,
Jacques A.; Jacques Blandenier. L’évangélisation du monde:
Précis d’histoire des missions. Bd. 1: Des origines au XVIIIe siècle. Institut Biblique de Nogent, Lavigny:
Editions des Groupes Missionnaires: Nogent-sur-Marne, 1998. Es ist erfreulich, daß in letzter Zeit vermehrt französische Bücher zu missiologischen Themen publiziert werden. Meist handelt es sich um Übersetzungen aus dem Englischen. Das vorliegende Buch jedoch wurde von zwei französischsprachigen Autoren verfaßt. Dieser Überblick über die Missionsgeschichte bis ins 18. Jahrhundert ist äußerst interessant geschrieben. Da praktisch keine Fußnoten verwendet werden, liest es sich sehr leicht. Die Schlußfolgerungen am Ende jedes Kapitels führen dem Leser immer wieder den Bezug zur Gegenwart vor Augen. Wer meint, das Anliegen der Mission sei nach Paulus in Vergessenheit geraten, wird mit Überraschung feststellen, auf welchen Wegen sich das Evangelium während diesen 18 Jahrhunderten ausgebreitet hat, wie z. B., daß Europa vom 6.- 8. Jahrhundert von Mönchen aus Irland missioniert wurde. Das Buch ist auch für Kenner der Materie sehr zu empfehlen. Wenig bekannte Aspekte der Missionsgeschichte werden erörtert und, wo möglich, in Beziehung zu Frankreich gesetzt. Wußten Sie z. B., daß die Mongolei im 12. Jahrhundert von China her missioniert wurde? Und wer weiß schon, daß König Eduard I. von England im Jahre 1287 die Eucharistie von einem mongolischen Mönch aus Peking empfing und zwar in der französischen Stadt Bordeaux? Zur Zeit der Reformation war die Weltmission noch kein Thema. Daher erstaunt es, zu lesen, daß der französische Admiral Coligny in Brasilien ein „protestantisches Frankreich“ gründen wollte. Warum diese Expedition nach zehn Monaten aufgegeben wurde, und warum fast alle Missionare umkamen, wird ausführlich behandelt. Ein wirklich spannendes Buch! Wer nach einem bestimmten Thema sucht, wird sich dank des Index rasch zurechtfinden. Man darf schon auf den zweiten Band über das das 19. und 20. Jahrhundert gespannt sein. Jacques Blandenier plant die Veröffentlichung in etwa zwei Jahren. Stefan Schmid, em 1999-4. |
Blöchle, Herbert. Luthers Stellung zum Heidentum im Spannungsfeld
von Tradition, Humanismus und Reformation. Frankfurt: Peter Lang, 1995. In der gegenwärtigen Debatte um eine Theologie der Religionen drohen die reformatorischen Positionen immer mehr in den Hintergrund zu geraten. Eine evangelische Stellungnahme wird aber nicht darauf verzichten können, das Zeugnis der Reformatoren ernsthaft zu bedenken. Um so erfreulicher ist es, daß Herbert Blöchle in einer an der Kieler Theologischen Fakultät eingereichten Dissertation den Versuch unternommen hat, eine Gesamtdarstellung von Luthers Stellung zum Heidentum zu bieten. Eine derartige Untersuchung ist nicht nur als historischer Beitrag zur religionstheologischen Diskussion der Gegenwart zu begrüßen, sondern auch deshalb, weil es eine solche Gesamtdarstellung bislang nicht gab, so daß Blöchles Dissertation zugleich eine empfindliche Lücke der Lutherforschung schließt. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Blöchles Studie darf in methodischer und inhaltlicher Hinsicht als gelungene Untersuchung betrachtet werden, die geeignet ist, die aktuelle religionstheologische Debatte zu befruchten, obwohl sie sich streng auf eine Darlegung des historischen Befunds beschränkt und bewußt „auf jegliche Aktualisierung … durch Bezugnahme auf die gegenwärtige Situation“ verzichtet (16). Ein über 200seitiger Anmerkungsteil (mit fast 2700 Fußnoten) und ein 60seitiges Quellen- und Literaturverzeichnis veranschaulichen die methodisch sorgfältige, minutiös belegende und eine Fülle von Quellen und inhaltlichen Gesichtspunkten berücksichtigende Vorgehensweise des Autors. Blöchle schildert zunächst Luthers (durch das Bibelstudium, den Humanismus und die Türkengefahr veranlaßte) „Begegnung mit dem Heidentum“ (19-33), um dann seine „biblisch-theologische Stellung zum Heidentum“ (35-72), seine „Stellung zur griechisch-römischen Antike“ (73-150), seine „Stellung zum Islam und zu den Türken“ (151-192), seine „kritisch-religionsvergleichende Stellung zum Heidentum“ (193-230) und schließlich seine „Stellung zum Heidentum im Christentum“ zu beleuchten (231-250). Das Ergebnis ist nicht nur, daß Luther eine überraschend vielschichtige und differenzierte Sicht des „Heidentums“ vertrat, sondern auch, daß die Überwindung des „Heidentums“ als Gestalt verfehlter Religiosität (religio falsa) eine zentrale Thematik seiner Theologie darstellt: Luther vermochte aufgrund seiner (sich auf Röm 2,15 stützenden) Bejahung eines universal erkennbaren und gültigen Naturrechts die geistig-religiöse Welt der griechisch-römischen Antike in kultureller und sittlicher Hinsicht erstaunlich positiv zu würdigen (77-126), ohne der Neigung des zeitgenössischen Humanismus zu erliegen, die Antike zu idealisieren (127-150). Ebenso war er bereit, auch positive Aspekte in der Frömmigkeit und Sittlichkeit des Islam (161-168) anzuerkennen. Zugleich aber hielt er in Konsequenz seiner Rechtfertigungslehre an der biblischen Grundüberzeugung fest, „daß die nichtchristlichen Religionen die Menschen nicht zum Heil führen können“ (47): Über Heil oder Unheil entscheiden „allein der Glaube an Christus und die Gliedschaft an seinem Leibe …“ (50). Originalität und besondere Brisanz gewinnt Luthers Sicht des „Heidentums“ durch die These, daß dieses nicht nur eine vor- und außerchristliche Größe, sondern auch eine innerchristliche Realität darstellt: Diese gefährlichste, weil nicht so offenkundige Gestalt des Heidentums entsteht überall da, wo der rechtfertigende Glaube an Christus verweigert und das Evangelium verleugnet oder verfälscht wird (242-247). Luther hat seinen Kampf für das rechte Verständnis des Evangeliums zutiefst als Kampf für „die Befreiung des Evangeliums aus seiner todbringenden Umstrickung durch das Heidentum“ (232, 247-250) verstanden. Seine Überzeugung, daß bis zur Wiederkunft des Herrn auch das Christentum als geschichtliche Religion notwendig vom „Heidentum“ durchsetzt ist, kann dazu helfen, den exklusiven Heilsanspruch des Evangeliums mit der demütigen Einsicht des Glaubenden zu verbinden, daß kein Mensch - auch der Christ nicht - die Gefährdung durch das Heidentum definitiv hinter sich hat. Werner Neuer, em 1996-3. |
Bong Rin Ro (Hg.). Christian Suffering in Asia. Evangelical Fellowship of Asia / Asia Theological Association, 1989. Christen in verschiedenen Teilen Asiens erfahren zunehmend Verfolgung und Leiden durch militanten Hinduismus, islamischen Fundamentalismus, Kommunismus, Nationalismus und wirtschaftliche Armut. Die Referate einer Konsultation der Asiatischen Evangelischen Allianz über „die Gemeinde mitten im Leiden“ in Hongkong (24.-27. Febr. 88) sind in diesem Band zusammen mit sechs weiteren Artikeln und einem seelsorgerlichen „Brief an die Gemeinden in Asien“ wiedergegeben. Theologisches hält sich mit erschütternder Berichterstattung aus den verschiedenen Ländern die Waage. Immer wieder erschallt der Ruf nach einer der Lage entsprechenden „Theologie des Leidens, die westliche Theologen möglicherweise nicht ganz verstehen werden.“ Möge diese Kritik an westlicher Verdrängung des Leidens heilsam sein. Zugleich sollte sie aber dazu führen, daß wir das reiche theologische Erbe bei Hartenstein, Freytag, Bonhoeffer und Traugott Hahn uns wieder zueigen und den asiatischen Christen zugänglich machen. Warum sind die Ergebnisse der AfeM-Tagung im Januar 1988 „Missionarische Existenz in Zeugnis und Leiden“ noch nicht nach Asien vorgedrungen? Christof Sauer, em 1989-3. |
Bonk, Jonathan J. Missions
and Money. Affluence
as a Western Missionary Problem. Orbis:
Maryknoll, 1991. In einer wirtschaftlichen Variante des Themas von David und Goliath, das den Christen so sehr am Herzen liegt, zeigten die letzten zweihundert Jahre David (die westlichen Missionare) als den, der Sauls Rüstung an hat und Sauls Waffen trägt und so gegen einen Goliath (das Missionsfeld) marschiert, der mit einem Fell gekleidet und nur mit ein paar Steinen und einer Schleuder bewaffnet ist. Die wirtschaftliche Macht war auf der Seite der Missionare aus dem Westen. Diese gehörten in manchen Fällen zu multinationalen Missionsgesellschaften, deren jährliches Budget jenes der gastgebenden Regierungen übertraf und stellten für diese Länder sehr bedeutsame Quellen an Devisen dar. (S.1) Das Zitat faßt die Situation seit den Anfängen missionarischer Arbeit aus dem Westen zusammen. Die meisten Leute, sowohl auf Seiten der Missionare als auch auf Seiten derer, denen sie dienten, haben den Mißerfolg beim Ernten der Garben für Christus zum Teil dem Reichtum der westlichen Missionare zugeschrieben. In seinem Buch behauptet Jonathan J. Bonk, daß die Übermittlung und Inkulturation des Evangeliums durch das Ungleichgewicht zwischen dem relativen Reichtum der Missionare und der Armut der Menschen, die sie zu evangelisieren suchen, bedingt ist. Es sind im Grunde zwei Fragen, die er das ganze Buch hindurch behandelt: 1. Untergraben die gegenwärtigen Missionare trotz ihrer Aufrichtigkeit das Evangelium und behindern sie dessen Inkulturation durch ihren relativen Reichtum? 2. Führt vielleicht der Reichtum des Missionars bei den einheimischen Bekehrten zu feindschaftlichen Gefühlen - entweder bewußt oder unbewußt - dem Missionar gegenüber? Von einem afrikanischen Standpunkt aus würde die oben angeführte Frage zu einer Antwort in dem Sinne führen, daß in der westlichen Missionsarbeit des 19. Jahrhunderts die Afrikaner mit dem Verständnis zum Christentum „bekehrt“ wurden, daß Christ zu sein irgendwie gleichbedeutend sei mit reich sein. Als sie dann das Evangelium von Jesus Christus angenommen hatten, wie es von den westlichen Missionaren gepredigt worden war, entdeckten sie, daß die oben angegebene Gleichung nicht funktioniert, und deshalb verband der/die bekehrte Afrikaner(-in) das Evangelium nicht mit seiner/ihrer gegenwärtigen Situation; es war ein Evangelium für reiche Leute. Dies bewirkte dann, wie Desmond Tutu formuliert, eine religiöse Schizophrenie, in der die bekehrten Afrikaner an Gottesdiensttagen Christen sind und an anderen Tagen Afrikaner. Trotz der Tatsache, daß jene Afrikaner einige „Handdowns“ von den Missionaren bekamen, machte die immer noch existierende tiefe wirtschaftliche Kluft die Bekehrten letztlich ärgerlich. Bonk, Dozent an einer amerikanischen Bibelschule, verlangt weder eine Verleugnung des Reichtums noch Resignation, aber er ruft alle Missionare auf, durch einen Akt bewußter Selbstentäußerung Macht, Ansehen und Einfluß abzulehnen (S. xvi). Bonk ist tief besorgt über das Problem des westlichen Reichtums als Hindernis bei der Verbreitung des Evangeliums. Das Buch zeigt auch sein tiefes Verständnis für die biblischen Schriften. Wenn man nun die Empfehlungen für die Missionare durchliest, könnte man auf die Idee kommen, Bonk zu treffen und zu sehen, wie er lebt und ob er ein solcher Mann ist, der lebt, was er schreibt und sich auch so benimmt? Oder verbreitet er nur einen guten Grundsatz, einfach professionell und gelehrt, ohne entsprechend zu leben? Ich wünschte, ich würde diesen Mann treffen. Dann könnte ich ihm ein paar Fragen stellen, die dieses Buch vollständiger machen würden. Fulata Lusungu Moyo, em 1995-4. |
Börner, Fritz. Freikirchlicher Gemeindebau in Österreich. Eine Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft
Evangelikaler Gemeinden in Österreich
(ARGEGO) mit einem historischen Rückblick in die Kirchengeschichte und die Geschichte der Bekennergemeinden auf österreichischem Boden. Linz: Selbstverlag, 1989. Als langjähriger Missionar in Österreich legt Börner seine gründlich erarbeitete Magisterarbeit vor. Die kirchengeschichtlichen Kapitel greifen bis zur Christianisierung des Landes im Römerreich zurück und reichen bis zu den Hintergründen der Rekatholisierung nach der Reformation. Mit der Beschreibung der einzelnen Gemeinden innerhalb der täuferisch gesinnten ARGEGÖ im 4.Kapitel beginnt die eigentliche Forschungsleistung Börners. Geordnet nach Gemeindeverbänden fragt er nach deren Geschichte, Problemen, Gemeindegründern, gegenwärtigem Zustand und Statistik. In einem weiteren Kapitel werden die unterschiedlichen Methoden des Gemeindebaus nach Gemeindegröße, geographischen Schwer Zahl? Dann sollten nächstes Jahr z,B- auch die neuen Titel von Beyerhaus, Bosch und Fiedler dort Erwähnung finden. Missionen mit theologisch gebildeten Mitarbeitern sollten auf dieses Jahrbuch in ihrer Bibliothek nicht verzichten. Christof Sauer, em 1992-4. |
Bosch, David J. Mission im Wandel. Paradigmenwechsel in der Missionstheologie. Herausgegeben von Martin Reppenhagen. Gießen/Basel: TVG Brunnen Verlag, 2012. Über zwanzig Jahre nach dem Erscheinen der englischsprachigen Ausgabe liegt nun David Boschs Opus Magnum Transforming Mission: Paradigm Shifts in Theology of Mission [1991] erstmals in deutscher Übersetzung unter dem Titel Mission im Wandel vor. Es handelt es sich um ein solide gebundenes Buch von über 700 Seiten, dessen Druckbild im Vergleich zum englischen Original weiträumiger ist, wodurch allerdings Format und Umfang des Buchs deutlich gewachsen sind. Neben der deutschen Übersetzung auf über 600 Seiten würdigt die Ausgabe die über zwanzigjährige Wirkungsgeschichte des Buchs und seines Autors in einer Reihe von Vor- und Geleitworten (von Michael Herbst, Martin Reppenhagen, William Burrows, Gerald H. Anderson) und einem abschließenden Zusatzkapitel von Reppenhagen und Darell L. Guder. Obwohl viele Leser mit der englischen Ausgabe bereits vertraut sein dürften, sollen hier die inhaltlichen Grundzüge kurz zusammengefasst werden. In Mission im Wandel entfaltet David Bosch eine biblisch, theologiegeschichtlich und kontextuell orientierte Reflexion des Verständnisses christlicher Mission. Boschs Grundthese lautet, dass „es weder möglich noch sinnvoll ist“, ein erneuertes Verständnis von Mission „anzustreben, ohne einen gründlichen Blick auf die Wechselfälle der Missionen und der missionarischen Idee während der letzten zwanzig Jahrhunderte der christlichen Kirchengeschichte zu werfen.“ (S. 9). Diesen Blick wirft Bosch durch das Prisma der Paradigmentheorie Thomas Kuhns und der von Hans Küng beschriebenen sechs Paradigmen der Kirchengeschichte vom „urchristlich-apokalyptischen Paradigma“ bis hin zum „zeitgenössisch-ökumenischen Paradigma“ (S. 213/214). Im ersten Teil („Modelle der Mission im Neuen Testament“ S. 17-210) entfaltet Bosch ein biblisches Grundparadigma in seinen unterschiedlichen Ausprägungen bei Matthäus, Lukas und Paulus in der Überzeugung, dass „das Neue Testament keine einheitliche Sicht der Mission widerspiegelt, sondern eine Vielfalt an ‚Missionstheologien‘“ (S. 18). Gleichzeitig betont Bosch den „epistemologischen Vorrang … der Schrift“ (S. 220) sowie das „immer relevante Jesusereignis“ als hermeneutische Basis (S. 588). Der Periodisierung von Küng folgend untersucht Bosch im zweiten Hauptteil (S. 213 – 406) vier „historische Missionsparadigmen“ (byzantinischen Ostkirche, römisch-katholische Kirche des Mittelalters, Reformation, Mission und Aufklärung). Dabei zeigt sich manche Inkompatibilität der Modelle miteinander, aber auch komplementäres Lernpotential für die Gegenwart. Dieses Lernpotential wird im dritten Teil (S. 409-613) ausgewertet, in dem Bosch versucht, „ökumenische“ und „evangelikale“ Sichtweisen der Mission komplementär zusammenzubringen. Hier legt Bosch eine tiefschürfende Analyse der missionswissenschaftlichen Diskussion des 20. Jahrhunderts in dreizehn „Elemente[n] eines sich abzeichnenden ökumenischen Missionsparadigmas“ (S. 432 – 601) vor. Wesentlicher Bezugspunkt ist für ihn eine missionarische Ekklesiologie, die er ausgehend vom Konzept einer „Kirche-mit-Anderen“ des emeritierten Heidelberger Missionswissenschaftlers Theo Sundermeier entfaltet, dabei aber stärker den Aspekt einer „alternativen Gemeinschaft“ betont. Insgesamt versucht Bosch das Verständnis der Mission sowohl aus der Enge eines pragmatischen westlichen Begriffs für christliche Auslandsarbeit in die Weite theologischer und globaler Gesamtperspektiven zu führen („Die Mission der Theologie“, S. 577ff) als auch christologisch, kontextuell und praxisbezogen zu vertiefen (die „Theologie der Mission“). Diese Perspektive prägt auch seine Schlussreflexion, in der er davor warnt Mission, reduktionistisch zu definieren und dafür plädiert, sie als „Mission in vielerlei Gestalt“ aus der Mission Jesu Christi heraus zu entwickeln (S. 603ff). An dieser Stelle endet Boschs umfassende Suche nach dem Verständnis von Mission und öffnet den Weg für zukünftige Reflexionen. Hier schließt sich das bereits erwähnte ergänzende Abschlusskapitel von Martin Reppenhagen, stellvertretender Leiter des Instituts für Evangelisation und Gemeindeentwicklung in Greifswald, und Darell L. Guder, Professor für Missional and Ecumenical Theology am Princeton Theological Seminary in den USA, an, das bereits für die amerikanische Jubiläumsausgabe (2011) verfasst wurde und hier in Übersetzung vorliegt (S. 615-641). Das Kapitel mit der Überschrift „Der andauernde Wandel von Mission: Das lebendige Erbe von David J. Bosch“ dokumentiert zunächst die weitverbreitete Wertschätzung von Transforming Mission als „Grundlagenwerk für das Studium und die Erforschung“ der Mission (S. 615) und bietet interessante Hintergründe zum persönlichen und beruflichen Werdegang Boschs (z.B. die von ihm abgelehnten Berufungen nach Leiden/NL oder Princeton/USA). Die angekündigte Reflexion der „Grundlinien“ und „Auswirkung von Boschs bahnbrechendem Werk auf das Studium und die Forschung im Bereich der Missionswissenschaft“ (S. 616) bleibt allerdings hinter den geweckten Erwartungen zurück. Das Kapitel fasst zwar wesentliche Grundthemen in Boschs Denken zusammen, dabei wird jedoch zu wenig zwischen Mission im Wandel und früheren Veröffentlichungen Boschs unterschieden, so dass das Abschlusskapitel gelegentlich sogar hinter Boschs neuere Ergebnisse zurückgeht, z.B. wenn durch ein isoliertes Bosch-Zitat von 1982 („Kultur und Kontext … sind … Adiaphora, nicht wesentlich, austauschbar“) gezeigt werden soll, dass in Boschs Denken „der Universalität des Evangeliums“ gegenüber dem „konkreten Kontext“ „Priorität“ zukomme (S. 627). In Mission im Wandel zeigt sich jedoch ein wesentlich differenziertes Ringen Boschs um diese Frage (z.B. S. 587/588). Die weitergehende Darstellung der Rezeptionsgeschichte greift einige Aspekte der kritischen Diskussion auf (z.B. zur Rolle Afrikas und oder pfingstlicher Missionstheologie bei Bosch), spiegelt aber vor allem die Interessen der Autoren wider. Das Entstehen einer missionalen Theologie für die westliche Kultur wird stark thematisiert, während Entwicklungen in anderen, für Bosch ebenso wesentlichen Themenbereichen wie der Theologie der Religionen, dem interreligiösen Dialog und Zeugnis sowie der Inkulturation in nichtwestlichen Kontexten nicht oder nur am Rande aufgegriffen werden. Eine westliche Optik zeigt sich in der (in globaler Hinsicht zu relativierenden) Behauptung, dass „neue Formen von Kirche … [sich] besonders in der post-christlichen Kultur des Westens [vermehren]“ (S. 623). Auch die Auseinandersetzung mit Boschs biblischer Hermeneutik, seiner holistischen Soteriologie und seinem Missionsverständnis in der internationalen evangelikalen Diskussion wird nicht berücksichtigt. Die abschließende Thematisierung der Rezeption Boschs in Forschung und Lehre bleibt – auch abgesehen von der kryptischen Abschnittsüberschrift („Forschung und Lehre von Mission im Wandel“ S. 638) – leider sehr oberflächlich. Während das Abschlusskapitel also durchaus einen „ersten Überblick über David J. Bosch“ bietet (S. xv), wird es seinem Anspruch als Reflexion des lebendigen missiologischen Erbes von David Bosch nach 20 Jahren nur teilweise gerecht. Dazu kommen gerade im Abschlusskapitel relativ viele Fehler. Während es sich meist um Tippfehler und falsche Seitenangaben handelt (z.B. Rezepkoski statt Rezepkowski / Kirsten statt Kirsteen auf S. 620/622, ein nicht korrekt eingepasstes Zitat auf S. 621; Verweise auf Seitenzahlen der amerikanischen Ausgabe von 1991 statt auf den vorliegenden übersetzten Bosch-Text von 2012 auf S. 620/621; falsche Seitenverweise [484 – 604 statt 461-470; 604 statt 577] auf S. 625/ 626 etc.), geht auf S. 621 durch einen Wortdreher zwischen Boschs Begriff einer „Mission der Theologie“ mit dem Begriff der „Theologie der Mission“ die eigentliche Aussagepointe verloren. In der Bibliographie sind englische Titel weitgehend durch vorhandene deutschsprachige Ausgaben ersetzt worden; das gleiche gilt für Zitate. Leider fehlt dabei die deutsche Fassung von David Boschs Vorgängerwerk Witness to the World: Christian Mission in Theological Perspective [1980], die unter dem Titel Ganzheitliche Mission: Theologische Perspektiven [Marburg 2011] erschienen ist. Dass nun auch die deutsche Fassung von Transforming Mission in einem evangelikalen Verlag erschienen ist, spiegelt das Interesse wider, das Boschs ganzheitlicher Missionstheologie inzwischen in der evangelikalen Bewegung auch in Deutschland entgegengebracht wird. Darüber hinaus wird die Übersetzung den Zugang für Theologiestudierende und Theologen unterschiedlicher kirchlicher Hintergründe zu diesem globalen Standardwerk erleichtern. Auch außerhalb der missiologischen und theologischen Fachwelt dürfte Mission im Wandel interessierte Leser finden, da Boschs vielseitige Erkundung des Missionsverständnisses die Leser zugleich auf eine spannende Reise durch die globale christliche Theologie- und Kirchengeschichte mitnimmt und zu einem theologischen Bildungserlebnis wird, das dazu anregt, auch im Blick auf die persönliche Christusnachfolge über den eigenen Horizont hinauszudenken. Dr. Friedemann Walldorf, em 2013-2. |
Bosch, David. An die Zukunft glauben: Auf dem
Wege zu einer Missionstheologie für die westliche Kultur. Studienheft Weltmission heute 24. Evangelisches
Missionswerk: Hamburg, 1997/2. Das vorliegende Heft, eine Übersetzung des 1995 erschienenen Orginals „Believing in the Future: Toward a Missiology of Western Culture“, beruht auf einem Vortrag, den Bosch im Januar 1992 kurz vor seinem tragischen Unfalltod vor Missionswissenschaftlern in Paris hielt. Er stellt seine Skizze einer westlich-kontextuellen Missionstheologie auf der Grundlage seines großen missionstheologischen Werkes „Transforming Mission“ (1991) vor. Der Analyse der postmodernen Welt unter dem Motto „Wo keine Vision ist, verdirbt das Volk“ (Sprüche 29,18), folgt eine Untersuchung der Wurzeln in der Aufklärung und eine Positionsbestimmung des christlichen Glaubens. Die westliche Kultur lebe „parasitisch“ vom Christentum, das sich seinerseits jedoch weitgehend an die Religion der Aufklärung angepaßt und damit seine erneuernde und missionarische Kraft verloren habe. Aufbauend auf dieser Vorarbeit zeichnet Bosch in vier Zügen eine Missiologie für den Westen: Sie müsse (1) die Theologie grundsätzlich als missionarisch begreifen, (2) sozial-ethische Implikationen haben, (3) uns zum Erbarmen mit der Not der Dritten Welt befähigen und (4) angesichts des atheistischen Götzendienstes im Westen den einzigen lebendigen Gott der Bibel verkündigen. Das Buch ist erfreulicherweise kostenlos, bzw. gegen eine freiwillige Spende beim EMW erhältlich. Friedemann Walldorf, em 1999-3. |
Bouman, Johan. Christen und Moslems. Glauben sie an einen Gott?
Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gießen: Brunnen, 1993. Mit großem Scharfsinn verfolgt der emeritierte Professor für Religionsgeschichte und Islamkenner präzise das im Titel genannte Thema. Bei dem jeweiligen Verständnis von Sünde, Vergebung und Versöhnung sind die Gemeinsamkeiten noch größer. Die entscheidenden Unterschiede werden an der Person Jesu deutlich und kündigen sich bei den Schilderungen Abrahams schon an. Bouman berücksichtigt die historische Entwicklung des Korans und macht damit scheinbar gegensätzliche Aussagen im Koran verständlich. Dabei räumt er der Darstellung biblischen Glaubens jedoch gleichen Raum ein. Er kommt zu dem Ergebnis: Da der Koran im Namen seines Propheten und als Wort Gottes die Heilstat Gottes in Christus verneint, ist der Gott der Versöhnung in Christus nicht der Gott des Korans (S. 99). Die Rede von einer „abrahamitischen Ökumene“ sieht er genauso kritisch wie das Aufgeben des Trinitätsdogmas zugunsten des Dialogs. Den Dialog hält er durchaus für notwendig. Jedoch muß er von beiderseitiger Wahrhaftigkeit geprägt sein. Eine notwendige, sachliche Klarstellung, die manchmal den gebildeten Leser fordert. Christof Sauer, em 1996-2. |
Bouman, Johan. Leben mit fremden Nachbarn.
Die Rolle von Ethik, Kultur und Religion in einer multikulturellen
Gesellschaft. Giessen/Basel:
Brunnen Verlag, 1995. Johan Bouman analysiert die deutsche – heute multikulturelle – Gesellschaft auf die Frage hin: Wie können Menschen so unterschiedlicher nationaler Herkunft und religiöser Überzeugung friedlich miteinander zusammenleben? Für Bouman entscheidet sich diese Frage daran, ob sich die multikulturelle Gesellschaft auf eine für alle verbindliche ethische Grundlage verpflichten läßt, da nur so Konflikte aus diesem Zusammenleben bewältigt werden können. Nach Darstellung verschiedener ethischer Konzepte wie z. B. von Fichte, Hegel, Kant, Marx u. a., sowie der jüdischen, christlichen und islamischen Ethik kommt Bouman allerdings zu dem Schluß: „Es ist der westlichen Kultur nicht gelungen, eine allen gemeinsame Ethik zu entwerfen und in der Praxis durchzusetzen“ (24). Damit wird Boumans Buch zu einem berechtigten Vorwurf an die nachchristliche westliche Gesellschaft, die vielleicht nicht an ihrem ethischen Pluralismus an sich scheitern würde, jedoch anderen ethischen Konzepten wie z. B. dem Islam nichts entgegenzusetzen hat. Da jedoch nur die biblische Ethik die Frage nach Ursprung und Bewältigung des Bösen in der Welt überzeugend beantworten kann, erhält der biblische Auftrag an Christen, Buße, Glauben und Liebe zu verkündigen, aufgrund der starken Zuwanderung von Muslimen ganz neue Dringlichkeit. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-2. |
Brakemeier, Gottfried (Hg.). Glauben
im Teilen bewahrt. Lutherische
Existenz in Brasilien. Verlag der Ev.-Luth. Mission Erlangen, 1989. Es ist ein besonderes Buch: Eine Kirche der südlichen Hemisphäre stellt sich selbst vor. Bisher schrieben meist Europäer über die Kirchen, die aus „ihrer“ Missions- oder Überseearbeit hervorgegangen sind. Hier porträtiert sich die Kirche selbst. Daß dabei das Umfeld, die Geschichte, die sozialen und soziologischen Faktoren ebenso zur Sprache kommen wie die Theologie, versteht sich von selbst. Daß diese Kirche nicht bei sich selbst stehen bleiben will, sondern im Miteinander-Teilen des Glaubens weiter voranschreiten will, im eigenen Land (wo die Lutheraner nur fast 1% der Bevölkerung ausmachen) und über die Landesgrenzen hinaus, bestimmt den Ausblick. Das Original erschien in portugiesisch «Pre-senca Luterana 1990», eine englische Ausgabe ist geplant. Die Gastgeberin der 8. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes will mit uns ins Gespräch kommen. Wir dürfen mit ihr Bekanntschaft schließen. Johannes Triebel, em 1990-2. |
Bramsen, Paul D. The Way of Righteousness. Good News for Muslims. CMML Spring Lake, New Jersey, 1998. Das Material „The Way of Righteousness” gehört meiner Meinung nach zum Besten, was es für Muslime gibt. Das Buch ist die englische Übersetzung von ursprünglich in Wolof (größte Bevölkerungsgruppe in Senegal) gehaltenen Rundfunkansprachen. 1992, nachdem der amerikanische Missionar Bramsen mit zwei senegalesischen Mitarbeitern zuschauen musste, wie zuvor verteilte Literatur ungelesen zerrissen wurde, entstand die Idee für „The Way of Righteousness“ (wörtlich übersetzt: Der Weg der Gerechtigkeit, bzw. Rechtschaffenheit). Dem Missionar wurde klar, dass chronologisch aufgebaute Lektionen, die klar die Begeben-heiten und die Botschaft der Propheten Gottes darstellen, und die über staatliche Radiostation ausgestrahlt werden, nötig sind. Wie viele andere Missionare nahm auch er, wie er im Vorwort schreibt, Trevor McIlwans „Firm Foundations“ (New Tribes Mission) als Fundgrube zur Erstellung seiner speziellen 100 Bibellektionen. Der Autor wünscht ausdrücklich, dass die Lektionen in andere Sprachen zu Sendezwecken übersetzt werden. Um dies einfacher möglich zu machen wurde das Material, zu dem auch 20 Kassetten der 15-minütigen Radiolektionen gehören, herausgegeben. Der Autor bittet nur um Rücksprache, um die Vollständigkeit der Lektionen zu bewahren. Ferner ist die englische Ausgabe für englisch sprechende Muslime gedacht, die auf diese Weise im Selbststudium behutsam und gründlich die Lehren der Thora, Psalmen, Propheten und des Neuen Testaments verstehen können. Dabei geht es vor allem darum, dass sie verstehen, dass es ohne Blutvergießen keine Vergebung gibt. Die Opfer von reinen Tieren, die Gott in seiner Güte im Alten Testament als „Weg“ zur Bedeckung der Sünde der Menschen gegeben hat, war ein Symbol und eine Prophetie für das stellvertretende und erfüllende Sterben Jesu, als einzig gültiges Opfer zur Vergebung von Sünden. Die Lektionen bauen chronologisch aufeinander auf und sind doch in sich abgeschlossen. Jede der 100 Lektionen ist gefüllt von zu einem Hauptthema gehörenden Gedanken und Bibelworten. Dem Leser wird in der ersten Lektion z.B. deutlich gemacht, dass Gott zu den Menschen gesprochen hat. ER ist Gott, und zwar der einzige und der Allmächtige. Er sprach durch die Propheten oft und auf verschiedene Art. Sie schrieben auch für ihn Gottes Wort auf, geführt durch den Heiligen Geist. Gott möchte, dass die Menschen dieses, sein Wort verstehen. Sein Wort ist ewig und in ihm ist Leben. Gott hat sich selbst offenbart und auch den Weg zur ewigen Rettung. „Höre! Öffne deine Ohren und komme zu mir. Höre, und deine Seele wird leben.“ In den beiden letzten Lektionen (99 u. 100) geht es zusammenfassend darum, wer Jesus ist. Die Lektionen sind in einfachem Englisch geschrieben, in gesprochenem Stil, ursprünglich für afrikanische Muslime. Vielleicht wird dem ein oder anderen der Stil zu einfach erscheinen, aber der Inhalt ist anspruchsvoll und spricht Herz und Verstand gleichermaßen an. Dabei wird immer Rücksicht auf Denken und Fühlen von Muslimen genommen, ohne Kompromisse bei der Botschaft einzugehen. Zu lernen, wie man mit Muslimen in einer nicht „westlich“ geprägten Weise über die Bibel spricht, ist wirklich wichtig, denn sonst entstehen leicht Missverständnisse. Die Lektionen sollten von Leuten durchgearbeitet werden, die Muslime auf dem Herzen haben und ihnen die Botschaft von der Rettung durch Jesus auf ihnen gemäße Art nahe bringen wollen. Die Leben schaffende Wahrheit der Bibel leuchtet in den Lektionen immer neu und aus einer vielleicht neuen Perspektive auf und macht das Hineinarbeiten in die Materie zu einem geistlichen Gewinn. Die über 500 Seiten Lektionen sind lang, aber zu schaffen, z.B. als Stille Zeit. Das Buch ist folgendermaßen eingeteilt: Vorwort, 100 Lektionen in 4 Teilen (gut ersichtlich im Inhaltverzeichnis, mit Name der Lektion und Bibelstellen), 4 Anhänge: wie man die Kassetten zu Lehrzwecken (z.B. in Gruppen) einsetzen kann, Sprichworte der Wolofs (in den Lektionen verwendet), Unterrichtsmethodik mit dem Material, Ein-blicke in den Islam (sehr gut zum Verständnis der islamisch geprägten Menschen für Christen, und sehr gut zum Ausräumen von Falsch-interpretationen von Begriffen wie „Sünde“, „Sohn Gottes“… für Muslime). Dabei wird nicht nur die Religion fair erklärt, sondern auch was im Koran über Jesus steht. Mir gefällt das Buch sehr gut, weil es für Muslime mit liebendem Herzen geschrieben ist und den Leser eindringlich und dennoch höflich zum Nachdenken bringt, den „Way of Righteousness“ Gottes in Jesus richtig zu begreifen. Ulrike Kinker, em 2002-2. |
Brandau, Robert. Innerbiblischer Dialog und dialogische
Mission. Die Judenmission als theologisches Problem. Neukirchen-Vluyn:
Neukirchener Verlag 2006. Die Wuppertaler Dissertation (Klappert) über die Diskussion um die Judenmission nach 1945 im Kontext ökumenischer Missionstheologie und der Israellehre Karl Barths bekräftigt und begründet in historischer ebenso wie in exegetischer und systematisch-theologischer Hinsicht das Nein zur Judenmission. Die Differenzierung des Dialogbegriffs in einen innerbiblischen Dialog von Christen und Juden, einen interkonfessionell-ökumenischen Dialog unter Christen und einen interreligiös-missionarischen Dialog der Völkerkirche mit anderen Religionen/Weltanschauungen ist hermeneutisch unabdingbar und theologisch geboten. Innerbiblisch bedeutet: Christen und Juden begegnen einander als Zeugen Gottes voreinander; sie geben Anteil an den je eigenen Erfahrungen mit dem Gott Israels. Das gemeinsame Bekenntnis zu dem Gott Israels markiert die Grenze heidenchristlicher Mission, deshalb ist nur der interreligiöse Dialog missionarisch. Die Völkermission (im „Missionsbefehl“ Mt 28: ethne, biblisch zu unterscheiden von „Israel“) ist strikt von dem an die jüdische Jüngergemeinde ergehenden Auftrag zur Sammlung des eschatologischen Gottesvolkes Israel (Mt 10,6) – die nicht zu dessen Aufhebung führen kann – zu unterscheiden. Ein heidenchristliches „Zeugnis“ für Israel hat kein biblisches Fundament, vielmehr sind das aufgrund der Bundeszuverlässigkeit des Gottes Israels bleibend erwählte Gottesvolk und die Völkerkirche (die auf voreilige Identifikation mit Israel zu verzichten hat) gemeinsam zur Heiligung des Namens des Gottes Israels berufen. Die messianische Sendung des Christus Jesus mit Israel realisiert die vergegenwärtigende Repräsentation des Gottesvolkes Israel gegenüber den Völkern. Die Beziehung zum ersterwählten Volk gehört mithin zum Inhalt des in der Mission der Kirche zu verkündigenden Evangeliums und mitnichten in den Bereich ihres missionarischen Auftrags. Diese Hauptthese(n) der nicht nur äußerlich gewichtigen, sondern in jeder Hinsicht eindringlichen Arbeit werden entfaltet, indem die wesentlichen Transformationsprozesse judenmissionarischer Theologie exemplarisch rekonstruiert und kritisch beleuchtet werden. In immenser Dichte werden dabei nicht nur die Positionen der klassischen Judenmission des 19. Jhs. (F. Delitzsch, G. Dalman) referiert und eingeordnet (u.a. in den Kontext der radikal-pietistischen Ablehnung der Judenmission, des eigenen Wegs Zinzendorfs, der Instituta Judaica, samt Exkursen zu Luther und Calvin), dann in zwei Kapiteln die wirkmächtige Israeltheologie Barths sowie das ökumenische Dialogprogramm erörtert, vielmehr wird in detaillierter Kleinarbeit sowie gelungenem Zusammenspiel von Darstellung und Reflexion die Fülle ökumenischer und kirchlicher Dokumente zur Judenmission gesichtet (ein Schwerpunktkapitel, S. 171-343, das nicht zuletzt die jeweiligen „impliziten systematischen und missionstheologischen Voraussetzungen“ offenlegen soll), worauf ein ebenfalls umfangreiches Kapitel „Konflikte um die Judenmission“ folgt. Auf dieser Grundlage legt der Autor in kritischer Rezeption Barths einen eigenen Entwurf zur Judenmission vor (Kap. VI), der gegen das prägende Modell der Subsumtion Israels unter die Völker, gegen die Paganisierung Israels durch Individualisierung und Universalisierung des Evangeliums die theologische Bedeutung der bleibenden Erwählung Israels in der eingangs skizzierten Form stark macht. Die christologischen und ekklesiologischen Gründe dafür, dass Christen in dem durch Jesus repräsentierten Israel keiner anderen, fremden Religion, sondern der eigenen Erwählung und damit dem Gott Israels begegnen, werden vertieft und die Ergebnisse in einem Epilog in 29 Thesen und einem Ausblick gebündelt. Das alles liest sich – bei dem heiß umstrittenen Thema vielleicht kaum verwunderlich –durchweg spannend (auch wenn es um „Verlautbarungen“ geht), wobei eine gewisse Redundanz nicht zu übersehen ist. Die wiederum erscheint angesichts des Fehlens jeglicher Register (schade, ein erheblicher Mangel!) zwar akzeptabel, kann diese aber freilich in keiner Weise ersetzen. Dennoch ist die beeindruckende Menge an Material unaufgeregt und profund aufgearbeitet – wenn man bedenkt, dass die Position des Vf. eben so, wie er es selbst für eine jüdische Sicht formuliert, „eine, allerdings nicht die einzige Möglichkeit der Wahrnehmung“ darstellt (462). Bei aller systematischen und missionstheologischen Entschiedenheit lässt sich fragen, ob hier nicht exegetisch Kategorien eingetragen werden, die (vorab) anderweitig gewonnen wurden. Als Indiz dafür könnte auf die merkwürdige Diskrepanz zwischen dem vielfach spürbaren Konkretionswillen und der im eigenen Entwurf zu konstatierenden grandiosen Abstraktion vom konkreten „Israel“ hingewiesen werden. Ist es nicht Anzeichen einer höchst problematischen Wahrnehmung des Gegenübers (das es trotz aller Einsichten bleibt), wenn „Israel“ plötzlich ständig gleichsam als Chiffre für die Eigeninterpretation herhalten muss? Oder wie ist es zu verstehen, wenn Christus – und das ist doch der Christus des apostolischen Zeugnisses! – „Teil der Prophetie Israels“ ist, wenn der Auferstandene als „der Repräsentant Israels“ Israel in der Welt vergegenwärtigt, oder gar „Christus Jesus als der verheißene Messias Israels die missionarische Existenz Israels verkörpert“ (! 456f)? Erfolgt christliche Mission tatsächlich „in Teilhabe an der Mission Israels“ (461)? Weitere Punkte wären anzusprechen, um die Befürchtung zu formulieren: Droht hier nicht die gerechtfertigte Intention in ihr Gegenteil umzuschlagen? Ohne die inhärierenden Probleme zu verharmlosen, kann man sich am Ende schon fragen, wo jüdische Menschen mit ihrer Wahrnehmung und vitalen Religiosität sich hier wirklich angesprochen finden. Je nach dem, in welcher Weise man das Christentum als „im Grunde jüdisch“ reklamiert, wird dem christlich-jüdischen Dialog das Gegenüber geradezu genommen und somit tendenziell der Boden entzogen. Zumindest wäre mehr als wünschenswert gewesen, die Aspekte, die das rabbinische Judentum (mit der Mischna als „Gründungsdokument“) in die Wirkungsgeschichte des Christentums einzeichnen (vgl. J. Neusner, M. Hilton, D. Boyarin), in die Diskussion mit einbezogen zu sehen. Die klare Differenzierung des „Israel“-Begriffs etwa in Röm 9,6 – das sei nur eben angedeutet – nötigt wohl doch zur analogen Differenzierung (auch) in missionstheologischer Hinsicht: Israel ist nicht einfach Israel. Am Ende bleibt – beispielhaft – E. Jüngels Votum (EKD-Synode 1999) bedenkenswert: Judenmission ist als gänzlich unbrauchbarer Begriff abzulehnen, und zugleich: Die deutschen Kirchen sind „ganz und gar unberufen“, Israel im Namen Jesu anzusprechen. Doch ebenso gilt: „Aus der Bezeugung des Evangeliums in Israel ist ja die Kirche hervorgegangen. Sie müsste ihre eigene Herkunft verleugnen, wenn sie das Evangelium ausgerechnet Israel gegenüber verschweigen wollte.“ (zit. S. 139). Zwischen einer (theologisch und menschlich) verantwortlichen Realisierung dieser Sachverhalte und einem „Heilstriumphalismus“ (371) liegen Welten. So ist das Thema auch mit dieser herausragenden Arbeit nicht endgültig geklärt, wie könnte es auch. Sie wird dennoch auf lange Zeit den Standard markieren, hinter den die Debatte nicht mehr zurückfallen darf. Dr. Friedmann
Eißler, em 2007-2. |
Brandl, Bernd. Die Neukirchener Mission. Ihre
Geschichte als erste deutsche Glaubensmission. (Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte
128) Rheinland-Verlag: Köln und Neukirchener Verlag: Neukirchen, 1998. Dissertationen sind keine Kriminalromane. Zumindest in Stil und Darstellung dieses Buches, das 1997 von der Ev.-theol. Fakultät in Leuven (Belgien) als theologische Dissertation angenommen wurde, liegt hier eine Ausnahme vor. Der Rezensent begann zu lesen und ruhte nicht eher, als daß er alle 456 Seiten gelesen hatte. Tanaland (Kenia) und Salatiga (Indonesien) treten dabei ebenso lebendig vor Augen wie Ludwig Doll oder Julius Stursberg in Neukirchen. Und doch handelt es sich hier um ein sehr gut recherechiertes und mit missionstheologischem Sachverstand verfaßtes Fachbuch, das – wie das Vorwort ankündigt – einen weißen Fleck auf der missionsgeschichtlichen Landkarte schließen hilft. Dabei hat sich der Verfasser keine leichte Aufgabe gestellt: Drei Hauptschauplätze der Geschichte der Neukirchener Mission in ihren z. T. sehr unterschiedlichen Entwicklungen galt es darzustellen, ohne dabei die gemeinsamen Linien aus dem Blick zu verlieren. Gerade dies gelingt auch sehr schön. So wird deutlich, wie eine in der Heiligungsbewegung wurzelnde Glaubensmission einerseits innovativ wirksam werden kann und andererseits sich aus diesem Erbe ernsthafte Probleme ergeben, die bis in die Gegenwart manches Scheitern zu verantworten haben. Drei wichtige Stichworte seien genannt, die über die Neukirchener Mission hinaus Relevanz besitzen: (1) Der sogenannte „Glaubensstandpunkt“: alle Versorgung wurde von Gott erwartet. Damit sind sowohl an Menschen gerichtete Bitten als auch eine geregelte Gehaltsstruktur ausgeschlossen. In seinem Schlußteil zeigt Brandl, daß ein institutionalisierter Glaubensstandpunkt ein Widerspruch in sich ist. (2) Heiligung als Ideal der Missionare für die zu gründenden Gemeinden. Danach ist die zweite nota ecclesiae nach der Verkündigung des Wortes die individuelle Bekehrung, die durch ein geheiligtes Leben belegt wird. Als Konsequenzen daraus sind dann eine starke Betonung der Gemeindezucht, die Gefahr der Gesetzlichkeit und - im Angesicht einer pioniermissionarischen Herausforderung - große Differenzen über Grundfragen der Ekklesiologie zu nennen. So taucht z. B. immer wieder die Frage nach der Taufe, ihrem Stellenwert und dem Taufritus auf. (3) Das Selbstverständnis der Missionare – allein von Gott gesandt – führte auf allen Missionsfeldern zu großen Konflikten aufgrund des von diesem Selbstverständnis geförderten Individualismus, vor allem nach Abebben der Erweckung. Brandl stellt alle diese Entwicklungen mit großer Offenheit und doch zugleich großer Behutsamkeit dar - an keiner Stelle ergreift er die Partei einer Person, auch wenn er in den einzelnen Sachfragen klar und deutlich urteilt. Zuletzt noch einige kritische Bemerkungen und Anfragen, die aber in keinster Weise den Wert dieser Arbeit schmälern können: Der Satz des Buches wurde offensichtlich mit einem Textverarbeitungssystem erstellt, das dann so schöne Trennungen wie Tauft-heologien (S. 430), oder Hilf-sprediger (S. 42) im Manuskript hinterließ. Die Währung der 1880er war wohl kaum die DM (S. 75 & 85) und Glasgow liegt nicht in England (S. 332). Inhaltlich könnte man fragen, ob die AIC als „geglücktes Beispiel einer aus einer Glaubensmission hervorgangene Denomination“ wirklich so geglückt ist. Schließlich stellt sich die Frage nach der Definition von Glaubensmission, wenn der Verfasser die AEM als fast ausnahmslos aus Glaubensmissionen bestehend charakterisiert (S. 449). Nach der Lektüre des Buches erscheint es fast so, als würde der Neukirchener Mission dieser Name begründet abgesprochen. Dies würde dann aber für viele der AEM-Missionsgesellschaften gelten. Dr. Norbert Schmidt, em 1999-4. |
Brecht, Martin (Hg.). Philipp Friedrich Hiller. Gott
ist mein Lobgesang. Der Liederdichter des württembergischen Pietismus. Ernst Franz Verlag: Metzingen, 1999. Im ersten Teil beschreibt Walter Stäbler einfühlsam und gekonnt das Leben und Wirken des 1699 geborenen „Dichters, Pfarrers und Theologen“ Philipp Friedrich Hiller. Über die Klosterschulen Denkendorf und Maulbronn führte Hillers Weg zum Theologiestudium nach Tübingen. Dort bescheinigte man ihm „guten Verstand“ und „Bescheidenheit in den Sitten“. Als Vikar predigte er „kurz und gut und führet sich wohl auf“ (20). Der Seelsorger und Prediger, der seit 1751 keine Predigt mehr halten konnte, weil seine Stimme versagte, wurde zum Schriftsteller. Bei seinem Tod 1769 hinterließ er in der Gemeinde und Kirche „einen guten Namen“ (42). Die enge Verbindung Hillers mit Halle und Herrnhut und dem damaligen Pietismus wird erläutert. Wolfgang Schöllkopf zeigt auf, „dass sich die unterschiedlichen Traditionen des Pietismus alle auch als Singbewegung ausprägten“ (63). Martin Brecht skizziert Hillers „Geistliches Liederkästlein“ als „eines der Medien für die tägliche Andacht“ (87-137). Hillers Motivation ist das Lob Gottes und der Ruhm des Allerhöchsten. Die theologische Konzeption des Liederkästleins lautet: „Gottes Größe ist unaussprechlich“ (103) und „der Geist erforscht die Tiefen der Gottheit“ (117). Deshalb kann Hiller das Leben bejahen. Im zweiten Teil des Liedkästleins beschreibt er den Tod, die Erscheinung Christi und die Ewigkeit mit den Worten „Wir warten dein, o Gottes Sohn, und lieben dein Erscheinen“ (133ff). Der zweite Teil des Buches konzentriert sich auf „Erfahrungen und Nachwirkungen“ Hillers. Zum „Schatz im Gepäck der Auswanderer“ nach Amerika und Rußland in den Hungerjahren 1816/17 gehörte nach Günther Mathia auch Hillers Liederkästlein. Es tröstete nach dem Bericht des Basler Missionars Saltet die Gefangenen des 1826 überfallenen schwäbischen Kolonistendorfes Katharinenfeld in Rußland. Das Liederkästlein wurde zum Gesangbuch der Pregizer Gemeinschaft in Besarabien, Georgien, Ungarn und Israel und zum Trostbuch für viele Menschen in aller Welt. In der Tat: „An Hiller ist mehr dran, als man weiß.“ Er ist ein großer Liederdichter und Theologe, von dem heute, in der Zeit der Theologievergessenheit viele Pfarrer viel lernen können. Das Doppelgebot der Liebe als Selbstauslegung Gottes und als Schöpfung einer neuen individuellen Lebensführung im Sinne der sozialen Freiheitsverhältnisse schafft Person und menschliche Gemeinschaft neu… Gemeinschaft am Leid führt nicht in Vereinzelung, Gottferne und Tod, sondern zur schöpferischen Verheißung des Evangeliums gehört die Zuversicht der Gottesgemeinschaft (85). In der Praxis der Liebe sah Hiller den Zusammenhang von Frömmigkeit und gelehrter Theologie. Diese oft vergessene Seite des schwäbischen Pietismus hat später Dietrich Bonhoeffer wieder aufgenommen. Dem von Martin Brecht herausgegebenen Buch muß man eine weite Verbreitung wünschen, vor allem unter denen, die Theologie, Frömmigkeit und Gemeinde trennen. Prof. Dr. Karl Rennstich, em 2001-2. |
Breman, Christina Maria. The Association of Evangelicals
in Africa: Its History, Organization, Members, Projects, External Relations
and Message. Zoetermer: Boekencentrum, 1996. Die Niederländerin Christina M. Breman war viele Jahre Sekretärin an der Freien Universität Amsterdam. Mit 45 Jahren wird sie Missionarin der Africa Inland Mission in Tanzania, nachdem sie ein gründliches Theologiestudium absolviert hat (BTh, MTh, Mdiv). Schon nach 2 Jahren muß sie aus Krankheitsgründen zurück in die Heimat und beginnt dort mit der umfangreichen historisch-missiologischen Dissertation über die Evangelische Allianz Afrikas (AEA). Christina Breman hat sehr gründlich rechechiert (50 Seiten Literaturangaben) und viele Interviews vor Ort durchgeführt. Das Buch gibt einen umfassenden Einblick in die Organisationsentwicklung einer dynamischen Bewegung der Evangelikalen in Afrika. Vor allem die Persönlichkeiten, die die AEA geprägt haben, werden einfühlsam und prägnant geschildert (Downing, Kato, Odunaike, Adeyemo). Breman selbst schreibt aus evangelikal-reformierter Perspektive, stellt aber andere theologische Positionen fair dar. Nur der Bericht über PACLA II ist etwas einseitig, da nur Kritiker zu Wort kommen und nicht die Beteiligten selbst, wie bei den übrigen Konferenzberichten. Die AEA wurde 1969 auf amerikanische Initiative hin (IFMA, EFMA) gegründet, hat sich aber zu einer echt afrikanischen Bewegung entwickelt. Für mich ist das Besondere an diesem Buch das kulturelle Einfühlungsvermögen in die afrikanische Kultur und Weltanschauung, das die Besonderheiten der Evangelikalen in Afrika eindrücklich darstellt (Prägung durch das Häuptlingsdenken, pragmatische Zusammenarbeit mit Vertretern anderer Glaubensüberzeugungen, Betonung des engagierten Betens, eine holistische Sicht von Religion und Glauben). Die Geschichte der AEA ist eine erstaunliche Erfolgsstory, vor allem in den Bereichen theologische Ausbildung, BEST, NEGST, Akkreditierung, TEE, Christian Education. Die Verf. geht aber auch auf Rückschläge, allzu-menschliches, auf dem Papier formulierte große Ziele und die mangelnde Umsetzung in der Praxis ein. Besonders schwer auszuhalten ist die Spannung, einerseits die Initative aus den Grassroot-Bewegungen der Evangelikalen aufzunehmen und zu begleiten und auf der anderen Seite als kontinentales Zentralbüro in Nairobi autokratisch von oben nach unten eine Organisation am Leben zu erhalten, und das mit allen Engpässen - vor allem finanzieller Art - die jeder kennt, der länger in Afrika gearbeitet hat. Breman stellt die erstaunlichen Fähigkeiten von Tokunboh Adeyemo heraus, der jetzt schon 21 Jahre Generalsekretär der AEA ist. Für wen ist das Buch hilfreich? Missionare können in afrikanische Organisationskultur einen feinfühligen Einblick erhalten. Christliche Leiter, die mit Afrikanern zusammenarbeiten, tun gut daran, sich durch die Dissertation Hintergrundinformationen über die Evangelikalen dieses Kontinents zu verschaffen. Vor allem aber sollten viele Leiter in Afrika dieses Buch zur Hand nehmen. Da das Werk sehr umfangreich (und für Afrikaner sehr teuer) ist, wäre es eine gute Möglichkeit dieses Buch bei Besuchen in Afrika als Geschenk mitzubringen. Horst Engelmann, em 2000-1. |
Brenton Betts, Robert. Christians in the Arab East. Lycabettus Press, Athen, zweite neu
bearbeitete Auflage 1978. Wie konnte es geschehen, daß die christliche Kirche in den meisten Ländern des arabischen Nahen Ostens bis heute überlebt hat? Warum ist es den Christen unter islamischer Herrschaft so viel besser gegangen als den Muslim in Spanien, Portugal oder Sizilien? Wie kam es, daß die Christen im Libanon bei der einzigen Volkszählung, die jemals stattgefunden hat, eine hauchdünne Mehrheit und damit die Macht im Staat bekamen? — Wer diese und viele andere Fragen über Geschichte und heutige Lage der christlichen Minderheitskirche im Nahen Osten beantworten möchte, der sollte zu Betts Buch greifen. Es ist eine hervorragend geschriebene und auch gut lesbare soziologisch-geschichtliche Darstellung, die inzwischen in Athen in der zweiten Auflage erschienen ist. Klaus Fiedler, em 1985-2. |
Breuer, Rita. Wird Deutschland islamisch? Mission, Konversion, Religionsfreiheit, Berlin/Tübingen: Verlag Hans Schiler, 2011. Der Titel des neuen Buches der Islamwissenschaftlerin Breuer scheint nichts Gutes zu verheißen: Wieder ein Weckruf an Deutschland, der Islam und Muslime als das Schreckgespenst für unser Land darstellt? Stattdessen begegnet uns in dem leider etwas zu teuren Werk eine Menge guter und überraschender Sachinformationen, die zu einer fundierten Auseinandersetzung mit dem Islam in Deutschland beitragen können. Während etwas weniger als die erste Hälfte des Buches (S.7-86) den grundlegenden Einstellungen von Muslimen gegenüber Nichtmuslimen und solchen, die dem Islam den Rücken kehren, gewidmet ist, behandelt der etwas größere zweite Teil (S.87-179) die Frage, inwiefern ein an der Scharia orientierter Islam in Deutschland zu integrieren sei. Breuer untersucht kurz in Koran und Hadith die Haltung der Muslime zur nichtmuslimischen Umwelt. Jeweils schlägt sie schnell die Brücke zur Situation in Deutschland: auch viele Muslime in unserem Land leben mit dem Gefühl einer religiösen Überlegenheit (S. 13), islamische „Mission“ (Da´wah) ist geboten, auch die „innerislamische Mission“ (S. 29), die auf das moralische Verhalten des Mit-Muslim achtet und leicht zu Gruppendruck führt. Recht eingehend nimmt Breuer unter die Lupe, wie Muslime für ihren Glauben werben, welche Art von Menschen zum Islam konvertieren, warum sie es tun und wie viele es überhaupt sind. Hier merkt man, dass Breuer sich in der Szene persönlich auskennt. Der ehemalige Evangelikale Mohammed Herzog wird zitiert (S. 47-48). Auch auf den salafistischen Konvertiten Pierre Vogel geht sie ein (z.B. S. 51+59). Sehr gefreut hat mich, dass die Islamwissenschaftlerin auch über den Abfall vom Islam (S. 61-73) und insbesondere über Konvertiten vom Islam zum Christentum (S. 73-85) schreibt – ein Thema das leider in ähnlichen Werken unter den Tisch fällt. Offen zitiert Breuer, wie selbst der prominente deutsche Konvertit Murad Wilfried Hofmann die Todesstrafe für den Abfall vom Islam zu erklären versucht und dass selbst Erklärungen zur Religionsfreiheit, wie die des Zentralrates der Muslim von 2002 bei näherem Nachfragen den Eindruck eines opportunistischen Lippenbekenntnisses erwecken (S. 63). Die Zahl der Konversionen zum Islam schätzt Breuer übrigens als relativ gering ein. Sie geht in Deutschland von 15.000 Muslimen mit nicht-muslimischem Hintergrund aus und von einer jährlichen Zuwachsrate von ungefähr 200 bis 300. Breuer nimmt an, dass die Zahl der Konversionen zum Islam propagandistisch hochgeredet wird, die Zahl der Konversionen vom Islam zum Christentum dagegen aufgrund der Bedrohung der Konvertiten eher kleiner gemacht wird, als es der Wirklichkeit entspricht (S. 73). Der Versuch, islamisches Recht, also die Scharia, in der deutschen Wirklichkeit zu etablieren, ist laut Breuer im vollen Gange. Islamische Verbände und Medien benutzen dabei gezielt den Vorwurf der „Islamophobie“, der manchmal, so Breuer, zur „Pathologisierung jedweder kritischen Sicht“ des Islams benutzt wird. Die Auseinandersetzung zwischen islamisch motivierten Wertvorstellungen und dem demokratisch-freiheitlichen System in Deutschland umfasst äußerst verschiedenartige Bereiche. Nur eine kleine Auswahl der Fragen und Forderungen: Befreiung muslimischer Schüler vom Unterricht während der Gebetszeiten, Fasten muslimischer Fußballspieler während des Ramadan, Distanzierung von der deutschen Gesellschaft durch das Ernstnehmen der Speisegesetze, Teilnahme von muslimischen Schülerinnen am Schwimmunterricht, islamische Banken ohne Zinsen etc. Breuer versucht zu zeigen, dass es im Islam durchaus auch moderne Interpretationen gibt (S. 114), die das Zusammenleben in Deutschland erleichtern könnten. Zu Recht bemerkt sie, es sei „islamfeindlich, wenn man nicht zur Kenntnis nimmt, dass es auch andere Lesarten des Islams gibt“ (S. 108). Sie zeigt sehr realistisch die zahlreichen Konfliktpunkte auf, geht sogar auf „nützliche Idioten“ (S. 97) ein, zu denen sie solche Medien- und selbst Kirchenvertreter zählt, die gerade die radikalen Muslime als Gesprächspartner hofieren und wichtig machen. Ihre Hoffnung bleibt, dass Deutsche selbstbewusster zu ihren zivilisatorischen Errungenschaften, den freiheitlichen Grundrechten, stehen und dadurch Deutschland „ein guter Ort auch für die vielen demokratiefähigen und toleranten Muslime“ (S. 179) wird. Zwei kritische Bemerkungen zu dem sonst sehr zu empfehlenden Buch: Die Islamwissenschaftlerin vermittelt durchweg den Eindruck gut und fundiert informiert zu sein. Oft werden aber durchaus wichtige (und vielleicht auch umstrittene) Behauptungen nicht genügend mit Quellen belegt. Ein durchgängigerer Nachweis von Quellen hätte das Buch sicher umfangreicher gemacht, wäre aber gerade bei diesem sensiblen Thema zu wünschen. Etwas unbehaglich wird es mir immer, wenn der Islam mit Argumenten zurückgewiesen wird, die genauso auf meinen christlichen Glauben anwendbar wären. Man kann es Frau Breuer nicht verdenken, dass sie persönlich Absolutheitsansprüche als ein Grundübel ansieht (etwa S. 8). Als Christen, die den heute nicht gerne gehörten Absolutheitsanspruch Jesu Christi verkündigen, sollten wir dann allerdings solche Argumente nicht nur deshalb übernehmen, weil sie in diesem Fall eine andere Religion treffen. Wolfgang Häde, em 2012-1 |
Bria, Ion; P. Chanson, J. Gadille, M. Spindler (Hg.), Dictionnaire oecumenique de missiologie: Cent mots pour la mission, (Association francophone oecumenique de
missiologie), Paris/Genève/Yaoundé: Du Cerf/Labor et Fides/Cle, 2001. Die Französischsprachige Ökuemenische Gesellschaft für Missionswissenschaft (Association francophone oecumenique de missiologie) hat bereits 2001 dieses Ökumenische Wörterbuch der Missiologie (hier abgekürzt DOEM) herausgegeben. Begonnen wurde die Arbeit bereits 1988 von Père Joseph Levesque und nach seinem Tod 1995 von Ion Bria, Philippe Chanson, Jacques Gadille und Marc Spindler weitergeführt und zum Abschluss gebracht. Das Buch trägt den Untertitel „Hundert Worte für die Mission“. Und tatsächlich sind es genau hundert Stichworte, unter denen das Thema der Mission wissenschaftlich von vielen Seiten her beleuchtet wird. Natürlich liegt der Vergleich mit dem Lexikon missionstheologischer Grundbegriffe, hg. von Karl Müller und Theo Sundermeier, 1987 (LMG) nahe. Hier waren es 110 Stichworte. Doch das vorliegende Werk ist keine Übersetzung, sondern eine eigenständige Arbeit. Die fränzösischsprachigen Autoren haben ihre eigenen Akzente gesetzt. Schon das erste Stichwort, das den Reigen der Begriffe eröffnet, „Adaptation“, sucht man im LMTG vergeblich. Das gleiche gilt für die Stichworte „Annonce de l´Evangile“, „Apostolicité de la mission“, „Eglises locales“, „Internationalisation de Missions“, „Liberté réligieuse“ „Plantation de l´Église“,“Syncretisme“ u. v. m. Interessant: den Artikel zu „Bibel und Mission“, den im LMG der Mitherausgeber des DOEM, Marc Spindler, geschrieben hat, verfasst hier eine andere Autorin. Das thematische Spektrum ist leicht anders gelagert als im LMG und reicht weiter in die Bereiche der Missionsgeschichte und -praxis hinein. Dafür fehlen spezialisierte Beiträge zu afrikanischer, chinesischer, indischer oder lateinamerikanischer Theologie oder den Glaubensmissionen wie im LMG. Jedem Artikel ist eine ausführliche Bibliographie und eine Übersicht verwandter Begriffe zugeordnet. Insgesamt sind 45 Autoren vorwiegend aus dem französischsprachigen Bereich an dem Werk beteiligt. Das Buch wird abgerundet durch ein Abkürzungsverzeichnis, ein Verzeichnis der Autoren, einen Sach- und Personenindex und schließlich ein Inhaltsverzeichnis. Das Werk ist eine wichtige Ergänzung zu den bisherigen missiologischen Nachschlagewerken und (nicht nur) für Französisch sprechende Missiologen unentbehrlich. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2006-1. |
Brinkmann, Klaus (Hg.). Missionare und ihr Dienst im
Gastland. Referate der
Jahrestagung 1997 des AfeM. edition afem - mission reports 5. Verlag für
Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1998. „Missionare und ihr Dienst im Gastland“ ist eine 175-seitige Fundgrube für Gäste und solche, die es werden wollen. In elf Referaten beleuchten neun Missionspraktiker, wie der Einsatz des Missionars gelingen kann. Dabei besticht die Erkenntnis, daß es weniger auf die fachlichen, als die persönlichen Qualitäten des Mitarbeiters ankommt. Beziehungsorientierte Charaktereigenschaften wie Humor, echte Demut, Höflichkeit und Geduld sind auf lange Sicht wirkungsvollere Missionsmittel als ein projektorientiertes „Zack, zack, jetzt aber ran, die Zeit läuft“. Gästebetrieb ist nicht immer eine einfache Sache, weder für den Gastgeber noch für den Gast: Im Land seiner Bestimmung angekommen, spürt der Neuling (er wußte es schon vorher), daß seine Kollegen aus der ganzen Welt kommen und er sich nun an mindestens zwei Kulturen anpassen muß, der des Gastlandes und der des Teams. Lohnt sich die Arbeit in interkulturellen Teams? Sie kann das effektivste Team überhaupt sein, wenn einige Voraussetzungen stimmen (S. 31, 121ff). Was kann alleinstehenden Missionaren helfen, Anschluß ans Team zu gewinnen? Kinderspielzeug mitnehmen! Aber nicht um fortan als Dauerbabysitter von den Missionaren ‘mißbraucht’ zu werden, sondern um freundschaftlichen Kontakt zu ihnen zu bekommen. Sollen wichtige, die Arbeit betreffende Entscheidungen auf dem Feld oder von der Heimatzentrale getroffen werden? Wenn möglich auf dem Feld, wie das Beispiel des Paulus zeigt (S.68-70). Wie sollen sich die Missionare bei massiven sozialen Ungerechtigkeiten wie Ausbeutung und Unterdrückung im Gastland verhalten? Unbeirrt auf das Verkündigen des Evangeliums beschränken, oder politisch und sozial aktiv werden (S. 152ff)? Auch für die gastgebende Kirche können die Gäste anstrengend sein: So können sich viele Missionare einfach nicht daran gewöhnen, unangemeldet „nur so“ Besuche zu machen, obwohl das in manchen Kulturen unersetztlich ist. Einige unter ihnen sind so vielseitig begabt und packen derart viele Dinge erfolgreich an, daß sie damit ihre einheimischen Mitarbeiter erschlagen. Ungewollt rauben sie diesen ihre Motivation und ersticken ihre Eigeninitiative. Andere gehen so unbedarft mit ihrem Geld und ihren Gütern um, daß sie unbeabsichtigt die Blicke der Einheimischen auf ihren Besitz anstatt auf Jesus lenken. Die Referenten zeigen nicht nur die Probleme, sie versuchen auch anhand der Bibel und ausgewählter Fallbeispiele Antworten zu geben. Bei aller Problemanzeige wird nicht vergessen, daß die Gäste nicht aus eigenem Antrieb in die Mission gehen, sondern von dem gesandt sind, der Fremdlinge und Gäste jetzt zu Mitbürgern und Gottes Hausgenossen machen will (Eph 2,19). Wer sollte dieses Buch lesen? Der heimkehrende Missionar. Ihm kann es eine äußerst hilfreiche Anleitung sein, seinen Dienst kritisch zu überdenken. Aber auch der Missionskandidat und die, die ihn für seinen Einsatz vorbereiten, werden profitieren. Johannes Böker, em 1999-3. |
Brugnoli, Carlo und
Michèle. Erzählt
es allen Völkern. Ermutigende Perspektiven zum Thema Weltmission. Projektion J: Wiesbaden, 1995. Die Autoren Carlo und Michèle Brugnoli sind Missionspraktiker, Leiter eines JMEM-Zentrums in der Schweiz, die mit ihrem missiologischen Kompaktkurs herausfordern, anstecken und begeistern wollen. In wohltuender Weise wird dabei die Dichotomie zwischen Missionaren im Ausland und Gemeindegliedern zu Hause überwunden. Alle werden eingeladen zum gezielten Engagement für die Weltmission, zur kreativen Unterstützung von Missionaren sowie zur Weltmission vor der Haustür. Dabei liegen den Autoren besonders die unerreichten Völker am Herzen. Dies ist ein außerordentlich praktisches Buch. Kurze Gedanken zur Missionstheologie sind mit eindrucksvollen Fakten und anschaulichen Erfahrungsberichten kombiniert. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Gebet, insbesondere für die Bekehrung von einzelnen Freunden. Andere Themen sind Evangelisation, Nacharbeit, effektive Kommunikation sowie Kinder- und Jugendarbeit. Da das Buch als Werkbuch gestaltet ist, wird jedes Kapitel mit einem Fragenkatalog abgeschlossen, der zum weiteren Nachdenken anregt. Freier Raum auf diesen Seiten lädt dazu ein, Antworten gleich niederzuschreiben. Leider fehlt fundierte Bibelauslegung. Es sind zu viele orthographische und Übersetzungsfehler verblieben, etliche Formulierungen sind altmodisch-fromm. Bei den spektakulären Berichten über umstrittene Großaktionen hätte ich mir mehr kritische Distanz gewünscht. Hier wird der Glaubensmut (Zukunftsoptimismus) deutlich, der von dem charismatischen Vorverständnis her zu verstehen ist. Trotz dieser Unzulänglichkeiten ist das Buch wegen seiner Praxisnähe und engagierten Darstellung zu empfehlen. Dr. Detlef Blöcher, em 1998-1. |
Bürkle, Horst (Hg.). Die Mission der Kirche. AMATECA
Lehrbücher zur katholischen Theologie Bd. XIII, Paderborn: Bonifatius, 2002. In diesem Werk unternimmt der emeritierte Münchener Missionswissenschaftler Horst Bürkle in Zusammenarbeit mit 7 Mitverfassern, darunter 3 weitere Missiologen (Karl Müller, SVD, +2001), Arij A. Roest-Crollius, S.J., Horst Rzepkowsky, SVD, + 1996), 2 Soziologen (Anton Rauscher, S.J., Manfred Spieker) und 2 Dogmatikern (Bonaventura Kloppenburg, O.M.F., Leo Kardinal Scheffzyk) den begrüßenswerten Versuch, auf begrenztem Raum in wissenschaftlicher und doch gemeinverständlicher Form für den Gebrauch an Hochschulen, Gymnasien wie auch im pastoralen Bereich ein Kompendium vorzulegen, in dem alle Gebiete und Themen der christlichen Mission prägnant und informativ zur Darstellung kommen: ihre exegetische und dogmatische Begründung, ihre Geschichte, ihre Verbreitung auf allen Erdteilen und in den Kulturkreisen der Menschheit sowie in den Problemstellungen angesichts der religiösen, politischen und sozialen Herausforderungen der Gegenwart. Das Buch erscheint in der Reihe „Lehrbücher zur katholischen Theologie“, in welcher der Herausgeber bereits einen früheren Band (III) veröffentlicht hat, der sich mit den nicht-christlichen Religionen und deren theologischer Interpretation beschäftigt. Die beiden Bände ergänzen sich also gegenseitig. Kennzeichnend für die ganze, im Aufbau begriffene Reihe AMATECA (Associazione Manuali di Teologia Cattolica) ist, daß in ihr alle theologischen Disziplinen aus einer Perspektive behandelt werden, die sich entschieden der Autorität des römisch-katholischen Lehramtes unterstellt und dabei besonders dessen Verlautbarungen aus neuer Zeit seit dem II. Vaticanum und dem Pontifikat der letzten Päpste in z.T. umfangreichen Zitaten zu Worte kommen läßt. So nimmt im Personenregister der gegenwärtige Papst Johannes Paul II. mit 46 Verweisen mit Abstand den ersten Platz ein (vor 20 Hinweisen auf Publikationen des wichtigsten Mitverfassers Karl Müller, dessen 1985 erschienene Missionstheologie hier noch einmal aktualisierend ausgewertet wird). Diese Orientierung an den lehramtlichen Aussagen bedeutet auch für den nicht-katholischen Leser einen zweifachen Gewinn: Zum einen gibt er dem Gesamtwerk angesichts der Vielzahl von Themen und Mitverfassern eine innere Geschlossenheit und Repräsentativität. Obwohl auch die gegenwärtige katholische Missionswissenschaft durch Spannungen zwischen einer konservativen (z.B. J. Amstutz und J. Dörmann) und einer progressiven Richtung (z.B. G. Collet und L. Rütti) beeinflußt ist, auf die auch gelegentlich verwiesen wird, werden so doch jene Einseitigkeiten vermieden, die manchen anderen, von der persönlichen Position des Verfassers bestimmten Monografien anhaften. Der Leser bleibt also nicht im Unklaren über die offizielle Haltung, welche die Kirche Roms hinsichtlich ihrer weltweiten Sendung einnimmt und wie sie in den Entscheidungen und Instruktionen zu den mannigfachen Problemen verbindlichen Ausdruck gefunden hat. Der andere Vorteil dieser Anlage ist der, dass tatsächlich ein so gut wie vollständiges Spektrum missionarischer Aspekte des heutigen kirchlichen Weltengagements entfaltet werden kann. Denn die Aufgaben und Probleme der verschiedenen Teilkirchen in aller Welt sind durch die zentrale Koordinierung der gesamtkirchlichen Organe und die direkte päpstliche Aufsicht ständig präsent und werden in ihrer grundsätzlichen Bedeutung durchdacht, ob es sich etwa um die heute sehr im Vordergrund stehende Frage der Inkulturation von Evangelium und Kirche handelt, oder um das Engagement der Laien bei der Bezeugung der christlichen Botschaft in den mannigfachen Lebensbereichen, oder die Verbindung von Verkündigung und sozialpolitischer Verantwortung, oder den Dialog mit anderen Religionen und Welt-anschauungen oder auch die Neu-Evangeli-sierung einst christianisierter Völker in Europa und in den beiden Amerikas. Trotz dieser bewusst angelegten kirchenamtlichen Perspektive bringt die Lektüre des vorliegenden Kompendiums auch dem evangelischen Leser, ob Fachwissenschaftler oder interessiertem Laien, echten Gewinn, und dies aus einem dreifachen Grund: Erstens sind die missionarischen Herausforderungen der Welt sowohl in ihren religiösen als auch ihren säkularen Aspekten weithin die gleichen, so dass der evangelische Missiologe fast überall auf die auch ihn ständig beschäftigenden Fragen stößt. Zweitens gibt es nach der vom II. Vatikankonzil bewirkten Entspannung im interkonfessionellen Verhältnis eine ökumenische Zusammenarbeit sowohl im wissenschaftlichen als auch im praktischen Bereich, letztere auf den einzelnen Kontinenten wohl im unterschiedlichem Maß, am wenigstens offenbar zwischen der Katholischen Kirche und den (von Kloppenburg summarisch so bezeichneten) „Nichtkatholiken“ in Lateinamerika! Fast alle Beiträge sind von einem ehrlichen Respekt vor den Leistungen auch evangelischer Missionare und Missiologen geprägt, was sich in den häufigen Rekursen auch auf protestantische Literatur bekundet. Drittens, und das dürfte das Wichtigste sein: Die theologische Begründung der Mission aus dem Heilsratschluss des Dreieinigen Gottes, die in den Sendungen des Sohnes und des Geistes ihre grundlegende Verwirklichung und ihre Weiterführung in der Mission der Kirche findet, unterscheidet sich in den drei Hauptkonfessionen nicht mehr wesentlich. Deswegen kann sich K. Müller im zweiten Kapitel bei der alttestamentlichen und neutestamentlichen Begründung der Mission weithin auf evangelische Theologen wie J. Blauw, D. Bosch, F. Hahn, M. Hengel, O. Michel, A. Rétif und C. Stuhlmueller stützen. Bei aller erfreulichen Gemeinsamkeit in der Missionsschau des vorliegenden katholischen Lehrbuchs können die verbleibenden Unterschiede nicht übersehen werden. So fällt dem Rezensenten als Erstes auf, dass in den Aufsätzen der Autoren, so weit sie protestantische Kollegen nicht nur erwähnen, sondern explizit zu Worte kommen lassen, der evangelikale Beitrag zur neuzeitlichen Missiologie relativ geringe Aufmerksamkeit findet. Das ist um so befremdlicher, als spätestens seit dem Aufbruch der Lausanner Bewegung, aber schon seit den sechziger Jahren, schon rein operationell der Löwenanteil zur heutigen Weltevangelisation einschließlich der Diakonie von evangelikalen Gesellschaften, Verbänden und einheimischen Kirchen geleistet und von einer beachtlichen missiologischen Literatur wissenschaftlich begleitet wird. Hinsichtlich der theologischen Zielsetzung der Mission fällt auf, dass in konsequenter Entfaltung des Buchtitels die korporative ekklesiologische Dimension der Mission als eine der Kirche als ganzer gestellten Aufgabe und als ein zu ihrer weltweiten Gestaltwerdung führendes Werk bildet. Das gilt für alle Autoren, von Bürkles grundlegendem Beitrag über die „Mission der Kirche im religiösen und kulturellen Kontext der Gegenwart“ bis zu Manfred Spiekers abschließender Behandlung der Probleme der „Kirchen im postkommunistischen Transformationsprozeß“. Als die wesentliche Problematik betrachten sie dabei die „Inkarnation“, d.h. Verleiblichung der Kirche in den mannigfachen Kulturen der Menschheit. Gewiss würden heutige evangelikale bzw. reformatorische Missiologen diesen Aspekt ebenfalls einbeziehen. Aber als vorrangige Aufgabe der Mission würden sie der bis zu Paulus zurückreichenden Tradition folgen und mit diesem die soteriologische, d.h. die auf die Rettung der vom Evangelium noch unerreichten Menschen aus sündiger und dämonischer Gebundenheit und vor dem kommenden göttlichen Zorngericht herausstellen. Das haben einst - in inhaltlicher Parallele zu Gustav Warnecks Missionslehre – auch katholische Missions-wissenschaftler in der Münsteraner Schule (J. Schmidlin; Th. Ohm) in dem sogenannten „Konversionsmodell“ vertreten (vgl. Abschn. 3.6 „Die verschiedenen Modelle“, S. 111-114). Zu dessen Ablösung hat sicher nicht nur die Durchsetzung des „Plantationsmodell“ der Löwener Schule beigetragen, sondern heute sicher noch stärker die optimistische Beurteilung der Heilsmöglichkeit auch in den nichtchristlichen Religionen bzw. gar durch sie, wie sie aus den Dialog-Instruktionen des Vatikans sowie der Weitherzigkeit des jetzigen Papstes in seinem Umgang mit den Repräsentanten anderer Religionen (Assisi 1986 und 2002!) hervorzugehen scheint (Der von dem Münsteraner katholischen Missiologen Johannes Dörmann dagegen erhobene Einspruch wird in einer Anmerkung auf S. 156 zwar vermerkt, aber dezent zu entkräften versucht). Immerhin warnte gerade auch Johannes Paul II. selber (vier Jahre nach „Assisi I“) in seiner Missions-Enzyklika vor einer missbräuchlichen Zurückstellung der Verkündigungsaufgabe zugunsten eines neutralen interreligiösen Dialogs. Eine überzeugende Begründung der Notwendigkeit der Bekehrung sucht man jedoch in den Beiträgen des vorliegenden Buchs vergeblich, abgesehen von dem Aufsatz Leo Scheffzyks über die „Grundlagen der Reevangelisierung im Vatikanum II und in der päpstlichen Lehrverkündigung“. Er widmet den 3. Abschnitt dem Thema: „Das Zentrum der Neuevangelisierung: die Notwendigkeit der Umkehr“ (S. 333-338). Hier bildet den Hintergrund allerdings der von ihm beobachtete Verlust von Religion in der säkularistischen Gesellschaft und die mangelnde Spiritualität sogar in der Kirche selbst. Ein weiterer theologischer Schwerpunkt, an dem sich evangelikale Missionstheologen von der hier dargelegten römisch-katholischen Position unterscheiden werden, ist die von ihnen mit Karl Hartenstein und Walter Freytag betonte eschatologische Ausrichtung der Mission als Wegbereiterin des wiederkommenden Herrn. Gewiß wird dieser biblische Aspekt, den K. Müller bei der Behandlung der paulinischen Missionstheologie (nach D. Senior und D. Bosch) als wesentliches Thema derselben nennt (S. 68), nicht übergangen. Aber er stellt für diese Autoren, ebenso wie für das kirchliche Lehramt, kein dringliches Motiv dar. Was sie davon abhält, ist einerseits die oft protestantisch-ökumenischerseits beschworene Furcht, dass Apokalyptik zur Lähmung der Weltverantwortung führe, andererseits der auffallende Geschichtsoptimismus in der missionarischen Planung , wie er ja von Papst Johannes Paul II. in zahlreichen Verlautbarungen und Aktionen im Blick auf das erwartungsvoll eingeläutete Dritte Millennium vertreten worden ist und noch wird. Angesichts dieser innergeschichtlichen Zukunftshoffnung tritt - drittens - auch die für die biblische Reichs-Erwartung nach Röm 11,25 so zentrale Rolle des alten Bundesvolkes Israel zurück, so sehr im Sinne des heutigen, schuldbewußten Versöhnungsbemühens Roms auch positiv die heilsgeschichtliche Verbundenheit der Kirche mit Israel betont wird (S. 69). Erfreulich ist angesichts der sich gegenwärtig weithin durchsetzenden Diffamierung der Judenmission auf protestantisch/ökumenischer Seite die Aussage von Karl Müller (S. 69 f.), „dass die Juden immer ein Recht hatten und auch heute noch haben zu hören, dass Jesus der Christus ist, d.h. dass die Kirche als Folge davon ihrerseits das Recht und die Pflicht hat, das Evangelium auch den Juden zu verkündigen.“ Prof. em. Dr. Peter P. J. Beyerhaus, em 2002-4. |
Burnett, David. Clash of Worlds. East-bourne: MARC 1990. Dr. David Burnett ist der Leiter des Missionary Orientation Centre von WEC International
in England und Fellow of the Royal Anthropological Institute. Er war Missionar
in Indien und ist Autor von „God’s Mission:
Healing the Nations” (1986) und „Unearthly
Powers: A Christian Perspective on
Primal and Folk Religions” (1988). Dr. Peter Cotterell, Rektor des London Bible College, schließt sein Vorwort zu dem Buch: „Dies ist ein Buch für Leute, die bereit sind nachzudenken; aber es verursacht dem, der es tut, keine unnötigen Kopfschmerzen.“ Burnetts Stil ist klar und verständlich. Als guter Lehrer illustriert er die wesentlichen Punkte mit Anekdoten und Beispielen. Das Buch behandelt ein einziges Thema: Weltbilder (‚worldviews’). „Die meisten von uns haben das Wort gehört. Wenige wissen, was es wirklich heisst. Hier ist die Antwort. Ich entsinne mich keines Buches, das so eindeutig und elegant dieses Thema behandelt.“ (Peter Cotterell). Burnett behandelt nach grundsätzlichen Ausführungen die Weltbilder des Säkularismus, Animismus, Hinduismus, der Chinesen und des Islam. Er geht dann auf die Veränderungen der Weltbilder ein (New Religions Movements, New Age Movement, Neo-paganism). Danach untersucht er die Grundsätze des christlichen Weltbildes, wie es andere Weltbilder transformiert und wie im Zusammenprall mit anderen Weltbildern das Evangelium sachgemäß bezeugt und verkündigt werden kann. Burnetts Anliegen ist, Christen zu helfen, im Konflikt der Weltbilder die andere Seite und das eigene Weltbild zu verstehen. Erst dann ist eine echte Kommunikation des Evangeliums möglich. Dietrich Kühl, em 1991-3. |
Burnett, David. Dawning of the Pagan Moon. Eastbourne: MARC, 1991. Dr. David Burnett ist „Fellow of the Royal Anthropological Institute” und vom WEC International als Dozent an das All Nations Christian College in Ware, Hertfordshire ausgeliehen.
Er ist Autor von God’s Mission: Healing
of the Nations (1986), Unearthly
Powers: A Christian Perspective ofPrimal and Folk Religions (1988) und Clash of Worlds (1990). Bumett möchte in seinem Buch zeigen, daß An eine kurze Einführung über die religiösen Vorstellungen der Kelten und Angelsachsen schließen sich Ausführungen über Esoterik und Magie im Mittelalter und in der Neuzeit an. Der erste Teil schließt dann mit einer Untersuchung über die Hintergründe und Entwicklungen der neueren „Pagan Revival“. Der zweite Teil geht auf Zusammenhänge zwischen der Göttin Gaia [Erde] und dem Feminismus und ökologischen Bewegungen ein. Den Abschluß des zweiten Teiles bildet ein Kapitel über CG. Jungs Psychologie, Mircea Eliade und ihre Verbindungen zur modernen Belebung des Heidentums in der christlichen Welt. Ein dritter Teil geht auf die Magie und ihre Verbindung zur Religiosität ein und bespricht auch die verschiedenen Feste im Zusammenhang mit dem Jahreszyklus und dem Lebenszyklus. Ein vierter Teil untersucht die Frage, wer eigentlich von dieser neuen religiösen Welle erfaßt ist. Es wird deutlich, daß das Neuheidentum nicht nur irgendwelche Randsiedler erfaßt, sondern mittlerweile eine große Gefolgschaft auch in der Mittelklasse und unter den Intellektuellen hat. Ein letzter Teil geht auf die Haltung der Gesellschaft zu denen ein, die offen dem neuen Heidentum angehören. Danach wird die Rolle des Mythos füf den Glauben untersucht. Den Abschluß bildet eine biblische Antwort auf das Phänomen der „Pagan Revival“. Ein Nachwort an die neuheidnischen Leser, eine Liste mit 73 heidnischen Zeitschriften in England und ein Index runden das Buch ab. Mit fast 10 £ ist das Buch deutlich teurer als die anderen Bücher von David Bumett. Dietrich Kühl, em 1993-1. |
Burrows, William R. Redemption and Dialogue:
Reading Redemptoris Missio and Dialogue and Proclamation. Maryknoll/New York:
Orbis Books, 1994. Wenn der bekannteste Vertreter der Christenheit, Papst Johannes Paul II., sich zum Thema Mission äußert, ist das zweifelsohne für Missiologen interessant. In dem Buch „Redemption and Dialogue“ veröffentlicht der frühere Missionar und heutige Leiter des Orbis-Verlags, William Burrows, zwei wichtige katholische Dokumente zur Mission. In Teil I und II werden die vollständigen Texte der Enzykliken „Redemptoris Missio“ und „Dialogue and Proclamation“ zum ersten Mal auf englisch zugänglich gemacht. Beide Dokumente werden von ausführlichen Kommentaren katholischer Missionswissenschaftler begleitet. In einem dritten Teil folgen Stellungnahmen verschiedener Missiologen aus aller Welt, die die Schwächen und Stärken der Verlautbarungen kritisch beleuchten. Dank des durchdachten dreiteiligen Aufbaus erhält man ein gutes, abgerundetes Bild über Inhalt und Bewertung der Dokumente. Die beiden Verlautbarungen des Vatikans sind nach einem langen Entstehungsprozeß ausgewogen, aber auch an manchen Stellen etwas unklar. Man erkennt, daß der Vatikan über fähige Theologen verfügt und daß Papst Johannes Paul II. die ‘Missio ad Gentes’ bzw. ‘Neu-Evangelisierung’ ein echtes Anliegen ist. Allerdings ist aber auch die katholische Betrachtungsweise unübersehbar. Hervorragend untersucht und geschrieben sind die Kommentare von Marcello Zago, O.M.I. und Jacques Dupuis, S.J., eher durchschnittlich die neun Kritiken von den unterschiedlichsten theologischen Gesichtspunkten aus. Für besonders gelungen halte ich die beiden Kritiken von Eric J. Sharpe und Jack Voelkel; letztere aus evangelikaler Feder. Insgesamt handelt es sich um ein lesenswertes, manchmal etwas langatmiges Buch, wenn man sich für Missionstheologie interessiert. Gesamtnote: gut. Martin Sachs, em 1997-3. |
Bush,
Luis and Larry Lutz. Partnering in Ministry: The Direction of World Evangelism. InterVarsity Press: Downers Grove (IL), 1990. PartnersInternational/ChristianNationals Evangelism Commission, dessen Präsident der Südamerikaner Luis Bush ist, ist eine weltweit operierende Organisation, die mit Kirchen und evangelikalen Zusammenschlüssen in Missionsländern Partnerschaften eingeht, um diesen Spendengeldern vorwiegend aus den USA zur Verfügung zu stellen, die diese Kirchen und Zusammenschlüsse selbständig verwalten und einsetzen. Bush und der Verantwortliche von PI für Publikationen, Larry Lutz, legen in diesem Buch eine umfassende Begründung vor, warum sie eine solche Partnerschaft als den einzigen in der Zukunft gangbaren Weg ansehen, der den Kurs der Weltevangelisation entscheidend verändern könnte. Anhand von vielen Beispielen wird erläutert, wie Partnerschaft zwischen Missionsgesellschaften und einheimischen Kirchen und Zusammenschlüssen aussehen kann und wie Missionsgesellschaften die Verantwortung an einheimische Christen abgeben können, ohne sich deswegen völlig zurückziehen zu müssen. Die Autoren befürworten im Gegenteil, daß Missionsgesellschaften unbedingt weiter zur Verfügung stehen sollten, um die von den einheimischen Mitarbeitern erkannten Lücken unter deren Leitung zu füllen. Auch wenn ich das Buch wärmstens empfehlen möchte, sei eine kritische Rückfrage erlaubt. PI läßt zwar den einheimischen Partnern die Freiheit zu entscheiden, wie die Gelder eingesetzt werden, erwartet aber offensichtlich ein hohes Maß an häufigen Rechenschaftsberichten, was damit begründet wird, daß man sich auf glaubwürdige Organisationen beschränken will und den Spendern gegenüber verpflichtet sei. Nun ist so etwas innerhalb der amerikanischen Kultur durchaus normal. Wird das aber von den auf diese Weise doch ein Stück weit überwachten Organisationen noch als Partnerschaft empfunden? Gibt es keine den entsprechenden Kulturen besser angepaßten Kontrollmöglichkeiten als monatliche schriftliche Berichte an eine internationale Zentrale? Ich gestehe aber zu, nicht die Erfüllung der Verträge in der Realität zu kennen, die ja wesentlich partnerschaftlicher sein kann, als der Eindruck, der bei mir durch die schriftliche Darstellung geweckt wurde. Es wäre sicher interessant zu erfahren, wie die ‘Betroffenen’ die Überprüfung und Überwachung empfinden. Thomas Schirrmacher, em 1994-2. |
Carey, S. Pearce. William Carey: Der Vater der
modernen Mission. CLV: Bielefeld, 1998. Endlich erscheint nach mehreren Jahrzehnten wieder eine Biographie des Vaters der modernen Weltmission in deutscher Sprache und zum ersten Mal eine ausführliche. Es handelt sich allerdings nicht um die Übersetzung einer neueren englischen Biographie, sondern der sehr erfolgreichen, 1923 erschienen und 1934 zuletzt korrigierten populären Biographie von Careys Urenkel, die zwar keine kritischen Töne enthält und natürlich die erst nach dem 2. Weltkrieg einsetzende Careyforschung nicht berücksichtig, dafür aber auf viele bis dahin unbekannten Familiendokumente zurückgriff. Dennoch sollte die Biographie weite Verbreitung finden, zumal sie durch den für ein gebundenes Buch sehr günstigen Preis besticht und ein ideales Geschenk in Missionskreisen sein dürfte. Die Übersetzung von Benedikt Peters ist ausgezeichnet und flüssig zu lesen, die Aufmachung mit Fotos und das Schriftbild lassen nichts zu wünschen übrig. Typisch für die Biographie ist, daß sie theologische Fragen und eine theologische Einordnung Careys praktisch völlig unterläßt, was jedoch praktisch für die gesamte Carey-Literatur gilt. Lediglich Peter Masters verweist in seinem Vorwort darauf, daß Carey und seine Mitarbeiter „überzeugte Calvinisten“ waren. Ein Anhang mit kurzen Hinweisen zu 54 Jahren Forschung seit der letzten Überarbeitung der englischen Ausgabe und mit Hinweisen zu Careys theologischem Standort wäre deswegen wünschenswert. Bei dieser Gelegenheit könnte man auch statt reiner Verweise auf englische Literatur deutsche Literatur nennen, insbesondere die in der edition afem erschienene deutsche Übersetzung von Careys Hauptwerk! Dr. Thomas Schirrmacher, em 1999-3. |
Carpenter, Joel A. und
Wilbert R. Shenk. Earthen Vessels. American Evangelicals and Foreign Missions, 1880-1980. Eerdmans: Grand Rapids, 1990. Dies ist ein Buch, das Fakten ins rechte Licht rückt: Zum einen nimmt es endlich die Tatsache wahr, daß seit den 50er Jahren die Mehrheit (heute wohl 90%) aller amerikanischen Missionare evangelikal ist (S.317). Zum anderen sieht es realistisch, daß die Geschichte der evangelikalen Missionsbewegung (neben der Geschichte der Frauen in der Religion) zu den am meisten vernachlässigten Themen der amerikanischen Kirchengeschichtsforschung der neueren Zeit gehört, gleich, ob bei evangelikalen oder nicht evangelikalen Historikern (L. Sweet, S.317). Obgleich Evangelikaie nach 1945 bedeutende Beiträge zur Missionsliteratur geleistet haben (Shenk, S.317-334), gehört die Missionsgeschichte (neben Missionstheologie und dem christlichen Zeugnis gegenüber nicht-christlichen Religionen) zu den vernachlässigten Bereichen. Eine Geschichte der evangelikalen amerikanischen Missionsbewegung ist noch nicht geschrieben (wohl auch für kein anderes Land), aber Earthen Vessels als Sammelband bemüht sich, Schneisen zu schlagen, Informationen zu bieten und Entwicklungen aufzuzeigen. Da die religiöse Welt Amerikas uns weitgehend unbekannt ist - die in manchen Kreisen übliche Standardpolemik gegen die „fundamentalistischen Fernsehevangelisten“ und die „electronic church“ hilft da auch nicht weiter - und die Amerikaner zugleich den weitaus größten Anteil am evangelischen Missionspersonal stellen, vermittelt das Buch wesentliche Einblicke in amerikanische Missionstheologie und damit zugleich auch in prägende Kräfte der heutigen (zumindest der evangelikalen) Missionsbewegung. Earthen Vessels wird durch einen Aufsatz von Andrew Walls, Edinburgh, über die amerikanische Dimension in der Geschichte der Missionsbewegung eingeleitet. Die anderen Autoren sind Nordamerikaner oder leben in Nordamerika. Nicht englischsprachige Literatur nehmen sie nur insofern wahr, als sie in englischer Übersetzung vorliegt (zB. Peter Beyerhaus S.330; Klaus W. Müller S.320). Die Aufsätze können in drei Gruppen zusammengefaßt werden. Zuerst die historischen
Arbeiten. Dana L. Roberts stellt anhand
der für die Glaubensmissionen so wichtigen Theologie A.T. Piersons und
A.J. Gordons die Bedeutung der prämillennialen Eschatologie für die Glaubensmissionen besonders und für die evangelikalen Missionen insgesamt dar.
Joel A. Carpenter stellt ua. die Bedeutung der Heiligungsbewegung für die Glaubensmissionen dar (S.117ff). Dagegen wird das für die Glaubensmissionen wesentliche Kirchenverständnis der Brüderbewe Direkt der Missionstheologie (dem zweiten Bereich) ist Charles Van Engens Artikel gewidmet: A Broadening Vision: Forty Years of Evangelical Theology of Mission, 1946-1986. Typisch für den dritten Bereich ist Orlando E. Costa’s Artikel: Evangelical Theology in the Two-Thirds World. Das Buch ist das Ergebnis einer Konferenz: „A Century of World Evangelization: North American Evangelical Missions, 1886-1986“, die im Wheaton College, nicht weit von Chicago, stattfand. Es wäre gut, wenn solch eine Konferenz mit dem Ziel, ein ähnliches Buch zu schaffen, auch einmal für den deutschsprachigen Raum stattfinden könnte. Klaus Fiedler, em 1993-4. |
Carson,
D.A. (Ed.). Telling
the Truth: Evangelizing Postmoderns. Grand Rapids: Zondervan, 2000. Dieser theologisch und praktisch inspirierende Sammelband zum Thema Evangelisation in der Postmoderne dokumentiert eine Konferenz, die 1998 an der Trinity Evangelical Divinity School in Deerfield bei Chicago stattfand und darüberhinaus u.a. von der Intervarsity Fellowship, Campus für Christus, den Navigatoren und dem Billy-GrahamCenter getragen wurde. Herausgeber ist der bekannte evangelikale Neutestamentler Donald Carson (ebenfalls Trinity), der bereits mit einer umfassenden Analyse der pluralistischen Postmoderne in The Gagging of God (Zondervan 1996) sein Herz für Evangelisation in diesem Kontext offengelegt hat. Das Buch erschließt das Thema in 8 Teilen. Im 1. Teil (Opening Plenaries) führt Ravi Zacharias in das Thema ein, bleibt aber eher an der Oberfläche. Im 2. Teil (The Challenge) wird die Herausforderung des religiösen Pluralismus (H. Netland) und die Epistemologie der Postmoderne (Hink-son/Ganssle) analysiert. Der 3. Teil (Critical Topics) bewegt sich dann ins Zentrum wesentlicher Fragestellungen zur Evangelisation in der Postmoderne. James Sire („Why should anyone believe anything at all“) macht deutlich, dass die Frage nach Wahrheit auch für postmoderne Menschen relevant bleibt. Mark Dever analysiert das evangelistische Reden von Sünde in der Postmoderne. Phillip Jensen und Tony Payne beschreiben eine praktische und biblisch fundierte Methode („Two ways to live“), das Evangelium in einem postchristlichen Kontext mit prägnanten Illustrationen zu formulieren und persönlich zu kommunizieren. Im 4. Teil (Crucial Passages) werden zwei wichtige Bibeltexte näher untersucht (John Nyquist, Die Rechtfertigung des Sünders nach Römer 3 und Colin Smith, Die Aufgabe des Botschafters nach 2. Kor. 5,11-21). In Teil 5 (Church, Campus, Ethnicity) werden besondere Zielgruppen ins Auge gefasst: Afro-Amerikaner, asiatische Amerikaner und Studenten. Um die Beziehungsebene der Evangelisation geht es in Teil 6, in dem mit Robert Coleman (The Lifestyle of the Great Commission) ein Klassiker zu Wort kommt. Teil 7 bringt Erfahrungsberichte und Strategien vor allem aus den Bereichen Studenten- und Jugendarbeit. Schließlich sind in Teil 8 die Schlussreferate von A. Fernando („The Urgency of the Gospel“) und D. Carson („Athens Revisited“) dokumentiert. Hier findet sich viel inspirierendes Material, das aufgrund seiner oft grundlegenden Natur auch für den europäischen Kontext relevant ist. Die wesentlichsten Beiträge jedoch finden sich m.E. in Teil 3. Einen Nerv der Thematik trifft hier Mark E. Dever, Pastor einer Baptistengemeinde auf dem Capitol Hill in Washington D.C. in seinen Beitrag „In einer postmodernen Welt von Sünde reden“, den ich darum im Folgenden ausführlicher darstelle. Jan ist postmodern, hält sich für sündlos und christlich: „Jeden Tag werde ich neu erschaffen, jeder Tag ist ein Neuanfang - frisch und rein. Ist das nicht die biblische Botschaft der Gnade Gottes?“ Auf die Frage, was denn mit dem Kreuz Christi, dem Zorn Gottes und der Notwendigkeit der Vergebung der Sünde von der Jesus gesprochen habe sei, antwortete Jan: „Damit kann ich nicht viel anfangen“. Mit dieser Begebenheit eröffnet Mark E. Dever seinen aufschlussreichen Aufsatz, in dem er aufzeigt, dass im postmodernen Denken (das auch das Alltagsdenken der meisten Menschen heute geworden ist) Sünde keinen Sinn macht, weil es weder einen allgemeinen Sinn des Lebens (Metanarrativ) gibt, gegen den man verstoßen könnte noch einen göttlichen personalen Sinnstifter, dem gegenüber man verantwortlich wäre. Für die Evangelisation bedeutet das nach Dever ein vierfaches: 1. Kommunikation: die Wirklichkeit von Gut und Böse, die in Gottes Person verankert ist (und nicht nur ein „modernes“ Metakonzept ist) kann kommuniziert werden. Auch postmoderne Menschen empfinden Ungerechtigkeit und Bosheit. Es kann für sie befreiend sein, nun auch eine kognitive Kategorie für diese Realität zu verstehen. 2. Gemeinschaft: Auch der postmoderne Mensch, lebt in Beziehungen, die Verantwortlichkeit erfordern. Er kann dieser Realität nicht entkommen. Die biblische Überzeugung, dass jeder Mensch im Ebenbild Gottes erschaffen ist und damit wert, gut behandelt zu werden, bietet eine wirkliche Grundlage für Gemeinschaft und lässt sie gelingen. Das sehen und erleben postmoderne Menschen. 3. Gewissen: Auch wenn postmoderne Menschen nicht an eine Persönlichkeit glauben, haben sie ein Gewissen - denn auch sie sind nach Gottes Bild er schaffen. Christen sollten hier Mut haben und sich nicht ängstlich verstecken, auch wenn ihre Überzeugungen nicht up-to-date erscheinen und belächelt werden. A. Huxley spricht für viele, wenn er zugibt, dass die Überzeugung von der Sinnlosigkeit des Lebens ihm größere sexuelle Freiheiten zu ermöglichen schien. Hilfreich ist J. Bunyans Erzählung The Holy War: Die Macht in der Stadt Menschenseele wird von dem falschen Prinzen Diabolos usurpiert, der nun die ganze Stadt beherrscht. Nur der Stadtschreier Alter Mann Gewissen bricht manchmal aus und rast wie wahnsinnig durch die Straßen und schreit: Diabolos ist ein Lügner. Prinz Immanuel ist der wahre König von Menschenseele. Doch er wird immer wieder eingefangen und zur Ruhe gebracht. 4. Bekehrung: Trotz aller schlauen Theorien, Evangelisation in der Postmoderne ist entmutigend. Nur Gott selbst kann neue, wahre Überzeugungen und ein neues Leben in Menschen schaffen. Auch wenn wir die Postmoderne nicht in allem verstehen - wenn wir das Evangelium kennen und weitergeben, dann gehören wir zur Kirche der Zukunft. Erwähnenswert ist auch der Beitrag von Michael P. Andrus, der dafür pädiert, dass das Ziel der Evangelisation nicht nur die „Decisions for Christ“ als vielmehr die „Disciples of Christ“ sein sollten. In seinem Artikel „Conversions beyond mere Religious Preference“ betont er die Notwendigkeit theologischer und ethischer Substanz im Prozess der Umkehr von einem Leben der Selbstgefälligkeit zu einem Leben in der Nachfolge Christi. Bekehrung müsse verstanden werden als ganze Lebenshingabe an die Wahrheit christlicher Weltanschauung und die Wirklichkeit eines christlichen Lebenstils. Angesichts der kulturellen Bedeutungslosigkeit von Taufen in einer baptistischen Kultur (USA), sei darum eine Zeit der Bewährung der Taufe vorzuschalten. Das Buch will kein umfassendes Kompendium zur Evangelisation sein (dazu würde z.B. eine Diskussion des brit. Konzepts der „Alpha-Glaubenskurse“ u.a.m. gehören), sondern eher eine Momentaufnahme der Ergebnisse der Konferenz in Deerfield. Das wesentliche Anliegen des Sammelbandes ist es, einen von der biblischen Wahrheit geprägten Ansatz der Evangelisation im Kontext der Postmoderne zu durchdenken und praktizieren zu helfen (vgl. den Titel des Buches). Alle Autoren werden vorgestellt, jeder Beitrag ist mit einer kurzen Bibliographie versehen, was hilfreich ist. Weniger sinnvoll scheint es, dass die (eher wenigen) Fußnoten erst ganz am Ende des Buches nach Kapiteln getrennt erscheinen. Das macht das Auffinden sehr unbequem. Erschlossen wird dieser empfehlenswerte Sammelband durch einen Themen-, Personen- und Schriftstellen-Index. Dr. Friedemann Walldorf, em 2004-1. |
Christen in islamischen
Ländern. Hg. v. Referat für
Mission, Ökumene und Kirchlichen Entwicklungsdienst
des Ev. Oberkirchenrat der Ev.
Landeskirche in Württemberg, Stuttgart 1993, 84 S. In beschränkter Auflage erhältlich gegen
Schutzgebühr von DM 10.00 plus Porto bei:
IMATEL, z. Hd. Frau Rudolf, Ev. Pressehaus, Theodor-Heuss-Str. 23, D-70174 Stuttgart. Von einem in England
lebenden Theologen aus einem mehrheitlich islamischen Land stammt
dieser Bericht für die württembergische Landessynode
über die Lage der Christen in Ägypten,
Malaysia, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Sudan und Türkei. Über
die Länderberichte hinaus wird über die
allgemeinen Hintergründe der Diskriminierung
von Christen in islamischen Ländern und die Verhaltensmöglichkeiten
der betroffenen Christen informiert. Abschließend
werden zehn Empfehlungen für Christen in westlichen Ländern gegeben.
Die erschütternden Berichte sind durchwoben von Bezügen zum christlichen
Zeugnis in diesen Ländern. |
Christiansen, Hauke. Missionieren wie Paulus? Roland Allens
missionstheologische Rezeption des Paulus als Kritik an der neuzeitlichen
Missionsbewegung (Missionswissenschaftliche Forschungen NF 24),
Neuendettelsau: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, 2008. Zu den Klassikern der Missionsliteratur des 20. Jh. gehört die herausfordernde, an vielen Stellen prophetische Studie Missionary Methods: St. Paul’s or Ours des anglikanischen Chinamissionars Roland Allen von 1912. In ganz unterschiedlichen Kontexten wurde das Bändchen mit seiner Betonung unabhängiger einheimischer Kirchen für unterschiedliche Fragestellungen und Forderungen herangezogen. Was waren die prägenden Faktoren in seiner Entstehung? Wie wurde Allen rezipiert? Wo ist seine Kritik an der neuzeitlichen Missionsbewegung überholt, was ist bleibend von Bedeutung? Diesen Fragen widmet sich die Berliner Dissertation Christiansens (2007). Zunächst beschreibt der Autor Allens Platz in der neueren
Missionsgeschichte und seine Bedeutung für die Missionswissenschaft (S. 11-25).
Ferner führt er in die Probleme der Erforschung Allens ein. Der erste Teil
gilt „Allens Rezeption des Paulus aus missionarischer und exegetischer
Perspektive“ (S. 27-126). Zunächst schildert Christiansen biographische
Faktoren, die Allens Paulusrezeption bestimmt haben (z. B. seine Ausbildungsarbeit
in Peking). Dann geht es um verschiedene Phasen der Bezugnahme auf Paulus,
nämlich das „subjektiv-impressionistische Konzept eigenverantwortlicher
Kirchen“, das „objektiv-analytische Missionsprogramm“ in Missionary
Methods und eine „explikative Phase“, die in der Fortführung und im Ausbau
paulinischer Ideen bestand. Ferner analysiert Christiansen Allens Verhältnis
zur historisch-kritischen Paulusforschung. In Abgrenzung von der radikalen
Kritik der neutestamentlichen Forschung seiner Zeit folgte Allen dem positiveren
Historismus der zeitgenössischen britischen Forschung (aber auch A. von
Harnack) und entwickelte eine eigenständige kritisch-positive Exegese auf der
Basis von Quellenkritik und Kombinationsverfahren. In Teil zwei untersucht Christiansen Allens paulinisches Missionsverständnis (S. 127-240). Dazu gehört die Verwirklichung der ganzen inkarnatorisch-sakramentalen Wirklichkeit in der sichtbaren Ortskirche, ordinierte Älteste als Verwalter der Sakramente (Allen’s voluntary clergy Programm als Antwort auf die akute Not in den Missionsgebieten), die Ausbildung einer sakramental-pneumatologischen Missionstheologie, nämlich Prinzipien paulinischer Missionsarbeit, die Mitte von Allens Missionstheologie, die missiologische Diskussion um die Errichtung von „independent native churches“ auf der Grundlage der Drei-Selbst-Theorie (Selbstleitung, Selbstverbreitung, Selbständigkeit; hier auch gute Verortung von Allens Position in der zeitgenössischen Diskussion: H. Venn, J. L. Nevius, A. Anderson) sowie die unmittelbare Selbständigkeit einheimischer Kirchen als pädagogisches Problem. Dabei sah Allen den Schlüssel zur Selbständigkeit in der geistlichen Selbsterziehung der einheimischen Kirchen. Im dritten Teil bietet Christiansen eine kritische Würdigung von Allens Verständnis der paulinischen Mission (S. 241-288). Allens Ansatz und Anliegen wurde von der Missionsgeschichte des 20. Jahrhunderts weitgehend bestätigt, in seinem theologischen Ansatz aber nur selektiv aufgegriffen (S, 252-59): „Rückblickend muss an der Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzenden Allen-Renaissance kritisch festgehalten werden, dass sie zwar Allens Schlagwort von der Selbständigkeit und Unabhängigkeit der einheimischen Kirchen übernahm, dass sie aber die seinem Programm zugrundeliegende theologische Überzeugung … nicht auszuloten bzw. zu teilen fähig war. […]. Dass der inkarnationstheologische Ausgangspunkt und seine sakramental-pneumatologische Entfaltung sein gesamtes Missionsprogramm durchwirkte, sein Kirchen- und Amtsverständnis zu einem guten Teil beeinflusste und die theologische Basis für seine Unabhängigkeitsforderung darstellte, wurde oftmals übersehen.“ (258/59). Allens Verständnis war geprägt von der anglo-katholischen Immanenzlehre, die zu einem Wechsel von einem kreuzestheologischen zu einem inkarnationstheologischen Ansatz der Mission führte. Ferner untersucht Christiansen die Forderung nach Selbständigkeit unter neutestamentlicher Fragestellung sowie als Anfrage an die Paulusexegese. Die gegenwärtige Bedeutung von Allens paulinischem Missionsprogramm (S. 281-88) sieht Christiansen in der weitgehenden Flexibilität und Variabilität von Allens Missionsmodell. Ferner könne sein Programm zu einem „Aufbrechen überkommener kirchlicher Strukturen führen, insbesondere solcher Strukturen in der westlichen Welt, die den Herausforderungen angesichts weitreichender Entkirchlichung in einer post-christlichen Gesellschaft bei gleichzeitigem Erwachen des religiösen Interesses nur wenig entgegenzusetzen haben … Die sakramental-pneumatologische Seite seines Modells warnt zugleich davor, Mission allein unter dem Gesichtspunkt des operationalen Geschäfts zu betrachten oder das Heil in Wachstumshysterie zu suchen“ (S. 284f.). Ferner ist zu erwähnen, dass Allens Missionsprogramm die Bedeutung der Gemeinde für den Missionsprozess hervorhebt und ihr eine Schlüsselstelle für die Verkündigung der Botschaft zuweist. Historisch bestätigt wurde diese Sichtweise durch die Existenz von Gemeinden in Form von Hauskirchen, die während der kommunistischen Herrschaft in China nicht nur die geistliche Versorgung der Christen ermöglichte, sondern darüber hinaus eine Ausbreitung der Gemeinden hervorrief (S. 285). Neben der gelungenen Untersuchung ist die Erfassung des umfangreichen literarischen Werks Allens ein Verdienst des Autors. Zu fragen wäre, ob ein vorangestellter eigener biographischer Abriss nicht die anderweitige Darstellung entlastet und zu größerer Übersichtlichkeit geführt hätte. Die Arbeit ist durchweg inspirierend und bietet viele weiterführende Perspektiven. Sie zeigt, wie die Verbindung von aktuellen Herausforderungen in der Mission und intensivem Studium des NT sowohl für die Mission als auch für das Verständnis des NT von großer Bedeutung sein können. Damit trifft sie ein Herzensanliegen evangelikaler Missiologie. Doch wird auch deutlich, wie die konfessionelle Gebundenheit den Blick für das NT und die eigene Situation sowohl schärfen und zu einer theologischen Durchdringung befähigen als auch massiv beeinträchtigen können. Christoph Stenschke, em 2010-3. |
Clarke, Peter B. Atlas der Weltreligionen. Entstehung,
Glaubensinhalte, Entwicklung. München: Fredering & Thaler, 1995 - 2.
Aufl. Oliphant, Margaret. Atlas der Alten Welt. Eine atemberaubende
Reise zu den Hochkulturen der Menschheit. München: Fredering &
Thaler, 1994 - 2. Aufl. Die aufwendige farbige Gestaltung mit Fotos, Karten, Graphiken, Übersichten und Kastentexten gehört zum besten, was es zum Thema Religionen und Kulturen gibt. Die beiden Atlanten sind dabei pädagogisch hervorragend aufgearbeitet und für die Aufmachung sehr preisgünstig. Die große Fülle des Stoffes wird neben dem Haupttext auf viele kleinere Texte, Begriffserklärungen und Bildbeschriftungen leicht lesbar aufgeteilt. Im Religionsatlas werden die zehn größten Weltreligionen ausführlich vorgestellt. Viele weitere Religionen werden in einem Lexikon im Anhang vorgestellt. Die Darstellung erfolgt meist durch einen Wissenschaftler, der der jeweiligen Religion angehört, ist dafür aber sehr sachlich und auf dem neuesten Stand. Der Atlas der Alten Welt beschreibt Mesopotamien, Ägypten, Persien, Europa, Griechenland, die Römische Welt, Indien, China und Nord-, Mittel- und Südamerika. Er ist damit einerseits für Bibelleser von Interesse, andererseits aber auch für jeden, der mit den Nachfahren dieser Hochkulturen zu tun hat und sich eingängig über deren Kulturleistungen informieren will. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1996-4. |
Clauss,
Mechthild.
College in Koyom: Lehren
und Lernen im Tschad. Erlangen: Verlag der Evangelisch-Lutherischen Mission, 1992. Die Afrika-erfahrene Pädagogin erzählt über Erlebnisse als Lehrerin an einem College im südlichen Tschad. Neben persönlichen Erfahrungen verarbeitet sie in meist kurzen, gut lesbaren Kapiteln vor allem Aufsätze ihre Schüler, in denen sich deren Denken und Konflikte widerspiegehi. Letztere liegen immer wieder in der Spannung zwischen traditionellen Werten und erstrebtem Fortschritt. Das Kapitel „Gesetz und Gewissen“ gibt einen lesenswerten und praktischen Einblick in die Problematik um Schuld-und Schamorientierung, in einem anderen Kapitel geht es um „Brautpreis-Sitten“. Es kommen auch immer wieder Anforderungen zur Sprache, die das Leben und Lehren in einer solchen Umgebung an eine Lehrerin aus Europa stellen. Hilfreich ist auch der kurze Überblick „Grundinformationen über den Tschad“ am Ende des Buches, abgefaßt vom Direktor des College. Der Leser erhält auf wenigen Seiten die wichtigsten Informationen über die jüngere Geschichte sowie gegenwärtige politische, wirtschaftliche und soziale Lage krisengeschüttelten Landes. Alles in allem bietet
das anschaulich und erfrischend geschriebene Buch eine guten Einblick
in Denken und Leben der südtschadischen Landbevölkerung sowie damit gegebenen
Herausforderungen für die Pädagogik. Es
ist lesenswert für jeden, der beabsichtigt, in einem afrikanischen Land als Pädagoge tätig zu sein,
aber auch für solche, die sich allgemein für die Denkweise der schwarzafrikanischen
Bevölkerung im Spannungsfeld von Tradition und Fortschritt interessieren. Christof Sauer, em 1995-4. |
Clemm, Volker (Hg.). Mission kreativ: im persönlichen Umfeld,
in unserem Land, in der ganzen Welt. Wuppertal: Brockhaus, 2002. Diese Rezension ist längst überfällig, denn das Buch erschien bereits 2002. Überflüssig ist sie keinesfalls, denn das Buch bietet eine Vielzahl von zwar kurzen, aber durchaus tiefgehenden und praktischen Perspektiven zur Weltmission. Der Herausgeber ist seit 1998 verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Missionshauses Bibelschule Wiedenest aus dessen Umfeld auch fast alle Autoren stammen. Das Buch hat drei Teile. Im ersten Teil geht es um die Person des Missionars: „Jetzt bist Du dran“ (S. 4-68). Themen wie Berufung, Begabung, Einsatz-möglichkeiten und Herausforderungen des Missionarsberufs stehen im Mittelpunkt. Unter der Überschrift „Karriere mit Gott“ entfalten Missionare aus drei Kontinenten ihren Berufs-weg als Berufungsweg mit Gott. Zum Beispiel Matthias Drochner, ursprünglich Pilot und Fluglehrer, jetzt Bibelschullehrer in Peru, fragt: „Kann ich überhaupt ‚Karriere mit Gott machen‘? Ich denke, ja. Aber wenn es schon um den Dienst für Gott geht, sollte ich auch Gottes Definition von Karriere und Erfolg gelten lassen“ (S. 37). Erfolg wird hier neu definiert als Treue, Gehorsam, Dienst, Liebe, Glaube und Gebet. Grundlage für die geistliche „Karriere“ im Missionarsberuf ist für Drochner folgerichtig die geistliche Berufung durch Gott. „So eine Berufung kann der Einzelne als gefühlsmäßig eindrückliches Geschehen erleben oder in einem mehr analytischen Prozess der Reflexion“ (S. 37). Die Berufung gibt Halt angesichts von Durststrecken, Selbstzweifeln und Angriffen von anderen. Ralf Kaemper setzt sich in seinem Beitrag „Warum ich nicht in die Mission gegangen bin“ erfrischend nüchtern und kritisch mit bestimmten Berufungsverständnissen (Gott hat mich genau in dieses Land berufen) und pauschalen Appellen zur Mission im Ausland (Stichwort: Fußtritt statt Ruf) auseinander. Er plädiert für eine nüchterne Bestandsaufnahme der eigenen Fähigkeiten: „Nicht jeder ist für jede Situation und für jedes Land geeignet“ (S. 67). Es wird deutlich, dass das Hören und Vertrauen auf Gott und möglichst nüchterne und realistische Wahrnehmungs- und Entschei-dungsprozesse im Bereich Berufung und Führung zusammengehören. Der zweite Teil des Buches „Worum es bei Mission eigentlich geht“ (S. 69-138) beleuchtet wichtige Themen der Weltmission. Ernst Schrupp bindet eigene biographische Erfah-rungen in seine Reflexion des Ziels der Weltmission ein, nämlich die „Mobilisierung der ganzen Gemeinde, d.h. aller Gemeinden in allen Ländern zur Weltmission“ (S. 71), um das Evangelium unter allen Völkern und Menschen bekannt zu machen – weltweit und in Deutschland. C. Stenschke zeigt biblisch-theologisch die Einbindung des Menschen in die Mission Gottes als persönlicher Auftrag und Verheißung auf. Grundlagen und Erfahrungen der Gemeindegründung werden in Beispielen aus Meckenburg-Vorpommern, Tansania und Nepal präsentiert. K. Brinkmann reflektiert über die „Zukunft der Mission“ und bietet nachdenkenswerte Perspektiven, u.a. über zunehmende Widerstände und Leidens-bereitschaft, Mission durch Migration, neue Möglichkeiten durch Kurzzeiteinsätze und den missionarischen Aufbruch in der Dritten Welt. Grundsätzlich wird die Bedeutung der Wiederkunft Jesu als Triebfeder der Mission betont. Der dritte Teil bietet „Tipps für deine Gemeindearbeit“ (S. 139-190). Eine neu gegründete Gemeinde in Neubrandenburg berichtet, wie sie von Anfang an den weltmissionarischen Horizont einbezog und trotz geringster finanzieller Ressourcen einen Missionar in Pakistan als „global player“ unterstützt. Es finden sich weiter: Bausteine zum Predigen über Weltmission, für einen Jugendkreis, für Kinderarbeit. Das Buch schließt mit einem Serviceteil (S. 191-207) mit nützlichen Adressen und Literaturhinweisen. Fazit: ein vielseitiges, informatives und motivierendes Praxis-Buch für junge Leute (und ihre Lehrer/Leiter), das auch theologische und missiologische Themen einbezieht und den Mut mitbringt, kontroverse und sich ergänzende Sichten (z.B. Berufung) zu thematisieren. Dr. Friedemann Walldorf, em 2007-1. |
Collier, Richard. Der General Gottes - William Booth. Die Geschichte der Heilsarmee. Verlag der St. Johannis Druckerei,
Lahr-Dinglingen. Als CT. Studd und
seine Braut Priscilla Stewart 1888 den Rest ihres gewaltigen Vermögens verschenkten, erhielt William Booth davon
den größten Teil; schon vorher war die Heilsarmee für die Ausweitung ihrer Arbeit in Indien mit 5000 Pfund bedacht worden.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen für
die engen Beziehungen, die in den ersten Jahrzehnten zwischen der Heilsarmee und vielen interdenominationellen Glaubensmissionen bestanden und die auf gemeinsame Wurzeln in der Heiligungsbewegung zurückzuführen sind. Deswegen ist dieses Buch für alle, die sich für evangelikale Missionsgeschichte interessieren, eine hilfreiche und spannende Lektüre. Collier beschreibt
eindrucksvoll die Arbeit William Booths, seiner Frau Catherine, einer großen
Predigerin, und ihrer Kinder, von
denen zwei, Bramwell und Eva, später Generale der Heilsarmee wurden. Danach wird das Buch allerdings dem Anspruch, eine Geschichte Klaus Fiedler,
em 1987-1. |
Conrad, Christa. Der Dienst der ledigen Frau in
deutschen Glaubensmissionen. edition afem, mission scripts Bd. 12. Verlag für Kultur und
Wissenschaft: Bonn, 1998. Die Autorin ist theologische Lehrerin in Tansania. Sie verknüpft in ihrer ursprünglichen Magisterarbeit theologische und missionsgeschichtliche Aspekte mit ihrer persönlichen Erfahrung, ergänzt durch eine Umfrage unter Missionsgesellschaften und ledigen Missionarinnen. Im ersten Teil stellt Christa Conrad die Frage, inwieweit durch die Neugeburt in Christus ein neues Miteinander von Männern und Frauen entsteht. Bei der Überlegung, ob Galater 3,28 nur soteriologische oder auch funktionale Gleichheit meint, kommt sie zu dem Schluß, dass Frauen und Männer in gleicher Weise gerufen und begabt sind und überall mit den ihnen verliehenen Gaben dienen können. Interessant ist der missionshistorische Teil des Buches. In der frühen Missionsgeschichte waren Frauen Hilfskräfte. Mit Hudson Taylor und dem Entstehen der ersten Glaubensmissionen wurden Frauen auch als selbständige Pioniermissionarinnen eingesetzt. Taylor mußte seine Haltung stark verteidigen, nannte auch praktische Gründe für seine Entscheidung, doch im Vordergrund stand seine biblische Begründung. Als weiterer wegweisender Vertreter dieser Sicht sei F. Franson erwähnt: „Alle verfügbaren Kräfte müssen angesichts der nahen Wiederkunft des Herrn eingesetzt werden.“ Für dieses Ziel galt es, Grenzen zu überwinden. Zur Evangelisation durch Frauen sagte Franson, das Problem liege nicht in der Frage, was die Bibel lehrt, sondern im Mangel an brüderlicher Liebe. Catherine Booth, Charles und Priscilla Studd, Hedwig von Redern und ihre adeligen Bekannten in Berlin sowie der DFMGB spielten eine Vorreiterrolle für den Verkündigungsdienst der Frauen. In den deutschen Glaubensmissionen galt anfangs: „Mit gutem biblischem Gewissen lassen wir unsere Schwestern Evangelium verkündigen“ (H. Coerper). Doch schon bald gingen Missionsgesellschaften dazu über, für Evangelisations-, Gemeinde- und Lehraufgaben Frauen nur dort einzusetzen, wo Männer fehlten oder versagten. Nur wenige Missionsgesellschaften gestehen Frauen die gleichen Rechte und Pflichten wie Männern zu. Für viele ledige Missionarinnen bleibt eine Diskrepanz zwischen ihren Gaben, ihrer persönlichen Berufung und dem, was Verantwortliche in der Mission ihnen an Dienstmöglichkeiten zugestehen. Frau Conrad fragt in ihrem Schlußsatz: „Ob es uns gelingt, die große Vision der Väter und Mütter neu zu beleben: eine Leidenschaft zu wecken, die stark genug ist, starr gewordene Strukturen zu durchbrechen, damit alle Gaben, die der Herr Frauen und Männern schenkt, in der Mission eingesetzt werden können?“ Eine Frage – und ein Buch, dessen Lektüre für Missionare und Missionarinnen, sowie für Missionsverantwortliche befruchtend wirken könnte. Hanna Weiberle, em 1999-4. |
Cook, Guillermo (Hg.). New Face of the Church in
Latin America: Between Tradition and Change. Maryknoll/N.Y.: Orbis
Books, 1994. Es ist spannend, was sich in Lateinamerika ereignet. Unzählige Artikel und Bücher erschienen aufgrund der 500-Jahr-Feier des lateinamerikanischen (katholischen) Christentums. Aber das Bild der Christenheit wandelt sich. Heute gehen sonntags mehr Protestanten zum Gottesdienst als Katholiken. Besonders Pfingstgruppen zeigen ein explosives Wachstum. Bleibt dies so, wird das nächste Jahrhundert Lateinamerikas protestantisch. Wie aber gehen Christen aller Couleur mit der zunehmenden Armut und der sozialen und politischen Ungerechtigkeit um? 21 Artikel sammelte Guillermo Cook in diesem Band, der die religiöse Situation Lateinamerikas beleuchtet. Cook ist Mitarbeiter der ‘Latin American Mission’ und wirkte viele Jahre in Brasilien und Costa Rica. Die Beiträge stammen von namhaften Autoren aus verschiedensten kirchlichen Gruppen. Der Herausgeber hat sie in fünf Gruppen eingeteilt: Teil 1: 1492-1992. Veränderung und Kontinuität (historisch); Teil 2: Die Dynamik der Veränderung (v.a. sozioreligiös); Teil 3: Volksreligion: Tradition und Veränderung (sozioreligiös); Teil 4: Regionale Studien (v.a. soziopolitisch); Teil 5: Die Zukunft der lateinamerikanischen Kirche. So verschieden die Autoren der einzelnen Artikel sind, so verschieden sind auch ihre Akzente und die Qualität der Beiträge. Insgesamt ist dieser Band für jeden Interessenten und Kenner der religiösen und soziokulturellen Situation in diesem Kontinent ein gut gelungenes Kompendium lateinamerikanischer Stimmen. Martin Sachs, em 1997-3. |
Coomes, Anne. Festo Kivengere, Gottes Bote
für Afrika. Metzingen:
Ernst Franz Verlag, 1997. Durchaus keine „Heiligenvita“ ist dieses Buch geworden, sondern eine ausführliche, ehrliche Biographie des ersten afrikanischen Erweckungsevangelisten von internationalem Rang. 1919 im Südwesten Ugandas als Hirtenjunge unter nicht eben hoffnungsvollen Umständen geboren und anfänglicher Gegner des Christentums, erwog Kivengere schon Anfang 20 Selbstmord als Ausweg. Er war lange Dorfschullehrer, und die Schulbildung der Jugend blieb ihm sein ganzes Leben lang ein Anliegen. Später wurde er Schulinspektor und – nach seiner Bekehrung – Evangelist, der ganz Uganda, Tanganjika und Teile Kenias bereiste: „Den Preis dafür zahlte die Familie. Die Kinder wuchsen praktisch ohne ihn auf“ (80). Es folgten Studienzeiten in Europa, Amerika (1966 Master of Divinity) und Australien. Kivengere wurde nicht nur bekannt als Übersetzer für Billy Graham, sondern erhielt bald selbst weltweit Einladungen zu Evangelisationen. 1967 wurde er zum Priester ordiniert, 1972, kurz nach Idi Amins Machtübernahme, zum Bischof geweiht. 1977 mußte er vor Idi Amin aus Uganda fliehen und erlebte ganz persönlich, daß sein weiterer Dienst für Gott von der für ihn sehr schweren Vergebung für Idi Amin abhing. – Zwar schildert das Buch detailliert Kivengeres Lebensweg, es fehlt aber etwas an Zusatzinformationen zu den erwähnten Namen von Personen und Organisationen. Mehr Hinweise hätte ich mir auch gewünscht, wo es um Kivengeres geistlichen Werdegang und die Prägung seiner theologischen Ansichten geht, wie z. B. seinen engagierten Einsatz für die Frauenordination in seiner Diözese. 1988 starb Kivengere an Leukämie. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-3. |
Coomes, Anne. The Authorised Biography of Festo Kivengere. Eastbourne: Monarch,
1990. Eine Biographie des weltbekannten Afrikaners in Englisch. Mit großem Engagement hat Anne Coomes, eine englische Journalistin, umfassende Recherchen vorgenommen und, mit der Zustimmung von Festo Kivengere, Freunde, Kritiker und seine Familie befragt. Die umfangreiche Biographie des „Billy Graham von Afrika“ öffnet das Verständnis für die von Missionaren beeinflußte Entwicklung des Enkels des letzten großen Königs aus dem Stamme der Bahororo. Das Buch zeigt Festos Weg zum talentierten Pädagogen und späteren Lehrer-Missionar in Tansania, zum leidenschaftlichen Evangelisten und gleichermaßen geachteten wie kritisierten Bischof Festo Kivengere. Die Geschichte dieses unermüdlichen Weltreisenden in Sachen Gottes ist untrennbar verbunden mit der Erweckungsge-schichte seines Landes Uganda. Die etwas ausführliche
Darstellung seiner Coomes ist es gelungen, den weltbekannten Prediger mit seiner biblisch-geistlichen Nüchternheit zu aktuellen Fragen sprechen zu lassen: bleibende Erweckung ohne Gesetzlichkeit, politisches Handeln ohne Parteinahme, Frau-enordination und klerikale Tradition, Theologie und Weltkirchenrat, Liebe zu Katholiken, sozial-missionarischer Einsatz für Flüchtlinge, das Verhältnis zu den Moslems u.a. Ein kleines Manko: Der Biographie mit ihrer ausreichenden Quellenangabe hätte ein Namens- und Sachregister beigefügt werden sollen. Konrad Brandt, em 1994-1. |
Corrie,
John (Ed.), Samuel
Escobar, Wilbert R. Shenk (Consulting Editors), Dictionary of Mission Theology: Evangelical Foundations. Nottingham, England: Inter-Varsity Press, 2007. Das vorliegende missionstheologische Nachschlagewerk enthält 166 Fachartikel von 139 Autoren. Über ein Drittel der Autoren kommt aus Asien, Lateinamerika und Afrika, was bereits ein wesentliches Anliegen der Herausgeber reflektiert, nämlich missiologische Herausforderungen angesichts der Globalisierung und Polyzentralität christlicher Mission („from every-where to everywhere“) aus evangelikaler und auch nichtwestlicher Perspektive neu zu durchdenken. In der Einleitung skizziert der Herausgeber, John Corrie, Tutor für Mission und Ethik am Trinity College in Bristol, England, das Profil des neuen Lexikons: (1) die Integration von Theologie und Mission, die in der westlichen Theologie oft vernachlässigt worden sei („all theological categories are inherently missiological and all missionary categories are profoundly theological", S. xv) und ein daraus sich ergebendes holistisches Missionsverständnis ("it is the universal mission of God which defines the scope of our involvement in it“, S. xvi); (2) eine kontextuelle Sicht von Mission und Theologie; (3) ein klares und zugleich weiträumiges evangelikales Profil, das traditionelle evangelikale Positionen (Autorität der Bibel, Einzigartigkeit Jesu, Evangelisation) mit neuen evangelikalen Themen (Heiliger Geist und Religionen, Ökologie, politisches Engagement etc.) verbindet. Das neue Lexikon möchte sich gezielt von anderen Nachschlagewerken unterscheiden und nicht „reproduzieren“ oder „zusammenfassen“, was auch andernorts nachzulesen sei, sondern frisches und originelles Missionsdenken an gegenwärtige Fragestellungen herantragen (S. xv). Es enthält kaum deskriptive oder historische Artikel über Personen und Organisationen, sondern konzentriert sich auf theologische Konzepte und aktuelle Fragestellungen wie „AIDS“, „African Theology“, „Arts“, „Buddhist relations“, „caste“, „culture“, „holistic mission“, „Muslim relations“, „spiritual warfare“, „transformation“. (Unglücklicherweise fällt allerdings gleich das erste Stichwort aus dem gesetzten Rahmen, da der Begriff „accomodation“ in der zeitgenössischen Diskussion und Mission nur noch als missionshistorischer Verweis eine Rolle spielt. Warum er hier zusätzlich zu „contextualization“ eingefügt wurde, bleibt unklar). Bereits die Lektüre einiger Artikel zeigt den innovativen Ansatz des Lexikons, aber auch seine Grenzen. Auf beeindruckende Weise beschreibt J. Jongeneel im Artikel „Mission theology in the 20th Century“ den methodischen Ansatz der Missionstheologie und wichtige Beiträge des 20. Jahrhunderts. Er fordert dazu heraus, über Boschs opus magnum hinauszudenken und die Erforschung von Paradigmenwechseln in der Missionstheologie nicht nur von der Kirchengeschichte, sondern von den Entwicklungen der Weltreligionen her zu denken. Die Geschichte und der Beitrag der spezifisch evangelikalen Missionstheologie im 20. Jahrhundert werden jedoch nur kurz gestreift. Kang-San Tan beschreibt aktuelle Positionen und Herausforderungen für eine evangelikale „Theology of religion“ (sic) und gibt Anregungen, über die gewohnte Exklusiv-Inklusiv-Pluralistisch-Dreiteilung hinauszudenken. Dick Dowsett bietet nüchtern und informiert wesentliche Perspektiven zur brenzligen Frage nach „hell/judge-ment“. H.W. Ritter (ÜMG) beschreibt „Motives for mission“ in ihrer theologischen Entwicklung und als geistliche Herausforderung für die Zukunft. D.E. Singh bietet einen interessanten Überblick zu christlich-muslimischen Beziehungen („Muslim relations“) und diskutiert die Kontextualisierungsmodelle C1-C6. Worin allerdings der Bezug seiner Beschreibung christlicher Naturerlebnis-Reisen (S.255) zum Thema besteht, wird nicht recht deutlich. K. Rajendran unterzieht das Konzept der „Unreached peoples“ einer kritischen Analyse und bietet dabei interessante und wichtige Einsichten aus indischer Perspektive, die ursprüngliche Definition und Entwicklung des Konzepts in der evangeli-kalen Missionstheologie wird jedoch nicht dargestellt. Der Artikel zu „Theology of Mission“ bietet ein gute Typologie und methodische Hinweise zur Missionstheologie; nicht ganz zutreffend scheint die Feststellung, dass das heilsgeschichtliche Denken in der katholischen und evangelikalen Missionstheologie (mit der Ausnahme von Rene Padilla) keine besondere Rolle gespielt habe (S. 382). Als methodisch problematisch empfinde ich den Artikel „managerial missiology“, der nicht deutlich macht, dass es sich bei diesem Begriff um eine polemische Fremdeinschätzung und eine (sicherlich nicht ganz unberechtigte) kritische Sichtweise, aber nicht um eine objektive Darstellung der Missiologie D. McGavrans, der Church-Growth-Schule und der AD-2000-Bewegung handelt. Auch die Herkunft des Begriffs selbst wird nicht belegt. Im Blick auf die Auswahl der Stichworte (die natürlich immer selektiv sein muss) fällt auf, dass Artikel zu Stichworten wie attrition (die vorzeitige Rückkehr von Missionaren, vgl. die umfangreichen WEA-Forschungen dazu), member care, violence/war sowie zu Bible/hermeneutics/epistemology fehlen. Auch fällt auf, dass gerade angesichts des ansonsten überzeugenden polyzentrisch-globalen Ansatzes Artikel zu Asien, Afrika und Lateinamerika als Bezugsfelder kontextueller Theologie vorhanden sind („Asian theology“ etc.), Artikel zu Europa und Nordamerika aber trotz wichtiger kontextuell-missions-theologischer Beiträge und Entwicklungen dort fehlen. Diese kritischen Anmerkungen sollen jedoch nicht von dem großen Wert dieses Nachschlagewerks ablenken. Es bietet auf 461 Seiten eine Vielzahl gründlich recherchierter und innovativer Perspektiven, einen bisher einzigartigen Überblick und Einblick in aktuelles globales evangelikales Missionsdenken (vor allem im anglophonen Raum), das sich neuen Herausforderungen stellt, Kategorien erweitert, sich altem Lagerdenken verweigert und dem Beitrag evan-gelikaler Theologen aus der nichtwestlichen Welt einen angemessenen und prominenten Platz einräumt. Das neue Wörterbuch stellt eine gute Ergänzung zum umfassenderen Evangelical Dictionary of World Missions (2000) dar und ist ein wichtiges und nützliches Werkzeug für Missiologen, Bibliotheken und theologisch Interessierte mit globalem Horizont. Dr. Friedemann Walldorf, em 2008-4. |
Crossman, Eileen. James O. Fräser. Der Bergsteiger Gottes, Bielefeld: Christliche Literatur-Verbreitung, 1994. In dieser packenden Biographie erzählt Eileen Crossman die Geschichte ihres Vaters James Fräser, der trotz zweimaliger Ablehnung durch die China-Inland-Mission seinen Weg zu den entlegensten Völkern im Grenzland Chinas zu Burma und Thailand suchte, um ihnen das Evangelium zu bringen. Hier wird jedoch nicht an der Legende des „Fräser vom Lisuland“ weitergearbeitet, kein übermenschlicher Glaubensheld gezeichnet, sondern der Mensch James Fräser, der in seiner Schwachheit, seinen Zweifehl und seinen täglichen Kämpfen mit sich selbst und den Gefahren einer unbekannten Umwelt von Gott als sein Werkzeug für die Mission unter den Bergvölkern (Lisu, Karen) gebraucht wird. Lebendig wird das Buch durch die vielen Zitate aus den Tagebüchern Fräsers, die den Leser unmittelbar in seine Begegnungen mit den Menschen um ihn herum einbeziehen. Zusammen mit den sorgfältigen Recherchen Crossmans trägt dies zu einem eindrucksvollen und realistischen Bild Chinas und der Aufgaben eines Missionars in den Randgebieten Chinas bei. Durch die Zitate wird das Buch darüberhinaus zu einer wichtigen Quelle für weitere Arbeiten über eine Missionsgeschichte Chinas. Ein besonderer Verdienst Frau Crossmans ist es, die Geschichte der unter ihrem Vater entstandenen Gemeinden bis in die Gegenwart hinein darzustellen. Insgesamt ist dieses spannende Buch eine rundum gelungene Kombination einer realistischen Biographie James Fräsers, einer Quellensammlung und eines Beitrages zur Kirchengeschichte der südchinesischen Völker. Stefan Müller, em 1995-4. |
Dahling-Sander, Christoph; Andrea Schultze, Dietrich Werner, Henning
Wrogemann (Hg). Leitfaden Ökumenische Missionstheologie.
Gütersloh: Chr. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, 2003. Das vorliegende Einführungswerk ist motiviert von der Erkenntnis, dass christliche Mission „alles andere als nur ein vergangenes Phänomen“ ist: „Mission, der spannungsvolle Prozess der Kommunikation und neuen Inkulturation des christlichen Glaubens … ist in vollem Gang“ (S.10). Das Zentrum der Aktivität liege in den Ländern des Südens und die Kirchen Europas brauchten Neubelebung aus dieser Richtung. Darum sind die Herausgeber aus dem Umkreis der „Arbeitsgemeinschaft Ökumenische Forschung“ (AÖF seit 1988) auch überzeugt, dass Missionswissenschaft als Fachdisziplin auch in Deutschland nicht etwa gestrichen, sondern „ausgebaut zu werden verdient“. Das vorliegende Kompendium zeigt, wie das aussehen kann und gibt erste Einblicke in die vielfältigen Themen- und Forschungsbereiche dieser Disziplin, die im Titel (etwas reduktiv) als „Missionstheologie“ bezeichnet wird. Die folgenden fünf Zugänge werden in 32 Aufsätzen näher beleuchtet: 1. „Mission in Geschichte und Wissenschaft“ (S.17-112). Hier werden hermeneutisch-methodische Grundfragen und historische Zusammenhänge thematisiert. Dabei wird deutlich, dass auch das Missionsverständnis der Herausgeber nicht homogen ist. Wrogemann definiert Mission und die damit verbundene Wissenschaft durch die interkulturelle und interreligiöse Begegnung. Die Beschäftigung mit dem deutschen Kontext gehört für ihn darum nicht zur Missionswissenschaft, sondern zur Praktischen Theologie. Werner hingegen, dessen Ansatz ich hier für richtig halte, entfaltet gerade einen missionswissenschaftlichen Ansatz für Deutschland (vgl. unter 5.). Die biblische Fundierung von Mission (R. Achenbach, S.32-50) bleibt missionstheologisch an der Oberfläche und wird auch in ihrer Kürze der großen Relevanz biblischer Theologie für das missiologische Denken und der Forschungsarbeit in diesem Bereich (z.B. BISAM, Okure, Köstenberger/Obrien, Glasser, Van Engen, Stuhlmacher, Schnabel etc.) nicht gerecht. Hier liegt ein Schwachpunkt des Sammelbandes. 2. „Konfessionelle Profile“ (S.113-246). Hier stellen orthodoxe, römisch-katholische, protestantische, baptistische, evangelikale, pfingstliche und ökumenische Vertreter Grundlinien ihrer jeweiligen Sicht zur Mission vor. Ein wichtiges Kapitel, das die ergänzende und reiche Vielfalt missionstheologischer Perspektiven der weltweiten Gemeinde Jesu Christi deutlich macht. Dies ist eine große Stärke des vorliegenden Bandes. 3. „Mission, Dialog und Religionen“ (S.247-318). Hier untersucht C. Lienemann-Perrin die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Mission und Dialog, U. Grabe argumentiert (m. E. gegen Paulus und das NT), dass die christliche „Mission“ am jüdischen Volk gerade darin bestünde, es gerade nicht für Christus gewinnen zu wollen. Fragwürdig ist m. E. auch die von Klaus Hock vorgestellte einseitige historische und religionswissenschaftliche Betrachtungs- und Anwendungsweise des Fundamentalismus-Begriffs, die gegenteiliger Beteuerungen zum Trotz zu einer recht undifferenzierten Zusammengruppierung katholischer, evangelikaler und islamischer Richtungen führt. Hock schlägt zwar vor, man solle im Blick auf Evangelikaie und Fundamentalisten doch „um eine zumindest grobe (!) Differenzierung bemüht sein“ (S.306), schafft es aber dennoch immer wieder Pietisten und Evangelikaie in die Nähe des Fundamentalismus zu rücken, indem er „Gemeinsamkeiten“ und „fließende Übergänge“ betont. 4. „Mission, Partnerschaft und Globalisierung“ (S.319-456) befasst sich mit aktuellen Strukturen und Themenbereichen weltweiter Mission. U. a. macht C. Währisch-Oblau auf die missiologische Relevanz v. a. afrikanischer Migrationskirchen in Deutschland aufmerksam. Weitere wichtige Themen in dieser Sektion sind: Gewalt, Frauen, Heilung, Entwicklung, Partnerschaft. 5. „Mission in den Kontexten der Welt“ (S.457-562) bietet inspirierende regional-kontextuelle Perspektiven: Afrika (M. Roser), Asien (K. Schäfer), Lateinamerika (Dahling-Sander). Wichtig ist, dass auch Europa und Deutschland als eigene missionarische Kontexte untersucht werden (Ionita, Werner). Meine historisch-kontextuell-theologische Untersuchung zu ökumenischen Missionstheologien für den europäischen Kontext in den Jahren 1979-1993 (Die Neuevangelisierung Europas, Gießen/Basel, 2002), die u. a. auch auf die Beiträge des Europäischen Lausanne Kommittees eingeht, wurde hier noch nicht wahrgenommen. Dietrich Werner fordert mit Recht dazu auf, die Frage nach einer Missiologie für den Westen aus deutscher Perspektive durchzubuchstabieren und praxisrelevant zu bündeln. Erste wichtige Anregungen hierzu hat die Jahrestagung 2004 der DGMW in Zusammenarbeit mit der AMD bereits gegeben (vgl. Zeitschrift für Mission 3 und 4/2004). Das vielseitige und wichtige Werk schließt ab mit einem Verzeichnis missiologischer Zeitschriften und Standardwerke, von Anschriften aus dem Missionsbereich sowie der Herausgeber und Autoren. Aus evangelikaler Sicht erfreulich und anerkennenswert ist, dass mit dem Aufsatz von Bernd Brandl „Mission aus evangelikaler Perspektive“ (S.178-199) und auch die Arbeit des Arbeitskreises für evangelikale Missiologie (AfeM) zumindest ansatzweise thematisiert wird (leider fehlt ein Hinweis auf den AfeM im Adressen-Anhang. Die Zeitschrift „Evangelikale Missiologie“ wird allerdings aufgelistet). In Spannung zu dieser erfreulichen Tatsache steht die oben bereits kritisierte und m.E. verzeichnende Einordnung von Pietismus und evangelikaler Theologie in die verallgemeinernde und tendenziöse Kategorie „Fundamentalismus“ (Aufsatz von K. Hock, S. 306ff). Hier möchte ich Herrn Hock und auch den Herausgebern die Frage stellen: gibt es wirklich mehr Gemeinsamkeiten zwischen islamischen Fundamentalisten und Evangelikaien, als beispielsweise zwischen „evangelikalen“ und ökumenischen“ Missionstheologen? Verzerrt ein verallgemeinernd religionswissenschaftlicher Gebrauch des Fundamentalismus-Begriffs hier nicht grundlegende hermeneutische, ekklesiologische und missiologische Zusammengehörigkeiten? Sollten wir hier nicht gemeinsam an einer neuen Sichtweise arbeiten? Ein erster Schritt ist (nicht nur) mit diesem Band ja schon getan. Dr. Friedemann Walldorf, em 2005-2. |
Damson, Erwin. Gezeichnet Mielke - Streng
geheim! Hänssler Verlag:
Holzgerlingen, 1999. Ein wenig spektakulär klingt der Titel schon. Alltäglich sind die schlaglichtartigen Berichte auch nicht. Erwin Damson, Leiter des Missionswerkes „Licht im Osten“ (LiO), berichtet sehr persönlich über die Facetten seiner Arbeit in den Jahren der kommunistischen Diktaturen. Von ihnen wurde ihrer Ideologie entsprechend Religion mit allen Mitteln bekämpft. Besonders zielten sie auf jede Art von Literatur, speziell auf die Verbreitung der Heiligen Schrift. Damson schildert sehr ehrlich die Spannung zwischen missionarischer Nächstenliebe und dem bewußten Verstoß gegen Gesetze der Ostblockländer. Er glorifiziert die ‘Ostlandfahrer’ nicht und zeigt realistisch die Belastungen, wobei das Risiko für die Empfänger ohnehin viel größer war, denn ihr Leben war bedroht. Damson vertritt die Meinung, daß die Arbeit von LiO unverzichtbar für die Ausbreitung des Evangeliums war. Zahlreiche Christen aus den verschiedenen westlichen Ländern stellten sich für diese Arbeit zur Verfügung. Das Klischee vom seichten Christentum läßt sich angesichts dessen nicht aufrecht erhalten. Ausführlich geht Damson auf einen erschütternden Fall ein. Ein Bruder verriet unter anderem Aktionen von LiO an die ‘Stasi’. Diese hatte ihn zielstrebig eingeschleust. Unübersehbarer Schaden entstand, zahlreiche Personen und Familien wurden gefährdet. Erschreckend, daß der IM Pastor war und sich als Evangelist allgemeiner Wertschätzung erfreute. Auf die Wurzeln der verbrecherischen Heuchelei geht Damson nicht ein. Fragen danach bleiben. Als Empfänger und Transporteur von Literatur darf ich zustimmen: Geld, Anstrengung, Angst und Risiko waren gut angelegt. Richard Bergmann, em 2000-1. |
Daniels,
Eugene. A
Protestant Looks at the Catholic Church in Mission. Highlights
of Church Teaching since 1891.
Monrovia, California: MARC, 1993. Daniels, Baptistenpastor und seit 1963 vollzeitlicher Mitarbeiter bei World Vision, arbeitete zwischen 1983 und 1991 auf den Philippinen an positiven Beziehungen zwischen World Vision und katholischen Bischöfen. Er versucht in seiner Studie zu zeigen, daß in der katholischen Missiologie Entwicklungshilfe und Evangelisation zwei wichtige Komponenten sind. Die Tatsache, daß Evangelikaie und Katholiken hier übereinstimmen sowie die ökumenische Offenheit der Katholiken bilden einen Imperativ, der dringend eine positive Reaktion der Evangelikaien erfordert. – Ob Daniels Wunsch sich allerdings in der Praxis verwirklichen läßt bzw. verwirklicht werden sollte, bleibt fraglich. Andreas Wieland, em 1995-2. |
Danyun. Aufbruch im
Reich der Mitte. Zeugen der Erweckung in China berichten. Wiesbaden:
Projektion J, 1994. Auf fast 400 Seiten wird hier eine unausgewogene Mischung aus Geschichte und Gegenwart, aus Möglichem und offensichtlichen Lügen präsentiert, die sich im Vorwort gar selbst als eine Sammlung von Berichten aus China bezeichnet. Schon bei geringstem Vorwissen über China müssen diese Geschichten äußerst fragwürdig erscheinen.
Während die Kirche in China blüht und die 10-millionenste Bibel gedruckt
wird, versucht der Autor uns weiszumachen,
der Der theologische Standpunkt des Autors und seiner Gruppe ist eindeutig: Während es in Nordost-China auch neben der 3-Selbst-Kirche bereits Hausgemeinden nahezu aller Konfessionen gibt, gehen sie davon aus, daß sie dort die ersten „wirklichen Christen“ sind. So gewinnt diese Sekte ihre Anhänger vor allem aus den Kreisen der chinesischen Kirche („Durch ihren Einfluß kamen mehrere hundert Menschen aus der 3-Selbst-Kirche heraus“, 355). Beweis des wahren Christseins eines Menschen ist für sie die Fähigkeit zum Heilen und Wundertun. Zusammenfassend muß man sagen, daß dieses Buch in Deutschland zur Verwirrung über die Lage der chinesischen Kirche beitragen soll, so wie in China die „Missionare“ der pfingstlerischen Sekte, die in diesem Buch als Helden auftreten, zur Verwirrung der chinesischen Christen und zur Zersetzung der einheimischen Kirchen ihren unheilvollen Beitrag leisten. Stefan Müller, em 1995-4. |
Danz, Christian; Ulrich H.J. Körtner (Hg.). Theologie der Religionen:
Positionen und Perspektiven evangelischer Theologie. Neukirchen:
Neukirchener Verlagsgesellschaft, 2005. Der vorliegende Sammelband ist herausgegeben von den systematischen Theologen C. Danz und U.H.J. Körtner, die beide an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien lehren. Unter den weiteren Autoren befinden sich mit R. Bernhardt (Basel), J. Fischer (Zürich), M. Hüttenhoff (Uni Saarland), D. Korsch (Marburg), A. v. Scheliha (Osnabrück) weitere fünf systematische Theologen, mit D.-M. Grube (Utrecht) ein Religionsphilosoph und Ethiker und mit U. Tworuschka (Jena) der einzige Religionswissenschaftler. Missionswissenschaftler sind nicht beteiligt. Die Veröffentlichung versteht sich als Beitrag zur neueren Theologie der Religionen, die immer noch ausgehend von der konzeptionellen Trias von Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus gleichzeitig versucht diese zu erweitern (etwa durch den Ansatz der komparativen Religionstheologie), und die sich weiterhin mit dem noch ungelösten Grundproblem „der Vermittlung der Geltung der eigenen Religiosität mit einer positiven Würdigung fremder Religionen“ (VI) beschäftigt. Der Band soll die gegenwärtige „Differenziertheit und Breite der Debattenlagen … in der gegenwärtigen evangelischen Theologie“ (VI) vermitteln. Die Einleitung der Herausgeber bietet einen guten Überblick über die Beiträge des Buches, das die Thematik in vier Teilen bearbeitet. Im ersten Teil legt Uwo Tworuschka die religionswissenschaftlichen Grundlagen, nach denen bereits die Begriffe „Religion“ und „Gott“ weder allgemeingültig definiert noch interreligiös harmonisiert werden dürfen. Im Gegensatz zur älteren Religionswissenschaft, die nach Harmonie suchte, betont die neuere die Differenziertheit und Komplexität religiöser Realitäten und Prozesse: es glauben eben nicht letztlich alle an den selben Gott. Im zweiten Teil des Buchs wird dieser Befund vertieft und theologisch reflektiert. A. V. Scheliha ist der Meinung, dass man nicht von festen Religionen, sondern eher von synkretistischen „Verflüssigungen und Austauschprozessen“ ausgehen und diese in einer Theologie der Religionen berücksichtigen müsse. U. Körtner plädiert für einen metakritischen Inklusivismus, der seine eigene Standortrelativität zugibt, aber andererseits an dem evangelischtheologischen Kritierium festhält „ob Christus als letztgültige Heilsoffenbarung die Mitte des Glaubens bleibt oder ob er einem anderen religiösen Heilsereignis … untergeordnet wird“. In den fremden Religionen sei der biblische Gott als der verborgene Gott zu sehen, eine Anfechtung für den Glaubenden, die aber letztlich aus der Mitte des Heilsereignisses in Christus interpretiert werden könne. Im dritten Teil des Buchs plädiert R. Bernhard für einen „mutualen Inklusivismus“, die im Gegensatz zum Pluralismus im eigenen Glauben selbstkritisch wurzelt (nicht in Meta-Theorien), aber die authentische Offenbarung Gottes auch in anderen Religionen zugesteht. M. Hüttenhoff verbindet pluralistische Religionstheologie mit der Rechtfertigungslehre. Er hält es für theologisch legitim, die ev. Rechtfertigungslehre von ihrer Bindung an die Überzeugung, dass Tod und Auferstehung Christi objektiv heilskonstitutiv sind, zu trennen. Übrig bleibt das Prinzip Gnade und Glaube an einen heilschaffenden Gott, das auch in anderen Religionen zu finden sei. Konkret wird das am Beispiel der indischen Bhakti-Frömmigkeit beschrieben. Dennoch bleibe diese Theologie im eigenen konfessionellen Glauben verwurzelt, die reduzierte ev. Rechtfertigungslehre bleibe Maßstab für eine angemessene Gottesbeziehung, die nicht in allen Religionen zu finden, aber doch in ihnen jederzeit möglich sei. Im letzten Teil des Buchs plädiert D. M. Grube dafür, die Wahrheitsfrage (die offen bleiben muss) von der kon kreten Gestaltung des religiösen Pluralismus zu trennen. Abschließend führt D. Korsch anstelle von „Wahrheit“ den Begriff der „Lebensdeutung“ ein. Religionen vermitteln nicht Wahrheit, sondern bieten die Möglichkeit zur notwendigen Deutung und Bearbeitung der „Asymmetrien“ des Lebens. In diesem Sinn könne man Religionen aufwerten. Der Maßstab ist, „ob sie über eine hinreichende interne Differenziertheit verfugen, die es ihnen erlaubt, mit gesellschaftlicher Komplexität umzugehen“ (S. 12). In der Tat bietet dieser Band gegenüber den Konzeptionen von Hick und Knitter neue Perspektiven durch seine durchgehende Betonung der empirischen Differenzerfahrungen zwischen den Religionen und der Betonung der „Unhin-tergehbarkeit“ eigener Voraussetzungen. Hier wird nicht mehr vorschnell von Konsens und Einheit gesprochen, sondern religionswissenschaftlich und hermeneutisch differenzierter hingeschaut. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Versuchung der Metatheorie hier z. T. nicht nur neue, konfessionell gewandete Formen annimmt, etwa in dem Versuch Hüttenhoffs eine abstrahierte ev. Rechtfertigungslehre mit einer bestimmten Formulierung von Bhakti-Frömmigkeit auf einen Nenner zu bringen. Diese reduzierte Rechtfertigungslehre ist m. E. eben auch ein Meta-Konstrukt. Insgesamt bietet dieser Band einen guten Einblick in die religionstheologische Diskussion aus systematisch-theologischer, evangelischer und deutschsprachiger Perspektive. Leider fehlt dabei die Perspektive der Missionswissenschaft. Da ist doppelt schade, einmal angesichts der Tatsache, dass die theologische Reflexion der Religionen einen wichtigen Ursprung und Ort in der christlichen Mission hatte, sowohl im Neuen Testament (Paulus in Athen) als auch in der Kirchengeschichte (z.B. B. Ziegenbalg 1706), zum anderen, weil Missionswissenschaftler wie L. Newbigin, D. Bosch, T. Sundermeier oder P. Peterhaus wichtige Beiträge geleistet haben. Dennoch und gerade deswegen ist das Buch für Missionswissenschaftler eine wichtige Lektüre und Anregung. Dr. Friedemann
Walldorf, em 2005-4. |
Deane,
Hudson. Good
and Faithful - New Zealand Missionaries and their experience of attrition.
Mairangi Bay, Neuseeland: Daystar
Publications Trust, 2008. Warum brechen Missionare ihren Einsatz ab, und wie lässt sich dies vermeiden? Dies sind zwei entscheidende Fragen in der modernen Weltmission, denn eine vorzeitige Rückkehr ist oft mit zerbrochenen Lebensperspektiven, enttäuschten sendenden Gemeinden, ja Zweifeln an Gottes Führung, unterbrochenen Projekten und immenser Fehlinvestition verbunden. Hudson Deane hat diese Fragen so vielen evangelischen Missionaren gestellt, wie er nur irgendwie erreichen konnte. Während andere Studien meist Missionsleiter befragten, hat Deane die Betroffenen selbst zu Wort kommen lassen: 92 neuseeländischen Missionare von 19 Missionswerken wurden mit Fragebogen und ausführlichem Telefoninterview befragt, und er tat dies auf einfühlsame Weise, um möglichst ehrliche Antworten zu erhalten. Dabei traten einige unerwartete Ergebnisse zutage. Beispielsweise benennen Missionsleiter oft zwischenmenschliche Konflikte als Hauptgrund für die Rückkehr, während die Missionare vor allem familiäre (14.3%), arbeits- (13.2%) sowie werksbezogene (10.7%) Gründe benannten, und Konflikte mit Kollegen (2.6%) erst auf den 13. Platz kam - entgegen landläufiger Meinung. Dieser drastische Unterschied verdeutlicht, dass Missionsleiter und betroffene Missionare durchaus unterschiedliche Überzeugungen haben können, die sich gegenseitig ergänzen und Teil des Gesamtbildes darstellen. Die Gründe für die Rückkehr sind auch vom Familienstand der Missionare abhängig: Während Singles vor allem unter Arbeitsüberlastung (9.0%), emotionalem (7.8%) und kulturellem Stress (7.2%) sowie Mangel an persönlicher Unterstützung (6.8%) leiden, macht den Verheirateten vor allem die Ausbildung ihrer Kinder (15.3%) und der Abschluss von Projekten (10.9%) zu schaffen. Missionare werden in jedem Zivilstand und jeder Lebenssituation herausgefordert und benötigen spezifische persönliche Unterstützung und Leitung. Das wird auch im Kap 4 deutlich, in dem der Autor die Antworten nach den verschiedenen Altersgruppen in der Mission untersucht: Während den Pionieren (geb. vor 1946, engl. Boost ers) vor allem ihre physische Gesundheit, mangelhafte Mitwirkung bei Entscheidungen und emotionaler Stress zu schaffen machten, setzt den baby boomers (geb. 1946-64) vor allem die Ausbildung ihrer Kinder, emotionaler Stress, Pflege ihrer Eltern und Arbeitsüberlastung zu und den Gen X-ern (geb. 1965-83) der kulturelle Stress, physische Gesundheit, Einsamkeit und mangelnde persönliche Erfüllung im Dienst. Was können sendende Gemeinden, Ausbildungsstätten, Missionswerke und Gemeinden im Einsatzland beitragen, um die vorzeitige Rückkehr zu reduzieren? Auf diese Frage machten die drei genannten Altersgruppen an Missionaren jeweils ganz konkrete Vorschläge, die sehr bedenkenswert sind und den Weg in die Zukunft der Mission weisen. Das abschließende Kapitel befasst sich mit den Stärken und Schwächen der neu aufkommenden Generation an Mitarbeitern, üblicherweise Gen Y (geb. 1984+) genannt. Deane fordert vor allem flachere Hierarchien in Missionswerken, neue Ausbildungsmodelle, Lernen im Team und experimentelles Lernen, Partnerschaften von sendenden Gemeinden, Ausbildungsstätten und Missionswerken, kontinuierliche Weiterbildung, integrierte Lernprogramme und weist auf die entscheidende Rolle der Gemeinde im Einsatzland hin, ob und welche Missionare eingeladen werden. Diese Maßnahmen sind erforderlich, damit die neue Generation ihren Platz in der Mission findet, so Deane. Damit weist die Studie weit über den nationalen Horizont von Neuseeland hinaus und beleuchtet grundsätzliche Aspekte der modernen Weltmission. Die statistische Basis ist zwar begrenzt, doch das Werk bietet umfassende Inspiration und Reflektion für jeden, der mit der Sendung und Betreuung von Missionaren befasst ist: Gemeindeälteste, Pastoren, Bibelschullehrer, Missionsleiter, Missionare... Der Stil ist zwar etwas nüchtern und weniger unterhaltsam (da der Autor die Vertraulichkeit der Interviewten mit allen Mitteln wahren wollte), doch ist das Werk eine Pflichtlektüre für alle, die in Gottes globaler Mission mitarbeiten. Dr. Detlef Blöcher, em 2008-4. |
Decker, Rudolf. Ruanda: Tod und Hoffnung im
Land der Tausend Hügel.
Begegnungen und Eindrücke 1. Hänssler-Verlag, 1998. Decker, Rudolf. Im innersten Afrika: Hutu und
Tutsi zwischen Vernichtung und Versöhnung. Begegnungen und Eindrücke 2. Neuhausen:
Hänssler-Verlag, 1998. Ein Umdenken macht sich bemerkbar. In einem evangelikalen Verlag erscheinen nun auch Bücher politischen Inhalts. Das ist zu begrüßen; haben doch die Christen den Geruch, weltfremd und -fern zu leben. Sagen wir, ein Anfang ist gemacht; denn es geht in den Büchern um den fehlenden Frieden in einer immer noch fernen Weltregion, die einen Mordrausch überstehen mußte, der bis heute noch nicht völlig abgeklungen ist. Über hundert Jahre Christentum und ein halbes Jahrhundert der Erweckung haben die Feindschaft zwischen zwei gegnerischen Ethnien Afrikas nicht entscheidend schwächen können. Hier sind auch politische Lösungen gefragt. Der Autor ist Bundestagsabgeordneter und hat von der amerikanischen Gebetsfrühstücksbewegung her den Gedanken der Verantwortung vor Gott und den Menschen im Blick. seinen Gesprächspartnern bot er an, zu diesem Freundeskreis von Politikern hinzuzustoßen. In erzählendem Ton und nicht auf wörtliche Genauigkeit der wiedergegebenen Dialoge bedacht, entfaltet Rudolf Decker die erstaunliche Geschichte politischer Vermittlung in einem ethnischen Konflikt, der mehrere afrikanische Staaten in Atem hält. Sie geschah auf höchstem Niveau: Alle Präsidenten der Region trifft der Leser in den beiden Büchern wieder. Das erste, eine überarbeitete Fassung des 1995 noch anonym erschienenen Buches, setzt einige Jahre vor der 1994 ausbrechenden Katastrophe in Ruanda ein. Der später in einem Flugzeug abgeschossene, verstorbene Präsident kam auf Decker zurück, um in der schwelenden Auseinandersetzung das Gesetz des politischen Handelns wieder an sich zu reißen. Doch die Bemühungen scheiterten. Das tat dem Optimismus des Autors keinen Abbruch, der unermüdlich weiterhin überwiegend auf dem Luftwege einer Pendeldiplomatie den Vorzug gab, die um die Variante der geistlichen Wortbetrachtung und des Gebets bereichert wurde. Vielleicht muß man dem Autor eine zu positive Bewertung der Wirksamkeit solcher Rahmenhandlungen ankreiden. In diesem Gebiet des christianisierten Afrika ist man vielfach aus Gewöhnung religiösen Riten gegenüber aufgeschlossen. Mir fiel in diesem Zusammenhang auch in den Büchern die fast formelhafte Erwähnung Gottes als dem Unsichtbaren je öfter je mehr störend auf. Gut kommt in den Büchern heraus, daß Vorwürfe und Mißtrauen das Denken der Politiker beherrschen. Statt auf Gewalt muß in diesen Umständen auf politische Räson und persönliche Kontakte gesetzt werden. Decker und seine Mitstreiter gaben nicht auf - hier beweist der CDU-Politiker seine überparteiliche Einstellung; er kann den SPD-Mann Hans-Jochen Vogel zu seinem Kreis zählen. Sie luden sogar nach Deutschland ein, um alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen. Das zweite Buch fährt mit den Folgeereignissen ab 1996 im gleichen Stil fort. Das Krisengebiet verlagerte sich nun in das südlich von Ruanda gelegene Burundi. Der Bürgerkrieg in Zaire - jetzt Demokratische Republik Kongo - wird nur am Rande wahrgenommen, denn dort ist die Vermittlung Deckers nicht gefragt. Nur der persönliche Kontakt zu Mobuto wird erwähnt. Spätestens hier wird klar, daß die christliche Initiative zur Völkerverständigung den freundschaftlichen Umgang mit dem aus deutscher Sicht verhaßtesten Staatsführer sucht und ohne erkennbare innere Skrupel pflegt - eine ethische Entscheidung zugunsten der Träger politischer Verantwortung. Decker beschreibt die Gastfreundschaft Afrikas. Er nimmt auch den Leser auf den Besuch einer katholischen Missionsstation und auf Safaris durch Nationalparks mit. Da nur seine Einsätze dargestellt werden – die allerdings durch eingestreute Analysen der politischen Situation begleitet sind und so alle Konfliktparteien erfassen – tritt die Ungeheuerlichkeit der Bürgerkriege und des Völkermordes etwas in den Hintergrund. Das Auge des Betrachters ruht da schon eher auf der ärmlichen Kleidung vieler Afrikaner und betont auf diese Weise den Gegensatz zu ihren gut betuchten Politikern um so deutlicher. Die in zeitlicher Reihenfolge angeordnete Erzählung gibt ein realitätsgetreues Bild Afrikas mit seinen Schönheiten, Hindernissen und präsidialen Wohnsitzen wider. Ich kann die leicht lesbaren Bücher als gute Ergänzung zu den Berichten der Missionare Ostafrikas empfehlen. Winfried Schwatlo, em 1999-3. |
Decorvet,
Jeanne. Samuel Ajayi Crowther. Un père de l’Église en
Afrique noire.
Foi vivante 309. Édition des Groupes Missionnaires/Les Éditions du Cerf: La
Côte-aux-Fées/Paris, 1992. Dem Leben des ersten schwarzen anglikanischen Pastors ist dieses Buch gewidmet. Der wohl 1806 geborene Ajayi wurde als Teenager von Sklavenjägern gefangengenommen, auf dem Weg in die Gefangenschaft jedoch von einem britischen Schiff befreit und nach Freetown, Sierra Leone, gebracht. Dort kam er zum Glauben und war einer der ersten Schüler auf der neugegründeten Missionarsschule der Anglikaner in Foura Bay bei Freetown, in der er später auch Direktor wurde. Weitere wichtige Stationen seines Lebens sind seine Ordination 1843 und die Weihe zum Bischof 1864. Crowther nahm an einigen Forschungsreisen auf dem Niger teil und gründete die Niger-Delta-Mission. Durch den stärker werdenden Druck der Briten wurde er mehr oder weniger unfreiwillig zu einer wichtigen Figur der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung und für viele zu einem der Gründerväter der Republik Nigeria. Das Buch gibt uns einen interessanten Einblick nicht nur in das Leben dieses Pioniers der schwarzafrikanischen Kirche, sondern auch in die Bemühungen der Mission, Schwarzafrikaner für die Missionsarbeit zu gewinnen in einer Zeit, in der in vielen Staaten noch die Sklaverei und die damit verbundene Sicht der Afrikaner als Menschen zweiter Klasse vorherrschte. Das Buch zeigt sowohl die Beweggründe als auch die ersten Gehversuche dieser neuen Missionspolitik auf. Es erwähnt auch die großen Entbehrungen, die ein Europäer zu dieser Zeit auf dem Schwarzen Kontinent auf sich nehmen mußte. Wir erhalten Einblick in eine Zeit des Übergangs, in der die Sklaverei zwar noch bestand, aber schon bekämpft wurde. Wir erleben lebendig den Verlauf und die Motive der Forschungsreisen auf dem Niger mit. Schließlich schildert uns das Buch auch die Entwicklung der Kolonialpolitik und die Zuspitzung der Probleme, die sich bereits vor der Jahrhundertwende abzeichneten und zu ersten Auseinandersetzungen führten, in die selbst eine so friedliebende Persönlichkeit wie Crowther verwickelt wurde. Alles in allem ein interessantes Buch in französischer Sprache, das einen lebendigen Einblick gibt in die Missionsarbeit des 19. Jahrhunderts auf dem schwarzafrikanischen Kontinent. Martin Schröder, em 1999-4. |
Dembowski, Hermann & Wolfgang Greive (Hg.): Der
andere Christus. Christologie in Zeugnissen
aus aller Welt. Erlangen:
VdELM, 1991. Diese Anthologie christologischer Entwürfe ermöglicht eine intensive Begegnung mit Christuszeugnissen, die sich durch ihre jeweilige sozio-kulturelle Prägung stark unterscheiden. Die Palette reicht vom jüdischen, europäischen, lateinamerikanischen bis zum asiatischen Kolorit. Ein unbestreitbarer Verdienst ist, daß durch die ökumenische, interkulturelle Kommunikation der Versuchung gewehrt wird, das Christusbild im je eigenen kulturellen Kontext dogmatisch zu verabsolutieren und unreflektiert als authentisch biblisch zu tradieren. Doch muß kritisch gefragt werden, wo Christus nur anders und wo ein anderer Christus verkündigt wird. Gewiß führt das Ernstnehmen der Inkarnation zu unterschiedlicher Akkultu-ration des Christuszeugnisses. Christus geht in die jeweilige konkrete Lebenswelt ein, aber er geht nicht in ihr auf. Der biblische Kontext darf nicht aus seinem alttestamentlichen Verste-henszusammenhang herausgelöst werden, daß aus der Person Jesus Christus ein wie auch immer zu bestimmendes Prinzip wird, das dann in die fremdkulturellen Denkkategorien nivelliert wird. Das ist eine Anfrage an die asiatischen Entwürfe und an die Minjung-Theologie. In diesem Zusammenhang fällt auf, daß nur in der Befreiungstheologie Lateinamerikas, wenn auch selektiv, das AT Erwähnung findet. Aber genau hier liegen doch wohl die Grenzen und Gefahren einer Kontextualisierung der Christologie. Ein nützliches Buch, mit dem auseinanderzusetzen sich lohnt. Gerold Schwarz, em 1993-1. |
Dengler, Sandy. Susanna Wesley: Powerfrau und
Methodistenmutter.
Brunnen-Verlag: Gießen: 1998. In diesem biographischen Roman beschreibt die Autorin Sandy Degler das Leben von Susanna Wesley (1669-1742), der Mutter von John und Charles Wesley, von ihrer frühen Jugend bis zu ihrem Tod. Die Erzählung setzt ein, als Susanna, die jüngste von 25 Kindern, 13 Jahre alt ist. Das intelligente Mädchen studiert die Bibel und kann bereits hebräisch, griechisch und englisch – und das zu einer Zeit, als fast keine Frau lesen und schreiben konnte, geschweige denn studieren durfte. In diesem Jahr ereignen sich zwei wichtige Dinge: Susanna lernt nicht nur ihren zukünftigen Ehemann, Samuel Wesley, kennen, sondern entscheidet sich auch dafür, die Kirche ihres Vaters zu verlassen und wieder der englischen Staatskirche beizutreten. Dieser Schritt zeigt, daß die englische Gesellschaft im 17. Jahrhundert in das Lager der anglikanischen Staatskirche und der Nonkonformisten gespalten war. Die Königstreue wirkte sich später auch politisch aus und brachte den Wesleys viel Leid. Im folgenden erlebt der Leser nun den täglichen Kampf der Wesleys mit: die Armut, die körperliche Schwachheit (Susanna gebar fast jährlich ein Kind – insgesamt 19) hohe Schulden und politisch bedingte Anfeindungen durch die Menschen. Es ist beeindruckend, daß Susanna Wesley – trotz aller Probleme – nie den Glauben an Gott aufgab. Wie sehr die mütterliche Erziehung ihre Kinder beeinflußte, zeigt sich im Missionsstil ihrer Söhne John und Charles, die die Strukturliebe ihrer Mutter erbten und später als „Methodisten“ bezeichnet wurden. Diese Biographie von Susanna Wesley ist leicht lesbar und erbaulich für alle, die sich fragen, wie groß ihr Einfluß auf die nächste Generation überhaupt ist. Tatiana Heuser, em 1999-3. |
Detlef, Kapteina. Afrikanische Evangelikale Theologie:
Plädoyer für das ganze Evangelium. edition afem, mission academics 10,
Erlangen: VTR, 2001. Detlef Kapteina, der selbst zehn Jahre in einer Lehr- und Missionstätigkeit in Westafrika und später als Missionssekretär in EBM (Elstal) für Afrika arbeitet, untersucht in seiner Dissertation an der Evangelischen Theologischen Faculteit in Leuven/Belgien die Entstehung einer Afrikanischen Evangelikalen Theologie (AET). Dabei bezieht er sich ausschließlich auf afrikanische evangelikale Theologen und maßgebende Konferenzen und Beschlüsse. Mit dieser umfangreichen Arbeit stellt er die Notwendigkeit eines eigenständigen Profils der AET dar und beschreibt ihre Entwicklung. So beginnt seine Darstellung im ersten Teil mit einem geschichtlichen Überblick und den ersten Gedankenanstößen von Byang H. Kato. Mit seinen Grundlagen beschäftigen sich weitere Konferenzen und er wird als Vorbereiter einer AET herausgestellt. Kapteina beschreibt wichtige Konferenzen und Beiträge im zweiten Teil, um die Entwicklung und Notwendigkeit einer Abgrenzung der evan-gelikalen Theologie aufzuzeigen. Dies nimmt einen sehr umfangreichen Teil ein. Hier gelingt es, entscheidende Merkmale herauszuarbeiten. In einem dritten Teil stellt er die theologischen Konzepte der AET in den Gebieten der Hermeneutik, der Soteriologie und der Christologie dar. Die wegbereitenden Gedanken prominenter Vertreter der AET, wie Tite Tienou, Tokunboh Adeyemo und Kwame Bediako, werden dargestellt und ihre Einflüsse zur Prägung einer AET beschrieben. Kapteina bewertet im vierten Teil die Grenzen der AET und weist auf Defizite hin. Er zeigt auch den theologischen Beitrag für die weltweite evangelikale Missionstheologie auf. Das Buch vermittelt einen weitreichenden übersichtlichen Einblick in die Entwicklung einer AET. Als Darstellung und Zusammenfassung einer geschichtlichen als auch einer theologischen Entwicklung in Afrika empfiehlt es sich besonders für Missionare in Afrika und darüber hinaus für die Auseinandersetzung mit dem Thema der Entwicklung einer Theologie in einer nichtwestlichen Kultur. Kapteina ist es gelungen einen Beitrag für die afrikanische christliche Theologie zu leisten und ihre eigene Stellung innerhalb der evangelikalen Theologie aufzuzeigen. Mathis Kögel, em 2004-2. |
Dictionary of the Ecumenical Movement. Hrsg. von Nicholas Lossky u.a., Genf: WCC 1991. Hier soll nur nach dem missiologischen Ertrag dieses Lexikons gefragt werden, das in über 600 Artikeln die ökumenische Bewegung im weitesten Sinne beschreibt. Der Rezensent fand ca. 60 Beiträge, die neben missionsrelevanten Sachthemen auch 15 Biographien und 16 Institutionen oder Bewegungen darstellen. Die Hoffnung auf einen besonderen Beitrag des Lexikons zur Geschichte des Internationalen Missionsrates (IMR), einem wesentlichen Motor der ökumenischen Bewegung, wird allerdings etwas enttäuscht, (wie schon Gerald Anderson in seiner Rezension in IBMR bemerkt). Selbst ein Amerikaner vermißt biographische Beiträge zu Karl Hartenstein und Walter Freytag, die nur äußerst marginal erwähnt werden! Doch viele biographische Porträts sind herausragend und kommen im „Lexikon zur Weltmission“ von Neill nicht vor (N. Goodall, B. Graham, K. Grubb, J.A. Mackay, Neil], Newbigin, D.T. Niles, Potter, J.V. Taylor) oder übertreffen es (Mott, Oldham, W. Paton). Bei R. Allen ist man dagegen mit Neills Lexikon besser bedient. Unter den besprochenen Organisationen sind auch ausgesprochen evangeli-kale verzeichnet, doch fehlen leider gerade bei „Lausanne Committee“ die sonst üblichen grundlegenden Literaturhinweise, während der Artikel „Lausanne Covenant“ Sekundärlitertur verzeichnet. Die Konferenzen des IMR werden unter „ecumenical Conferences“ dargestellt. Unter „evangelical missions“ findet sich der irrtümliche Hinweis, die AEM sei der Herausgeber von Idea! Womit das Lexikon einem Missiologen vielleicht am meisten dient, ist die Darstellung des Missionsverständnisses in der heutigen ökumenischen Bewegung bzw. der Uminterpretation von Mission und ihrer Verdrängung durch andere vorrangigere Themen, wie auch in diesem Lexikon der Fall. Die Schlüsselartikel hierzu sind von ehemaligen Generalsekretären des ÖRK verfaßt: Potter schreibt über „mission“ und E. Castro über „evangelism“. Aufschlußreich ist auch die Neudefinition von Bekehrung („conversion“). Weitere Artikel von Interesse sind ua.: „inter-religious dialogue, inculturation, missio dei, moratorium, pluralism, proselytism, syncre-tism, uniqueness of Christ, universalism“. So ist dieses wissenschaftliche Werk, an dem Autoren aus vielen Ländern und Konfessionen mitgearbeitet haben, eine außerordentlich beachtenswerte Leistung, aber im Blick auf den Ertrag für die Mission eher symptomatisch für die heutige ökumenische Bewegung. Christof Sauer, em 1993-3. |
Die Guten Seiten 94/95. Das Handbuch für Christen. 2. völlig neu bearbeitete Ausgabe, Hg. vom Johannes Institut, Projektion J Verlag. Nach langem Anlauf ist Februar 1994 die zweite Ausgabe dieses christlichen Adressbuches erschienen. Über 10.000 Adressen aus allen Bereichen christlicher Aktivitäten machen es zum nützlichen Nachschlagewerk. Diese Ausgabe hat nun einen alphabetischen Index und ein Stichwortregister. Wie schwierig es ist, Adressen aktuell zu halten und sinnvoll in Rubriken zu ordnen, zeigen die Eintragungen zum AfeM und zu em. Der AfeM erscheint gleich drei mal: In der Rubrik „Arbeitskreise – Evangelisation“ (!) als AfeM Dr. Klaus Fiedler, Ratingen, dann als AfeM, Korntal (AEM) und als AfeM, Esslingen. Ich hätte ihn eher unter „Mission – Verbände“ gesucht, wo auch die Deutsche Gesellschaft für Missionswissenschaft zu finden ist. Die Zeitschrift em erscheint zu Recht in der Rubrik „Missionszeitschriften“, könnte aber auch noch unter Fachzeitschriften aufgeführt werden. Wer Missionsadressen sucht, findet diese nach Einsatzgebieten geordnet. Die Guten Seiten bieten wohl die umfangreichste Sammlung charismatischer und neuester Missionen. Es scheinen aber nicht alle Adressen, die man in Jahrbuch Mission mit weiteren Informationen versehen findet, verzeichnet zu sein. Deshalb hätte man auf es verweisen können. Eine besonders interessante Beigabe ist die Aufstellung von Fred McRae über „Unerreichte Ausländergruppen in Deutschland“, auf S.133-163 in einer Randspalte abgedruckt. (Auch separat beim Autor erhältlich.) Eine ähnliche Aufstellung mit Kurzcharakterisierungen findet sich zu Ausbildungsstätten. Das Nachschlagewerk ist so nützlich, daß es zumindest jede Missionszentrale in ihrem Büro haben sollte. Eine Diskettenversion mit Suchprogramm wäre wünschenswert. Christof Sauer, em 1994-3. |
Dirks, Friedrich. Das Evangelium im afrikanischen Kontext: Interkulturelle Kommunikation bei den Tswana. Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1986. Jeder Missionar wird sich mit der Frage beschäftigen müssen: Wie übersetze ich die Frohe Botschaft von Jesus Christus? Es war nicht immer so, daß dieser Frage in der Mission eine besondere Bedeutung beigemessen wurde. Heute muß das jeder Missionar tun. Wir sind feinfühliger geworden. Es ist uns bewußt geworden, daß der europäisch orientierte Missionar in seiner eigenen Kultur aufgewachsen ist und in seinem christlichen Glauben und Denken westlich – wie Dierks sagt „verbal“ – geprägt ist. Friedrich Dirks war mehr als dreißig Jahre Missionar im südlichen Afrika. „Die Fragen und Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der missionarischen Kommunikation der christlichen Botschaft in einer interkulturellen Situation hat Jahrzehnte lang meine eigene Missionsarbeit geprägt“ (S.10). Dierks beschäftigt sich mit „interkultureller Kommunikation“ oder „kontextueller Verkündigung“ des Missionars. Der westlich verbalen Verkündigung stellt er die „nichtverbale Kommunikation“ des Afrikaners gegenüber. Zur nichtverbalen Kommunikation gehören vorwiegend Symbole und Riten, die Dierks dem traditionellen Glauben des Afrikaners entnommen hat. Das Symbol (z.B. S.40 ff.) und der Ritus (S.67f.; 105 ff.;
160) sind nichtverbale Kommunikationsmittel,
die die unabhängigen Kirchen
Afrikas (S.45; 105) von Anfang an in den Vordergrund ihrer
Verkündigung gestellt haben. Westlich
orientierte Kirchen haben diese
Grundbedürfnisse des Afrikaners zu wenig gesehen, erkannt und aufgenommen. Das Buch ist in vierzehn Untertitel aufgeteilt. Die ersten vier Punkte sind eine grundlegende Darbietung, in der sich Dierks damit befaßt, wie die biblische Botschaft zu einem „Kommunikationsprozess“ werden muß, wenn sie durch die Vermittlung des „Senders“ an den „Empfänger“ auf dem Boden der einheimischen Kultur und Religion ausgetragen wird. Die Punkte 5-13 stehen paradigmatisch für die „interkulturelle Kommunikation bei den Tswana“. Als Anknüpfungspunkte wählte Dierks die Begriffe „Religion“, „Gott“ und „Heil“. Jeder Begriff wird auf drei Ebenen untersucht. Zunächst behandelt Dierks das traditionelle Verständnis von Religion, Gottesbild und Heil (5; 8; 11). Daran schließt sich die „missionarische Verkündigung“ an (6; 9; 12); eine Reflexion zur Übersetzung der Botschaft des Evangeliums durch die Missionare. Auf der dritten Ebene befaßt sich Dierks mit dem „Christentum der Tswana“ (7; 10; 13). In diesem Teil werden auch Probleme der zweiten Generation angesprochen. Kapitel 14 ist eine kurze Schlußbemerkung. Das Buch ist entstanden aus der reichen Diensterfahrung des Verfassers. Die ausführlichen Beispiele aus den Dienstjahren Dierks’ unterstreichen seine missionstheologischen Untersuchungen und lassen das Buch jedem Missionar empfehlen, der es mit Afrika zu tun hat oder darüber hinaus ein Gespür und eine erweiterte Sensibilität für die „interkulturellen Kommunikationen“ entwickeln möchte. Heinrich Bammann, em 1987-3. |
Dortzbach,
Deborah & W. Meredith Long. The Aids Crisis – What We Can Do. Downers Grove. Ill., USA: IVP, 2006. Deborah Dortzbach und Dr. W. Meredith Long arbeiten beide für „World Relief“ und greifen auf über 20 Jahre Erfahrung im Bereich HIV zurück. Das Buch verspricht eine praxisorientierte Antwort zur HIV/AIDS-Frage. Wie können wir, insbesondere die Kirchen, auf die Krise AIDS reagieren? Es spannt einen Bogen zwischen der verheerenden weltweiten AIDS Situation bis hin zum Einzelschicksal, wo Hoffnung zu sehen ist. Es gibt ca. 40 Mio. HIV infizierte Menschen. Bis 2010 rechnet man mit 25 Mio. Waisen und weiterhin schneller Ausbreitung bei fehlender kurativer Therapie sowie fehlenden Impfstoffen. Hinsichtlich der Krankheit besteht ein starkes soziales Stigma. Auch weil AIDS sehr schnell eine ethische Diskussion entfacht, werfen die Autoren in diese Situation hinein Fragen auf, um den Leser zu mobilisieren und ihn zu praktischem Handeln zu bewegen. Die Autoren schreiben aus christlicher Sicht mit großer medizinischer und sozialer Erfahrung. Sie ergänzen das mittlerweile unüberschaubare Angebot an Literatur zum Thema HIV/AIDS durch einen christlichen, sehr stark praxisorientierten und partizipatorischen Ansatz. Das Buch gibt einen Überblick über das Thema AIDS, beginnend mit Grundlageninformationen über die Krankheit selbst, sowie über die Situation in den einzelnen Teilen der Welt. Ein ganzes Kapitel ist dem Schutz der Jugend gewidmet. HIV/AIDS betrifft vor allem Menschen im Fortpflanzungsalter (15-49 Jahre). Verschiedene Möglichkeiten, die Jugend aufzuklären und sie zu schützen, werden diskutiert. Ein anderes Kapitel gilt der Familie. AIDS kann hier durch Ignoranz, Tradition, Scham und andere Gründe sehr zerstörend wirken. Es geht besonders um Ehen, kritische Beleuchtung von Kinderheimen, Pflege innerhalb der Familie und wie Kirchen durch Bedarfsanalyse, Beratung, spezielle Angebote, Zeit, Essen und Liebe helfen können. In einem weiteren Kapitel unter der Überschrift „Gewalt von AIDS“, geht es den Autoren u.a. um Frauen, die kein Mitspracherecht im Bereich Sexualität haben, fehlende Impfstoffe, mangelnde sexuelle Aufklärung, fehlende Vermittlung von Werten wie sexuelle Reinheit und den Wert des Lebens selbst. Kondome seien die primäre Waffe gegen eine Infektion bei denen, die sich sexuell risikoreich verhalten. In dem sehr praktischen Kapitel zum Thema Betreuung wird über die Pflichten und Möglichkeiten des einzelnen Familienmitglieds, der Regierung und der Kirche gesprochen. Kirchen spielen eine bedeutende Rolle, insbesondere bieten sie einen geistlichen Rahmen in säkularen Präventionskampagnen. Das Buch zeichnet sich aus durch eine gelungene Kombination aus gut recherchierten Daten und Widerspiegelung der Realität, die oft dem Nicht-Infizierten, insbesondere in der westlichen Welt, verborgen bleibt. Die Autoren legen sehr viel Wert auf eine persönliche Identifikation mit dem Thema und mit den infizierten und betroffenen Menschen. Das Buch ist auch für den Laien verständlich, eine wirkliche Hilfe sowohl für den Einzelnen als auch eine gute Grundlage für Organisationen und Kirchen, um den Betroffenen umfassend zu helfen, denn HIV/AIDS ist nicht nur ein rein medizinisches Problem. Lebendige persönliche Beispiele aus dem Leben von Betroffen verdeutlichen die einzelnen Aussagen und bringen dem Leser die Problematik vom Kopf ins Herz, was in Nachrichten oder wissenschaftlicher Literatur in der Regel nicht erfolgt. Das Buch zeigt, dass HIV/AIDS auch ein Problem ist, bei dem Kirchenleiter ihre Verantwortung übernehmen müssen, was durch Unkenntnis und Ignoranz bisher viel zu wenig geschehen ist. Es ruft auf, die Diskussion zu beenden, ob Christen auf die AIDS Problematik überhaupt antworten sollten. Aber auch der Einzelne wird hinterfragt hinsichtlich seiner Haltung gegenüber Infizierten, Homosexuellen und der Bereitschaft sich zu identifizieren und praktische Hilfe zu leisten. Mit viel Feingefühl werden die Schicksale dem Leser nahe gebracht. Durch die Fragen am Ende der Kapitel motiviert dieses Buch zum Nachdenken und Handeln. Es ist ehrlich geschrieben und stellt klar, dass AIDS-Arbeit schmerzhaft und lang ist und nicht zu großem Ruhm führt. Es ist ein Arbeitsbuch, das das Wesentliche für die AIDS-Arbeit beinhaltet. Dieses Buch ist nicht als medizinisches Fachbuch gedacht. Das Ziel, in dieser kurzen Fassung Menschen zum Nach-und Mitdenken anzuregen, wird aber erreicht. Es gibt einen umfassenden Eindruck des Problems AIDS. Mit seinen breiten HIV- und AIDS Buch-und Online-Literaturangaben ist dieses Werk ein mobilisierendes, praktisches, anrührendes und herausforderndes Arbeitsbuch, das in allen Bereichen Standardwerk sein sollte, entweder als Grundlage oder Ergänzung zu den anderen Basiswerken, da AIDS ein multisektorales Problem ist, dass definitiv nicht nur medizinisch in den Griff zu bekommen ist. Dr.med. Ulf Basting-Neumann,
em 2008-2. |
Dowsett, Rose
(Hg.).
Global Mission: Reflections und Case
Studies in Contextualization for the Whole Church (Globalization of
Mission Series / World Evangelical Alliance Mission Comnission), Pasadena:
William Carey Library, 2011. Zur Vorgeschichte: Vom 10. bis 15. Oktober 1999 veranstaltete die Missionskommission der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) im brasilianischen Foz de Iguassu/ Brasilien eine Konsultation, aus der die sogenannte Iguassu-Erklärung hervorging. 160 Missionare, Missiologen und Kirchenleiter aus 53 Nationen nahmen daran teil und reflektierten die Entwicklungen der Lausanner-Bewegung sowie die Anforderungen des anbrechenden 21. Jahrhunderts an die christliche Mission. Der Sammelband Global Mission ist der zwölfte Band aus der Reihe Globalization of Mission, mit der die WEA-Missionskommission an die bisherigen Forschungen und Gespräche anschließt; zugleich dient er als Begleitbuch zum Werk Local Theology for the Global Church: Principles for an Evangelical Approach to Contextualization, Matthew Cook (Hg.). Die Herausgeberin von Global Mission ist stellvertretende Vorsitzende der WEA-Missionskommission und arbeitete 40 Jahre mit OMF International u.a. in Asien. Die restlichen Mitwirkenden stammen aus bzw. arbeiten auf allen fünf Kontinenten. Der erste Teil des Bandes („Reflections and Foundations“) bietet mit zehn Artikeln eine grundsätzliche Perspektive zum Verhältnis von biblischer Theologie und menschlicher Kultur. Die Autoren gehen auf relevante Bibeltexte ein, beschäftigen sich mit diversen Methoden, Definitionen sowie Hindernissen für eine gelingende Kontextualisierung. Der zweite Teil („Contextualization at Work“) macht mit 21 Fallbeispielen den Hauptteil des Bandes aus und gibt Einblicke sowohl in die Praxis der Kontextualisierung als auch in die jeweils dahinter liegende Theorie. Dazu berichten die Autoren von unterschiedlichen Versuchen, Überlegungen, Ansätzen und Lernerfahrungen aus ihrem jeweiligen Arbeitskontext (Brasilien, buddhistischer Kontext, China, Europa, Guatemala, hinduistischer Kontext, Indien, islamische Welt, Kongo, Korea, mittlerer Osten, Neuseeland, Philippinen, Senegal, Sudan). Dazu drei Beispiele: Die Dozentin und Missionarin Ruth Julian erläutert, mit welcher Methodik im Kongo eine kontextuelle Theologie des Heiligen Geistes gefördert wird, ohne einen animistischen Denkrahmen zu bedienen (S. 115–119). Der japanische Gemeindegründer Yuzo Imamura hingegen malt den Lesern den Stellenwert des Weihnachtsfestes bei kambodschanischen Christen auf und erklärt, wieso welche Aspekte dort besonders betont werden (S. 161–163). Auch ein „christlicher Bruder“ aus Ägypten kommt zu Wort, der das C5-Modell vom muslimischen Kulturkreis aus kritisch evaluiert und aufzeigt, wie Kontextualisierung zum Hindernis für Evangelisation und Jüngerschaft werden kann (S. 213–216). Am Ende jedes Artikels werden Fragen zur Reflexion gestellt, sowohl um eine Diskussion anzuregen als auch um zu einer eigenen begründeten Position zu verhelfen. Ein Literaturverzeichnis sowie ein Schlagwörterverzeichnis runden den Sammelband ab. Aufgrund der Vielfalt an Autoren und Themen unterscheiden sich die Artikel in Anliegen, Anspruch und Methodik. Einige Leser wird die fehlende Vertiefung und Kürze mancher Artikel stören. Der Band enthält nur teilweise akademische Erörterungen; die Literaturliste bietet mit 210 Titeln einen ersten Überblick zum Weiterforschen, wobei 70% der verwendeten Literatur nach 1990 erschienen sind. Dies weist auf die beständige Aktualität des Themas Kontextualisierung hin. Insgesamt aber macht die inhaltliche Vielfalt gerade die Stärke des Bandes aus. Unterschiedliche Stimmen aus Asien, aus der muslimischen Welt, aus der westlichen Welt und aus dem globalen Süden kommen zu Wort und erklären, wie und warum sie in ihrem eigenen Kontext Kontextualisierung betreiben. Aktuelle Debatten (z.B. C1-C6; Evangelisation und soziales Engagement) werden in diesem Band ebenso aufgegriffen wie zukünftige Trends und bestehende Grundfragen einer evangelikalen Missiologie, die sich um eine biblische und relevante Kontextualisierung bemüht. Als Zielgruppe werden die „’reflective practitioners’ of the global mission community.“ genannt (S. xi). Tatsächlich richtet sich der Sammelband in erster Linie an Praktiker mit dem Wunsch, ihren Dienst zu ‚verbessern’, gleichzeitig werden aber jene profitieren, die Global Mission als ein Arbeitsbuch verwenden, z.B. Dozenten und Studierende. Die einzelnen Berichte und Fragen laden zum Weiterdenken ein, bieten wertvolle Einblicke aus erster Hand und ermutigen zum reflektierten Dienst für das Reich Gottes, in dem Menschen aus allen Stämmen, Sprachen und Nationen Platz haben. Daniel
Vullriede, em 2014-4. |
Dubach, Alfred; Roland J. Campiche (Hg.). Jede(r) ein
Sonderfall? Religion in der Schweiz. NZN Buchverlag: Zürich, Friedrich Reinhardt:
Basel, 1993. Zerfall oder Aufwärtstrend der Religion – was stimmt heute in den sogenannten modernen westlichen Gesellschaften? Um ein präzises und umfassendes Bild der religiösen Situation zu bekommen, wurde 1988/1989 eine Studie von einem fünfköpfigen Expertenteam des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institutes in der Schweiz durchgeführt. Die dabei erzielten Ergebnisse sind von der religiösen Entwicklung in Europa nicht zu trennen. Dabei werden Themen wie die Individualisierung des Glaubens, die Stellung des einzelnen zu den Institutionen, die Glaubensorientierung vermit teln, der Grad der Loyalität der Schweizer zu ihren Kirchen, die wachsende Säkularisierung und das Verhältnis von Religion und Kultur behandelt. In den Schlußfolgerungen verknüpfen die Autoren diese Themen- und Fragenkomplexe und geben Überlegungen und Anregungen für die Zukunft. Die Experten haben wissenschaftlich sauber gearbeitet. In den gesamten Text sind präzisierende Tabellen und Graphiken eingearbeitet. Im Anhang finden sich eine Beschreibung der Stichprobe, der bei dieser Umfrage verwendete Fragebogen mit einer Häufigkeitsauszählung, sowie eine Bibliographie. Ablauf und Ergebnisse der Untersuchung können vom Leser geprüft werden. Als Adressaten werden alle diejenigen angegeben, die im religiösen Bereich engagiert sind, die die religiöse Lage besser einschätzen wollen und die daran interessiert sind, heutige Religiosität zu verstehen oder fundierte Äußerungen zum Thema Religion machen wollen. Leider ist dabei die wissenschaftliche Sprache bei aller Genauigkeit zu hoch, sodaß nur der Experte, nicht aber der interessierte Laie den Inhalt versteht. Das ist sehr zu bedauern, da das Buch endlich Fakten zu diesem interessanten Thema liefert, und das nicht nur für Schweizer! Veronika J. Elbers, em 1995-4. |
Dudley-Smith, Timothy. John Stott: The Making of a Leader (Bd. 1), Leicester: IVP, 1999. Dudley-Smith, Timothy. John Stott: A Global Ministry (Bd.2), Leicester: IVP, 2001. Mit Recht wurde festgestellt: Billy Graham war der Motor
und John Stott der Kopf des evangelikalen missionarischen Neuaufbruchs seit
den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Vor allem die Lausanner Bewegung, deren
Wurzeln bereits auf dem Weltkongreß für Evangelisation 1966 in Berlin gelegt
wurden, ist geprägt von Stotts biblischtheologischem Denken, verbunden mit
ökumenischer Gesprächsbereitschaft, einer Weite des Horizonts und einer
Haltung der Demut. John Stott ist der theologische Denker hinter der
Lausanner Verpflichtung von 1974, dem Grunddokument gegenwärtiger
evangelikaler Missionstheologie in aller Welt. Das Leben dieses missionstheologisch so bedeutsamen Mannes erzählt T. Dudley-Smith, ehemaliger Bischof der anglikanischen Kirche und Freund John Stotts, in diesen beiden Bänden auf über 1000 Seiten. Jeder der acht Abschnitte der zweibändigen Biographie ist einem Jahrzehnt in Stotts Leben gewidmet (von den 1920ern bis in die 1990er Jahre), und beginnt mit einer kurzen zeit- und kirchengeschichtlichen Beschreibung des Jahrzehnts und konzentriert sich dann in mehreren Unterkapiteln (insgesamt 28) auf Leben und Werk des „Protagonisten“ in diesem Zeitraum. Im Zentrum des ersten Bandes stehen die formativen Jahre des jungen Stott (Bekehrung, Berufswahl), die u.a. durch einen durch Stott Pazifismus ausgelösten Konflikt mit dem Vater geprägt sind, und der prägende Dienst als Hauptpastor („Rector“) in der Londoner anglikanischen All Souls Gemeinde (seit 1950). Auch nach der Aufgabe dieses Amts 1970 bleibt Stott als „rector emeritus“ mit der All Souls Gemeinde verbunden. Der zweite Band beschreibt die weltweite Ausdehnung des Dienstes von Stott von den 1960ern bis in die 1990er Jahre. Hier bekommt der Leser Einblick in Stotts Rolle in der Lausanner Bewegung, seine prägenden Teilnahme am Evangelikal-Römisch-katholischen Dialog über Mission (ERCDOM) oder das von ihm geführte missionarisch-apologetische Projekt des „London Institute for Contemporary Christianity“. Viel Raum bekommen auch theologische Entwicklungen in Großbritannien, wie z.B. die spektakuläre Auseinandersetzung um den Verbleib der Evangelikalen in der Church of England, in der John Stott und Martyn Lloyd-Jones 1966 konträre Positionen vertraten. Nicht alle diese Entwicklungen werden für den nicht-britischen Leser von erhöhtem Interesse sein. Darüber hinaus bietet Dudley-Smith immer wieder auch gründliche Einblicke in das literarische Schaffen Stotts, indem er die wichtigsten Publikationen in ihrer Bedeutung in den Lebenslauf integriert und darstellt. Dudley-Smith ist sich der Schwierigkeit, Biographien über lebende berühmte Männer zu schreiben, sehr wohl bewusst, mit denen man auch befreundet ist. Wie zu erwarten hält er sich darum in seinem Urteil sehr zurück. Stott hat ihm allerdings vollen Zugang zu den privaten Papieren gegeben und ihn gebeten keine „Hagiographie“, sondern „eine ehrliche Einschätzung meines Lebens und Wirkens zu geben – mit Ecken und Kanten“ (Bd.1, S.15, meine Übersetzung). Das ist auch weitgehend gelungen, wenn auch verständlichlicherweise die sympathische Beschreibung die kritische Analyse überwiegt. Streckenweise empfindet man die Darstellung als zu detailreich und weit ausholend, so dass man erst den roten Faden wieder suchen muss. Stott selbst faszinierten Biographien am meisten, die „nicht nur die Geschichte erzählen, sondern das Geheimnis aufdecken“ (Bd.1, S.12). Das kann und will dieses zweibändige Werk nicht bieten (obwohl am Schluss doch das „Geheimnis“ Stotts in drei Dingen festgestellt wird: rigorose Selbstdisziplin, völlige Demut und eine betende Geisteshaltung, Bd.2, S.453). Es ist vielmehr eine überaus gründliche und materialreiche Dokumentation über das Leben und Wirken Stotts vor dem bewegten Hintergrund des 20. Jahrhunderts und im Zeugnis vieler Zeitgenossen. Das Buch ist mit ausführlichen Fußnoten, einer Bibliographie (nicht der Werke Stotts – eine solche hat der Autor separat veröffentlicht) und einem Index versehen. Ein tabellarischer Lebenslauf wäre zur Übersicht hilfreich gewesen. Insgesamt: ein authentisches und inspirierendes Bild eines herausragenden missiologisches Denkers des 20. Jahrhunderts, eine wichtige Quelle für evangelikale Missionsgeschichte im 20. Jahrhundert. Dr. Friedemann Walldorf, em 2004-1. |
Dueck,
Gerry. Kids
for The World. A Guidebook for Children’s Mission Resources. William Carey
Library: Pasadena, 1990. Dieses Arbeitsbuch läßt das Herz von Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit höher schlagen. Auf 57 Seiten werden amerikanische Hilfsmittel zum Thema Mission für diese Altersgruppe aufgeführt und vierfach registriert: Lehrpläne, Bücher, Geschichten, Arbeitsmaterialien, Medien, Lieder, etc mitsamt Bezugsadressen. Die andere Hälfte bietet konkrete Anleitungen: einen 52-stündigen Lehrplan, Beispielstunden und -geschichten, Arbeitsanleitungen und Kopiervorlagen. Davon erscheint manches für uns adaptierbar. Besser wäre jedoch ein gleichartiges Verzeichnis für den deutschsprachigen Raum. Ein Anfang war in der Bibliographie evangelikaler Missionen (bem) enthalten. Wer hat Interesse? Christof Sauer, em 1995-2. |
Dyrness,
William A. and Veli-Matti Kärkkäinen (Hg.) unter
Mitarbeit von Juan Francisco Martinez und Simon Chan, Global Dictionary of Theology: A Resource for the Um Leserinnen und Lesern der Evangelikalen Missiologie (em) diese postmoderne theologische “Fundgrube für die weltweite Kirche” kurz vorzustellen, versuche ich aus der Einleitung sowie aus einzelnen Beiträgen etliche Merkmale und Kennzeichen herauszuschälen, die der Absicht und dem Ziel der Herausgeber entsprechen. Das Wörterbuch beinhaltet über 240 Beiträge zu aktuellen Themen, die von fast 200 Theologen und theologisch orientierten Fachleuten aus vielen Ländern der Erde erarbeitet worden sind. Das umfangreiche Register der Bibelzitate (S. 960-972 – über 200 Verweise allein auf Matthäus) gilt als Nachweis, dass die Schreiber ihre Aussagen biblisch zu begründen suchen. Nur Obadja, Jona, Nahum, Philemon sowie 2. und 3. Johannes bleiben unzitiert. Etwa 40 der Artikel stammen von Professoren, Lehrbeauftragten und Doktoranden am Fuller Theological Seminary (FTS), wo das Wörterbuch von den Herausgebern auch konzipiert und in Zusammenarbeit mit InterVarsity Press bis zur Veröffentlichung begleitet wurde. In diesem Zusammenhang veranstaltete FTS ein Symposion über “Die Zukunft globaler Theologie”. Dazu schreibt der Dekan, Howard Loewen (Fuller Focus, März 2009, S. 24), dass das Wörterbuch als Markstein theologischen Denkens unserer Zeit zu bezeichnen sei. Nach demographischen und geographischen Dimensionen zu urteilen, trifft die Bezeichnung “global theology” durchaus zu, auch wenn manche Beiträge lokale und regionale Theologie reflektieren. Diese Merkmale werden schon auf dem erwähnten Symposion in den Referaten von Ogbu Kalu über „An African View of the Future of Global Theology“ und von Simon Chan zum Thema „An Asian Perspective of Global Theology“ angesprochen. Einerseits wollen die Herausgeber das Wörterbuch nicht als ein universales Werk verstanden haben, da solche Themen wie die “Gott-ist-tot-Theologie” und andere radikale Theologien der 60er Jahre oder auch synkretistische Theologien alter und neuer Religionen bewusst zurückgestellt bleiben. Andererseits fällt auf, dass hier postmodern-relevante Themen behandelt werden, die man sonst in traditionell-theologischen Wörterbüchern kaum findet, wie z. B. „Globalization“, „Green Theology“, „Children at Risk“, „Terrorism“ und „Animal Rights“, um einige zu nennen. Die vielseitigen Gesichtspunkte der Aufsätze bestätigen, dass es sich hier weder um ein Werk westeuropäischer noch angloamerikanischer Theologen handelt, sondern um ein Produkt theologischer Denker der jungen Kirche, die ihre gemeinsame Arbeit als Frucht für die weltweite und multinationale Kirche (A Resource for the Worldwide Church) in Nord und Süd, Ost und West der bewohnten Erde (Ökumene) verstanden haben wollen. Nicht nur die missionarische, auch die theologische Einbahnstraße existiert heute nicht mehr. So sehen es auch die Herausgeber, indem sie einen Satz John Mbitis, Kenya, zitieren: “Die Zentrale kirchlicher Universalität ist nicht länger in Genf, Rom, Athen, Paris, London oder New York, sondern in Kinshasa, Buenos Aires, Addis Abeba oder Manila zu finden” (S. ix). In Übereinstimmung mit obigen Aussagen glaubt der Verleger, Daniel Reed (IVP), dass die Beiträge primär als kontinuierliche Gesprächsthemen und weniger als definitive Aussagen oder doktrinäre Erklärungen gedacht seien. Daher spielen Begriffe wie “conversation”, “dialog” und “discussion” eine nicht unwichtige Rolle. Das ist vor allem bei Artikeln der Fall, wo zwei oder drei Verfasser das gleiche Thema diskutieren. Wichtig ist, dass die beteiligten Autoren am Ende ihres „Gesprächs“ jeweils gemeinsam eine Bibliographie für das Weiterstudium zusammenstellen. Dazu etliche Beispiele: 1. H. K. Yeung betrachtet die Ahnenverehrung (Ancestor veneration) aus chinesischer Sicht, während J. Nkansah-Obrempong die afrikanische Perspektive verständlich zu machen versucht und Simon Chan in einem dritten Teilbeitrag zu demselben Artikel die religiöse Bedeutung der Ahnenverehrung aus der Sichtweite des asiatischen Horizonts beschreibt (S. 28-35). 2. In ähnlicher Weise diskutieren Veli-Matti Kärkkäinen, J. Levison und P. Pope-Levison die Lehre von der Person Christi („Christology“) von den ersten Glaubensformulierungen der Väterzeit bis hin zu den Aussagen heutiger Befreiungstheologen im Kontext Afrikas, Asiens und Lateinamerikas (S. 167-86). 3. Auch Mark Baker, Timoteo Gener und Frank Macchia verwenden die gleichen Begriffe bei ihrer Diskussion eines längeren Aufsatzes eines traditionellen Themas wie „Systematic Theology“ (S. 864-69). Wer in diesem Zusammenhang einen Ausgleich zur Systematik sucht, dem ist Elmer Martens’ Beitrag “Biblical Theology” zu empfehlen (S. 109-11). Fazit: (1) Außer knappen biographischen Hinweisen finden die Leser in diesem Wörterbuch keine Lebensbeschreibung der Theologen, nur deren Ausdruck theologischen Denkens. (2) Während Wörterbücher gleichen Umfangs die Themen in der Regel kurz darstellen, gibt es hier ausführliche Beiträge in der Länge von Zeitschriftenartikeln. (3) Sowohl die Vielfalt kultureller Hintergründe der Autoren als auch die inhaltlich abwechslungsreiche Gestaltung der Thematik dürften manche evangelikalen Leser des Westens zur Überprüfung ihrer bisherigen Hermeneutik herausfordern. (4) Die Herausgeber gehen davon aus, dass christliche Theologie biblisch begründet sein muss, wobei aber die Rolle der Kontextualisierung (oder Inkulturation) nicht übersehen werden darf. (5) Alle Theologie ist kontextuell, auch die westliche. Ob aber jede Theologie biblisch kompromissfrei gestaltet werden kann, bleibt zu hinterfragen. (6) Ein persönliches Wort: Leser der em, die mit den Dokumenten ökumenischer und den Schriften evangelikaler Missionskonferenzen und -kongressen vorigen Jahrhunderts vertraut sind, werden beim Gebrauch dieser „Resource for the Worldwide Church“ um so mehr profitieren. Eine biblische Hermeneutik bleibt für alle Leser unerlässlich. Prof. em. Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 2009-4. |
Eber, Jochen. Johann Ludwig Krapf. Ein schwäbischer
Pionier in Ostafrika. Riehen/Basel: Verlag arteMedia Winteler, 2006. Auf dem missiologischen Büchermarkt sind sowohl missionsmotivierende als auch wissenschaftlich fundierte Missionsbiographien eher die Ausnahmen, denn in der Vergangenheit neigte man dazu, Missionspioniere hagiographisch zu verklären. Das führte dazu, dass manch ein Leser sein eigenes Leben dem dieser „geistlichen Schwergewichte“ gegenüberstellte und frustriert feststellen musste, wie weit er von diesem Ideal noch entfernt war. Statt für Mission zu motivieren, entmutigten diese Biographien ihre Leser. Wohltuend anders ist die Biographie von Jochen Eber über den Missions- und Entdeckungsreisenden J. L. Krapf. Ebers Bemühen um historische Akkuratesse lassen auch die „schwachen Seiten“ Krapfs nicht unerwähnt. So erfährt man beispielsweise, dass der eifrige Afrika-Missionar und später in der Heimat wirkende Missionsmotivator auch Phasen von „große(r) Unlust zur Mission“ (123) und Depression (153) empfinden konnte. Im Hauptteil seiner Biographie zeichnet Eber Krapfs abenteuerliche Reisen nach Äthiopien und seine späteren Reisen im heutigen Kenia und Tansania nach. Dabei erfährt man viel sowohl über Land und Leute als auch über das zeitgenössische Reisen. Unter anderem kann man beispielsweise lesen, dass Krapf mit einer Luftmatratze reiste, die damals als eine der neuesten technischen Errungenschaften galt und die ihm auch in der afrikanischen Wildnis eine erholsame Nachtruhe ermöglichte. Natürlich ist auch von den berühmten Entdeckungen die Rede. So hat Krapf den Mont Kenya „entdeckt“, während schon zuvor Krapfs Mitstreiter Johann Rebmann als erster Europäer den schneebedeckten Kilimandjaro gesehen hatte. Das galt in der damaligen Zeit als Sensation, denn Schneeberge am Äquator waren für Krapfs Zeitgenossen einfach unvorstellbar. Auch die Theologie Krapfs wird von Eber dargestellt. Demnach lebte Krapf in gespannter eschatologischer Erwartung, die ihn zur unermüdlichen missionarischen Tätigkeit und den gefährlichen Erkundungsreisen veranlasste. Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, wie Krapf als begeisterter Missionar trotzdem Johann Michael Hahns Theologie, mit ihren offensichtlich allversöhnerischen und unmissionarischen Tendenzen anhängen konnte. Die Lektüre dieser Biographie sei allen empfohlen, die sich für Missionsgeschichte interessieren oder einfach Afrikabegeisterte sind, denn es handelt sich dabei um ein hervorragend illustriertes mit vielen zeitgenössischen Abbildungen versehenes und gut aus Quell- und Sekundarliteratur schöpfendes Buch. Zudem ist es gut lesbar, obwohl Eber einem historisch-wissenschaftlichen Ansatz folgt. Statt Fußnoten sind jedem Kapitel Endnoten angefügt. Das Buch schließt mit einer umfangreichen Bibliographie und hilfreichen Registern ab. Elmar
Spohn, em 2009-1. |
Troeger, Eberhard. Zwischen Alexandrien und Kairo. Die evangelische Missionsarbeit in Unterägypten im 19. und 20. Jahrhundert. Nürnberg: Verlag für Theologie und Religionswissenschaft, 2013. Muss die Mission unter Muslimen nicht als gescheitert angesehen werden? In keinem muslimischen Land gibt es Gemeinden mit einer großen Anzahl von Konvertiten durch Mission. Da macht Ägypten mit seiner großen koptischen Minderheit keine Ausnahme und doch war die Missionstätigkeit im Nildelta alles andere als fruchtlos. Eberhard Troeger, der von 1966 bis 1975 in Ägypten tätig war und bis 1998 die Mission der Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten (EMO) leitete, die er wegen des häufig wechselnden Namens in seinem Buch „Wiesbadener Mission“ nennt, legt mit diesem Buch eine Geschichte der Missionsarbeit in Unterägypten vor, die es in deutscher Sprache und in diesem Umfang noch nicht gegeben hat. Kairo und das Nildelta sind bis heute das Gebiet mit der stärksten Islamisierung in Ägypten. Die nachhaltigste Arbeit leistete dort die Amerikanische Mission (AM) der Vereinigten Presbyterianischen Kirche von Nordamerika (1854-1967). Sie erreichte mehr Muslime mit der Gründung von Gemeinden als irgendeine andere Mission. Sie legte großen Wert auf die Sprachkenntnisse der Missionare: „Predigt oder Unterricht durch Übersetzer wurde abgelehnt.“ Der Erneuerungsprozess in der Koptischen Kirche wäre ohne die Herausforderung durch sie und deren Bildungsarbeit nicht möglich gewesen. Heute ist die evangelische Übersetzung der Bibel aus Beirut von 1867, die als Van-Dyke-Übersetzung bekannt ist, die Standardbibel der Koptisch-Orthodoxen Kirche. Troeger berücksichtigt nicht nur die großen Missionen wie die genannte Amerikanische Mission, die Egypt General Mission (EGM, 1898-1956) oder die Church Mission Society (CMS, 1825-1956), sondern auch kleinere Missionsvetretungen, wie z.B. die amerikanische Peniel Mission (1895), die nur in Port Said tätig wurde oder die Holländische Mission (1871) in Qalyûb, nördlich von Kairo. Es werden weitere Missionen erwähnt, wie z.B. die der Brüdergemeinde, Heiligungsgemeinde und Pfingstgemeinde, die auf der evangelisch-presbyterianischen Kirche aufbauten. Die ersten Missionare waren die Herrenhuter von 1752-1783. Die Pilgermission St. Chrischona versuchte das Projekt „Apostelstraße“ mit dem Ziel Abbesinien (Äthiopien) zu verwirklichen. Dies blieb jedoch eine Episode (1860-1870). Aber genau diese Initiative drückte damals schon etwas aus, das heute wieder aktuell ist, nämlich sendungsbewusste Gemeinden zu fördern. Troeger resümiert an dieser Stelle, was bereits Wirklichkeit geworden ist: „Die ganze Diskussion darüber hatte die Missionare (...) daran erinnert, dass ihr Ziel in Ägypten darin bestand, eine missionierende und evangelisierende Kirche zu gründen.“ Wer nach Zahlen sucht, findet sie an vielen Stellen in diesem Buch. So heißt es: Der Erfolg der Mission (AM) liegt bis 1900 bei 75 Taufen. 1890 bis 1894 wurden 20 Muslime getauft, bei 2165 neuen Gemeindemitgliedern insgesamt allerdings nicht viel. Man liest, dass Kompetenz nicht immer alles ist, so heißt es von Samuel Gobat, einem der frühen Basler Missionare im Dienst der CMS: „Er predigte gewöhnlich eine Stunde mit großer Leichtigkeit [auf Arabisch]. Es fehlt nur an Zuhörern.“ Troeger verzichtet – wie er selbst am Anfang betont – auf die Auseinandersetzung um die Fragen der Legitimität evangelischer Mission in einem seit Jahrhunderten christlich-orthodox und muslimisch geprägten Land. Ihm geht es um die Geschichte der evangelischen Missionsgesellschaften und ähnlicher Einrichtungen (z.B. Bibelgesellschaft). Er schreibt gegliedert über deren Prägungen, Methoden und Zielsetzungen. Es geht ihm dabei nicht um das Engagement der evangelischen Kirchen in den letzten Jahrzehnten. Die berühmte Qasr id-Dûbȃra-Kirche am Kairoer Tahrîr-Platz, eine Gemeinde, die seit Jahrzehnten mit großer Sendungskraft aktiv ist, wird daher nur als „City-Kirche“ am Rande erwähnt. Nicht alle arabischen und englischen Ausdrücke werden als solche aufgeführt. Für diejenigen, die sich sprachlich auf die Mission in Ägypten oder der arabischen Welt vorbereiten, werden sich mit Begriffen oder Namen wie z.B. Khalȃs in-Nufûs, die nur in der Übersetzung als „Heil der Seelen-Bewegung“ genannt wird, nicht vertraut machen können. Troeger arbeitet dennoch detailliert und genau, davon zeugen die 1293 Fußnoten, verteilt auf 209 Seiten und ein ausführliches Register, das sehr dazu beiträgt, dieses Buch als Nachschlagewerk gebrauchen zu können. Seine Arbeit berichtet vom Widerstand der Muslime durch politische Maßnahmen, die „Verweigerung der Religionsfreiheit durch die Behörden“, Boykotte, Beschimpfungen und Anzeigen. Was aber die Gewalt anbetrifft, die Missionaren widerfuhr, war das Schlimmste Steinwürfe gewesen. Es wurde in den zwei Jahrhunderten von keinem einzigen Mord an einem Missionar berichtet. Wenn man das gesamte Buch gelesen hat, wird man vielleicht am Ende fragen wollen: War es vielleicht nicht der Islam oder die Muslime, die die Missionsarbeit am meisten gehindert haben, sondern möglicherweise so vieles andere: die Krankheiten der Missionare, der zu frühe Tod etlicher außerordentlicher Mitarbeiter; der Krimkrieg (1853-56) und eine Meuterei gegen die Britische Herrschaft in Indien 1858 (beides strahlte nach Ägypten aus); eine theologische Kontroverse mit dem Darbysmus 1868, Unfälle, der Urȃbi-Aufstand (1879-1882), die Cholera 1865, die beiden Weltkriege, die Säkularisierung der Amerikanischen Universität (AUC) ab 1922, die Revolution von 1952 (der „arabische Sozialismus“), die Suezkrise von 1956, der Sechs-Tagekrieg und nicht zuletzt die insgesamt viel zu geringe Zahl der Missionare. Troeger nennt zwar über 200 entsandte Verantwortungsträger und herausragende Persönlichkeiten mit Namen und alleine das macht das Buch schon lesenswert, aber in Relation zu dem Zeitraum, den dieses Werk insgesamt berücksichtigt, waren es zu wenige Mitarbeiter. Sollte ein weiterer Grund vielleicht ein zu eigentümliches Verhältnis zum eigenen Auftrag gewesen sein? Über den EGM-Missionar Aubrey Whitehouse heißt es: „Er setzte sich dafür ein, dass die Mission ehrlich zu ihrem Auftrag steht (...) alle `Geheimniskrämerei´ in der Korrespondenz und im Verkehr mit den Behörden sah er kritisch.“ Wurde die Arbeit eingeschränkt, weil Mission zu sehr im Under-Cover-Modus betrieben wurde? Mit diesen Fragen im Hinterkopf wird die Lektüre des Buches spannend. Als Resümee lässt sich sagen: Durch die Geschichte, die Eberhard Troeger in gewissenhafter Recherche zusammengetragen hat, bekommt man eine Idee davon, welches Potential in der Geschichte der evangelischen Christenheit in Ägypten verborgen liegt. Wer einen Grund zur Inspiration und Hoffnung im Blick auf die Mission unter Muslimen sucht, wird es in diesem Buch finden. Thomas Dallendörfer, em 2014-2. |
Ekman, Ulf. Doctrine - The Foundations of
the Christian Faith. Uppsala: Word Life
Publications, 1996. „Doctrine“ ist die englische Übersetzung der schwedischen Originalausgabe von 1995. Sie ist Ekmans Versuch einer systematischen Theologie. Herausgekommen ist dabei eher ein biblisch-theologisches Handbuch, in dem Ekman seine Erkenntnisse und Einsichten addiert. Seine „Lehre“ besteht zu einem großen Teil aus einer Kette von biblischen Zitaten und Auflistungen (Extrembeispiele 27-38 und 219ff.) Der Buchaufbau folgt den klassisch lutherischen Loci. Ekman, der ja ein dezidiert charismatischer Vertreter und Anhänger einer Glaubenstheologie Haagin’scher Prägung ist, erwarb an der Universität Uppsala einen theologischen Grad. Nur wenige Aussagen (z. B. Rechtfertigung schließt die körperliche Heilung mit ein, 186ff.) und allenfalls die kurz gehaltenen Kapitel über Pneumatologie und Angelologie (speziell der Abschnitt über Dämonenaustreibung) machen deutlich, daß hier nicht bloß ein lutherisch-evangelikal geprägter Pastor am Werke war. Bei der Soteriologie schlägt Ekmans Herz. Das beweist allein schon der Umfang des Kapitels. Allerdings zeigt sich hier auch eine besondere Schwäche des Buches, denn die Trennlinien, z. B. zur Christologie, werden nicht immer deutlich gezogen. Generell sind Gedankenführung und Kapitelaufbau nicht immer klar strukturiert; eine kreisende und sich häufig wiederholende Tendenz ist erkennbar. Ekman kommt in seiner „Lehre“ mit nur einer Fußnote aus (eine Erläuterung zur jüdischen Bar Mizwa). Eine Bibliographie sowie ein Index fehlen völlig. Biblische Aussagen erscheinen als einzige Quellenangaben. Die drei im Nachwort aufgeführten altkirchlichen Bekenntnisse (Apostolikum, Nizänum und Athanasianum), auf denen Ekmans Lehre basieren soll, werden im Text nicht zitiert. Sollen sie die Kontinuität mit den Anfängen der christlichen Kirche ausdrücken oder ein reformatorisches Selbstverständnis dokumentieren? Mehr als 40 DM sind für dieses Buch jedenfalls ein recht hoher Preis. Joost Reinke, em 1997-4. |
Elliot, Elisabeth. Amy Carmichael. Ein Leben in
der Nachfolge. Neuhausen:
Hänssler, 1995. Der bekannte indische Bischof und Missionshistoriker Stephen Neill äußerte einmal, daß aus heutiger Perspektive und aus Liebe zur Wahrheit eine große Anzahl erbaulicher Missionarsbiographien neu geschrieben werden müßten. Auch auf dieses Buch, das den Werdegang Carmichaels von Irland über Japan, China und Ceylon nach Indien und die Entstehung der Dohnavur-Fellowship zur Rettung von Tempelkindern beschreibt, trifft sein Urteil zu. Für Neill war Amy Carmichael keine Unbekannte, denn er hatte sie in Dohnavur selbst kennengelernt. Er mußte die Arbeit aber bald verlassen, da sich unüberbrückbare Differenzen ergaben. Ohne den Einsatz und das Werk von Amy Carmichael und auch Elisabeth Elliot gering schätzen zu wollen, empfinde ich diese Biographie als oft beschönigend und damit ein bißchen unehrlich. Die vielen Konflikte und Anfeindungen, denen die Dohnavur-Fellowship ausgesetzt war, sind nicht nur einfach Angriffe des Satans, wie sie es selbst empfunden haben, sondern auch das Ergebnis eigenen Verschuldens, von falschem Autoritätsdenken und Führungsverständnis bis zu Überängstlichkeit und Unflexibilität. Wenn die Dohnavur-Kinder beim Eintritt in ein College weder das indische Englisch noch Tamil richtig verstehen bzw. sprechen konnten, ist dies z. B. ein sehr deutlicher Hinweis darauf, daß hier eine ungesunde und auch ungeistliche Isolation stattgefunden hat. Der Stil der Autorin (er soll wohl erbaulich sein) ist mir ein wenig zu süßlich und die Erzählung oft unzusammenhängend. Bedauerlicherweise kann ich daher diese Lektüre einem heutigen anspruchsvollen Missionsinteressierten nicht empfehlen, sondern muß mich Neill in dem Rat anschließen, eine neue Biographie über Amy Carmichael zu verfassen. Martin Sachs, em 1997-2. |
Engel,
James F. & William A. Dyrness. Changing the Mind of Missions – Where Have
We Gone Wrong? Downers Grove:
InterVarsity Press, 2000. Dieses Buch ist ein hilfreicher Beitrag zur Diskussion um die Spannung zwischen Missionswerken und Gemeinden. Als jemand der seit vielen Jahren in der missionarischen Arbeit im Ausland tätig ist, muss man schon kräftig schlucken, denn manche traditionellen Überzeugungen werden in Frage gestellt. Die Autoren sind bekannte Missionswissenschaftler: Dyrness lehrt am Fuller Seminary und Engel im Ruhestand am Eastern College. Auch wenn sie den nordamerikanischen Kontext im Blick haben, ist ihre Kritik auch für europäische Missionswerke von Bedeutung. Nach Ansicht der Autoren ist die westliche Missionsarbeit stark von der Moderne beeinflusst. Mission wird als Bewegung vom Zentrum zur Peripherie verstanden, der Glaube als persönliche Angelegenheit betrachtet, und Missionsstrategien sind pragmatisch begründet. Dies erweist sich in einer postmodernen Welt als negativ. Die große Chance für die Mission liegt darin, dass die Postmoderne wieder näher an den ursprünglichen Werten dran ist, wie sie besonders in der Zweidrittel-Welt geschätzt werden und wie sie Jesus zu seiner Zeit gelebt hat: Religiöse Vorstellungen haben auch im öffentlichen Leben Platz, die Realität des Bösen wird anerkannt, und Gemeinschaft ist wichtiger als Individualität. Anhand der fiktiven Geschichte eines Missionsdirektors, seiner Missionsgesellschaft und einer mit ihnen verbundenen Gemeinde beschreiben die Autoren in spannender Weise die Herausforderungen im Verhältnis Missionsgesellschaft – Gemeinde sowie einen möglichen Lösungsansatz. Das Paradigma ihrer Missionsstruktur stammt von Jesu selber: die Aufrichtung und Ausbreitung des Reiches Gottes und seiner Herrschaft auf der ganzen Welt. Die Kernbotschaft lautet: „Mission in einer postmodernen Welt wird Gemeinde-zentriert sein, ausgerichtet auf Stärkung und Befähigung der Leute Gottes. Die Botschaft des Evangeliums wird wieder ganzheitlich gesehen, ausgedrückt durch Worte und glaubhaft gemacht durch das ‚Salz und Licht’ das von aufrichtiger Gemeinschaft kommt (Mt 5,13-16). Individuelle Initiativen werden der Arbeit in Netzwerken Platz machen, wobei die Stärken der Einzelnen sich gegenseitig ergänzen, indem Christen zusammen denken, arbeiten und beten um die Herrschaft Christi auszubreiten“ (S.80f.). Das Buch ist lesenswert für Gemeindemitarbeiter denen das Anliegen der Weltmission am Herzen liegt. Eine Gemeinde, die sich nicht als Institution, sondern als lebendigen Organismus versteht, hat auch bei postmodernen Menschen große Chancen. Das Anliegen der Weltmission wird nicht nur durch finanzielle oder personelle Unterstützung gefördert, sondern die Gemeinde nimmt eine aktive Rolle ein: sie mobilisiert ihre eigenen Ressourcen und ergreift die Initiative, um einen bestimmten Auftrag auszuführen. Dies geschieht oft in Zusammenarbeit mit einer Missionsgesellschaft. Mission ist nicht nur ein Programmpunkt unter vielen, sondern das weltumspannende versöhnende Werk Gottes bestimmt alle anderen Gemeindeprogramme. Die zweite Zielgruppe des Buches sind die Missionsgesellschaften. Sie werden nicht darum herumkommen, sich zu verändern, ein Prozess der Transformation ist gefragt. Dabei sollte sich eine Missionsgesellschaft u.a. folgende Frage stellen: „Welchen Unterschied würde es auf die Weltsituation bzw. auf die Gemeinden in den sendenden Ländern machen, wenn unsere Organisation nicht bestehen würde?“ Die Autoren haben nicht die Antworten auf alle Fragen, aber sie machen Mut, sich auf eine Pilgerreise in unbekanntes Land einzulassen. Ein spannendes Unternehmen! Reinhold Strähler, em 2006-4. |
Engel,
James F. & William A. Dyrness. Changing the mind of Missions – Where have
we gone wrong? Downers Grove: Intervarsity Press, 2000. Kaum ein anderes missiologisches Buch hat zu einem solch radikalen Umdenken in der Weltmission aufgerufen, wie der vorliegende Band der beiden bekannten Missiologen James F. Engel und William Dyrness. Mit großer Sorge beobachten die Autoren die Anpassung vieler Missionswerke an den westlichen Wirtschaftspragmatismus (S. 18) und befürchten ihr Aussterben in den nächsten 10 Jahren, weil sie Mission stellvertretend für die Gemeinden statt mit ihnen zusammen tun. Viele Missionsleiter sähen Gemeinden lediglich als Quelle für Personal und Finanzen an, statt ihnen zu dienen (S.122). Gemeinden müsse ihre zentrale Rolle in der Mission wieder zurück gegeben werden (S.110-142). Das Modell der Glaubensmissionen, das auf Freiwilligen basiere (S. 146), die nur auf Gott vertrauten, sei weder biblisch begründbar noch werde es von Gemeinden in den Heimatländern länger hingenommen (S.75). Darum rufen die Autoren zu einer echten Partnerschaft zwischen Missionsgesellschaften und Gemeinden in den Heimatländern (S.81,127) auf. Gemeinden sollten unmittelbar am Leben und Wirken ihrer Missionare beteiligt sein. Zudem beklagen die Autoren, dass westliche Missionswerke weitgehend einem menschlichen Strategie- und Methoden-Denken (S. 67) zum Opfer gefallen sei, das sie mit Samuel Escobar als „Managerial Missiology” (S. 87) bezeichnen: Strategisches Planen und Problemlösung, numerische Ergebnisse, Finanzierungspläne (S. 68), Kommunikationstechniken (S.68), Marketingstrategien (S.69) und Fundraising (S.73) bis hin zu irreführenden Erfolgsstorys (S.72), das Vertrauen auf westliche Macht und Einfluß (S.45), Verquickung von Evangelium mit westlicher Kultur (S.80) bestimmten viele Aktivitäten. Dies basiere auf dem Leitbild der „Moderne” (S.61ff, 78), d.h. der Ideologie von Vernunft, Zahlen (S.68ff), Management und Methoden (S.106), die längst von der Postmoderne abgelöst worden sei (S.173ff). Dadurch verschließe man sich dem Wirken des Heiligen Geistes und werde taub für seine Leitung. Im gleichen Atemzug werde Mission auf Evangelisation (möglichst viele Menschen mittels vorgefertigter evangelistischer Methoden – „prepackaged evangelistic tools” genannt - mit dem Evangelium zu erreichen, S.64; 87) reduziert, die auf die örtliche Situation im Einsatzland wenig abgestimmt seien. Mission sei zu einer „Industrie” (S.50) verkommen, auf einen Massenartikel reduziert, den es zu vermarkten gelte (S.69). Mission sei stattdessen Gottes Mission; es geht um die Verherrlichung Gottes. ER ist verantwortlich für das Ergebnis, nicht wir Menschen (S.37). „Mission fließt aus dem Herzen von Menschen, die durch den Heiligen Geist transformiert wurden und alles verlassen, um Christus zu folgen” (S.36). Im Zentrum des biblischen Missionsauftrags stehe zudem das „Jünger Jesu machen” (S.31,64), das Wachstum in der Heiligung (S.88), die Integration von Gläubigen in eine Gemeinde (S.102,117), Hingabe und Transformation des ganzen Lebens (S.29), die Herrschaft Jesu in seinem Volk (S.39; 115). Die Gemeinde solle ein Segen für die Umgebung darstellen („soziale Transformation”, S.64, 89). Aufrüttelnd sind die Worte eines afrikanischen Gemeindeleiters: „Your people brought us Christ, but never taught us how to live”(S.22). Das Evangelium sei nicht eine Privatsache ohne gesellschaftliche Relevanz (S.22, 65). Das schließe die Wahrnehmung von struktureller Sünde und Ungerechtigkeit (S.93) ein. Es gehe um Erlösung und Versöhnung, Evangelisation und soziale Transformation (S.64). Dabei sei die Kooperation von Missionswerken untereinander (S.71; 96,181) wie auch mit lokalen Gemeinden im Einsatzland (S.76) zwingend erforderlich, statt Konkurrenzdenken und isolierten Einzelinitiativen (S.96) Raum zu geben. Entscheidungen sollten vor Ort getroffen (S.77) und große Allianzen (S.171; 181) in den Einsatzländern gebildet werden, statt wirtschaftlicher und politischer Macht (S.45f) und Kontrolle aus dem Westen (S.97). Da habe die alte Arbeitsweise mit der Abhängigkeit von externer Finanzierung (S.73) oft die Entwicklung von Eigeninitiative (S.73) und einheimischen Resourcen (S.20) eher behindert. Die bisherigen Markenzeichen der westlichen Mission „Organisatorische Brillianz und zentralisierte Verwaltung” (S.67) müßten ersetzt werden durch schlanke Administration bei verstärkter Motivation und Befähigung von Mitarbeitern (Schulung von Führungskräften S.160). Statt der Fixierung auf Projektziele (S.113; 166) sollte jeder einzelne Mitarbeiter persönlich gefördert werden (S.124; 153ff). Statt hierarchischen Führungsstrukturen (S.113; 148) und Kontrolle von oben (S.23) werben sie für dezentralisierte Teams (S.158), lokale Initiativen (S.98) und die Ermöglichung alternativer Wege (S.158). „Gebet ist wichtiger als Aktion; Dienstbereitschaft und Selbstaufgabe wichtiger als Dominanz und Kontrolle” (S.166). Dieser fundamentale Richtungswechsel in der Mission müsse zügig eingeleitet werden (S.167). Dafür böte der gesellschaftliche Wechsel von der Moderne zur Postmoderne einen gute Chance, da letztere geprägt sei von dem Wunsch nach persönlichen Beziehungen, Vertrauen, Spontaneität, Spiritualität und ganzheitlichem Leben (S.81;173-183). Diese markanten Thesen sind eingepackt in eine spannende Rahmengeschichte von einer fiktiven Gemeinde und einem Missionswerk, die aus der Not heraus beide den vorgeschlagenen Paradigmenwechsel wagen. Diese Geschichte zieht sich durch das ganze Buch hindurch - die Abschnitte sind am Seitenrand durch einen Balken klar gekennzeichnet - und überträgt die grundlegenden Gedanken auf die konkrete Situation von Missionswerken und Gemeinden. Mit ihren mutigen Gedanken fordern die Autoren zum Neu- und Umdenken heraus und provozieren Widerspruch – kein missiologisches Buch wurde in letzter Zeit so heftig diskutiert (vgl. Mission Frontiers Dez. 2000, S.5, EMQ Jan. 2001, S.92-98); keinem anderen wurde so viel destruktive Kritik unterstellt. Es ist aber zugleich ein hoffnungsfrohes Buch, denn es zeigt neue Wege auf und macht Gemeinden und Werken Mut, Veränderungen zu wagen (S.143-172). Kein anderes Buch habe ich so inspirierend empfunden und mit so viel Gewinn gelesen. Zwar kann ich mich der unkritischen Euphorie über die Postmoderne (mit ihren unbestreitbaren Vorzügen wie auch Nachteilen) nicht uneingeschränkt anschließen, ebenso wenig den scharfen Kontrasten, die sie zwischen dem alten und dem neuen Denken sehen – es ist aber gerade die Stärke der amerikanischen Denkweise, komplexe Fragen auf wenige Grundprinzipien zurückzuführen und einfache Antworten zu finden, die mit großem Engagement und Überzeugungskraft vorgetragen werden. Zudem sehe ich das Problem nicht nur auf Missionsgesellschaften und ihrer Leitung beschränkt – das radikale Umdenken ist ebenso bei den Missionaren gefordert, denn ihnen kommt eine entscheidende Rolle im Verhältnis zu ihren Heimatgemeinden und den Kirchen im Einsatzland zu – dieses Thema ist in dem Werk leider ausgeklammert. Das Buch ist spannend geschrieben; die Leitgedanken werden in den verschiedenen Kapiteln immer wieder in neuer Form entfaltet und prägen sich so besser ein. Fußnoten verweisen auf weiterführende Literatur. Mit praktischen Fragen wird zum Überprüfen der Effektivität von Missionswerken eingeladen und die einzelnen Phasen des Veränderungsprozesses skizziert (S.143-173), auch wenn mir diese den Eindruck vermitteln, dass die Autoren doch wieder auf das sonst kritisierte Methoden-denken zurückgreifen mußten. Das äußerst praktische Buch schließt Checklisten mit provokativen Kernfragen ein, wie etwa: „1. Welchen Unterschied würde es für die Welt machen, wenn dieses Missionswerk aufgelöst würde? 2. Welchen Unterschied würde es für die Gemeinden in den Heimatländern machen? 3. Was können wir beitragen zum Leib Christi, der bereits in dieser Volksgruppe am Werk ist?” (S.150) Von keinem anderen Missionsbuch bin ich so sehr inspiriert und herausgefordert worden wie dem vorliegenden. Es ist zum Lesen sehr empfohlen, ja es sollte Pflichtlektüre für jeden Missionsleiter und Missionar sein. Dr. Detlef Blöcher, em 2001-3. |
Enger, Philipp A. Die Adoptivkinder Abrahams. Eine
exegetische Spurensuche zur Vorgeschichte des Proselytentums. Beiträge
zur Erforschung des Alten Testaments und des Antiken Judentums 53.
Frankfurt/Main: Peter Lang, 2006. Philipp Enger promovierte im Wintersemester 2002/03 mit einer Studie zur Vorgeschichte des Proselytentums an der Humboldt-Universität in Berlin, die er nun in überarbeiteter Form veröffentlicht. Der Studienleiter in einem Bildungswerk der EKD begibt sich hier auf die Suche nach Konversionsphänomenen im Alten Testament, also nach dem, was in der Missiologie auch als „Bekehrung“ bezeichnet wird. Um dabei der Gefahr einer „Rechtfertigung der aggressiven christlichen Missionsideologie durch angebliche jüdische Vorläufer“ (S.31) zu entgehen, gründet Enger die seiner Untersuchung zugrunde liegende Definition von „Konversion“ auf die Ergebnisse moderner Human- und Religionswissenschaft. Von H. Mohr (Art. Konversion/Apostasie in Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, 3: 436-45, 436, Hg. H. Cancik u.a., Stuttgart, 1993) übernimmt er drei Indikatoren für eine gelungene Konversion: (1) Die Veränderung der kognitiven Grundeinstellung, sichtbar oft durch Bekenntnisakte, (2) die Neuorientierung der Mentalitäts- und Verhaltensmuster und (3) der soziale wie religiöse Statuswechsel in Form einer Integration in die Gemeinschaft. In dem ausführlichen exegetischen Teil seiner Monographie trägt Enger in kanonischer Rei-henfolge (Tora, Propheten, Schriften) die Texte von der Aufnahme des Fremden (Dtn 23,2-9 u.a.), dem Umgang mit den Gibeonitern (Jos 9), sowie das Tempelgebet Salomos (1.Kö 8,41-43) und die Erzählung von Naaman (2.Kö 5) zusammen. Hier finden sich zwei Exkurse zu Jitro (Ex 18,11) und Rahab (Jos 2,9-11). Es folgen Überlegungen zu den Deportierten in Samaria (2.Kö 17,24-41), dem Ausländer in Jes (56,1-8), dem ger („Fremdling“) in Hes, den Seeleuten und Niniviten in Jon, sowie zu Rut (1,16f) u.v.m. Indem sich Enger im Bereich „Tora“ auf 250 Seiten fast ausschließlich mit den Gesetzes-texten zur Problematik des ger beschäftigt, reiht sich seine Studie in die einschlägigen Untersuchungen von C. Van Houten (The Alien in Israelite law, Sheffield, 1991) und C. Bultmann (Der Fremde im antiken Juda, Göttingen, 1992) ein, lässt jedoch eine Auseinandersetzung mit J.E.R. Kidd (Alterity and Identity in Israel, Berlin, 1999) und M. Zehnder (Umgang mit Fremden in Israel und Assyrien, Stuttgart, 2005) vermissen. Enger kommt in seiner Studie zu einem überwiegend negativen Ergebnis. Für die vorexilische und exilische Zeit könne in keinem Fall von Konversion gesprochen werden. Trotz aller Integrationsbestrebungen habe der ger letztlich keinen Zugang zur Versammlung (‘edah) und Gemeinschaft der „Söhne Israels“. Zur Aufnahme des Edomiters und Ägypters in die Versammlung (qahal) in Dtn 23,2-9 postuliert Enger eine Vorform des Texts, in der es lediglich um eine Duldung im Land gegangen sei. Erst in nachexilischer Zeit sei der Wunsch nach Integration in die „utopische Gemeinschaft“ hinzugekommen (S.296). Die Erzählung von Naaman diene „einzig der politischen und religiösen Selbstwertsteigerung jüdischer Leser“ (S.500), Elisa versage ihm in seiner Antwort die autoritative Anerkennung (2.Kö 5,19). Bei Rut sieht Enger ein Problem darin, dass „ihr Verhältnis zu ihrer moabitischen Heimatgottheit ungeklärt bleibt“ (S.505). Die Seeleute und Niniviten im Buch Jona durchleben keine Integration in die jüdische Gemeinschaft. Lediglich fünf von Enger deutlich nachexilisch datierte Texte öffnen Nichtjuden den Zugang zum Judentum: Esr 6,21; Neh 10,29; Jes 56,1-8; Hes 14,5-7.11; Est 9,27. Nur die beiden letzten Stellen lassen Enger zu der Hypothese gelangen, „daß der historisch existente Konvertit zum Judentum ein Phänomen der östlichen Diaspora im 3. Jahrhundert ist.“ Enger schließt, dass diese Option einer Konversion in alttestamentlicher Zeit „weit von einer allgemeinen Akzeptanz, theologischen Etablierung oder gar förmlichen Institutionalisierung entfernt“ ist. Völlig abwegig sei von daher die Annahme missionarischer Werbung im Alten Testament (S.518). Enger bietet eine hervorragende Zusammen-stellung und ausführliche exegetische Untersuchung zahlreicher missiologisch bedeutsamer Texte, insbesondere zur Problematik des ger. Auffällig ist hier das fast völlige Fehlen von Belegen aus den Narrativtexten der Tora, dem weiter hätte nachgegangen werden können. Trotz anfänglicher Bedenken (vgl. S.23, 54) stützt Enger einen großen Teil seiner Ergebnisse auf die Basis umstrittener literarkritischer Hypothesen. Vielfach unterstellt er den Texten tendenziöse Absichten und gibt sich hinsichtlich ihrer Historizität sehr pessimistisch. Obwohl er in seiner Einführung nachzeichnet, wie sehr die Indikatoren für Konversion im Wandel begriffen sind, legt er sich auf ein wohl eher engführendes Modell fest und führt seine Untersuchung so zu einem negativen Ergebnis. So ist sein Werk, nicht nur aufgrund der 30 engbedruckten Seiten bibliographischer Anga-ben, herausfordernd und unverzichtbar für alle, die sich mit dem Phänomen der „Bekehrung“ im gesamtbiblischen Zusammenhang beschäftigen möchten. Dr. Siegbert Riecker, em 2007-1. |
Escobar, Samuel. A Time for Mission: The Challenge for global Christianity, The Global Christian Library, Leicestershire: Langham Literature & InterVarsity Press, 2003. Samuel Escobar ist Peruaner und Professor für Missiologie am Eastern Baptist Theological Seminary sowie Präsident der United Bible Societies. Er war als Missionar und Dozent in verschiedenen Ländern der Welt tätig. Escobar legt uns mit seinem Buch einen einführenden Überblick über die missionarischen Herausforderungen der globalen Christenheit im 21. Jahrhundert vor. Erschienen in der Reihe der Global Christian Library (Hg. John Stott u. David Smith) dient diese Einführung in die christliche Mission (so will Escobar das Buch verstanden wissen, S. 170) dem Ziel der Serie, der Verschiebung christlicher Gravitationszentren in die 2/3 Welt Rechnung zu tragen. Dabei sollen nicht-westliche Autoren relevante theologische Themen aus der Perspektive ihrer eigenen Kultur reflektieren. Ausgehend von den Veränderungen der globalen Missionssituation zu Beginn des 21. Jahrhunderts entwirft Escobar unter Berücksichtigung der Missionsgeschichte ein trinitarisch-theologisches Missionsmodell, um es für die gegenwärtige globale Situation fruchtbar zu machen. Neben den bekannten missiologischen Wandlungs-Phänomenen (geographische und soziale Veränderung der treibenden Kräfte christlicher Mission), beschäftigt sich Escobar intensiv mit den Auswirkungen der Globalisierung und der postmodernen und postchristlichen Gesellschaftsentwicklung auf die Mission. Dabei warnt er nachdrücklich davor, die materialistische und gewinnorientierte Ideologie der Globalisierung ähnlich unkritisch wie früher den Imperialismus als notwendigen Aktionsrahmen aller missionarischen Bemühungen anzunehmen. Die wirtschaftliche Verabsolutierung radikalisiert Armut und wird so zur Herausforderung ganzheitlicher Mission. Transkulturelle Missionskooperationen müssen gerade in einem global vernetzten Zeitalter nach dem Leitbild nonpaternalistischer, inkarnatorischer Zusammenarbeit gestaltet werden. Darüberhinaus kommt es durch die postchristliche und postmoderne Weltanschauung vor allem in Europa zu kulturellen Abgründen zwischen Kirche und säkularer Welt, die die Evangelisation fast unmöglich machen. Nach dieser missiologischen, historischen und soziologischen Situationsanalyse erklärt Escobar, wie das Missionsvorbild Gottes die Kirche in eben dieser Situation bestimmen muss: Mission ist Gottes Initiative, Gott ruft Menschen zu sich um sie dann in die Welt zu senden. Christi inkarnatorisches Vorbild warnt vor Triumphalismus und ermutigt zu praktischer Barmherzigkeit und ganzheitlichem Dienst einerseits und klarer Konfrontation mit Ungerechtigkeit andrerseits. Da der Heilige Geist der Regisseur der Mission schlechthin ist, gilt es, seinem Wehen sensibel zu folgen. In der Anwendung seines inkarnatorischen Paradigmas auf den Umgang mit der Bibel betont Escobar, wie wichtig es ist, dass jede Kultur die Schrift aus ihrer eigenen Perspektive lesen lernt, um Antworten für eigene Fragen zu finden. Escobar beschließt sein Buch mit einem kommentierten Überblick zu weiterführender, missiologischer Literatur. Der innere Aufbau des Buches, das eine Fülle von Themen auf weniger als 200 Seiten abhandelt, wirkt insgesamt durchdacht und logisch stringent. Allerdings tragen die Kapitelüberschriften nicht besonders gut dazu bei, die vorhandenen gedanklichen Strukturen zu verdeutlichen. Escobar leitet die Kapitel mit narrativen Beispieltexten ein und stellt damit einen plastischen Wirklichkeitsbezug her. Zusammenfassende Abschlussparagraphen fehlen jedoch völlig, was die Übersicht im Buch erschwert. Das thematisch untergliederte Literaturverzeichnis am Schluss ist ein gutes Hilfsmittel zur missiologischen Orientierung. Einen Index gibt es nicht. Escobars Buch hat keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern stellt eine hilfreiche allgemeinverständliche, missiologisch reflektierte und evangelikal orientierte Einführung in die aktuelle weltmissionarische Thematik aus der Perspektive eines lateinamerikanischen Theologen dar. Es gelingt dem Autor, einen klaren Blick in die Missionsgeschichte mit einer kritischen Gegenwartsanalyse und einem trinitarisch-inkarnatorischen Leitbild der Mission zu verbinden. Besonders erwähnenswert erscheint mir Escobars Anliegen, ein umfassendes Problembewusstsein für die ideologischen Implikationen der Globalisierung für ein christliches Missionsverständnis zu schaffen. Andreas Rauhut,em 2006-2. |
Estep, William R. Whole Gospel, Whole World. The
Foreign Mission Board of the Southern Baptist Convention 1845-1995. Broadman & Holman:
Nashville, 1994. Dieses Buch will keine Geschichte der Missionsarbeit der Southern Baptists sein, sondern nur die der Heimatleitung. Als solche kann uns das Buch helfen, die sich wandelnden Grundsätze der SB Mission besser zu verstehen, die sich sowohl von denen der klassischen Missionen unterscheiden als auch von denen der gegenwärtigen evangelikalen Missionen, mit Ideen wie „indigenous principle“ und „nationalization“. Für das 150jährige Jubiläum geschrieben (und offiziell autorisiert), zieht der Autor die Entwicklungslinien von einer Missionsgesellschaft, die fast die Denomination schuf, über eine von der Denomination unabhängige Mission zur voll in die Denomination integrierten und von ihr kontrollierten Missionsabteilung. Als solche wurde die SB Mission von der konservativ/progressiven Krise betroffen, die zum Rücktritt von Keith Parks als Präsident 1992, zur Krise um Rüschlikon und zur Gründung der Cooperate Baptist Fellowship führte. Das Buch endet mehr mit einem Ton der Unsicherheit und des Nachdenkens als des Triumphes, zudem der weltweite Bold Mission Thrust auch kein voller Erfolg war. Mir scheint, daß der Autor die auseinandergehenden Überzeugungen (Evangelisation und Unterstützung der Missionare gegen Mission durch Institutionen) beide vertritt. Dieses Buch hilft, eine Mission, die uns in vielem fremd erscheint, besser zu verstehen. Die von den SB gegründeten Kirchen spielen in dem Buch kaum eine Rolle. Dr. Klaus Fiedler, em 1998-3. |
Evangelisches
Kirchenlexikon. Internationale theologische Enzyklopädie. Herausgegeben
von Erwin Fahlbusch, Jan Milic Lochman,
John Mbiti, Jaroslav Pelikan und Lukas
Vischer. Erster Band (A-F). Dritte Auflage. Neufassung. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1986. Die dritte Auflage und
zugleich völlige Neufassung des bekannten Evangelischen Kirchenlexikons
(EKL), das in den 50er Jahren erstmals
erschien, um eine „zusammenfassende Darstellung der theologischen
Arbeit und des kirchlichen Lebens“ zu geben, liegt jetzt in ihrem ersten Band
vor. Diese Neufassung des EKL sucht der veränderten Der beschränkte Raum ermöglicht keine umfassende Besprechung, deswegen will ich mich hier auf die Themenkreise beschränken, die em berühren. Als Lexikon dient das EKL zuallererst nicht der Stellungnahme, sondern der Information, und es gelingt ihm, die weltweite Vielfalt des Christentums zu erfassen. Der konfessionellen und denominationellen Vielfalt versucht das EKL dadurch gerecht zu werden, daß häufig zu „katholischen“ Themen katholische Autoren schreiben (z.B. Ludwig Wiedemann über Adveniat) oder zu freikirchlichen Themen eben Freikirchler (z.B. Schütz und Seidel über die Ev. Freikirchen und Freien ev. Gemeinden). So sind auch die „evangelikalen“ Themen an Evangelikale vergeben worden: Waldron Scott schreibt über die Evangelische Allianz, Erich Geldbach über die Evangelikale Bewegung und Peter Beyerhaus über die Evangelikalen Missionen. Hervorstechend ist der internationale Charakter des EKL. Ein internationaler Herausgeber- und Mitarbeiterkreis verantwortet das von Britta Hübener und Wolfgang G. Roehl redaktionell betreute Werk. Die Artikel über die einzelnen Länder wurden, wenn eben möglich, an Autoren aus diesen Ländern vergeben (wobei sich manchmal Unebenheiten in der Übersetzung eingeschlichen haben, z.B. die „Muselmanen“, Sp. 430, in Benin). Es ist nicht nur für jedes Land der Welt ein Artikel vorgesehen, wichtiger ist noch, daß auch bei thematischen Artikeln der geographischen Vielfalt Raum gegeben wird: so enthält der Artikel über Begräbnis neben einem Unterartikel „Begräbnis in der orth. Kirche“ auch Unterartikel über Begräbnis in Afrika und in den USA. Natürlich kann nicht jeder geographische Bereich (und nicht jede der vielen Kirchen in diesen Bereichen) in jedem Fall gleich große Aufmerksamkeit erhalten, so daß bestimmte Artikel oder Unterartikel auch exemplarisch gesehen werden müssen, z.B. der Artikel über die „Assembleias de Deus no Brasil“ für die vielen ähnlichen Pfingstkirchen. Aber auch hier ist, sicher bewußt, eine Kirche aus dem Lande gewählt worden, in dem weltweit die Pfingstler am stärksten sind. Erfrischend ist für mich die Tatsache, daß amerikanische Themen und Autoren so starke Berücksichtigung gefunden haben, denn
deutschsprachige Theologie steht sonst manchmal
in der Gefahr der Isolierung. Eine
englischsprachige Ausgabe des EKL ist
schon in Arbeit und wird von Eerdmans in Grand Rapids (USA) veröffentlicht
werden. Hilfreich ist zum Beispiel der
Artikel über die Brüderkirchen in Amerika (Donald F. Durnbaugh), der
uns hilft, die wichtigsten unter ihnen
auseinanderzuhalten, oder der Unterartikel
„Erweckungstheologie 2 Nordamerika“,
selbst wenn man die Meinung des
Autors Eldon G. Ernst nicht teilen kann, daß um 1850 die Verbindung der Erweckungstheologie zur Theologie abgerissen Reiches Material zum Thema Mission bieten in diesem Band auch die Artikel „Britische Missionen“ und „China Inland Mission“ von Andrew Walls, „Deutsche Missionen“ von Niels-Peter Moritzen, „Frauenmission“ von Elisabeth Ottmüller und „Ärztliche Mission“ von Martin Scheel. Interessant ist auch der Artikel von Rene Blanc über die französischen Missionen; er wird aber insofern seinem Thema nicht gerecht, als praktisch nur die Pariser Mission (DEFAP) dargestellt wird und die interdenominationellen, freikirchlichen oder pfingstlichen Missionen gar nicht erwähnt werden, nicht einmal die 1927 gegründete Mission Biblique (die aber in John Mbitis Artikel „Elfenbeinküste“ ihren Platz hat). Als Missionstheologe hätte ich mir auch gewünscht, daß der Länderartikel „Finnland“ (Jouko Martikainen / Markku Heikkilä) den fast tausend finnischen Missionaren ein paar Zeilen gewidmet hätte. Das EKL ist natürlich kein evangelikales Werk, aber es bietet dem evangelikalen Leser eine große Fülle wertvollen Materials und verlangt keine Identifikation mit der theologischen oder historischen Auffassung der Autoren, so wie sich unter den Autoren auch verschiedene Tendenzen zeigen. Zum Beispiel werden zwei sehr unterschiedliche Verständnisweisen des Begriffs Fundamentalismus vertreten, wobei ich der Definition Geldbachs (Sp.1187) gegenüber der inklusiven von James Barr (Sp.1404 ff.) eindeutig den Vorzug geben möchte. Das EKL bietet dem, der bestimmte Informationen sucht, weitreichende Möglichkeiten, die dann Band V als Registerband noch erweitern wird. Als angenehm empfinde ich, daß bei Literaturangaben auch der Erscheinungsort angegeben ist, so daß der Benutzer die genannten Bücher über den auswärtigen Leihverkehr bestellen kann. Gut ist auch, daß die Umlaute wie einfache Vokale behandelt werden. Das EKL ist gefällig gedruckt, nicht nur ein Nachschlagewerk, auch ein Buch zum Lesen. Klaus Fiedler, em 1987-4. |
Evangelisches
Kirchenlexikon. Internationale theologische Enzyklopädie. Herausgegeben von Erwin
Fahlbusch, Jan Milic Lochman, John
Mbiti, Jaroslav Pelikan und Lukas Vischer. Zweiter Band (G-K). Dritte Auflage - Neufassung, Vandenhoek & Ruprecht,
Göttingen, 1989. Nachdem 1986 der Band I der dritten, völlig neubearbeiteten Auflage des Evangelischen Kirchenlexikons (EKL) erschienen war (siehe Rezension in em 4/1987), liegt nun Band II (G-K) vor. Er zeichnet sich wie der erste Band durch gewaltige Vielfalt aus, die sich schon im Reichtum der Themen der Artikel zeigt. Wichtiger ist aber die denominationeile Vielfalt. So werden viele wesentliche theologische Artikel aus unterschiedlicher konfessioneller Sicht behandelt, oft von Autoren aus dem entsprechenden Bereich. Diese Vielfalt der konfessionellen Verständnisweisen wird besonders deutlich bei der Behandlung des Stichwortes „Kirche“ und damit zusammenhängender Stichworte (Sp.1046-1293), aber z.B. auch beim Stichwort „Gemeindeaufbau“, das für die Volkskirche, die Freikirchen, die Kirchen der Dritten Welt, die Minderheitskirchen und die Kirchen in den USA getrennt behandelt wird. Als Freikirchler gefiel es mir, daß der freikirchlichen Gottesdiensttradition ein eigener Abschnitt (Sp.273-275) gewidmet wurde; schön hätte ich es gefunden, wenn ihnen auch bei „Klerus und Laien“ und bei „Kirchenrecht“ ein paar Worte gewidmet worden wären, sonst könnte der Eindruck entstehen, als hätten die Freikirchen beides nicht. Kirche ist nicht nur interdenominationell, sondern auch international. Dieser Tatsache wird das EKL mehr als jedes andere vergleichbare Lexikon dadurch gerecht, daß viele nicht deutschsprachige Autoren mitarbeiten, und zwar nicht nur für die Länderartikel, sondern auch bei den „allgemeinen“ Themen. Daß bei internationalen Büchern die Übersetzung nicht immer leicht ist, zeigen Probleme bei der Übersetzung fremdsprachlicher Kirchennamen in einzelnen Artikeln, z.B. Kanada, wo von „propagandistischen Kirchen“ (Sp.930) gesprochen wird, oder im Artikel über Kolumbien, wo die Übersetzung eine Mission der „Evangelischen Allianz“ schuf (Sp.1338). Hier wäre, wie in vielen anderen Länderartikeln dieses Bandes, eine Benutzung englischer oder spanischer Namen richtig. Diese Beobachtungen sprechen aber ganz und gar nicht gegen die umfassende Beteiligung ausländischer Autoren. (Nachahmenswert ist auch die Angabe der Übersetzer neben der Angabe der Autoren.) Da eine Gesamtbesprechung des Bandes zu umfangreich für diese Zeitschrift würde, möchte ich mich auf die auf em bezogenen Aspekte beschränken. Durch die Anfangsbuchstaben bedingt fehlen in diesem Band die großen evangelikalen Stichworte. Aber auch kleinere haben Bedeutung und werden solide behandelt, z.B. Gemeinschaftsbewegung, Heiligungsbewegung (beide Jörg Ohlemacher) und Glaubensmissionen (Peter Beyerhaus). Als Hilfe zur Unterscheidung evangelikal-fundamentalistisch kann der Artikel von Ludwig Rott über den Internationalen Rat Christlicher Kirchen (ICCC) dienen, der eine faire Darstellung gibt, ihn aber doch gegenüber den Selbstdarstellungen des ICCC auf eine reale (kleine) Größe bringt. Insgesamt wird das EKL dem freikirchlichen und dem evangelikalen Bereich nicht nur durch entsprechende Artikel gerecht, sondern auch durch eine Vielzahl von oft treffenden Einzelinformationen (z.B. die Erwähnung des TEAR Fund in Paul Oestrei-chers Artikel über Großbritannien und seine Feststellung, daß „die eigentlichen theologischen und soziologischen Trennungslinien zwischen Christen in Großbritannien heute im wesentlichen nicht mehr konfessioneller Art sind“). Eine Vielfalt von religionswissenschaftlichen Informationen bieten die entsprechenden Artikel wie Hinduismus, Iranische Religionen, Islam, Islamische Philosophie, Jainismus, Judentum, Jugendreligionen u.a.m. selbst dann, wenn der Leser den von einigen Autoren deutlich gemachten Hoffnungen auf einen Dialog zwischen den Religionen nicht zustimmen kann. Im direkt missiologischen Bereich finden sich der informative Artikel „Katholische Missionen“ (Josef Metzler) und der viele gängige Schablonen zerstörende Artikel „Kolonialismus und Mission“ von Hans-Werner Gensichen. Interessant (und ausgewogen) ist auch der Artikel „Judenmission“ von Arnulf Baumann, der u.a. auch die Lausanne Consültation on Jewish Evan-gelism und die Messianischen Juden erwähnt. Artikel wie „Irische Missionen“ oder „Germanenmission“ vermitteln einen Überblick, wie ihn zugängliche Kirchengeschichtsbücher so schnell nicht bieten. Eine Fülle wichtiger Informationen bieten die Länderartikel. Es gefällt, daß in diesen Artikeln durchweg auch die nachklassischen Kirchen und Missionen genannt und angemessen beschrieben werden, wie z.B. die Christian and Missionary Alliance und Radio ELWA in John Mbitis Artikel über Guinea oder die soziale Tätigkeit der Afri-ca Inland Mission auf den Komoren (S.J. Kenneth Baker). Allerdings finden sich auch gelegentlich wenig ökumenisch klingende Urteile, z.B. über „Konversionskreuzzüge“ (Crusades) ausländischer evangelika-ler Gruppen in Indien (Sp.531) oder die Stereotype, daß „zum Schaden der Einheit der Indianer fundamentalistische evangelikale Gruppierungen, z.B. die New Tribes Mission oder die Wycliff-Bibelübersetzer, unter dem Vorwand des Missionsbefehls an Einfluß gewinnen“ (Sp.636 f). Das EKL ist ein Lexikon, das in verständlicher, umfassender und internationaler Weise Zugang zu der weiten Weit der Kirche bietet (und darüber hinaus zu vielen Informationen, die damit in Zusammenhang gebracht werden können) und die jedem, der an der Kirche und ihrer weltweiten Tätigkeit interessiert ist, von Nutzen sind. Die qualitativ gute Gestaltung des Drucks macht es auch angenehm lesbar. Klaus Fiedler, em 1990-4. |
Evangelisches Lexikon für
Theologie und Gemeinde (ELThG), Bd. 3 (O-Z), hg. von Helmut Burkhardt u.a.,
Wuppertal: Brockhaus, 1994. Nun liegt das Lexikon
komplett vor. Wieder sind zahlreiche (ca. 80) missiologisch interessante Artikel enthalten. Besonders hervorzuheben sind die Artikel Ostasienmission (H. Hamer),
Radiomission (H. Marquardt), Religion (P.
Beyerhaus), Synkretismus (H. Burkhardt), Türkei (R. Soramies), Georg Friedrich Vicedom (K.W. Müller)
und Weltmissionskonferenzen (H. Wagner). Hinzu kommen zahlreiche religionswissenschaftliche Artikel von N.P. Moritzen. Schwach ist leider der Christof Sauer, em 1995-4. |
Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde (ELThG). Band 1. Hg. von Helmut Burkhardt. Wuppertal: R. Brockhaus, 1992. Bereits der erste Band des ELThG (A-F) bietet erstaunlich viele Artikel, die für einen Missiologen interessant sein könnten (rund 80 von ca. 930 Einträgen). Am ertragreichsten sind missiologisch relevante, theologische Sachartikel, die durchweg das Lexikon zur Weltmission (1975) übertreffen und den Interessen von Evangelikalen eher entsprechen, als Rzepkowski (1992) oder das Lexikon missionstheologischer Grundbegriffe (1987): Absolutheit des Christentums (Ratschow), Allversöhnung, Anonyme Christen, Apologetik, Apostel/Apostolat, Bekehrung (Burkhardt), Berufung, Christentum als Weltreligion (G. Sautter), Dialog (Beyerhaus), Erlösung, und Evangelisation. Kurz aber aktuell werden Missionswerke und -Vereinigungen beschrieben. Im Artikel „AEM“ wird freilich der AfeM als eine Gründung der AEM dargestellt, was der Artikel „AfeM“, nur eine Seite weiter, anders schildert. Je stärker Einträge von rein missiologischem Interesse sind, umso weniger reichen sie allerdings in vielen Fällen an ein Missionslexikon heran, was auch für Personenartikel gilt. Bemerkenswerte Ausnahmen sind u.a. die Artikel über Afrika, Animismus, Ärztliche Mission (H. Grüber), Basler Mission, Batak Kirchen/-Mis-sion, China, Ethnologie (L. Käser), Frankfurter Erklärung (Berneburg) und Walter Freytag (Rennstich). Weiter erhält man solide reli-gionskundliche Grundinformation (u.a. sechs Artikel von Moritzen). Schließlich informiert eine Vielzahl von Artikeln, wie sonst in keinem Lexikon, über den pietistischen, erwecklichen oder evangelikalen Hintergrund (inkl. Institutionen und Gründerpersonen) der meisten heutigen Missionen. Deshalb sei das ELThG als Ergänzung zu einem Missionslexikon und als allgemeines theologisches Nachschlagewerk wärmstens zur Anschaffung empfohlen. Christof Sauer, em 1993-4. |
Evangelisches Lexikon für
Theologie und Gemeinde (ELThG). Band 2. G - N. Hg. von Helmut Burkhardt u.a., Wuppertal: Brockhaus, 1993. Als Missiologe schlägt man zuerst den Buchstaben M auf und entdeckt zwei umfangreiche Artikel über Mission (H. Wagner) und über Missionswissenschaft (P. Beyerhaus). Weitere Missionsbegriffe sind Missionsfest, Missionskonferenzen (hier wird der AfeM erwähnt, der auf evangelikaler Seite wie eine Missionskonferenz wirke) und Missionsschulwesen (J. Triebel). Was zum ersten Band grundsätzlich und empfehlend gesagt wurde (em 93/4,120), bestätigt sich in den gut 100 missiologisch interessanten Artikeln des zweiten Bandes. Deshalb ist es nicht kleinlich gemeint, wenn hier auch auf einige Schwachpunkte hingewiesen wird. Am schwersten wiegen eigens aufgeführte Verweisstichworte, wo der genannte Artikel keinen einzigen Satz zum Thema aufweist (Niederländische Missionsgesellschaften – Niederlande) oder es nur nebenbei gestreift wird (Nordamerikanische Missionsgesellschaften - Nordamerika). In manchen Fällen wurden die Literaturangaben nicht akutalisiert, was besonders bei den Artikeln über H. Gundert (Jubiläumsjahr!) und S. Hebich auffiel. Druckfehler – v.a. bei Namen – finden sich viele: Im bemerkenswerten Artikel über Islammission von R. Werner wurde aus K.G. Pfander ein S. Pfander, aus P. Parshall ein O. Pearshall, beim „Internationalen Missionsrat“ tagt eine Konferenz in Villingen statt in Willingen. Am entstellendsten wurde die erste Dissertation über eine deutsche Glaubensmission im Artikel über die Marburger Mission zitiert: N. Schmidt, Von der Evangelisation zur Kirchenführung (statt Kirchengründung!), Francke 1991. Für Missionshistoriker interessant zu klären: War J.C.G. Krafft (1784-1845, ab 1818 Professor in Erlangen) der erste, der ein Kolleg über Missionsgeschichte hielt (so H. Kirchner, S.1172), wenn bereits 1801 J.F. Flatt in Tübingen einen besonderen missionswissenschaftlichen Lehrauftrag erteilt bekam (Beyerhaus S.1350)? Bei den zahlreichen Artikeln über einzelne Missionsgesellschaften entsteht der Eindruck, daß die landeskirchlichen Missionen mit weitaus längeren Beiträgen bedacht sind als die evangelikalen. Der Artikel Gossnermission bietet zudem starke Doppelungen zum direkt vorausgehenden über J. Gossner. Der Artikel über Glaubensmissionen (K. Lagershausen) ist leider nicht so präzise wie er sein könnte (es werden hauptsächlich die Taylorschen Glaubensprinzipien aufgezählt), und es ist nicht verständlich, warum der in den Literaturhinweisen als Kronzeuge aufgeführte K. Fiedler nur zur Schweizer „Kooperation Evangelischer Missionen“ schreiben durfte. Besonders positiv aus der Fülle lehrreicher Artikel ist noch zu verbuchen: ein ausführlicher Artikel über Judenmission (A. Burchartz) und ein interessanter Beitrag über den Begriff Heiden (H. Wagner). Nach wie vor: herzliche Empfehlung zu einer lohnenden Geldanlage! Christof Sauer, em 1995-1. |
Felber, Stefan. Kommunikative Bibelübersetzung: Eugene A. Nida und sein Modell der dynamischen Äquivalenz, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2013. Laut seinem Vorwort, möchte Felber in dieser Studie Nidas großes Lebenswerk würdigen. Damit solle aber zugleich „kritisch gefragt werden, ob die sprachphilosophischen, theologischen und praktischen Implikationen und Folgen seiner Übersetzungstheorie den Eigenarten der Bibel … gerecht werden können – oder ob sie diesen Eigenarten gar zuwiderlaufen“ (12). Der erste Teil des Buches bietet eine historische Einführung. Für die Theorie, dass sich der Sinn eines Textes in basic kernels (Elementarsätze) erfassen und so mehr oder weniger verlustfrei von einer Sprache zur anderen transportieren lasse, erntete Nida auch aus dem säkularen Bereich viel Lob. Felber weist darauf hin, dass es heute zwar andere Theorien gibt, die das Feld beherrschen, aber andererseits immer wieder neue Bibelübersetzungen auf den Markt kommen, die noch dem dynamisch-äquivalenten Paradigma zuzuordnen sind. In dem zweiten Teil wird die dynamisch-äquivalente Übersetzungstheorie im Spiegel der Schriften Nidas beschrieben. Nida baut seine Übersetzungstheorie auf allgemein gültigen Grundsätzen auf. Für ihn gibt es keine theologisch oder philosophisch gewonnene Grundlage der Bibelübersetzung. Er sah sich als Linguist und Anthropologe. Sprache war für ihn Kommunikation und bei der Bibelübersetzung hob er die informative Seite der Sprachfunktionen hervor, obwohl er auch über die Wichtigkeit von anderen Funktionen schrieb. Eine Übersetzung soll verständlich sein. Nur was vom Empfänger verstanden wird und eine angemessene Reaktion auslöst, gilt für ihn als kommuniziert. Wird etwas nicht korrekt verstanden, so ist die Übersetzung nicht korrekt. Übersetzung wird nun nicht mehr nur als philologischer Vorgang verstanden, sondern als linguistischer und soziologischer Kommunikationsprozess. Laut Felber gab Nida zu Beginn dem Quellenbezug gegenüber dem Empfängerbezug noch mehr Priorität und er war darauf bedacht, dass eine Übersetzung sowohl Form als auch Inhalt des Originals repräsentieren solle. Durch den Einfluss Chomskys gewannen Syntaxfragen für ihn zunehmend Bedeutung, was letztlich zu freieren Widergaben der Oberflächenstruktur des Originals führte. In Chomskys Modell haben Bedeutungsverschiebungen bzw. Sprachentwicklung, Metaphern, etc. keinen Raum. Obwohl Nida nicht alles von Chomsky akzeptieren konnte, benutzte er dessen Transformationsgrammatik an grundlegenden Stellen. Felber sieht (mit Hempelmann) in Explikationen und der Vermeidung von Ambiguitäten eine Nachwirkung der rationalistischen Philosophie. Nidas „Übersetzungstheorie trug dazu bei, die in der westlich-aufgeklärten Philosophie verankerte Geringschätzung von Mehrdeutigkeiten, Metaphern und Poesie als anthropologisch und theologisch angemessener Ausdrucksformen zu verfestigen“ (232). Der dritte Teil ist Felbers Kritik an Nidas Übersetzungstheorie gewidmet. Felber meint, dass für die Übersetzung religiöser Texte andere Ansprüche gelten als für die von Gebrauchstexten. Die Sprache (d.h. Sprachform) der religiösen Überlieferung ist für eine Bibelübersetzung unentbehrlich und mit ihr Metaphern als Schlüssel religiöser Kommunikation. Felber beklagt, dass Nida das Thema biblischer Aspekte zur Kommunikation nicht mehr in Angriff genommen hat. In der Bibel kommuniziert Gott ständig, aber die Hörerreaktion bleibt aus, oder die Botschaft wird missverstanden. So kann man den Sinn der Worte nicht unbedingt aus der Reaktion der Empfänger erschließen. Felber meint auch, die dynamischen Übersetzungen würden „eine Präferenz für natürliche Vorgänge hegen, weil diese in Alltagssprache ´naturgemäß‘ leichter ausgedrückt werden können“. Somit reihen sich diese Bibeln ein in eine „Tendenz zur Säkularisierung der Sprache“ (315). Laut Felber herrscht inzwischen ein großer Konsens, dass „zwischen Oberflächen- und Tiefenstrukturen nicht sinnneutral transformiert werden kann (Extended Standard Theory)“, d.h. „passive Konstruktionen sind nicht neutral auf aktive zurückführbar“. Transformationen fügen Sinn hinzu, ändern, oder lassen Sinn weg (316). In dem vierten Teil, der mit „Perspektiven“ überschrieben ist, weist Felber daraufhin, dass die Lutherbibel nicht einfach als ein Vorläufer für die dynamisch-äquivalente Übersetzung gesehen werden könne. Das Wort „dem Volk auf´s Maul sehen“ habe Luther nicht einfach volksmissionarisch oder als simple Kommunikationstechnik gemeint. Bibelübersetzer sollten vielmehr die Fremdheit der Ausgangstexte wertschätzen sowie ihre Oberflächenstrukturen (linguistisch) und ihre Letztgestalt (theologisch). Auf sinnverändernde Transformationen sei daher zu verzichten. Felber ruft Bibelgesellschaften zur Zusammenarbeit auf und schreibt: „Nach gemeinsamer Beratung und letztlich nach den Vorgaben von Theologie und Kirchenleitungen müssen Verlage, Bibelgesellschaften, Kirchenleitungen und Theologen zusammenwirken“ (386). Dass es jetzt „Bibeln gibt, die auf die spezifische Sprache der Bibel verzichten und ihren Inhalt alltagssprachlich darstellen wollen“ (12), ist für Felber äußerst problematisch. Seine Kritik ist zum großen Teil theologisch motiviert. Er betont das objektive Heilshandeln Gottes, das auch dann stattfindet, wenn der Text ambivalent ist und vom Kontext her mehr die subjektive Annahme des Evangeliums im Vordergrund steht. Auf diesem Hintergrund lehnt er Übersetzungen ab, die ambivalente Texte gegen seine theologische Überzeugung explizit übersetzen. Darüber hinaus führt Felber weitere Kritik an, die meines Erachtens wert ist gehört zu werden, unabhängig davon, wie man zu seiner theologischen Bewertung steht. Das gilt insbesondere dafür, dass Übersetzer von dynamisch-äquivalenten Übersetzungen manchmal sorgsamer mit Transformationen umgehen sollten. Leider geht Felber nirgends auf die Übersetzungstechnik der Septuaginta ein, obwohl er eben dies auch Nida vorwirft. Doch die Übersetzungsprinzipien, die Felber auf die rationalistische Philosophie zurückführt, findet man schon in der Septuaginta, wenn auch nicht durchgängig. Dass Felber versucht, die dynamischen Übersetzungen für eine Kirche verantwortlich zu machen, die fern ist von den Wasserbächen des Wortes Gottes, ist meines Erachtens falsch. Zu verlangen, dass sich Verlage und Bibelgesellschaften nach den Vorgaben von Theologie und Kirchenleitungen richten, ist unrealistisch. Doch trotz aller Kritik enthält diese Studie manches Nachdenkenswerte auch für Menschen, die eine andere theologische Position vertreten und nicht (nur) formorientierte, sondern (auch) kommunikative Bibelübersetzungen favorisieren. Dr. Gerhard Tauberschmidt, em 2014-3. |
Feldkeller, Andreas;
Theo Sundermeier (Hg.). Mission in pluralistischer Gesellschaft. Frankfurt: Lembeck, 1999. Um Mission im europäischen Kontext in landeskirchlich- und universitätstheologischen Kreisen wieder stärker ins Gespräch zu bringen „bedurfte es wohl erst des gegenwärtigen finanziellen Einbruchs … und einer schonungslosen Analyse der volkskirchlichen Situation, wie sie uns durch die Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern vor Augen geführt wurde“ (Einleitung S.7). Das Buch ist die überarbeitete und um einen Aufsatz des Heidelberger Missionswissenschaftlers Theo Sundermeier und drei Dokumentationen erweiterte Fassung der Nummer 6/98 der Zeitschrift "Evangelische Theologie" zum Thema "Missionarische Gemeinde". Der Schwerpunkt des Buches liegt in einer grundsätzlichen systematisch-theologischen Auseinandersetzung mit dem Konzept und der Praxis von „Mission“ im europäischen Kontext angesichts moderner, pluralistischer Anfragen. Für Theo Sundermeier antwortet Mission auf die menschlichen Grundfragen nach Herkunft, Sein und Zielbestimmung in der dreifachen Gestalt von gemeinsamem Leben (Konvivenz), Dialog und Zeugnis, die voneinander zu unterscheiden, aber nicht zu trennen sind. Das Zeugnis spricht von den großen Taten Gottes und lädt ein zum Fest, denn "nirgendwo ist man so sehr bei sich selbst und zugleich beim anderen wie auf dem Fest" (S. 24). A. Feldtkeller betrachtet Mission als Weitergabe des Lebens in umfassender Weise. Die Tabuisierung der Mission in der Gesellschaft sei nichts Ungewöhnliches, sondern diene dem Schutz ihres Geheimnisses. Dies dürfe jedoch nicht zu einer Weigerung der Lebensweitergabe durch die Kirche führen. Einer pluralistischen Theologie der Religionen setzt er entgegen, daß sie die „grenzüberschreitenden Impulse der Religionen“ abkappen würde (S.43)., die Weitergabe von Leben über die Verwandschafts- und Stammesgrenzen hinaus, wobei es gerade dieses Proprium der Mission sei, das ein pluralistisches Zusammenleben auch in Zukunft erst ermögliche. Die Zukunft des Christentums erkennt er in der spannungsvollen Beziehung zwischen Mission und volksreligiöser Inkulturation. Neben formal wichtigen Erkenntnissen hätte man sich hier allerdings ein deutlicheres inhaltliches Statement des christlichen Missionars gewünscht – über das pluralismusförderliche „Prinzip Mission“ (egal, durch welche Religion) hinaus. Von daher ist auch zu fragen, ob die Zukunft des Christentums in Deutschland im Bezug auf „Konturen primärer Religion“ (d. h. Volks- und Stammesreligiosität) gesucht werden sollte, oder nicht vor allem in der Überwindung dessen, was C. Grundmann einmal den „Verlust der einstigen Glaubensgewißheit“ nannte (Antrittsvorlesung Hamburg 1997). Weitere grundlegende Aufsätze liefern M. Welker und H. Wrogemann, der mit seinem Konzept von „Positionalität“ doxologische, diakonische und zeugnishafte missionarische „Eckpunkte“ profiliert. Drei neuere kirchliche Dokumentationen zur Mission schließen den Band ab: (1) „Mission – Ökumene – Partnerschaft“, eine Erklärung der Evangelisch-Reformierten Kirche, die u. a. den Aufruf zur Bekehrung als Teil des Missionsauftrages thematisiert, (2) ein interessantes Grundsatzpapier der „Offenen Kirche Elisabethen, Basel“, das neben vielen inspirierenden Anregungen leider nur sehr undeutlich von der „Versöhnung mit der Wirklichkeit, die alles umfängt“ (S.142) als missionarischem Ziel spricht und (3) das missionarische Leitlinien-Papier der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg „Wachsen gegen den Trend“, in dem mit Recht die Notwendigkeit der Verwurzelung der Kirche im Heiligen betont wird. Alles in allem ein intellektuell anregendes Buch, das manch gute Denkanstöße gibt – vor allem, wenn es um die Notwendigkeit von Konvivenz und hörendem Dialog geht. Erfreulich auch, daß man die Fremdheit der unterschiedlichen Religionen mitsamt ihrer „Absolutheitsansprüche“ und Missionsunternehmungen ernstnimmt. Die kreative Spannung zwischen diesem Ernstnehmen der faktischen Pluralität und der Gewißheit, daß Jesus Christus der einzig(artig)e Retter und Herr ist, wird allerdings nicht immer ausgehalten. Jedenfalls hätte ich mir zu letzterem ein deutlicheres Bekenntnis gewünscht, denn gerade darin dürfte der entscheidende Faktor für die Zukunft der christlichen Mission in der pluralistischen Gesellschaft liegen. Friedemann Walldorf, em 2000-2. |
Feldtkeller, Andreas. Die ‚Mutter der Kirchen’ im ‚Haus des
Islam’. Gegenseitige Wahrnehmungen von arabischen Christen und Muslimen im
West- und Ostjordanland. Missionswissenschaftliche
Forschungen. Neue Folge Band 6, Erlanger Verlag für Mission und Ökumene,
Erlangen 1998. Diese umfangreiche Habilitationsarbeit des Religions- und Missionstheologen A. Feldtkeller, der inzwischen einen Lehrstuhl an der Humboldt-Universität in Berlin innehat, untersucht das Zusammenleben von Christen und Muslimen in Jerusalem und Umgebung seit der arabisch-islamischen Eroberung bis heute. Da die Kirche von Jerusalem, die Mutterkirche der Weltchristenheit, seit dem 7. Jahrhundert – nur unterbrochen durch die Kreuzfahrerzeit - im Herrschaftsraum des Islam lebte und auch seit 1918 bzw. 1948 eng mit dem arabisch-islamischen Kulturraum verwachsen blieb, konzentriert sich der Verfasser auf das christlich-islamische Verhältnis. Er zieht eine Fülle alter und neuer, auch arabischer, Literatur heran und verwertet zahlreiche Gespräche, die er während eines mehrjährigen Forschungsaufenthaltes in der Region führen konnte. Für Feldtkeller ist das komplizierte Gefüge der Koexistenz von dominierenden Muslimen und dominierten Christen (die zahlenmäßig allerdings lange in der Mehrheit waren) ein Beispiel für ein einigermaßen gelungenes Zusammenleben (Konvivenz) von Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher kultureller und ethnischer Herkunft (aramäisch-griechisch auf christlicher Seite, arabisch-türkisch auf muslimischer Seite) in einem Prozess gegenseitiger kultureller Durchdringung. Dabei legt der Verfasser vor allem Denkkategorien der Hermeneutik (Lehre des Verstehens und der gegenseitigen Wahrnehmung) und der Soziologie zugrunde. Entsprechend entfaltet er den Stoff nicht in geschichtlicher Abfolge, sondern in kultur-soziologischen Querschnitten. Als Beispiele nenne ich die Beziehungen von Bedrohung und Schutz (Kap. 2) sowie von Außen und Innen (Kap.4): Die von außen gekommenen und die Außenwelt beherrschenden Muslime gewährten den Christen äußeren Schutz, solange diese ihr Leben auf den Innenbereich von Kirche und Haus beschränkten – so wie ein arabischer Mann seiner Frau Schutz gewährt, solange sie sich auf den Bereich des Hauses beschränkt. Feldtkeller sieht diese Balance der Konvivenz m.E. zu positiv. Denn eine Voraussetzung für die Duldung der Christen durch die Muslime war u.a. deren Verzicht auf die Verkündigung des Evangeliums unter den Muslimen, also auf ein Kernanliegen christlicher Existenz. Feldtkeller beschränkt sich zu einseitig auf soziologische Fragestellungen und blendet die theologische Diskussion der Probleme des Zusammenlebens von Christen und Muslimen zu sehr aus. Dadurch erscheint die Konvivenz – zu welchem Preis auch immer – als ein Wert an sich. Dennoch bietet das Buch eine Fülle interessanter und wertvoller Einsichten und Einblicke, die durch das umfangreiche Literatur- und Stichwortverzeichnis positiv ergänzt werden. Eberhard Troeger, em 2001-3. |
Feldtkeller, Andreas. Sieben
Thesen zur Missionsgeschichte, Berliner Beiträge zur Missionsgeschichte,
Heft 1. September 2000. In dieser Thesenreihe von A. Feldtkeller, Professor für Religions- und Missionswissenschaft sowie Ökumene an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, wird Missionsgeschichte unter der Annahme betrachtet, dass eine Mehrzahl von „missionarischen Religionen“ (u.a. Buddhismus, Christentum und Islam) in einer gemeinsamen Geschichte miteinander verwoben seien. Die „missionarische Religion“ als ethnische Grenzüberschreitung sei nicht selbstverständlich. Sie unterscheide sich von der Abstammungs-Religion, in der Menschen außerhalb der eigenen Gemeinschaft als fremd und bedrohlich angesehen würden. „Es mag vielen heute selbstverständlich erscheinen, dass Leben mit allen Menschen zu teilen ist, aber wir hätten dieses Kulturgut nicht, wenn es nicht ursprünglich einmal durch den missionarischen Impuls des Christentums in unsere Lebenswelt eingeführt worden wäre“ (S.7). Gerade diese wichtige Beobachtung wirft die Frage auf, ob man so generell-verallgemeinernd von „missionarischen Religionen“ sprechen kann, und ob nicht - auch im Bereich der kulturellen Auswirkungen – gravierende Unterschiede zwischen z.B. islamischer, buddhistischer und christlicher Grenzüberschreitung bestehen? Zeichnen sich wirklich alle „missionarischen Religionen … durch das Bemühen, Gemeinschaft zwischen Menschen verschiedener Kulturen herzustellen“ aus (vgl. Pressemitteilung), oder ist dies westliches Wunschdenken? Feldtkeller interpretiert Missionsgeschichte als Geschichte kultureller und religiöser Grenzüberschreitung. In ihr sei ein erheblicher Teil der Konstitutionsbedingungen gewachsen für heutiges Zusammenleben in pluralistischen Gesellschaften und in einer entstehenden Weltgesellschaft. Der auf Gemeinschaft über Grenzen hinweg zielende missionarische Impuls trete notwendig in eine Beziehung zum politischen Leben; er werde darin jedoch auch missbrauchbar, bzw. führe zur Verfolgung von politisch Unerwünschten. Entscheidend für den Aufbruch der modernen Missionsbewegung (seit W. Carey) sei die Idee der Religionsfreiheit (und damit verbunden vor allem der Missionsfreiheit) und die Hoffnung auf deren Umsetzung in aller Welt gewesen. Diese Idee der Entflechtung von Macht (Politik) und Mission sei in der Folge auch von islamischen, hinudistischen und buddhistischen „Missionaren“ übernommen worden, die nun Mission nach dem Vorbild des Westens im Westen trieben. Nicht zuletzt diese Erfahrung habe zur Desillusioniserung der modernen Missionsbewegung beigetragen. Hier ist zu fragen: war es wirklich die Hoffnung auf Religionsfreiheit, die zum Hauptmotivator der modernen Mission wurde? Ist diese These angesichts der vielen Märtyrer christlicher Missionsgeschichte haltbar? Grundlegend für Feldtkellers Thesen ist das Anliegen, den Missionsbegriff für die moderne, pluralistische Gesellschaft zu rehabilitieren und so auch die Missionsgeschichte als relevant aufzuweisen (These 1). Dazu definiert er Mission nicht mehr spezifisch christlich-theologisch, sondern in religionswissenschaftlicher Weite als „Weitergabe von Leben“ (S.4). Weil es sich dabei um ein göttliches Geheimnis handele, werde Mission zu Recht in der westlichen Gesellschaft als Tabuthema behandelt. Nicht berechtigt allerdings sei es, auch die Missionsgeschichte zu tabuisieren, und sich mit ihr nicht mehr ernsthaft auseinanderzusetzen. Sie enthalte trotz der bekannten Problematiken „sehr viel Bemühung um Gerechtigkeit“ (S.5). Der Historiker müsse versuchen, dieser Tatsache gerecht zu werden und könne dabei aus dieser Geschichte Maßstäbe dafür gewinnen, „was Gerechtigkeit in der Gegenwart heißen kann“(S.6).Während Feldtkellers Thesen insgesamt eine Reihe von beachtenswerten Überlegungen enthalten und mit Recht die profangeschichtlichen Implikationen der Missionsgeschichte in den Blick nehmen, ist vor allem zur ersten grundlegenden These kritisch anzumerken, dass das zutreffend beobachtete Missions-Tabu in der westlichen Gesellschaft wohl kaum auf ein Gespür der Gesellschaft für das geheimnisvolle Handeln Gottes zurückzuführen ist, sondern wohl eher einerseits eine (verständliche) Reaktion auf europäisch-westliche Überheblichkeiten in der Vergangenheit ist und andererseits in der modern-individualistischen Haltung, daß Glaube Privatsache sei und im „Verlust der einstigen Glaubensgewissheit“ (C. Grundmann) begründet liegt. Inwieweit Feldtkellers Aufnahme einer vorwiegend religionsgeschichtlichen Sichtweise des Phänomens „Mission“ eine Abkehr von einer biblisch-theologischen Missionbegründung impliziert und so als Indiz eben dieses Verlustes der Glaubensgrundlagen auch in der Missionswissenschaft selbst gedeutet werden muß, ist eine offene Frage. M.E. kann die Missionsgeschichte der christlichen Kirche mit ihren Licht- und Schattenseiten und ihren welt- und kultur- und religionsgeschichtlichen Implikationen nur unter Einbeziehung ihrer biblisch-theologischen und geistlichen Identität, Begründung und Motivation angemessen verstanden werden. Dr. Friedemann Walldorf, em 2002-3. |
Feneberg, Rupert. Der Jude Jesu und die Heiden.
Biographie und Theologie Jesu im Markusevangelium. 2. Aufl., Herders
Biblische Studien 24, Freiburg, Basel, Wien: Herder, 2001. Seit der Diskussion der späten fünfziger Jahre über Jesu Verhältnis zu den Heiden (vgl. z.B. J. Jeremias, Jesu Verheißung für die Völker, 1953; D. J. Bosch, Die Heidenmission in der Zukunftsschau Jesu: Eine Untersuchung zur Eschatologie der synoptischen Evangelien, 1959) hat es kaum weitere Studien zu diesem Thema gegeben. Dem katholischen Theologieprofessor Rupert Feneberg geht es in diesem Buch um das Erfassen des Verhältnisses Jesu zu den Heiden in der Gesamtstruktur und theologischen Entwicklung des MkEv. Dabei vertritt er folgende These: „Markus schrieb sein Evangelium unter dieser Leitfrage: Wo und wie im Leben Jesu, in seinen Worten und Taten, ist diese Entwicklung zur Heidenkirche angelegt?“ (153). Hierbei handelt es sich um eine Fragestellung, die gut zu den heidenchristlichen Empfängern des MkEv passt. Von besonderem Interesse ist der entscheidende Abschnitt „Jesus und die Heiden“ (Mk 6,14-8.30 tw. mark. Sondergut, 145-95). Nach F. hat die Begegnung Jesu mit dem besessenen Gerasener und seine Heilung in Mk 5,1-20 diesen Abstecher Jesu in heidnisches Gebiet ausgelöst. F. spricht hier von einem „neuen Schlüsselerlebnis für Jesus“ (136-44). „Was nur als Rückzugsbewegung begonnen hatte, bekam jetzt eine unerwartete eigene Perspektive“ (153). Die in diesem Abschnitt thematisierte Frage nach der Person Jesu, die im Messiasbekenntnis gipfelt (8,27-30), wird vor allem durch das Verhalten Jesu gegenüber den Heiden bestimmt. Was inhaltlich bei Matthäus und Lukas u. a. in den Kindheitsgeschichten geschieht, bereitet Mk durch seinen Bericht des Wirkens Jesu vor. F. behandelt und vergleicht die beiden Brotvermehrungen bei Juden am Westufer (6,32-44) und bei Heiden am Ostufer des Sees Genezareth (8,1-9, vgl. 7,31), denen Jesus, ohne die besondere Erwählung Israels aufheben zu wollen, symbolisch Anteil an der Heilsgabe gibt. Jesu Lehrrede über „rein“ und „unrein“ (7,1-23) unmittelbar vor Aufbruch in nicht-jüdisches Gebiet dient „im Zusammenhang des Evangeliums der theoretischen Vorbereitung der bevorstehenden Ereignisse im Heidenland“ (176; vgl. auch den kompositioneilen Aufbau von Apg 10, wo die Vision des Petrus dem konkreten Auffrag, das Haus eines Heiden zu betreten, vorausgeht). Aus der Abfolge des MkEv ergibt sich, dass Jesus seinen Abstecher ins Heidenland theoretisch vorbereitet hat und sein dortiges Handeln, einschließlich der Tischgemeinschaft mit Heiden (im Rahmen des zweiten Speisungswunders), vorbereitet hat. Auf der Reise geschehen vier Wunder unter und an Heiden: die Speisung und drei Exorzismen bzw. Heilungen: 7,24-30; 7,31-37; 8,22-26. Der ungewöhnliche Charakter der Heilung des Taubstummen in der Dekapolis und des Blinden in Bethsaida an dem mit Heiden assoziierten Ostufer des Sees Genezareth erklärt sich aus der Lokalisierung in heidnischem Umfeld: „Die zwei ‘komplizierten’ Heilungswunder… erzählen von der Liebe Gottes auch zu den Heiden in einer Art und Weise, dass durch diese Heilstat Gottes der Unterschied in der Erwählung [von Juden und Heiden] nicht aufgehoben wird“ (377). Die eingeschobene Zeichenforderung der Pharisäer in 8,10-13 (zurück am Westufer des Sees, 8,10) ist direkt auf das Speisungswunder unter den Heiden zu beziehen: Mit ihrer Forderung bezweifeln die Pharisäer, „dass Gott ein solches Heilszeichen auch für die Heiden wollen kann. Der Sauerteig [der Pharisäer, vor dem Jesus anschließend bei der Rückfahrt die Jünger warnt, 8,15] meint also an dieser Stelle nicht eine bestimmte Lehre oder Haltung der Pharisäer, sondern gezielt ihre Ablehnung der von Jesus gezeigten Liebe zu Heiden“ (184f). Auch das in 8,27-30 folgende Christusbekenntnis ist aus dieser Signalwirkung tragenden Reise zu den Heiden zu verstehen: „Die Hinwendung Jesu zu den notleidenden Heiden führt dazu, dass Petrus und die Jünger über den Prophetentitel hinaus zum Christusbekenntnis kommen“ (188). Nach den Eindrücken dieser Reise gab es für die Jünger nur zwei Möglichkeiten: „Die Jünger konnten sich jetzt nur von Jesus abwenden, weil sie ihn nicht mehr verstanden, oder sie mussten ihn in ihrem Nichtverstehen auf seinem Weg in das Heidenland auf eine neue Weise qualifizieren und ihn anders sehen lernen“ (189). F. unterstreicht die Bedeutung dieses Abschnitts für die Struktur und theologische Entfaltung des MkEv: „Erst durch die Heidenreise in Mk 6,45-8,26 ist das Messiasbekenntnis des Petrus in Mk 8,29 überhaupt möglich geworden. Denn erst damit hat sich inhaltlich geklärt, in welche Richtung Jesu besondere Aufgabe gehen sollte. Jesus ist für Petrus der Christus geworden, das heißt: der jüdische Gesalbte Gottes, der sich in einer verschwenderischen Großzügigkeit und Liebe auch für die Not bei den Heiden einsetzen und auch bei ihnen Gottes Heil anzeigen und wahrmachen soll“ (191). Diese Entwicklung entfaltet F. im weiteren Verlauf seiner Studie. Als König verkündet Jesus sein Programm im Tempel (11,1-13,37). In einzelnen Beobachtungen am Text, in der Beurteilung der Historizität des Itinerars von Mk 3,7-8,30 („Ein Leitfaden für den Weg Jesu zwischen Juden und Heiden“, 152-62) sowie in den topographischen Kenntnissen des Markus und der Datierung des MkEv kann man mit guten Gründen auch zu anderen Ergebnissen als F. kommen. Der Gesamtthese des Bandes ist jedoch zuzustimmen, dass die Heiden und die Heidenmission kein Nachgedanke des Auferstandenen oder eine Rückprojektion der Gemeinde waren, sondern schon zu Jesu irdischen Lebzeiten in seinem Blick waren, bzw. durch göttliche Führung mehr als nur in den Blick gekommen sind und dass Jesus als der Christus Gottes nicht nur für das jüdische Volk ein Evangelium war (vgl. die interessanten Schlussfolgerungen zum Verhältnis der Erwählung und Stellung Israels und den Heiden, 376-78). Dies ist missionstheologisch für die Verankerung der Mission im Wirken und Willen Jesu – über die oft angeführten Missionsbefehle hinaus – von grosser Bedeutung. Die Kirche dieses Christus kann und muss den Menschen, die ihn nicht kennen, nach dem Beispiel Jesu begegnen, der sich keine Provokation scheuend ihrer Not gegenüber nicht verschlossen hat (7,14-8,9; 8,22-26). Dr. Christoph Stenschke, em 2003-3. |
Fermor, Gotthardt. Ekstasis. Das religiöse Erbe in der
Popmusik als Herausforderung an die Kirche. Praktische Theologie heute,
Band 46. Stuttgart: Kohlhammer, 1999. Zunehmend wird in der wissenschaftlichtheologischen Forschung das Phänomen der Popmusik wahr- und ernstgenommen. Das entspricht durchaus ihrer Bedeutung in der postmodernen Lebenswelt und damit auch der Herausforderung, die sich für die Gemeinde Jesu Christi damit verbindet. Die Zugänge und Interpretationen sind allerdings sehr unterschiedlich. In dieser Bonner Dissertation fragt der Autor nach der Bedeutung ekstatischer Religiosität (oder religiöser Ekstase) in der säkularen Popmusik für die praktische Theologie und die Praxis der evangelischen Volkskirchen. Er tut dies in einem methodisch komplexen Untersuchungsgang, in dem kulturanthropologische, religionssoziologische und theologische Zugänge miteinander verknüpft werden, den er als „hermeneutisch-phänomenologisch“ bezeichnet. Zunächst stellt der Verfasser verschiedene interdisziplinäre (musikwissenschaftlich, psychologisch, ethnologisch, politisch-ökonomisch etc.) und theologisch motivierte Untersuchungen zur „Lebenswirklichkeit Popmusik“ dar. Äußerst kritisch setzt er sich in diesem Zusammenhang mit der evangelikalen Studie Horst Neumanns (Diss. Tübingen, 1985) auseinander, dem er zwar eine große „Nähe zu den Phänomenen“ bescheinigt, aber eine generelle Dämonisierung der Popmusik – (angeblich) basierend auf einer „Hermeneutik der Unhinterfragbarkeit“ der biblischen Texte – vorwirft (S. 75). Im Folgenden zeigt sich, dass Fermor in den Analysen weitgehend Neumanns „Religionisierungs“-Ansatz bezüglich der Beurteilung der Popmusik teilt (d.h. eine bestimmte Rhythmik impliziert religiöse Ekstase- und Geisterfahrungen), in der theologischen Bewertung allerdings aufgrund offenbarungstheologischer Weichenstellungen zum gegenteiligen Ergebnis kommt: statt von Dämonisierung spricht Fermor (aufgrund einer kosmischen Pneumatologie) von der positiven „Theologizität“ der säkularen Popmusik. Der Autor zeigt auf, wie die Bewegungs-, Bild-und Wortebenen der Popmusik in Konzerten (z.B. bei Michael Jackson) zu einem religiösästhetischen Inszenierungs-Ritual der Ekstase verschmelzen, das sowohl religiös-ethisch „entgrenzend“ als auch (gerade in der Entgrenzung) „vergemeinschaftend“ wirkt. Diesem Phänomen der Ekstase geht er an den Wurzeln der Popmusik zunächst in der musikalischen Religiosiät Afrikas, dann im Bereich der afroamerikanischen Entwicklungen des Spiritual, Blues und Gospel und schließlich des Rock’n’ Roll nach. Durch die oben erwähnte und m.E. falsche Religionisierung der sog. „off-beat“-Rhythmik interpretiert Fermor die Spirituals unzutreffenderweise als „synkretistische Religionsform“ (S.132) und unterbewertet die Tatsache, dass Rhythmus und Ekstase auch anthropologische Kategorien sind und sich durchaus mit genuin christlicher Aussage verbinden können (vgl. Theo Lehmann, Negro Spirituals: Geschichte und Theologie, Neuhausen, 1996). Die Ergebnisse der Konzertstudien und des Gangs durch die Geschichte der Popmusik diskutiert Fermor nun auf dem Hintergrund kulturanthropologischer Ritualtheorien (V. Turner), religionssoziologischer Entwürfe und biblisch-kirchengeschichtlicher Beobachtungen. Letztere machen (entgegen Fermors Interpretationslinie) deutlich, dass ekstatische Musikalität biblischtheologisch in der durchaus konstruktiven Spannung zwischen „Ablehnung heidnischer Kultpraktiken“ (S.198) und „humanschöpfungsgemäßer Vollzugsform“ verstanden werden kann, also nicht automatisch eine Entgrenzung biblisch-christlicher Glaubensinhalte und Lebensweisen impliziert. Gerade diese biblisch „begrenzte“ Ekstase allerdings ist Fermor immer wieder ein Dorn im Auge. So kritisiert er im Bereich der christlichen Popmusik, dass die „rituellen Dimensionen … mit nur ,angezogener Handbremse’ erlebbar gemacht“ werden (S.164) und die „normativen Gestaltungsvorgaben vor allem im Bereich der Sexualmoral“ die Gefahr bergen, die entgrenzenden „Gehalte dieser Musikerfahrungen wieder zu verspielen“ (S.165). Er zitiert dazu einen Kommentar zu christlichen Popkonzerten: „Sex und Gott vertragen sich nicht gut. Das ist das große Problem aller Christen-Acts“ (Fußn.304). Abschließend bietet Fermor seine eigene theologische Perspektive zur kritischen Würdigung ekstatischer Musikalität in der säkularen Popmusik. Grundlegend verortet Fermor seinen Ansatz in Paul Tillichs Kulturtheologie, die von „der Komplementarität von Kultur und Religion“ (S.234) ausgeht. Diesen Ansatz erweiternd greift Fermor neuere Konstrukte einer kosmischen Pneumatologie (Moltmann, Welker, Schroer) auf, die den Geist Gottes weder an den biblischen Christus noch die Kirche gebunden sieht und dadurch „einen offenen Dialog zwischen Kirche und Kultur und Kooperation mit allen kulturschaffenden Kräften“ ermöglichen möchte (S.235). Kriterium zur theologischen Beurteilung popmusikalischer Ekstase- und Entgrenzungserfahrungen sind weder Bibel noch Kirche, sondern (1) die Wahrung der Persönlichkeit und (2) der Verweis auf eine unverfügbare Transzendenz (S.236). „Die Besonderheit einer christlichen Perspektive“ zu ekstatischen Erfahrungen in der säkularen Popmusik liegt nach Fermor darin, „Lebenskraftsteigerung“ und „Gebrochenheit“ (S.241) in ihrem dialektischen „Zusammenhang zu bewahren“ (S.241). Praktisches Ziel für die Kirche müsse sein, die säkulare Popmusik theologisch zu deuten als Überwindung von „religiösen Identitätsbildungen“ und „Rückbindung an … das Geheimnis, das Unverfügbare, das Zwischen“, das auch als „die unendlichen Möglichkeiten Gottes“ beschrieben werden kann (S.242). Ein brilliant geschriebenes, manchmal allerdings fachterminologisch überladenes Buch, das auf einen wichtigen Kontext gegenwärtiger christlicher Theologie und Mission hinweist. Hilfreich für weiterführende Studien ist die 27-seitige kategorisierte Bibliographie zu „Popmusik und Religion“ im Anhang, neben einem alphabetischen Literaturverzeichnis. Die interdisziplinäre Beschreibung und Analyse der popmusikalischen Lebenswelt ist methodisch sehr interessant, inhaltlich oft zutreffend, allerdings durch „ideologische“ Vorentscheidungen geprägt und dadurch m.E. manchmal verzeichnend. Die Frage, die sich am Schluß dem Leser stellt, ist, worin die spezifisch christlich-theologische Identität dieser (in einer praktisch-theologischen Reihe erschienen) Arbeit besteht, deren Ziel paradoxerweise die Entgrenzung, d.h. z.T. auch Überwindung, biblisch-christlicher Glaubens- und Lebensweise zugunsten einer diffusen ekstatischen Religiosität ist. M.E. benötigt die Gemeinde Jesu als Mit-, Für- und Gegenkultur eine solche Grundlegung nicht, um in einem lebendigen und missionarischen Dialog auch mit einer popmusikalisch geprägten Welt zu stehen. Im Gegenteil: gerade dieser Dialog benötigt Gesprächspartner mit einer biblisch begründeten Identität. Auch der „Religionisierung“ popmusikalischer Rhythmik, die diese Arbeit auf eine inhaltliche Stufe mit den sog. „evangelikalen Warnschriften“ (S. 300f) stellt, ist zu widersprechen. Gerade die Spirituals und nachfolgende musikalische Entwicklungen in bibelgläubigen Gemeinden zeigen, dass christliche Glaubens und Lebensweise (als religiös-theologischer Inhalt) und popmusikalische Ausdrucksformen (als anthropologische Kategorien) sich nicht widersprechen müssen. Die „angezogene Handbremse“ wollen wir dann gerne akzeptieren – besser als ohne Bremsen in den Abgrund zu rauschen. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2004-2. |
Fernando, Ajith. The NIV Application Commentary: Acts, Grand Rapids: Zondervan, 1998. „Es ist wichtig”, so höre ich noch Dick Dowset auf der ESMA Tagung 2004 sagen, „dass wir mehr darauf hören, was unsere afrikanischen, südamerikanischen und asiatischen Geschwister über Mission sagen und schreiben.“ Der NIV Application Commentary über die Apostelgeschichte, geschrieben von dem Srilankesen, Ajith Fernando, ist meines Erachtens das beste Beispiel für die Wahrhaftigkeit dieser Aussage. Doch erst ein paar Worte zu der Serie in der das Buch 1998 erschien. Die NIV Application Commentary Serie verfolgt das Ziel, über die fachgerechte Auslegung des Textes hinaus, den Bogen zu der Anwendung in der Gegenwart zu spannen. Jeder Textabschnitt wird in drei Teilen besprochen. Im ersten Teil, „Original Meaning“, wird das Verständnis des Textes für die Hörer im 1. Jahrhundert nach Christus verdeutlicht. Wie in jedem anderen Kommentar werden alle Elemente einer traditionellen Exegese diskutiert. Im zweiten Teil, „Bridging Contexts“, wird eine Brücke vom Kontext der ersten Leser zum Kontext des heutigen Lesers geschlagen. Dabei werden besonders die zeitgebundenen, von den nicht zeitgebundenen Aspekten des Textes unterschieden. Im dritten Teil, „Contemporary Significance“, wird die Anwendung des Textes in der Gegenwart diskutiert. Etwas überschwänglich formulieren die Herausgeber, dass dieser Abschnitt es erlaube, die biblische Botschaft heute genauso vollmächtig zu verstehen, wie sie damals geschrieben wurde (:11). Es ist offensichtlich, dass vielen Christen im 21. Jahrhundert die Anwendung der Bibel auf ihre Lebenswelt aufgrund des großen zeitlichen Abstandes zwischen Niederschreibung und heute schwer fällt. Die Dreiteilung der Textbesprechung in den „Application Commentaries“ zwingt den Autor und somit seine Leser dazu, nach der Bedeutung der Bibel heute zu fragen. Zurück zu Ajith Fernandos Kommentar zur Apostelgeschichte. Was kann uns ein Kommentar zur Apostelgeschichte für die Mission heute lehren? Die Apostelgeschichte beschreibt wie kein anderes Buch der Bibel die Anfänge der Mission. Wie kein anderes Buch wurde aber auch die Apostelgeschichte oft dazu benutzt, so genannte „rein biblische“ Gemeinde- und Missionsmodelle zu postulieren. Durch seine gute Exegese zeigt Ajith Fernando auf, wie dieses Geschichtswerk uns zu legitimen Ansätzen für die Mission heute führt. Er studiert z.B. ausführlich die Reden der Apostel und die Gebete der Gemeinde. Sehr deutlich arbeitet er dabei Mängel der heutigen Verkündigung heraus. Wie sehr war den ersten Christen in der Verkündigung das Leben Jesu bedeutsam und wie sehr beschränken wir uns heute oft auf seinen Tod und seine Auferstehung. Wie sehr beharren wir evangelikale Christen in der Mission auf den Fakten des Glaubens, ohne die so nötige subjektive Seite des Lebens im Heiligen Geist und der Freude der intimen Gemeinschaft mit Gott zu betonen. Wie sehr stellt das Beten und Leben der ersten Christen das Verständnis unserer individualistischen Gesellschaft von Verantwortung füreinander, Gemeinschaft untereinander und vor allem unsere Leidensbereitschaft in Frage? Die Missachtung dieser Aspekte, so folgert Ajith Fernando, macht unsere missionarische Verkündigung leer und das daraus entstehende Christsein blutarm und lau. Ajith Fernando, der eine integrierte Besprechung der Aspekte „Original Meaning“, „Bridging Contexts“ und „Contemporary Significance“ bevorzugt hätte (:16), versteht es meisterlich den Text der Apostelgeschichte in den Kontext der postmodernen Welt zu bringen. Mit Scharfsinn und überraschender Klarheit deckt er unbeachtete Aspekte auf. Seine Beobachtungen, auch wenn an manchen Stellen etwas zu ausführlich, hinterfragen, regen zum Nachdenken an, und ermutigen den Leser, die alte Botschaft der Apostelgeschichte neu zu entdecken. Ajith Fernandos Kommentar zur Apostelgeschichte ist daher eine äußerst lohnenswerte Lektüre, nicht nur für Bibelschullehrer oder Gemeindepastoren. Vor allem Verantwortliche in der Mobilisation, in der Missionsleitung und im Gemeindedienst werden im persönlichen Bibelstudium mit diesem Buch biblisch-theologisch für ihren Dienst zugerüstet. Dies gilt besonders, wenn sie sich mit Gemeindebau, mit Fragen von Gemeindestruktur und Gemeindeordnung sowie mit Missionsstrategien, hier oder in Übersee, beschäftigen. Aber eigentlich sollte jeder bewusste Christ sich gründlich mit der Apostelgeschichte beschäftigen. Ajith Fernandos Kommentar wird ihm dabei helfen, in rechter Weise die geschichtlichen Anfänge seines Glaubens auf seinen Alltag heute zu übertragen. Er ist verständlich geschrieben und ein gutes Werkzeug für jeden, der tiefer ins Wort Gottes hinein wachsen will. Wahrscheinlich werden alle, die Ajith Fernandos Kommentar zur Apostelgeschichte in Händen hatten, Dick Dowset recht geben, der ermahnte mehr auf unsere nicht westlichen Geschwister zu hören. Leider sind aber viele ihrer Stimmen bisher nur denen vorbehalten, die zumindest der englischen Sprache mächtig sind. So ist auch dieser Kommentar bisher nicht auf Deutsch erhältlich. Sabine & Hans Walter Ritter, em 2004-4. |
Fiedler,
Klaus. Ganz
auf Vertrauen. Geschichte und Kirchenverständnis der Glaubensmissionen. Gießen/Basel: Brunnen, 1992. Ein großes Werk, das nicht wenig leistet: Es erschließt die Bewegung der Glaubensmissionen in ihrer geschichtlichen Eigenart, Zusammengehörigkeit und Dynamik als ein eigenständiges Ergebnis von Erneuerungsbewegungen im Protestantismus, die ihrerseits einer beachtlichen Anzahl von Kirchen mit z.T. beachtlicher Größe (jedenfalls in Afrika) zu Entstehung und Wachstum verholten hat. Diese Bewegung ist leider nicht voll wahrgenommen worden, weil sie nicht in den Raster einer Kirchengeschichte der Denominationen paßt – da liegt sie als eine Reihe von Störfaktoren am Rande. Und nicht viel besser ist es in der Sicht der Missionsgeschichte der „Klassischen“ Missionen, die zur Entstehung der ökumenischen Bewegung beigetragen haben und sich an ihr orientiert haben. Damit wird auch deutlich, inwiefern die evangelikalen Missionen als eine zusammenhängende Gruppe nicht eine Randgruppe Unzufriedener sind, sondern eine eigene geistliche Qualität und Vitalität haben. Der Verfasser leistet diese Arbeit mit den Methoden des
Historikers, der seine Aussagen mit Quellen belegen kann. Die Fußnoten umfassen
oft ein Drittel der Seite (und mehr) und bringen
nicht nur den Fundort, sondern Zusatzinformationen und kleine
Exkurse. 22 engbedruckte Seiten, ca. 600 Titel, umfaßt das Literaturverzeichnis.
Andere Quellen wie Archivmaterial, Protokolle, Briefe, Interviews und
Zeitschriften (85) sind noch einmal über 600. Das verarbeitete Material ist immens, und es wird
übersichtlich: 10 Karten, 8 Zeittafeln, 7 Tabellen,
5 Graphiken und Übersichten machen Zusammenhänge
überschaubar. Ein Register von 17 Seiten (doppelspaltig) erleichtert
das Nachschlagen; eine Reihe von „Glaubensgrundlagen“ (doctrinal Statements)
bringt 9 wichtige Texte, die aber auch im
Text selbst Der erste Teil stellt die Glaubensmissionen geschichtlich dar, in drei Kapiteln: als Teil der Evangelischen Missionsbewegung, ihre Entstehung und Grundkonzepte und ihre Geschichte in Afrika im Überblick (9-178). Das wäre schon ein beachtliches Werk. Nun aber geht es dem Verfasser darum, das Kirchenverständnis der Glaubensmissionen zu erheben, und zwar mehr aus ihrem Handeln als aus Texten zur Ekklesiologie. Denn sie haben Kirche gegründet, und sie haben in christlicher Gemeinschaft gehandelt, also Fragestellungen der klassischen Ekklesiologie explizit und implizit beantwortet. Es blieb nicht nur beim Glauben an eine rein geistliche Einheit. Diese Darstellung erfolgt in zwei Arbeitsgängen. Zuerst werden die Attribute der Kirche nach dem Nizänum als Leitbegriffe verwendet: Einheit, Heiligkeit, Katholizität und Apostolizität. Dabei wird immer auch dargestellt, wie die übernommene Botschaft in der afrikanischen Kirche rezipiert und modifiziert wurde. Zweitens werden die konstituierenden Merkmale der Kirche nach den reformatorischen Bekenntnissen (Wort, Sakrament und Amt) in ähnlicher Weise behandelt. Ein letztes Kapitel über Denominationalisierung und Internationalisierung rundet die Darstellung ab. Ein umfangreiches Material wird hier in dieser Form zum ersten Mal wissenschaftlich bearbeitet: nur wenige Ausschnitte sind zuvor kritisch dargestellt worden. Der Autor vermeidet Verallgemeinerungen, die nicht durch genau dargestellte Beispiele belegt und veranschaulicht sind, und läßt Ausnahmen nicht unerwähnt. Von dieser Materialfülle bedeutet das Werk einen großen Gewinn, das wird kaum zu bestreiten sein. Der Ansatz bei der Ekklesiologie bewirkt eine kritische Darstellungsweise; die Sichtweise ist ungewohnt, das Phänomen „interdenominationell“ zwar nicht unbekannt, aber selten so genau erfaßt, so deutlich definiert: Fragen der Kirchengestalt haben keinen Vorrang. Aber die konkreten Kirchen (Denominationen) werden zwar kritisiert, aber auch herausgefordert und transzendiert. Ekklesiologie ist unter diesen Attributen ein unerwartetes Thema, und die Vorgehensweise ist neuartig. Die vier klassischen Attribute der Kirche finden sich vorrangig in Beziehung auf Individuen und deren Handeln wieder, ähnlich die reformatorischen Merkmale der Kirche. Aber das soll nicht heißen, daß sie auf Ethik reduziert sind! Jedenfalls ist hier eine Erschließung dieser Bewegung gelungen, wie sie bisher fehlte. Niels-Peter Moritzen, em 1993-1. |
Findeisen, Sven. Unter dem weiten Bogen. Mein Leben, Wuppertal: Brockhaus,
2002. Dass Mission nicht nur in Afrika, sondern mitten in Deutschland geschieht, wissen wir schon länger. Die vorliegende Autobiographie erzählt persönliche und theologische Facetten der seelsorgerlichen Mission eines Theologen unter Theologiestudenten und unter Arbeitern. Der Autor, Sven Findeisen, ist der Begründer der 1971 begonnenen Krelinger Theologiestudentenarbeit und war lange Jahre evangelischer Pastor in der Industriestadt Neumünster in Schleswig-Holstein. In diesem Buch erzählt Findeisen seine Geschichte – und damit auch die Geschichte der Mission Gottes in seinem Leben. Sie reicht von Estland über Leipzig, Föhr, Bethel, Stockholm bis nach Neumünster und Krelingen. Auf einer Abiturientenfreizeit wird Findeisen von einem Bibelwort über der Tür des Hermannsburger Missionsseminars getroffen: „In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“. Das empfand er als neuen und guten Gedanken: „Hier wäre der Weg in unserer Welt“ (S.79). Dieser Weg wird ihm zur Gewissheit und zieht sich von nun an durch Höhen und Tiefen seines Lebens. Findeisen erzählt von prägenden Begegnungen im Studium, vor allem mit Hellmuth Frey in Bethel und Karl Barth in Basel; er berichtet von der nüchternen Realität der missionarischen Arbeit unter deutschen Matrosen im Vikariat in Stockholm und von den Herausforderungen und Früchten des missionarischen Gemeindeaufbaus in Neumünster. Bemerkenswert sind auch die eingeflochtenen Erfahrungen zweier Asienreisen. Doch das Buch bietet nicht nur Einblicke in das missionarische Ringen eines Gemeindepastors in einer Arbeiterstadt, sondern auch in das Ringen um theologische Grundlagen in Kirche, Universität und Gesellschaft am Ende der 1960er Jahre. Der Leser erlebt die Entstehungsgeschichte der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“ mit, zu deren Vorstand Findeisen lange gehörte. Hier wurden wichtige Grundlagen für die Mission in Deutschland und weltweit erarbeitet. Doch als die Bekenntnisbewegung sich in den 90er Jahren gegen die missionarische Arbeit von ProChrist und Ulrich Parzany zu wenden begann, „fiel ich einfach heraus wie durch ein kaputtes Netz, in dem mich nichts mehr hielt“ (S.243). Findeisen wollte Fundamente, aber keine Festungen; er suchte die biblischen Grundlagen und den Auftrag Jesu an seine Gemeinde – für die verlorene Welt. Davon ist auch die mit Heinrich Kemner zusammen aufgebaute Studentenarbeit in Krelingen geprägt: hier konnten und können junge Frauen und Männer sich von der Weisheit Christi her kritisch mit den ideologischen Voraussetzungen der modernen Bibelkritik auseinandersetzen, um sich auf die seelsorgerliche und missionarische Arbeit in der Kirche vorzubereiten. Findeisens Ansatz dabei war immer eine Theologie des Weges (wenn er das auch selbst nicht so bezeichnet), die sich nicht auf theologische Systeme und dogmatische Sicherungen verlässt, sondern ihren Grund in der täglichen Nachfolge Jesu, im Hören und geschenkten Vertrauen auf das biblische Wort findet. Doch nicht nur Theologie und Kirche spielen in diesem Buch eine Rolle. Persönliche Einblicke zeigen auch die Bedeutung von Ehe, Familie und nicht zuletzt von Urlaub, Natur und Kunst im Leben des Autors und seiner Mission. Eine ehrliche und interessante Biographie, die auf persönliche Art auch wichtige Facetten der neuesten Missionsgeschichte in Deutschland beleuchtet. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2006-1. |
Fischer, Jörn; Oliver
Gräf. Zivi
weltweit - Der „andere Dienst im Ausland als Alternative zum Zivildienst“. interconnections: Freiburg, 1999. Kurzeinsätze im Ausland erfreuen sich heute großer Beliebtheit - im Gegensatz zum Wehr- und zivilen Ersatzdienst, den junge Männer gezwungenermaßen ableisten müssen. Daß als Alternative zum Zivildienst auch der „andere Dienst im Ausland“ geleistet werden kann, nach dessen Abschluß der Betreffende vom Zivildienst befreit wird, ist wenig bekannt. Dabei läßt die gesetzliche Grundlage (Förderung des friedlichen Zusammenlebens der Völker) viel Freiheit in der Gestaltung und Trägerschaft eines Einsatzes, auch wenn dieser Dienst nur geringe staatliche Unterstützung erfährt, so daß soziale Absicherung und Finanzierung weitgehend dem Trägerverein bzw. Bewerber überlassen bleiben. Das vorliegende Buch informiert umfassend über Möglichkeiten und Grenzen, gesetzliche Grundlagen und Vorbereitung, Leben im Ausland und Rückeingliederung. Erfahrungsberichte von Teilnehmern ergänzen den Band, ebenso ein umfangreiches Adreßverzeichnis von bereits anerkannten Trägervereinen in Deutschland, darunter auch eine Reihe von evangelikalen Missionswerken. Das Buch wurde von den jungen Autoren interessant geschrieben. Es wendet sich vor allem an junge Männer, die einen solchen Auslandseinsatz erwägen, ist aber in gleicher Weise empfehlenswert für mögliche Projektträger in den Einsatzländern, sowie für Missionsleiter in Deutschland, die an einem rechtlichen Rahmen für Kurzzeiteinsätze interessiert sind. Dr. Detlef Blöcher, em 1999-4. |
Fischer, Moritz. Pfingstbewegung zwischen
Fragilität und Empowerment. Beobachtungen zur Pfingstkirche „Nzambe Malamu“
mit ihren transnationalen Verflechtungen (Kirche – Konfession – Religion 57) Göttingen:
V&R unipress, 2011 Dieser Band beschäftigt sich mit der
Pfingstbewegung im besonderen Kontext der Pfingstkirche „Nzambe-Malamu“, einer
Kirche mit Ursprung in der Demokratischen Republik Kongo (offizielle
Grün-dung 1967) und mittlerweile transnationalen Verflechtungen (Angola,
Deutsch¬land, Finnland, England, USA). Ihm liegt die Habilitationsschrift des
Verfassers zugrunde, für die er am 1. 11. 2011 den „Henning
Schröer-Förderpreis für verständliche Theologie“ erhielt. Das Einführungskapitel (S.19-63) setzt sich im
ersten Abschnitt mit dem (neueren) Pfingstlich-Charismatischen Christentum
auseinander. Es folgt ein Forschungsüberblick und methodische Fragen mit
besonderem Bezug auf die vor-liegende Studie. Anschließend stellt der
Verfasser in drei Teilen sein Arbeit dar. Im ersten Teil (Missionsgeschichtliche Fragestellungen
– S.65-200) verfolgt Fischer historische und missionsgeschicht-lich
ausgerichtete Fragestellungen. Kernstück bildet nach einer theoretischen
Einführung die Biographie des Gründers der Nzambe-Malamu Kirche, Apostel
Alexandre Aidini Abala (1927-1997) und seiner Nachfolger bis in unsere
Gegenwart. Im zweiten Teil geht es um die Klärung
ekklesiologischer Probleme (S.201-253). In drei Abschnitten widmet Fischer
sich der Transnationalität und dem Netzwerk der Nzambe-Malamu, deren
Verbindung zur New-Order-of-the-Latter-Rain-Move-ment sowie der Beziehung des
Pfingstlers Tommy Lee Osborn zu Nzambe-Malamu. Der dritte Teil (Performanz, Ritual und Heilung)
versucht schließlich eine Beurteilung von Nzambe-Malamu aus
ritual-wissenschaftlicher Perspektive zu geben (S.255-307). Dazu präsentiert
Fischer einen „theoretischen Beitrag zur Performanz des pfingstkirchlichen
Heilungsrituals“ gefolgt von der Fragestellung, wie „die konkrete Handlung
des Heilens … ritualwissenschaftlich zu verstehen und zu dekonstruieren sind“
(S. 255). Ein Literatur-, Stichwort- und Namensverzeichnis schließen den Band
ab (S. 311-349). Die Studie ist aus meiner Sicht in dreifacher
Weise bemerkenswert. Erstens, als evangelisch-lutherischer Theologe wagt
Fischer sich in eine „Landschaft“ innerhalb des globalen Protestantismus, die
von der evangelisch-lutherischen Kirchentradition und Institution in
vielfacher Weise „weit entfernt“ ist. Zweitens, Fischers Forschungsansatz
schließt als wichtige Dimension die Selbst-aussagen von Nzambe-Malamu ein,
weil er dadurch versucht „die jeweiligen Identitätsbestimmungen, durch welche
sich Menschen, die mit Nzambe-Malamu verbunden sind, ernst zu nehmen“ (S.47).
Das geschieht m. E. selten genug. Mit diesem Ansatz ist er gefordert, nicht
nur eine reine Literaturstudie über Nzambe-Malamu zu verfassen, sondern sich
selbst als Akteur (Teilnehmende Beobachtung, Interviews) einzubringen. Dies
wiederum nötigt ihn drittens eine, wie er sie nennt, „transdisziplinäre
Perspektive“ (S.13) einzunehmen. Ein (nötiger) transdiziplinärer Ansatz heißt für
den Forscher jedoch auch, sich auf wissenschaftlich fremdes Terrain zu
begeben, in dem er nicht als „Fachforscher“ agieren kann. Damit steht er
im-mer im Zugzwang bestimmte „Zulieferungsdienste“ in Anspruch nehmen zu
müssen, so z.B. das Konzept des wounded healers im Sinne von C.G. Jungs
Archetyps des „Wounded healers“ (der Protagonist ist zugleich Held und Versager),
das Fischer auf Aidini Abala als religionspsychologisches Konzept anwendet
und das damit „theologisch fruchtbar gemacht werden soll“ (S119). Hier stellt
sich allerdings die Frage, wie man mit diesem Konzept in Bezug auf Paulus
oder Jesus selbst als „Religionsstifter“ umgehen würde? Ist Jesus „Held“ und
„Versager“ oder nicht vielmehr victor quia victima (Sieger, weil Opfer),
(Pöhlmann 1980)? Insgesamt gesehen ist es ein empfehlenswertes
Buch. Der Verfasser hat viel Material zusammengetragen und gründlich
recherchiert. Es eröffnet nicht nur einen Einblick in die
Entstehungsgeschichte einer afrikanischen Kirche im südlichen Afrika, sondern
auch deren Verflechtungen mit Gemeinden in Deutschland. Für 49,90€ bekommt
man guten Inhalt in einem gebundenen Band. Dr. Robert Badenberg, em 2013-1. |
Flemming,
Dean. Contextualization
in the New Testament: Patterns for Theology and Mission, Der Autor des vorliegenden Buchs ist Dozent am European Nazarene College in Deutschland (Büsingen). Er verfügt über interkulturelle Erfahrung, war Pastor in Japan, unterrichtete auf den Philippinen und in den USA. Mit seiner umfangreichen Monographie zum Thema Kontextualisierung im Neuen Testament verfolgt er zwei große Ziele. Er möchte einerseits herausfinden, wie die neutestamentlichen Autoren „context-sensitive theology“ betrieben (S. 15), andererseits möchte er „patterns“ für die heutige Aufgabe der Anpassung an Kontexte herausarbeiten. Dabei konzentriert er sich insbesondere auf Paulus als interkulturellen Missionar im hellenistisch-römischen Umfeld (sechs von zehn Kapiteln). Der Autor beginnt seine Studie mit der Apostelgeschichte, der er die ersten zwei Kapitel seines Buches widmet. Zuerst untersucht er die Apostelgeschichte als kontextuelles Dokument, wendet sich aber anschließend dem Apostelkonzil zu. Im zweiten Kapitel durchleuchtet Flemming die drei großen Paulusreden in Antiochien (Apg 13,13-52), Lystra (Apg 14,8-20) und Athen (Apg 17,16-34), wobei letzterer ein besonderes Gewicht beigemessen wird. Es folgen drei ausführliche Kapitel über die Paulusbriefe im Allgemeinen, über Paulus Stellung zur Kultur und über seine Hermeneutik. Hieran schließen sich zwei Kapitel mit Fallbeispielen anhand des ersten Korinther- und des Kolosserbriefes an, in denen Flemming das Problem des Götzenopferfleisches (1Kor 8-10), die Auferstehung (1Kor 15) und die Situation der Kolosser in ihrer multireligiösen Umgebung, behandelt. Darauf folgt ein knappes Kapitel über die Evangelien. Er bestimmt das Genre Evangelium und präsentiert den speziellen Kontext für den der jeweilige Evangelist schrieb. Daraus leitet er ab, dass Christen auch in heutiger Zeit lernen müssen, dass Evangelium in „different keys“ (S. 265) zu „singen“. Als letztes Buch behandelt er die Offenbarung. Das Buch schließt mit einem Kapitel über die heutige, praktische Anwendung der erarbeiteten Erkenntnisse und Methoden. Flemming kommt zu dem Schluss, dass das Evangelium eine Erzählung ist, die aus verschiedenen Perspektiven wiedergegeben werden kann, wie es bereits das Neue Testament selbst erkennen lässt. Trotz der Gefahren, die in der Kontextualisierung liegen, hält er sie für unverzichtbar, denn „all theology is contextual theology“ (S. 298). Und trotz der verschiedenen Perspektiven kommt Flemming zum Ergebnis, dass das neutestamentlich bezeugte Evangelium eine kohärente Botschaft ist. Flemming bietet eine fundierte biblische Grundlagenstudie zu dem heiß umkämpften Thema Kontextualiserung. Dass in einer solch umfangreichen Studie das ein oder andere Detail diskussionsbedürftig ist, ist nicht verwunderlich. Gerade beim Thema Synkretismus und der praktisch-methodischen Anwendung der Kontextualisierung bleibt Flemming etwas unpräzise. Betrachtet man die Offenbarung stellt sich speziell die Frage, ob Johannes diese Ereignisse nicht doch tatsächlich sah, obwohl er, wie Flemming richtig erkennt, antike Mythenerzählungen verarbeitet. Insgesamt ist er sehr stark auf Paulus konzentriert. In den Evangelien gäbe es sicherlich noch viele zu hebende Schätze. Besonders schwerwiegend ist allerdings, dass die allgemeinen Briefe, die ja eine breite Zielgruppe hatten, nicht behandelt werden. Bei all diesen Auslassungen ist Flemming jedoch zu Gute zu halten, dass er sich an diese umfangreiche Arbeit gewagt hat – zeitliche und platztechnische Grenzen sind da zu erwarten. Mit seinem Buch hat Flemming ein herausragendes Beispiel für eine Untersuchung geschaffen, die wissenschaftliche Theorie und gemeindliche Praxis vereint. Nicht umsonst wurde sein Werk im Jahr 2005 vom International Bulletin of Missionary Research (IMBR) zu den fünfzehn hervorragenden Missionsstudien gezählt und im Jahr 2006 von Christianity Today zum wichtigsten Buch in der Sparte Mission/Global Affairs gekürt. Es ist eine wertvolle Ressource für kulturorientiertes, biblisches Arbeiten – sei es kulturübergreifend oder im westlichen postmodernen Umfeld. Dieses Werk ist zweifellos ein „Must-Have“ für jeden, der sich für Kontextualisierung interessiert! Bart P. Thompson, em 2009-1. |
Flury-Schölch, André.
Abrahams Segen und die Völker. Synchrone und diachrone Untersuchung zu Gen
12,1-3 unter besonderer Berücksichtigung der intertextuellen Beziehungen zu
Gen 18; 22; 26; 28; Sir 44; Jer 4 und Ps 72 (Forschungen zur Bibel 115), Würzburg:
Echter Verlag, 2007. Mit Vehemenz und zahlreicher Gefolgschaft vertritt der Tübinger Alttestamentler Erhard Blum das Urteil, nach welchem „es einen ‚Segen für andere’ in den Verheißungen der Genesis nicht gibt“ (Komposition der Vätergeschichte, WMANT 57, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1984, S. 352). Er übersetzt Genesis 12,3b nicht passiv („und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“), sondern reflexiv („durch dich werden sich (gegenseitig) Segen wünschen“) – ein Segen als frommer oder verzweifelter vergeblicher Wunsch der Völker, nicht jedoch als effektives Handeln Gottes durch Abraham. Den Oxforder Theologen Keith N. Grüneberg führte jüngst seine umfangreiche synchrone Untersuchung Abraham, Blessing and the Nations. A Philological and Exegetical Study of Genesis 12:3 in its Narrative Conext, BZAW 332, Berlin: De Gruyter, 2003 zu genau dem entgegengesetzten Urteil: Das Nifal von brk „segnen“ in Gen 12,3; 18,18; 28,14 ist passiv zu übersetzen (das Hitpael in Gen 22,18; 26,4 hingegen reflexiv). Unabhängig von ihm und unter Verwendung diachroner Methoden kommt André Flury-Schölch in seiner Dissertation an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Luzern bei Ivo Meyer zu exakt demselben Ergebnis: „Es handelt sich dabei [nur bei dem Nifal] um ein theologischen Selbstanspruch Israels, ein Segen für andere Nationen zu sein, ohne dass diesen Nationen irgendwelche Bedingungen gestellt würden“ (S. 326). Somit gibt es nun zwei aktuelle, groß angelegte Monographien, welche das Urteil Blums als äußerst fragwürdig erscheinen lassen. Flury-Schölch möchte in seiner Untersuchung vor allem eine Motivgeschichte konstruieren, welche die traditionsgeschichtliche Entwicklung von Gen 12,3b und Parallelstellen nachzeichnen soll (S. 233). Demnach sei der Gedanke des Segnens der Völker ein Importprodukt assyrischer Ideologie, welches auf den Krönungshymnus Assurbanipals SAA III, 11 (669 v.Chr.) zurückgehe: (1) Auf den jungen König Josia (639-09) bezogen sei der erste Beleg in Ps 72,17, worin sich die unterworfenen Nationen wünschen, so gesegnet zu sein, wie der israelitische König. (2) Die wohl noch spätvorexilische Verheißung Gen 22,8 (vgl. 26,4) übertrage diesen Herrschaftssegen auf das Volk. Dieser Passus diene der nachträglichen Legitimation des Gebots in Dtn 13, seinen Sohn eigenhändig zu töten, ein Gedanke, der Flury-Schölch sichtlich Probleme bereitet (vgl. S. 158-67 und 332). (3) Eine inhaltliche Modifikation erhalte der Satz mit Jer 4,2 (ebenso in der Zeit Josias, vgl. Jer 3,6), hier gründet der Segenswunsch der Völker nicht in der Herrschaft, sondern der Umkehr Israels zu Jhwh. (4) Kritik und entscheidende Transformation findet in den spätnachexilischen Texten Gen 12,3; 18,18; 28,14 statt, die den Ruf Israels zur Herrschaft ablehnen, und stattdessen eine Berufung zur aktiven Vermittlung des Segens aufrufen. Auch wenn sich Flury-Schölch gegen das Vierquellenmodell, insbesondere „E“ und „J“, gegen Gerhard von Rads negative Sicht der Urgeschichte, gegen Julius Wellhausens Sicht der Väterreligion als Rückprojektion aus der Königszeit und gegen Albrecht Alts Unterscheidung zwischen sesshaftem und nomadischem Religionstyp wendet, entscheidet er sich ebenso weiterhin gegen das Selbstzeugnis der Texte (S. 1f und 233f). Dabei stellt seine Motivgeschichte das, was von dem einstigen historisch-kritischen Forschungskonsens geblieben ist, ein weiteres Mal auf den Kopf (Gen 12 war bisher immer noch Ausgangspunkt, wenn auch oft spät datiert) und bezeugt damit eindrucksvoll den spekulativen und flüchtigen Charakter der alten diachronen Methodik. Dem gegenüber stellt die kanonisch vorgezeichnete Motivgeschichte eine solide Alternative dar: Das Reden Gottes in Gen 12,3b zu Abraham (um 2092 v.Chr.) und dessen sorgfältige Verschriftlichung ist Ausgangspunkt und Bezugspunkt vielfältigster alttestamentlicher Traditionen. Sehr schön deutet Flury-Schölch in Gen 12,2 das „große Volk“ als Moseprolepse und den „großen Namen“ als Davidprolepse (S. 69-77). Er verzichtet jedoch auf eine strukturelle Analyse der Toledot Terach (Gen 11,27-25,11), welche Gen 12 und 22 als rahmende Elemente einer Lebensgeschichte literarisch und historisch in direkten Bezug zueinander bringt. Flury-Schölch scheint ferner den Wert von Septuaginta, Targumim, Sir 44,21 (in Bezug auf die Hitpael-Stellen!), Gal 3,8 und Apg 3,25 zu unterschätzen, welche als früheste Auslegungen der Texte Nifal und Hitpael, also sämtliche Belege in Genesis unisono passiv deuten (S. 95f, 129 und 180‑5). Ps 72 (laut Überschrift in der Zeit Salomos, 971-31) und Jer 4,2 führen das Motiv des Völkersegens schließlich in die entstehende messianische Erwartung hinein und bieten dort mit polemischer Spitze den babylonischen und assyrischen Hegemonialansprüchen ein selbst- bzw. Gottes-bewusstes Paroli. Trotz der genannten Bedenken kann das Werk vor allem im Detail überzeugen. Flury-Schölch arbeitet sich in detaillierter Fleißarbeit durch die einzelnen Argumente der Forschungsdiskussion und versucht sie ehrlich zu gewichten. Seine Versauslegung (S. 45-125) erweist sich als einer der tiefschürfendsten modernen Kommentare zu Gen 12,1-3. Gut begründet ist seine deutliche Verabschiedung der verlockenden rezeptiven „Verlegenheitslösung“ für das Nifal („für sich Segen finden“, ähnlich dem griechischen Medium, S. 113f). Seine kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten von Oswald T. Allis, „The Blessing of Abraham“, PTR 25 (1927): 263-98 war längst fällig, da diese über Walter C. Kaisers alttestamentliche Theologie und Victor P. Hamiltons Genesis-Kommentar bis heute kaum geprüft in zahlreiche Publikationen übernommen wird (S. 99-107). So wird man der Arbeit kleinere Lücken in der Sichtung relevanter Literatur (etwa Wilfried Warning, „Terminologische Verknüpfungen und Genesis 12,1-3“, Biblica 81 (2000): 386-90) und Korrigenda (etwa S. 100, Anm. 2: „432“ statt „###“, S. 237: „ect.“, S. 271: zweimal „1.)“) leicht verzeihen. Dr. Siegbert Riecker, em 2010-1. |
Foster,
Paul. Community,
Law and Mission in Matthew’s Gospel. WUNT II, 177, Tübingen: Mohr Siebeck, 2004. Die vorliegende Studie widmet sich der sozialen Verortung der sog. matthäischen Gemeinde, der Rolle, die das Gesetz in dieser Gemeinschaft spielte und deren Haltung zur Heidenmission. Der Konsens in der Matthäusforschung geht dahin, hinter dieser Gemeinschaft eine innerjüdische, sich absondernde Gruppe zu sehen, die Jesus von Nazareth für den Messias Gottes hielt. Daher haben ihre Anhänger jeglichen Kontakt mit Heiden vermieden und ihre abgesonderte Existenz bewahrt. Die Heiden spielten allenfalls in der Zukunftserwartung eine Rolle (77f). Gegen dieses Bild, das auf einer Reihe von fragwürdigen historisch-kritischen Prämissen beruht und wichtige Aussagen des MtEv übersieht oder aber weg erklären muss, will Forster zurecht zeigen, „that at the time of compo-siton of the gospel the group had been decisively rejected by other parties in formative Judaism, and that the gospel was both a supersessionary document claiming many of the prerogatives of Judaism as its own, but also a pedagogical document encouraging and instructing the community with dominical authority, to continue and enlarge upon an outwardly focused Gentile mission“ (1). Speziell für die Mission will Forster zeigen, wie sich die Aussagen in Mt 10.5b-6 („Geht nicht auf den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter …“) und andere Aussagen zur Mission zueinander verhalten: „Any treatment must deal with both the negative outlook in chapter 10 as well as integrating the larger corpus of texts that call for the inclusion of Gentiles within the Matthean communities“ (20). Zuerst gibt F. in „The Social Location of the Matthean Community“ einen Forschungsüberblick über die Matthäusforschung seit 1945 (22-79). Nach einem knappen Kapitel über den Qumrantext 4QMMT und die halachischen Debatten (80-93), untersucht F. die Antithesen der Bergpredigt (Mt 5,21-48, 94-143). Dem folgt eine ausführliche Untersuchung von Mt 5,17-20 (144-217). Im sechsten Kapitel untersucht F. die Mission im MtEv (218-52). F. will dabei die einschlägigen Texte berücksichtigen, aber auch deren Bedeutung in der Gesamtstruktur der Erzählung. Er beginnt mit den beiden „restriktiven“ Texten Mt 10,5-23 und 15,21-28 (220-30). Alle weiteren Texte stehen der Eingliederung von Heiden in die Gemeinschan positiv gegenüber: 21,43; 24,14; 26,13 und 28,16-20. Abschließend begründet F. überzeugend, dass die Restriktion in 10,5-23 nicht mehr in späterer Zeit gegolten hat. Für die Interpretation von Mt 28,16-20 sieht F. einen Gegensatz zu den in 28,15 erwähnten Juden, die die Auferstehung Jesu geleugnet haben. Speziell aufgrund dieser Enttäuschung sollen die Junger sich an die Heiden wenden. Dieser Bezug ist fraglich, da mit 28,15 die Auferstechungsberichte abgeschlossen werden und mit 28,16 ein narrativer Orts- und Szenenwechsel erfolgt. F. zeigt ferner, dass die Heidenmission keine leichte Aufgabe sein wird (24,9-14) und schließt: „The picture that emerges from the relevant texts in the gospel in relation to mission is that of unqualified support by the evangelist for proselytising activity among the Gentiles to be undertaken by the community in its contemporary situation. … Hence the gospel he wrote was seen, to a certain degree by the evangelist himself, as a celebration of Gentile participation in the Kingdom of heaven“ (252). Und weiter: “… the incorporation of Gentiles into the group is not only the way forward but to fail in this task is to fail to take up the direct challenge of the risen Jesus“ (260). Trotz einiger problematischer Grundannahmen (z. B. im MtEv geht es weniger um Leben und Lehre des irdischen Jesus als um die Anliegen und Stimme seiner Nachfolger in der zweiten und dritten Generation) gibt das Kapitel über die Mission einen guten Überblick über sämtliche missionsrelevanten Stellen und zeigt, wie die restriktiven und universalisitischen Aussagen zusammengesehen werden können. (Zum Missionsbefehl vgl. ferner P. Stuhlmacher, „Zur missionsgeschichtlichen Bedeutung von Mt 28,16-20“, EvTh 59,1999,108-29 und in id., Biblische Theologie und Evangelium: Gesammelte Aufsätze, WUNT 146, Tübingen: Mohr Siebeck, 2002). Prof.Dr. Christoph Stenschke, em 2005-3. |
Foyle, Marjory F. Gestreßt, verletzt und ausgebrannt. Risiken und
Nebenwirkungen des vollzeitlichen Dienstes. Basel und Gießen: Brunnen Verlag, 1995. Marjory F. Foyle, von Beruf Fachärztin für Psychiatrie, schrieb dieses Buch vor dem Hintergrund einer über dreißigjährigen Erfahrung in der medizinischen Missionsarbeit auf dem indischen Subkontinent. Das englische Original, 1987 unter dem Titel „Hounorably Wounded“ erschienen, liegt in der Übersetzung von Barbara Trebing nun auch einer deutschsprachigen Leserschaft vor. Die Autorin beschreibt Formen und Auswirkungen von Streß in verschiedenen Bereichen und Phasen des missionarischen Dienstes in einem anderen kulturellen Umfeld. Dem Leben als Single, Missionarsehen, Kindern, Heranwachsenden, der Auswahl von Mitarbeitern, dem Kulturschock, zwischenmenschlichen Beziehungen, der Rückkehr in die eigene Heimat und den Kraftquellen für Missionare sind jeweils eigene Kapitel gewidmet. Allgemeinverständlich führt sie in psychologisches Grundwissen ein und macht es dann für den Spezialfall und die besonderen Bedingungen des Lebens und Arbeitens von Missionaren fruchtbar. Zu den besonderen Bedingungen gehören dabei z. B. das Leben in einer anderen Kultur, relative Isolation bzw. das enge Zusammenleben mit anderen Menschen. Psychologische Einsichten und geistliche Perspektiven verbindet sie immer wieder in gekonnter Weise. Die Stärke des Buches liegt im engen Bezug zur Praxis und den vielen Hilfen und Lösungsmöglichkeiten, die aufgezeigt werden. „Es ist so wichtig, daß man über sich selbst lachen kann (192)“, schreibt sie z. B. im Kapitel zu „Re-entry“-Streß. Eine Empfehlung, die sicher auch für alle anderen Bereiche ihre Berechtigung hat. Foyle richtet sich damit an alle in der Mission Tätigen, aber auch an Menschen, die noch fragen, ob hier ihre Aufgaben liegen werden. Allen für die Auswahl von Missionspersonal Verantwortlichen sei vor allem das Kapitel „Das Auswahlverfahren“ empfohlen. Denn eine geeignete Auswahl vermeidet bei allen Beteiligten später unnötigen Streß. Philipp Hauenstein, em 1996-3. |
Francke, August Hermann. Segensvolle Fusstapfen. Geschichte der
Entstehung der Halleschen Anstalten von August Hermann Francke selbst erzählt.
Gießen: Brunnen Verlag, 1994. August Hermann Franke (1663-1727), einer der Väter des deutschen Pietismus, war seiner Zeit weit voraus. Seine bahnbrechenden Leistungen im sozial-karitativen Bereich förderten den Aufbau des vom 30-jährigen Krieg zermürbten und zerstörten Deutschland. Es ist das Verdienst des Herausgebers Michael Weltes, diese zu ihrer Zeit weit verbreitete Schrift Franckes ein in unserer Zeit eher in Vergessenheit geratenes Werk, einem größeren Leserkreis wieder zugänglich zu machen. Das Buch erscheint 300 Jahre nach den bescheidenen Anfängen einer kleinen Armenschule im Pfarrhaus Franckes vor den Toren der Stadt Halle a. d. Saale. Francke selber griff fleißig zur Feder, um Entstehung und Werdegang seines Lebenswerkes zu dokumentieren. In nur 15 Jahren entstanden neben hervorragenden Erziehungs- und Bildungseinrichtungen zahlreiche gewerbliche Betriebe, die vielen Menschen in Landwirtschaft, Apotheke, Buchdruckerei und Buchhandlung Beschäftigung und damit Brot geben. Die Halleschen Anstalten können mit Recht als eines der ersten Glaubenswerke bezeichnet werden. Aus nah und fern trafen kleine und große Gaben zum Unterhalt des Werkes ein. Franckes „Fußtapfen“ mit ihren sieben Fortsetzungen erschienen in den Jahren 1694-1709 und lesen sich wie ein Rechenschaftsbericht. Das sich schnell ausbreitende Werk mußte sich schon früh gegen Verleumdungen schlimmster Art zur Wehr setzen. Francke nimmt durch seine demütige und offene Art der Darstellung den meisten Kritikern den Wind gründlich aus den Segeln. Seine Ausführungen wirken wie eine außerordentlich effiziente Werbeschrift, die ungewöhnlich weite Verbreitung fand. Die „Fußtapfen“ zeugen auch davon, das Francke Initiator und Förderer der ersten protestantischen Missionsbemühungen von deutschem Boden aus war. 1705 reisten zwei seiner Schüler auf Veranlassung des dänischen Königs nach Tranqebar/Ostindien aus. 1707 veröffentlichte Francke die ersten Briefes Ziegenbalgs in der Hallischen Korrespondenz. Auf diese Weise wird der Missisonsauftrag in den weiten Kreisen des hallischen Pietismus wirkungsvoll eingeführt. Francke ist somit auch Herausgeber des Ersten Deutschen Missionsblattes. Diese großherzige Geste Franckes bleibt nicht ohne Wirkung: 1. Erkennen viele evangelische Christen die dringende Notwendigkeit der Heidenmission. 2. Wird eine große Schar von Betern für die Mission gewonnen. 3. Gehen zahlreiche Spenden zugunsten der Missionare ein. 4. Wurden zu Lebzeiten der Dänisch-Hallischen Mission ca. 60 Missionare allein aus Halle ausgesandt. Fazit: Auch wenn sich die Ausführungen Franckes aufgrund des im „Lutherdeutsch“ verfaßten Stils zeitweise etwas holprig lesen lassen, sind die „Fußtapfen“ außerordentlich lesenswert. Ich wünsche dem Buch in unserer Zeit eine so weite Verbreitung wie zur Zeit Franckes. Hartmut Burghoff, em 1996-3. |
Franz, Andreas. Mission
ohne Grenzen. Hudson Taylor und die deutschsprachigen Glaubensmissionen. Brunnen (TVG): Gießen/ Basel, 1993. Dieses Buch geht auf eine Dissertation zurück, die 1991 von der Evangelischen Theologischen Fakultät in Heverlee/Belgien unter dem Titel: Hudson Taylor und die deutschsprachigen Glaubensmissionen angenommen wurde. Der Haupttitel scheint mit dem jetzigen Untertitel im Widerspruch zu stehen: Mission ohne Grenzen, aber begrenzt auf eine Person und einen geographischen Raum (China). Doch soll von vornherein klargestellt sein: auch wenn für den Rahmen einer solchen Dissertation zeitliche (1889-1905, Todesjahr Taylors) und räumliche Einschränkungen (deutschsprachiges Ausgangsgebiet) vorgenommen werden mußten, bleibt doch das grenzüberschreitende Missionsverständnis der Glaubensmissionen sichtbar. Damit ist im Haupt- und Untertitel eine ihrer Besonderheiten bereits anvisiert. Verglichen mit den damals etablierten klassischen Missionen überwanden - auch die deutschsprachigen - Glaubensmissionen konfessionelle, soziale, kulturelle und zumindest teilweise auch nationale Grenzen, wobei sich ihre Zielgebiete ständig erweiterten. Der englische Arzt Hudson Taylor (1832-1905), ein Mann des Glaubens und des Gebetes, war einzig von dem Gedanken beseelt, das Evangelium von Jesus Christus bis in die entferntesten Winkel Chinas zu tragen. Mit 23 Jahren reiste er in das „Reich der Mitte“. Hier unternahm er ausgedehnte Reisen in das Innere des Landes und übernahm die Leitung eines kleinen Hospitals in Ningpo. In der Missionarin Maria Dyers, mit der er sich 1858 vermählte und mit der er eine überaus glückliche Ehe führte, fand er eine Lebensgefährtin, die bis zu ihrem Tode (1870) seine geistliche Vision teilte. Im Juli 1860 mußten die Taylors aus gesundheitlichen Gründen nach England zurückkehren. Er schloß sein medizinisches Studium mit der Promotion ab und übersetzte mit einem chinesischen Gehilfen das Neue Testament in den Ningpo-Dialekt. Um die Missionsarbeit unter den Chinesen verstärkt fortsetzen zu können, gründete Taylor Ende Juni 1865 die China-Inland-Mission. In seinem im selben Jahr veröffentlichten Buch „Chinas geistliche Not und Anspruch“ appellierte er an die Verantwortung eines jeden Christen für die Missionierung Chinas. Die Leitung der Mission war nicht, wie üblich, im Heimatland, sondern auf dem Missionsfeld. Er selbst, ständig von Krankheiten geplagt, befand sich in pausenlosem Einsatz. Allein elfmal legte er die Monate dauernde Seereise zwischen England und China zurück und versuchte auch auf dem europäischen Kontinent, in Amerika und Australien, Helfer und Beter zu gewinnen. Weltweit entstanden Bewegungen und Organisationen für die CIM, so auch im deutschsprachigen Raum, wo sie sich heute zumeist als evangelikale Missionen verstehen. Bei den Glaubensmissionen handelt es sich gegenüber den bereits existierenden mehr oder minder kirchlich geprägten klassischen Missionen um neuartige Missionen. Dieses Neuartige und für sie Charakteristische betrifft drei Bereiche: Missionsmotive, Missionsmethoden und Missionsprinzipien, die Franz in seinem ersten Kapitel über „Taylors Grundsätze“ darlegt. Taylors Missionsmotive liegen begründet im Mitleid mit den vielen Menschen, die ohne Christus ewig verloren sind sowie im eschato-logischen Motiv, nach dem die Wiederkunft Christi durch die Mission beschleunigt wird. Daraus folgen die Missionsmethoden, die primär nicht von der Gründung von Missionsstationen, sondern von der Reisetätigkeit geprägt sind. Die Missionsprinzipien betreffen vor allem das Glaubensprinzip, nach dem die Missionare (und Missionarinnen) ihre materielle Versorgung von Gott und nicht von Menschen zu erbitten und zu erwarten haben, mithin nicht über ein festes Einkommen verfugen; ein individuelles Berufungserlebnis; die Rekrutierung von Mitarbeiter/innen aus allen protestantischen Kirchen; die Stellung der Missionarsfrau als dem Mann gleichgestellte Missionarin; den Einsatz lediger Missionarinnen auch im Pio nierdienst; eine bestimmte neutrale Stellung zur staatlichen Obrigkeit. Das nächste Kapitel behandelt Taylors Einfluß auf den deutschsprachigen Raum. Dieser Einfluß entstand durch Berichterstattung über Taylor, durch verschiedene Reisen deutschsprachiger, glaubenserweckter Personen nach China und vor allem durch mehrere ausgedehnte Vortragsreisen Taylors in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die folgenden Kapitel stellen ausführlich die Gründung, die Besonderheiten und die Arbeit jener deutschsprachigen Glaubensmissionen dar, die direkt oder indirekt auf Taylor zurückzuführen sind, nämlich die Deutsche China Allianz-Mission, der China-Zweig der Pilgermission St. Chrischona, die Kieler Mission, die Liebenzeller Mission, ferner als mit der CIM assoziierte Missionen nach 1906 die Friedenshort-Mission, der Deutsche-Frauenmissionsbund, die MBK-Mission und die Yünnanmission. Über diese spezielle Missionshistorie hinaus erfährt man manche interessante Einzelheit und Eigenart bezüglich des Frömmigkeitsverständnisses, des geistlichen Lebens und des missionarischen Wirkens derer, die maßgeblich in diesen Werken tätig waren, nicht zuletzt im Blick auf Hudson Taylor selbst. Im abschließenden Kapitel behandelt Franz die deutschsprachigen Glaubensmissionen im Spannungsfeld nationaler und internationaler Beziehungen. Spannungen und Probleme zwischen den deutschsprachigen und den übrigen, vorwiegend angelsächsischen Glaubensmissionen, lagen in der Tatsache begründet, daß von den drei die Glaubensmissionen tragenden Bewegungen, nämlich der Heiligungsbewegung, der Prophetischen Bewegung und der Brüderbewegung, im deutschsprachigen Raum die Heiligungsbewegung dominierte und ihre prägende Kraft entfaltete. Erhalten blieb das Verständnis von Bekehrung und Wiedergeburt und ein ungebrochenes Verständnis der Heiligen Schrift als inspiriertem Gotteswort. Bibliographie, Index
und englische Zusammenfassung beschließen dieses gelungene Buch, das gut informiert, sich spannend liest und eine Lücke füllt in der wissenschaftlichen Würdigung
der evangelikalen Missionen im Heinrich Brandt, em 1995-1. |
Fugmann, Wilhelm (Hrsg.).
Christian Keyßer,
Bürger zweier Welten. Neuhausen-Stuttgart:
Hänssler Verlag, Edition C (153), 1985. Nach einer kurzen Einleitung läßt W. Fugmann den Missionar Christian Keyßer aus seinen hinterlassenen Schriften zu Wort kommen:
Anfang und Auswirkung der Mis Jürgen Kuberski, em 1986-2. |
Fuller, W. Harold. People of the Mandate: The
Story of the World Evangelical Fellowship. Paternoster: Carlisle,
UK, 1996. Das Buch des Kanadiers W. H. Fuller erschien zum 150. Jubiläum (1846-1996) der in über 100 Ländern vertretenen Weltweiten Evangelischen Allianz (World Evangelical Fellowship - WEF). Es bildet eine interessante Ergänzung und Fortführung der zehn Jahre zuvor erschienen Geschichte des WEF mit dem Titel „A Dream that would not die“, von David M. Howard. Während Howard die Geschichte dieser ältesten ökumenischen und evangelikalen Bewegung bis 1986 schrieb, vermittelt Fuller dem Leser Geschichten und Persönlichkeiten (vor allem aus der Zwei-Drittel-Welt), die diese Geschichte bis 1996 belebten. In vierzehn Kapiteln berichtet er u. a. von der Enstehung der Evangelical Alliance in London 1846, von der spannenden Neu-Gründung als WEF 1951 in Woudschoten, Holland und von der Rolle der nationalen Allianzen, die in vielen Ländern an der Front neuer Entwicklungen und missionarischen Wachstums stehen. Asien, Afrika und Lateinamerika befinden sich im Zentrum evangelikaler Wirklichkeit heute. Ein Kapitel ist der missiologisch bedeutsamen Missions-Kommission der WEF gewidmet. Religiöse Freiheit, sowie Frauen und Jugend sind weitere thematische Schwerpunkte. Erwähnenswert sind die zehn Anhänge, die interessante Dokumente bieten, z.B. einen Brief der japanischen Allianz mit der Bitte um Verzeihung für die von ihrer Nation ausgegangenen Aggressionen in der asiatischen Geschichte, die Glaubengrundlage der WEF, die Singapur-Missionserklärung der WEF u. a. m. Hilfreich sind Index und Literatur-Verzeichnis zu theologischen und geschichtlichen Aspekten der evangelikalen Bewegung. Friedemann Walldorf, em 1999-3. |
Gabriel, Carlo. Die Josefsgeschichte in Bibel
und Koran, Unterschiede, Widersprüche, Maßstäbe. Uhldingen: Stephanus Edition, 1996. Nicht nur ein Vergleich der Josefsgeschichte in Bibel und Koran ist das Thema dieses Buches: Carlo Gabriel möchte darüberhinaus allgemeine Beurteilungskriterien für den Islam und den Koran liefern. Die Frage, ob Christen und Muslime an den gleichen Gott glauben, beantwortet Gabriel mit einem klaren Nein. Bemerkenswert ist auch die Folgerung, daß aus einer „Theologie der Werkgerechtigkeit“ zwangsläufig „Glaubensunsicherheit“ und fehlende Heilsgewißheit folgen muß, wie es im Islam ja tatsächlich auch der Fall ist. Durch die Gegenüberstellung der biblischen und koranischen Josefserzählung wird die Verkürzung und inhaltliche Verflachung des koranischen Berichtes sehr gut deutlich. – Bei einer Neuauflage sollte unbedingt der archaische und für Muslime herabsetzende Begriff „Mohammedaner“ (z.B. S. 135, 140) gegen die korrekte Bezeichnung „Muslim“ ausgetauscht werden. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-3. |
Garrison,
D.V.
Church Planting Movements: how God is
redeeming a lost world. Midlothian, VA/USA: WIG Take Resources, 2004.
[Deutsch: D. V. Garrison, Gemeindegründungsbewegungen:
Wie Gott eine verlorene Welt rettet. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft,
2007.] Obwohl die Erstveröffentlichung gerade einmal sieben Jahre zurückliegt, hat das vorliegende Werk bereits eine erstaunliche Wirkungsgeschichte entfaltet. Inzwischen gibt es kaum eine evangelikale Missionskonferenz oder Strategieplanung unter Missionaren, wo nicht das von David Garrison geprägte Stichwort „Gemeindegründungsbewegung“, respektive das englische Kürzel „CPM“ fällt. Die Einsichten dieses Werkes sind in der weltweiten Missionsarbeit schnell zentral geworden. Der Autor war selbst viele Jahre lang Missionar des International Mission Board (IMB) der Southern Baptists (USA), gegenwärtig ist er der Regionalleiter für Süd-Asien. Garrison führt einen Ph.D. der Universität von Chicago. Garrisons Buch kommt aus der Praxis. Der Leser spürt dem Autor sein Ringen ab, eine verlorene Welt für das Evangelium zu gewinnen. Es ist zugleich für die Praxis geschrieben. Garrisons Absicht ist nicht in erster Linie, einen akademischen Beitrag zu liefern, wiewohl seine Einsichten akademischer Forschung entspringen. „How would he [God] have us participate?“ ist die dringliche Frage, die er schon im Vorwort (S. 11) aufwirft. Er vergleicht seine Forschungsarbeit mit Reverse Engineering, der Tätigkeit eines Ingenieurs, der Produkte der Konkurrenz in ihre Einzelteile zerlegt, um sie dann nachbauen zu können (S. 11). Garrison möchte den Methoden Gottes auf die Spur kommen (S. 28). Die Forschungsarbeit, die dem Werk zugrunde liegt, hat ihren Anfang im Jahr 1994. Seitdem beobachten er und sein Team „mehr als 30 Orte“ rund um den Erdball (S. 19). Garrison geht so vor, dass er Bewegungen analysiert, die seiner Definition einer Gemeindegründungsbewegung entsprechen. Der Ansatzpunkt seiner Forschung ist also in einer funktionalen Theorie begründet. Der Untertitel deutet den theologischen Ansatz des Werkes an: „Wie Gott eine verlorene Welt rettet“. Der erste Schritt der Untersuchung ist deskriptiver Natur. Garrison beschreibt, was in diesen Bewegungen geschieht, er untersucht sie empirisch. In dem zweiten Schritt werden deduktiv sämtliche Phänomene analysiert und wiederkehrende Elemente in den verschiedenen Bewegungen eruiert. Diese Elemente untersucht der Autor dann in einem dritten Schritt auf ihre biblische Basis hin und stellt die Frage: Finden sie sich im Dienst von Jesus Christus und der Ur-Gemeinde? Die vorläufigen Forschungsergebnisse, die empirisch und deduktiv gewonnen wurden, werden anhand der normativen Theorien des biblischen Zeugnisses verifiziert. Der vierte Schritt mündet in die Frage nach der praktischen Anwendbarkeit und Umsetzung der gefundenen theoretischen Einsichten. Garrison kleidet diese Frage in ein Gebet: „Finally we will submit all that we’ve learned to the lordship of Christ asking: ‘In light of what you’ve shown us, O Lord, what should we now do?’ ” Es wird deutlich, dass der Forschungsansatz ein geistliches Element hat, das sich der Objektivierung wissenschaftlicher Untersuchung entzieht. Zum einen bringt Garrison die Prämisse in seine Forschung, dass Gebet eine Methode der Erforschung von Gemeindegründungsbewegungen ist. Zum anderen ist seine Denkvoraussetzung, dass es nur in einer Beziehung zu Christus – „under his lordship“ – möglich ist, die Implikationen der Daten angemessen auszuwerten. Dies führt zu einem stark durchscheinenden Absolutheitsanspruch. Kapitel 2 liefert eine Definition von
Gemeindegründungsbewegung. Garrison
definiert sie als „a rapid multiplication of indigenous churches planting
churches that sweeps through a people group or population segment.“ (S.
21) In den Kapiteln 3 bis 10 liefert er eine Vielzahl von spannenden
Beschreibungen von tatsächlichen Gemeindegründungsbewegungen. Kapitel 11
enthält das Kernstück des Werks, es nennt die Elemente, die in jeder (untersuchten) Gemeindegründungsbewegung
vorhanden sind. Der
Zentralität ihrer Bedeutung wegen sollen sie hier genannt werden: (1) Extraordinary
Prayer, (2) Abundant Evangelism, (3) Intentional Planting of Reproducing
Churches, (4) The Authority of God‘s Word, (5) Local Leadership, (6) Lay
Leadership, (7) House Churches, (8) Churches Planting Churches, (9) Rapid
Reproduction, (10) Healthy Churches. Weiterhin identifiziert Garrison zehn zusätzliche
Elemente, die in den meisten, jedoch nicht allen Gemeindegründungsbewegungen
erscheinen. Der Rest des Buches beschäftigt sich mit der Umsetzung dieser
Einsichten. Eine Fragestellung, die nicht eindeutig geklärt wird, ist was genau die menschliche Rolle im Zustandekommen von Gemeindegründungsbewegungen ist. Garrison stellt klar, dass einer Formel zu folgen nicht automatisch eine solche Bewegung produziert (S. 255.273). Dennoch, „God has given Christians vital roles to play in the success or failure“ (S. 26). Er kommt zu dem Schluss, dass die Frage: „Wie kann man eine Gemeindegründungsbewegung starten?“ die falsche Frage ist. „A better one might be: ‘What is preventing a Church Planting Movement from happening here?’ “ (S. 239) Inwieweit aber der Missionar eine solche Bewegung zustande bringen kann, darin bleibt Garrison unklar. Die Frage ist allerdings, ob die Spannung diesseits der Ewigkeit geklärt werden kann. Das Buch ist sehr gut und übersichtlich gegliedert. Tatsächlich fassen die Überschriften die Hauptinhalte des Werkes so gut zusammen, dass der beschäftigte Leser nur diese zu lesen braucht und bereits mit den Hauptinhalten des Buches vertraut ist. Es sei hingewiesen auf die wertvollen Hilfsmittel, die angeboten werden. Ein Kapitel enthält Tabellen, mit deren Hilfe der Leser den eigenen Dienst bewerten, Lücken feststellen sowie Schritte unternehmen kann, diese zu schließen. Weitere Werkzeuge finden sich im Anhang, es sind dies Trainingskonzepte für Evangelisation, für partizipatorisches Bibelstudium sowie Koranverse, die als Brücken in der Evangelisation von Moslems verwendet werden können. Zusammenfassend könnte der Missionsforscher Avery Willis mit seiner Empfehlung Recht behalten. Er sagt in seiner Rezension voraus, dass Garrisons Buch Gemeindegründungsbewegungen ein Klassiker des 21. Jahrhunderts werden wird. In jedem Fall ist dem Werk ein weit reichender Einfluss auch im deutschsprachigen Raum zu wünschen. Emmanuel Prince, em 2011-2 |
Garth, Alexander. Die
Welt ist nicht genug – Wenn Menschen Gott entdecken, Asslar: Gerth Medien, 2010. Der evangelische Pfarrer Alexander Garth arbeitet als Gründer der Jungen Kirche Berlin unter der Trägerschaft der Berliner Stadtmission. Der Buchtitel ist angelehnt an den gleichnamigen James-Bond-Film und wurde als Kontrast gewählt zu einer Gesellschaft, deren Fundamentalsatz allgemein lautet „Die Welt ist genug“. Aufgrund seiner Arbeit in einem konfessionslosen Kontext behandelt Garth in diesem populären Sachbuch das Phänomen der Areligiosität als logisches Konzept und die Frage, wie Menschen zu einem „Paradigmenwechsel“ gelangen. Der Autor präsentiert das beschriebene Phänomen entgegen der These, dass alle Menschen in irgendeiner Form religiös seien. Begriffe wie Gott, Himmel oder Hölle sagten Betroffenen nichts und seien weder ein mögliches noch unmögliches Thema. Letztlich vertrete diese post-atheistische Weltanschauung ein materialistisches und starres Weltbild. Anschließend stellt Garth die Frage, wie eine völlig neue Sicht auf das Leben entstehen kann. Im Fokus stehen Menschen, die bisher nicht nach der Existenz eines lebendigen, erfahrbaren und kommunizierbaren Gottes gefragt hatten. Der Autor erkennt drei Faktoren, durch die areligiöse Menschen auf Gott aufmerksam werden. Der erste Faktor sei die Begegnung mit lebendiger Spiritualität. Gemeint sind Gotteserfahrungen, die das eigene Weltbild erschüttern, bei denen man gleichzeitig erschrocken und fasziniert mit dem Heiligen konfrontiert wird. Garth weist hier auf die kleinen Dinge hin, die oft einen Prozess des Fragens einleiten. Als zweiten Punkt nennt der Autor die Erfahrung des himmlischen Beistandes, etwa wenn Menschen die helfende Zuwendung Gottes im eigenen Leben oder bei anderen erfahren. Hier argumentiert er, dass Menschen nicht widerwillig kapitulieren, sondern sich freiwillig für Gott öffnen sollen. Zuletzt stellt Garth die Sinnfrage, erörtert die christliche Weltsicht und hinterfragt unterschiedliche Dinge, die areligiösen Menschen oft als Sinngeber dienen. Ein weiteres Kapitel diskutiert Unterschiede im spirituellen und materialistischen Wirklichkeitsverständnis. Zudem bietet es Informationen aus der Sterbeforschung als Argumente für eine umfassendere Sicht auf die Realität. In einem letzten Kapitel zieht Garth Konsequenzen für die kirchliche Praxis. Über eine Institution hinausgehend plädiert er für eine Kirche als Katalysator, durch die areligiöse Menschen ins Fragen kommen und Gottes Hilfe erleben. An diesem Punkt sollen Christen den Menschen respektvoll auf Augenhöhe begegnen, wobei der eigentliche Dienst der Kirche von Vollmacht und Glauben geprägt sein müsse. Die persönliche Leidenschaft der Gläubigen und die Fähigkeit, das Evangelium verständlich und kreativ zu kommunizieren seien essenziell wichtig, um sodann mit der nötigen Selbstkritik als Kontrastgesellschaft zu leben. Alexander Garth liefert mit Die Welt ist nicht genug einen vielseitigen Einblick in die Lebenswelt areligiöser Menschen. Er stellt die Menschen in den Vordergrund und zeigt mit anschaulichen Beispielen aus seinem Dienst, wie wichtig ein erfahrungsorientierter Ansatz in der missionarischen Arbeit der Postmoderne geworden ist. Garth schreibt aus der Sicht eines Praktikers und argumentiert zugleich auf intellektueller Ebene mit Illustrationen aus Naturwissenschaft, Musik, Geschichte und Philosophie. Sein Buch verbindet wissenschaftliche mit praktischen Anliegen für den landeskirchlichen Gemeindekontext in Deutschland. Trotz der treffenden Darstellung wirken manche seiner Gedanken einseitig. So scheint der Autor teilweise die Erfahrungen seiner Mitmenschen als maßgebliches Argument für seine Thesen zu gebrauchen. So wichtig spirituelle Erfahrungen auch sind, sie sollten den Betroffenen von der Bibel her als Maßstab „gedeutet“ werden, damit das Evangelium wirklich nachvollziehbar wird. Garth selbst belegt mit Beispielen, dass gelegentlich als „modern“ und damit als überholt angesehene Argumentationsweisen auch in der Postmoderne ihren Platz haben. Alles in allem hat der Autor ein lesenswertes Buch vorgelegt, in dem sich solide Apologetik und wichtige Gedanken zu missionarischer Gemeindearbeit finden lassen, die nicht nur für den landeskirchlichen Kontext bedenkenswert sind. Daniel Vullriede, em 2011-1 |
Gaudeul, Jean-Marie. Called from Islam to Christ:
Why Muslims become Christians. Monarch Books: Crowborough/UK, 1999. Dr. Jean-Marie Gaudeul, ein Missionar der Weißen Väter, hat viele Jahre in Tansania gearbeitet. Er ist Doktor der Islamwissenschaften und der arabischen Sprache und unterrichtet zur Zeit am Katholischen Institut in Paris. Gaudeul geht der Frage nach, warum Muslime Christen werden. Er beschreibt sieben Hauptgründe und erläutert diese anhand zahlreicher Beispiele: (1) Die Persönlichkeit Jesu ist für viele Muslime attraktiv. (2) Viele sind angetrieben vom Durst nach Wahrheit und innerer Gewißheit. (3) Menschen ohne Familien haben den Wunsch nach Gemeinschaft. (4) Manche sind auf der Suche nach Gottes Volk (God’s Community) und entdecken es in der Kirche. (5) Manche sind auf der Suche nach Vergebung und werden von der zentralen Botschaft des Evangeliums angezogen. (6) Manche haben Hunger nach Gott und nach Gemeinschaft mit ihm, und (7) Manche werden von Gott direkt gerufen (durch Träume und Visionen). Bei Gaudeuls Einleitung merkt man an einigen Stellen, daß er Katholik ist und auch Muslime als Leser seines Buches im Auge hat. Er versucht, es für sie einsehbar und annehmbar zu machen, daß Muslime Christ werden. Gott ist es, so Gaudeul, der Muslime führt und manche von ihnen – auch aufgrund ihrer besonderen Persönlichkeit, Bedürfnisse und Lebensumstände – in Jesus Christus Frieden und Erfüllung finden läßt. Er betont dabei, daß dies kein negatives Licht auf den Islam wirft und nicht heißt, daß das Christentum besser sei. Gott führt den einen vom Christentum zum Islam und den anderen vom Islam zum christlichen Glauben. Ob Muslime ihm das abnehmen? Gaudeul geht in seiner Einleitung auch auf die Zahl der Übertritte zum Christentum ein. Er ist vertraut mit dem Buch von A. T. Willis, das für 1965 bis 1971 in Indonesien von zwei Millionen Übertritten vom Islam zum christlichen Glauben spricht. Er schätzt die Zahl der jährlichen Konversionen in Afrika auf einige Tausend. Neuere Informationen über Bangladesh und den Iran seit der Revolution im Jahre 1979 fehlen leider. Gaudeuls Verständnis von Bekehrung und Konversion wird von Evangelikalen sicherlich als oberflächlich, psychologisierend und humanistisch eingestuft werden. Er betrachtet Konversion in großem Maße als Wechsel von einem Wertsystem zu einem anderen, wobei Islam und Christentum als gleichwertige Religionen betrachtet werden. Der ganze Prozeß ist auf menschliche Anstrengung und Entscheidung reduziert. Der Anruf Gottes, von dem Gaudeul im Titel spricht, ist nicht mehr als der im Menschen innewohnende Hunger und Durst nach dem Ewigen und Heiligen. Die Stärke des Buches liegt in den biographischen Informationen und Erlebnissen der Konvertiten. Gaudeul erlaubt es Konvertiten so zu reden, wie sie empfinden, auch wenn dies seinem Verständnis nicht entspricht. Dieser (größte) Teil des Buches ist für jeden, der mit Muslimen lebt oder unter ihnen arbeitet, sehr informativ, interessant und hilfreich. Elf Seiten mit 78 Literaturangaben zum Thema Konversion, viele aus dem evangelikalen Bereich, helfen weiter, sich in das Thema zu vertiefen und Gaudeuls Schlußfolgerungen zu überprüfen. In Sprache und Stil ist das Buch leicht zu lesen. Das französische Original erschien 1991 bei Cerf in Paris (Appelés par le Christ: Ils viennent de l’Islam). Dr. Dietrich Kuhl, em 2000-2. |
Gehring, Roger W. Hausgemeinde und Mission: Die
Bedeutung antiker Häuser und Hausgemeinschaften - von Jesus bis Paulus. Brunnen: Gießen, 2000. Gehring, langjähriger Mitarbeiter von Campus für Christus und seit Abschluß der vorliegenden Promotion unter Peter Stuhlmacher ‘adjunct’-Professor in den USA, faßt hier minutiös zusammen, was exegetisch und archäologisch über die Bedeutung der Häuser als Versammlungsort der Jesusanhänger zu sagen ist. Er geht dabei von der grundsätzlichen historischen Glaubwürdigkeit der neutestamentlichen Berichte über solche Häuser aus, auch wenn er Eph, Kol, 1+2Tim und Tit für nachpaulinisch hält, aber dennoch untersucht. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem exegetisch-historischen Aspekt. Die Bedeutung der Häuser für die Arbeit von Jesus und Paulus wird zwar festgestellt, aber dabei werden kaum missionsstrategische Überlegungen angestellt. Der „Ausblick: Die ekklesiale und missionarische Bedeutung des Hausgemeinde-Modells für die Gegenwart“ am Ende macht ganze 15 von 500 S. aus und enthält kaum etwas missiologisch Relevantes oder Neues, verläßt den Bereich der Landeskirche überhaupt nicht, stellt vor allem Fragen und trägt nichts zur gegenwärtigen weltweiten Debatte zum Thema bei. Kurzum, das Buch ist zum ersten Teil des Titels eine ausgezeichnete Aufarbeitung des Forschungsstandes, zum zweiten Teil des Titels jedoch wenig ergiebig. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-2. |
Gensichen, Hans-Werner. Invitatio ad Fraternitatem. 75 Jahre
Deutsche Gesellschaft für Missionswissenschaft (1918-1993). (Beiträge zur Missionswissenschaft und Interkulturellen
Theologie Bd. 1). Münster/Hamburg: Lit Verlag, 1993. Hans-Werner Gensichen, der als profilierter deutscher Missionswissenschaftler 25 Jahre den Vorsitz der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft (DGMW) inne hatte (1965 - 1990), ist sicher dafür prädestiniert, zum 75-jährigen Jubiläum dieser Gesellschaft in einer geschichtlichen Darstellung über deren Werden und Wollen Rechenschaft zu geben. Durch seine guten Kenntnissen der jüngeren Missionsgeschichte gerät das Buch zu einem knappen und übersichtlichen Abriß der Entwicklung missionswissenschaftlichen Denkens in Deutschland überhaupt. Gensichen spannt den Bogen von den ersten theoretischen Ansätzen, die sich bei G. W. von Leibnitz finden über Justian von Welz und Konrad Mel zu den ersten pietistischen Missionaren Ziegenbalg und Plütschau, die als Sendboten der Dänisch-Halleschen Mission in Verbindung mit August-Hermann Francke eine glückliche Verbindung von Missionstat und Missionstheorie lebten. Der dahinter liegende Konflikt zwischen Theorie und Praxis, zwischen dem sog. Missionsbetrieb durch die Missionsgesellschaften und dem kritischen Nachdenken über die Mission sollte den Kampf von Männern wie Karl Graul und Gustav Warneck bestimmen, denen es gelang, die Missionswissenschaft im Bereich der deutschen Universitäten fest zu etablieren. So kam es noch in den letzten Monaten des ersten Weltkrieges 1918 zur Gründung der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft, damals einzigartig in der Welt. Gensichen erhellt durch die Veröffentlichung bisher unzugänglichen Materials die Motive der Gründungsväter der DGMW, und zeigt auf, wie in den schwierigen Zeiten zwischen und nach den großen Kriegen durch Männer wie Carl Mirbt, Martin Schlunk, Julius Richter, Johannes Warneck, später dann auch Walter Freytag, Karl Hartenstein, Georg F. Vicedom und Gerhard Rosenkranz die Arbeit der Gesellschaft gestaltet wurde. Bedeutung erlangte sie besonders durch Nachwuchs - und Literaturförderung und Herausgabe zweier missionswissenschaftlicher Schriftenreihen. Dabei gelingt es Gensichen, durch knappe Übersichten Inhalt und Bedeutung dieser Veröffentlichungen darzustellen. Im Gegensatz zu dem guten geschichtlichen Überblick der weiter zurückliegenden Zeit wird Gensichen in der Analyse der Entwicklung der letzten 25 Jahre merkwürdig blaß und zeigt zuwenig auf, wie sehr die jüngere Missionswissenschaft in den Strudel der theologischen Substanzauflösung des Christentums geraten ist. Kritisch sei hier bemerkt, daß Gensichen mit keinem Wort auf die hoffnungsvollen Neuansätze des wissenschaftlichen Nachdenkens über Mission im evangelikalen Lager eingeht, welche durch den Verfall der klassischen Missionswissenschaften provoziert wurden. Wie kann eine Missionswissenschaft, die den „… Mißlichkeiten religiöser Propaganda und Kirchengründung“ entgehen will, um „…der wahren Wirklichkeit der heutigen Welt“ (S.93) eher standzuhalten noch „als der Mission dienende Wissenschaft“ verstanden werden, so wie es Rosenkranz anläßlich der Fünfzigjahrfeier programmatisch für die DGMW formulierte (S.4)? Hier liegt das Dilemma der heute im Bereich der Ökumene beheimateten Missionswissenschaft. Wenn die Missionstheorie nichts Positives mehr zur Missionspraxis beitragen kann, dann verwirkt sie ihre Berechtigung. Trotz der angedeuteten Schwächen ist das Buch eine gute Einführung in die Geschichte der deutschen Missionswissenschaft insgesamt, die in den letzten 75 Jahren von der DGMW mitgestaltet wurde. Ich möchte dem Buch, auch wenn der Einband etwas steril wirkt und der Titel allzusehr nur akademische Zirkel anspricht, eine breitere Leserschaft wünschen. Bernd Brandl, em 1996-2. |
Gerhards, Albert. Heinzgerd Brakmann (Hg.), Die
koptische Kirche. Einführung in das ägyptische Christentum. Stuttgart: W. Kohlhammer. Ein wirklich lesenswertes Buch für alle, die sich mit der Missions- und Kirchengeschichte christlicher Minderheiten in der islamischen Welt beschäftigen. Die Aufsatzsammlung behandelt außer der Geschichte einer der ältesten christlichen Kirchen überhaupt – die vorwiegend die Geschichte einer Märtyrerkirche war und ist – Themen wie das koptische Mönchtum, die Liturgie (einschließlich Eucharistiefeier), koptische Kunst und das in den vergangenen Jahren verstärkte Dialogbemühen der koptischen Kirche mit orthodoxen, katholischen und protestantischen Kirchen unterschiedlicher Prägungen. Hier haben Annäherungen in dem rund 1500 Jahre alten Streit um Chalcedon stattgefunden, und daher sollte die koptische Kirche nicht mehr als monophysitisch bezeichnet werden. Im Kapitel zum Leben koptisch-orthodoxer Frauen wird deutlich, daß sich im Vergleich zwischen muslimischen und koptischen Frauen erstaunlich wenige Unterschiede ergeben (Heiratsvermittlung, Wertschätzung der Frau erst durch die Mutterschaft sowie Mädchenbeschneidung sind hier wie dort gängige Praxis). Für Missiologen von besonderem Interesse ist die – angesichts zahlreicher Repressalien seitens des Islam - bemerkenswerte Tatsache, daß die innere Erneuerung der koptischen Kirche in der jüngsten Vergangenheit maßgeblich auf die umfangreiche Sonntagsschularbeit dieser Kirche zurückzuführen ist. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-2. |
Giesbrecht, Heinz Dieter. Mennonitische Diakonie am Beispiel Paraguays: Eine diakonietheologische Untersuchung (Veröffentlichungen des Diakoniewissenschaftlichen Instituts 45) Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2011. Heinz Dieter Giesbrecht ist Nachkomme deutsch-mennonitischer Einwanderer in Paraguay. Er ist Pastor einer Mennoniten Brüdergemeinde in Filadelfia (Chaco – Paraguay) und Dozent für Praktische Theologie an der theologischen Fakultät der Evangelischen Universität Paraguays. Mit der vorliegenden Untersuchung promovierte er im September 2008 an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Heverlee (Leuven) Die Monographie umfasst acht Kapitel. Im ersten Kapitel werden die grundlegenden Begriffe „Diakonie“, „Diakonietheologisch“ und „mennonitisch“ definiert. Unter diesen Aspekten formuliert Giesbrecht die Ziele seiner Untersuchung. Erste Absicht sei es, „anhand theologischer Kriterien die Praxis mennonitischer Diakonie in Paraguay zu beschreiben und zu bewerten...“ (27). Weiter möchte Giesbrecht herausfinden, „welche theologischen Überzeugungen sich hinter dieser diakonischen Praxis verbergen“ (27). Explizit möchte diese Arbeit theologisch ausgerichtet sein und keine sozialwissenschaftliche Untersuchung leisten, die die Folgen mennonitischer Diakonie unter den Empfängern erforscht. Kapitel 2 erarbeitet den theologischen Rahmen, um die diakonische Praxis in Paraguay ab Kapitel 5 zu bewerten. Giesbrecht stellt sich dafür zwei Leitfragen: 1. „Wie wird diakonisches Handeln biblisch-theologisch begründet und/ oder profiliert?“ 2. „Welche theologischen Leitlinien lassen sich für die Zielsetzung und Gestaltung diakonischen Handelns feststellen?“ (30). Zur Beantwortung der ersten Frage orientiert sich Giesbrecht an den wesentlichen heilsgeschichtlichen Grunddaten (Schöpfung, Sündenfall, Inkarnation, pneumatischer Ursprung der Gemeinde und Eschatologie). Dabei geht er auch auf theologische Diskussionen ein, wie das Verhältnis von Wort und Tat und von Schöpfung und Erlösung. Aus dieser theologischen Grundorientierung definiert er anschließend Ziel und Inhalt diakonischer Praxis (z.B. Hilfe zur Selbsthilfe). Anschließend untersucht Giesbrecht im dritten Kapitel, wie mennonitische Theologen des 20. und 21. Jahrhunderts zu dem in Kapitel 2 erarbeiteten theologischen Rahmen Stellung nehmen. Grundsätzlich stellt Giesbrecht hier zwei Tendenzen fest: Erstens akzentuieren Theologen wie H.S. Bender, J.H. Yoder, u.a. die diakonietheologische Bedeutung von Christologie und Ekklesiologie in der Betonung ihrer ethischen Relevanz. Die zweite Tendenz halte grundsätzlich an der ethischen Relevanz von Christologie und Ekklesiologie fest, sehe diese jedoch in der Soteriologie und Pneumatologie verankert. Da der Gnadencharakter hervorgehoben werde, wehre letztere einer latenten ethischen Überfrachtung der Diakonie. Um die diakonischen Initiativen der Mennoniten in der Kapiteln 5-7 besser zu erfassen, erforscht Giesbrecht in Kapitel 4 den diakonischen Gedanken im Kolonie-Mennonitentum, dessen Anfänge sich historisch im Preußen des 16. Jahrhunderts befinden und ab dem 18. Jahrhundert in Russland zur vollen Reife gelangten. Eben dieses Kolonie-Mennonitentum wurde gemäß seines russischen Vorbildes ab den 1920ger Jahren nach Paraguay verpflanzt. Giesbrecht beobachtet, dass der ursprüngliche im Glauben wurzelnde Gedanke der Liebestat als Zeichen des wahren Glaubens in den mennonitischen Kolonien immer mehr institutionalisiert bzw. sozialisiert und säkularisiert wurde. Jedoch kam es unter dem Einfluss der pietistischen und baptistischen Erweckungsbewegungen zu einer Erneuerung des diakonischen Gedankens, was sich in einer Vielzahl von geistlich-motivierten karitativen Werken in Russland niederschlug. Die Erfahrungen der Erweckungsbewegung und die im Leid nach 1917 erfahrene Hilfe bei Flucht und Neuansiedlung durch das Mennonitische Zentralkomitee (MCC) haben dazu geführt, dass man in Paraguay eine missionarisch-orientierte und transkulturelle Entwicklungsdiakonie aufbaute. In den anschließenden drei Kapiteln untersucht Giesbrecht sieben diakonische Institutionen der Mennoniten in Paraguay. Diese sind nach dem Kriterium der Trägerschaft (Gemeinde, gemischte Trägerschaft aus Gemeinde und Kolonie und privater Vereinsträgerschaft) gegliedert. Jede dieser Institutionen wir anhand der eigenen Geschichte und Zielsetzung dargestellt. Anschließend gibt Giesbrecht einen diakonietheologischen Kommentar, wobei ihm die in Kapitel 2 und 3 erarbeiteten Kriterien als Maßstab dienen. Wesentliche Resultate werden dann in Kapitel 8 zusammengefasst und bewertet. Giesbrechts Monographie ist auf jeden Fall eine lohnende Lektüre für Diakonie-engagierte Christen. Es gibt dem Leser einen guten und ausgewogenen Einblick in die gegenwärtigen theologischen Diskussionen um das Thema Diakonie und exemplifiziert diese an konkreten Beispielen. Zum ersten Mal werden somit dem deutschen Raum wesentliche Erfahrungen und Erkenntnisse mennonitischer Diakonie (aus Paraguay) und Theologie zugänglich gemacht. Erfahrungen und Reflexionen aus anderen Kontexten bereichern die eigene Wahrnehmung. Das Lesen dieses Buches ist eine angenehme Erfahrung, da Giesbrecht sich immer wieder bemüht, wesentliche Inhalte zusammenzufassen und zu präzisieren. Der Leser dieser Untersuchung sollte jedoch über dogmatische Grundkenntnisse verfügen, da diese in manchen theologischen Diskussionen vorausgesetzt sind. Für die Diakonie in Paraguay ist dieses Buch eine Herausforderung. Die solide theologische Arbeit fordert eine weiterführende soziologische Untersuchung der Geber- und Empfängergruppen, um zerstörerische Faktoren der mennonitischen Diakonie zu orten und zu korrigieren. Giesbrecht zählt beeindruckende Fakten auf, die von einem Erfolg mennonitischer Diakonie in der verbesserten Lebensqualität der Empfänger zeugen. Soziologisch müsste erforscht werden, ob dieser quantitative Erfolg zu einem dauerhaften qualitativen Fortschritt führt (z.B. ob Abhängigkeiten langsam aufgehoben werden, Überwindung einer häufig paternalistischen Haltung) und welche kulturell angemessenen Schritte in diese Richtung unternommen werden müssten. Rainer
Siemens, em 2012-3. |
Glaser, Ida; Napoleon John.
Partners or Prisoners?
Christians thinking about women and Islam.
Paternoster: Carlisle, 1998. Wo liegen die wirklichen Unterschiede zwischen Islam und Christentum, wenn es um die Beurteilung und Stellung der Frau geht? Ist das Kopftuch wirklich ein ‘Instrument der Unterdrückung’ und wäre deshalb mit dem christlichen Glauben nie und nimmer vereinbar? Enthält nicht auch die Bibel Aussagen zum Thema Frau („… sie sollen zu Hause ihre Männer fragen“ u. a.), die ganz und gar nicht zum westlichen, freiheitlichen, gleichberechtigten Christentum zu passen scheinen und eigentlich fast „islamisch“ klingen? Diese Fragen möchten die Autoren auf den Punkt bringen, ohne einerseits altbekannte Vorurteile gegen den Islam neu zu schüren, aber andererseits auch ohne den biblischen Textbefund zu relativieren. Sie scheuen sich ebensowenig, Musliminnen in ihren apologetischen Äußerungen selbst zu Wort kommen zu lassen und positive Seiten der islamischen Kultur zu benennen wie Verirrungen der christlichen Kirchengeschichte und Exegese anzuführen, denn sie möchten „unter allen Umständen der Versuchung widerstehen, die besten Seiten des Christentums mit den dunkelsten Kapiteln des Islam zu vergleichen“ (14). Das Buch möchte nicht polemisieren, aber auch nicht nur wissenschaftliche Vergleiche ziehen: Der Leser erfährt als Resümée aus der sehr sachkundigen, ausführlichen Koran- und Bibelexegese, aus dem Studium von Sekundärliteratur und islamischer Überlieferung, daß für Glaser und John nur das biblische Gottes- und damit auch Menschen- und Frauenbild Würde und Freiheit vermitteln, aber auch nur das Christentum als einzige Religion Aufgabenverteilung und Platzzuweisung ohne Unterdrückung kennt. Viele langjährig gereifte Überlegungen werden hier in
großer Dichte klar und prägnant zusammengefaßt. Manche Überlegungen zum biblischen
Frauenbild sind durchaus herausfordernd. Aber auch wer den Autoren nicht in
al Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-3. |
Glasser,
Arthur. Announcing
the Kingdom: The Story of God’s Mission in the Bible. Grand Rapids: Baker Academic 2003. Ganz selten habe ich es gewagt, ein Buch eines meiner geschätzten Lehrer zu zensieren. Dann und wann aber sind Ausnahmen nicht nur berechtigt, sondern geboten. Wer Professor Glasser einmal erlebt hat, vielleicht sogar ein oder zwei Semester bei seinen Vorlesungen dabei war und jetzt dieses Buch liest, der wird unwillkürlich an den apostolischen Aufruf denken müssen: „Gedenkt eurer Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben! Betrachtet genau das Ende ihres Lebens und folgt ihrem Glauben nach!“ (Hebr 13,7). Beim Lesen dieses Buches kann jeder Lernende vernehmen, wie sein ehemaliger Lehrer immer noch von den großen Taten Gottes redet und herausgefordert werden, das gleiche zu tun. Dr. Glasser schreibt nicht als Theoretiker, sondern als einer, der sein Leben lang die Dringlichkeit der missionarischen Sendung gelebt und gelehrt hat. Selbst im Alter von über neunzig Jahren bleibt er missionarisch engagiert. Sowohl bei seinen Predigten und Vorlesungen hinter Kanzel und Katheder, ais auch bei seinen schriftlichen Arbeiten am Schreibtisch ging es ihm von jeher nicht darum, marklose Bruchteile und Fragmente biblischer Wahrheiten wiederzugeben. Er war vielmehr darum bemüht, die Zusammenhänge in ihrer ganzen Tiefe des Evangeliums vom Reich Gottes zunächst selbst zu erkennen, davon gepackt und überwältigt zu werden, und erst dann an seine Hörer und Leser zu vermitteln. Nach wie vor möchte er die Nachfolger des Herrn motivieren, die heilbringende Botschaft von Jesus Christus unter allen Völkern der gefallenen Welt zu verkündigen. Dabei geht es immer – wie Glasser nachweist – um einen gewaltigen Machtkampf zwischen Jahwe und Baal (S. 114-116), zwischen Jesus Christus, dem Licht der Welt, und den Fürsten und Mächten der Finsternis (S. 207-208; 250-256; 330-337). Das Reich Gottes eben ist nicht von dieser Welt. Das Buch bietet keine oberflächliche Lektüre an, ist auch nicht für denkfaule Leser geschrieben. Diesen tiefgründigen Wesenszug des Autors hat Professor Paul Hiebert, ehemaliger Kollege von Dr. Glasser, im Vorwort auf den Punkt gebracht: „Die meisten Christen reden von ihrem persönlichen Heil und was Gott in ihrem Leben für sie getan hat. Sie haben eine Theologie der Anbetung und Gemeinschaft, des Gesundheitszustands materiellen Wohlstands und der Besorgnis ur Bedürftigen. Aber sie geben sich in ihrem Denken wenig mit einer Welt verschiedener Völker ab, machen sich kaum Gedanken über die in Übel und Sünde verstrickte Erde; sie denken weder über Geschichte nach, die sich von vor der Schöpfung bis hin in die Ewigkeit erstreckt, noch geben sich Rechenschaft über den Grund, weshalb und wozu sie eigentlich in dieser Welt existieren“ (7). Glassers Theologie geht tiefer und weiter über den Rahmen solcher Oberflächlichkeit hinaus. Wie der vielfarbige Regenbogen sich unserm Gesichtskreis von Horizont zu Horizont erstreckt und uns an Gottes Gnadenbund mit den Menschen innert, so versucht Arthur Glasser seinen Lesern einen Gesamtüberblick von Gottes geschichtlichem Heilshandeln zu gewähren. Er interpretiert die großen Heilstaten Gottes als das eigentliche Missionsthema der Bibel, wie es sich in der Offenbarungsgeschichte zwischen Weltschöpfung und Weltvollendung als ununterbrochene Ankündigung des Reiches Gottes entfaltet. Wer das Buch als Systematiker oder als Dispensationalist liest, darf von vorne herein mit Enttäuschungen rechnen. Glassers hermeneutischer Ansatz ist am besten als der eines Bibeltheologen zu verstehen. Er versucht nach den kanonische Schriften („canonical Scriptures“, wie er die Bibel mit Vorliebe nennt) zu zeigen, wie Gott das gesamte missionarische Handeln kontinuierlich in drei großen Zeitepochen durchführt: Die Urgeschichte mit ihrem Universalcharakter berichte Gottes Wirken bei der Schöpfung, dem Sündenfall und Gericht, so wie in der Sprachenverwirrung und Zerstreuung beim Turmbau zu Babel (1Mo 1-11). Die zweite Epoche von 1Mo 12 durchgehend bis Apg 1 bezeichnet Glasser als „particular history“ (Sondergeschichte). Hier gibt sich Gott vorwiegend mit seinem auserwählten Volk Israel und dessen Verhältnis zu den Völkern ab, und zwar von der Berufung Abrahams bis zur Sendung des Messias und den damit zusammenhängenden Heilsgeschichtlichen Ereignissen. In der dritten und letzten Epoche greift Glasser zurück auf das Thema der Universalgeschichte, die durch das Kommen des Heiligen Geistes und den Aufbruch der Gemeinde (Apg 2) weitergeführt und von Gott selbst vollendet wird (Offb 22; vgl. die Zusammenfassung auf S.29-30). In sechs weiteren Hauptteilen, die jeweils aus drei, vier, oder fünf Kapiteln bestehen, detailliert der Autor die umfangreiche Mission Gottes, und zwar wie sich diese schon in den ersten Berichten der Bibel deutlich kundtut (S.17-68); wie sie dann von Israel, dem Volke Gottes, empfangen und getragen wird (S.71-124); wie die Botschaft – einschließend die prophetische Verheißung vom Messias – über Israels Grenzen hinaus zu den Nationen kommt (S.127-179); wie das Reich Gottes in Jesus, dem Christus Gottes, konkret in Erscheinung tritt (S. 183-256); wie die Gemeinde Jesu die Mission verkörpert und in der Kraft des Heiligen Geistes von Jerusalem ausgehend die Botschaft vom Reich Gottes in der ganzen Welt verkündigt (S.259-325). Endlich weist Glasser nach, dass die Mission Gottes alle Grenzen übersteigt und bis an das Ende der Erde und Zeit hinausreicht. (S.329-373). Bei all den theologischen und historischen Ausführungen beruft sich Glasser einzig auf die biblischen Aussagen in ihrem Zusammenhang. Dazu hat er nahe an 3.000 Schriftstellen alten und neuen Testaments zitiert und viele davon bearbeitet, Er will seinen Lesern nicht nur ein umfangreiches und einheitliches Bild von der Missio Dei zeigen. Vielmehr möchte er ihnen Gott selbst in seiner ewig-majestätischen Größe und Dreifaltigkeit als den Vater, Sohn und Heiligen Geist präsentieren. Sie sollen ihn in seiner heiligen, gerechten und liebevoll-erlösenden Einzigartigkeit als den Gott der Mission kennenlernen (S.243-245). Gott erkennen, Jesus Christus als einzigen Weg zum Heil akzeptieren, ihm als Herrn dienen und dem Heiligen Geist gehorchen ist der Sclüssel zu einem fruchtbaren Leben in der Beteiligung an der Mission Gottes. Sowohl ein umfangreiches Bibelstellen- und Sachregister als auch die vielen Zitate aus der Bibel und anderen Quellen sind eine wertvolle Hilfe, sich weiter mit der Thematik auseinanderzusetzen. Was den Leser weiter beeindruckt, ist eine zehnseitige Bibliographie, in der mehr als 250 relevante Bücher und Artikel zum Thema aufgelistet sind. Diese Liste kann aber auch täuschen. Man findet z. B. unter den vielen Quellen kein Buch, das nach Perestroika oder nach dem Sturz der Mauer zwischen Ost und West dem motivierten Leser den Vorhang lüftet und einen Einblick in das missionstheologische Denken der ehemaligen „Zweiten Welt“ gewährt. Das trifft allgemein auf die letzten zehn bis zwanzig Jahre zu. Solche Vernachlässigung kan man von Dr. Glasser im Kontext seiner Wirkungszeit verstehen, aber kaum von seinen jüngeren Kollegen, die auf der Titelseite als Mitarbeiter genannt werden. Trotz dieses Mangels kann ich das Buch nur empfehlen. Noch ein Wort zum Schluß. In der Einführung zum ersten Kapitel kündet Dr. Glasser seine grundsätzliche Haltung zur Heiligen Schrift an: „Die ganze Bibel alten und neuen Testaments ist ein missionarisches Buch; sie ist die Offenbarung der missionarischen Absichten und Aktionen Gottes in der Geschichte der Menschheit“ (S.17). Nachdem er dieses große Thema in 23 Kapiteln behandelt hat, schließt der Autor sein Werk mit einem bescheidenen Bekenntnis ab: „Am Abschluß dieser Untersuchung stehen wir unter dem eindeutigen Eindruck, dass unsere Erkenntnis begrenzt geblieben ist, und dass unser Verständnis der Wahrheit weder vollkommen noch vollendet ist (1Kor. 13,9.12). Gelegentlich stießen wir bei unserer Auseinandersetzung auf scheinbaren Widerspruch, indem wir bestimmte Wahrheiten sahen, aber die Zusammenhänge nicht voll und ganz verstehen konnten. Wir haben jedoch das Vertrauen, dass das, was geschrieben wurde, den Eindruck einer aufrichtigen und lautern Bemühung vermittelt, auf Gottes Wort des kanonischen Textes der Heiligen Schrift hinzuhören“ (S.373). Prof. em. Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 2005-1. |
Goldsmith,
Martin (Hg.). Ein
Herz für Missionare. Marburg:
Francke, 1992. Nur die gute Hälfte dieses Buches befaßt sich mit der Unterstützung von Missionaren. Es zeigt sich schnell, daß uns Autoren aus Großbritannien (alle irgendwann Mitarbeiter der OMF/ÜMG) kulturell näher sind als der Amerikaner Pirolo. Was sie zu den drei Themenbereichen Gebet, Ausreise und Rückkehr sagen, weckt Verständnis. Dennoch bleibt der Wunsch nach einem nicht übersetzten Buch zum Thema. Die andere Hälfte des Buches berichtet über weltweite Trends in der Mission und argumentiert mit biblischen Begründungen gegen Vorbehalte gegenüber der Mission. Christof Sauer, em 1994-3. |
Goldsmith, Martin. Islam und Christliches Zeugnis. Verlag C. M. Fliß: Hamburg 1993. Der Autor kennt die aktuellen Entwicklungen im Islam, hat Erfahrung im Umgang mit Muslimen und besitzt eine fundierte Kenntnis der islamischen Geschichte und Theologie. Sein Ziel ist es, Christen zum Zeugnis zu motivieren, trotz aller Probleme, die bei der Weitergabe des Evangeliums an Muslime auftreten. Dies gelingt ihm nicht zuletzt durch eine kurze und gut verständliche theologische Einführung in den Islam. Eine prägnante Abhandlung über die Vorzüge des christlichen Glaubens, sowie praktikable und teils ungewöhnliche Tips zum Zeugnisgeben schließen sich dem an. Die Überlegungen, wie aus dem Islam Bekehrte ihr Christsein ausleben können, sowie eine ermutigende Bestandsaufnahme von Bekehrungen im Islam aus aller Welt runden das Buch ab. Insgesamt versteht der Autor tiefgründige Zusammenhänge auf einfache und interessante Art und Weise zu schildern. Michael Wimmer, em 1996-2. |
Goldsmith, Martin. Life’s Tapestry. Reflections
and Insight from my Life. OM Publishing: Carlisle (GB), 1997. „Bleib unter dem Tisch, du bist Missionar!“ Ist Martin Goldsmith beleidigt, ärgerlich, als er von einem Indonesier so zurechtgewiesen wird? Nein, denn seine Grundeinstellung ist es, in jeder neuen Situation - und es sind deren viele - neu zu lernen, immer andere zu motivieren, ja sogar, ihnen die Ehre des Erfolges zu überlassen. Abgehoben? Sicher nicht! Goldsmith macht den Lernprozeß humorvoll deutlich, aber diese Demut bei aller fachlichen (Oxford) und geistlichen Kompetenz stellt den Leser in Frage und fordert ihn auf, nur für Jesus zu leben. Das macht frei, jede neue Kultur aufgrund der Bibel zu beurteilen und nicht vor dem eigenen Hintergrund. Mit der Haltung des Dieners erwirbt man sich das Vertrauen der Leute, nicht mit der Parole: „Jetzt komme ich, jetzt geht es los!“ Leicht? Sicher nicht, aber in der Zeit des Postkolonialismus das Beste. Nach Singapur, Thailand, Indonesien geht der Weg für Goldsmith nach Malaysia und bringt die schmerzliche Erfahrung, daß sich Erfolgsstrategien nicht so einfach von einer Kultur in die andere übertragen lassen. Martin und Elizabeth Goldsmith kennen das schwarze Loch, wenn man Gott und Menschen nicht mehr versteht. Aber sie haben gelernt, daß Bitterkeit die Wurzel vieler Übel ist. So sind sie frei, einen Ruf an das „All Nations Christian College“ in Großbritannien anzunehmen und merken, wie Gott sie vielfach ohne ihr Wissen Schritt für Schritt in einen weltweiten Vortragsdienst führt. Und was ist das Vermächtnis ihres Lebens, nach dem Martin Goldsmith im Vorwort fragt? Es ist, daß Jesus in allem den Vorrang habe und daß der Knecht nicht höher stehe als sein Herr! Das Buch macht Mut dazu und fordert heraus, für das eigene Leben nicht mit weniger zufrieden zu sein. Ingrid v. Torklus, em 1998-4. |
Goldsmith,
Martin. Matthew
& Mission: The Gospel through Jewish Eyes. Carlisle: Paternoster, 2001. M. Goldsmith, weitgereister Vortragsredner und Autor vieler Bücher zu missiologischen und missionspraktischen Themen, war Missionar der ÜMG in Singapur, Malysien, Indonesien und Thailand, lehrt am All Nations Christian College in Großbritannien und gehört als jüdischer Christ zum Vorstand des europäischen Zweiges der Jews for Jesus-Bewegung. Mit diesem Buch legt Goldsmith eine missiologisch-exegetische Studie zum Matthäusevangelium vor, die sowohl die wissenschaftliche Diskussion (wenn auch ohne Fußnoten) als auch die praktische missionarische Erfahrung berücksichtigt. Dabei stellt die jüdische Perspektive, die der Autor mitbringt, eine weitere Bereicherung der Auslegung dar. In 14 Kapiteln, die sich am Aufbau des Textes orientieren, nimmt Goldsmith den Leser mit auf eine spannende Entdeckungsreise, die mit dem Hinweis auf die missionarische Gegenwart Jahwes in Jesus Christus als „Immanuel“ (Gott mit uns) beginnt (Mt. 1,23) und mit der missionarischen Verheißung der Gegenwart Jesu endet: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Mt. 28,20). Zwischen dieser literarischen „Klammer“ (inclusio) entfaltet sich die Mission Jesu Christi und seines Jüngerteams, die schließlich in der weltweiten Sendung der Gemeinde an alle Völker – Juden und „Heiden“ gipfelt. Immer wieder zieht Goldsmith die missionstheologische Linie aus in die Gegenwart (z.B. in der religionstheologischen Auseinandersetzung) und illustriert seine Aussagen durch eigene Erfahrungen im weltweiten Dienst. Besonders die heutige Situation jüdischer Christen weltweit und in Israel und die besonderen Herausforderungen der Verkündigung des Evangeliums unter Juden treten immer wieder in den Fokus. Am Ende des Buches findet sich eine kurze Bibliographie. Das Buch stellt keinen wissenschaftlichen Anspruch, ist aber eine inspirierende Lektüre, die sowohl frische Einsichten in das Studium des Matthäus-Evangeliums vermittelt als auch wichtige Horizonte für den missionarischen Auftrag in der Nachfolge Jesu heute vermittelt - an Juden, nachchristlichen und anderen „Heiden“. Dr. Friedemann Walldorf, em 2003-2. |
Goldsmith, Martin. What in the World is God Doing? Eastbourne: Monarch, 1991. Solch ein Streifzug um die Welt mit missionarischer Perspektive, allgemeinverständlich und kurz gehalten, fehlt uns auf Deutsch. Ein wichtiges Motivations- und Informationsbuch für die Gemeinde. Nachahmenswert erscheint auch die „All Nations Series“ (der gleichnamigen internationalen Missionsschule in England), in der dieser Titel erscheint, mit dem vierfachen Ziel: Grundlegendes über Mission zu lehren, den westlichen Kirchen Mission wichtig zu machen, Unterstützung der Mission durch Gebet und Handeln anzuregen und den Kirchen im multikulturellen Westen zu helfen, von den Erfahrungen der weltweiten Kirche zu lernen. Wäre die FHM oder die AEM zu einem ähnlichen Gemeinschaftprojekt fähig? Christof Sauer, em 1994-1. |
Gottwald, Eckart und Folkert Rickers (Hg.), www.geld-himmeloderhölle.de
– Die Macht des Geldes und die
Religionen. Anstöße zum interreligiösen Lernprozess im Zuge der
Globalisierung. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2002. Geld – für die einen der Himmel, für die anderen die Hölle? Oder für jeden der Himmel? Oder für jeden die Hölle? Oder immer beides zugleich? – Ohne Zweifel ist Geld eine allgegenwärtige Macht, die gerade im Zuge der Globalisierung ihre gesellschaftliche Wirkung verstärkt entfalten kann und für viele Menschen - insbesondere unter Einfluss der Medien - zur Ersatz- bzw. Lifestylereligion geworden ist. Damit stellt das Geld eine bislang unterschätzte Gefahrdung für die Religionen dieser Welt und eine Herausforderung für die Religionspädagogik dar. Die Herausgeber stellen daher als Religionspädagogen die Frage, inwiefern die Religionen eine kritische Potenz gegenüber dem Geld enthalten und entfalten können. Das Buch ist mit seinen zehn Beiträgen so aufgebaut, dass nach einem volkswirtschaftlich orientierten Grundlagenbeitrag zur modernen Geldwirtschaft die Haltung der vier Religionen Christentum, Islam, Bahä’i und Buddhismus zum Geld dargestellt wird, indem jeweils ein Vertreter dieser vier Religionen zu Wort kommt. In den anschließenden Beiträgen wird versucht, religionspädagogische Folgerungen zu ziehen und Alternativen zur kapitalistischen Geldwirtschaft aufzuzeigen. Die Selbstdarstellung der einzelnen Religionsvertreter bezüglich der Einstellung ihrer Religion zum Geld ist zwar nicht erschöpfend und auch nur begrenzt selbstkritisch, sie gibt dem Leser aber einen interessanten Einblick in die wesentlichen Einstellungen und Handlungen und in die Begrifflichkeiten (Zakat, Zinsverbot, Jobel- und Erlassjahr, Ich-Illusion, HuququUah usw.) der jeweiligen Religion zum Thema „Geld“. Selbstkritik kommt bezeichnenderweise primär aus dem christlichen Lager. Hier sei der Anspruch aber auch am höchsten, weil allein das Christentum grundsätzlich eine Problematik im Geld sehe: Gott sei ein Gott der Armen. In den anderen Religionen werde nur die Gefahr des Geldbesitzes aufgezeigt, Geldbesitz an sich sei dort aber nicht negativ behaftet. Als Leitlinie der religionspädagogischen Ausführungen wird gefragt, was das jeweils Bindende unseres Lebens sei. Es werden weitere Fragen angerissen, die den Leser zum Nachdenken über die Macht des Geldes bringen sollen, ohne fertige Antworten zu liefern: Was sind die strukturellen bzw. gesellschaftlichen Komponenten der Macht des Geldes? Wie kann man andere Werte noch neben dem Wert des Geldes halten? Was sind Möglichkeiten erfüllten Lebens, die sich nicht am Materiellen orientieren? Als Alternativen zur modernen Geldwirtschaft werden unter anderem Leih-und Schenkgemeinschaften, Stiftungen, Kleinkreditprojekte in der Dritten Welt und Tauschringe vorgestellt, wiederum jeweils von einem Mitarbeiter dieser Projekte. Diese Initiativen stellen aber als idealistische, teils auf Spendenbasis finanzierte Klein- oder Entwicklungsprojekte keine Alternative zu unseren großen, anonymen Märkten dar. Einzig die Ethik- und Ökofonds haben sich inzwischen zu einer respektablen Alternative zur rein kapitalistischen Geldwirtschaft entwickelt. Das Buch ist insgesamt gut leserlich geschrieben und in der Lage, den Leser für die Problematik des eigenen Umgangs mit dem Geld zu sensibilisieren und vereinzelt Alternativen aufzuzeigen. Nicht verschwiegen werden darf allerdings, dass das Buch insgesamt an einer zu undifferenzierten und teilweise auch unberechtigten Kritik an unserem Wirtschaftssystem leidet. An diversen Stellen fehlt es an Sachkunde, gängige Klischees werden unkritisch übernommen. Biblische Verse werden - teils auf Basis historisch-kritischer Grundannahmen - interessegcleitet interpretiert. Für den missiologisch interessierten, kritischen Leser kann es dennoch gewinnbringend sein, die gelieferten Grundinformationen über den Umgang mit Geld in anderen Religionen und alternativen Projekten zu reflektieren. Andreas Mitschke, em 2003-3. |
Graham, Billy. So wie
ich bin: Die Autobiographie. Brunnen Verlag: Gießen, 1998. Mit diesem Buch liegt nun die deutsche Übersetzung der Erinnerungen des wohl bekanntesten Evangelisten der Welt an sein Leben und seinen Dienst vor. Den inhaltlichen Schwerpunkt legt Billy Graham dabei auf seine Reisen in verschiedene (z.T. „verschlossene“) Länder und auf seine Begegnungen mit berühmten Persönlichkeiten. Missiologisch interessierte Leser werden sich daran freuen, daß das Buch einige interessante Hintergrundinformationen über die Geschichte und Arbeitsweise der Billy Graham Evangelistic Association enthält. Eine andere Gewichtung der Themen wäre jedoch – aus missiologischer Sicht – wünschenswert gewesen: So fallen z.B. die Abschnitte über die Kongresse in Berlin 1966 und Lausanne 1974 sehr viel kürzer aus, als etwa die ausführlichen Beschreibungen der Begegnungen Grahams mit den einzelnen amerikanischen Präsidenten. Das Beeindruckende an dieser Autobiographie ist, daß der Leser spüren kann: Da lebt ein einfacher, „von Natur aus schüchterner“ Mensch konsequent seine gottgegebene Berufung: die Verkündigung des Evangeliums. So erscheint es geradezu typisch für Graham, wenn er es im letzten Teil des Buches nicht lassen kann, dem Leser zu erklären, was „Wiedergeburt“ meint und wie sie geschehen kann (S.669). Trotz seiner 700 Seiten ist das Buch leicht zu lesen, wozu auch vier Bildteile beitragen. Andreas Baumann, em 1999-3. |
Grandjean, Samuel. Orano. Genf: Haus der Bibel, 3. Auflage 1989. Drei interessante und vielen Menschen unbekannte Bereiche eröffnen sich dem Leser in diesem Buch: Nordafrika, ein Leben ohne Angehörige und ein Leben in Blindheit. Der dreijährige blinde Orano wird von seiner Mutter ausgesetzt und muß ohne Angehörige seinen Weg ins Leben finden. Waisenhaus, Schule, Erlernen der Blindenschrift, Ausbildung im Ausland (Frankreich), Erlebnisse als Blinder unter Sehenden und anderen Blinden und nicht zuletzt das Staunen darüber, wie Gott sich ihm offenbart und neues Leben schenkt - dies alles verpackt in spannende, kurze Abschnitte - machen das Buch zu einer wertvollen Lektüre für die ganze Familie. Als Kinder unserer so abgesicherten Umgebung treffen uns die tragischen Erlebnisse des Orano ganz besonders. Deshalb scheint mir das Buch als „Gute-Nacht-Geschichte“ für sensible Kinder weniger geeignet zu sein. Der Autor beider Bücher, Samuel Grandjean, ist vor allem im französischsprachigen Raum aufgrund seiner zahlreich veröffentlichten Kinderbücher und Arbeitsmaterialien für Kinderstunden bekannt. Michael Wimmer, em 1997-2. |
Grandjean, Samuel. Sebti der Furchtlose. Genf: Haus der Bibel, 1990. Diese aus dem Französischen übersetzte, spannende, wahre Geschichte eines algerischen Jungen, der mit seiner Familie nach Nordfrankreich kommt, ist nicht nur für Kinder eine wertvolle Lektüre. Zwei Kulturkreise treffen im Leben des Jungen Sebti immer wieder aufeinander: nordafrikanische Tradition und westlicher Materialismus. Viele kleine, spannende Abenteuer prägen seine Kindheit, zuerst im kleinen algerischen Dörfchen, später in verschiedenen Gebieten Frankreichs. Er muß lernen, was es bedeutet, Ausländer zu sein, in Eisenbahnwaggons zu leben und mit den oft negativen Einflüssen seiner Spielkameraden zurecht zu kommen. Der unerwartete Besuch von Missionaren, die bereits in seiner Heimat gearbeitet haben, bringt eine ganz neue Perspektive in sein Leben. Durch freundliche und hilfsbereite Christen lernt er schließlich auf einem Jungscharlager Jesus als seinen persönlichen Herrn kennen. Die Stärke dieses Buches ist, daß es nicht mit Sebtis Bekehrung aufhört nach dem Motto „Ende gut, alles gut“, sondern daß das letzte Drittel Sebtis neuem Leben mit Jesus gewidmet ist. Michael Wimmer, em 1997-2. |
Greenway, Roger S., Timothy M. Monsma. Cities: Mission’s New Frontier. Baker Book House: Grand Rapids, 1989. Die beiden Autoren, die beide schon durch Veröffentlichungen zur Großstadtmission hervorgetreten sind, versuchen in diesem Band das Thema Großstadtmission umfassend zu behandeln. So umfassen die 20 Kapitel eine kaum zu überbietende Spannbreite, wie ein Blick in die Liste der Themen beweist, die sich leicht verlängern ließe: Großstadtmission im AT und im NT; ethnische Gruppen in Großstädten; die Familie des Großstadtmissionars; Statistiken; Slums und Armut, eine 44seitige Bibliographie; Gemeindewachstum und das Verhältnis zur politischen Führung. Sicher sind die Kapitel von unterschiedlichem Wert. Erfreulich sind die drei biblischen Einführungskapitel, auch wenn es mir fraglich erscheint, ob man eine spezielle Großstadtmission aus dem Neuen Testament erheben und zum Muster machen kann. Die Aufgabe der Großstadtmission für die Evangelisation ihrer Umgebung, die bei Paulus eine solch große Rolle spielt, wird kaum betont. Um so besser sind viele der praktischen Kapitel. Sie stellen einerseits dar, wie vielerorts gearbeitet wird, und machen andererseits Vorschläge, wie die Missionsarbeit auf die Großstadtsituation der Zukunft eingehen sollte. Man spürt dem ganzen Buch die Begeisterung und Hingabe ab, mit der die Autoren die Millionenstädte dieser Welt für Christus gewinnen möchten. Dadurch ist das Buch nicht nur für Großstadtmissionare zu empfehlen, sondern auch für solche, die es bis jetzt noch nicht werden wollen. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1990-2. |
Gremels, Georg (Hg.),
Alles beginnt einmal ganz klein. Klaus
Vollmer im Spiegel seiner Weggefährten. Mit Beträgen von Ulrich Parzany,
Reinhard Deichgräber, Klaus Eickhoff u. a., Marburg a. d. Lahn: Francke,
2012. Das Phänomen geistlicher „Denkmalorte“ – in diesem Fall
Hermannsburgs –, „wo sich die Fülle des christlichen Gemeingeistes
konzentriert zur allgemeinen Wiederbelebung des christlichen Sinnes und zur
christlichen Regeneration der im allgemein[en] verfallenen geselligen
Zustände“ (Johann Hinrich Wichern), schließt interessanterweise auch die
Möglichkeit der Regeneration ein. Unter Aufnahme von mit den Gründern verbundenen
Impulsen wie „die Kirchengemeinde als Trägerin von Mission und Diakonie“ und
des Gebets von Ludwig Harms (1808-1865), dem Begründer der Hermannsburger
„Missionsgemeine“, geschieht mitunter wirkungskräftige Erneuerung, die neue
Impulse aufnimmt oder ältere auswählt und verstärkt. Mit der Berufung des Neutestamentlers
Dr. Olav Hanssen († 2005) vom Johanneum in Wuppertal an das Missionsseminar
in Hermannsburg 1957 durch Landesbischof Dr. Hanns Lilje vollzog sich eine
solche „Regeneration“, die sich personal an seinem nicht immer konfliktfreien
Zusammenwirken im „Viergestirn“ mit dem Volksmissionar Klaus Vollmer
(1930-2011), Hanssens Schüler am Johanneum, Dozent Reinhard Deichgräber (*
1936) und Pastor Wolfgang Bartholomae († 2008) festmachen lässt. Es ist doch
überraschend, wie viel Geist des Johanneums/Wuppertal mit seiner Hochschätzung
des griechischen Neuen Testaments für die Predigerausbildung mit Olav Hanssen
auch nach Hermannsburg gelangte, so wie bereits die Missionarsgeneration nach
dem zweiten Weltkrieg, zu großen Teilen aus Flüchtlingen und Vertriebenen
bestehend, die traditionelle Hermannsburger Rekrutierung verändert hatte. Das
Moment der Gemeinde als Gemeinschaft der „familia Dei“ ent¬fal-tete in
bruderschaftlicher Art unter Betonung von Meditation und Spiritualität für
die Zeit von 1960-1990 eine große Anziehungskraft, die nicht nur das
Ausbildungsinstitut der Mission (seit 1977 Ev.-luth. Missionswerk in
Nieder-sachsen), das 1849 begründete Missions-seminar, neu belebte, sondern
auch Institutionen wie die „Missionsbräute-schule“ als weibliche Mitarbeiterschule
erfasste und eine Mitarbeiterschule für junge Männer entstehen ließ. In der
Zeit der studentischen Proteste um und nach 1968 fanden viele junge Menschen
neue Orientierung in den verschiedenen Zweigen der „Koinonia“, die sich um
Her-mannsburg sammelte. Mit dem Namen Klaus Vollmer sind die Gruppe 153, dann
die „kleinen Brüder vom Kreuz“, später „Geschwisterschaft“, verbunden. Wenn eine Phase der Erneuerung und Verlebendigung in der
Kirchengeschichte neuen Entwicklungen Platz macht, artikuliert sich zunächst
das Bedürfnis nach Erinnerung der Beteiligten. Georg Gremels, vielfältig mit
dem ELM verbunden, zuletzt Leiter der Abteilung Deutschland und
Stellvertreter der Di-rektorin, gebührt der Verdienst nach seinem
Erinnerungsbuch an Olav Hanssen „Unterwegs zur Mitte. Bausteine einer
Biographie“ (Marburg 2005) nun auch Klaus Vollmer ein entsprechendes Buch
gewidmet zu haben. Rechtzeitig zur Jährung des Todestages am 3.6.2011 wurde
das Buch in Hermannsburg vorgestellt. 66 Beiträge von Weggefährten und
Weggefährtinnen – unterschiedlich lang – sind in dem Band versammelt, der im
Titel einen für Klaus Vollmer zentralen Gedanken lutherischer
Kreuzestheologie „Alles beginnt einmal ganz klein“, neu formuliert von Hermann
Bezzel, aufnimmt. Interessanterweise wurde damit eine sich schon bei Ludwig
Harms artikulierende Auslegung des Gleichnisses vom Senfkorn aus der
Missionsbewegung des 19. Jh. variiert, ohne dass diese Kontinuität
sprachlichen Ausdruck gefunden hätte. Blitzlichter persönlicher Erinnerung
können keine wissenschaftlich verantwortete Kirchen-geschichtsschreibung
ersetzen, aber sie weisen als Schrift gewordene „oral history“ doch
zukünftiger kirchen-geschichtlicher Würdigung eine Richtung und liefern ihr
einen Teil des Quellenmaterials. In diesem Sinn liegt hier ein bedeutendes
Buch vor, das in einer Reihe von Beiträgen klar ausweist, dass die Wirkung
des zunächst als Sozialsekreträr 1955 an die evangelische Akademie Loccum
gekommenen, dann 1958 in die „Kammer für Volksmission“ der Landeskirche
berufen, 1962 zum Pfarrvikar eingesegnet und 1972 zum Pastor ordinierten
Predigers Vollmer sich in einem spezifischen historischen Kontext entfalten
konnte. Die mit der Erschütterung von nach der Zeit des Nationalsozialismus
an sich schon in Frage gestellten Traditionen 1968 er-möglichten dem
rhetorischen Naturtalent und vollmächtigen Verkündiger Vollmer bei Zelt- und
anderen Evangelisationen weite Wirkungsmöglichkeiten in Niedersachsen,
bundesweit und dann auch in Südafrika. Vollmer vermochte es auch, viele
Theologiestudierende zu sammeln, im Göttinger „Johanniskreis“ der 1980er
Jahre, über die „Studentenmission in Deutschland“ (SMD). Zu einem nicht
geringen Teil familiär religiös sozialisierte junge Menschen fanden in seiner
Verkündigung eine Öffnung des Glaubens zu naturwissenschaftlichen und
philosophischen Fragestellungen. Was sich als Erweckung darstellt, ist dann
wie vergleichbar im 19. Jh. eine unter den Bedingungen pluralistischer
Gesellschaft neu persönlich plausibel gewordene christ¬liche Existenz, die
natürlich an frühere erschütterte Prägungen anknüpft. Vollmer spürte in den Jahren nach der Wende 1990, in
denen er versuchte, im Osten Deutschland zu wirken, dass sich der Kontext
verändert hatte und An-knüpfung sehr viel schwerer war. Nichts desto trotz
hat er auch hier, solange es die körperlichen Kräfte zuließen, unermüdlich
gewirkt. Um eher historisch strukturierte Abschnitte wie einen Lebensabriss
(Kristin Vollmer, Georg Gremels, Klaus Schulz; S. 19-41) und „Die kleinen
Brüder vom Kreuz – Ein geschichtlicher und systematischer Einordnungsversuch“
(Georg Gremels, S. 156-170) gruppieren sich persönliche Erinnerungen.
Hervorgehoben seien die Ansprachen aus verschiedenen Anlässen von Arend de
Fries (S. 15-18), Jörg Homann (S. 252-258), Hans Christian Brandy (S.
259-263) und Dr. Klaus Schulz (S. 266-271). Der „christliche Denkmalort“ Hermannsburg verdankt Klaus
Vollmer, der hier ab 1968 seinen Wohnsitz nahm, viel an regenerativer Kraft. Dr. Jobst Reller, em 2013-1. |
Gremels, Georg (Hg.). Die Hermannsburger Mission und das „Dritte
Reich”. Zwischen faschistischer Verführung und lutherischer Beharrlichkeit.
Quellen und Beiträge zur Geschichte der Hermannsburger Mission und des
Ev.-Luth. Missionswerkes in Niedersachsen. Bd. XIII, Münster: LIT Verlag,
2005. Die Verwicklungen der deutschen Missionen in die NS-Diktatur sind bis heute noch nicht hinreichend erforscht. In diesem kleinen Aufsatzband wird mit Konzentration auf die Hermannsburger Mission versucht, diese Forschungslücke ein wenig zu schließen. (Am Rande sei hier bemerkt, dass die evangelikalen Missionen in der kirchengeschichtlichen NS-Forschung bisher kaum aufgenommen wurden). In diesem Band geht es nicht nur um die lutherische Hermannsburger Mission. Außerhalb der Hermannsburger Thematik stehen Hugald Grafes und Werner Ustorfs Beiträge. Während Grafe einen kurzen historischen Überblick über die Leipziger Mission in der NS-Zeit gibt, setzt sich Ustorf mit der Frage nach der politischen Gesinnung der Vertreter des Deutschen Evangelischen Missions-Rats (DEMR) in den 1930er Jahren auseinander. Leider enthält Ustorfs Beitrag keine neuen historischen Forschungsergebnisse, die über seine Monographie von 2000 Sailing on the next tide hinausweisen würden. Dennoch ist das Ergebnis seines Aufsatzes aufschlussreich. So seien die Vertreter des DEMR, die zumeist eine pietistische Linie vertraten, der Weimarer Republik gegenüber kritisch eingestellt gewesen und auch sonst hielte man progressive politische Denkweisen wie Demokratie, Sozialismus oder Liberalismus für die Dämonen einer liberalen Zivilisation und eines autonomen neuzeitlichen Bewusstseins. Damit impliziert Ustorf, dass die christlich-konservative Weltsicht der Missionsführer jener Zeit, sie anfällig für das christlich-konservative Blendwerk des Nationalsozialismus machte. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Vertreter des DEMR von Ustorf nicht ausreichend historisch-biographisch beschrieben werden und die halbsatzartigen Hinweise über ihre NS-Verwicklungen kaum zu einem adäquaten Verständnis der Mentalitätslage jener Zeit beitragen können. Eine gründliche historische Quellenuntersuchung, die alle Vertreter des DEMR einschließt, hätte Ustorfs Beitrag gut getan. Weitere Beiträge sind von Gerhard Lindemann zum Schicksal des „halbjüdischen“ Pfarrers Rudolf Gurland, der in der Hermannsburger Missionsanstalt Unterschlupf fand und von Ernst Bauerochse zum Verhalten der Hermannsburger Missionare zu den abwechselnden totalitären Ideologien in Äthiopien. Herausragend ist der Aufsatz „Die Missionsanstalt Hermannsburg in der Zeit des Nationalsozialismus“ von Gunther Schendel. Darin wird kenntnisreich die Geschichte der Auseinandersetzung zwischen der Hermannsburger Mission und dem Nationalsozialismus aus umfangreichen Archivmaterialien schöpfend nacherzählt. Zusammenfassend kommt Schendel zu dem Fazit, dass die Hermannsburger Mission sich bis auf einige Ausnahmen resistent gegen nationalsozialistische Vereinnahmungsversuche zeigte. Allerdings gab es auch keinen Widerstand gegen das verbrecherische Nazi-Regime. Interessant und das Fazit von Schendel bestätigend, ist der Beitrag von Martin Tamcke über die Hermannsburger Kontakte zur Assyrermission. Darin zeigt Tamcke, wie die Hermannsburger Missionsleitung aus Furcht vor Repressalien davor zurückschreckte, auf die schrecklichen Gräueltaten und Pogrome gegen die assyrische Minderheit im Irak öffentlich hinzuweisen. Im Hintergrund stand die forcierte Annäherung des nationalsozialistischen Deutschlands an die Araber und speziell an den Irak. Deswegen – so Tamcke – vermied man in Hermannsburg die öffentliche Bekanntgabe der unsäglichen Pogrome an den christlichen Assyrern. Nach der Lektüre dieses Bandes wird deutlich, dass es den deutschen Missionen in der NS-Zeit vor allem um Existenzsicherung ging. Mutiger Widerspruch oder gar Widerstand aus christlicher Überzeugung waren wegen der lutherischen Zweireichelehre und der ängstlich-konservativen Weltsicht nicht vorhanden. Elmar Spohn, em 2008-2. |
Grigg, Viv. Mit den Armen leben. Ein Aufruf zur
Mission hinter dem sozialen Vorhang [engl: Companion to the
Poor]. Lörrach: Simson ,
²1990. Grigg,
Viv. Cry of the Urban
Poor. Monrovia/CA:
MARC, 1992. Der Neuseeländer Viv Grigg ist Elektroingeneur, studierte „community development” an der University of the Philippines und erwarb ein Diplom der Fuller School of World Mission. Seit 1979 arbeitete er in den Slums von Manila. Er ist Leiter der Urban Leadership Foundation und half ähnliche Missionswerke in anderen Teilen der Welt zu gründen. Heute baut er eine christliche Arbeit in einem südasiatischen Land auf. In seinen beiden Büchern fließen sowohl die persönliche Erfahrung als auch intensives Forschen zusammen und ergeben einen abgerundeten Überblick über Missionsarbeit unter der armen Stadtbevölkerung. „Mit den Armen leben“ erzählt seine persönliche Geschichte und befaßt sich aus evangelikaler Sicht mit den Themen, mit denen sich ein Missionar in den Slums auseinandersetzen muß: Berufung, Armut, Slumkultur, soziales Engagement vs. Evangelisation, einfacher Lebensstil, Einsamkeit, Power Encounter, Gemeindegründung, wirtschaftliche Entwicklung, politische Gerechtigkeit, Qualifikation des Missionars usw. Intensive Forschung und weltweite Erfahrungen machen den 2. Band, „Cry of the Urban Poor“, zu einer umfangreichen Einführung für Missionsstrategen. Im ersten Teil werden die neuen Mega-Städte unter politischen, wirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet und christliche Präsenzmodelle und Strategien skizziert. Als zweites gibt er einen informativen Überblick über Gemeindegründungsmodelle, um seinem Traum einer christlichen Massenbewegung in den Slums der Weltstädte näher zu kommen. Zusammen geben beide Bände in einer ansprechenden Aufmachung einen gelungenen Einblick in die Mission unter der armen Stadtbevölkerung und sind eine Herausforderung für Christen und ihre Leiter in dem reichen Teil der Welt. Martin Sachs, em 1996-2. |
Grim, Brian J. and Roger Finke. The Price of Freedom Denied: Religious Persecution and Conflict in the Twenty-First Century. Cambridge: Cambridge University Press, 2010. Dies ist vielleicht die beste und wichtigste Veröffentlichung zum Thema Religionsfreiheit der letzten Jahre. Zwei Religionsstatistiker, B.J. Grim, Chefforscher der Studie Global Restrictions on Religion des Pew-Forums (http://pew forum.org/docs/?DocID=491), und Roger Finke, Soziologieprofessor und Direktor der Association of Religion Data Archives, zeigen, dass Religionsfreiheit zum Frieden und Bestand einer Gesellschaft beitragen, nicht diese gefährden. Ihre Grundthese, die mit enormem Aufwand an Beispielen, Statistiken und Überprüfung anderer Thesen untermauert wird, ist einfach: In Ländern mit Religionsfreiheit ist der soziale Frieden größer als in Ländern ohne. Oder anders gesagt: Das Argument vieler Länder mit einer dominierenden Mehrheitsreligion, sie müssten um des sozialen Friedens willen kleinere Religionen in Schach halten, wird von der Wirklichkeit widerlegt. Die Beschränkung von Religionsfreiheit ist oft erst der Grund für gewalttätige Konflikte (S. 67). Religiöse Homogenität garantiert keine Freiheit vom Konflikt, sondern begünstigt offensichtlich Spannungen. Mit besonderem Aufwand setzen sich die Autoren mit der von Samuel Huntington ausgehenden These auseinander, die Gewalt und Unruhe als Folge eines Zusammenstoßes der Zivilisationen darstellt. Diese These, so die Autoren, wird der internen Vielfalt der Religionen und Kulturen nicht gerecht (S. 62-68), etwa der Spannung zwischen Sunniten und Schiiten innerhalb eines islamischen Landes. Alle verfügbaren Zahlen widerlegen die These, dass es die Spannungen zwischen den Kulturen seien, die weitere Spannungen auslösten (S. 77-82). Vielmehr sei es gewissermaßen die Unterdrückung dieser Spannungen zugunsten einer vermeintlichen Monokultur im Land, die die Spannungen verschärfe. Zwischen Mitte 2000 und Mitte 2007 gab es unter 143 Ländern 123 Länder (= 86%), in denen Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit Gewalt oder Vertreibung erlitten („physically abused or displaced“, S. 18). In 25 Ländern waren davon mehr als 10.000 Menschen betroffen (S. 20), darunter auffällig viele islamische Länder. Die Religionsfreiheit, so belegen Grim und Finke, hat aufs Ganze gesehen in den sechzig Jahren von 1945 bis 2005 in den christlichen Ländern zugenommen und in den islamischen abgenommen (S. 172). Das heißt, dass es aufs Ganze gesehen heute in islamischen Ländern weniger Religionsfreiheit gibt als vor einem Jahrhundert – und die Entwicklung ist immer noch rückläufig! Zwei Beispiele dazu: 1. In islamischen Ländern (dazu S. 160-201), in denen es fast ohne Ausnahme keine Religionsfreiheit gibt, ist der Pegel der Gewalt und die Neigung zu Bürgerkrieg sehr hoch. 2. Terroristische Bewegungen kommen überwiegend aus Ländern ohne Religionsfreiheit (S. 198). Die wenigen Ausnahmen richten zum Einen in ihren Ländern viel geringeren Schaden an, zum Anderen wirken sie nicht international, sondern national. Speziell dargestellt werden in dem Buch unter den freieren Ländern (S. 88-119) Japan (große Religionsfreiheit), Brasilien (Religionsfreiheit mit einigen Spannungen), Nigeria (religiös gespaltenes Land); unter den unfreien Ländern (S. 120-159) China (Religion als Bedrohung), Indien (Religion als soziales Monopol) und Iran (Religion als soziales und politisches Monopol) sowie eigens die islamischen Länder insgesamt (S. 160-201). Das ausgezeichnete Buch ist ein Beweis dafür, dass die Forschung zum Thema Religionsfreiheit immer mehr Fahrt aufnimmt. Es setzt Maßstäbe für die Zukunft. Thomas Schirrmacher, em 2012-2. |
Grimes, Barbara F. (Hg.). Ethnologue. 14. Ausgabe. 2
Bände + CD-ROM. International Academic Bookstore (SIL International): Dallas
(TX), 200114
[Academic_Books@sil. org oder www.sil.org] Der 1951 zuerst erschienene ‘Ethnologue’ des Summer Institute of Linguistics ist der Klassiker der evangelikalen Missionsforschung schlechthin. Er erfaßt 6.800 bekannten Sprachen und Dialekte der Welt, ordnet sie linguistisch und geographisch zu, beschreibt sie kurz und gibt den Stand der Bibelübersetzung an. Umfangreiche Register in Band 2 (z. B. allein 41.000 Namen und abweichende Namen der Sprachen) erschließen die Datenmenge in jeder Hinsicht. Die Verbreitungskarten haben an Zahl zugenommen und sind noch übersichtlicher geworden. Längst ist der Ethnologue auch in säkularen Kreisen als Standarderfassung der Welt aus linguistischer Sicht anerkannt. Einmalig ist der Familienstammbaum aller Sprachen auf 140 S. im Band 2. Mit der neuen, leicht zu benutzenden CD-ROM wird das Suchen noch viel einfacher und der Missionar muß nicht mehr zwei dicke Bände mit aufs Missionsfeld schleppen … Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Gründer, Horst. Welteroberung und Christentum. Ein
Handbuch zur Geschichte der Neuzeit. Gütersloher Verlagshaus,
1992. Mission und Kolonialismus ist kein neues Thema. Neu ist aber, daß ein Historiker (Professor für neuere und neueste Geschichte in Münster) darüber eine Zusammenschau der inzwischen zahlreichen Einzelstudien vorlegt, ein Handbuch. Für die an Missionsgeschichte Interessierten ist dieses Buch so, als sei der Teppich, den sie betrachten, umgekehrt – und dort hat er ein anderes Muster, weniger leuchtende Farben. Aber gerade deswegen darf man sich dieser Zusammenschau nicht entziehen. Sie ist nicht an der Frage nach der Wahrheit des christlichen Glaubens (oder anderer Religionen) orientiert, also auch nicht an der Frage, welche Konfession gültig, welche Missionsform sachgemäß ist, sondern von der Suche nach aufzeigbaren Zusammenhängen. Und so wird konstatiert, daß der Missionsfaktor eine „erstaunliche Kontinuität“ aufweist (596) und ein „konstitutives Bestandteil des westlichen Kolonialexpansionismus“ gewesen ist (597). Diese Kontinuität geht von den Konquistadoren bis zu den Glaubensmissionen! Denn auf die eine oder andere Art sollen die „Eingeborenen“ in die richtige Kultur integriert werden und ihre moralische Depraviertheit ablegen. „Aber auch die von Anfang an von den christlichen Sendboten übernommene Rolle als ‚Anwälte der Eingeborenen’ blieb stets systemimmanent und betraf so gut wie nie das Kolonialsystem als Ganzes“ (596). Gründer ist nicht blind für die Kritik der Missionen an europäischer Kultur und Kirche und an den Siedlern und führt diese wohl zutreffen auf die Leitbilder der Reiches Gottes zurück. Ein Problem bleibt der Verallgemeinerungscharakter der zusammenfassenden Aussagen: „so gut wie nie“, „fast immer“. Korea wird mehrfach als Ausnahme genannt, aber nicht geschildert - schwer zu begreifen, ist doch die Christianisierung Koreas ganz sicher auch von einer Zuwendung zu westlichen Lebensformen begleitet. Der Wert des Werkes ist aber eine ausführ Im Einzelfall kann man über die Perspektive streiten, die Livingstone kaum, Stanley ausführlich erwähnt (520 ff), oder die meint, es habe in der Geschichte Indiens nur wenige christliche Märtyrer gegeben, und es sei kein nennenswerter Einbruch in die oberen Bereiche des Kastenwesens gelungen (307) und die Kultur Indiens sei nur peripher vom europäisch-abendländischen Christentum angetastet. Vor allem werden immer wieder Bildausschnitte vergrößert um aufzuzeigen, was als relevant gilt: die intensive und explizite Kooperation. Zum Ganzen muß gesagt werden, daß Gründers Werk nicht einseitig missionskritisch ist. Dazu sind seine Kenntnisse viel zu umfassend, dazu ist seine Sicht zu problembewußt und human-antiideologisch. Er verkennt nicht das Eintreten für Unrecht Leidende etwa, auch nicht die Eigendynamik der Nichteuropäer, die sich durchaus das Christentum zu eigen machen konnten, er verkennt auch nicht das emanzipatorische Potential solchen Christentums. Er insistiert aber darauf, daß die den Kolonialismus legitimierende, Europas Kultur normativ setzende Wirkung der Mission nicht sporadisch, kein Versehen war. Darin sind er und seine Quellen ernst zu nehmen. Niels-Peter Moritzen, em 1993-2. |
Gründer, Horst. Welteroberung und Christentum. Ein
Handbuch zur Geschichte der Neuzeit. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn, 1992. Der Münsteraner Geschichtsprofessor und Kolonialhistoriker Horst Gründer legt nach seinen bisherigen Quellenstudien zum Verhältnis von Mission und Kolonialismus einen aus der Literatur erarbeiteten Gesamtüberblick der gesamten christlichen Kolonialgeschichte weltweit vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart vor. Er breitet eine ungeheure Fülle von historischem Material aus und legt als Historiker eine erstaunliche Kenntnis der Missionsgeschichte an den Tag, wenn ihm auch viele theologische Zusammenhänge verborgen bleiben. Dies gilt etwa für die Besonderheiten pietistischer Grupperierungen und der Glaubensmissionen, die sich sicher nicht so einfach in Gründers Schema einordnen lassen. Für ihn ist nämlich „Mission – trotz aller Einschränkungen im einzelnen – ein konstitutiver Bestandteil des westlichen Kolonialexpansionismus gewesen“ (S. 597). Prinzipiell ist Gründer natürlich zuzustimmen, aber die Zahl der Einschränkungen ist erheblich zu vermehren, stehen doch für Gründer staatlich durchgeführte oder sanktionierte Aktionen gegenüber denen kleinerer, privat organisierter Missionsgesellschaften, die oft viel unabhängiger agierten, zu sehr im Vordergrund. Immerhin spricht Gründer aber bei aller Missionskritik von einer ‚Dialektik’ der Christianisierung (S. 577ff), da die Christianisierung für die einheimischen Völker durch Ausbreitung von Bildung und Bewußtseinsweckung viele positive Folgen hatte, wie Gründer mit Zitaten afrikanischer Missionskritiker aus Nigeria und Ghana belegt (S. 583), die etwa darauf verweisen, daß bis heute praktisch ihre ganze Führungsschicht in Politik, Recht, Verwaltung, Medizin, Wissenschaft und Bildungswesen auf Missionsschulen ausgebildet wurde. Gründer schreibt sogar weiter: „Vor allem war es jedoch die Lehre der Bibel, die eine wichtige Voraussetzung für die Begründung der Ablösung des Kolonialismus schuf“ (S.585). Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-2. |
Grundmann,
Christoffer H. Gesandt
zu heilen! Aufkommen und Entwicklung der
ärztlichen Mission im 19. Jahrhundert. (Bd. 26 Missionswiss. Forsch.) Gütersloh : Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1992. Der Autor, Jg. 1950, studierte Theologie in Hermannsburg und Hamburg: dort erwarb er den Magistertitel. Im Anschluß: Vikariatsjahr in Caracas. 1978-1983 Dozent am Tamil Nadu Theological Seminary in Indien. Seit 1983 theologischer Referent am Deutschen Institut für ärztliche Mission, Tübingen. Die erweiterte Dissertation ist ein „Jahrhundertwerk“ in doppeltem Sinn: Zum einen, eine sorgfältig recherchierte Geschichte der ärztlichen Mission (AM). Das 19. Jhdt. wird zwar schwerpunktmäßig behandelt, dar-überhinaus aber auch das ganze Spektrum der Vorläufer der AM bis hin zu den sich anbahnenden Neuentwicklungen nach 1900. Zum anderen dürfte die gründliche Arbeit das herausragende Referenzwerk dieses Jahrhunderts über die AM sein. Die chronologisch-geschichtliche Darstellung wird u.a. ergänzt durch spezielle Kapitel über Strukturen, Geographie, Diversifikation und theologische Problematik der AM. Das Besondere: Grundmann ist es gelungen zeitgeschichtliche Zusammenhänge zur Entwicklung der AM in Beziehung zu setzen. Das Buch liest sich flüssig, da die über tausend Quellenzitate und zahlreiche (oft fremdsprachliche) Originalzitate in Fußnoten untergebracht sind. Eine wahre Fundgrube! Wer weiß schon, was „KellogsCornflakes“ und Erdnußbutter mit AM zu tun haben? (S.216) Durch die Fülle des Materials bedingte Beschränkungen sind verständlich. In der Behandlung der theologischen Problematik wäre eine Erweiterung wünschenswert, die z.B. die Konfrontation der AM mit animisti-schen und anderen Medizinsystemen im 19. Jhdt. einschließen könnte. Oder: Die Rolle des Gebets und die „dynamis Kyrios“ in der „imitatio Christi“, die damals als eine der Hauptbegründungen der AM galt. Andererseits hat Grundmann verschüttete Quellen erschlossen, wie z.B. ein Manuskript Schlunks oder Informationen über das weitgehend unbekannte erste deutsche „Medicinische Missionsinstitut zu Tübingen“, 1841-1848. Auch die Rolle Gützlaffs für die AM interpretiert Grundmann neu. Ein Folgeband über die Geschichte der AM im 20. Jhdt. wäre sehr begrüßenswert! Nicht nur für missiologische, theologische und medizinische Bibliotheken sondern auch für Missionen und Bibelschulen ist dies herausragende, preiswerte Referenzwerk ein „Muß“. Die betroffenen Berufsgruppen und selbst Studenten und informierte Laien werden es trotz seines wissenschaftlichen Charakters mit Gewinn lesen. Hans L.E. Grüber, em 1992-4. |
Gundert, Hermann. Brücke zwischen Indien und Europa. Begleitbuch zur Hermann-Gundert-Ausstellung im
GENO-Haus Stuttgart vom 19. April bis 11. Juni 1993 in Verbindung mit der
Dr. Hermann-Gundert-Konferenz Stuttgart 19. bis 23. Mai 1993. Hg. von
Albrecht Frenz. Süddeutsche Verlagsgesellschaft: Ulm, 1993. Hesse, Johannes. Aus Dr. Hermann Gunderts Leben. Calwer Familienbibliothek. 34. Bd. Verlag der
Vereinsbuchhandlung: Calw/Stuttgart, 1894 (Reprint Stutgart 1993), geb. 368
S., DM 48.00 Rebmann, Jutta. Julie Gundert. Missionarin in Indien und
Großmutter Hermann Hesses. Biographischer Roman. Stieglitz Verlag:
Mühlacker, 1993. Der Studienband „Brücke zwischen Indien und Europa“ stellt mit über 100 Beiträgen nicht den Missionar, sondern den Sprachwissenschaftler Hermann Gundert in den Mittelpunkt. Erst für die Gundert-Konferenz 1993 versuchte man, die Werke Gunderts zur Erforschung der Malayalam Sprache möglichst vollständig zu erfassen: Heute sind fast 50 Titel von ihm auf Malayalam bekannt. Hinzu kommen Werke zur Kulturanthropologie und Linguistik, die durch die ‚Ausgrabung’ mehrerer, bis 1986 unbekannter Werke in der Universitätsbibliothek Tübingen und Kerala/Indien, sowie in den Archiven der Basler Mission zu Tage kamen. Der vorliegende Band über Gundert, der in Nordmalabar großer „Guru von Kerala“ und bisher als einziger Ausländer „Pandit“ (Gelehrter) betitelt wurde, ist weit mehr als ein Ausstellungskatalog, da hier das umfangreiche wissenschaftliche Werk Gunderts ausgiebig gewürdigt wird. Dabei ist die Zusammenstellung der Malayalam-Werke Gunderts nicht nur von historischem Interesse; sein Wörterbuch, seine Grammatik und seine Lehrbücher haben für das Studium der südindischen Sprachen auch noch heute Bedeutung. Außerdem verfaßte Gundert eine Bibelübersetzung, Kirchenlieder und Liturgien sowie Schriften über das Brauchtum und die Literatur Keralas; ferner befaßte er sich eingehend mit der Geographie des Landes. Ergänzt wird diese Darstellung durch Beiträge zur Geschichte und Kultur Keralas in Vergangenheit und Gegenwart. Etliche Originalquellen in Form von Karten, historischen Abbildungen, Originalschriften und Photographien wurden für den wissenschaftlich und künstlerisch ausgezeichnet gestalteten Band zusammengestellt. Mit dem Frakturnachdruck „Aus Dr. Hermann Gunderts Leben“ von Johannes Hesse (1847-1916) aus dem Jahr 1894 wird erneut ein persönliches Zeugnis zu Leben und Werk des Indienmissionars, Sprachforschers und späteren Verlegers Hermann Gundert zugänglich gemacht, nachdem schon 1986 die dreibändigen Gunderttagebücher veröffentlicht wurden. Dieses Zeugnis stammt aus der Feder von Gunderts Schwiegersohn, des Indienmissionars und Vaters Hermann Hesses, das die bereits 1983 und 1986 veröffentlichten Tagebücher Gunderts ergänzt; lediglich die bisher nichterschlossenen Briefe Gunderts bleiben eine Lücke. Die vorliegende Biographie wurde erstmals bereits kurze Zeit nach Gunderts Tod herausgegeben und 1907 erneut überarbeitet. Sie lebt von den zahlreichen Selbstzeugnissen und beschreibt anschaulich und lebendig die Person Gunderts, sein Umfeld und vor allem seinen Werdegang zum Missionar in Südindien. Der Verfasser hat keineswegs eine „Heiligenvita“ geschrieben, sondern vermittelt Einblick in die Probleme und Spannungen in Gunderts Leben. Der Bericht umfaßt drei Lebensabschnitte: 1. die Jugend mit dem Theologiestudium in Maulbronn und Tübingen mit der inneren Entwicklung vom zweifelnden Anhänger David Friedrich Strauß’, Hegels, Fichtes und Spinozas zum überzeugten „Biblizisten“, 2. die Missionsarbeit in Indien und 3. nach der Rückkehr die Verlagstätigkeit in Calw. Ein lebendiges Zeitzeugnis des 19. Jahrhunderts über Hermann Gundert und seine ganze Familie. Licht von einer ganz anderen Seite auf Hermann Gundert als Ehemann und Vater wirft der biographische Roman über Julie Dubois. Julie Gundert war 1809 im Schweizer Jura geboren worden. Sie galt als energisch und tatkräftig und baute nach ihrer Heirat 1838 mit ihrem Mann unter schwierigen Bedingungen mehrere Missionsstationen, Mädchenerziehungsstätten und Heime für geschiedene, verwitwete und unverheiratete indische Mädchen auf. „Daneben“ war sie Mutter von acht eigenen Kindern. Häufig litt sie unter ihrer, wie sie meinte, im Vergleich zu Gundert mangelhaften Schulbildung und intellektuellen Unterlegenheit. Dennoch lernte sie im Verlauf der Jahre mehrere indische Sprachen und hatte dafür doch nur sehr beschränkte Hilfsmittel an Lernmaterial zur Verfügung. In diesem Buch wird weniger die „offizielle“ Missionsgeschichte erzählt; vielmehr wird dem Leser ein Blick hinter die Kulissen ermöglicht. Er erfährt von Streitigkeiten zwischen Missionaren und ihren Missionsgesellschaften, Schwierigkeiten der Pioniermission in Südindien und den persönlichen Problemen mit Krankheit, Tod, Enttäuschungen, Widerstand der Hindubevölkerung, Depressionen, Rückschlägen, aber auch von den Erfolgen der Familie Gundert. 1837/38 schreibt Hermann Gundert: „Soll ich von hier berichten, so ist mein erstes, daß Gottes Gnade mit uns hier in Chittoor fortlebt, daß wir einander noch nicht aufgefressen haben, daß ich mit den Brüdern in Dharwar und Tirunelveli noch nicht gebrochen habe, daß auch K. in Madras mir noch nicht fremd geworden, daß nicht alle Traktate, die ich verteile, zerrissen werden, vielleicht auch nicht alle Worte, die ich gesprochen, zu Boden gefallen sind. Ihr werdet vielleicht denken, das sei ein miserabler Bericht, aber ich kann nicht helfen: So ist es eben!“ (S.117). Der letzte Teil des Romans ist dem Leben der Familie Gundert in Calw gewidmet. Ein Register und Anmerkungen zu den Zitaten hätten den Roman vervollständigt, da nicht immer deutlich wird, welche Informationen direkt auf unveröffentlichte Briefe und Manuskripte aus Privatbesitz zurückgehen. Teilweise hätte man sich ergänzende Erläuterungen zu Begriffen wie Calvinismus (er wird ausschließlich negativ belegt), Pietismus (er wird häufig als „Schwärmerei“ bezeichnet) oder auch Hintergrundinformationen etwa über die Haltung der britischen Krone gegenüber der Missionsarbeit in Indien gewünscht. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-2. |
Haarmann, Harald. Die Sprachenwelt Europas: Geschichte und
Zukunft der Sprachnationen zwischen Atlantik und Ural. Campus:
Frankfurt, 1993. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus rücken viele Völker und Sprachen Europas – vor allem Mittel- und Osteuropas – ganz neu in den Mittelpunkt, und auch Missionare und Missionsgesellschaften haben einen großen Nachholbedarf an Wissen über die in ganz Europa gesprochenen Sprachen. Harald Haarmann, der in Finnland lebende deutsche Sprachwissenschaftler, der schon zahlreiche Werke über die europäischen Sprachen geschrieben hat – vor allem sein dreibändiges Werk über die ‘Elemente einer Soziologie der kleineren Sprachen Europas’ – bietet in dem vorliegenden Buch einen Überblick, der durch die fachliche Kompetenz, die sich ausgesprochen flüssig liest, besticht. Haarmann läßt die Geschichte der Sprachen und ihrer Völker ebenso lebendig werden wie ihre Gegenwart, geht aber auch gründlich auf die Rolle der Sprachen in Europa überhaupt ein, was einen ganz neuen Einblick in die gegenwärtigen ethnischen Auseinandersetzungen etwa in Jugoslawien, dem Baltikum – aber natürlich auch in Frankreich, Spanien oder innerhalb der EG als ganzer gewährt. Ich glaube, daß die sprachliche Vielfalt Europas gerade auch im Bereich der protestantischen Mission oft genug nicht genügend berücksichtigt wurde und leicht hinter der Vorherrschaft einiger weniger wichtiger Sprachen, vor allem von Englisch und Französisch, zurückgetreten ist. Dr. Thomas
Schirrmacher, em 1995-4. |
Haarmann, Volker. JHWH-Verehrer der Völker. Die Hinwendung
von Nichtisraeliten zum Gott Israels in alttestamentlichen
Überlieferungen. Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen
Testaments 91. Zürich: Theologischer Verlag, 2008. Ist im Alten Testament der Eintritt in eine Gottesbeziehung gleichbedeutend mit einer Integration in Gottes Volk? Dieser Frage stellt sich die von Erhard Blum (Tübingen) betreute Dissertation des Wuppertaler Vikars Haarmann. Wie sehr der Autor von seinem Studienjahr in Jerusalem bei Alexander Rofé profitiert, zeigt sich in dem Fundus an rabbinischer Literatur und modernen hebräischen Werken, auf welche er zurückzugreifen weiß. Hier findet er auch den Ansatzpunkt für die These seiner Untersuchung. Während nämlich die alttestamentliche Wissenschaft „in der Regel“ (S. 16) undifferenziert von (Vorläufern von) Proselyten rede, unterscheidet das rabbinische Judentum zwischen dem ger zedeq (Proselyt) und dem ger toschab (Righteous Gentile). Deshalb führt Haarmann nun auch im Blick auf das Alte Testament einen neuen Terminus ein, den des „JHWH-Verehrers der Völker“. Ein solcher wird nicht in das Volk Israel integriert, vollzieht dennoch eine „religiöse Hinwendung zum Gott Israels“ (S. 55). Diese „Hinwendung“ ist zu unterscheiden von dem rabbinischen Begriff der „Konversion“. Damit stehen sich zwei Modelle gegenüber: Die Konversion des Proselyten zum Volk – Die Hinwendung des JHWH-Verehrers zu Gott. Die eigentlichen Untersuchungen beschäftigen sich zum großen Teil mit literarkritischen Fragen. Dem aktuellen Trend der historisch-kritischen Forschung am Alten Testament (strukturelle Einheit und Spätdatierung) folgend datiert der Blum-Schüler alle untersuchten Texte nachexilisch. In mühevoller Kleinarbeit weist er Stück um Stück eine literarkritische „Aufsplitterung“ der Texte bishin zur Unkenntlichkeit zurück. Er zeigt, dass Wiederholungen und Gegensätze nicht unbedingt auf Quellen oder Schichten hindeuten, sondern als bewusst eingesetzte Stilmittel verstanden werden können (vgl. etwa S. 140f; leider setzt er sich bei seinen Vorschlägen zur synchronen Struktur nur im Hinblick auf 1.Kö 8 mit der aktuellen Forschungsdiskussion auseinander). Problematisch erscheint, dass er dasselbe literarkritische Instrumentarium, dessen Fragwürdigkeit er so eindrücklich nachzuweisen vermag, an anderer Stelle kritiklos übernimmt, um die Texteinheiten aus ihrem Kontext isolieren und umdatieren zu können. Damit verbaut er sich den Blick für eine möglicherweise bewusst angelegte theologische Funktion der Texte in ihrem makrostrukturellen Zusammenhang. Untersucht werden die Hinwendung Jitros, Rahabs, Naamans und der Seeleute zu dem Gott Israels (Ex 18; Jos 2; 2.Kö 5; Jon 1) sowie die Texte 1.Kö 8,41-43 und Jes 56,1-8. Als „Gegenprobe“ wird die Erzählung von Rut als Modell einer Integration in das Volk überprüft. In Jitro sieht Haarmann ein Kontrastmodell zu dem Pharao und zu den Amalekitern. Im Hinblick auf die Rahab-Erzählung erkennt er unter anderem Bezüge zum Schilfmeerlied (Ex 15) und zur Achan-Erzählung (Jos 7), schweigt jedoch zu der deutlich angelegten Parallele zwischen Jos 2,10 und 9,9f (dem Bekenntnis der Gibeoniter). Hier ist seine Erklärung des Verhältnisses von Rut zu dem sogenannten „Moabiterparagraphen“ interessant. Er deutet die qahal jhwh „Versammlung JHWHs“ (Dtn 23,4) nicht als Volksgemeinschaft, sondern als Versammlung der israelitischen Männer zum Kult. Für Rut als Frau ist dieser Vers von daher ohne Bedeutung (S. 263). Da diese Deutung exegetisch recht anfechtbar ist, hätte man sich hier die Diskussion einiger der zahlreichen alternativen Lösungsansätze gewünscht. Dass Naaman in Damaskus einen Altar für JHWH bauen möchte, steht dem Gesetz nicht entgegen, da nur ein Israelit (oder Proselyt) auf Jerusalem verpflichtet ist. Die Gegenüberstellung der Gottesfurcht der Seeleute und der Flucht von Jona (ähnlich Achan und Gehasi) zeigt, dass Israel von den JHWH-Verehrern lernen kann. Die Untersuchung führt zu dem Ergebnis, dass JHWH-Verehrer zwar nicht in dem Volk Israel aufgehen, ihre Gottesbeziehung jedoch von einer besonderen „Israelbezogenheit“ geprägt ist. Gemeinsam, an der Seite Israels, verehren sie den Gott Israels und verstehen sich als Freunde Israels. Hierin sieht Haarmann ein mögliches Modell für das Verhältnis von Kirche und Israel heute: „An der Seite Israels, nicht als Israel verehrt die Kirche JHWH, den Gott Israels“ (S. 290; eine solche These bedarf einer Prüfung am Neuen Testament, Röm 9‑11; Eph 2). Haarmanns Alternative zu dem Proselytenbegriff ist sicherlich keine Neuentdeckung (leider bleibt die bei Eckhard Schnabel, Urchristliche Mission. Wuppertal: Brockhaus, 2002, S. 125-135 dargestellte Forschungsdiskussion unbeachtet), wenngleich eine notwendige Korrektur bis heute gängiger Sichtweisen. Sein Werk weist einmal mehr in eindringlicher Weise darauf hin, dass es Menschen außerhalb des Bundesvolkes gibt, die den Gott der Bibel verehren. Dr. Siegbert Riecker, em 2009-2. |
Haas, Waltraud Ch. Erlitten und Erstritten. Der
Befreiungsweg von Frauen in der Basler Mission 1816 - 1966. Basileia Verlag: Basel, 1994. Die Motivation, sich gerade diesem Thema zu stellen, läßt sich für Waltraud Haas, einer langjährigen Mitarbeiterin der Basler Mission in Kamerun und der Schweiz, wohl am besten mit den Worten eines Afrikaners, des damaligen Moderators der Presbyterianischen Kirche in Ghana, Rev. E. M. L. Odjidja, während einer Festpredigt in Basel formulieren: „Ich bin überrascht zu hören, daß man so wenig von der Arbeit der Missionarsfrauen (erg.: und der unverheirateten Missionarinnen) spricht. Wir tun so, also ob es allein auf die Arbeit der Männer ankäme. Das ist nur die Hälfte der Geschichte. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich bezeugen, daß die Arbeit der Missionarsfrau entscheidend mitgeholfen hat, die Gemeinde aufzubauen. Wenn ich die Gabe dazu hätte, würde ich ein dickes Buch darüber schreiben…“ Waltraud Haas hat sowohl die Gabe als auch den Mut besessen, diese Herausforderung anzunehmen. Auf der Basis von umfassenden Archivstudien für einen Zeitraum von 150 Jahren versucht sie, beide Ebenen miteinander zu verbinden. Einerseits stellt sie anhand der Wirkungszeiten und des Selbstverständnisses der Inspektoren der Basler Mission die Strukturen einer patriarchalisch organisierten Missionsgesellschaft dar, andererseits liefert sie ausführliche Quellenstudien und Interviews mit noch lebenden Missionarinnen, die sie zu faszinierenden Momentaufnahmen verwoben hat. Es sind „Lebensbilder“, farbig, realistisch, ehrlich, schmerzlich und ermutigend. Die beiden Pole „Leiden“ und „Streiten“ geben immer wieder Orientierungspunkte für das Leben und den Dienst der einzelnen vorgestellten Frauen vor. Die Autorin versteht ihr Werk nicht als einen kompletten Abriß der Geschichte der Frauen innerhalb der Basler Mission, sondern vielmehr als eine Studie, in der Kurzbiographien in einen missionshistorischen und einen theologiegeschichtlichen Rahmen eingebettet werden, und dadurch Lesern und Leserinnen ungewöhnliche Einsichten ermöglicht. Gehorsam, Verzicht, Ordnung und Unterordnung als zentrale ethische Werte neben und über dem Evangelium von der befreienden Gnade Gottes in Jesus Christus für Männer und Frauen werden am Beispiel der Basler Mission in ihren Auswirkungen auf Leben und Dienst der ihr anvertrauten Missionarinnen und Missionare aufgezeigt. Waltraud Haas vereint in ihrer Person beides: die Frauen der Basler Mission betrachteten sie als eine der Ihren und vertrauten ihr ihre Lebensgeschichte an; aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit im Archiv der Basler Mission hatte sie auch Zugang zu allen relevanten Quellen, die dieses Werk in seiner vorliegenden Form zu einer Pionierarbeit machen. Die Bedeutung dieser Arbeit geht weit über den Rahmen
einer nur an der Basler Mission oder an missions- oder theologiegeschichtlicher
Frauenforschung interessierten Leser Friedhilde Stricker, em 1998-1. |
Halter, Hans; Wilfried
Lochbühler. Ökologische
Theologie und Ethik. 2
Bände. Verlag Styria: Graz/Wien/Köln, 2000. Diese zwei Bände wollen nennenswerte Texte aus Vergangenheit und Gegenwart zusammenstellen, die sich aus theologischer oder ethischer Sicht mit der internationalen Umweltproblematik beschäftigen. Damit ist von vorneherein klar, dass die Bände keine bestimmte Sicht protegieren, sondern alle Stimmen von Gewicht zu Wort kommen lassen. Das Ziel ist aber eindeutig, nämlich die Ökologie nicht anderen zu überlassen, sondern als herausragendes Thema der christlichen Ethik zu begreifen. Ob es also die klassischen Texte sind, die dem Christentum die Schuld an der Umweltkatastrophe geben (z. B. Lynne White, Eugen Drewermann), ob es ältere theologische Vordenker sind (z. B. Franz von Baader 1765-1841, Fritz Blanke), ob es Evangelikale (z. B. Francis Schaeffer), katholische (z. B. Julius Kardinal Döpfner) oder säkulare Stimmen sind, ob sie die Umweltkatastrophe überzeichnen oder Teile davon für übertrieben halten, ob Naturvölker als Vorbild gepriesen werden (z. B. Eugen Drewermann) oder diese Sicht als Fiktion aufgewiesen wird (z. B. Thomas Bargatzky), alles findet sich hier mit einschlägigen Texten versammelt. Alle Texte sind gut ausgewählt und gegebenfalls gekürzt, mit guten kurzen Einleitungen versehen und aufeinander bezogen, so dass die beiden Bände gut als Arbeitsbuch zu gebrauchen sind und lange Literatursuche überflüssig machen. Das Buch wird dadurch auch zum guten Ausgangspunkt für eine evangelikale, d.h. von der Bibel ausgehende Aufarbeitung der Thematik- wie ich sie in meinem Buch „Drewermann und der Buddhismus“ (VTR: Nürnberg, 1999) versucht habe. Denn wenn die ‘Umwelt’ wirklich Gottes Schöpfung ist, können wir ihre Würde als Gottes Schöpfung ebenso wie ihr dem Gericht Ausgeliefertsein als gefallene Schöpfung nicht für uns behalten. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-2. |
Hamel, Martin. Bibel - Mission - Ökumene:
Schriftverständnis und Schriftgebrauch in der neueren ökumenischen Missionstheologie. Gießen: TVG Brunnen, 1993. Wie wird in der neueren Ökumenischen Missionstheologie die Bibel verstanden und gebraucht? Was sind im Ökumenischen Rat der Kirchen die eigentlichen Quellen und die Norm theologischer Erkenntis? Diesen Fragen geht Martin Hamel mit dieser 1992 in Tübingen eingereichten Dissertation nach. Der z.Zt. in Sachsen tätige Theologe versucht dabei, in acht Kapiteln die Entwicklung des Schriftverständnisses, des Ökumenischen Kirchenrates von Wadham 1949 bis San Antonio 1989 nachzu-zeichnen. Im Mittelpunkt steht dabei die Weltmissionskonferenz in Melbourne 1980, der drei Kapitel gewidmet sind: Vorbereitung – die Konferenz selbst – Echo. Die ersten drei Kapitel schildern die frühere Entwicklung ökumenischer Hermeneutik. Den Abschluß bilden je ein Kapitel zur weiteren Entwicklung in San Antonio und eine Zusammenfassung mit Ergebnis und Kritik. Zunächst werden die Studien zu Glauben und Kirchenverfassung von Wadham 1949, Montreal 1963, Bristol 1967, Löwen 1971 und Loccum 1977 gesichtet, und der Weg von einer heilsgeschichtlich-christozentrischen zur historisch-kritischen Sicht der Bibel aufgezeigt. Im zweiten Kapitel wird der endgültige Paradigmenwechsel zwischen den Vollversammlungen in Neu Delhi 1961 und Nairobi 1975 aufgezeigt. In einem weiteren Kapitel wird vertiefend auf die hermeneutischen Ansätze mit Einfluß auf Melbourne eingegangen, insbesondere auf die kontextuellen Dritte-Welt-Theologien und die materialistische-sozialgeschichtliche Exegese. Zusammenfassend hält Martin Hamel die Grundzüge ökumenischer Hermeneutik fest: 1) Die biblischen Schriften werden als zeit- und kontextbedingte menschliche Erfahrungszeugnisse betrachtet; 2) Eine marxistische Gesellschaftsanalyse und Geschichtsbetrachtung und die Deutungen von Befreiungsbewegungen und nichtchristlichen Religionen werden als neue theologische Erkenntnisquellen eingeführt; 3) Die Bibel wird kontextuell aus der Erfahrungsperspektive der kämpfenden Armen gelesen. In den Kapiteln 6 und 8.2 kommt auch Kritik gegenüber dem Bibelverständnis der ökumenischen Weltmissionskonferenzen, insbesondere Melbourne, zur Sprache. Vor allem wird eine ungenügende Sorgfalt im Umgang mit der Bibel bemängelt. Durch die kontextuelle Methode wird die Bibel ideologisch uminterpretiert und als Steinbruch für vorgefaßte Meinungen mißbraucht. Heilsgeschichte wird säkularisiert und Weltgeschichte sakralisiert. Es stellt sich hier die Frage, ob man der Bibel sachgerecht entgegentritt, indem man ihre Autorität und Normativität beiseite schiebt und sie durch den erfahrenen sozialpolitischen Kontext des Befreiungskampfes der Armen ersetzt. Lobenswert ist die intensive Quellenarbeit des Autors, der viele bisher unveröffentliche Dokumente aus dem Genfer Archiv untersuchte. Sehr hilfreich sind auch die kurzen Zusammenfassungen am Ende fast jeden Kapitels, durch die man sich schnell einen Überblick über den Inhalt des Buches verschaffen kann. Allgemein Interessierten dürfte es genügen, einzelne Kapitel (z.B. Kapitel 3, 6, 7 oder 8) bzw. die Zusammenfassungen zu lesen. Wer aber tiefer in die ökumenische Missionstheologie eindringen will, wird das gesamte Buch mit Gewinn durcharbeiten. Martin Sachs, em 1997-4. |
Han, Sang-Chan. Die Beziehungen zwischen dem
Schamanismus und dem Verständnis des Heiligen Geistes in der protestantischen
Kirche in Korea.
Religionsphänomenologische und missionstheologische Untersuchung. Ammersbek:
Verlag an der Lottbek Peter Jensen., 1991. Inkulturation geschieht z.T. ungeplant. Dabei spielen Erwartungen und Vorstellungen aus der vorchristlichen Religion und Weltanschauung eine Rolle. Diesen Einflüssen geht Sang-Chan Han in Korea nach. Ähnliche Phänomene wie im Schamanismus erkennt er in der koreanischen charismatischen Bewegung. Christliche Verkündiger erfüllen die Erwartung, die früher an den Schamanen gestellt wurden. So wird der irdische Segen wichtig, schamanistische Jenseits- und Krankheitsvorstellungen werden ins Christentum übernommen, der Heilige Geist wird zur Kraft, die Wunder wirkt. Das Geld für die Kollekte wird gegeben, um Segen zu erhalten. Vor allem geht dabei der ethische, gesellschaftliche und politische Bezug des Glaubens verloren. Diese Hamburger Dissertation in Missiologie gibt Einsicht in koreanische Geschichte, Theologie und kirchliche Verhältnisse, zeigt Gefahren der charismatischen Bewegung auf (z.B. in der Form eines Wohlstandsevangeliums) und läßt vor allem den langen und schwierigen Weg der Inkulturation des Evangeliums erahnen. Wenn der Autor Krankenheilung, Exorzismus, Zungenrede, Geistestaufe, Prophetie und Segenserwartung als für die charismatische Bewegung typisch herausstellt und in diesen Phänomenen in Korea einen schamanistischen Einfluß erkennt, den er von der Bibel her kritisiert, frage ich mich, inwieweit er damit auch die weltweite charismatische Bewegung überhaupt meint. Han macht auf jeden Fall deutlich, daß die Kirchen die trinitarische Verkündigung des Heiligen Geistes ernst nehmen müssen, um zu Theologie und Gesellschaftsbezug zu gelangen, die heutiger Missiologie entsprechen. Walter F. Rapold, em 1997-3. |
Hasselhorn, Fritz. Bauernmission in Südafrika. Die Hermannsburger Mission im Spannungsfeld
der Kolonialpolitik 1880-1939. Erlanger Monographien Bd. 6. Erlangen: Verlag
der Ev.-Luth. Mission, 1988. Ein Profanhistoriker widmet sich der Missionsgeschichte, die ja nicht nur Teil der Kirchengeschichte, sondern auch der Kolonialgeschichte ist. Dabei erweist sich eine sozialkritische Fragestellung, wie sie Vf. in seiner Dissertation anwendet, als Bereicherung der Geschichtsschreibung. Wichtig ist, daß hier Archivmaterial aus Südafrika erstmals wissenschaftlich ausgewertet wird. Die Arbeit konzentriert sich auf die Frage des Landbesitzes der Hermannsburger Mission in Südafrika. Aus finanziellen Gründen war sie darauf angewiesen, zugleich näherten sich die Missionare damit aber auch (oft unbewußt) der weißen Siedlergesellschaft, mit der sie sich dann oft mehr solidarisierten als mit den (schwarzen) Afrikanern. Dies prägt die Arbeit, die Mission wird zum Handlanger der regierungsamtlichen Bemühungen der Rassentrennung und damit letztlich der Apartheid. Es ist das Verdienst Hasselhorns, diese Zusammenhänge und Entwicklungen sachlich aufzuzeigen, ohne vorschnelle Schuldzuweisungen vorzunehmen. Vielmehr spürt man ihm Solidarität ab, die an einer gründlichen und offenen Aufarbeitung der Missionsgeschichte interessiert ist. Deshalb ist es ein wichtiges Buch. Johannes Triebel, em 1994-4. |
Hattaway, Paul. Operation China. William Carey Library: Pasadena (CA) & Piquant (c/o IVP): Carlisle (GB), 2000. In Anlehnung an den englischen Titel von ‘Gebet für die Welt’, ‘Operation World’ legt hier ein Chinakenner eine umfangreiche Enzyklopädie aller chinesischen Völker, Sprachen und Provinzen vor, die neben detaillierten statistischen Angaben zu Politik, Wirtschaft, Religion und christliche Kirchen einfühlsam und mit weit über 1000 farbigen Bildern die jeweilige Kultur vorstellt. Dabei wird auch erstmals gründlich die küsntliche Einteilung Chinas in 56 Völker seitens der chinesischen Regierung widerlegt. Für das Gebet sind alle Einträge auf alle Tage des Jahres verteilt. Umfangreiche Register und Literaturlisten ergänzen den Band. Eine gigantische Meisterleistung der Missionsforschung in sehr attraktiver Aufmachung zu einem sehr niedrigen Preis! Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Haubert,
Katherine M. Women
as Leaders. Accepting the Challenge of Scripture. Monrovia: MARC, 1993. Das von namhaften evangelikalen Theologen empfohlene Büchlein der amerikanischen Pastorin Haubert versucht, die Wahrnehmung von geistlichen Leitungsämtern durch Frauen in der Kirche nicht nur als biblische Möglichkeit zu rechtfertigen, sondern als Notwendigkeit aufzuzeigen, ohne deren Verwirklichung die Kirche nicht zur „Fülle Christi“ (Eph 4,13) heranreifen könne (S.lf). Methodisch geht die Autorin so vor, daß sie in 10 Kapiteln
die biblische Zuordnung der Geschlechter einer grundlegenden Neuinterpretation
unterzieht und - entgegen einer fast 2000-jährigen Auslegungstradition - alle
Stellen, welche die geistliche Führung in
der Familie bzw. Kirche dem Mann
zuordnen, uminterpretiert oder für
zeitbedingt erklärt. Positiv zu vermerken ist, daß sie sich bemüht,
ihre Sicht durch 161 Anmerkungen und 60 herangezogene
Veröffentlichungen abzusichern. Dabei fällt freilich auf, daß sie nur
englischsprachige Literatur (und auch
diese recht selektiv!) benutzt: Wesentliche Untersuchungen, die ihre
These bestreiten (etwa die grundlegenden
Monographien von Clark, Hauke, Werner Neuer, em 1994-3. |
Hauenstein, Philipp. Fremdheit als Charisma. Die
Existenz als Missionar in Vergangenheit und Gegenwart am Beispiel des
Dienstes in Papua-Neuguinea. Erlanger Verlag für Mission und Ükumene: Erlangen, Missionswissenschaftliche
Forschungen, NF Bd. 10, 1999. Der Verfasser dieses Buches mit dem interesseweckenden Titel ist Jahrgang 1957. Er war sieben Jahre Pfarrer, Missionar und Leiter einer Gemeindehelferausbildung in der Evang.-Luth. Kirche in Papua-Neuguinea. Vor dem Hintergrund der eigenen Lebenserfahrung in einem anderen Kulturkreis und der Aufgabe der Mitarbeitervorbereitung für Übersee ist vorliegende Arbeit entstanden, die 1998/99 von der Theologischen Fakultät Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen wurde. Seit 1992 ist Hauenstein Dozent und seit April 2000 Leiter des Missionskollegs Neuendettelsau. In der Einführung beschreibt er sein Interesse: „Wohl wissend, daß es Gottes eigene Mission ist, um die es geht, gilt es, die Mitwirkenden dieser Mission in ihrer konkreten historischen Situation in den Blick zu bekommen. Ziel eines solchen Unternehmens kann nur sein, dazu beizutragen, daß Gott in seiner Mission bei uns und mit uns zum Zuge kommt“ (13). Dementsprechend werden gut 100 S. der geschichtlichen Entwicklung der von Neuendettelsau ausgehenden evang.-luth. Mission gewidmet. Der Bogen reicht von der klassischen Pioniermission (1886) über die Zeit des Auf- und Ausbaus innerhalb einer Missionskirche bis 1996 und der selbständigen ELC-PNG (Evangelical Lutheran Church of Papua New Guinea). Auf den folgenden 40 S. theologischer Standortbestimmung wird u. a. ausgeführt, wie die „trinitarische Begründung“ und das „integrale Verständnis von Mission“ als Impulse aus der neueren Missionswissenschaft die Funktion, Rolle und das Selbstverständnis von Mitarbeitenden in Überseee zu klären imstande sind und wie „Leben als missionstheologischer Leitbegriff“ (140ff) fruchtbar zu machen ist. Das 4. Kapitel beschäftigt sich mit der „Fremdheit als Charisma“ (bes. 211 ff). Hauenstein begreift „Fremdheit“ als Gnadengabe mit der Zielrichtung des Gemeindeaufbaus. „Von außerhalb Gesandte können diese besondere Gabe einbringen. Was sie zu sagen haben, wird oft kontrovers bleiben. Ob ihr Beitrag brauchbar ist oder nicht, das entscheiden nicht sie, sondern die Gemeinde bzw. einheimische Kirche. Sie sind ein Ferment, nicht mehr, aber auch nicht weniger“ (13). Praktische Hilfestellungen zum betrachtenden Gebet, die menschliche Begleitung der Mitarbeiter in Übersee, den hilfreichen Humor (!) und Bewährung in alltäglichen Konfliktfeldern schließen dieses Buch ab. Es bietet eine missionstheologische Fundgrube und zugleich Hilfen für alle, die als Lehrer oder Lernende in Ausbildungsstätten stehen. Dies gilt nicht nur für Missionare, sondern auch für Prediger, Pfarrer und Pfarrerinnen, die ja auch in gewissem Sinne mit dem Phänomen der Fremdheit zu tun haben, wenn auch nicht im Ausland. Pfr. i. R. Reinhard Fritsche, em 2000-3. |
Hauzenberger, Hans. Einheit auf evangelischer Grundlage. Gießen/Zürich : TVG, Brunnen, 1986. Wenn auch die 1846 in London gegründete Evangelische Allianz sich nie direkt mit der Weltmission befaßt hat, so hat sie doch für das weltmissionarische Bemühen im evangelischen Raum im allgemeinen und im heute als evangelikal bezeichneten Raum im besonderen eine wesentliche Rolle gespielt. A. B. Simpson, der Gründer der Christian and Missionary Alliance, oder Fredrik Franson wurden durch Veranstaltungen der Evangelischen Allianz angeregt, ihre Missionen als Allianzmissionen zu bezeichnen, und eine ganze Reihe von Glaubensmissionen übernahm die „Basis“ der Evangelischen Allianz als ihre Glaubensgrundlage. Bisher gab es kaum Gesamtdarstellungen ihrer Entstehung (Peter Schneiders Vorwort). Hauzenberger gibt diese Darstellung. Außerdem macht er in einem Anhang (S. 375-478) wichtige Dokumente aus der Frühzeit der Evangelischen Allianz im Wortlaut zugänglich, wobei er auch die verschiedenen Schritte der Entwicklung der „Basis“ der evangelischen Allianz aufzeigt. Im dritten Teil „Das Wesen der Evangelischen Allianz“ werden die systematischen Schwerpunkte der Gründungszeit (1845/46) beschrieben. Im vierten Teil zieht Hauzenberger eine Bilanz unter der Überschrift „Einheit auf evangelischer Grundlage“. Besonders interessant für heutige Fragestellungen sind seine Begriffsklärungen „Evangelikal – ökumenisch – katholisch“ und sein Schlußabschnitt „Ist die Evangelische Allianz eine evangelikale Allianz?“ Klaus Fiedler, em 1988-1. |
Heim,
Karl. Das
Heil der Welt, Die Botschaft der christlichen Mission
und die nichtchristlichen Religionen,
herausgegeben
und erläutert von Friso Melzer, Brendow Verlag, Edition C, 1986. Im Oktober 1986 trafen
sich in Assisi Vertreter der Weltreligionen, um für den Frieden zu
beten. Vielen war das ein Grund zur Freude, denn sie sahen, wie die
trennenden Mauern zwischen den Religionen
abgebaut wurden. Andere verhielten sich ablehnend, weil sie die Wahrheit des Evangeliums an eine
unerlaubte Religionsmischerei (Synkretismus)
verraten sahen. Das Problem, das
sich hier darstellt, hat die Christenheit Einer, der sich klar und verständlich zu dieser Frage geäußert hat, ist der langjährige Professor für Systematische Theologie in Tübingen Karl Heim (1874-1958). Als junger Theologe war er in der weltweiten christlichen Studentenbewegung tätig gewesen und hatte später an mehreren Weltmissionskonferenzen teilgenommen. So hatte er sich gründlich mit diesem Problem beschäftigt und wußte wegweisende Antworten zu geben, die auch heute noch gültig sind. Es ist dem Brendow Verlag und dem Schüler Karl Heims Friso Melzer zu danken, daß die wichtigen Äußerungen Karl Heims zu diesem Thema gesammelt und uns in einem Taschenbuch zugänglich gemacht wurden. Sie helfen uns, in der Wirrnis dieser Zeit einen klaren Blick zu bekommen für die Einzigartigkeit der Christusbotschaft als Heilsbotschaft für die ganze Welt. Alexander Prieur in: Praxis der Verkündigung (Oncken) 3/89. Em 1989-4. |
Heimbach-Steins, Marianne und Heiner Bielefeldt (Hg.). In Kooperation mit der deutschen Kommission Justitia et Pax, Religionen und Religionsfreiheit. Menschenrechtliche Perspektiven im Spannungsfeld von Mission und Konversion (Judentum – Christentum – Islam. Bamberger interreligiöse Studien Band 7) Würzburg: Ergon, 2010. Dem Herausgeber und der Kommission Justitia et Pax ist für diesen sehr anregenden Sammelband zu danken. Die Vielfalt der sechzehn Beiträge ist auf gut zweihundert Seiten mit Sicherheit eine Stärke, auch wenn der Leser herausgefordert wird, den Überblick zu behalten. Die Herausgeber helfen dabei mit ihrer grundlegenden und den Leser orientierenden Einleitung „Religionen und Religionsfreiheit im Spannungsfeld von Mission und Konversion – menschenrechtliche Perspektiven. Eine Einleitung“ (S. 11-17). So gewinnt man auch einen Einblick in die Arbeit der deutschen Kommission Justitia et Pax, die in den Jahren 2004-2009 schwerpunktmäßig das Thema Religionsfreiheit diskutierte. Zunächst stand dabei die Konzilserklärung „Dignitatis humanae“ („Über die Religionsfreiheit“) im Mittelpunkt. Eine grundlegende Reflexion war für die Zeit des Konzils und danach geboten, da die katholische Kirche lange Zeit Religionsfreiheit nicht mit offenen Armen begrüßte. In der folgenden zweiten und dritten Phase der Diskussionen rückten die katholische Politikberatung und die Advocacy-Arbeit sowie das unmittelbare Gespräch mit Politikern in den Mittelpunkt. Der vorliegende Sammelband dokumentiert eine Tagung zu internationalen und interreligiösen Aspekten der Religionsfreiheit (vierte Phase). Die Reihenfolge der Beiträge erweist sich als sehr hilfreich. Heiner Bielefeldt arbeitet in seiner rechtspolitischen Erörterung die „Sperrigkeit“ des Menschenrechtes auf Religionsfreiheit heraus, führt grundlegende Aspekte und Definitionen ein und öffnet damit den Raum zur Diskussion, den er durch seine Weichenstellungen auch in gewisse Bahnen lenkt. Neben Bielefeldts Beitrag dienen die Aufsätze von Gerhard Robbers, Asma Jahangir, Ömer Özsoy und Marianne Heimbach-Steins „einer multiperspektivischen Annäherung an und einer Verständigung über das Herausforderungspotential des Menschenrechtes auf Religionsfreiheit“ (S. 11). Der zweite Teil des Sammelbandes stellt sich der Herausforderung das Menschenrecht auf Religionsfreiheit vor allem unter dem Aspekt des Rechtes auf Mission zu vertiefen. Die Autoren der sechs Beiträge repräsentieren dabei eine katholische (Katja Heidemanns), eine indonesisch-katholische (Johannes Müller), eine evangelikale (Thomas Schirrmacher), eine christlich-orthodoxe (Konstantinos Delikostantis), eine jüdische (Jonah Sievers) und eine islamische Perspektive (Bülent Ucar). Im dritten Teil beleuchten zwei Beiträge (Saskia Wendel, Dagmar Mensink) die dem Menschenrecht eigenen Spannungen auf religionsphilosophischer bzw. theologischer und religionspolitischer Ebene. Die Reflexionen von Rotraud Wielandt und Daniel Bogner bringen die vorliegenden Beiträge und solche, die nicht im Sammelband enthalten sind, ins Gespräch und runden diesen wertvollen Band ab. Insbesondere die Zusammenstellung im zweiten Teil des Buches unterstreicht das Bemühen der Organisatoren, verschiedene Perspektiven zu Wort kommen zu lassen. Auf diese Weise werden die besonderen Herausforderungen eines solchen Diskurses sichtbar, wie beispielsweise im Beitrag von Delikostantis. Er verdeutlicht, dass westliche Diskurse zu Menschenrechten unter anderem unter dem Aspekt „der Überlegenheit des Westens gegenüber den anderen Kulturen“ betrachtet werden können. „Ihr Inhalt, ihr Anspruch und ihre Reichweite werden überzogen, sie werden humanistisch umgebogen, privatisiert und individualisiert“ (S. 137). In Kontexten, in denen Religion und ethnisch-kulturelle Identität sehr eng verbunden sind oder Religion sogar deren Kern ausmacht, wird die Diskussion über Menschenrechte eine Herausforderung. Dies gilt insbesondere wenn Menschen für anti-westliche Argumentationen empfänglich sind. Delikonstantis setzt sich kritisch mit dem gegenwärtigen Stand der Diskussion in orthodoxen Kirchen auseinander. Dabei fordert er dazu heraus, die „reiche und tiefe theologische Tradition“ der Orthodoxie für die Begegnung mit den Menschenrechten zu entdecken und in der Auseinandersetzung theologische Kriterien anzuwenden statt sich von Erfahrungen mit den verschiedenen Ausprägungen der Moderne bestimmen zu lassen (S. 141). Dem Beitrag sind das Engagement und das Ringen um einen orthodoxen Weg in dieser Frage deutlich abzuspüren. Delikonstantis wehrt sich vehement gegen die Einschätzung, dass die Orthodoxie fundamentalistisch und dialogunfähig sei: „Wie kann eine Kirche, die sich in ihrer Diakonie an der Seite der Mühseligen und Beladenen wusste und weiß, eine Kirche die unter unvorstellbarem Leid, großen Opfern und mit zahllosen Märtyrern in feindlichen Regionen überlebt hat, eine Kirche des Kreuzes und des tiefsten Glaubens an die Auferstehung, wesenhaft mit den Menschenrechten inkompatibel sein?“ (S. 143). Dieses Ringen verdeutlicht meines Erachtens wenigstens zwei wichtige Aspekte der Fragestellung: 1. Eine Diskussion außerhalb westeuropäischer Demokratien ist nicht nur eine Diskussion zu den Menschenrechten. Es geht auch um anderes, und nicht selten aus der Sicht dieser Menschen um mehr, nämlich um theologische und nationale/ ethnische Identität sowie um theologisches und nationales/ethnisches Geschichtsverständnis. 2. Die grundsätzliche Stellung zu westeuropäischen Ländern spielt in die Diskussion um Menschenrechte hinein. Diese ist nicht selten durch geschichtliche Erfahrungen geprägt. Diese Beobachtungen fordern zu weiterer Reflexion heraus, von denen nur einmal zwei verschiedene Linien angedeutet werden sollen. Was ist die angemessene Reaktion darauf, dass Menschenrechte auch als „westeuropäisches“ Produkt der Moderne angesehen und als solches abgelehnt werden? Sollte man umso eindringlicher und unnachgiebiger deren Akzeptanz einfordern oder geht es nicht vielmehr darum – wie dies Delikonstantis tut – nach Anknüpfungspunkten in dem jeweiligen Kontext zu suchen, wie die Menschenrechte jeweils vermittelt und „heimisch“ werden können? Eine zweite Linie sei auch nur kurz angedeutet, die sich meines Erachtens auch gut an der Situation der orthodoxen Kirchen nachvollziehen lässt. Welche Bedeutung hat die sozial-politische Stellung dessen, der das Menschenrecht auf Religionsfreiheit diskutiert? Spricht man aus der Perspektive einer Mehrheit oder einer Minderheit? Heidemanns stellt diesen nicht unwesentlichen Aspekt an den Anfang ihres Beitrages: „Von Minderheitenkirchen und –bewegungen und ihrem Freiheitskampf sind wichtige Impulse für ein christliches Verständnis der Bedeutung von Religionsfreiheit ausgegangen“ (S. 83). Und doch gewinnt man den Eindruck, dass sie (wie andere Beiträge) dies nicht weiterführend reflektieren. Zusammenfassend kann man sagen, dass es dem Sammelband gelungen ist, wichtige Beiträge zur Diskussion zu dokumentieren. Diese fördern sicherlich die weitere Diskussion und hoffentlich vermehrt auch das Umsetzen des Menschenrechtes auf Religionsfreiheit. Heiko
Wenzel, em 2012-1 |
Heimbach-Steins, Marianne; Rotraud Wielandt und Reinhard Zintl (Hg.). Religiöse
Identität(en) und gemeinsame Religionsfreiheit. Eine Herausforderung
pluraler Gesellschaften. Judentum - Christentum - Islam. Bamberger
interreligiöse Studien 3. Würzburg: Ergon, 2006. Die vorliegenden Beiträge gehen auf Symposien des Bamberger Zentrums für Interreligiöse Studien im Jahre 2004 zurück. Sie behandeln den Mensch als Staatsbürger und die Frage von religiöser Identität in pluralen Gesellschaften und dokumentieren das Anliegen des Zentrums, einen Beitrag zur interreligiösen, interkulturellen und politischen Bildung zu leisten. Dieses Anliegen wird durch die Vielfalt der Beiträge und durch nachdenkenswerte Thesen umgesetzt. In ihrer Einführung (S.9-24) beschreibt Marianne Heimbach-Steins Religionsfreiheit als Selbstbegrenzung des Staates (S.13) und Verpflichtung der religiösen Akteure (S.15). Diese umrahmen den (gegenseitigen) Lernprozess von säkularem und religiösem Bewusstsein wie auch den Lernprozess innerhalb der jeweiligen religiösen Gemeinschaft. Die ersten fünf Aufsätze konzentrieren sich auf die Beziehung des Staates und seiner Organe zu religiösen Gemeinschaften. Stefan Huster beschreibt in seinem Beitrag (S.35-54) die wertvolle Unterscheidung zwischen Begründungsneutralität und Wirkungsneutralität des Staates. Das erste ist eine Verpflichtung des Staates; das zweite kann er nicht garantieren und ist auch nicht wünschenswert. Eine Konkurrenz von Überzeugungen würde nämlich dann verhindert werden (S.39-40). Es bleibt die Frage, ob sich alle religiösen Gruppierungen darauf einlassen. Heiner Bielefeldt stellt in seinem Beitrag (S.55-evangelikale missiologie 23[2007]4 74) das vielfältige Spektrum im Raum des Islams vor. Er ist optimistisch, dass die „lebensweltliche Flexibilität“ im Raum des Islam eine Eingewöhnung ermöglicht. Dieser Optimismus wird von Duran Terzi (S.75-79) und Reza Hajatpour (S.81-86) geteilt. Wolfgang Thierse hinterfragt diesen Optimismus zu Recht: „Für den Wahrheitsanspruch einer Religion bleibt es ein Stachel, der religiösen Überzeugung des Anderen dieselbe Dignität zuzumessen wie der eigenen“ (S.29). In seinem Beitrag (S.27-34) argumentiert er andererseits im Rückgriff auf Lessings Toleranzbegriff, dass „die Erfahrung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit den Islam so ändern könnte, dass er von sich aus unsere grundlegenden Prinzipien und Maßstäbe akzeptieren kann“ (S.32). Thierse sieht in der sogenannten „interkulturellen Kompetenz“ (S.33) eine Schlüsselqualifikation der Zukunft. Ob das ausreicht, kann alleine die Zukunft zeigen. Weitere vier Aufsätze beleuchten die Rolle des Individuums im Rahmen dieser übergeordneten Beziehungen. Es beginnt damit, dass jeder Mensch das Recht hat, Rechte zu haben, wie Christa Schnabl anhand von Hannah Arendt ausführt (S.89-104). Karl-Wilhelm Merks beschreibt die Trennung von Politik und Religion als eine große Leistung des Abendlandes in seinem Aufsatz (S.105-135). Damit betont er „die Einsicht in die Autonomie des Sittlichen“, welche „die Moral sowohl aus der staatlichen wie aus der kirchlichen Bevormundung freigibt“ (S.128). Das Ethikverständnis muss daher empirisch verwurzelt und säkular sein (S.126). Nur in diesem Rahmen kann man die Verantwortung eines Christen im Staat denken und überhaupt scheint die Vermittlung der (christlichen) Religion nur im Engagement für Menschlichkeit möglich (S.133). Die Geistesgeschichte des Abendlandes wird damit implizit zum Maßstab erhoben. Der Islam hat nämlich in seiner Geschichte die Trennung von Politik und Religion nicht vollzogen, wie Merks selbst betont (S.128). Wie schwierig es ist, solche Gedanken in einem islamisch-geprägten Land zu denken und umzusetzen, veranschaulicht Cevat Kara in seinem Beitrag zur Jungtürkenzeit (1908-1914) (S.137-155). Ob eine offene (und gewaltfreie) Konkurrenz von Überzeugungen gewünscht ist und praktiziert wird, hängt entscheidend von der Bereitschaft der einzelnen Bürger ab - und damit ist jeder einzelne gefragt. Diese Bereitschaft muss verpflichtend sein. Zur Realisierung bedarf es sicherlich „dialogfähiger Identitäten“. Mit diesem Stichwort beschreibt Regina Ammicht Quinn (S.157-165) ein für mich nicht klar fassbares „zwischen“ im interreligiösen Dialog. Sie grenzt diese Identität von einer defensiven und einer offensiven Identität ab. Erstere versucht Bestehendes zu bewahren, z.B. das sogenannte „christliche Abendland“. Letztere kann Begegnung mit „anderen“ nur als „Bekehrung“ begreifen. Dialogfähigkeit, die den anderen nicht zum Objekt macht, ist sicherlich gefordert. Deswegen muss aber der Wahrheitsanspruch der eigenen Überzeugung nicht zwangsläufig relativiert werden. Es muss möglich sein, dem Gesprächspartner als Mensch zu begegnen und die eigenen Überzeugungen uneingeschränkt zu vertreten. Diese Beiträge fordern auf vielfältige Weise zum Nach- und Weiterdenken heraus und sind allen zu empfehlen, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzen wollen. Heiko Wenzel,em 2007-4. |
Hein, Uwe. Indische christliche Seelsorge. (Bd.14, Erlanger Monographien aus
Mission und Ökumene). Erlangen: Verlag der Ev. Luth. Mission, 1991. Diese Heidelberger Dissertation hat eigentlich das Gewicht
einer Habilitationsschrift. Der Verfasser hat alles herangezogen, was
indische Christen unserer Zeit zur Frage
geschrieben haben, und hat durch
wiederholte Reisen an Ort und Stelle beobachtet und sich berichten lassen. Der
Verfasser hat recht daran getan, daß
er zunächst Umwelt und Überlieferung indischer Kultur beschrieben hat (Kaste,
Yoga, Ashram, Guru-Chela-Beziehung usw.).
Darauf handelt er ab S.148 die christliche Seelsorge indischer Gestalt in 3 Schritten ab: zunächst die Frage der Form (Sprache und Kultur, Kunst und Indische Frömmigkeit und Seelsorge läßt das, was man heute abschätzig „starre Dogmen“ nennt, hinter sich. Sie sucht Erfahrung und blickt nur auf Jesus, allerdings ohne die Heilsgeschichte mitzubedenken. Man wünschte sich, daß deutlicher gezeigt würde: der Seelsorger muß die Ganzhingabe an Christus (seifsurrender to Christ) vollzogen haben und ein Mann des Gebets sein. Zu recht wird wiederholt auch Sadhu Sundar Singh genannt, und nach dem englischen Wortlaut seiner Schriften zitiert. Warum fehlt ein Hinweis darauf, daß eine deutsche Übersetzung mit Erläuterungen vorliegt? Das Buch schließt mit „Anregungen für die deutsche Seelsorgearbeit“. Das Literaturverzeichnis ist überwältigend umfangreich und für künftige Arbeit zum Thema unentbehrlich (294-320). Nun sollte aber auch ein Inder zum Thema das Wort nehmen und aus der Praxis heraus an Beispielen zeigen, wie Seelsorge geschieht: auf dem Dorf, in der Stadt, bei Christen, die aus den Kastenlosen kommen, und bei anderen usw. usw. Friso Melzer, em 1993-1. |
Heiner, Wolfgang. Schüsse am Schlangenfluß. Neuhausen: Hänssler, 1993 (Nachdruck von
1979). Drei Männer sind sich in Brasilien begegnet: Gerhard Lutasch, Sohn eines deutschen Kolonisten, Josué de Marco, Sohn eines brasilianischen Kolonisten und Pedrinho, der Indianerhäuptling. Zwei Morde führen dazu, daß alle drei über Brasilien zerstreut werden. Wolfgang Heiner erzählt, wie durch die Arbeit von Missionaren alle drei zum Glauben an Jesus Christus finden. Zwischen spannenden Abschnitten enthält das Buch eine Menge – manchmal zu langatmiger – Informationen über die Religion, Geschichte und Missionsituation in Brasilien. Wer das Buch Kindern ab 12 Jahren vorliest oder erzählt, kann das Wesentliche herausfiltern. Christof Sauer, em 199-3. |
Hempelmann, Heinzpeter. Wahrheit ohne Toleranz -
Toleranz ohne Wahrheit? Chancen und Grenzen des Dialogs mit Andersgläubigen. Wuppertal: R.Brockhaus, 1995. Sobald ein Christ unter Nichtchristen seine Überzeugung äußert, daß Jesus der einzige Weg zu Gott ist, gerät er häufig unter schweren Beschuß. Es sei intolerant, so zu denken, und fundamentalistisch. Manchmal wird er sogar mit politisch aktiven Islamisten in einem Atemzug genannt. Daß dieser Vorwurf ungerechtfertigt und sogar falsch ist, zeigt Heinzpeter Hempelmann in seinem knapp 70 Seiten umfassenden, gut lesbaren Büchlein. Er gibt begründete, sachliche Denk- und Argumentationshilfen für Christen und Nichtchristen bei der kritischen Frage nach Wahrheit und Toleranz. Durch seine philosophischen und theologischen Studien und Veröffentlichungen, besonders im Bereich der Erkenntnistheorie, ist der Autor für eine derartige Schrift besonders qualifiziert. Seit 1995 ist er Studienleiter des Theologischen Seminars der Liebenzeller Mission. Dieses, trotz mancher philosophischer Fachbegriffe, sehr lesenswerte Büchlein sollte weite Verbreitung finden und ist allen, die sich mit missionarischen und apologetischen Fragen auseinandersetzen, wärmstens zu empfehlen. Es hilft, Klarheit über einen christlichen Standpunkt zu gewinnen und diesen ohne defensiven Unterton zu vertreten. Martin Sachs, em 1997-4. |
Herbst, Michael; Jörg Ohlemacher, Johannes Zimmermann (Hg.). Missionarische
Perspektiven für die Kirche der Zukunft: Beiträge zur Evangelisation und
Gemeindeentwicklung Bd. 1, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlagsgesellschaft,
2005. Der vorliegende Sammelband ist die erste eigene Veröffentlichung des im April 2004 gegründeten „Instituts zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung“ der Theologischen Fakultät der Universität Greifswald. Zugleich ist es der erste Band seiner damit begründeten wissenschaftlichen Publikationsreihe, der „Beiträge zur Evangelisation und Gemeindeentwicklung“, deren Herausgeber identisch sind mit den Herausgebern dieses ersten Bandes. M. Herbst und J. Ohlemacher sind Professoren für Praktische Theologie in Greifswald und die (nebenamtlichen) Direktoren des Institutes. Herbst hat sich bereits mit seiner Dissertation „Missionarischer Gemeindeaufbau in der Volkskirche“ (Stuttgart, 1990), Ohlemacher mit seiner historisch-theologischen Studie zur deutschen Gemeinschaftsbewegung „Das Reich Gottes in Deutschland bauen“ (Göttingen, 1986) um das Thema Mission in Deutschland verdient gemacht. H. Zimmermann ist (vollamtlicher) wissenschaftlicher Geschäftsführer, finanziert von der Württembergischen Landeskirche. Im Wesentlichen dokumentiert der Band die Beiträge eines Symposiums in Greifswald, das mit der Eröffnung des Instituts verbunden war. Der Band hat drei Teile. Im ersten grundlegenden Teil bietet der katholische Pastoraltheologe Paul M. Zulehner (Univ. Wien) missionstheologische Perspektiven: „christentümliche“ Gesellschaften seien einer „atheisierenden“ Kultur gewichen und verlangten von den Kirchen nicht nur „rückbauende Verschlankung“, sondern einen missionarischen Aufbruch. Die säkulare Offenheit für Spiritualität sei ein Anknüpfungspunkt für eine „mystagogische Mission“, die davon ausgeht, dass Gott alle retten will, in allen schon wirkt und nach konkreten Wegen sucht, ,jene, die Gott uns ,hinzufügt’ (Apg. 2,47), zu gewinnen… damit seine Kirche leben und wirken kann“ (S. 23). M. Herbst beschreibt in seinem Beitrag, in dem er das Institut vorstellt, zunächst den pommerschen, hochschulischen und kirchlichen Kontext des Institutes. Er erinnert an die Gründungsimpulse aus der Leipziger Synode 1999 und der davon inspirierten EKD-Studie „Das Evangelium unter die Leute bringen“ (EKD-Text, 2000). Er beschreibt den konzeptionellen und strukturellen Weg der Gründung von 2001-2004 und die ersten durchgeführten Projekte. Das Institut versteht sich als bisher einmalige universitäre Forschungsstelle für Mission in Deutschland im Rahmen der ev. Landeskirchen. Träger sind die Pommersche Landeskirche und die Arbeitsgemeinschaft Missionarischer Dienste (AMD) des Diakonischen Werkes der EKD. Darüber hinaus finanziell und personell beteiligt sind einzelne Landeskirchen (Pommern, Baden, Württemberg) und Stiftungen. Das Konzept besteht darin, historische, theologische und praktische Aspekte der Evangelisation und missionarischen Gemeindeentwicklung in den ev. Landeskirchen zu erforschen und zu vermitteln – durch Lehrveranstaltungen an der Fakultät, durch Weiterbildung für Pfarrer und Ehrenamtliche und durch Disserati-onen und Habilitationen. „Zusammengehalten werden diese verschiedenen Aktivitäten durch die Überzeugung von der „prinzipiellen Gemeindlichkeit des Glaubens“ (S.41). Im zweiten Teil zeigt der Greifswalder Neutes-tamentler Christfried Böttrich die Legitimation und Enfaltung des missionarischen Auftrag der Kirches nach dem NT auf. Überzeugend legt er die Vielfalt und Tiefe neutestamentlicher Missionspraxis dar. Zutreffend auch die Deutung zu Römer 9-11, dass „Israel seiner Erwählung auch durch ein Nein zu Christus nicht einfach verlustig geht“. Nicht überzeugend allerdings finde ich seine Schlussfolgerung, nämlich dass darum für Paulus nach der Ablehnung des Evangeliums durch Israel die Heidenmission (unter Ausschluss Israels) „das nun einzig angemessene … Zeugnis gegenüber seinem Volk“ sei (S.67). Hat Paulus nicht auch nach seinem Römerbrief weiterhin (auch in Rom), den Juden das Evangelium bezeugt? Hans-Jürgen Abromeit, Bischof der Pommerschen Landeskirche, unterzieht die Werke Bon-hoeffers einer bemerkenswerten und inspirierenden missiologischen Re-Lektüre. Nicht die Religionslosigkeit und Mündigkeit an sich sei das Zentralthema Bonhoeffers gewesen, sondern die Frage: „Wie kann Christus der Herr auch der Religionslosen werden“ und damit auch die an die eigene Identität rührende Frage, „wer Christus heute für uns eigentlich ist“ (S. 71) . Daraus folgernd entwickelte Bonhoeffer sowohl ekkle-siologische als auch Neuansätze in der theologischen Ausbildung. Die Kirche müsse von der Volkskirche zur Missionskirche werden. Im Finkenwalder Predigerseminar lehrte Bonhoeffer sowohl Seelsorge als auch Homiletik unter dem Aspekt „Christum zur letzten Entscheidung“ zu predigen. Er entwickelte das Modell der Volksmissionswochen mit teammissionarischen Einsätzen. J. Zimmermann zieht aufschlussreich Bilanz zu 25 Jahren missionarischem Gemeindebau und zeigt auf, dass zwar manche Erwartungen unerfüllt blieben, aber dennoch mehr geblieben ist als Einzelansätze und ein neues Bewusstsein für „Gemeinde“ als erkennbares Profil im Pluralismus gewachsen ist. Im dritten Teil des Buchs werden verschiedene Kontexte reflektiert. Zulehner stellt die katholische Studie zu Atheismus und Glaube in zehn postkommunistischen Ländern vor, wobei auffällt, das Ostdeutschland einen wesentlich intensiveren Atheismus als beispielsweise Polen aufzuweisen hat. Weitere Beiträge (L. Szabö) widmen sich dem Gemeindeaufbau im Rahmen der Ev. luth. Kirche in Ungarn und dem missionarischen Konzept der Ev. luth. Church of America (Brent Dahlseng). Letzterer stellt lediglich einen Programmentwurf dar, ohne die konkrete Situation zu reflektieren, die sich doch sehr von der in Deutschland unterscheidet. Die ELCA stellt in den USA ein eher kleine und kulturell eher eine Nischenkirche dar. Der Beitrag steht von daher etwas zusammenhanglos da. Abgeschlossen wird der Band durch einen Beitrag des Rostocker praktischen Theologen Thamas Klie zur missionarischen Bedeutung kirchlicher Räume, der mit Recht darauf hinweist, hier „gewonnene Deutungsofferten“ zu entdecken. Fazit: Der Band ist Ausdruck eines bemerkenswerten Neuansatzes zur ReflektiDn missionarischer Arbeit in Deutschland im Bereich universitärer evangelischer Theologie. Der Neuansatz scheint geprägt von dem positiven, unpolemischen Willen, eine breite, aber zugleich nicht pluralistische, sondern dem neutestamentlichen Evangelium verpflichtete und gemeindebezogene Basis für missiologische Reflektion im Rahmen der ev. Landeskirchen zu schaffen. Diese erste Veröffentlichung bietet einige bemerkenswerte und inspirierende Beiträge, wobei das Zentralstück des Bandes Herbsts „Gründungserzählung“ (S. 11) über das neue Institut ist, die auch den roten Faden vermittelt. Insgesamt setzt die Dokumentation des Gründungssymposiums einen wichtigen Doppelpunkt für zu erwartende weitere Veröffentlichungen des vielversprechenden landeskirchlich-theologischen Instituts. Das Buch ist also eine lohnende Lektüre für alle, die an der missionarischen Herausforderung in Deutschland - auch über den evangelisch-landeskirchlichen Rahmen hinaus - mitdenken und -arbeiten wollen. Dr. Friedemann Walldorf, em 2005-4. |
Hesselgrave, David J. Scripture and Strategy. The Use of the Bible in Postmodern Church and Mission. Evangelical Missiological Series 1. Pasadena (CA): William Carey Library. Rommen, Edward; Harold
Netland (Hg.), Christianity
and Religions: A Biblical Theology of World Religions. Evangelical
Missiological Series 2. Pasadena (CA): William Carey Library. Dies sind die ersten beiden Bände einer neuen missiologischen Buchreihe des amerikanischen Gegenstücks zum AfeM. Der Titel des ausgezeichneten ersten Bandes ist ebenso irreführend wie der Untertitel, denn Hesselgrave stellt vor allem das Anliegen zehn führender evangelikaler Theologen und Missiologen vor: Carl F. Henry (Biblische Autorität), Erich Sauer (Heilsgeschichte), William J. Larkin (Auslegung der Bibel), Paul G. Hiebert (Kontextualisierung), Hans-Ruedi Weber (Dialog und Konfrontation), Trevor McIlwain (Jüngerschulung), Timothy M. Warner) Geistliche Kampfführung), John Piper (Gemeinde und Mission) und Ralph D. Winter (Ausbildung von Leitern der Zukunft). Natürlich geht es auch darum, welche bedeutende Rolle die Bibel für alle diese Theologen spielt, aber vor allem wird deren zentrales Anliegen dargestellt, um aus diesem Mosaik ein Gesamtbild evangelikalen Missionsdenkens zu gewinnen. Damit wird das Buch zu einer ausgezeichneten ersten Einführung in die evangelikale Missiologie der Gegenwart. Im zweiten Band der Serie untersuchen 14 Autoren eine biblische Sicht der nichtchristlichen Religionen. Im Mittelpunkt stehen exegetisch-systematische Aufsätze jeweils zu den großen Teilen der Bibel: Pentateuch, Weisheitsliteratur, Propheten, Evangelien & Apostelgeschichte, Paulusbriefe und restliches Neues Testament - ein ausgezeichnetes Vorgehen, das auch einmal die weniger bekannten Bibeltexte zum Thema erfaßt. Daneben finden sich historische und zusammenfassende Beiträge. Insgesamt wird versucht, die Einzigartigkeit Jesu und des von ihm geschaffenen Heilswegs mit einem möglichst wenig konfrontativen Umgang mit anderen Religionen zu verbinden. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-1. |
Heyden, Ulrich van der. Rote
Adler an Afrikas Küste. Die brandenburgisch-preußische Kolonie Großfriedrichsburg
in Westafrika, Selignow-Verlag, 2., überarbeitete Auflage, Mai 2001. 1681, fünfundzwanzig Jahre vor Beginn des Dänisch-halleschen Missionsprojektes in Tranquebar/Indien, schloß der Kapitän des preußischen Schiffes „Wappen von Brandenburg“ im Auftrag seines Fürsten einen Vertrag mit drei afrikanischen Häuptlingen zur Errichtung eines kolonialen Stützpunktes. Ein Jahr später wurde in Emden eine preußische Handelskompanie gegründet und zwei Jahre später (1683) wurde die Festung „Großfriedrichsburg“ im heutigen Ghana gebaut. Zum nun beginnenden brandenburgisch-preußischen Kolonialhandel gehörte auch ein einträglicher Sklavenhandel. Als Stützpunkt für die Sklavengeschäfte mietete Preußen 1685 einen Teil der karibischen Insel St. Thomas an. Der Sohn des Großen Kurfürsten, der pietistisch geprägte Friedrich Wilhelm I. (der „Soldatenkönig“), allerdings sah das „afrikanische Komerzienwesen“ seines Vaters als „eine Chimäre“ (Hirngespinst) an und verkaufte 1717 alle afrikanischen Besitzungen für 6000 Dukaten an die Niederländisch-Westinische Kompanie. Erst in der Phase des deutschen Imperialismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts (Carl Peters, O. v. Bismarck) wird die Erinnerung an diese Episode wieder heraufbeschworen und der Große Kurfürst als „Pio-nier“ geehrt. Ulrich van der Heyden, Kolonialhistoriker und Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin, schildert in diesem schön gestalteten Bildband die politischen und wirtschaftlichen Hintergründe dieses Unternehmens, würdigt die Leistungen brandenburgischer Bauleute, Schiffbauer, Matrosen und Soldaten und gibt Einblicke in die schreckliche Realität des Sklavenhandels. Ebenso wird die frühe „Begegnung“ von Vertretern zweier so unterschiedlicher Kulturen, wie die Brandenburg-Preußens und die der westafrikanischen Küste berücksichtigt. Der attraktive Band enthält neben dem Textteil Fotos, alte Drucke, Landkarten, zeitgenössische Texte sowie eine Zeittafel und eine ausführliche Bibliographie. Abgerundet wird er mit Aufnahmen vom heutigen Zustand und Berichten über die aktuelle Nutzung in einem Entwicklungsprojekt. Obwohl es hier also nicht um Missionsgeschichte geht, bietet der Band interessante Einblicke in die missionsgeschichtliche „Umwelt und Zeitgeschichte“ des 17. und 18. Jahrhunderts und macht e contrario die gegensätzlichen Motivationsfelder kolonialer und missionarischer Aktivität deutlich. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2002-3. |
Hiebert,
Paul G., Transforming worldviews. An
anthropological understanding of how people change, „Hiebert at his best“ (Scott Moreau). Nach etwa 40 Jahren Lehrtätigkeit als Professor für Ethnologie und Missiologie hat Paul Hiebert sein missionswissenschaftliches Forschen zusammengefasst in dem Sachbuch „Transforming Worldviews“, das etwa ein Jahr nach seinem Lebensende erschienen ist. Viele Themen aus seinen früheren Veröffentlichungen finden sich hier wieder, diesmal neu strukturiert und eingeordnet in eine umfassende Gesamtdarstellung. Dabei ist Hiebert – wie immer – gut zu lesen. Sein Aufbau ist übersichtlich, sein Gedankengang schlüssig, seine Ausdrucksweise klar und gut zu verstehen. Es gelingt ihm, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen, ohne zu simplifizieren. Dass an einzelnen Stellen Wiederholungen vorkommen, lässt sich thematisch nicht vermeiden. Nach einem geschichtlichen Überblick über die Entwicklung des Konzepts „Weltbild“ fasst er in einem ausführlichen zweiten Kapitel die Charakteristika von Weltbildern zusammen. Geleitet wird er dabei von der Arbeitsdefinition „[Worldview is] the foundational, cognitive, affective and evaluative assumptions and frameworks a group of people makes [sic.] about the nature of reality which they use to order their lives“ (S. 25f). Dabei bedenkt Hiebert sowohl die synchrone Struktur eines Weltbilds als auch die diachrone Dimension der Entwicklung und Veränderung eines Weltbilds. Er bezieht Sprache und Logik, Vorstellungen von Raum und Zeit, mechanische und organische Grundmuster des Weltverstehens ebenso ein wie Oplers These der kulturellen Themen und Gegenthemen. Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Weltbild und Kontext, und Kapitel 4 untersucht Methoden, mit deren Hilfe Weltbilder analysiert werden können (ethno-semantische Analyse, Rituale, Mythen). Es folgen fünf Kapitel über Grundzüge von Weltbildern in unterschiedlichen Kontexten und Kulturen, angefangen bei Stammes- und Bauernkulturen über das Weltbild der Moderne bis hin zu Weltbild-Charakteristika der so genannten Postmoderne und der Post-Postmoderne, dem „glokalen Weltbild“, wie Hiebert es nennt. Hiebert folgt hier der Interpretation von Smith und Laudan, die den postmodernen Skeptizismus als eine Übergangsphase in ein post-postmodernes Zeitalter verstehen. In diesen Kapiteln werden jeweils einige charakteristische Elemente skizziert, die für Weltbilder dieser Kulturen typisch sind. Diese Charakterisierung ist als Überblick und Ausgangspunkt für eigene Forschung im konkreten kulturellen Umfeld gedacht. Am ausführlichsten ist dabei die Darstellung des modernen Weltbilds, das in der jüngeren Missionsgeschichte einen großen Einfluss auf die Missionspraxis der westlichen Kirchen gehabt hat. Eindrücklich sind hier die Passagen, in denen Hiebert aufzeigt, wie stark unsere Kirchen und unser theologisches Denken in der westlichen Welt beeinflusst sind von Grundmustern der Moderne (z. B. der Club-Charakter unsrer Gemeinden, die Betonung des individualistischen Charakters eines persönlichen Glaubens etc.). Es folgt ein Kapitel, in dem Hiebert einige Grundzüge eines biblischen Weltbilds skizziert. Hierbei handelt es sich nicht um eine definitive Darstellung eines ‚supra-kulturellen biblischen Weltbilds’. Vielmehr macht Hiebert aufmerksam auf einige grundlegende kognitive, affektive und evaluative Themen, die aus der biblischen Gesamtgeschichte erwachsen. Es handelt sich um einen Gesprächsanstoß, der zu einer kritischen Reflexion eines spezifischen Weltbilds im Licht der biblischen Gesamtgeschichte anregen möchte. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit grundlegenden Prozessen von Weltbild-Transformation (Bekehrung als Weltbild-Transformation; wie kommt es zu einem Paradigmenwechsel?) und dem Verhältnis der Weltbild-Transformation zu anderen Systemen (soziales System, multi-individuelle Entscheidungen). Dieses Buch lädt ein, einem Missionswissenschaftler in der Endphase seines Wirkens über die Schulter zu schauen und zu sehen, wie Erkenntnisse aus unterschiedlichen Phasen seines Forschens zu einem Gesamtbild zusammen wachsen. Hiebert arbeitet dabei heraus, dass Mission nicht nur auf die Veränderung von Verhaltensweisen oder die Übernahme bestimmter religiöser Überzeugungen zielt. Menschen begegnen Gott in der Gesamtheit ihres Lebens und Denkens. Diese Begegnung muss Folgen haben für alle Bereiche des Lebens und Denkens, einschließlich der verborgenen und unbewussten Aspekte des Weltbilds. Das Ziel christlicher Missionsarbeit muss deshalb sein, das Evangelium so weiterzugeben, dass es zu einer Begegnung mit dem jeweiligen Weltbild kommt und damit zu einer kritischen Auseinandersetzung auf tiefster Ebene. Dieses Buch wird jedem interessierten Missionar helfen, die aus dieser Begegnung resultierenden Veränderungsprozesse besser zu verstehen und zu begleiten. Und es wird für all diejenigen von großem Interesse sein, die versuchen Menschen den Horizont zu weiten für andere Sichtweisen der Welt und dabei zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Weltbild anleiten wollen. Dr. Jürgen Schuster, em 2009-4. |
Hille, Rolf. Das Ringen um den säkularen Menschen. Karl Heims Auseinandersetzung mit
der idealistischen Philosophie und den pantheistischen Religionen.
Gießen/Basel: Brunnen 1990. Rolf Hille erwarb mit der vorliegenden Inauguraldissertation
nicht nur den Titel eines Dr. theol.
(München 1990), er sicherte sich auch die Anerkennung und den Dank
gegenwärtiger und zukünftiger
Karl-Heim-Forscher: Hilles umfangreiches Werk bietet auf S.446-597 das
gesamte Schrifttum von und über Karl Heim, übersichtlich gegliedert und mit
wissenschaftlicher Akribie erstellt.
Somit steht nun erstmals eine
wirklich umfassende Karl-Heim-Biblio Manch ein Leser, der sich bereits mit Heim beschäftigt hat, wird wohl schon bei der Lektüre der Vorbemerkungen (9ff) eine Überraschung erleben: Wir sind es gewohnt, mit dem Namen Karl Heim die Person und das Werk jenes Theologen zu verbinden, der durch seine umfassende theologische, philosophische und naturwissenschaftliche Bildung bestach und den interdisziplinären Dialog mit den modernen Naturwissenschaften pflegte. Er hegte das erkenntnistheoretisch und apologetisch motivierte Interesse, das ganze der Wirklichkeit vom christlichen Glauben her zu erkennen, zu denken und als denk-möglich zu erweisen. Wir kennen Heim als den Theologen, der „die geistige Auseinandersetzung mit dem naturwissenschaftlich begründeten Säkularismus“ (llf) bzw. der „materialistischen Konzeption des Säkularismus“ führte (16). Hille stellt uns einen bisher kaum bekannten Heim vor: Einen religionswissenschaftlich interessierten Theologen, der sich mit den ostasiatischen Hochreligionen auseinandersetzte und im „asiatische[n] Pantheismus“ das weltanschauliche Pendant zum „abendländische[n] Idealismus“ sieht, und zwar insofern, als er in beiden äquivalente Formen des „Mystizismus“ findet (16). Im Mystizismus erkennt Heim nun wiederum eine bestimmte Ausprägung des Säkularismus, so daß sein Säkularismusbegriff insgesamt „sowohl das Phänomen des Materialismus“ als auch „das des Mystizismus“ umfaßt (16). Diese Erkenntnis ist für das Verständnis der Heimschen Theologie grundlegend, da er den abendländischen Idealismus bzw. den asiatischen Pantheismus durchweg als „die andere große Herausforderung der christlichen Theologie sachlich gleichberechtigt neben dem Problem des Materialismus thematisiert“ (16). Damit wird eine Präzisierung des Karl Heim-Bildes notwendig: Der bisher kaum bekannte Heim ist der wahre - ihn und seine apologetische Konzeption möchte Hille dem Leser nahebringen, um so das theologische Gespräch über das durchaus aktuelle, leider aber kaum rezipierte Werk Heims anzuregen (7f; llf; 16). Nachdem Hille den bei Heim wichtigen Zusammenhang von Biographie und Theologie entfaltet hat (Verwurzelung im Pietismus), schildert er Heims Begegnung mit dem Säkularismus und dessen Analyse dieses wichtigen Phänomens. ‚Säkularismus’ meint hier „das menschliche Bemühen, dem verfügbaren, welthaften Sein göttlich-ewige Qualität zu verleihen“ (83). Im folgenden stellt Hille dar, wie Heim jenes Bemühen anhand der drei genannten Formen des Säkularismus entfaltet, den Mystizismus dann umfassend kritisiert und eine eigene Begründung des theologischen Personalismus vorlegt. Hilles „Kritische Anmerkungen zur Würdigung der missionarischen Apologetik Karl Heims“ (410ff), die diesen Titel wegen ihrer Sachkenntnis und Ausgewogenheit zu Recht tragen, sowie eine Thesenreihe beschließen das Werk. Hier ist Hille darin zuzustimmen, daß Heim seine stärkste Leistung in der Apologetik gegenüber dem Materialismus zeigt (vgl. S.443). Allerdings sind Heims religionswissenschaftliche Darstellungen und Analysen des Hinduismus und Buddhismus des öfteren so undifferenziert und religionswissenschaftlich problematisch, daß ich Hilles diesbezügliche Kritik (vgl. 232ff; 405ff; 443ff) noch schärfer und grundsätzlicher formulieren würde. A. James Findeisen, em 1993-2. |
Hollenweger, Walter J. Charismatisch-pfingstliches
Christentum: Herkunft, Situation, Ökumenische Chancen. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen, 1997. Da es nur wenig fundierte Literatur zur Geschichte der pfingstlichen und der charismatischen Bewegungen gibt, diese aber ständig an Bedeutung zunehmen, wird kaum einer an dieser Darstellung eines der besten Kenner der Materie weltweit vorbeikommen. Was Hollenweger zusammengetragen und gründlich belegt hat, wird vielen innerhalb und außerhalb dieser Bewegungen neu sein. Viele Aufbrüche und Pfingsttheologen werden erstmals theologisch beschrieben und eingeordnet, insbesondere in Ländern wie Korea, Mexiko, Chile und Südafrika. Hollenwegers Klassifizierungen verschiedener Strömungen (bes. S.198) und Analysen von typischen Entwicklungen sind geradezu klassisch. Als Missionswissenschaftler bezieht Hollenweger ständig den internationalen Bezug und die missionarische Komponente der Pfingsbewegung mit ein. Er behandelt auch ausdrücklich die „Pfingstliche Missionswissenschaft“ (S.330-337), die er stark von dem Anglikaner Roland Allen beeinflußt sieht. Hollenweger will mit seinem Buch aber auch ganz bewußt der Pfingstbewegung sagen, wie sie sich in Zukunft entwickeln sollte. In etlichen Dingen wird man ihm sicher zustimmen, etwa seiner wiederholten Kritik, daß viele Pfingstkirchen zu wenig gegen den Lebensstil superreicher Evangelisten unternehmen, obwohl die Pfingstbewegung doch gerade unter Unterprivilegierten ihren wesentlichen Beitrag leistet. Auch das Erstaunen über die Eschatologie der Pfingstbewegung ist sicher berechtigt. „Man wird erwarten, daß die Pfingstler einen starren Dispensationalismus kritisieren“, der Geistesgaben für erloschen hält. „Merkwürdig ist nur, daß die Pfingstler in allen anderen Punkten sich immer noch auf die Methode des Dispensationalismus berufen“, obwohl dieser doch ihrer Erfahrung und ihrer Exegese widerspricht“ (S.347-348; vgl. 229-230). Aber bei Hollenwegers Änderungswünschen an die Pfingsbewegung fließen auch schon im geschichtlichen Teil und erst recht in seinen Empfehlungen ständig viele Elemente seiner Theologie ein, die manchmal sogar recht wenig mit dem Thema zu tun haben. Er schreibt etwa: „Meine eigene Schlußfolgerung ist, daß wir für einen theologisch verantworteten Synkretismus plädieren müssen“ (S.342). Er empfiehlt „eine neue Soteriologie“ (S.284-286), die auf den Gedanken der Hölle und des ewigen Verlorenseins verzichtet (S.285). Den „Prozeß der Evangelikalisierung“ (S.391) der Pfingstgemeinden sieht Hollenweger eindeutig als negativ, wie überhaupt ein anti-evangelikaler Zug das ganze Buch durchzieht. Wenn möglich - so Hollenweger - sollte ein meist ökumenisch beginnender charismatischer Aufbruch die meist folgende evangelikale Phase überspringen und gleich zur späteren noch weitherziger ausgerichteten Phase eintreten. (Erst recht wendet sich Hollenweger gegen jede Art von Fundamentalismus, wobei sich allerdings kaum ein Evangelikaler als Fundamentalist sehen würde, wenn er Hollenwegers Definition zugrundelegen würde.) Die Übersetzung ist im übrigen sehr holprig, weswegen sich für manche Details der geschichtlichen Darstellung eine Rückversicherung anhand des englischen Originals empfiehlt, bevor man das Buch zitiert. (Das deutsche Buch ist dabei Band 2 des englischen Originals ‘The Pentecostals’.) Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-4. |
Holthaus, Stephan. Heil
– Heilung – Heiligung. Die Geschichte der deutschen Heiligungs- und
Evangelisationsbewegung (1874-1909), Kirchengeschichtliche Monographien
14, Giessen, Basel: TVG Brunnen, 2005. Dem Autor, Dekan der Freien Theologischen Fakultät in Giessen, ist nach Jahren der Forschung ein großer Wurf gelungen: seine Arbeit besticht durch Materialfülle, Detailwissen und neue Forschungsergebnisse. Zum ersten Mal wird in diesem Buch die bis dato fast völlig unerforschte deutsche Heiligungsbewegung (HB) aus dem Dunkel des Vergessens und Verschweigens einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Autor setzt sich zum Ziel, die wichtigsten geschichtlichen Eckpunkte der Heiligungs- und Evangelisationsbewegung zu beschreiben und die historischen Fakten zu liefern, die einen Gesamtüberblick ermöglichen sollen. Wohltuend erkennt der Leser dabei an, dass sich der Autor in seinen Urteilen zurückhält und um Objektivität bemüht ist. Holthaus schlägt einen beeindruckenden Bogen von den Anfängen der HB im Methodismus und anderen Kreisen Nordamerikas Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Aufbrechen der Pfingstbewegung in Deutschland um 1910. Eingebettet in diesen Rahmen untersucht der Autor zunächst den europäischen Beginn der HB. In kurzen Biographien werden die wichtigsten Vertreter der HB im deutschsprachigen Raum skizziert, angefangen von Carl Heinrich Rappard, Otto Stockmayer, Theodor Jellinghaus bis hin zu Freiherr Julius von Gemmingen (125-166). Zur HB gehörten dann auch verschiedene Konferenzen, z.B. die Allianzkonferenz in Bad Blankenburg, denen der Autor ein weiteres Kapitel widmet (169-188). Aufgrund eigener Forschungen zeigt der Autor, wie die HB sich in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts zu einer Evangelisations- und Missionsbewegung weitete (191-265). Die Glaubensmissionen, die heute den Kern der evangelikalen Missionen in Deutschland bilden, gehen z.B. ausnahmslos zurück auf die Impulse der HB (237-258). Die Heilungsbewegung sieht der Autor als radikalisierten Zweig der HB, der nicht die ganze Bewegung repräsentierte (393). Durch die hier zum ersten Mal in dieser Ausführlichkeit geschehene Zusammenführung der verschiedenen neuen Werke und Initiativen (Glaubensmissionen, Heilungsbewegung, Evangelisten- und Missionsschulen, Verlage und Publikationen, Diakonische Einrichtungen und das Liedgut) gelingt dem Autor ein aufschlussreicher Überblick über die verschiedenen Fassetten der HB. Interessant und anregend sind die vom Autor aufgegriffenen speziellen Themen und Probleme, die von der HB aufgeworfen werden. So widmet der Autor den Frauen in der HB ein ganzes Kapitel (467-507). Da mag es manchen überraschen, dass der Autor zu dem vorsichtigen Urteil kommt, dass „...die Frauen dieser Bewegung in eingeschränktem Maße der religiöse Ausdruck der gesellschaftlichen Frauenemanzipation Ende des 19.Jahrhunderts verkörperten“ (509). Wichtig zum Verständnis der HB als internationaler und interdenominationeller Bewegung ist auch ihr Einfluss auf die Freikirchen, der kenntnisreich dargestellt wird (299-331). Noch bedeutsamer war jedoch der Impuls, der durch die HB ausging und zur Entstehung des Gnadauer Verbandes führte. Diesem Prozess geht der Autor nach (268-298). In seinem letzten Kapitel geht Holthaus auf die Entstehung der Pfingstbewegung ein (551-592). An den schmerzlichen Vorgängen um den Gründer der deutschen Pfingstbewegung, Jonathan Paul, die durch ihn hervorgerufene Spaltung der Gemeinschaftsbewegung und den Folgen der Berliner Erklärung 1909 zerbrach die HB. Hier legt der Autor den Finger auf eine wunde Stelle. Mit Recht beklagt er, dass die Gegner der Pfingstbewegung eigene Defizite und Mitverantwortung für die Fehlentwicklungen später leugneten (594). Die negativen Ereignisse wurden der ganzen HB zur Last gelegt, damit verwarfen die Väter der Gemeinschaftsbewegung jedoch ihre eigenen Wurzeln (594). Dies überzeugend herausgearbeitet zu haben, ist ein Verdienst des Autors. Leider bricht hier das Buch ab. Die immer noch notwendige „theologische“ Auseinandersetzung mit den Fragen, die die historische HB uns stellt, auch angesichts des Bruchs mit der damaligen Pfingstbewegung, ist bis heute noch nicht wirklich geführt. Vielleicht gelingt es nun, nachdem Stephan Holthaus mit der historischen Darstellung der HB gewissermaßen eine Schneise in den geschichtlichen Dschungel geschlagen hat, auch ausführlich auf die Theologie der HB einzugehen. Das umfangreiche Werk wird erschlossen durch eine fast 80-seitige Bibliographie und ein Namensregister. Fotos der wichtigsten erwähnten Persönlichkeiten ergänzen den Text. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung. Möge es dazu helfen, die Wurzeln besser zu verstehen, aus denen die Identität der deutschen evangelikalen Bewegung erwachsen ist und zum Gespräch zwischen den verschiedenen Gruppen beitragen. Dr. Bernd
Brandl, em 2006-3. |
Holzhausen, Andreas (Hg.). Mission unter Beschuß. Missionspraktiker
antworten auf kritische Fragen. Neuhausen: Hänssler, 1996. Wenn ein Thema von Kritikern unter Beschuß genommen wird, greifen die Verteidiger gern zum gleichen Mittel: Sie schießen zurück. Genau dies aber tun die Autoren der 18 Beiträge nicht, die Andreas Holzhausen hier zusammengestellt hat. Sie greifen auch nicht nur die gängigen groben Vorwürfe auf, die gegen die Arbeit der Missionen erhoben werden, sondern auch die subtileren, argumentativ schwieriger zu behandelnden. Manche Autoren gehen besonders geschickt damit um: Behauptungen von seiten der Kritiker werden in aller Ruhe mit einem Fragezeichen versehen zurückgereicht. Es wird gelassen argumentiert, hinterfragt und abgewogen. Ideologische Verzeichnungen finden sich höchstens andeutungsweise. Holzhausen hat mit 9 Beiträgen den Löwenanteil des Werks verfaßt. Er ist ein Kenner der Materie. Die Praxis der Mission kennt er aus seiner Arbeit als Wycliff Bibelübersetzer in Nepal, den Beschuß durch die Kritik aus seinen langjährigen Erfahrungen als Referent für Öffentlichkeitsarbeit des deutschen Zweiges von Wycliff. In vorbildlicher Weise läßt er immer wieder erkennen, daß er nicht so tun will, als blieben keine Fragen offen, sondern er spricht aus, daß er in manchen Fällen keine befriedigende Antwort hat. Auch bezieht er einen Aspekt mit ein, den Kritiker der Mission grundsätzlich vernachlässigen: In der Sammlung kommen auch Betroffene zu Wort, vier Afrikaner und ein Perser. Wer - um bei der militärischen Metapher zu bleiben - treffsichere Argumente sucht, die für die Arbeit der Missionen sprechen, der findet sie hier, in unkomplizierter und flüssiger Sprache geschrieben. Prof. Dr. Lothar Käser, em 1996-3. |
Horie, Hildegard. Tsega, oder Die Sehnsucht der
Gefangenen. Hänssler
Verlag: Holzgerlingen, 1999. Tsega wächst mitten im Bürgerkrieg in Eritrea auf. Sie wird aus ihrem behüteten Zuhause herausgerissen und wandert heimatlos von Kontinent zu Kontinent - und wird doch die Sorge um die zu Hause zurückgelassene Familie nicht los. Trotz alledem wendet sich Tsega nicht von Gott ab, sondern erfährt ihn in allem Leid um so konkreter. Der Leser wird in dieser authentischen Erzählung in die Welt der Menschen in Eritrea, in ihre Sorgen, ihre Arbeit und Schicksale mithineingenommen. Da viele Dinge, wie die Traditionen oder die Rolle der Frau auch heute noch Gültigkeit haben und der orthodoxe Glaube in vielen Familien bis heute starken Einfluß hat - leider nicht immer so positiv, wie im Buch für den Großvater Tsegas beschrieben - kann man sich, vor allem, wenn man in Äthiopien lebt, in vieles sehr gut hineindenken. Bedrückend ist, daß gerade in dieser Region wieder Krieg herrscht und ähnliche Schicksale in Eritrea wie in Nordäthiopien gerade jetzt zu finden sind. Das Buch vermittelt viel Verständnis für Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten, da viele sich in unserem behüteten Deutschland gar nicht vorstellen können, wie es ist, als Kind in so einer Situation aufzuwachsen. Das Buch ist für jeden interessant, der äthiopische oder eritreische Freunde hat, aber auch für Leute, die ein bißchen über den Tellerrand ihrer eigenen Kultur hinausschauen möchten. Monika Wiegand, em 2000-3. |
Houston, Tom. Scenario
2000. A Personal Forecast of the Prospects for World Evangelization. MARC:
Monrovia, 1992. So knapp es irgend geht, skizziert der Direktor der Lausanner Bewegung, Tom Houston, die Aussichten für die Weltevangelisation. Zugrunde liegen Barrett, Johnstone und Jansen, sowie die eigene Erfahrung des Autors, der einst Direktor der British and Foreign Bible Society und von World Vision International war. Wie kaum einer hat er die Trends beobachtet. Kapitelweise werden relativ homogene Gebiete charakterisiert: Islam, Hinduismus, Buddhismus, Marxismus, Westeuropa, Lateinamerika, Nordamerika und Afrika. Daraus folgen neun missiologische und missionarische Arbeitsprioritäten, auf die man sich nach Houston konzentrieren sollte: „1. Die Gewinnung der großen Blöcke resistenter Volksgruppen für Christus (Muslime, Hindus, Buddhisten und Spiritisten); 2. Wie der Wandel des Kommunismus in China, der ehemaligen UdSSR, Osteuropa und andernorts, sowie die größere Offenheit sich auf die Kirchen und die Evangelisierung auswirkt; 3. Wie man die Säkularisierung im Westen bekämpfen und den Weg für eine Re-Evangelisierung ehemals christlicher Länder bahnen kann; 4. Wie die wandernden Völker aufgenommen und gewonnen werden können, und wie sie Träger der Guten Nachricht von Jesus Christus an ihren Herkunftsorten werden können; 5. Die Menschen in den wachsenden Städten der Welt, besonders derer mit wenig oder keinem Zeugnis von Jesus Christus, und was die Gute Nachricht ihnen in ihrer Einsamkeit, Entfremdung und in ihrem Identitätsverlust sagen könnte; 6. Die Armen in Stadt und Land, und wie die Gute Nachricht von Jesus Christus von ihnen als relevant begriffen werden könnte, im Angesicht der Einengungen, die sie durch Ungerechtigkeit und Korruption erfahren; 7. Die niedrigen Leseraten (hoher Analphabetismus) in vielen der unerreichten Gebiete und die wachsenden Bevölkerungsanteile in entwickelten Ländern, die keine Printmedien mehr benutzen. Diese Entwicklungen fordern eine Konzentration auf die Verbreitung von Lesekenntnissen und den Gebrauch von „Non-Printmedien“ in der christlichen Kommunikation; 8. Die Mobilisierung sowohl der Laien als auch der Ordinierten, um den unvollendeten Auftrag in Angriff zu nehmen; 9. Das Konzept, daß alle Leute Gottes an einem Ort eine gemeinsame Strategie zur Evangelisierung des Gebietes verfolgen, wo sie Gott hingestellt hat. Dabei sind Kirchen und freie Werke als verschiedene Ausdrücke des einen Gottesvolkes gemeinsam in die Pflicht genommen.“ Ein äußerst stimulierender Weltüberblick, mit Karten und Statistiken illustriert (Stand von Ende 1991), den eigentlich jeder Missiologe und Beter zur Hand nehmen sollte. Christof Sauer, em 1995-2. |
Hübner, Friedrich (Hg.). Indische Väter der Jeypore-Kirche. Die ersten 28 Pastoren berichten selbst von den Anfängen. Breklum, 1989. Hier erfahren wir, was vorchristliche Religion ist! Die Pastoren erzählen realistisch und wortkarg von ihrer Herkunft, ihrem Lebensweg und den vielen Leiden. Erschütternde Bilder aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. So etwas sollten unsere Vikare und -innen sowie junge Pfarrer/innen auf sich wirken lassen! Andere Junge Kirchen täten gut daran, entsprechende Zeugnisse herauszubringen! Friso Melzer, em 1993-1. |
Huffman Rockness, Miriam. A Passion for the Impossible.
The Life of Lilias Trotter. Harold Shaw Publishers: Wheaton/Illinois, 1999. Reichtum ist nicht immer ein Hindernis „in das Himmelreich zu kommen“! Lilias Trotter stammte aus einer reichen viktorianischen Familie des 19. Jahrhunderts. Sie hatte große künstlerische Begabungen, die viel Anerkennung versprachen. Aber sie hängte ihr Herz nicht daran, sondern setzte Reichtum und Begabung bedingungslos für Jesus ein. Ihrer Gesundheit war dieser Lebensstil nicht zuträglich; sie musste immer wieder lange aussetzen, akzeptierte aber auch diese Zeiten als Ausdruck der Liebe Jesu und brachte eine Fülle geistlicher, sowie künstlerischer Ergebnisse in die Arbeit ein. Was war nun ihre Mission? Recht naiv, aber voller Liebe zu den Verlorenen reiste sie mit 34 Jahren nach Algerien, um eine entsagungsvolle Pionierarbeit zu beginnen. Nichts war ihr und ihren Freundinnen zu viel. „Nie hat uns jemand so geliebt wie sie“, sagten später die Frauen (S.14). Rückschläge waren ihre tägliche Erfahrung. Mehr als 20 Jahre vergingen - das Mitarbeiterteam war inzwischen auf 30 Personen angewachsen - ehe man von einem geistlichen Aufbruch sprechen konnte. Das Außergewöhnliche an Lilias Trotter war ihre Ursprünglichkeit, ihre Freiheit, ihr geheiligtes Künstlertum. Schnell merkte sie, daß Evangelisationsversammlungen europäisch sind, der arabischen Mentalität jedoch nicht entsprechen, der christliche Geschichtenerzähler oder das christliche Ausflugsziel für die ganze Familie dagegen sehr wohl (S.208f.). Lilias Trotter setzte statt übersetzten europäischen arabische Traktate ein. Sie schrieb Geistliches in Parabelform. Auch mit den Mystikern des Landes suchte sie die Auseinandersetzung und knüpfte an ihre Sehnsucht an. Sie litt an der Dämonie der ausgeübten Religion und liebte viele durch ihre Krisen und Rückfälle hindurch. Mit den anderen nordafrikanischen Missionen arbeitete sie zusammen, inspirierte sie und übernahm Bewährtes. Sie erkannte den Wert der Heimatarbeit und baute Gebetsgruppen auf, ja sie dachte und tat vieles, was heute als neu angepriesen wird. Aber nur jemand, dem Jesus ein und alles ist, dem das Wort Gottes ständig gegenwärtig ist, darf sich so weit aus dem Fenster lehnen. „Leidenschaft für das Unmögliche“ schöpft aus den feinsinnigen Tagebüchern und Briefen, die Lilias’ Zeichnungen und Aquarelle zieren. Die Sprache ist anspruchsvoll, vielleicht hätten einige Stellen gekürzt werden können. Ist man am Ende des Buches und ihres Lebens angelangt, muss man sich fragen: Bin ich so hingegeben? Bin ich so in der Schrift gegründet? Achte ich alles andere außer Jesus für Verlust? Will ich mich der Herausforderung stellen? Lilias Trotters Arbeit in Algerien war nicht vergeblich, auch wenn Nordafrika schon bald wieder geistlich tot erschien - oder ist der neue Aufbruch bisher nur unbemerkt geblieben? Ingrid von Torklus, em 2000-3. |
Hummel, Reinhart. Religiöser Pluralismus oder christliches
Abendland? Herausforderung an Kirche und Gesellschaft. Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchges., 1994. Die Studie des Missionswissenschaftlers Hummel (1983-1995 Leiter der Ev. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Stuttgart) befasst sich mit dem zunehmenden religiösen Pluralismus der Gegenwart und will zu einer theologischen Bewältigung der dadurch bedingten Herausforderung für die Kirchen verhelfen. Das Buch besticht durch seine sehr gut lesbare Sprache und seine didaktisch hervorragende Darlegung der relevanten Fakten und Gesichtspunkte. Die Fülle von religionswissenschaftlichen Informationen, die Hummel auf nur 200 Seiten entfaltet und theologisch zu verarbeiten sucht, verdient Bewunderung und bietet dem Laien wie dem Fachmann eine solide Zusammenfassung der zu beachtenden Tatsachen: Die Geschichte der „interreligiösen Bewegung“ in den letzten 100 Jahren (8-22), die wachsende Aufsplitterung des Protestantismus in Kirchen und Sekten in den vergangenen 200 Jahren und die in den letzten 150 Jahren entstandene Präsenz okkulter Religionen (23-30) werden ebenso behandelt wie die zunehmende Anwesenheit östlicher Religionen und der mit diesen geführte Dialog (31-60), die neuen religiösen Bewegungen (61-73), die Suche nach Spiritualität (89-105), die Begegnung mit dem Islam (106-134) und die Rolle des religiösen Pluralismus in der säkularen Gesellschaft (135-147). Der auf dem neuesten Stand der religionswissenschaftlichen Literatur gegebene Überblick wird abgeschlossen durch eine theologische Erörterung der Synkretismusproblematik und Erwägungen zur geistlich-theologischen Bewältigung der mit dem religiösen Pluralismus gegebenen Herausforderung (159-192). Inhaltlich zeichnet sich Hummels Buch durch eine wohltuende Sachlichkeit aus, die sich einerseits um eine faire und gerechte Darstellung der nichtchristlichen Positionen bemüht, andererseits aber falsche Idealisierungen vermeidet und die (im interreligiösen Dialog häufig ignorierten) traurigen Aspekte der religiösen Empirie (z.B. die unbefriedigende Stellung des Islam zu den Menschenrechten) nicht verschweigt (140-158). Seine theologischen Erwägungen zeichnen sich durch sorgfältige Begriffsklärungen und das ernsthafte Bemühen aus, die biblischen Vorgaben zu beachten, so daß der christliche Heils- und Wahrheitsanspruch und die Notwendigkeit der Mission klar hervortreten und beispielsweise die Unhaltbarkeit der pluralistischen Religionstheologie immer wieder deutlich wird. Hummels Werk verdient daher nicht nur aufgrund seines hohen Informationsgehaltes, sondern auch aufgrund seiner theologischen Qualität weite Beachtung. Das an sich lobenswerte Bemühen um eine ausgewogene Sicht verleitet Hummel allerdings gelegentlich dazu, Aspekte nicht hinreichend ernstzunehmen, die gegenwärtig vor allem von Evangelikalen betont werden, deren biblisches Recht aber nicht ernstlich bestritten werden kann, wenn man die Normativität der Schrift anerkennt. Wenn evangelikale Theologen beispielsweise im Anschluß an Emanuel Kellerhals und Karl Hartenstein heute noch den antichristlichen Charakter des Islam als einen Aspekt dieser Religion behaupten (131), dann ist dies solange nicht zu beanstanden, solange die religionswissenschaftliche Multidimensionalität des Islam beachtet bleibt und die theologische Bewertung nicht auf diesen einen Gesichtspunkt verkürzt wird. Hummels berechtigte Warnung vor einem vereinfachenden „Schwarzweißdenken“ (ebd.) sollte von Evangelikalen zwar ernstgenommen werden, darf aber seinerseits nicht dazu führen, daß die biblisch gebotene „Prüfung der Geister“ (1. Joh 4,1) auf jene Aspekte verkürzt wird, die einem interreligiösen Dialog förderlich erscheinen. Denn dies würde gerade jenem Realismus widersprechen, ohne den die Christenheit der Herausforderung des religiösen Pluralismus nicht gewachsen ist, wie Hummel selbst immer wieder betont (4f.,149f., 182f. u.a.). Werner Neuer, em 1996-3. |
Hunn, Karin. „Nächstes Jahr kehren wir zurück…“. Die
Geschichte der türkischen „Gastarbeiter“ in der Bundesrepublik. Neue
Forschungen zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
Nr. 11, hg. v. U. Herbert u. L. Raphael, Wallstein Verlag : Göttingen 2005. Das vorliegende Buch wurde 2004 als Dissertation im Bereich Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg angenommen. Die Autorin, Mitarbeiterin am Institute for the International Education of Students (IES) in Freiburg, erzählt die Geschichte der türkischen Arbeitsmigranten in Deutschland von der deutsch-türkischen Anwerbevereinbarung 1961 bis ins Jahr 1984, als das mit finanziellen Anreizen ausgestattete Rückkehrförderungsgesetz abgelaufen war und endgültig deutlich wurde, dass die türkischen „Gast“-Arbeiter bleibende Einwanderer geworden waren. Die vier Kapitel des Buchs folgen der Chronologie der Einwanderung und analysieren jeweils drei Bereiche: die Arbeitswelt, die Ausländerpolitik und die gesellschaftliche Situation. Dabei sind sowohl die türkischen als auch die deutschen Akteure und deren gegenseitige Wahrnehmungen und Reaktionen im Blick. Das umfangreiche erste Kapitel (S.29-206, Jahre 1961-67) bietet eine Interpretation der Anwerbevereinbarung und beschreibt die Hintergründe und Organisation der Anwerbung türkischer Arbeiter, deren Motive und vor allem deren Arbeits- und Lebensumstände in den ersten Jahren in Deutschland. Besonderes Augenmerk wird auf die Aufnahmestrukturen, namentlich die Betriebe und die Gewerkschaften im Bereich der Arbeitswelt und die Betreuung durch die Arbeiterwohlfahrt im sozialen Bereich, gerichtet. Das zweite Kapitel umfasst die Jahre 1968 bis zum Anwerbestopp 1973 (S.207-342) und beschreibt die starke Zunahme der Migration in dieser Epoche der Hochkonjunktur, die mit dem Familiennachzug verbundende Verwurzelungstendenz, die Integrationsabsichten der sozialliberalen Politik, die sich auch in der neuen Rede vom ausländischen „Mitbürger“ niederschlugen. Zudem wird die dennoch zunehmende Ablehnung der Ausländer und der Anwerbestopp auf dem Hintergrund des starken zahlenmäßigen Zuwachses und der damit entstehenden sozialen Probleme interpretiert. Das dritte Kapitel (S.343-450) analysiert die bundesdeutsche Politik der „Konsolidierung“ (Integration und Begrenzung der Migration) in den Jahren 1973-1980, das wachsende Gefühl der Ablehnung auf seiten der Migranten und deren verstärkte Selbstorganisation, sowie die zunehmende Einflussnahme politisch-islamistischer Gruppierungen auf dem Hintergrund der nationalistisch-religiösen Politik der türkischen Regierungskoalition seit 1975 („Nationalistische Front“). Das vierte Kapitel beleuchtet die sich Anfang der 1980er Jahre zuspitzende Situation (Militärputsch Türkei und Anstieg der kurdisch/türkischen Asylbewerber, Arbeitslosigkeit in Deutschland), die sich einerseits im Rückkehrförderungsgesetz und andererseits in zunehmender Ausländerfeindlichkeit und einer sich polarisierenden Debatte zwischen ethnisch-nationalen und multikulturellen Gesellschaftskonzepten äußerte. In einem Ausblick überschaut die Autorin die sich anschließenden Entwicklungen von 1985 bis zur Gegenwart, die einerseits weitere Eskalationen und Konflikte (Mölln und Solingen 1992/1993, Ehrenmorde, van Gogh-Mord 2004), aber auch Fortschritte der Integration (Reform des Ausländergesetzes 1990 und des Staatsangehörigkeitsrechts 1999) und eine Normalisierung des pluralen Miteinanders deutlich machen. In die Darstellung der Ereignisse fließen naturgemäß immer wieder Bewertungen mit ein. Dazu gehört auch die Grundthese der Autorin, dass die dargestellten gesellschaftlichen Konflikte zwischen der deutschen Mehrheitsbevölkerung und den türkischen Migranten nicht primär in religiösen und kulturellen Unterschieden begründet lägen, sondern die Ursachen eher in den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen sowie in sich gegenseitig verstärkenden Wahrnehmungsmustern (Ethnisierung) zu suchen seien (S. 539/540). Diese Einschätzung scheint mir die realen Unterschiede zwischen islamischer und christlich-humanistischer Tradition und deren Wirkkraft zu unterschätzen - wie etwa am Beispiel der fehlenden Religionsfreiheit im Islam oder der Ehrenmorde deutlich wird. Gerade im Bezug auf letztere nimmt auch die Autorin selbst eine andere Position ein und kritisiert nun doch einen pauschalen „Multikulturalismus“, vor allem wenn er motiviert ist von der „Angst, durch eine offene Auseinandersetzung mit den teilweise äußerst fragwürdigen sozialen und kulturellen Normen der Einwanderer … als fremdenfeindlich kritisiert zu werden“ (S.545). Nicht ganz überzeugend ist die Interpretation der islamistischen Entwicklungen in der türkischen Migrantenbevölkerung seit Mitte der 1970er Jahre als Reflex auf Ausländerfeindlichkeit der Deutschen (S. 527) oder als „Reaktion auf die Erkenntnis, dass ihr Leben in der Bundesrepublik eben nicht nur ein provisorischer Aufenthalt, sondern von längerer Dauer war“ (S.442). Hier wird m.E. die genuine Verwurzelung vieler Migranten im traditionellen Islam unterschätzt. Überhaupt wird manchmal der Eindruck vermittelt, als gäbe es eine saubere Trennlinie zwischen einem allgemeinen Islam (der sich konfliktfrei integrieren ließe) und islamistischen Gruppen, die für Konflikte sorgen (S.443), was sich in Wirklichkeit aber oft nicht so klar unterscheiden lässt. Berechtigt allerdings ist die deutliche Kritik der Autorin an ethnischen („völkischen“) Konzepten von Nationalität (S.496f) sowie die Warnung vor starren kulturistischen Festlegungen und Interpretionsmustern, die die Dynamik und Wandlungsfähigkeit von Kulturen unterschätzen (S.19/20). Hier verweist sie auf hoffnungsvolle Entwicklungen wie die Herausbildung eines „deutschen Islam“ bei jungen türkischen Muslimen im Rahmen der „erfahrenen Säkularisierungs- und Modernisierungsprozesse“ (S.562) sowie auf konkrete Schritte im Blick auf einen geregelten deutschsprachigen Islamunterricht an den Schulen. Der Beitrag christlich-missionarischer Begegnung mit muslimischen Migranten für ein konstruktives Miteinander wird allerdings nicht gesehen, sondern lediglich leicht karikiert als weitere Belastung der Beziehungen dargestellt (S.140). Hier hätte eine differenziertere Auseinandersetzung nicht geschadet. Fazit: Trotz der erwähnten Anfragen ist es das Verdienst dieses Buches, wohl zum erstenmal die Geschichte der türkischen Arbeitsmigranten in Deutschland in zusammenhängender Form und unter Einbezug politischer, gesellschaftlicher, religiöser und sozialer Zusammenhänge als ein Stück gemeinsamer Geschichte der „bundesdeutsche(n) Einwanderungsgesellschaft“ von „Alteingesessene(n) und Zugewanderte(n)“ (S.564) dargestellt zu haben. Die umfangreiche Darstellung basiert auf einer breiten Basis politik- und migrationswissenschaftlicher, sowie historischer, soziologischer und ethnologischer Studien und eigenen Archiv-Forschungen. Im Anhang des Buches befindet sich ein Abkürzungsverzeichnis und das Verzeichnis der Quellen und Literatur. Ein Stichwortverzeichnis, das man bei einem so breit angelegten und aufwändig ausgestatteten Werk erwarten könnte, fehlt leider. Das Buch ist auch für Missionswissenschaftler ein wertvolles Werkzeug zum Erschließen und zur weiteren Diskussion eines wichtigen Themas. Dr. |
Hunsberger, George R.;
Craig van Gelder (Hg.). The Church between Gospel and Culture: The
Emerging Mission in North America. W. Eerdmans: Grand Rapids/USA und Cambridge/GB,
1996. Das vorliegende Buch ist eine Sammlung von Aufsätzen, die im Rahmen des nordamerikanischen missiologischen Forschungsnetzwerkes „The Gospel and Our Culture“ entstanden sind. Dieses Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, die missionarische Begegnung der Gemeinde mit der (post-)modernen Kultur der Gegenwart zu durchdenken und anzuregen. Einen entscheidenden Anstoß dazu gab der britische Missionstheologe L. Newbigin mit seiner These, daß die westliche Kultur nicht nur säkular, sondern heidnisch geworden sei. Die Gemeinde müsse sich ihrer (unvermeidlichen) Verflechtung mit dieser Kultur bewußt werden und, wo nötig, aus ihr befreien, um evangeliumsgemäße und missionarische Gemeinde in ihr sein zu können. Demgemäß beginnt der vierteilige Sammelband im ersten Teil mit einer Einführung in Newbigins Missiologie für die westliche Kultur. Von diesem Ausgangspunkt her werden in drei weiteren Teilen die Schwerpunkte (Kultur, Evangelium, Gemeinde) einer Missiologie für den Westen untersucht und in einen dynamischen Zusammenhang gestellt. Zunächst (in Teil II) geht es darum, die amerikanische Kultur als Missionsfeld und missiologische Herausforderung zu verstehen. Sechs Aufsätze bieten theologische, historische und soziologische Analysen. Der dritte Teil fragt nach Inhalt und Grundlage des Evangeliums für die Mission im Kontext der westlichen Kultur: Was ist Gottes gute, herausfordernde Nachricht für die Kultur der Gegenwart? Implikationen für Bibelauslegung, Verkündigung und Verwirklichung werden beleuchtet. Im vierten Teil geht es um die Gemeinde, in der die Begegnung zwischen der (post-)modernen Kultur und dem Evangelium konkret wird. Die Themen der Beiträge in diesem Teil reichen vom missionarischen Wesen der Gemeinde über die Rolle des Pastors als „Apostel, Poet und Prophet“ bis hin zur Entwicklung eines „ekklesialen Paradigmas“, das die Gemeinde als einzigartiges „Volk der Anbetung“ versteht, dessen umfassende Mission als Zeichen des Reiches Gottes in der (post-)modernen Kultur wirksam wird. Ein wichtiges Buch, das zum Weiterdenken über die kulturell relevante Mission der Gemeinde Jesu auch bei uns im (post-)modernen Europa und Deutschland anregt. Friedemann Walldorf, em 1998-3. |
Islamic Assemblies. Muslims Debate Democratic and Theocratic Revivals for Nations. Pasadena: Zwemer Institute,
1994. Leider kann diese Veröffentlichung des Zwemer Institutes nur als Enttäuschung bezeichnet werden. Dieses kopierte Heft, nach eigenem Anspruch ein „Almanach“, bietet eine Materialsammlung von gegenwärtigen Entwicklungen in der islamischen Welt zu den Themen „Frauen, Minderheiten und Konvertiten“, ohne jedoch wichtige Hintergrundinformation über den Islam in den einzelnen Ländern zu vermitteln. Zwar scheint der christliche Hintergrund der Veröffentlichung immer wieder durch, klare Aussagen zur Standortbestimmung vermißt man jedoch. Ein Beispiel: Ein Interview mit einem christlichen, evangelistisch arbeitenden Gemeindeleiter aus Südasien, der sich selbst als „muslimischer Bruder“ bezeichnet und die klaren Gegensätze zwischen Islam und Christentum negiert, bleibt völlig unkommentiert stehen. Der abschließende „Länderalmanach“ liefert teilweise im Westen unbekannte Informationen zu aktuellen Entwicklungen in einzelnen islamischen Ländern. Über den Islam in Europa pauschal jedoch nur in wenigen Zeilen zu berichten, daß der dortige 45 Jahre währende Frieden seit dem 2. Weltkrieg nun durch den Jugoslawienkrieg bedroht werde, ist mehr als nur mager zu nennen. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-2. |
Jabbour, Nabeel. The Rumbling Volcano: Islamic Fundamentalism in Egypt. Mandate Press:
Pasadena (CA) (lieferbar über William Carey Library), 1993. Eine gelungene, lesenswerte Studie zum islamischen Fundamentalismus! Jabbour versteht es, das in Europa immer noch kaum verstandene Phänomen des islamischen Fundamentalismus (man zählt heute rund 40 verschiedene Gruppen) in seiner Breite und Tiefe auszuleuchten. Er untersucht erstens die Geschichte der wichtigsten fundamentalistischen Bewegungen, da ohne geschichtliche Kenntnis gegenwärtige Bewegungen nicht einzuordnen sind. Darüberhinaus stellt er gegenwärtig aktive Organisationen dar und beleuchtet Beweggründe für ihr Handeln und ihre Wirkungsweise. Der iranische Schiismus wird hier ebenso behandelt wie die ägyptische Muslimbruderschaft. Jabbour möchte den islamischen Fundamentalismus nicht verurteilen und vermeidet daher Schlagworte und Pauschalisierungen. Sein sachlicher Ton und seine große Vertrautheit und Sachkenntnis der Materie machen das Buch zu einer verläßlichen und gleichzeitig gut lesbaren Quelle für alle, die sich über dieses hochaktuelle Thema fundiert informieren wollen. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-2. |
Jahrbuch
Evangelische Mission 1984 Für den, der sich einen Überblick über die Entwicklung der deutschen (BRD) evangelischen Weltmission verschaffen will, ist die Anf |