Abdullah, Muhammad Salim. Islam für das Gespräch mit Christen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Mohn, 1992. Der Autor dieses Buches ist ein Mann von beeindruckender Kompetenz: Journalist, Fachreferent für Islam, Leiter des Zentralinstitutes Islam-Archiv-Deutschland, Vertreter des islamischen Weltkongresses in der BRD und bei den Vereinten Nationen, sowie Mitglied des Exekutivrates des Kongresses. Darüberhinaus muß man ihm das Zeugnis ausstellen, sowohl ein Kenner des Islam als auch der deutschen religiösen Mentalität zu sein. Wie der Titel richtig aussagt, soll das Buch Christen ein neues Verständnis für den Islam ermöglichen. In oft rührender Weise und mit fähiger Feder schildert der Autor den, wie er meint, mißverstandenen Islam und seine Glaubenslehre. Der im Qur’an, den Hadithen (Traditionen) und dem Islam als Religion unbewanderte Leser wird, zumal wenn er das Gelesene mit den allgemein bekannten Praktiken der Volkskirche vergleicht, sicher von dem Inhalt des Buches tief berührt sein. Der erste Teil des Buches schildert kurz und eindrucksvoll aus islamischer Sicht seine Offenbarungslehre, Propheten, Buch und Glaubenslehre. Im zweiten Teil entwickelt Abdullah die islamische Polemik gegen den christlichen Glauben. Dies geschieht mit Einfühlungsvermögen und Verständnis. Mit viel Geschick versteht es der Autor, den Islam und seine Lehre und Praxis dem Westler nahezubringen. Wo offensichtliche Tatsachen gegen den Islam sprechen, wendet er sich auch offen dagegen, was die Glaubwürdigkeit des Buches nur noch festigt. Blauäugig erklärt er beispielsweise den „heiligen Krieg“ und wendet sich mit einer sehr schwachen Exegese sowohl gegen die Lehre als auch die geschichtlichen Tatsachen. Obwohl Abdullah seiner Dialogbereitschaft wiederholt Ausdruck verleiht, geht er seinerseits keinen Kompromiß ein. Entschieden lehnt er die Göttlichkeit und Gottessohnschaft Jesu, seinen Kreuzestod und damit die biblische Heilslehre ab. Natürlich wird auch die Bibel in Frage gestellt, wo sie nicht mit dem Qur’an übereinstimmt - und das leider bei allen wesentlichen Aussagen. Trotz gegenteiliger Beteuerung ist dieses Buch klar anti-biblisch und wohl die beste Werbung für den Islam, die mir bekannt ist. Gerhard Nehls, em 1993-2. |
Abraham, K. C. und Bernadette Mbuy-Beya (Hg.). Spirituality of the Third World, Orbis Books: Maryknoll, 1994. Es ist das Verdienst von Orbis Books, jeweils die regionalen Tagungen und Vollversammlungen der 1976 gegründeten „Ökumenischen Vereinigung von Dritte-Welt-Theologen“ (Ecumenical Association of Third World Theologians - EATWOT) zu dokumentieren. Vorliegender Band gibt die „papers and reflections“ der 3. Vollversammlung vom Januar 1992 in Nairobi wieder. Kennzeichnend für die theologische Arbeit ist der ganzheitliche Ansatz, der persönliche Frömmigkeit, Einsatz für Freiheit und Gerechtigkeit, Kampf gegen Armut und Unterdrückung und die daraus resultierende Theologie als Einheit sieht. „Der Schrei der Dritten Welt ist der Schrei nach Leben“ (2). Hierauf muß Frömmigkeit und Theologie relevante Antworten geben. Stimmen aus Lateinamerika, Afrika und Asien regen zum Nachdenken an. Dr. Johannes Triebel, em 1997-1. |
Adegbola,
E.A.Ade. Traditional Religion in West Africa.
Daystar Press: Ibadan, 1983. Das vorliegende Buch enthält eine Sammlung von Aufsätzen verschiedener Autoren über die traditionellen Religionen Westafrikas. Unter drei Hauptpunkten ‑ Religiöse Persönlichkeiten, Funktionen der Religion, Religionssysteme ‑ finden wir eine Fülle von Informationen. Man liest über Priester, Riten und Feste, Moralfragen, Mythologien, Symbolismus, afrikanische Vorstellungen vom Menschen und von Gott, um nur einige Themen zu nennen. Für an Informationsmaterial über traditionelle afrikanische Religionen Interessierte ist dieses Buch eine wahre Fundgrube. Das unterscheidende Merkmal dieses Buches besteht aber darin, daß es nicht nur die sonst üblichen Beschreibungen enthält. Einige der Autoren machen den Versuch des Vergleichens, Erklärens und Interpretierens der traditionellen Religionen. Der Herausgeber schreibt folgendes dazu: „Die meisten Studien über traditionelle Religionen aus der Sicht des Missionars tendieren in erster Linie dazu, Beschreibungen zu sein. Dies wächst (neben der Bequemlichkeit) aus der Priorität der phänomenologischen Methode heraus. Es ist der Vorteil dieser Methode, daß Methoden der Feldforschung der Sozialanthropologen daraus entwickelt wurden. Während Beschreibungen notwendig sind, sind sie offensichtlich nicht immer ausreichend. Erklärungen und Interpretationen müssen eingebracht werden. Gerade aber dies ist die schwierigste und empfindlichste Aufgabe.“ Langjährige Erfahrung zeigt, daß der Hauptgrund der Faszination der Afrikaner durch Für uns sind diese Entwicklungen eine Herausforderung in dem Sinne, daß wir beginnen müssen, die religiöse Umgebung und Herkunft unserer afrikanischen Brüder zu verstehen. Einmal müssen auch wir zu einem neuen Verstehen der traditionellen afrikanischen Religionen kommen. Zum andern müssen wir uns der Wichtigkeit bewußt werden, daß eine gründliche, klare und zweckmäßige biblische Theologie für Afrika entwickelt werden muß. Hier kann das interpretierende Raster nur die Bibel sein. Das vorliegende Buch mit seinen Beschreibungen, Erklärungen und Interpretationen des westafrikanischen religiösen Denkens kann man darum jedem empfehlen, der die Seele unseres afrikanischen Bruders und Mitmenschen kennenlernen und verstehen will. Battermann, em 1988-1. |
Adeney,
Miriam.
Daughters of Islam: Building Bridges with Muslim Women, As an anthropologist
and a Christian, Miriam Adeney comes to the issue of Missions among Muslim
women with a particular sensitivity and insight. However, her interest in
understanding the cultural and anthropological aspects of Muslim women’s
lives does not deter Adeney from a firmly grounded missiology. The result is
a book which draws heavily on the real life stories of women from across the
Islamic world who have come to believe in Jesus as more than a mere prophet
balanced by firmly grounded missiological insights. Adeney
begins her book with the Biblical accounts of Hagar, from whose son the
Muslim world would trace their genealogy, encountering God’s merciful, loving
presence in the midst of hardship. From this moving story, Adeney asserts the
love of God for Muslim women, and the clear call to give a compassionate
witness to the hope of Christ. In a time
in history in which there is a tendency in the West to wrongly stereotype
Muslim women as forcefully veiled, repressed, uneducated and oppressed,
Adeney paints the extremely varied experiences of Muslim women in her chapter
‘Every Woman is an Exception.’ Through several chapters, she tells the
stories, albeit at times in a somewhat unrefined literary style.
Nevertheless, she manages to communicate the realities of women from both
lower and upper class, from religious as well as nominal Muslim upbringing,
from such varied countries as North Africa, Southeast Asia, the Middle East,
and She
underlines the importance of a culturally contextualized yet biblically sound
witness through firmly built friendships and trust, speaking into areas of
their lives that concern them as opposed to wielding a particular rhetoric.
However, she does not refrain from sharing accounts in which despite flawed
witnesses, Muslim women came to believe. In the
end, it becomes clear through the accounts of women who came to Christ
through the loving witness of believers, through painful life experiences,
through dreams and visions, that God has unlimited means to draw the hearts
of Muslim women. With or without us, He will stir the hearts of the hungry to
seek Him and as promised in scripture ‘those who seek, shall find.’ And yet,
Adeney gives us cause to recognize the part we may be privileged to play in
prayer, authentic friendship, acts of kindness, and being prepared to give an
answer to the hope that we have. In the
preface of her book, Adeney states that her aim for the book is ‘to educate
about important parts of Muslim women’s lives. To elucidate some mission
strategies…and to encourage.’ It is clear that she has managed to do just
this. For those who are just stepping foot into the arena of missions among
Muslim women, it is an insightful and helpful tool. For many of us who have
been walking with our Muslim friends and long for them to be our sisters in
faith, it is encouraging to read the accounts of those women who have heard
the call of Christ and responded. It reminds us that although the way may be
long and narrow, we must persevere in patient and faithful prayer and
witness. Lisa Dik, em 2006-2. |
Albrecht, Rainer. Eine Trommel allein singt
kein Lied. Evangelische Predigt in Nordwest-Tanzania. Erlangen: VELM, 1996. Fast 30 Jahre nach Beginn seiner Forschungen veröffentlicht Rainer Albrecht hier seine Doktorarbeit. Durch die Hinzufügung unkommentierter Predigten der frühen 90er Jahre versucht er, die zeitliche Verzögerung zu überbrücken. Überhaupt nehmen die jeweils vollständig wiedergegebenen Predigten gut ein Drittel der Arbeit ein. Das ermöglicht dem Leser, den erfrischenden Untersuchungsgegenstand unmittelbar auf sich wirken zu lassen. Zahlreiche Nebenbemerkungen Albrechts zum Umfeld erweisen sich als außerordentlich hilfreich. Hier spürt man den intimen Afrikakenner heraus. In der Einzelkritik findet der originelle, beispielreiche Predigtstil sein uneingeschränktes Lob. Die afrikanische Eigenart der Frage des Predigers, die auf eine Antwort der Gottesdienstbesucher wartet, würdigt Albrecht ausdrücklich mit dem Untertitel seines Buches „Dialogisches Geschehen in einer Kultur der Oralität“. Ein echter Austausch kann eine Predigt aber nicht sein. Das Stilmittel wird wohl eher zur Erhöhung der Spannung und Einbindung der Zuhörer eingesetzt. In der streckenweise begeisternd treffsicheren theologischen Bewertung entdeckt Albrecht Defizite, benennt aber leider auch den Pietismus der Missionare sowie die ostafrikanische Erweckungsbewegung als Hauptimpulsgeber „verkürzten“ theologischen Denkens. So berechtigt seine Kritik in vielen Punkten sein mag, reflektiert sie oft nur seine eigene theologische Vorliebe wie im Falle Christologie vs. quietistischer Jesulogie. Welch ein Segen, daß die Lutheraner Jesus verkünden! Da gibt es in Tansania durchaus anders gelagerte Fälle. Ein kleiner Wunsch am Rand: Die beigefügte Landkarte mit den unleserlich klein gedruckten Ortsnamen wäre durch eine Hervorhebung der im Buch erwähnten Predigtorte entscheidend aufgewertet worden. Winfried Schwatlo, em 1997-4. |
Ali, Michael Nazir. Frontiers in Muslim-Christian
Encounter. Oxford: Regnum Books, 1991. Der Generalsekretär der CMS und frühere Bischof der „Church of Pakistan“ greift in diesem Buch die wichtigsten theologischen und missiologischen Themen für eine Begegnung von Christen und Muslimen auf, u. a. die Lehre von Gott und die Christologie im islamischen Kontext, die Bedeutung der Heiligen Schrift, Ganzheit im Evangelium, Kontextualisierung und Evangelisation, Glaube im Dialog, die Kirche und die sozial-politischen Ordnungen. Nazir Ali als Insider vermittelt hilfreiche und praktikable Einsichten. Eine Studienanleitung zu Themen der Lehre, theologischen Charakteristika und Titeln (Namen) und ein Personen- und Sachindex sind angehängt. Klaus Brinkmann, em 1997-4. |
Ali, Othman & Hassan Samir. Islamische Kräfte und Gemeinde Jesu. 1991. & Wolfgang Zschaler; Othman Ali (Hg.). Gesprengte Brücken. Muslime wählten Jesus. 1992. Der jüngste Golfkonflikt hat viele Fragen aufgeworfen und
neue Feindbilder geprägt. Endlich gibt es ein christliches Buch, das die
Fronten nicht verhärtet, sondern
Verständnis zu wecken versucht. Das Besondere an dem Buch ist, daß seine Autoren, aus dem Islam kommend,
eine klare Bekehrung zu Jesus Christus vollzogen haben. Sie schreiben aus
eigenem Erleben des Islam und aus fundierter Kenntnis der politischen
Entwicklungen und der christlichen Missionsarbeit in der islamischen Welt: Entstehung und Ziele des islamischen Funda Die zweite Neuerscheinung Gesprengte Brücken füllt eine echte Informationslücke. Den fünf Erlebnisberichten von ehemaligen Muslimen sind fachkundige Erläuterungen des Islams aus der Feder Othman Alis angefügt. Dadurch gewinnt der „westliche“ Leser ein tieferes Verständnis, das notwendig ist, um die Situation von Konvertiten, besonders nach der Bekehrung, zu verstehen. Sehr einfühlsam werden die Leiden und Anfechtungen der Konvertiten beschrieben, unter anderem in einem Gedicht. Aber auch der Trost und die Stärkung des Glaubens durch Jesus tritt deutlich hervor. Dieses Buch zeigt deutlich, daß sich die Mühe der Mission unter Muslimen lohnt, und Gott in der islamischen Welt seine Gemeinde baut. Reinhard Born, em 1993-2. |
Al-Sain, Johanna; Ernst
Schrupp. Ich
kämpfte für Allah. Eine Frau auf der Suche nach der Wahrheit. Brockhaus/Oncken: Wuppertal/Zürich, 2000. Johanna wächst in einem christlichen Elternhaus auf, findet jedoch nicht zu einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus. Antworten auf ihre Fragen scheint sie im Islam zu finden, zu dem sie auf der Suche nach Wahrheit konvertiert. Sie setzt sich ganz in einer politisch aktiven islamischen Gruppierung ein, betreibt Mission und Schulungsarbeit und macht sogar die Wallfahrt nach Mekka, wird aber bei ihrem Aktivismus für den Islam wie in zwei Ehen mit Muslimen immer tiefer enttäuscht. Als sie keinen Ausweg mehr sieht, findet sie zum lebendigen Glauben an Jesus Christus. Zwei Exkurse erläutern Hintergründe und vermitteln Wissen über den Islam als Religion, politisches System und Kultur, sowie über grundlegende Unterschiede zwischen Islam und christlichem Glauben. Nur selten wird andernorts so deutlich auf die Versäumnisse des christlichen Abendlandes in der Begegnung mit Muslimen und dem Islam hingewiesen (Verabschiedung vom christlichen Glauben, Entkirchlichung und Säkularismus, Pluralismus und Sinnleere). Ein authentischer Bericht, der auch Einblick in die „Schwächen“ des Islam vermittelt (statt Heilsgewißheit Werkgerechtigkeit, statt Veränderung des inneren Menschen Aktivismus und Druck, statt Seelsorge an Zweifelnden Verfolgung von Abgefallenen). Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-2. |
Alvarez-Cineira, David. Die Religionspolitik des Kaisers Claudius und
die paulinische Mission.
Herders Bibl. Studien 19, Freiburg: Herder, 1999. In dieser umfangreichen Studie will der Verfasser Aspekte der paulinischen Mission auf dem Hintergrund der zeitgenössischen kaiserlichen Religionspolitik erklären. Im ersten Teil (10-224), untersucht A-C daher die Hinweise auf die Religionspolitik des Kaisers Claudius (41-54 n. Chr.), deren Auswirkungen für die ur-christl. Mission schon an Apg 18.1-3 deutlich werden. Nach einer Übersicht über die vorhandenen Quellen zeichnet A-C die Haltung des Kaisers zur römischen Religion, zu fremden westlichen Religionen, zu verschiedenen griechischen Kulten, zu orientalischen Religionen und zu den Juden nach (knapp: „… Anstrengungen für eine Wiederbelebung des altrömischen Kults neben reichsweiter Toleranz gegenüber anderen Religionen, falls diese keine Gefahr für die Pax Romana darstellten“, 411). Nach einführenden Beobachtungen und Darstellung der ersten Periode paulinischer Mission (226-59), wendet sich A-C im zweiten, allgemein der paulinischen Mission gewidmeten Teil zunächst dem erwähnten Claudiusedikt zu als einem Faktor für die Verschlechterung der Verhältnisse zwischen Juden und Christen (260-90). Das Christentum war ein möglicher, auch politischer Unruhefaktor innerhalb des Judentums und somit angesichts der hier empfindlichen kaiserlichen Religionspolitk bedrohlich. Nach dem kaiserlichen Edikt stellten die Christen eine politische Gefahr für das Überleben der Juden dar, was die Härte der Auseinandersetzung erklären mag. Auf diesem Hintergrund versteht A-C die Konflikte mit den Juden und deren Vorgehen gegen Christen in Thessalonich (Apg. 17.6f, 1 Thess 2.14-16). Ferner sieht A-C das Claudiusedikt als den Auslöser der christlichen anti-paulinischen Mission, die sich in den Gegnern in Galatien und im Philipperbrief zeigt (291-340). Die judenchristlichen Massnahmen gegen Paulus, opportunistisch und politisch motiviert, gehen auf diese Reaktion des Judentums gegen das Christentum in der Diaspora zurück. Die Gegner wollten verhindern, dass sich die von Paulus geprägte christliche Bewegung (ohne Gesetz und Beschneidung) als eine vom Judentum getrennte Religion darstellte und somit die bisher genossenen (jüdischen) Privilegien verlieren und zum collegium illicitum erklärt werden würde, was für alle Gemeinden schwerwiegende Folgen hätte haben können. Wenn A-Cs Überlegungen stimmen, wäre dies ein weiterer Hinweis auf die Datierung und die Empfänger des Galaterbriefes. Abschließend wendet der Verfasser die im ersten Teil gewonnenen Erkenntnisse auf „Paulus und die Christen in Rom“ an (Entstehung des Christentums in Rom und Zustand der Gemeinden nach dem Claudiusedikt sowie die Darstellung des Römerbriefes, vor allem die in 16.17-20 und 13.1-7 gegebenen Hinweise). A-Cs Studie zeigt erneut, dass die Kenntnis und Berücksichtigung der politischen und religionspolitischen „Grosswetterlage“ für ein Verständnis von Wesen und Verlauf der urchristl. Mission interessante Hinweise bereithält. Paulus bewegt sich auch hier nicht in einem luftleeren Raum, sondern wurde mit Zwängen und Umständen konfrontiert, die dem Evangelium gemäss zu meistern waren. Das Verhalten des Paulus und seine Äußerungen angesichts dieser Umstände, zu denen sich moderne Parallelen finden lassen (Verleugnung des Evangeliums, um möglichen Verfolgungen zu entgehen), können auch heutigen Missionaren und missionarischen Gemeinden Wegweisung bieten. Dr. Christoph Stenschke, em 2002-4. |
Anania, Valeriu. Bilder vom Reich Gottes. Metzingen:
Verlag Sternberg, 2002 Im Zentrum der fünf Themenbereiche, die augenblicklich durch eine Sonderkommission des ÖRK untersucht werden sollen, steht das Kirchenverständnis. Die einzelnen christlichen Denominationen fordern mehr „eigenes Profil“; sie vergessen, dass in der gegenwärtigen globalen Auseinandersetzung der Religionen Christen sich durch ihr gemeinsames Zeugnis für das Evangelium von Jesus Christus über alle Grenzen hinweg profilieren müssen. Das christliche Profil ist das von Jesus verkündigte Reich Gottes. Das schöne Buch von Valeriu Anania, Bilder vom Reich Gottes erscheint zum rechten Zeitpunkt. Wir finden darin hervorragende Bilder mit tiefsinnigen Erklärungen zu 59 Ikonen und Fresken aus 16 Klöstern und Kirchen Rumäniens. Die „kunstvolle und tief greifende Auslegung bedeutender Ikonen und Fresken durch den Schriftsteller, Dichter und Bibelübersetzer Valeriu Anania“ (Landesbischof G. Maier im Vorwort) fördern das orthodoxe Glaubensverständis und die Tiefe seines theologischen Denkens. Der „wahrhaft europäische Patriarch“, Valeriu Anania, wurde durch den reichen geistlichen Schatz seiner südlich von Hermannstadt (Sibu) gelegenen Heimat als Kind und später als Mönch geprägt. Er entwickelte sich im Laufe seiner über 80 Lebensjahre zum Meister einer „Theologie der Nuancen“. Die Fotografien verdanken wir Victor Bortas, Lehrer für Fotografie und freischaffender Künstler. Leider sind einige Bilder nur mit Hilfe einer Lupe richtig erkennbar. Der Anhang, „Von Württemberg nach Rumänien“ (S.80-87), rundet den Bildband ab mit einer kurzen Würdigung von Valeriu Anania als „ökumenischen Brückenbauer“ und einer „Gemeinsamen Erklärung“ zwischen der rumänischen Erzdiözese und der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ( S.86-87). Die hinter den Bildern vom Reich Gottes stehende biblische Theologie wird im an Plato erinnernden Dialog zweier fiktiver Gestalten, des älteren Erzpriesters Bartolomeu und des jüngeren Valeriu erklärt. Sie geben die Stichwörter zur Entschlüsselung der Geheimnisse der Fresken und Ikonen in Klöstern der Olteria, dem südlichen Teil Rumäniens. In Deutschland ist dieses Gebiet unter dem Namen Walachei bekannt. Die Konzentration auf wenige Bildmotive läßt die „theologische Tiefe“ zum Vorschein kommen; sie ist in diesem Band wichtiger ist als das „kunsthistorische Interesse“. Die Ikone (Bild) hat ihren Ursprung in der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und ist nach Gregor von Nyssa „ein mit Farbe geschriebenes Evangelium“ (S. 12). Neben Christus, dem Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt und der Gottesmutter Maria, sind die Heiligen Bildgegenstand. Sie reichen von Nikanor, über Georg, den Drachenkämpfer, bis zu den großen Philosophen (S.12- 33). Der Held ist wichtig als Sieger und Symbol der Fürbitte. Die Schlange, Symbol des Teufels, wird mit dem „Hinabgestiegen in die Hölle, um die Ketten der Gefangenen zu lösen“ in Verbindung gebracht. Die Auferstehung wird zur Handlung. Christus hebt Adam und Eva aus den Gräbern; der in Ketten gefesselte Teufel wird vom Engel an seinen Hörnern hinabgedrückt (Fresko- Ikone der Klosterkirche Clocociou, S.16). Die Ikone spielt eine gottesdienstliche Rolle. Die Ikonostase als Altarwand erinnert an den Vorhang des jüdischen Tempels, der das Heilige vom Allerheiligsten trennt und zerriss als Jesus am Kreuz starb. Die Bilderwand vereinigt Malerei und Holzschnitzkunst. Erst nachdem das 7. Ökumenische Konzil von Nizäa (787) den langen Bilderstreit in der Orthodoxie beendete, holten die Gläubigen ihre Ikonen wieder aus ihren Verstecken hervor und reihten sie aneinander vor der Altarschranke. So wird die Ikonostase zum Buch für Analphabeten, wie der große Missionspapst Gregor der Große es einmal formulierte. Vorbilder waren die ersten byzantinischen Zeichnungen und Malereien biblischer Texte. Mittelpunkt ist die Königstür mit dem Heiland der Gottesmutter, meist gefolgt von den Schutzheiligen der Kirche. Die Ikone unterscheidet sich von anderen Bildern dadurch, dass sie Teil der göttlichen Liturgie ist. Die Ikonostase ist eine „durchscheinende Wand“ (S.27); die Deesis- Ikone „ist die vollkommenste bildhafte Darstellung für das Symbol Jesse“ (S.27, Bild 14): „Christus, du bist der Sproß aus Isais Wurzel und dessen Blüte“. Das zeigt der Eucharistische Christus der Fresko- Ikone im Refektorium des Klosters Hurezi (Bild 15, S.28) wunderbar. Isai und Abraham (Bild 13, S.26) erreichen gleichsam kosmische Proportionen. Der Weinstock ist Metapher für die Idee der Einheit zwischen Christus und der Kirche, die aus der Eucharistie entsteht. Aus der Wunde des Lanzenstosses am Kreuz erwächst ein Weinstock (Fresko-Ikone der Apostel-Kapelle in Hurez, S.29). Durch das Herabrufen des Heiligen Geistes wird Brot zum kostbaren Leib und Wein zum Blut Jesu Christi; es erinnert daran, dass der Herr sich selbst seinen Jüngern darreicht. Diese geistliche Hierarchie beginnt mit Melchisedek, dem Priester Gottes des Höchsten, der Abraham segnet (1.Mose 14, 18- 20), der nach dem Hebräerbrief (5,10; Psalm 110, 4 zitierend) bezeugt, dass Jesus „ein Priester ewiglich und nach der Ordnung Melchisedeks ist“; er steht nach Paulus höher als Abraham. David, die geistliche Ordnung und die königliche Abstammung tradierend, verweist auf Jesus Christus als König im Reich Gottes und als Priester, der sein eigenes Leben geopfert hat (S.31). Die Ikonostase ist dreidimensional „als Krone eines Baumes“ so wie Christus die beiden Testamente und den Kosmos verbindet (S.32). Die Fresken spiegeln auch zeitgeschichtliche Ereignisse wider. Das Schiff (Kirche) fährt durch gefährliche Wasser (S.39). Im Maul des Drachens ist der mit Pfeil und Bogen bewaffnete Mohammed zu sehen, der auf den leibhaftigen Christus auf dem Altartisch zielt. Neben der Darstellung der Hölle spielt die Deesis (S.45-53) eine große Rolle. (Deesis heißt Fürbitte). Die Ikone Deesis (S.45) erinnert an den „Zeugen“ Johannes den Täufer und die fürbittende „Gottesmutter Maria“ (S.57-64). Den Abschluss bilden eindrückliche Ikonen und Fresken über die Dreieinigkeit (S.67-76). Als Fazit bleibt: „Die Fresken und Ikonen sind die Mission der christlichen Künstler. Sie sind eine Einladung in Bildern zur Teilnahme am Reich Gottes, das durch Jesus Christus eröffnet ist“ (S.75). Der Verlag Sternberg ist hoch zu preisen für diesen Bildband, der sich als Geschenk gut eignet und glaubenden Protestanten, Katholiken, aber auch dem Glauben fernstehenden Menschen, gleicherweise den Weg öffnet zum Verständnis der geheimnisvollen Glaubenswelt aus orthodoxer Sicht. Prof. em. Karl Rennstich, em 2003-1. |
Anderson, Allan. Moya.
The Spirit in an African Context. Pretoria: Sigma, 1991. Kasukuti,
Ngoy. Recht
und Grenze der Inkulturation. Heilserfahrungen
im Christentum Afrikas am Beispiel der Kimbanguistenkirche. Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission, 1991. Beide Autoren unternehmen eine nötige Neubewertung Afrikanischer Unabhängiger Kirchen (AUK) verbunden mit kritischer Sichtung bisheriger Standardliteratur (Sundkler, Oosthuizen, Beyerhaus, Martin) und theologischer Einordnung afrikanischen Christentums. Der in Südafrika lebende evangelikal-charismatische Weiße A. Anderson schildert die Entstehungsgeschichte der dortigen AUKs und Pfingstkirchen, die er in Anlehnung an seinen Lehrer Inus Daneel „Geist-Kirchen“ (nicht: zionistisch, messianisch oder prophetisch) nennt, – gegenüber der Gruppe der „äthiopischen“ Kirchen. Er möchte sie aus dem synkretistischen Abseits herausholen, indem er ihre Pneumatologie als relativ gelungenen Versuch kontextueller Theologie darstellt, die ernstlich auf das von Ahnen- und Geisterkult bestimmte afrikanische Existenzverständnis eingeht, besonders auf das ‚Lebenskraft’ („power“) - Konzept. Er beschreibt ausführlich ihre pastorale Praxis, die großen Wert auf charismatische Geist-Manifestationen wie Geist-Empfang, Glossolalie, Prophetie und geistliche Leiterschaft legt. Seine These ist, daß die Geist-Kirchen mit ihrer Betonung der dritten Person des dreieinigen Gottes bisher die angemessenste christliche Antwort bieten auf das afrikanische Grundbedürfnis nach einer lebenssichernden Macht. Er sieht in dieser Heraushebung ‚pneumatologischer Existenz’ auch eine größere biblische Nähe als es bisher westliche und afrikanische Theologen wahrgenommen haben. Wenn auch teilweise zu idealisierend und biblisch-theologisch oberflächlich, ist dieses Buch Anreiz genug zur Neubesinnung auf die AUK-Gemeindepraxis als relevantes Bestätigungsfeld neutestamentlicher Pneumatologie. Der Afrikaner Ngoy Kasukuti, Bischof der lutherischen Kirche in Zaire, befaßt sich mit der größten und immer noch stark wachsenden AUK in Afrika, der 1921 entstandenen Gemeinschaftsbewegung Simon Kimbangus (ca. 5 Mill. Mitglieder). Sein Buch verarbeitet kritisch die Literatur von M.L. Martin und W. Ustorff. Er schildert die Religions- und Gottesvorstellungen seines Bantu-Stammes, besonders die Heilsbedeutung der Übergangsriten (Geburt, Initiation, Heirat, Tod) und der Ahnen und wie sich die Heilslehre der Kimbanguisten auf diesem Hintergrund profiliert. Er kommt zum Schluß, daß es sich bei dieser AUK am Anfang noch um einen genuin christlichen Ausdruck religiöser Bewältigung des bedrohten Alltagslebens handelte. Er beobachtet aber einen theologischen Bruch in der Soteriologie in dem Moment, als sich ab 1957 die EJCSK (Kirche Jesu Christi von Simon Kimbangu) unter dem Sohn des Gründers organisierte und Simon Kimbangu als konkurrierenden Heilsmittler neben Jesus Christus stellte. Damit sei die Grenze der Inkulturation überschritten, was sich auch im Abendmahls- und Taufverständnis widerspiegele. Anregend sind die in
die Darstellung der AUK eingestreuten theologischen Reflexionen Detlef Kapteina, em 1995-3. |
Anderson, Gerald H., u. a.
(Hg.). Mission Legacies.
Biographical Studies of Leaders of the Modern Missionary Movement. Maryknoll: Orbis,
1994. Diese 75 wissenschaftlichen Biographien von Experten über führende Persönlichkeiten der modernen Missionsbewegung (v. a. 19. und 20. Jahrundert) bilden das derzeit umfangreichste und qualifizierteste Sammelwerk. Die Beiträge umfassen (1) Förderer der Mission in der Heimat wie Gordon, Simpson, Franson und Mott, (2) Missionare in Afrika wie Livingstone oder Gutman, (3) in China wie Nevius, Taylor und Reichelt, (4) in Südostasien wie Carey und Martyn, (5) Theologen und Historiker wie Warneck, Schmidlin, Latourette, Freytag und Neill, (6) Theoretiker und Strategen wie Kraemer, McGavran und Tippet und (7) Administratoren wie Venn, Anderson und Hartenstein. Die Darstellung und Bibliographie ist von unterschiedlicher Qualität und Aktualität, je nach Datum der Erstveröffentlichung im ‘International Bulletin of Missionary Research’ (IBRM) ab 1977. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Personen englischsprachiger Herkunft. Alle erfaßten Deutschen wurden unter obigen Beispielen erwähnt, ausgenommen die katholischen Bibliographen Streit, Dindinger und Rommerskirchen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn ein weiterer in Aussicht gestellter Band zu Nordafrika, dem Mittleren Osten, Nordostasien, dem Pazifik und Lateinamerika zustandekäme. Bis dahin muß man im IBMR nachschlagen. Christof Sauer, em 1998-1. |
Austin, Alvyn. China’s Millions: The China Inland Mission and Late Qing Society, 1832 – 1905, Grand Rapids: Eerdmans, 2007. Alvyn Austin ist Sohn von Missionaren der China Inlandmission (CIM, heute ÜMG/OMF) und Assistenzprofessor für Geschichte in Kanada. Seine Monographie aus der Reihe Studies in the History of Christian Missions ist eine wohlwollende, aber nicht unkritische Darstellung der CIM und ihres Gründers Hudson Taylor im 19. Jahrhundert. Das Buch gliedert sich in drei Teile, die drei Generationen von CIM Missionaren entsprechen. Zur ersten Generation gehört Taylor selbst, der im England der industriellen Revolution aufwächst. Austin zeichnet den Einfluss der Brüderbewegung auf Taylor nach, seinen Ruf nach China, seine Glaubensprinzipien und 1853 seine Ausreise mit der chinesischen Evangelisationsgesellschaft (CES), die vom visionären Missionspionier und Opiumhändler Karl Gützlaff gegründet wurde. In China angekommen findet sich Taylor inmitten des Taiping Aufstandes (1850-1864) wieder, einer christlichen Sekte, die sich gegen die herrschende Qing Dynastie auflehnt. Während des zweiten Opiumkrieges gründet Taylor eine Art Rehabilitationszentrum für Opiumabhängige und tauft seine ersten Konvertiten. Aus gesundheitlichen Gründen kehrt er 1860 mit seiner Familie nach England zurück. Infolge einer „himmlischen Vision“ in Brighton, gründet Taylor die CIM, schreibt ein Manifest über die geistliche Not Chinas und hält im ganzen Land Vorträge. Dank der nordirischen Erweckung 1859-1860 und durch ein großes Netzwerk von Unterstützern, darunter auch Charles Spurgeon und Georg Müller, gewinnt Taylor 16 Missionare – gewöhnliche und teils ungebildete Leute – und bricht 1866 mit ihnen auf. Widerstand gegen Taylors Forderung nach chinesischer Kleidung, antichristliche Tendenzen in China, diplomatische Schwierigkeiten, Krankheit und Tod prägen die schwierigen Anfänge. Die zweite Generation von Missionaren mobilisiert Taylor während eines längeren Heimataufenthaltes. 1875 kann er gemeinsam mit Dwight L. Moody auftreten und profitiert vom geistlichen Klima der Keswick Heiligungsbewegung. In Abständen von 2-3 Jahren werden 18, dann 30, später 70 und schließlich 100 Missionare ausgesandt. Die Entscheidung einiger bekannter Persönlichkeiten – als die „Cambridge Sieben“ bekannt – in die Mission zu gehen, macht die CIM schlagartig berühmt. Dieses Wachstum bringt strukturelle Änderungen mit sich und eine bessere Ausbildung der Missionare in Sprache und Kultur vor Ort. Die weiteren Entwicklungen der CIM werden exemplarisch anhand der Provinz Shanxi nachgezeichnet, wo 1877-1879 fünf Millionen Menschen an Hunger sterben und viele der Überlebenden opiumabhängig sind. So auch Hsi, die zweite Hauptfigur des Buches neben Taylor. Er ist ein früheres Mitglied der daoistischen Sekte „die goldene Pille“ und gründet nach seiner Bekehrung mehrere „Reha-Zentren“ für Opiumabhängige. Sie erhalten morphiumhaltige Pillen zur Linderung ihrer Entzugssymptome und hören dort das Evangelium. Einige der CIM Missionare arbeiten unter Pastor Hsi, der eine eigene Form des Christentums kreiert, in der Exorzismen eine große Rolle spielen. Seine strikt regulierte Kommunität trägt konfuzianische Züge. Die dritte Generation von Missionaren kommt aus Nordamerika, wo Taylor 1888 einen neuen CIM Zweig eröffnet. Durch die Vernetzung mit Bibelschulen und die Kontakte von D. L. Moody und A. B. Simpson wächst die CIM exponentiell und wird internationaler. 1900 beginnt jedoch der Boxeraufstand, eine ausländerfeindliche und antichristliche Massenbewegung, der zahlreiche Missionare und Christen inklusive Frauen und Kinder zum Opfer fallen. Taylor befindet sich zu diesem Zeitpunkt aus Gesundheitsgründen in der Schweiz und stirbt 1905 in China. Durch diese historische Darstellung hindurch ziehen sich viele Themen. Untersucht werden u.a. die Finanzprinzipien und Spender der CIM, die autokratische Führung Taylors und die demokratischen Tendenzen, die theologischen Fixpunkte und Spielräume, die konfessionellen Prägungen und die Überkonfessionalität, die Zusammenarbeit und Abgrenzung von anderen Missionswerken, die prinzipielle Gleichberechtigung der Frauen und ihre tatsächlichen Einschränkungen, die Parallelen und Unterschiede zwischen Christentum und chinesischer Volksreligion. Wer sich fragt, welche Anforderungen ein Missionar erfüllen sollte, wie Kontextualisierung konkret aussieht, welche Evangelisationsmethoden und Strategien sinnvoll sind und welche Rolle humanitäre Hilfe in der Mission spielt, wird eine Fülle anregender Fallbeispiele entdecken. Austins Werk ist ein komplexes Geflecht aus vielen historischen Details und Beobachtungen. Einerseits verleiht das seiner Erzählung Lebendigkeit und Unterhaltungswert, andererseits erfordert seine Darstellungsweise viele thematische und chronologische Sprünge, sodass gelegentlich der Überblick verloren gehen kann. Thematisch Zusammengehöriges lässt sich zwar mithilfe des soliden Indexes auffinden, eine Zeittafel mit den wichtigsten historischen Daten wäre zur Orientierung jedoch hilfreich gewesen. Das methodische Vorgehen ist einwandfrei. Austin legt die Quellenlage gut dar und macht auf die CIM-interne Zensur der Archive aufmerksam sowie auf ihre Kultur des Schweigens, um die Unterstützung der Mission nicht zu gefährden. Durch viele Zitate lässt er die Quellen selbst zu Wort kommen und überlässt dem Leser die Wertung. Kritische Stimmen werden nicht unterschlagen und gelegentlich lässt Austin gegenläufige Meinungen nebeneinander stehen. Gerade das Absehen von hagiographischen Darstellungen öffnet den Blick für die Komplexität und Herausforderungen der kulturübergreifenden Mission. Dabei geht der inspirierende Charakter dieser Glaubensmission und vieler ihrer Mitarbeiter nicht verloren. China’s Millions ist nicht nur von historischem Interesse. Die zugrunde liegenden Prinzipien für Leiterschaft, Aufbau einer missionarischen Bewegung, Kontextualisierung und Missionspraxis sind auch für die Gegenwart relevant und gewinnbringend. Anthony Fisher, em 2011-3. |
Bacon, Daniel W. From Faith to Faith. The influence of Hudson Taylor on the faith missions movement. Singapore, 1984. Wohl niemand hat die evangelischen Missionen, jedenfalls im interdenominationellen Bereich, so entscheidend geprägt wie Hudson Taylor, der Gründer der China Inland Mission. Die Biographien über ihn und sein Lebenswerk sind ja auch im deutschsprachigen Raum weit verbreitet. Mit diesem Buch legt Bacon eine übersichtliche Untersuchung über Taylors Prinzipien (S.12-69) und über den Einfluß dieser Prinzipien auf die gesamte Bewegung der interdenominationellen Glaubensmissionen (S.79-129) vor. In einem dritten Teil untersucht er, welche Bedeutung Taylors Prinzipien heute haben. Über die Geschichte der
Glaubensmissionen gibt es nur wenig wissenschaftliche Literatur. Umso bedeutsamer ist Bacons Veröffentlichung, die von der UeMG als Studien Klaus Fiedler, em 1986-4. |
Badenberg, Robert. Sickness and Healing: A Case Study on the Dialectic of Culture and Personality. Edition afem: mission academics 11. 2nd rev. ed. Nürnberg: VTR, Bonn: VKW, 2008 (1st ed. 2003). Robert Badenberg war 1989 bis 2003 Liebenzeller Missionar in Zambia im südlichen Afrika. Er hat in dieser Zeit am deutschen Zentrum der Columbia International University in Stuttgart-Korntal einen Masterabschluss gemacht und an der Universität von Südafrika (UNISA) in Missionswissenschaft promoviert. Seit seiner Rückkehr unterrichtet er an der Akademie für Weltmission in Korntal Missionswissenschaft und Kulturanthropologie. Das vorliegende Buch ist die überarbeitete Fassung seiner Doktorarbeit. Er bearbeitet darin, und darin besteht die besondere Originalität des Buches, als Nichtmediziner die Problematik von Krankheit und Heilung aus kulturanthropologischer und missiologischer Sicht. Er wählt dazu ein geniales Konzept: Die theoretischen Erwägungen sind um die Lebensgeschichte eines kränklichen Freundes von Badenberg herum gesponnen, was durch die Konkretisierung der kulturanthropologischen und missiologischen Überlegungen und die persönliche Betroffenheit des Autors dem Buch eine besondere Relevanz und Frische verleiht. Nach einer Einführung in die Methode der kognitiven Anthropologie (Kulturanalyse aufgrund der sprachlich begrifflichen Grundlagen) und in die Geografie und Geschichte des Volkes der Bemba geht Badenberg in einem ersten Teil auf das Körper/Seele- und das Krankheitskonzept der Bemba ein. Er nimmt damit Material aus seiner Masterarbeit auf und vertieft und systematisiert es. Für den Uneingeweihten empfiehlt sich die Aneignung dieses für die Anthropologie eines afrikanischen Volkes exemplarischen Stoffes zum besseren Verständnis und als Abrundung des vorliegenden Buches (bibliographische Angaben am Schluss). In einem zweiten „sozial-hermeneutischen“ Teil diskutiert Badenberg am Beispiel der Lebensgeschichte seines Freundes, u.a. dessen Kontakt mit der Ngulu-Besessenheit, die Theorien der „Culture and Personality“ Schule. Aufgrund eigener Beobachtungen und der Literatur beschreibt Badenberg die kreative Interaktion, die zwischen persönlichen und kulturellen Symbolen herrscht. In einem dritten missiologischen Teil zieht Badenberg die Schlussfolgerungen für Kommunikation, Bekehrung und Seelsorge. Er kommt darin zu einer meisterhaften Integration von Theologie, Kulturanthropologie und Missionswissenschaft. Durch das lebhafte Wechselspiel zwischen Lebensgeschichte und theoretischen Erwägungen einerseits, und zwischen Theologie, Kulturanthropologie und Missionswissenschaft andererseits, wird das Buch zu einer spannenden Lektüre. Es ist ein gutes Beispiel reflektierter Missionspraxis. Eine relevante und konzise Bibliographie, Anhänge mit Karten und Grafiken und Indexe runden das Buch ab. Trotz einiger formaler Mängel ist das Buch für international interessierte Theologen, Missionare, Missionswissenschafter, Mediziner und alle in Afrika lebenden Menschen sehr lesenswert. Badenberg hat ein hoch relevantes Thema für das Verständnis Afrikas, insbesondere des heutigen afrikanischen Christentums aufgegriffen. Nicht von ungefähr werden die unabhängigen afrikanischen Gemeindebewegungen (AIC) „Heilsanstalten“ genannt (Sundkler, Bantupropheten, 1964, 323). Ein besseres Verständnis des afrikanischen Menschen- und Krankheitsverständnis wird die Qualität eines Dienstes in verschiedenen Berufsgattungen erheblich verbessern können, was durch die Reflektionen Badenbergs in diesem Buch offensichtlich wird. Dr. Dr. Hannes Wiher, em 2009-3. |
Badenberg, Robert. The Body, Soul and Spirit
Concept of the Bemba in Zambia. Fundamental Characteristics of Being Human
of an African Ethnic Group. edition afem: mission academics, Bd. 9. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1999. Diese Publikation ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Es handelt sich um die Ergebnisse einer Feldforschung, in deren Verlauf der Autor mit einer modernen ethnologisch-linguistischen Methode gearbeitet hat. Er gibt sich zu erkennen als Vertreter (und Verfechter!) der sogenannten kognitiven Ethnologie (bislang auch kognitive Anthropologie genannt). Mit Hilfe der kognitiven Ethnologie können insbesondere Begriffssysteme und Denkformen einer Gesellschaft erfaßt und beschrieben werden, die mit anderen wissenschaftlichen Mitteln nicht zugänglich sind. Über die dazu nötigen detaillierten Sprachkenntnisse verfügt der Autor: Er ist seit mehr als 10 Jahren Missionar bei den Bemba, einer Ethnie im Norden Sambias. Das zentrale Thema seiner Untersuchungen, der Begriff „Seele“, gilt in der neueren Ethnologie als einer derjenigen Forschungsgegenstände, die am schwierigsten zu erfassen sind und daher immer noch eher selten bearbeitet werden. Den Begriff „Seele“ untersucht der Autor aber nicht isoliert, sondern eingebettet in die Frage nach den Begriffen „Körper“ und „Geist“ im Denken der Bemba. Er liefert damit eine eingehende Beschreibung des Menschenbildes dieser Volksgruppe, deren Denkrahmen von animistischen Grundstrukturen gebildet wird. Dieses Menschenbild – und das ist eine der bedeutenden Qualitäten der Untersuchung – wird nicht beschrieben unter Zugrundelegung von europäischen Seelenvorstellungen als Vergleichsgegenstand. Er greift vielmehr auf sogenannte „emische Kategorien“ zurück, also ausschließlich auf diejenigen Gesichtspunkte, unter denen die fraglichen Begriffe von Mitgliedern der Bemba-Gesellschaft (zumindest in den Grundzügen) verstanden und benützt werden. Auf diese Weise entsteht ein Menschenbild, das den Missionar (und nicht nur diesen!) befähigt, bei seinem Versuch, biblische Vorstellungen von der Natur des Menschen zu vermitteln, in einer Weise vorzugehen, die unter anderem sogenannte „kognitive Dissonanzen“ vermeiden hilft. D. h., er beugt gegen die Formulierung von verhängnisvoll falschen, schiefen oder zumindest problematischen Wiedergaben des Begriffs „Seele“ und entsprechenden Theologien vor, wie sie in der Missionsgeschichte und in der Geschichte der Bibelübersetzungen durch Missionare aus dem europäisch-abendländischen Kulturkreis so häufig entstanden sind. Das Ganze ist in flüssiger, leicht nachvollziehbarer Sprache geschrieben. Es ist lesenswert, nicht nur, weil es Basiswissen zu einem afrikanischen Weltbild vermittelt, sondern erkennen läßt, wie man selbst an die Erforschung eines solchen Weltbildes im eigenen Arbeitsgebiet herangehen kann. Es sei daher keineswegs nur den afrikaorientierten Mitarbeitern der verschiedenen Missions- und Entwicklungshilfeorganisationen zum Studium empfohlen! Prof.Dr. Lothar Käser, em 2000-3. |
Baer, Martin; Olaf Schröter. Eine Kopfjagd: Deutsche in
Ostafrika. Spuren kolonialer Herrschaft. Berlin: Ch. Links Verlag, 2001. Dieses Buch ist kein Missionsbuch im engeren Sinn, jedoch ist es für den Missionar bzw. Missionsinteressierten insofern interessant, weil es in gekonnter, ja geradezu in spannender Weise in die Kolonialgeschichte einführt. Eingerahmt in die dramatische Geschichte einer Kopfjagd in Deutsch-Ostafrika, werden in einzelnen in sich abgeschlossenen Kapiteln am Beispiel der Kolonie „Deutsch-Ostafika“ folgende Themen erörtert: Motive und Geschichte des Kolonialismus, Aufstände der einheimischen Bevölkerung, Mission und Kolonialismus, Kolonialpolitik, und die Rezeption des Kolonialgedankens in der Weimarer Republik, im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. Wer zu solchen Themen sonst keinen Zugang findet, bekommt ihn in diesem hervorragend illustrierten und mit vielen zeitgenössischen Abbildungen versehenen und gut aus Quell- und Sekundärliteratur schöpfenden Buch. Von besonderem Interesse dürften die Kapitel über die deutsche Schuld sein. Denn dort wird der Mythos von den Deutschen als harten aber gerechten Kolonialherren erschüttert. Schonungslos werden die Verbrechen der Deutschen in Deutsch-Ostafrika geschildert: Zahllose Stockhiebe, ungerechte Exekutionen, brutale Unterdrückung und Ausbeutung menschlicher und materieller Ressourcen. Wie sich diese Demütigungen in die schwarzafrikanische Volksseele eingegraben haben und sich bis in die Gegenwart auswirken, kann nur erahnt werden. Obwohl die Autoren gegen besseres Wissen die stereotype Behauptung „Kolonisieren ist Missionieren, Missionieren ist Kolonisieren“ in die Überschrift des interessanten Kapitels über Mission und Kolonialismus aufnahmen, kommen sie dann in den Ausfuhrungen überraschender Weise zu einem ausgewogenen Urteil. Alles in allem handelt es sich bei diesem Buch um ein faires Buch, das vor allem Lust macht auf mehr, auf mehr Kolonialgeschichte. Daher sei diese Lektüre vor allem Missionaren empfohlen, die in ehemaligen Kolonialgebieten arbeiten und zur wissenschaftlichen Spezialliteratur keinen Zugang finden. Elmar Spohn, em 2003-3. |
Bailey,
Kenneth E. Jesus
through Middle Eastern Eyes – Cultural Studies in the Gospels. Leicester: IVP Academic, 2008 Das vorliegende Buch ist ein einzigartiger Bibelkommentar mit faszinierenden Kulturstudien zum Orient. Der Autor hat 60 Jahre im Nahen Osten gelebt und dort 40 Jahre Neues Testament unterrichtet: 20 Jahre in Beirut, 10 Jahre in Jerusalem und weitere Jahre in Kairo und Cypern, und der vorliegende Band stellt gleichsam sein Vermächtnis dar. In der Einleitung fasst er seine exegetische Methode kompakt zusammen: Ausgangspunkt ist die zirkuläre orientalische Erzählstruktur, Ringkompositionen mit invertiertem Parallelismus, meist aus sieben Einheiten mit dem Zielgedanken in der Mitte – und nicht am Ende, wie in der westlichen linearen Erzählstruktur. Dies führt zu völlig anderen Ergebnissen. Zudem berücksichtigt Bailey viele alt- und neuarabische, syrische, hebräische und aramäische Bibelübersetzungen, Kommentare sowie jüdische Literatur und er legt die Bibeltexte (vor allem aus dem Lukasevangelium) aus Sicht eines Orientalen aus. Gott hat entschieden, sich im Orient zu offenbaren und seine Heilsgeschichte besonders in der Geschichte des Volkes Israels zu gestalten. In Kapitel 1 betrachtet er die Geburt Jesu nach Lukas 2 und räumt mit dem Mythos von der Geburt im Stall auf: Im Orient sei es unvorstellbar, dass Josef in seine Heimatstadt kommt (zumal wenn von königlicher Abstammung und er dort über Grundbesitz verfügte) und ihn dort niemand zu kennen scheint. Im individualistischen Europa könne sich vielleicht so etwas zutragen, unmöglich aber in der engen Familienkultur des Orients. Kaum vorstellbar, dass Josef und Maria wochenlang in einem Stall lebten, wenn Marias Verwandte Elisabeth nur wenige Kilometer entfernt wohnte. Die Exegese des lukanischen Textes ergibt dann auch einen erstaunlichen Befund: Das mit „Herberge“ übersetzte griechische Wort „katalyma“ bezeichnet sonst nirgends eine Gastwirtschaft, sondern eher eine „gute Stube“ wie z.B. beim Abendmahl. Ist aber eine Herberge gemeint, dann wird in der Bibel das Wort „pandochaion“ („wo alle schlafen können“) verwendet. Zudem zeigen archäologische Funde und die heutige traditionelle Bauweise, dass Häuser i.A. nur aus 1-2 Räumen bestanden, und das Großvieh nachts im vorderen Teil des Wohnraums gehalten wurde – als Schutz vor Diebstahl und wilden Tieren sowie biologische Heizung im Winter. In der Mitte des Raums stand eine Futterkrippe als Abtrennung von Stall und Wohnbereich, in der offensichtlich der neugeborene Jesus Platz fand (die „gute Stube“ war wohl von weiteren Verwandten/Gästen belegt). Jesus wurde somit mitten in eine jüdische Großfamilie hinein geboren. Das Wunder der Inkarnation wird m. E. dadurch noch größer: Gott wurde in Jesus Christus Mensch und in allem uns gleich. In 32 Kapiteln legt Bailey etwa 40 Evangelientexte aus mit gelegentlichen Exkursen in das AT. Er betrachtet vor allem die Seligpreisungen (Kap. 5-6), das Vater-unser (Kap. 7-10), die Bergpredigt (Kap. 5-10), Jesu besondere Taten (Kap. 11-13) und seinen Umgang mit Frauen (Kap. 14-20). Doch sein Herz gilt den Gleichnissen Jesu, besonders aus dem Lukasevangelium (Kap. 21-32), und seine Auslegungen vom unehrlichen Verwalter (Kap. 26) und vom dienenden Herrn (Kap. 29) haben mich besonders fasziniert. Bailey räumt mit etlichen kulturellen Missverständnissen auf, und die Ereignisse bekommen ihre natürliche Bedeutung. Die Bibelauslegungen Baileys lassen den Reichtum des Wortes Gottes hell hervor strahlen und immer wieder leuchtet das Kreuz Jesu auf: Gottes kostbare Demonstration seiner unerwarteten, einzigartigen Liebe (S. 182, 236, 296, 376 u. a.). Auch wenn mich nicht jedes einzelne Detail voll überzeugt hat – einzelne Texte scheinen mir in die symmetrische Siebenerstruktur hineingepresst – so bestechen Baileys Auslegungen doch durch ihre Klarheit – und der Leser fragt sich erstaunt, warum ihm dies nicht selbst schon aufgefallen ist. Die übersichtliche, tabellarische Sprachanalyse der biblischen Texte wie auch die Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels erleichtern das Selbststudium; zahlreiche Fußnoten verweisen auf die Quellen ohne den Lesefluss zu behindern. Das Buch lädt immer wieder zum Verweilen ein, zur Anbetung Gottes und zum Reflektieren. Es fordert auf zur Hingabe und zur konsequenten Nachfolge Jesu. Eine absolute Pflichtlektüre für jeden Missionar. Dr. Detlef Blöcher, em 2009-1. |
Balz, Heinrich. Where the Faith has to Live.
Studies in Bakossi Society and Religion. Part I: Living Together. Part II:
The Living, the Dead and God. Dietrich Reimer Verlag: Berlin, 1984/1995. Balz, Heinrich. Weggenossen im Busch. Erzählende
und theologische Briefe aus Kamerun. Erlanger Verlag für Mission und Ökumene:
Erlangen, 1998. Der Missionar als Forscher. Was das heißt, verdeutlicht das Werk des Missionstheologen Heinrich Balz. Von 1973 bis 1983 war er Missionar und Dozent am Theologischen Seminar der Presbyterianischen Kirche in Nyasoso in Kamerun, im Gebiet des Volkes der Bakossi. Ein Jahr lang stellte ihn die kameruner Kirche und die Basler Mission für Forschungen frei. Teil I konnte er 1984 nach seiner Rückkehr nach Deutschland als Habilitationsschrift in Heidelberg vorlegen; Teil II entstand während seiner Lehrtätigkeit als Professor für Missionswissenschaft in Berlin. Zur Zeit lehrt Balz am Tumaini University College Makumira/Tanzania Systematische Theologie und Religionswissenschaft. Der Titel der umfangreichen Studie „Where the Faith has to Live“ ist Programm. Glaube, gleich ob der der alten Religion oder der christliche Glaube, muß sich verorten. Deshalb muß nach dem Ort, dem Kontext gefragt werden, „wo der Glaube lebt“, um dann auch aufzuzeigen, wie der Glaube lebt und wie neuer Glaube wächst. „Wenn der neue Glaube wirklich leben, seine Identität bewahren und Wurzeln schlagen soll, muß er wissen, wo er zu leben hat; er muß die alten Fragen verstehen, auf die er … als die neue Antwort angesehen wird.“ „Die Antworten des christlichen Glaubens können nicht ohne die Fragen verstanden werden, die von der traditionellen Religion gestellt werden“ (II 5 und 808). Die Studie über eine afrikanische Religion, hier die Religion der Bakossi, kann also nicht mit der „Glaubenslehre“ einsetzen, sondern muß zunächst das Umfeld in Augenschein nehmen, in dem die Menschen leben. Deshalb widmet sich Teil I der Gesellschaft der Bakossi, ihrer sozio-politischen Struktur, ihren Traditionen und Entstehungssagen und den Institutionen, die das Zusammenleben regeln. Balz weiß, daß sich Gesellschaft und Religion nicht strikt voneinander trennen lassen, sondern sich gegenseitig beeinflussen, dennoch werden in der Betrachtung jeweils andere Akzente gesetzt. Deshalb gehören auch beide Teile, der sozialanthropologische und der religionswissenschaftliche, zusammen. Mit Recht werden „parareligiöse“ Phänomene wie Geheimgesellschaft, Hexerei und Zauberei bewußt im Umfeld von „Gesellschaft“ und nicht von „Religion“ behandelt. Balz’ Studie ist ein Beleg dafür, daß es notwendig ist, regional begrenzte Studien durchzuführen, um afrikanische Gesellschaftsformen und Religionen zu verstehen und gerade auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Völkern zu erkennen. Deshalb ist auch im Plural von „afrikanischen Religionen“ zu sprechen. Dennoch lassen sich auch immer wieder Parallelen zwischen den einzelnen Völkern in verschiedenen Teilen des Kontinents entdecken. Darin liegt das Reizvolle der Studie für Missionare, die in anderen Teilen Afrikas arbeiten. Im Vergleich mit der eigenen Situation können soziale, legendär-mythische und religiöse Fakten besser verstanden und eingeordnet werden. Der umfangreiche zweite Teil behandelt in vier Kapiteln die Religion der Bakossi. Dabei kann auch jedes Kapitel zunächst für sich gelesen werden. Unter dem Titel „die Lebenden, die Toten und Gott“ (in dieser Reihenfolge!) geht es um Tod und Beerdigung, das Dorfahnenfest ndie, Familienheiligtümer und schließlich den nahen und fernen Gott. Diese Reihenfolge der Betrachtung macht den Ansatz von Balz deutlich: „Glaubensüberzeugungen und Glaubensbekenntnisse sollten nie isoliert betrachtet werden, ohne im Blick zu haben, worauf die Menschen, ausgedrückt durch Verehrung (worship) und Gebet, wirklich vertrauen“ (II 664). Balz geht in seiner Forschung also von der religiösen Praxis aus, um von da aus zu fragen, was im Zentrum der Religion steht und wie dann die Botschaft des Evangeliums ihre Relevanz erweisen kann. Jedes der vier Kapitel ist nach dem gleichen Grundschema aufgebaut. Nach der einleitenden Darstellung des Problems wird die Forschungsgeschichte vorgestellt, beginnend mit Vertretern des Volkes der Bakossi. Ihnen weist Balz so einen Ehrenplatz zu, oder anders gesagt, er nimmt die afrikanischen Kollegen als Religionswissenschaftler und theologische Partner ernst. Bei den Quellen handelt es sich vor allem um Dissertationen und Abschlußarbeiten der Theologiestudenten am Seminar. Erst dann folgen die Forschungsergebnisse und Berichte der früheren Missionare, die in diesem Gebiet gearbeitet haben, allen voran J. Ittmann. Ihre Schriften liegen meist nur in deutsch vor und werden den Kamerunern in einer englischen Zusammenfassung zugänglich gemacht. In einem dritten Teil folgen die eigenen Forschungsergebnisse von Balz und schließlich eine zusammenfassende Auswertung. Ein zentrales Kapitel ist das über das Dorfahnenfest ndie. Balz hat als Beobachter an mehreren Festen teilgenommen und die dort gesprochenen Gebete erstmals auf Band aufgenommen, übersetzt und ausführlich analysiert. Eine wichtige Frage lautete: Welche Rolle spielt hier Gott, und welche Bedeutung haben die Ahnen? Sein Ergebnis ist eindeutig: „Nicht Gott, sondern die verstorbenen Menschen, die Dorfahnen … sind das Herzstück und das Zentrum der traditionellen ndie-Gebete. Mehr noch, sie sind das Zentrum der traditionellen Bakossi-Religion insgesamt, wie sie in diesem öffentlichen Gebet lebendig ist, also dem Ausgangspunkt, von dem aus alle anderen Elemente dieser Religion betrachtet und eingeordnet werden müssen“ (II 380). Die Religion ist also nicht theistisch, sondern Ahnen-zentriert (II 381). Gott spielt nur eine periphere Rolle, er scheint mehr und mehr in Vergessenheit geraten zu sein, obwohl er immer noch bekannt ist. Die Ahnenverehrung steht also in Konkurrenz zum Ersten Gebot. Die entscheidende Frage ist nun, wie Gott zum Zentrum der Religion werden kann, wie es von der (Aner-)Kenntnis Gottes zur Anbetung Gottes kommen kann. Um diese Frage geht es letztlich im vierten Kapitel. Die missionarische Aufgabe ist es, die traditionelle Gotteserkenntnis durch die christliche Botschaft zu verändern, zu christianisieren. Die Offenbarung Gottes in Jesus Christus ist also nicht etwas, was nur zum traditionellen Gottesbild hinzukommt, sondern etwas, das einen neuen Zugang zu dem Gott gewährt, der bereits bekannt war. In diesem Teil ist Balz nun nicht mehr nur Religionswissenschaftler, sondern zugleich Missionar und Missiontheologe. Seine Ausführungen können für viele, die mit diesen Fragen in Afrika und anderswo zu tun haben, eine wichtige Hilfe sein. Balz hat sein Werk bewußt in englisch geschrieben, damit es vor allem auch seine Kameruner Kollegen lesen können. Damit hat er aber darüber hinaus den afrikanischen Kirchen insgesamt einen wichtigen Dienst erwiesen. Denn hier werden auch für andere Teile Afrikas wichtige Anregungen zur Auseinandersetzung mit den traditionellen Religionen und zur Entwicklung einer eigenständigen Theologie gegeben. Deshalb sollte dieses Werk in allen englischsprachigen theologischen Seminaren Afrikas in der Bibliothek vorhanden sein. In gewisser Weise als Begleitbuch zum theologischen Werk lesen sich die „erzählenden und theologischen Briefe“. Zehn Jahresrundbriefe von 1974-1983, ergänzt durch Beobachtungen bei einem weiteren Aufenthalt in Kamerun 1995, werden hier zusammengetragen. Sie sind in gewisser Weise Werkstattberichte, lassen den Hintergrund, von dem aus die Forschung getan wurde, erkennen. Höhepunkt ist sicherlich der Bericht über die Teilnahme am Dorfahnenfset. Wichtig ist hier, zu sehen, daß dies theologisch sehr wohl reflektiert war, daß Balz schließlich auf dem Fest eine christliche Predigt halten konnte (dokumentiert in ‘Where the Faith has to Live II’ 377f) und so in einen wirklichen Dialog mit den Vertretern der alten Religion kommen konnte. Sicherlich kann man die Frage, ob ein Missionar als Forscher an einen traditionellen religiösen Fest teilnehmen kann und soll, sehr kontrovers diskutieren. Aber Balz zeigt, daß sich dadurch nicht nur Möglichkeiten für ein besseres Verstehen der alten Religion ergeben, sondern auch für die missionarische Verkündigung. Insgesamt sind diese Briefe von Balz eine interessante Informationsquelle über Kamerun und zugleich eine unterhaltsame missionstheologische Lektüre, erzählend und theologisch. Sie lassen uns den Missionar Balz als Forscher näherkommen. Dr. Johannes Triebel, em 2000-1. |
Bammann,
Heinrich (Hg.). Lutherische
Mission in Südafrika. Dankesgabe
für Ernst-August Lüdemann.
Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen: Hermannsburg,
1990. Diese kleine Festschrift ist eine Dankesgabe für den aus der Mission in Südafrika ins Leitungsamt des ELM Niedersachsen berufenen Ernst-August Lüdemann. Wie alle Festschriften ist es eine bunte Mischung verschiedener Beiträge, die in diesem Fall aber alle dadurch verbunden sind, daß sie von Mitarbeitern derselben Mission und der von ihr gegründeten Kirche geschrieben sind. Der Herausgeber steuert einen Artikel über den ersten einheimischen Missionar unter den Bakwena ba Mogopa bei (interessant für die Diskussion um die „transkulturellen Drittweltmissionare“), Heinrich Voges reflektiert Amt und Auftrag des Missionars (unter Berufung auf Luther, interessant für Freikirchler als kritische Anfrage). Mehrere Artikel nehmen speziell auf lutherische Theologie Bezug, und alle Artikel ermöglichen einen Einblick in die Arbeit einer heutigen lutherischen Mission. Drei Artikel sind von schwarzen Südafrikanern geschrieben (Andreas Khose reflektiert seine Zeit in Deutschland). Klaus Fiedler, em 1993-1. |
Bammann, Heinrich. Inkulturation des Evangeliums unter den Batswana
in Transvaal/Südafrika. Am Beispiel der Arbeit von Vätern und Söhnen der
Hermannsburger Mission von 1857 – 1940. edition afem: mission academics
17. Nürnberg: VTR, 2004. Das vorliegende Buch ist die Veröffentlichung der Promotionsarbeit des Autors, die im Jahr 2002 von der Universität von Südafrika (Department of Missiology) angenommen wurde. Sie gewährt einen aufschlussreichen Einblick in die Anfänge und Motivation der Hermannsburger Mission in Südafrika, die immerhin eine der ersten deutschen Missionsinitiativen in Afrika war. In den zentralen drei Hauptkapiteln (218 S.) werden Hunderte von Berichten und Briefen von sechs Missionaren ausführlich verwertet und thematisch dem geschichtlichen und sozio-kulturellen Kontext ihres Wirkungsfeldes und den relevanten Bereichen möglicher „Anknüpfung“ der Inkulturation zugeordnet. Es handelt sich um drei Väter (Jensen, Behrens und Penzhorn) und um ihre im Missionsgebiet aufgewachsenen drei Söhne, die in das Transvaal Gebiet gesandt wurden und dort je unter drei Volksgruppen (Bafurutshe, Bagopa, Bafokeng) des Batswana Stammes von 1857-1940 wirkten. Bammann konzentriert sich bei seiner Analyse auf die Phänomene der Übergangsriten (Geburt, Beschneidung, Heirat, Tod), der Polygamie, Zauberei, Brautpreis-Sitte, Heilmethoden und des politischen Patriarchats (Häuptlingskultur) im Leben der Afrikaner. Im Blick auf die Missionare erstaunt ihre Ignoranz einer biblischen Perspektive von Gebetsheilung und die Selbstverständlichkeit, mit der sie Homöopathie als ihre missionarische Alternative anboten und Ernst Penzhorn sogar bei Krankheit seiner Kinder, wo europäische Medizin versagte, einen traditionellen Medizinmann aufsuchte (S.286). Einleitend befasst sich der Autor mit einer Begriffsbestimmung und missionstheologischen Einordnung von ‚Inkulturation’, wobei die Unterschiede zur Enkulturation, Akkulturation und besonders ‚Interkulturation’ diskutiert werden. Im Schlusskapitel wird die Arbeit der Missionare missionstheologisch ausgewertet. Dabei wird nicht an herber Kritik der kontextuellen Defizite im Wirken dieser Missionare gespart. Es sind die klassischen Fehler aller erwecklichen Missionen des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihrer mangelnden Differenzierung zwischen eigener frommer, konfessioneller Kultur und dem Evangelium und zum anderen mit eben der zu kurz gekommenen Inkulturation des Evangeliums in die Tiefen der religiösen Lebenswelt des afrikanischen Stammes hinein, mit dem die Missionare eng und aufopferungsvoll zusammenlebten. Bammann hat selbst in diesem Gebiet 25 Jahre lang in
Südafrika als Gemeindebetreuer der Das Bestechende an Bammans Buch ist, dass die Missionsarbeit von zwei aufeinander folgenden Generationen dargestellt wird, die zudem kontinuierlich eine einzige Volksgruppe eines einzigen Stammes an einem einzigen Ort mehr als 80 Jahre lang begleiteten. Die Unterschiede zwischen beiden Generationen werden präzise herausgearbeitet und es zeigt sich, dass die Generation der Söhne ihre Akkulturationsvorteile zur Inkulturation nutzten. Der flüssige Erzählstil und die anschaulichen Beispiele von Erlebnissen der Missionare lassen die damalige Zeit für den Leser lebendig und spannend werden. Diese Fallstudie einer zwar paternalistischen, aber vom Rettungseifer erfassten Mission der „ersten Stunde“, die trotz aller Fehler doch viele Menschen mit dem Evangelium erreichte und so die Entstehung afrikanischer einheimischer Kirchen bewirkte, ist ein Gewinn (nicht nur) für missionsgeschichtlich Interessierte. Dr. |
Bär, Hans. Heilsgeschichtlicher Bibelunterricht.
McIlwains Programm ‘Building on Firm Foundations’ im Einsatz unter den Karen
im Bezirk Omkoi (Nordthailand). edition afem - mission academics Bd. 3. Verlag für Kultur und Wissenschaft:
Bonn: 1998. Hans Bär war von 1982-1995 mit der ÜMG in Nordthailand, wo er unter dem Volk der Sgaw Karen arbeitete. Hier lernte er das Programm des Heilsgeschichtlichen Bibelunterrichtes von Trevor McIlwain, ‘Building on Firm Foundations’ kennen und wandte es in seiner Missionstätigkeit an. Im vorliegenden Buch stellt er dieses Programm McIlwains vor. Dabei ist der Untertitel etwas irreführend, da sich von den 150 nur 12 Seiten mit dem Einsatz dieses Programmes unter den Karen beschäftigen. Im Wesentlichen stellt Bär das Programm von McIlwain dar und bewertet es. Dieser Darstellung ist eine weite Verbreitung zu wünschen, denn McIlwains Programm ist eine Form des Bibelunterrichtes, die nicht nur in der Außenmission, sondern auch in Deutschland Bedeutung gewinnen sollte. Je weniger biblisches Grundwissen in einer Gesellschaft vorhanden ist, umso wichtiger wird es, dieses Grundwissen zu vermitteln. McIlwain hat dazu ein Programm entwickelt, das die Vermittlung biblischen Grundwissens zum Inhalt der Missionstätigkeit und der darauffolgenden Gemeindeaufbauarbeit macht. Dem Programm von McIlwain liegt die Erkenntnis zugrunde, daß die Bibel zum großen Teil aus Geschichte besteht. In und durch diese Geschichte wird Gottes Heilshandeln mit der Menschheit deutlich. Darum ist die beste Methode des Bibelunterrichtes, diese Geschichte Gottes mit der Menschheit (Heilsgeschichte) nachzuerzählen. Dies geschieht nach McIlwain in drei Schritten. Zunächst wird die biblische Geschichte (vor allem das AT) nacherzählt (S.24ff), ohne schon im AT von Jesus zu sprechen (S.103). Erst wenn das NT in den Blick kommt, wird von Jesus berichtet. Das Ziel dieses Bibelunterrichtes ist es, die Menschen vor eine Entscheidung für oder gegen Jesus zu stellen. In einem zweiten Schritt werden die neuen Gläubigen gesondert unterrichtet. McIlwain legt sehr viel Wert darauf, Ungläubige und Gläubige nicht gemeinsam zu unterrichten (S.30f). Den Gläubigen wird dann erneut die biblische Geschichte von der Schöpfung bis zum neuen Himmel und der neuen Erde präsentiert, wobei diesmal schon im AT von Jesus die Rede ist (S.30ff). Durch diesen Unterricht sollen die Gläubigen im Glauben weitergeführt werden. In einem dritten Schritt sollen schließlich die im Glauben gewachsenen Christen ein drittes Mal in der biblischen Heilsgeschichte unterrichtet werden. Diese dritte Phase ist zur Zeit noch im Aufbau (S. 38f). Bär bewertet das Modell McIlwains zurecht sehr positiv. Kritisch bemängelt er lediglich die teilweise sehr strikten dispensationalistischen Ansichten McIlwains (S.83ff) sowie die grundsätzliche Ablehnung, in der Evangelisation auf die Bedürfnisse und Fragen der Menschen in den verschiedenen Kulturen einzugehen (S. 103f). Bärs Darstellung selbst liest sich teilweise etwas stockend,
was u.a. den häufigen Zitaten zuzuschreiben ist. Auch die inhaltliche Gliederung
könnte zielgerichteter sein. Nicht immer Dr. Hans-Georg Wünch, em 1999-4. |
Barrett, David; George T.
Kurian; Todd M. Johnson. World Christian Encyclopedia: A Comparative Survey
of Churches and Religions in the Modern World. 2 Bände. Oxford
University Press: New York, Oxford usw., 2001. 1968 schlossen sich Kirchen- und Missionsstatistiker unter Leitung des evangelikalen Missionsmannes David Barrett zu einem Mammutprojekt zusammen, dass 1981 zur ersten Ausgabe der WCE führte, die einer der renommiertesten Wissenschaftsverlage der Welt verlegte. Der Band gewann mit seiner Erfassung aller Denominationen der Welt schnell weit über den christlichen Bereich hinaus Bedeutung, da er zugleich zum Mercedes der Religionsstatistik avancierte, bot er doch für viele Länder einmalige Daten an. Die lang ersehnte zweite Ausgabe auf dem Stand des Jahrs 2000 läßt die erste Ausgabe weit hinter sich, denn viel hat sich in den letzten 20 Jahren getan. Die evangelikale Missionswissenschaft hat jedes Schattendasein abgeschüttelt und längst ist die Missionsstatistik als Motor für Planen, Motivieren und Beten anerkannt. Die vorliegenden Bände bieten eine erdrückende Fülle von Daten zu allen möglichen und unmöglichen Fragen rund um die christlichen Kirchen und die Religionen der Welt. Was wollen sie wissen: Wieviel Geld jährlich in Honduras an christlichen Geldern schätzungsweise veruntreut wird? Wieviel vollzeitliche kirchliche Mitarbeiter auf Hawai arbeiten? Wieviel Geld jährlich für christliche Medien in Deutschland ausgegeben wird? Wieviel mehr ein schweizer Christ für die Mission gibt als ein deutscher Christ? Ob der Islam in Indonesien vor allem durch Bekehrungen oder durch biologischen Zuwachs zunimmt? Wieviele charismatische und pfingstkirchliche Denominationen und Splittergruppen in Kanada beheimatet sind? Wieviele Märtyer es im Laufe der Geschichte schätzunsgweise gegeben hat? Wieviele Evangelikale in Köln wohnen? Oder wann die methodistische Kirche in Paraguay gegründet wurde? Neben den umfangreichen Registern, Begriffserklärungen, Abkürzungs- und Literaturverzeichnissen, dem Adressverzeichnis und einem Atlas finden sich folgende großen Blöcke in den beiden Bänden: * Übersichtstabellen zur weltweiten Situation (24 S. in Bd. 1) * Darstellung der Länder der Erde (neben den Statistiken jeweils mit Texten zur Lage der Menschenrechte, der Religionsfreiheit und des Verhältnisses von Religion und Staat, sowie der Geschichte und Stand der Religionen und der Christenheit) (800 S. in Bd. 1) * Zahlen zu den 270 größten Religionen (12 S.) * Zahlen zu 12.600 Völkern und Volksgruppen, inkl. des Status der Evangelisation (230 S.) * Daten zu 13.500 Sprachen und Dialekten der Welt einschließlich des Status der Bibelübersetzung (290 S.) * Daten zu 7.000 Großstädten (85 S.) * Daten zu 3.030 Provinzen der 238 Länder der Welt (30 S.) Wie zuverlässig sind die Daten? Trotz der umfangreichen Mitarbeiterliste und der vielen Literaturlisten (etwa pro Land) ist es natürlich unmöglich, jeweils anzugeben, wie jede Zahl errechnet wurde. Die Ausführungen zur Frage, wie die Daten erhoben wurden, sind recht dünn und David Barrett ist dafür bekannt, seine Daten ungern mit anderen auszutauschen und zu diskutieren, ganz im Gegensatz etwa zum Autorenteam bei ‘Operation World’ um Patrick Johnstone. Die gigantische Organisation zum Datensammeln, die Barett aufgebaut hat, erfaßt sicher fast jede Kirchen- und Religionsstatistik, die irgendwo erstellt wird und dort, wo keine anderen Daten vorliegen, wird man ihm wohl folgen müssen. Dennoch dürfte der Anspruch des Vorwortes, mit den Bänden ausschließlich Fakten und keine Interpretation zu liefern, kaum zu halten sein. Denn wie will man etwa die Zahl der „Great Commission Christians“, also die Zahl derer, die den Missionsbefehl persönlich ernst nehmen, erheben, ohne zu interpretieren, wo doch kaum ein Pastor diese Zahl für seine Gemeinde angeben könnte. Missionsstatistik ist seit William Carey 1792 mit einem missions- und religionsstatistischen Buch die moderne Phase der evangelischen Weltmission ausgelöst hat, unverzichtbar, aber sie sollte sich nicht überhöhen und sich einen Wahrheitsgrad zumessen, den es in einer sich ständig ändernden und nicht zu überschauenden Welt einfach nicht gibt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Bauckham,
Richard. Bible
and Mission: Christian Witness in a Postmodern World. Carlisle: Paternoster, Grand Rapids: Baker,
2003. Das vorliegende Bändchen des britischen Neutestamentlers
Richard Bauckham (University of St. Andrews, Schottland) geht auf zwei Vorlesungsreihen
zurück. Der Stil der Vorlesungen wurde weitgehend beibehalten, jedoch durch
Fußnoten ergänzt. In „A Hermeneutic for the Kingdom of God“ beschreibt B.
zunächst unter den Stichworten „zwischen McWelt und Jihad“ die Situation der
Welt nach dem 11. September 2001. Die sich universalisierende Kultur, die
gegenwärtig alle Partikularität und Verschiedenheit zu unterdrücken
trachtet, ist der globale Kapitalismus, in dem B. eine sechste große universale
Ordnung sieht (nach dem antiken Griechenland und Rom, dem mittelalterlichen
Christentum, dem Islam und der von der Aufklärung bestimmten Zivilisation
der westlichen Moderne). Diese universalen Kulturen sind geprägt von einer
eigenen Meta-Erzählung (narrative) und ihrem Drang nach Globalisierung mit
der einhergehenden Unterdrückung anderer Kulturen („… with the
ever-increasing threat to local cultures throughout the non-western world by
the so-called Coco-colonization of the world, the relentless universalization
of commercialized American culture“, 7). Im Gegensatz zu diesem Trend
gewährt und fördert das Christentum historisch und gegenwärtig kulturelle
Hete-rogenität. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Partikularen und
dem Universalen ist eine Leitfrage des Autors. Nach dieser hilfreichen
Analyse geht es um eine Hermeneutik für das Reich Gottes. B. will die
missionarische Ausrichtung der Bibel ernst nehmen und ihre Bewegung vom
Partikularen zum Universalen nachzeichnen: „This is a universalist direction
that takes the particular with the utmost seriousness. Christian communities or individuals are
always setting off from the particular as both the Bible and our own
situation defines it and following the biblical direction towards the universal
that is to be found not apart but from within other particulars. This is
mission“ (11). Diese Bewegung hat in der Bibel eine zeitliche („mission is a
movement into the new future of God), eine räumliche („mission is a movement
towards ever-new horizons“) und soziale Dimension („mission is a movement
that is always being joined by others, the movement, therefore, of an
ever-new people“, 13-15). Durch viele Beispiele zeigt B. überzeugend: „The
realistic narratives of Scripture portray only the ever-recurrent setting
out from the particular towards the universal in a movement which can move
in a universal direction only by way of other particulars, since the goal is
not an abstract universal but the ingathering of all particulars into the one
kingdom of the one God“ (16). Kapitel zwei zeichnet diese Bewegung „Von dem Einen zu den Vielen“ im AT nach (27-54): von Abraham zu allen Geschlechtern der Erde, von Israel zu allen Völkern, von dem in Zion herrschenden König zu den Enden der Erde und zu allen über den Weg des Geringsten (die Erniedrigung Christi und die Torheit des Kreuzes): „… God’s purpose begins with a singular choice: God singles out first Abraham, then Israel, then David. The three movements that begin with these three choices by God each has its own distinctive theme, one aspect of God’s purpose for the world. … The trajectory that moves from Abraham to all the families of the earth is the trajectory of blessing. The trajectory that moves from Israel to all the nations is the trajectory of God’s revelation of himself to the world. The trajectory that moves from God’s enthronement of David in Zion to the ends of the earth is the trajectory of rule, of God’s Kingdom coming in all creation“ (27). Kapitel drei untersucht den geographischen Horizont der Bibel („Geography - Sacred and Symbolic“, 55-81). B. fragt nach dem Bewusstsein der Bibel für die Völkerwelt und nach ihren geographischen Horizonten (Völkertafeltradition, Völkerorakel der Propheten, die Enden der Erde in atl. Sicht in verschiedenen Himmelsrichtungen) sowie nach dem Verhältnis von Jerusalem als Zentrum und dem Horizont der Völkerwelt. Abschließend geht es um die Bedeutung der Sendung Israels zu den und für die Völker schon im AT und um das bleibende „Diaspora-Wesen“ des Volkes Gottes. Das abschließende Kapitel beschreibt das christliche Zeugnis für die Wahrheit in einer postmodernen und globalisierten Welt. Dazu zählen die biblische Meta-Erzählung und die postmoderne Kritik und ihr Wesen als eine nicht-moderne Meta-Erzählung ganz anderen Charakters. Ferner geht es um diese biblische Geschichte und die ökonomische Globalisierung, in der B. einen neuen Imperialismus sieht und sie einer vernichtenden Kritik unterzieht. Die Folgen der biblischen Geschichte für die Bezeugung der Wahrheit werden deutlich (die ganz andere Qualität der Herrschaft Gottes). B. beleuchtet das christliche Zeugnis angesichts sich globalisierender Mächte (so schon urchristlich gegenüber den Ansprüchen des römischen Reichs) sowie die biblische Geschichte und ihre Betonung kultureller Verschiedenheit. Prof. Bauckham hat für Bibelwissenschaftler, Missiologen, Missionare und alle an Mission Interessierten ein enorm inspirierendes Büchlein vorgelegt, das hilft, die Mission der Kirche zu verstehen und als integralen Bestandteil von Gottes Geschichte mit dieser Welt zu sehen, nämlich als Teil der biblische Meta-Erzählung des Reiches Gottes. Trotz seines geringen Umfangs enthält dieses klar und verständlich geschriebene Buch viele wichtige und herausfordernde Gedankenanstöße für unser Verständnis der Bibel, der gegenwärtigen globalen Entwicklungen und – daraus abgeleitet – unserer missionarischen Aufgabe. Prof.Dr. Christoph Stenschke, em 2005-4. |
Baumann, Andreas. Der Islam – Gottes Ruf zur Umkehr? Eine
vernachlässigte Deutung aus christlicher Sicht. Basel: Brunnen Verlag
2003. Andreas Baumann greift ein Thema auf, das in der neueren theologischen Diskussion um den Islam bisher am Rande stand. Diese bewegt sich weitgehend im Spannungsfeld zwischen Dialog und Harmonisierung einerseits sowie Apologetik und missionarischem Handeln andererseits. Andreas Baumann aber stellt die alte Frage nach dem Platz des Islam im Weltregiment Gottes und nach dem, was Gott der Christenheit mit dem Islam sagen möchte. Gewiss sieht der Verfasser die vielfachen Herausforderungen des Islam an die christliche Kirche und ihren Glauben, stellt aber fest, dass gegenwärtig neben Abgrenzung, Mission und Dialog die christliche Selbstkritik und der Ruf zur inneren Umkehr weitgehend fehlen. A. Baumann geht der biblischen Sicht vom Gericht Gottes nach und befragt die Kirchen- und Theologiegeschichte nach Beispielen für eine Deutung des Islam als Gerichtshandeln und Bußruf Gottes. Das bekannteste Beispiel ist sicher Martin Luthers Ruf an die Deutschen zur inneren Umkehr angesichts der Türkengefahr (der Islam als „Zuchtrute“ Gottes). In weiteren Kapiteln zeigt A. Baumann auf, wie und warum die christliche Kirche von der Zeit Muhammads an bis heute im Blick auf den Islam versagt hat und welche Verheißung darauf liegt, dass Christen angesichts dieses Versagens zum biblischen Evangelium umkehren. Ein Anhang mit kurzen Überblicken über die Kernländer des Islam, über die wichtigsten orientalischen Kirchen und die Hauptgründe für das Entstehen des Islam sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis und ein Register der Anmerkungen runden das Buch ab und regen zum weiteren Arbeiten an. Es ist A. Baumann zu danken, dass er dieses lange vernachlässigte Thema aufgegriffen und neu zum Bewusstsein gebracht hat. Sein Buch hat theologische Tiefe und ist doch leicht lesbar. Es sei allen, die sich über das Phänomen Islam und die Welt der Muslime mehr Klarheit verschaffen wollen, sehr zur Lektüre empfohlen. Eberhard Troeger, em 2004-4. |
Baumann, Andreas. Der Orient für Christus: Johannes Lepsius
- Biographie und Missiologie. TVG Brunnen: Gießen 2007. Dr. Johannes Lepsius (1858-1926) war eine faszinierende und vielschichtige Persönlichkeit; heute jedoch ist er meist nur noch wegen seines Einsatzes für die Armenier während der Zeit des Genozides bekannt. Der Rahmen für seine diesbezügliche Tätigkeit war Lepsius‘ umfassenderes Missionsengagement als Gründer und Direktor der Deutschen Orient-Mission und der Dr. Lepsius Deutschen Orient-Mission und seine Aktivitäten als profilierter theologischer Autor und als Herausgeber von Missionszeitschriften. Für den deutschsprachigen Bereich darf er als einer der Pioniere der christlichen Mission unter Muslimen gelten. Seine sehr vielgestaltigen Aktivitäten können nur recht verstanden und eingeordnet werden mithilfe eines tiefgehenden Verständnisses seiner Theologie und Missiolo-gie, die die Grundlage und Motivation für seine ganze Arbeit darstellen. Sie sind der „innere Schlüssel“, um Lepsius recht zu verstehen. Ein missiologisches Forschungsprojekt über Johannes Lepsius muss sich mit vielen Hindernissen auseinandersetzen: Es muss ein enormer Umfang von Archivmaterialien bewältigt werden, zu denen gerade erst – parallel zu dieser Forschungsarbeit – ein ausführliches KatalogVerzeichnis erarbeitet wurde. Zudem gibt es die von Lepsius gegründeten Missionsgesellschaften seit rund einem halben Jahrhundert schon nicht mehr. Da Lepsius ein recht eigenständiger Denker war, der in kein theologisches und missiologisches Lager so recht hineinpasste, hat er auch keine direkten Nachfolger gehabt, die sein Erbe weitergeführt hätten. Außerdem hat Lep-sius sein Missionsdenken in keinem zusammenhängenden Werk veröffentlicht. Vielmehr muss es aus seinen theologischen Werken und aus der Vielzahl seiner Artikel in Missionszeitschriften herausgearbeitet werden. Jedoch ist Johannes Lepsius von solch herausragender Bedeutung, dass sein Werk und sein Denken eine sorgfältige Untersuchung und systematische Interpretation verdient. Andreas Baumann hat in seiner nun in Buchform erschienenen Doktorarbeit diese Aufgabe gekonnt übernommen. Er erarbeitet darin erstmalig einen zusammenhängenden und vollständigen Überblick über Johannes Lepsius‘ Missiologie, die er somit auch für Fragestellungen der Gegenwart fruchtbar macht. Als notwendiges Nebenprodukt hat er die bisher umfangreichste Biographie über Johannes Lepsius geschrieben (113 S.); denn Lepsius und seine Schriften können nur in ihrem Kontext recht verstanden werden. Baumann wendet deshalb gekonnt einen literarhistorischen Ansatz auf die Quellen an, der es ihm ermöglicht sie in ihren Kontext eingebettet zu deuten und so auch Entwicklungen im Denken von Johannes Lepsius im Laufe seines Lebens aufzuspüren. Es ist sinnvoll, dass die Untersuchung sich auf die Missiologie von Lepsius beschränkt, da keiner der vielen anderen Aspekte seines Lebenswerkes bisher in der Tiefe erforscht wurde – mit Ausnahme seines Einsatzes für die Armenier. Diese äußerst umfangreiche Aufgabe bleibt anderen Studien vorbehalten. Baumann tut auch gut daran, dass er seine Studie nur auf die veröffentlichten Quellen von Lepsius beschränkt und nicht auf die unzähligen unveröffentlichten Manuskripte, Notizen und Briefe ausdehnt. Auch sieht die Arbeit zu recht ab von dem Versuch einer erschöpfenden Analyse der vielfältigen Ursprünge, Wechselwirkungen und der Wirkungsgeschichte von Lepsius‘ Theologe und Missiologie, was Aufgabe einer weiteren Forschungsarbeit von gleicher Größenordnung wäre. Die Primärliteratur und die relevante Sekundärliteratur wurden – soweit feststellbar – vollständig ausgewertet, wobei die Bibliographie des Buches einen beeindruckenden Umfang von 54 Seiten aufweist. Die einzelnen Kapitel des Buches beschäftigen sich mit Lepsius' Biographie, seiner Theologie (115 S.), seiner Missionsarbeit unter Muslimen (110 S.) und wichtigen missiologischen Einzelfragen (101 S). All dies wird eingerahmt von einer Einleitung und einem Schlussteil (50 S.), der Johannes Lepsius‘ „Missiologisches Erbe“ herausarbeitet. Der entscheidende Forschungsbeitrag von Baumann ist dabei die Rekonstruktion der Missiologie von Johannes Lepsius, die er zunächst ausführlich untersucht und danach in 18 Thesen prägnant zusammenfasst. Dabei wird überzeugend die Eigenständigkeit von Lepsius herausgearbeitet und es wird deutlich, dass kein heutiges „missionstheologisches Lager“ ihn – etwa im Gegensatz zu anderen – gänzlich für sich beanspruchen kann. So finden sich beispielsweise sowohl wichtige Gemeinsamkeiten mit der gegenwärtigen deutschsprachigen evan-gelikalen Missionstheologie als auch markante Unterschiede. Sorgfältig werden im Schlussteil des Buches noch beispielhaft einige der wichtigsten Aspekte der Missiologie von Johannes Lepsius in Beziehung gesetzt zur Fragestellung nach dem Verhältnis von Mission und gesellschaftlicher Verantwortung, wobei der Autor hierbei sein eigenes missiologisches Profil erkennen lässt. Es wird dabei deutlich, dass eine Beschäftigung mit Johannes Lepsius‘ Missiologie auch durchaus fruchtbar sein könnte für die heutige missio-logische Diskussion, wie etwa für den ökumenisch-evangelikalen Dialog über das rechte Missionsverständnis. Dr. Christof Sauer, em 2008-3. |
Baumann, Andreas. Die Apostelstraße. Eine
außergewöhnliche Vision und ihre Verwirklichung. Brunnen Verlag: Giessen, 1999. Andreas Baumann, Absolvent des Theologischen Seminars St. Chrischona und Prediger in Rheinfelden, hat sein missiologisches Studium in Korntal mit einer Forschungsarbeit über die berühmte „Apostelstraße“ abgeschlossen. Die vom Gründer der Pilgermission St. Chrischona, Christian Fr. Spittler (1782-1867), angeregte Straße sollte über eine Kette von 12 Missionsstationen von Jerusalem durch das Niltal in das Hochland von Äthiopien führen. Zwischen 1860 und 1875 wurden 5 Orte in Ägypten und im Sudan mit Handwerkermissionaren der Pilgermission besetzt. Schließlich scheiterte jedoch das Projekt u. a. an politischen und finanziellen Ursachen. Die Apostelstraße wird immer wieder in der Missionsliteratur erwähnt und hat – bis heute – die Gründung von missionarischen Vorposten und Gemeinden an strategisch wichtigen Routen angeregt. Es fehlte bisher aber eine gründliche Erforschung der Quellen, des historischen Umfeldes und der Wirkungsgeschichte der Apostelstraße. Deshalb konnte die „Apostelstraße“ als romantische Idee Spittlers ein wenig belächelt werden. Das hat sich durch die Arbeit von Andreas Baumann geändert. Es ist ihm zu danken, daß er das reichlich vorhandene Archivmaterial sowie die Sekundärliteratur umfassend gesichtet und ausgewertet hat. Dadurch ist es nun möglich, die Apostelstraße mit konkreten Menschen, ihren Erwartungen, Mühen und Enttäuschungen zu verbinden. Dadurch wird auch das geistliche und missionarische Denken aller an der Apostelstraße Beteiligten besser sichtbar. Über „Tränensaat“ und „Freudenernte“ muß in der Missionsarbeit immer wieder nachgedacht werden – gerade in unserer, sehr an der aufweisbaren Leistung orientierten Zeit. Insofern ist A. Baumanns Arbeit nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Missionsgeschichte des 19. Jahrhunderts, sondern auch die Beschreibung eines geistlich-missionarischen Vermächtnisses, dem viele Leser und Nachahmer zu wünschen sind. Eberhard Troeger, em 1999-4. |
Baumert, Manfred. Natürlich – übernatürlich: Charismen entdecken und weiterentwickeln. Frankfurt: Peter Lang, 2011. „Mission geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes“, formuliert die Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM), und Gottes Geist „schenkt verschiedene Gaben für Dienst und Leben“. Diese Worte unterstreichen die zentrale Bedeutung des Heiligen Geistes in der Mission. Zudem haben wir heute eine Generation von jungen Mitarbeitern, die hervorragend ausgebildet ist und voller Leidenschaft, jedoch auch tief verunsichert in unserer mega-optionalen Welt. Sie sehnen sich nach Gewissheit und erwarten eine gute Übereinstimmung von Gaben und Aufgaben. Darum kommt heute Persönlichkeits- und Gabentests eine besondere Bedeutung in der Auswahl von Mitarbeitern, Arbeitszuweisung und Begleitung zu. Wie werden Charismen entdeckt und gefördert? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Dissertation von Manfred Baumert, Studienleiter am Theologischen Seminar Adelshofen, die jetzt als Buch vorliegt. Sie erforscht diese Thematik im deutschen, landeskirchlichen Kontext und spannt dabei einen weiten Bogen: Er beginnt mit einem kirchengeschichtlichen Überblick, wie Chrysostomos, Thomas von Aquin, Luther, Schleiermacher, Max Weber, Rahner, Zinzendorf und Blumhardt die Gnadengaben verstanden haben. Anschließend diskutiert Baumert die aktuellen systematisch-theologischen Fragen. Oft ergibt sich dabei ein Dreiklang von menschlicher Disposition, verbunden mit dem unbegreiflichen Wirken von Gottes Gnade (soteriologisch) und dem Weltwirken von Gottes Geist, und seinem Wirken in der Gemeinde (112). Es folgt eine exegetische Analyse der wesentlichen Bibelstellen (115-139), bevor Baumert die gängigen Gabentests von Christian Schwarz, Bill Hybels, Obenauer, Xpand/EC und APPLE (Frost & Hirsch) vorstellt und ihre Stärken und Schwächen untersucht. Alle Kurse empfindet Baumert als pragmatische Konzepte, die auf gründliche Exegese wenig Wert legen. Gaben und Aufgaben entsprechen einander und Fehler in ihrem Gebrauch werden einkalkuliert (155). Am besten beurteilt er noch Oberauers Kurse (für Jugendliche und für Erwachsene), weil sie relativ gut theologisch arbeiten, auf deutsche Landeskirchen normiert (176) ist und Gemeindemitarbeiter im Fokus hat (171). Bei B. Hybels hebt er die Integration von Frucht und Gaben des Geistes, natürlichen Interessen und Fähigkeiten mit dem Persönlichkeitsstil hervor (170); zudem nimmt hier die Motivation durch Liebe sowie der Wunsch, Gott zu verherrlichen und zum Bau der Gemeinde beizutragen, die zentrale Rolle ein (169). Baumert diskutiert dann forschungstheoretische Aspekte (191-202) und entwickelt die Methodik für seine empirische Umfrage unter Pfarrer/innen der badischen Landeskirche: ein Online-Fragebogen (202-228) mit qualitativen und quantitativen Items. Bei den empirischen Ergebnissen (272-344) fällt auf, dass 77% der befragten Pfarrer/innen geistliche Gaben vorwiegend als Kombination von natürlichen Anlagen und Geistwirkung verstehen (281); 62% sind überzeugt, dass diese bereits bei der Geburt (62%) empfangen werden (285), nicht bei der Taufe. Sie sehen geistliche Gaben vor allem in Leitung (44%), Musik (33%), Verkündigung (24%), Gebet (24%), Lehre (24%), Organisation (22%), Seelsorge (19%), Besuchsdienst (16%), handwerklichen Fähigkeiten (16%), während die paulinischen Gaben Geisterunterscheidung (8%) und Prophetie (6%) nur sehr selten genannt wurden (295). Hier spiegelt sich der landeskirchliche Kontext wider, der beachtliche Unsicherheit hinsichtlich des dritten Glaubensartikels aufweist. Wie entdecken Gemeindeglieder ihre Gaben? Die badischen Pfarrer nannten vor allem (312): ein Gemeindebild, dass jeder Christ begabt sei (79%), motivierende Gemeindeziele (74%), Lob und Vertrauen in der Gemeinde (68%), gegenseitiges Ergänzen in den Aufgaben von Hauptamtlichen (63%), Einsetzen von Gemeindegliedern, wo Mitarbeiter fehlen (48%), Pfarrer geben Hilfestellung zum persönlichen Glauben (37%), Einüben von Gaben in Kleingruppen (34%), Reaktion auf Verkündigung (32%), Mitvollziehen geistlich-pastoraler Handlungen wie Segnen, Fürbitte (29%), Gebet um Gaben (23%), regelmäßige Einzelgespräche über Ämter und Aufgaben (23%), während Lernen von charismatischen Personen (12%), Vorträge zu Geistesgaben (10%) und überregionale Konferenzen (5%) nur selten genannt wurden. Dabei verstehen sich Pfarrer als Schlüsselperson, die das prozesshafte Erlernen von Gaben an Gemeindeaufgaben und Ausprobieren in der Gemeinschaft vermitteln (294). In diesem Kontext wachsen viele der neuen Missionare heran! Woran werden geistliche Gaben erkannt? Die Pfarrer nannten hier vor allem Pragmatisches (361): der Einzelne erlebt Freude bei Aufgaben (89%), geistliche Stärkung in der Gemeinschaft (71%), geistliche Veränderung (63%), Dienstbereitschaft (62%), Bedürfnis zur Mitarbeit (61%), Interesse an geistlicher Gemeinschaft (61%), Entwicklung der eigenen Identität (60%), Menschen kommen zum Glauben (60%). Die Studie belegt, dass Gabentests gegenwärtig noch relativ wenig (2-8%) verwendet werden (344) und mehr der Bestätigung erkannter Gaben dienen als dem Entdecken von neuen. Korrelationsanalysen decken weitere empirische Zusammenhänge auf im Hinblick auf Gebet, Gabenverständnis und Gemeindetypus (345-360). Die Online-Umfrage ist ergänzt durch Interviews mit Gemeindegliedern, die Baumert sorgfältig hinsichtlich Wortwahl, Syntax und Themen analysiert (313-328) und zu Profilen verdichtet (366-388). Dabei fällt auf, dass auch viele Gemeindemitarbeiter Schwierigkeiten haben, ihre Gaben zu erkennen. Zum Vergleich dienen Interviews mit Gemeindegliedern einer charismatisch-pentekostalen Gemeinde (365-375), bei denen Heilung, Prophetie, Glossolalie und Visionen eine zentrale Rolle spielen. Sie sehen eine enge Verbindung zwischen persönlicher Berufung und geistlicher Begabung (375) – oft in Bereichen früherer Defiziterfahrungen – jedoch keine zwischen Begabung und Persönlichkeit. Trotz übernatürlicher Zuweisung müssen diese eingeübt und durch Dritte bestätigt werden (377). Mitarbeiter mit unauffälligen Gaben stehen dabei im Hintergrund und benötigen eine gehorsame Haltung (375). Baumert fasst seine Ergebnisse in 46 Thesen zusammen, wie landeskirchliche Gemeinden geistliche Gaben in ihrer Mitte besser entdecken und zur Entfaltung bringen können (395-432). Es sind praktische Vorschläge, die in jeder Gemeinde umgesetzt werden können; dazu dient auch die umfassende Bibliographie. Das vorliegende Buch überzeugt durch seine empirischen Ergebnisse. Die Kombination von Online-Umfrage mit quantitativen und qualitativen (offene) Fragen plus Interviews von Pfarrern und Gemeindegliedern gewährt einen tiefen Einblick in das theologische Verständnis von Charismen und die Gemeindepraxis von badischen landeskirchlichen Gemeinden. Mit ihrer Kombination von verschiedenen Befragungstechniken, detaillierter Diskussion der Forschungsmethodik (228-271) und komplexer Sprachanalyse setzt sie auch methodisch Maßstäbe; sie stellt eine Fundgrube und Inspiration dar für jeden, der eine empirische Studie plant. Die numerischen Ergebnisse sind graphisch vielfältig (nicht immer konsistent) aufbereitet. Jedoch täuschen die Nachkommastellen eine Präzision der Ergebnisse vor, die dem (begrenzten) Umfang der Stichprobe (N=139) nicht entspricht, die bereits eine statistische Unschärfe von ± 4-8% vorgibt. Dem Genre Dissertation ist die theologische und soziologische Fachsprache, abstrakten Konzepte und komplexe Syntax geschuldet, die für Akademiker einen sprachlichen Genuss darstellen mögen, jedoch Lesefluss und Verstehen erschweren. Trotz dieser geringen Einschränkungen bietet das Werk wertvolle Impulse für den missionarischen Gemeindeaufbau und für die Mitarbeiterführung in Missionswerken. Detlef Blöcher, em 2012-3. |
Beck, Hartmut (Hg.): Wege in die Welt. Reiseberichte aus 250 Jahren Brüdermission. VELM:
Erlangen, 1992. Dieses Buch stellt eine Ergänzung zu Hartmut Becks Geschichte der Brüdermission mit dem Titel „Brüder in vielen Völkern“ dar. Rund 20 Texte geben bis zum Jahr 1916 Einblick in etwa 200 der 250 Jahre Mission der Herrnhuter Brüdergemeine. Allerdings wird hier nicht die Missionsarbeit selbst dargestellt, sondern die Reisen der Missionare in die Polarregion, die Karibik, nach Zentralasien, Indien und Grönland und die damit verbundenen erheblichen Schwierigkeiten. Schwere Unwetter, Schiffbruch, Krankheit, Verwicklung in Kriege und Gefangenschaft, feindselige Schiffsmannschaften, Geldmangel und Hunger, Ausgeliefertsein aufgrund ihrer Rechts- und Schutzlosigkeit und vor allem Einsamkeit angesichts der gewaltigen Aufgabe der Pioniermission kennzeichneten die oft monatelangen Reisen an die entlegenen Bestimmungsorte der ausgesandten Männer und Frauen. Daß alle Texte aus Tagebüchern und eigenhändigen Reiseberichten stammen, macht das Buch zu einem eindrücklichen Zeitzeugnis. Christine Schirrmacher, em 1995-1. |
Beck, Hartmut. Brüder in vielen Völkern. 250 Jahre Mission der Brüdergemeine. Verlag der Evg.-Luth. Mission, Erlangen 1981. Herrnhut, das ist die Mutter der deutschen evangelischen Missionen. (Die noch ältere dänisch-hallesche Mission gibt es ja schon lange nicht mehr). Nicht nur, daß Herrnhut die älteste Mission ist, es hat auch für die Entstehung der großen Missionen (wie Basel, Berlin oder Leipzig) wichtige Vorarbeiten geleistet. Interessant ist auch die Struktur der Herrnhuter Brüdergemeine als einer „volkskirchlichen Freikirche“, bei der fast von Anfang an Weltmission wichtiges Grundelement des Auftrags der Kirche war. Das hatte zur Folge, daß heute der weitaus größte Teil der Moraven in den „Missionsgebieten“ lebt. Außerdem ist die Brüder-Unitat eine der wenigen internationalen evangelischen Kirchen. Hartmut Beck, Missionarskind (geboren in Surinam), Missionar (in Tansania) und Pfarrer einer Brüdergemeine (in Hamburg) hat zum 250jährigen Jubiläum der Herrnhuter Missionsarbeit ein bedeutendes und gut lesbares Buch veröffentlicht, das das bisherige, von Karl Müller und Adolf Schulze zum 200jährigen Jubiläum erschienene Buch ablöst. Das Buch ist auch interessant für den, der sich mit Fragen der Gemeindestruktur und ihren Veränderungen beschäftigen will. Geschickt ist auch seine Darstellung der Verflechtungen zwischen Mission, Kolonialismus, Sklaverei, Sklavenbefreiung, Handel und Predigt. Weil er die historischen Details kennt, vermeidet er Generalisierungen. Er zeigt, wie sowohl die Identifikation mit den Opfern des Kolonialismus als auch Gehorsam gegenüber der Obrigkeit (in jeweils unterschiedlicher Mischung) geistliche Realitäten waren (lesen Sie einmal auf S. 248/9 die Geschichte von der Nichteroberung Silos). Klaus Fiedler, em 1985-2 |
Becken, Hans-Jürgen. Wo der Glaube noch jung ist: Afrikanische Unabhängige Kirchen in Süd-Afrika.
Erlangen, 1985. Das Buch ist eine wesentliche Bereicherung der immer noch spärlichen deutschen Literatur über die Afrikanischen Unabhängigen Kirchen (AUK), die immerhin mit 33 Millionen Anhängern gut 15% der afrikanischen Christenheit ausmachen. Das Bestechende an diesem Buch ist es, daß die Vertreter der AUK selbst ausführlich zu Wort kommen. Das kann nur jemand präsentieren, der wie Becken seit 1951 in Afrika tätig ist und seit 1965, also seit zwanzig Jahren, eng mit diesen Kirchen zusammenlebt. Allein als solche erzählerisch beschreibende Darstellung der AUK in Selbstzeugnissen ist es ein gelungenes Werk, das eine würdige Weiterführung und Aktualisierung der Arbeit Bengt Sundklers („Bantupropheten in Südafrika“, 1964) ist. Becken will aber mehr als nur darstellen. Er möchte die AUK als ebenbürtigen Partner im ökumenischen Gespräch vorstellen, der einen substantiellen Beitrag zur afrikanischen Theologie und zur Mission in Afrika liefern kann. Für ihn sind diese von den Missionskirchen unabhängig gewachsenen Gemeinschaften eine authentische „afrikanische Antwort auf die christliche Botschaft“ (S.11), eine „missionarische Bewegung“ (S. 274) der weltweiten Kirche Jesu Christi. Sehr überzeugend
wird das Besondere am Beitrag des AUK-Christentums herausgestellt: das ganzheitliche Heilsverständnis (in der Zusammenschau von
Seelenrettung und körperlicher Heilung),
die Bedeutung der prophetischen
Heiler als begeisternde Vorbilder
und die missionarische Wirkung der Gemeinschaft der „geheilten Heiler“,
die sich durch Fürbitte (in
Heilungsgottesdiensten) und durch Fürsorge (in Heilungsheimen) um
das Leid des Nächsten kümmert. Ausführlich wird die vielfältige Verwendung von Symbolen beschrieben (z.B. Asche, Wasser, Berge, Fahnen, Kerzen), und die Theologie des Liedgutes eines AUK wird exemplarisch herausgearbeitet. Die Schlußkapitel geraten zu einem dringenden Appell an die westlichen und afrikanischen Missionskirchen, in den Dialog mit den AUK einzutreten und sie als gleichgesinnte Missionspartner für Afrika anzusehen. Denn es wäre zu den nun über 6000 AUK in Afrika nicht gekommen, wenn es nicht die Missionskirchen gegeben hätte, von denen sich die ersten abgespalten hatten (seit 1819), deren Führer aber viel von ihren Mutterkirchen mit herübergenommen haben und die auch nur dort Kirche bauen konnten, wo ihnen die Bibel in ihrer Muttersprache zur Verfügung stand. Der theologisch Interessierte vermißt vielleicht ein gründlicheres Eingehen auf die Synkretismus-Problematik. Ekklesiologische Bedenken erheben sich bei der von Becken so euphorisch geschilderten Massenbewegung des Cancele-Kultes, den er als gelungene Weiterführung der AUK im Sinne einer das ganze Volk erfassenden Kirche versteht. Fasziniert hier nicht das Ideal der Volksnähe (,,Volkskirche“) mehr als das biblische Ziel der Christusnähe? „Wo der Glaube noch jung ist“ ‑ ein markanter Meilenstein zur Orientierung auf dem verschlungenen Pfad der Begegnung mit den unabhängigen Kirchen in Afrika. Detlef Kapteina, em 1986-4. |
Becker, Dieter. Die Kirchen und der Pancasila-Staat:
Indonesische Christen zwischen Konsens und Konflikt. Missionswissenschaftliche Forschungen NF 1. Verlag der Ev.-Luth.
Mission: Erlangen, 1996. Auch wenn die Lage der Kirche Jesu in keinen zwei Ländern der Erde wirklich gleich ist, gibt es kaum ein Land der Erde, in dem die Kirche auf eine so einmalige Situation stößt, wie in Indonesien. Das Land ist islamisch und doch ist der Islam nicht Staatsreligion. Als m. W. einziger Staat der Erde macht Indonesien weder eine bestimmte Religion zur Staatsreligion, noch ist er religiös indifferent, sondern erhebt den Glauben an einen Gott zu einem der staatstragenden Säulen der Staatsphilosophie, der ‘Pancasila’. (Vgl. meine Beiträge „Religion ist Pflicht in Indonesien“ Idea-spektrum 56/57/1981 vom 21.10.81 und „Javanische Mystik“. Factum 10/1987: 3-6). Dieter Becker stellt in seiner Heidelberger Habilitationschrift von 1993 die Geschichte und Gegenwart der protestantischen Missionen und Kirchen in Indonesien dar, wobei der Schwerpunkt bei den älteren Kirchen liegt. Bedauerlich ist, daß Becker praktisch nur die im Nationalen Kirchenrat zusammengefaßten Kirchen berücksichtigt und die außerhalb stehenden und meist auch jüngeren Kirchen, die aus der indonesischen Erweckung entstanden sind, nur am Rande erwähnt (z. B. S. 260-261 die Einschätzung „charismatischer“ Gruppierungen). Dabei geht es Becker aber nicht um die Missionsgeschichte an sich, sondern um ihr Verhältnis zur politischen Ordnung des Landes in der Kolonialzeit, der ersten Phase der Unabhängigkeit unter Präsident Sukarno bis 1965 und der gegenwärtigen Struktur seit 1966 unter Präsident Suharto. Der Leser bekommt dabei auch einen ausgezeichneten Überblick über die politische Geschichte Indonesiens bis Mitte der 80er Jahre. Die Reaktionen der protestantischen Kirchen auf die politischen Gegebenheiten erhebt Becker minutiös aus einer Großzahl von Quellen und aus seiner vor Ort gesammelten Einsichten. Ich kenne derzeit kein Buch, das Missionaren oder Missionsgesellschaften einen besseren Einblick in die ‘Pancasila’ und in das ungewöhnliche Verhältnis von Religion und Politik in Indonesien und die Reaktionen der christlichen Kirchen darauf gibt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-1. |
Bediako, Kwame. Theology and Identity. The Impact of Culture upon Christian Thought in the Second Century and in Modern Africa. Oxford: Regnum Books, 1992. Ist es möglich, als Afrikaner seine eigene Kultur, Tradition und religiöse Vergangenheit voll zu bejahen und zugleich überzeugter Christ zu sein? Lassen sich Afrikanersein und Christsein miteinander verbinden, oder gilt, wie der renomierte presbyterianische Theologe Bediako aus Ghana nachdrücklich in Kap. 6 beschreibt, auch heute noch wie vielfach bis zur Mitte dieses Jahrhunderts alles Afrikanische als heidnisch und damit als unwertvoll, unwichtig, abzulehnend? Demgegenüber betont Vf.: „Ohne Erinnerung (an das Alte) haben wir keine Vergangenheit, und ohne Vergangenheit haben wir unsere eigene Identität verloren, denn die Vergangenheit ist auch unsere Gegenwart.“ (237) Die missionarische Verkündigung trifft in Afrika weder auf eine religiöse und kulturelle tabula rasa noch bringt das Evangelium nur etwas ganz Anderes, das zur afrikanischen Tradition in keinerlei Beziehung steht, wie es noch Byang Kato (vgl. Kap. 10) in den siebziger Jahren sah. Vielmehr geht es um das rechte Verhältnis von Kontinuität und Diskontinuität von afrikanischer Tradition und christlichem Glauben. Nur in einem ausgewogenen Verhältnis von beidem, Kontinuität und Diskontinuität, kann sich eine eigene afrikanische christliche Identität entwickeln. Dieser Fragestellung widmet sich Bediako in seiner bereits im Juli 1983 in Aberdeen eingereichten Dissertaion. Die Fragestellung ist nicht neu. Bereits die Apologeten im zweiten nachchristlichen Jahrhundert hatten sich damit auseinanderzusetzen. Deshalb geht Vf. zunächst auf vier Vertreter von ihnen ein (Tatian, Tertulian, Justin und Clemens von Alexandria), um aufzuzeigen, wie sie sich zu ihrer Zeit mit der hellenistischen Religion und Philosophie auseinandergesetzt haben und im Kontext dieser kulturellen Gegebenheiten das Evangelium verständlich machen wollten. Vf. stellt die missionarische Intention der Apologeten stark heraus und behandelt ihre Theologie also bewußt unter missiologischen Gesichtspunkten. Nicht eine radikale Verurteilung des Hellenismus (so höchstens Tertulian), sondern eine bewußte kritische Auseindersetzung mit ihm und eine positive Aufnahme partieller Wahrheiten unter Wahrung biblischer Maßstäbe prägte ihre Arbeit. Ähnlich untersucht Vf. dann vier treffend ausgewählte afrikanische Theologen der Gegenwart, die sich in Bezug auf ihren Kontext der gleichen Problematik stellen, mit dem Unterschied, daß sie zugleich gegen das Vorurteil ankämpfen mußten, daß der afrikanische Hintergrund anders als der Hellenismus minderwertig, ungebildet und rückständig sei. Während der nigerianische Methodist Bolaji Idowu die „Kontinuität Gottes in der afrikanischen religiösen Erfahrung“ (293) und Offenbarung Gottes auch in der afrikanischer Religion in den Mittelpunkt stellt, geht es dem kenianischen Anglikaner John Mbiti darum, afrikanische Religiosität und Tradition als praeparatio evangelica hervorzuheben. Mulago gwa Cikala als katholischer und frankophoner Vertreter aus dem Zaire betont die Partizipation am Leben und an der Gemeinschaft als Kontinuum. Nur der evangelikale Byang Kato aus Nigeria lehnt jegliche Relevanz afrikanischer Tradition für den christlichen Glauben ab, eine Position, die auch in der evangelikalen Missiologie zum Glück als überwunden gelten kann. Wie der (hellenistische) „unbekannte Gott“ der Athener schließlich als der Eine Gott, allmächtige Vater und Schöpfer aller Dinge bestätigt wurde (429), muß es auch in Afrika zu einer „Synthese zwischen christlicher religiöser Verpflichtung (commitment) und kultureller Kontinuität“ (432) kommen, die keineswegs einen theologischen Synkretismus impliziert. Afrika lebt ebenso wie die alte Kirche schon seit langem im Kontext religiösen Pluralismus. Deshalb gibt es andere Antworten als das westliche Christentum, das sich diesem Phänomen erst langsam nähert (432ff). Bediakos Buch ist eine anregende, nach-denkenswerte, nicht immer bequeme Lektüre, die wichtige Perspektiven eröffnet. Alle, die an Theologie, Mission und Kirche in Afrika interessiert sind, sollten daran nicht vorübergehen. Dr. Johannes Triebel, em 1996-2. |
Bellers, Jürgen und Markus Porsche-Ludwig. Christenverfolgung
in islamischen Ländern (LIT
aktuell Bd. 3), Berlin: LIT-Verlag, 2011. Auf die Verfolgung von Christen in islamischen Ländern aufmerksam zu machen, ist ein dringendes und gutes Anliegen. Wenn das jedoch auf ungute und unsachliche Weise geschieht, entsteht mehr Schaden als Nutzen. Leider ist dies in dem vorliegenden Buch weithin der Fall, so dass es für eine hilfreiche Auseinandersetzung mit dem Thema nicht empfohlen werden kann. Zu den Autoren: Dass Kardinal Karl Lehmann seinen treffenden und sachlichen Vortrag „Lage der christlichen Minderheiten in der Welt“, den er im Jahr 2008 vor der Konrad-Adenauer-Stiftung hielt, zum Abdruck als erstem Kapitel dieses Sammelbandes (S. 3-7) freigab, kann ich mir nur daraus erklären, dass er wohl den Rest des Buches nicht kannte. Jürgen Bellers, Professor für Internationale Politik an der Universität Siegen, steuert einen kurzen Beitrag (Kapitel 5, S. 101-110) zu „Christenverfolgungen in Nordafrika“ bei, der Hintergrundinformationen liefert und beispielhaft einige Länder (Ägypten, Nigeria, Mauretanien) schildert. Bei dem durchaus sachlichen Aufsatz, war ich nur über für einige auffällige Schwächen im Schreibstil überrascht (vgl. S. 105: „Das Problem, warum die islamischen Mörder sich überhaupt zusammenfinden, liegt einerseits an charakterlichen Schwächen (es sind halt Mörder), aber auch an gewissen Sympathien eines weiteren Kreises ihrer sozialen Umwelt, die allerdings auch immer noch nur eine Minderheit ist.“) Markus Ludwig-Porsche, Professor für Politikwissenschaft in Taiwan, ist Autor von Kapitel 6 („Christenverfolgung von Saudi-Arabien bis Indien“, S. 111-127) und Kapitel 7 („Christenverfolgung in Südostasien und China“, S. 129-145). Neben interessanten Bemerkungen etwa zur Kulturgeschichte des arabischen Raums, verblüfft auch bei Ludwig-Porsche, dass er manchmal floskelhaft und verallgemeinernd formuliert: „Der arabische Raum ist – mit wenigen Ausnahmen (Zweistromland, Libanon) – durch Wüste gekennzeichnet. Insofern konnten sich im Nahen Osten nur wenige Kulturzentren herausbilden“ (S. 111). Zählt er Ägypten nicht zur arabischen Welt? Falls er vom arabischen Kernland ausgeht, würde wiederum Mesopotamien nicht dazugehören. Zu fragen ist auch, warum in einem Buch über islamische Länder auch Indien und China recht ausführlich geschildert werden. Meine Hauptkritik richtet sich aber gegen die drei vom Publizisten Michael Mannheimer verfassten Kapitel (S. 9-100). Nach Umfang und Stoßrichtung bilden sie den eigentlichen Hauptteil des Buches. Natürlich muss auf Gefahren durch den Islam, auf seine antichristliche Stoßrichtung und auf konkrete Beispiele von Christenverfolgung hingewiesen werden. Da wird man bei Mannheimer durchaus fündig. Die Aussagen des Publizisten, die ich nachprüfen kann (und das betrifft vor allem die Türkei), erwecken in mir jedoch den Eindruck: Hier sammelt einer alles Grausame zusammen, was er über den Islam finden kann und selektiert dabei nicht nach der Glaubwürdigkeit der Quellen, sondern nach dem Grad der Grausamkeit. Er hat kein wirkliches Interesse an mühevoller Recherche, sondern will einfach so wirkungsvoll wie möglich, Deutsche gegen den Islam mobilisieren. Ein paar Belege für mein Urteil: Zu den Malatya-Morden von 2007 (zu den Opfern gehörte auch mein Schwager) präsentiert Mannheimer auf S. 74-75 ein „Protokoll der Malatya-Morde“, das ein vorschneller Christ auf Grund von Zeitungsberichten ein paar Tage nach den Morden versandte. Die Morde waren brutal genug; aber viele Einzelheiten im „Protokoll“ sind vollkommen unzutreffend und längst vielfach korrigiert (z.B. S. 74: „Finger wurden ihnen abgehackt, Nase, Mund und After aufgeschlitzt“). S. 92 wird in der Überschrift behauptet „Alle drei Minuten wird ein Christ wegen Seines Glaubens in den Ländern des Islam getötet“ (S. 92). Im folgenden Text wird allerdings klar, dass sich die „drei Minuten“ von der Erklärung eines Evangelikalen ableiten, dass in 2003 weltweit (also nicht nur in islamischen Ländern) 170.000 Christen starben, weil sie Christen waren. Mannheimers Aussage „Auch in der Gegenwart werden Christen in der Türkei systematisch verfolgt“ (S. 81) kann so nur stehenbleiben, wenn man sauber unterscheidet, welchen Anteil der Staat, welchen Anteil die Gesellschaft und bestimmte politische Gruppen am tatsächlichen Druck auf Christen in der Türkei haben. Das tut Mannheimer nicht. Bezeichnend für den Stil Mannheimers ist, wie er zu Beginn seiner Schlussbemerkung, aber eben doch fast am Ende (!) des ausführlichen Kapitels 3 über „Terrormonat Ramadan“ (S. 39-68) plötzlich bemerkt: „Um jedes Missverständnis bereits im Vorfeld auszuräumen: Selbstverständlich wird der Ramadan von der Mehrzahl der Muslime friedlich begangen“ (S. 60). Eine Hauptthese Mannheimers ist „Der Terror gegen „Ungläubige“ kommt aus dem Herzen des Islam“ (S. 93). Für Aufrufe zur Gewalt lassen sich natürlich tatsächlich zahlreiche Belege in Koran und Sunna finden. Zum einen lässt hier Mannheimer aber keine abweichenden Meinungen im Islam (die es auch gibt) zu Wort kommen. Zum anderen fordert er gleichsam (S. 63-65) von „moderaten Muslimen“, sich eindeutig vom Islam zu distanzieren, um glaubwürdig zu sein. Damit stellt er jeden Muslim etwa in Deutschland unter einen Generalverdacht, und das halte ich für äußerst gefährlich. Dass es Christenverfolgung in der islamischen Welt gibt, habe ich in der Türkei hautnah selbst erlebt. Ich hoffe, viele werden schreiben und berichten über Gewalt und Unrecht gegen Christen im islamischen Umfeld; aber bitte: So nicht! Wolfgang Häde, em 2011-4. |
Beom-Seong Lee. Die politische Leistung der
„evangelikalen“ Kirchenführer in Korea: Der Beitrag der koreanischen
Kirche zum nationalen Wiedervereinigungsgedanken vor dem Hintergrund der
Erfahrung aus der japanischen Besatzungszeit von 1910-1945 (Die protestantische
Kirchengeschichte in Korea von 1832 bis 1945). afem-academics 12, Nürnberg:
VTR, 2003. Die vorliegende Arbeit wurde unter Begleitung von G. Besier / J. Thierfelder als Dissertation an der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg verfasst und angenommen. Sie beschreibt und bewertet Entwicklungen der protestantischen Missions- und Kirchengeschichte Koreas zwischen 1910 und 1945 unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktion im politischen Widerstand gegen die japanische Besatzungsmacht. Der Verfasser, inzwischen Professor für Missionswissenschaft an der Graduate School of Practical Theology, Seoul, und Leiter eines Forschungsprojekts zur Wiedervereinigung von Süd- und Nordkorea, [Vgl. „Wiedervereinigung nach dem Gesichtspunkt der sozialen Integration“, Berliner Missionswerk, Korea-Info 14/2009, www.berlinermissionswerk.de/uploads/media/Korea_Info_14_2009.pdf.] gibt zunächst einen Überblick über die gesamte koreanische Missionsgeschichte (inklusive eines interessanten religionsgeschichtlichen Vorspanns) und legt dabei besonderen Wert darauf, zu zeigen, dass die Ursprünge der koreanischen Kirchen in der evangelikalen Erweckungsfrömmigkeit (Bibelzentrismus, persönliche Bekehrung, Zeugnis, Weltmission, presbyterianische amerikanische Korea-Mission 1884-1910) liegen. Den „koreanischen Kirchenkampf“ gegen die japanische Besatzungsmacht bis zur Befreiung durch die Allierten (USA/ Russland) und der Teilung Koreas beschreibt Beom-Seong in drei Schritten: zunächst als Kampf um die Freiheit der Nation (angesichts der politischen Bedrohung), dann als Kampf um die Identität der Kirche (angesichts der geistlichen Bedrohung des erzwungenen Synkretismus mit japanisch geprägter Religion) und schließlich als Kampf ums Überleben der Kirche (angesichts der existentiellen Bedrohung in der Schlussphase der Besatzungszeit). Anhand der historischen Darstellung entwickelt und begründet der Autor seine zentrale These, dass der politische Widerstand während der japanischen Besatzungszeit vor allem von der evangelikalen Frömmigkeit der Christen und nicht von politischen oder philosophischen Motiven inspiriert gewesen sei (S. 223): „Das Beharren der Kirchenführer auf der 'evangelikalen Idee' bildetet die Kraftquelle dieser Bewegung“ (S. 303). Der so (evangelikal) motivierte Widerstand gipfelte in der Verweigerung des japanischen shintoistischen Jinja-Kultes, den die japanische Kolonialregierung angeordnet hatte. So habe sich ein evangelikal-nationaler Gedanke entwickelt, ohne nationalistisch zu werden. Im Verhältnis zur historischen Darstellung der Zeit zwischen 1910 und 1945 fällt die Diskussion des Beitrags zum Wiedervereinigungsgedanken Koreas eher knapp aus. Es wird lediglich öfters darauf hingewiesen, dass die Darlegungen auch für das heutige Problem der Wiedervereinigung Koreas relevant seien (S. 306). Ebenso wird nicht – wie im Titel angedeutet – „die koreanische Kirche“ insgesamt in den Blick genommen, sondern die presbyterianische als älteste und größte Kirche Koreas (S. 4), andere evangelikale Kirchen in Korea werden nicht näher thematisiert. Etwas unklar bleibt auch die Kategorie der „Evangelikalen“ in den koreanischen presbyterianischen Kirchen (S. 304/305). Es wird zwar beschrieben, dass es eher liberale (dem ÖRK nahe stehende) und eher konservative (der Evangelischen Allianz nahe stehende) Zweige gebe, aber sie werden dennoch alle letztlich als „evangelikal“ bezeichnet, womit evangelikal und presbyterianisch zum Synonym würden. Im Vorwort schreibt der Autor, dass seine Arbeit zuerst dazu dienen solle, „den verschiedenen presbyterianischen Kirchen in Korea ... eine Grundlage theologischen Nachdenkens im Hinblick auf die Frage der nationalen Wiedervereinigung zugänglich zu machen“ (S. 2). Die ses Ziel hat das Buch sicherlich erreicht, wobei offen bleiben muss, inwieweit die deutschsprachige Veröffentlichung in Korea selbst zur Kenntnis genommen worden ist. Beom Songs Buch stellt einen wichtigen und lesenswerten deutschsprachigen Beitrag zur Missions- und Kirchengeschichte Koreas dar und ist von Interesse für jeden, der sich mit den Zusammenhängen ostasiatischer Kirchen- und Missionsgeschichte im Horizont weltpolitischer Ereignisse und der Frage des politischen Auftrags missionarischer Kirche in interreligiösen Kontexten kritisch auseinandersetzen will. Dr. Friedemann Walldorf , em 2011-2. |
Bergunder, Michael; Jörg Haustein (Hg.). Migration und Identität.
Pfingstlich-charismatische Migrationsgemeinden in Deutschland. Beiheft
der Zeitschrift für Mission Nr. 8, Frankfurt: Lembeck, 2006. Dieser Band enthält die Beiträge der Fachtagung „Migration und Identität. Pfingstlich-charismatische Gemeinden fremder Sprache und Herkunft in Deutschland", die in Heidelberg im Juni 2004 stattfand. Er gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil bietet mit zwei Artikeln einen Überblick zur Thematik des Buches. Claudia Währisch-Oblau stellt „Die Spezifik pentekostal-charismatischer Migrationsgemeinden in Deutschland und ihr Verhältnis zu den >etablierten< Kirchen“ (S.10-38) überzeugend und leserfreundlich geschrieben dar. Ausgehend von einem empirischen Überblick über die pentekostal-charismatischen Migrationsgemeinden im Rheinland und in Westfalen wird eine Taxono-mie erarbeitet, ihre Charakteristika dargestellt, das Verhältnis untereinander und zu den deutschen Kirchen beschrieben. Der zweite Überblicksartikel von Cornelis van der Laan über „Nicht-westliche pfingstliche Migrationskirchen in den Niederlanden“ (S.40-59) kann den Anspruch des gewählten Titels und auch den des Buches nicht einlösen. Denn van der Laan gibt einen – durchaus interessanten – Überblick über die niederländische Migrationspolitik, die Situation der Migrationsgemeinden und ihr Verhältnis zur niederländischen Gesellschaft. Aber die dem Leser angekündigte Zuspitzung auf die pfingstlich-charismatischen Kirchen fehlt vollständig. Im zweiten Teil des Buches werden Fallstudien präsentiert. Der Artikel von Afe Adogame „Dinge auf Erden um Himmels Willen tun. Aushandlungsprozesse pfingstlicher Identität und die afrikanische religiöse Diaspora in Deutschland“ (S.60-82) basiert auf der Analyse einer Kirche, die von zwei afrikanischen Einwanderern in Deutschland gegründete wurde. Auf einem hohen abstrakten Sprachniveau wird aufgezeigt, wie komplex die Identitätsfindung und die theologischen Wandlungsprozesse des Einzelnen und der untersuchten Diaspora-Kirchen sind. Die sich daran anschließende Fallstudie „>Wartendes Israel und Israel am Ziel< Leid und Wunder von Pfingstgemeinden afrikanischer Migranten in Deutschland“ (S.83-106) von Evangelos Karagiannis ist von besonderem Interesse. Er schildert die sehr unterschiedlichen sozioökonomischen Rahmenbedingungen von zwei Pfingstgemeinden in einer ostdeutschen Stadt und setzt sie in Bezug zu ihren ebenfalls sehr unterschiedlichen theologischen Schwerpunktsetzungen. Auch wenn der Rezensent das Fazit: „Was die Predigt der Pastoren vor allem reflektiert, ist die Ressourcenausstattung ihrer Kirche, deren Konsolidierungsgrad als Organisation, das Spektrum ihrer Möglichkeiten“ für überzogen hält: Die Varianz pfingstlicher Theologie wird exemplarisch deutlich. Das macht die Studie so interessant. Jörg Haustein geht der „Pfingstbewegung und Identität im Kontext äthiopischer Migranten in Deutschland“ (S.107-126) nach. Dazu informiert er in der ersten Hälfte seines Beitrages über die pfingstlich-charismatischen Bewegungen in Äthiopien, um dann die Situation, Identität und Theologie der äthiopischen pfingst-lichen Christen in Deutschland zu schildern. Werner Kahl – Studienleiter an der Missionsakademie in Hamburg – untersucht in seiner Fallstudie „Zur Bibelhermeneutik pfingstlich-charismatischer Gemeinden aus Westafrika in Deutschland“ die Art und Weise, wie in Ghana die Bibel gelesen wird. Dazu hat er in Ghana präferierte biblische Passagen quantitativ empirisch erhoben. Der besondere Wert seines Beitrages ist, dass hier einer der zentralen Punkte charismatisch-pfingstlicher Identität und Theologie angesprochen wird. Wie sich langfristig der ökumenisch-pfingstliche Dialog weiterentwickeln wird, hängt zweifelsohne auch davon ab, ob bei dieser Frage nach einer angemessenen Bibelhermeneutik gemeinsame Verständigung möglich sein wird. Der dritte Teil des Buches ist der religionswissenschaftlichen und theologischen Reflexion gewidmet. Michael Bergunder gibt einen kenntnisreichen Überblick über die „Pfingstbewegung, Globalisierung und Migration“ (S.155-170) im weltweiten Kontext. Allan Anderson, bekannt als herausragender Kenner der Pfingstbewegung der Universität Birmingham, geht leider kaum und auch nur sehr allgemein auf das Thema seines Artikels „Was europäische Christen von afrikanischen Pfingstlern lernen können“ (S.170-189) ein. Stattdessen gibt er einen fundierten Einblick in die afrikanisch-pfingstliche Kirchengeschichte und geht auf die Identität und Pluralität der Pfingstbewegung ein. Der Abschluss ist einem der großen – und wohl von allen Pfingstlern geliebten – Theologen der Pfingstbewegung vorbehalten: Walter J. Hollenweger. Ausgehend von der Frage „Was ist charismatische Theologie? Oder: Was muss sich ändern?“ (S.190-206) möchte er kritische Theologie und Spiritualität versöhnen. „Die Trennung zwischen ge-lebter Spiritualität und kritischer Theologie ist ein Verlust für die Universität. Deswegen ist die Präsenz dieser Immigrationskirchen in unseren Universitäten und in unserer Gesellschaft wichtig“. Trotz der offensichtlichen Schwierigkeit einzelner Autoren, das gestellte Thema zu fokussieren, ist der Band empfehlenswert. Denn diese Thematik wendet sich einem in der deutschen theologischen und missionswissenschaftlichen Diskussion weitgehend vernachlässigten Thema zu. Und die Gründung des interdisziplinären Arbeitskreises „Pfingstbewegung“ an dieser Tagung zeigt, dass der Prozess der Erforschung der charismatisch-pfingstlichen Bewegung weltweit und in Deutschland weitergehen wird. Dr. Andreas Kusch, em 2008-1. |
Berneburg, Erhard. Das Verhältnis von Verkündigung
und sozialer Aktion in der evangelikalen Missionstheorie. TVG. R. Brockhaus: Wuppertal, 1997. Diese von Prof. Beyerhaus betreute Tübinger Dissertation
zeichnet minutiös und zuverlässig die Entwicklung des Titelthemas in der evangelikalen
Welt seit etwa 1960 bis 1990 nach. Dabei dienen vor allem evangelikale
Großkonferenzen, etwa die Lausanner Kongresse und Konsultationen, als
Ausgangspunkt. Der Einfluß der Eschatologie auf die Sicht der sozialen Aktion
wird zu Recht besonders berücksichtigt (z. B. S.18+35-36+157-160+301-316),
wobei die Position des Autors kaum durchschimmert. Der Autor warnt sowohl vor
einer Evangelisationstheorie, die aus - meist Thomas Schirrmacher, em 1998-3. |
Bevans, Stephen B. Models of Contextual Theology. Maryknoll/N.Y.: Orbis 1992. Bevans schöpft aus seiner 7jährigen Erfahrung auf den Philippinen. Er ist Professor für historische und dogmatische Studien am Catholic Theological Union Seminary in Chicago/Illinois. In seinem Buch baut er seinen gleichlautenden Artikel aus Missiology: An International Review 13 (1985) aus. Modelle versteht er als vereinfachende und verdeutlichende Rekonstruktionsversuche der Wirklichkeit. Sie beschreiben die Realität „da draußen“ nicht vollständig, aber bilden sie durchaus wirklichkeitskongruent ab. Er faßt die von ihm beschriebenen Modelle als deskriptiv bzw. komplementär auf, d. h. sie sind für ihn nicht exklusiv, wie bei Hesselgrave und Rommen in ihrem Buch Contextualization: Meaning, Methods, and Models (S.157), sondern sie ergänzen einander. Vom Übersetzungsmodell, das sich am stärksten an der Bibel bzw. der Tradition orientiert, geht die Beschreibung der Modelle über das synthetische Modell und das Praxis-Modell zum am radikalsten an Kultur und Kulturveränderung interessierten anthropologischen Modell. Das Transzendenzmodell steht gewissermaßen über allen, da es nicht vom zu formulierenden Inhalt, sondern vom formulierenden Subjekt ausgeht, das versucht, seinen Glauben auf authentische Art auszudrücken. knappe und präzise Beschreibung der Modelle läßt sich durch den klaren Aufbau (Terminologie - Beschreibung der Voraussetzungen - Kritik) gut nachvollziehen. Jedes der Modelle wird durch das Beispiel eines Theologen aus der westlichen und der Zweidrittelwelt illustriert. Die leider nicht als Fußnoten, sondern am Ende organisierten Nachweise verraten fundierte Kenntnisse der Literatur. Das Buch kann durchaus als Übersicht, Diskussionshilfe, praktische Anleitung und Einführung zur Thematik dienen, wie der Herausgeber Robert Schreiter in seinem Vorwort meint. Es bildet ein katholisches Gegenstück zu dem von Hesselgrave und Rommen veröffentlichten evangelikalen Standardwerk. Auch wenn Bevans gewisse Präferenzen für das synthetische und das Transzendenzmodell zeigt, beantwortet er die Frage, welches das beste Modell sei: „It depends on the context“ (S.112). Martin Sachs, em 1996-1. |
Bevans, Stephen B.; Roger P. Schroeder. Constants
in Context: A Theology of Dieses Buch ist eine der wesentlichen Neuerscheinungen im Bereich der Missionstheologie. Die nordamerikanisch-katholischen Autoren (beide Mitglieder der SVD-Ordensgemeinschaft und Professoren an der Catholic Theological Union, Chicago) sind keine missionswissenschaftlichen Unbekannten. S. Bevans hat bereits wesentliche missiologische Quellensammlungen und wegweisende Arbeiten zur kontextuellen Missionstheologie verfasst. Mit Constants in Context setzen die Autoren die missionstheologische Tradition von David Bosch fort, bieten zugleich aber einen neuen Ansatz und verarbeiten neuere Dokumente und Entwicklungen. Der erste Teil des Buches (Part I, S.7-73) bietet eine biblische Grundlegung anhand der Apostelgeschichte und erklärt den missionstheologischen Grundansatz des Werkes: er besteht im Herausarbeiten von sechs missionstheologischen „Konstanten“ in den „Kontexten“ der Mission in Geschichte und Gegenwart. Die sechs Konstanten stellen theologische Grundthemen dar, mit denen christliche Mission in allen Kontexten und zu allen Zeiten zu ringen hat: Christologie, Ekklesiologie, Eschatologie, Soteriologie, Anthropologie und Kultur. Diese Themen werden verknüpft mit drei theologischen Traditionen, die idealtypisch an Tertullian, Origenes und Irenäus festgemacht und durch die Jahrhunderte in verschiedenen Bewegungen und Theologen aufscheinen. Dieser Ansatz ist – trotz gewisser Vereinfachungen – innovativ, pädagogisch sinnvoll und geht stellenweise quer zu den gewohnten missions- und religionstheologischen „Schubladen“ und bietet somit Anstöße zum kreativen Neudenken. Ähnlich wie bei Bosch – allerdings in größerer Nähe zur spezifisch missionshistorischen Entwicklung - wird dann Missionstheologie in historischen Epochen entfaltet (Part II, S.73-280): Mission in der frühen Kirche, Mission und die mönchische Bewegung, Mission und die Handelsbewegung, Mission im Zeitalter der Entdeckung, Mission im Zeitalter des Fortschritts, Mission im 20. und 21. Jahrhundert. Auch die Mission der Pfingstkirchen und neuerer Bewegungen in der nichtwestlichen Welt findet Berücksichtigung. Nach jeder Epoche wird nach den Konstanten, ihrer Spiegelung in den konkreten missionstheologischen Traditionen (z.B. auch in der Lausanner Bewegung bis 1992) und dem Ertrag für heute gefragt. Das jeweilige Ergebnis wird in Form einer Übersichtstabelle geboten. Dieser Teil ist der umfangreichste und bietet (ergänzend und relativ wenig überschneidend zu Bosch) eine Fundgrube missionstheologiegeschichtlichen Wissens. Den Abschluss (Part III, S.281-398) bildet eine gegenwartsbezogene systematisch-missionstheologische Reflexion der Mission als: (1) Teilnahme an der Mission des Dreieinigen Gottes, (2) befreiender Dienst im Reich Gottes, (3) Verkündigung Jesu Christi als universaler Retter, (4) prophetischer interreligiöser und versöhnender Dialog. Auch diese Themen werden jeweils wieder im Licht der sechs Konstanten gespiegelt. Das Buch bietet eine erfrischende Lektüre: ein großer Überblick und eine faire Darstellung aller Traditionen wird mit inspirierenden Gedankenanstößen verbunden. Der Ansatz von Konstanz und Kontextualität wird in Nähe zu biblischen Texten, historischen Kontexten und der theologischen Diskussion der Gegenwart entfaltet. Die ausführlichen und informativen Fußnoten finden sich erst am Ende des Buches, was beim Lesen etwas hinderlich ist. Ein echter Wermutstropfen ist das Fehlen einer Bibliographie. Erschlossen wird der Text durch einen detaillierten Index und hilfreiche Karten und Tabellen. Dieses Buch stellt wohl jetzt schon – zumindest im englischsprachigen Raum – eine neue Standardeinführung in der Tradition von David Bosch dar. Dr. |
Beyer,
Ulrich. Und viele wurden hinzugetan. Mission und Gemeindewachstum in der Karo-Batak-Kirche/Indonesien. Verlag der VEM, Wuppertal; Verlag der
Ev.-Luth. Mission, Erlangen, 1982. Im Jahre 1890 begann die protestantische Mission im Land der Karo-Batak. In den ersten
Jahren breitete sich das Evangelium nur langsam aus. Nach drei Jahren sehr
intensiver Arbeit waren erst sechs Karo-Batak
getauft worden. Die Mission erschien als
Anhängsel des Kolonialismus, außerdem galten für Gemeindeglieder sehr
strenge Regeln, die ihnen keinerlei Kontakt zu ihren früheren
Verwandten und zum Stamm ließen. Damit waren sie von ihrem
eigenen Volk getrennt. Im Laufe der Jahre wuchs die
Kirche langsam. 1935 gab es 4189 getaufte Christen, 1,5% der
Bevölkerung. 1941 wurde
die Karo-Batak-Kirche selbständig mit dem Namen: Gereja Batak Karo Protestan (GBKP). 1945, nach dem Ende der japanischen Besetzung, stellte sich die GBKP hinter die entstehende Republik Indonesien. In der darauffolgenden nationalistisch/kommunistischen
Periode fand sich die Kirche in einer schwierigen Lage: Das Buch ist sehr sorgfältig geschrieben, auch die Details werden nicht übersehen. Auch in den großen Städten wie Medan und Jakarta gibt es Karo-Batak Gemeinden mit eindrucksvollen Mitgliederzahlen: in diesen Gemeinden fühlt sich der Karo-Batak zu Hause, wenn er in der Fremde leben muß. Am Schluß des Buches wird die Gebetsgruppen-Bewegung erwähnt, die interdenominationelle Gebetsgruppen
bildet, die das bieten sollen, was den
verfaßten Kirchen an innerem Leben
fehlt. Der Verfasser hat das Buch
systematisch, fast mathematisch geschrieben.
Christ werden erscheint in seiner
Darstellung eher als die Annahme eines
bestimmten Systems und weniger als eine Begegnung mit einer lebendigen und Leben spendenden geistlichen Gemeinschaft:
der Gemeinde Jesu Christi. Während seines Dienstes unter den Batak kannte der Rezensent die erwähnten Missionare Neumann und Muylwijk persönlich, er war auch ein guter Freund von General Isaak Pandjaitan. Die Genauigkeit, mit der das Buch geschrieben wurde, beeindruckt. Das Buch ist sehr zu empfehlen. Hans van der Boom, em 1985-3 |
Beyerhaus, Peter. Er sandte Sein Wort. Theologie der
christlichen Mission, Bd. 1: Die Bibel in der Mission. Wuppertal/Bad Liebenzell:
R. Brockhaus Verlag/VLM, 1996. Die bibliographischen Angaben dieses Buches zeigen bereits, daß der Tübinger Missionswissenschaftler ein umfangreiches Opus geplant hat, das an Gustav Warnecks „Evangelische Missionslehre“ aus den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erinnert. Sowohl der Gesamttitel als auch der des ersten Bandes spiegeln wesentliche Grundüberzeugungen und Intentionen des Autors wider, denn „Mission“ wird hier „in ihrem ureigenen Wesen“ als „Sendung des Wortes Gottes in die Welt“ verstanden. „Solange christliche Mission im tiefen Respekt vor der Autorität dieses Wortes, welche die des dreieinigen Gottes selber ist, ihren Dienst der Versöhnung an Israel und den Völkern tut, bleibt sie authentische Mission. Nur so lange ist sie Fortsetzung der Sendung Christi und des Geistes vom Vater … (und) nimmt … teil an der trinitarischen Missio Dei“. Dieses Missionsverständnis setzt ein Schriftverständnis voraus, „welches die Heilige Schrift – bei aller Offenheit für ihr geschichtliches Gewordensein und für die Mannigfaltigkeit der in ihr redenden Zeugen – als ein in sich geschlossenes Ganzes betrachtet“. Denn „durch die Wirkung des prophetischen Wortes wurde Menschheitsgeschichte zur Heilsgeschichte“. Schließlich fand „die Heilsgeschichte in der Sendung des Sohnes“ ihren „die Äonen wendenen Höhepunkt“. Damit das Wort dieser Offenbarungsgeschichte „vollinhaltlich und unversehrt bis an das Ende der Zeiten in ursprünglicher Kraft ergehen könne, ging die Verkündigung Christi und seiner Apostel und Propheten durch die Inspiration des Geistes ein in das geschriebene Wort heiliger Schriften, die im Kanon der Bücher Alten und Neuen Testaments, der Bibel, ihre endgültig besiegelte Gestalt gefunden haben“. Peter Beyerhaus entfaltet das Thema jedoch nicht losgelöst von den – meist kontrovers verlaufenden – Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, an denen er selbst engagiert beteiligt war, sondern versucht, eine „biblisch-theologische Begründung der Mission zu entwickeln“. Im ersten Kapitel „Die Notwendigkeit missionstheologischer Grundlagenklärung“ skizziert der Autor die Entwicklung seit 1961, dem Jahr der Eingliederung des Internationalen Missionsrates in den Ökumenischen Rat der Kirchen. Daraus ergibt sich in nuce die Konzeption des ersten Bandes. In elf weiteren Kapiteln, die sich in drei Teile gruppieren, knüpft Beyerhaus zunächst „dankbar … an die Tradition heilsgeschichtlichen Denkens in der deutschen evangelischen Missionswissenschaft“ an (Teil I: Die Bibel – das Buch der Mission). Er plädiert dafür, lernwillig, aber in „wachsamer Auseinandersetzung mit andern heute vertretenen Positionen“ diese Anknüpfung zu vollziehen (Teil II: Die hermeneutische Krise der Mission und ihre mögliche Überwindung). Der Autor verweist auf die „verheerenden Folgen für die Theologie und Praxis der Mission … die entstehen, wenn das reformatorische Formalprinzip Sola Scriptura preisgegeben wird“. Teil III (Missionarische Verkündigung in biblischer Vollmacht) erörtert, „wie echte missionarische Verkündigung nach Inhalt und Gestalt durchgehend von der Autorität der Heiligen Schrift bestimmt ist und ihre überzeugende, aufbauende Vollmacht gewinnt.“ Mit seiner Ermutigung zur „Orientierung der Mission an den elementaren heilsgeschichtlichen Aussagen der Bibel“ möchte der Autor keinen neuen Gedanken in die Missionstheologie einführen, sondern im Gegenteil nur „das erneut aussprechen, was zu allen Zeiten die Grundüberzeugung wahrhaft christlicher Mission gewesen ist, besonders, soweit sie im Erbe der Reformation und des klassischen Pietismus gründete“. So knüpft Beyerhaus konkret an die Bemühungen von Missionstheologen wie Gustav Warneck, Walter Freytag und Karl Hartenstein an. Nach Konzeption und Inhalt kann dieser Band als Lehrbuch dienen und alle anregen, die an der Aufgabe der Mission in irgendeiner Form mitarbeiten oder an den verschiedenen Detailthemen weiterarbeiten wollen. Dazu ist der Anhang eine gute Hilfe. Er enthält eine Übersicht der erwähnten internationalen Konferenzen und ein Abkürzungsverzeichnis. Die umfangreiche Bibliographie (mehr als 50 Seiten!) gliedert sich in vier Gruppen: Lexika und Quellensammlungen, Quellentexte, Konferenzberichte, sowie Sekundärliteratur. Ein Bibelstellen-, Personen- und ein differenziertes Sachregister ermöglichen die Arbeit am Detail. Mit diesem umfangreichen Werk legt Peter Beyerhaus „die reiche Frucht seines Lebens als Missionar, Forscher und Lehrer“ vor. Möge diese Frucht als Lehrbuch weitere Früchte tragen. Dr. Erich Scheurer, em 1996-4. |
Beyerhaus,
Peter. God’s
Kingdom and the Utopian Error. Discerning
the Biblical Kingdom of God from its
Political Counterfeits. Wheaton: Crossway, 1992. Peter Beyerhaus, Professor für Missionswissenschaft in
Tübingen, hat über das christliche Verständnis
des Reiches Gottes gründlich geforscht
und nachgedacht. Sein neuestes Buch sollte als Fortsetzung seiner
früheren Bemühungen verstanden werden, der englischsprachigen Welt die konservative Position in der evangelikal
- ökumenischen Auseinandersetzung
verständlich zu machen. Er verbindet eine tiefschürfende biblische
Ergründung mit einer sorgfältigen Analyse der wichtigsten Missionskonferenzen,
der ökumenischen Vollversammlungen und deren jüngster Dokumente. Beyerhaus’
Kernthese ist, daß die biblische Lehre von Gott von denen verdreht wird, die
das Reich Gottes mit politischen Ideologien gleichsetzen. „Volkstheologien“ ist seine Bezeichnung dafür.
Nach Aussage des Autors gibt es Versuche von einigen in der
ökumenischen Bewegung, eine Einigung
zwischen den beiden Flügeln der Debatte um soziales Handeln und
Evangelisation herbeizuführen. Doch dann müßten Evangelikaie nicht nur
Kompromisse auf der oberflächlichen
politischen Ebene eingehen, sondern auch ihr Verständnis der
biblischen Heilsgeschichte ändern. Gott wird sein Reich errichten,
indem Einzelne zu Glaubenden und dann zu Jüngern gemacht werden. Für Beyerhaus
ist die Kirche, wenn auch nicht mit dem Reich Gottes identisch, so doch
Gottes messia-nische Gemeinschaft. Gott, nicht der Mensch, wird das Königreich errichten. Auch wenn große Teile des Buches aus Beiträgen zu bestimmten
Anlässen bestehen, entsteht durch einen guten Aufbau eine sinnvolle Gedankenführung,
beginnen mit der Sicht des Reiches Gottes
in der evangelikalen Eschatologie bis zum letzten Kapitel über das Martyrium als Tor zum Himmelreich. Von besonderem Interesse ist das kurze Kapitel „Zehn Kriterien zur Un William Wagner (übersetzt von Thomas Schirrmacher), em 1993-2. |
Beyerhaus, Peter. Krise und Neuaufbruch der Weltmission: Vorträge,
Aufsätze und Dokumente. Verlag
der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell,
1987. Wer sich grundsätzlich informieren will über die Geschichte der Missionstheologie, sowohl von Seiten des ökumenischen Rates der Kirchen als auch der evangelikalen Lausanner Bewegung; wer sich speziellen Fragen wie Mission als Evangelisation oder Revolution, Armut, Rassismus, Verhältnis der christlichen Missionen zu anderen Religionen und Kulturen widmet; wer eine erste Einsicht in die Situation der missionarischen Kirchen auf anderen Kontinenten erhalten oder sich erstmalig oder vertiefend mit der Problematik nachkolonialistischer Mission befassen will, der sollte zu dem vorliegenden Sammelband mit Vorträgen und Aufsätzen des Herausgebers von 1970 bis 1984 greifen. Die einzelnen Erarbeitungen sind meist leicht überarbeitete Vorträge, gut zu lesen, und geben deshalb auch dem Nichttheologen einen tiefen Einblick in die theologische und kirchenpolitische Diskussion. Der Verfasser vertritt selbst einen evangelikalen Standpunkt und ist engagierter Gesprächspartner. Das Buch ist von daher keine objektive, journalistische Information, sondern ein äußerst informativer und ein engagierter Gesprächsbeitrag. Für alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter könnte der Sammelband ein Fortbildungsseminar und eine hilfreiche Horizonterweiterung in der Situation und Problematik der weltweiten Mission sein. Einen eigenen Standpunkt kann man sicher an der Position von Peter Beyerhaus profilieren. Der Anhang mit Originaldokumenten, so z.B. der Lausanner Erklärung, eine Zeittafel über wichtige ökumenische und evangelika-le Ereignisse zum Thema von 1961 bis 1984, eine Literaturliste und ein Personen- und Sachregister machen das Buch zu einem wertvollen Nachschlagewerk, das auch zu einzelnen Themen wegen der in sich abgeschlossenen Kapitel gut zu lesen ist. Manfred Beutel in: Praxis der Verkündigung (Oncken) 3/89. Em 1989-4. |
Beyerhaus, Peter. Theologie als Instrument der Befreiung.
Brunnen Gießen/Basel (TGV) 1986. Befreiungstheologie, Black Theology, Home-land- und Minjung-Theologie finden seit 1976 einen Zusammenschluß in der „ökumenischen Vereinigung von Dritte-Welt-Theologen (EATWoT)“. Nachdem der Tübinger Ordinarius für Missionswissenschaft und ökumenische Theologie zunächst die Entstehung und den wesentlichen Einfluß des Ökumenischen Rats der Kirchen darstellt, analysiert er die Inhalte und Ziele dieser Bewegung: Subjekt und Objekt dieser Theologie ist das „Volk“ im Sinne einer (hier unaufgebbaren) marxistischen Sozialanalyse. Beyerhaus zeigt auf, daß die damit verbundene Interpretation der Bibel und die ideologisierte Umdeutung markanter biblischer Begriffe (z.B. Erlösung, Jesus, Reich Gottes) eine Preisgabe maßgeblicher Glaubenswahrheiten bedeutet. Jürgen Kuberski, em 1987-1. |
Billington Harper, Susan. In the Shadow of the Mahatma: Bishop V.S. Azariah and the Travails of Christianity in Britih India, Studies in the History of Christian Missions, hg. v. R. E. Frykenberg, Brian Stanley, Grand Rapids USA: Eerdmans/Richmond UK: Curzon, 2000. Susan B. Harper, ehemalige Dozentin für Geschichte und Literatur an der Harvard University, gelingt es, in dieser wissenschaftlichen Biographie das Leben des ersten indisch-anglikanischen Bischofs und Missionsleiters, Vedanayagam Samuel Azariah (1874-1945), in seiner Bedeutung für den Bau der indischen Demokratie in der letzte Phase britischer Herrschaft zu analysieren und darzustellen. Von einer säkular verengten Geschichtsschreibung sei der Beitrag des evangelikal und evangelistisch geprägten Bischofs bisher nicht wahrgenommen worden. Gemäß dem Anliegen der neuen Reihe „Studies in the History of Christian Missions“ möchte die Autorin mit ihrer Monographie die Bedeutung der – oft geschmähten – christlichen Mission und geistlich motivierter Persönlichkeiten für die Profangeschichte herausstellen. Aufgrund eines umfassenden Quellen-Studiums (das neben Archivalien aus Indien, Großbritannien und den USA auch die noch lebendige „oral tradition“ und Fotos – vgl. Bildteil in der Mitte des Buches – einbezieht) entwirft die Autorin ein detaillgetreues Bild Azariahs und seiner Zeit, das sie unter das Motto stellt: „Im Schatten des Mahatma (Ghandi)“. Azariah war ein Zeitgenosse Ghandis und hatte wie dieser das Ziel der sozialen Erneuerung Indiens. Doch weil Azariah zwar positiv zur nationalen Unabhängigkeit Indiens eingestellt war, aber auch deren subnationale Problematik kannte, und vor allem den wirklichen Weg zur Erneuerung in der Bekehrung der Menschen zu Jesus Christus und ihrer Eingliederung in die Kirche sah (S. 46, 55), und diesen Weg auch konsequent und mit größtem Erfolg beschritt, geriet er zunehmend in einen Konflikt mit und – zumindest was die historische Sichtbarkeit betrifft – in den Schatten Ghandis, der christliche Bekehrung aus politischen und religiösen Gründen (als Eingriff ins Dharma – die „göttliche Weltordnung“ – ablehnte). Doch damit sind wir bereits zum Höhepunkt der Biographie vorausgeeilt, die von der Autorin in einem geschickten Spannungsbogen in vier Teilen entfaltet wird. Im ersten Teil („The Rise“, S. 9 – 90) beschreibt sie die Herkunft und Prägung Azariahs durch die Missionsarbeit des evangelikal geprägten Low-Church-Flügels der Anglikanischen Kirche (Church Missionary Society) in der südostindischen Provinz Tinnevelly, sein Engagement im asiatischen CVJM, in dem er die evangelistisch-internationale Welterneuerungsvision John Motts und der christlichen Studentenbewegung in sich aufnahm, und seine – von britischen Missionaren angeregte – Gründung der beiden ersten unabhängigen indischen Missionsgesellschaften, der Indian Missionary Society (IMS) und der National Missionary Society (NMS) Die mit letzterem tiefgründig verbundene Problematik – Azariah wird zum Ausführenden der Indigenisierung-Visionen westlicher Missionare – kommt in der folgenden Etappe, seiner Konsegration zum ersten einheimischen Bischof der indo-anglikanischen Kirche (1912) (Teil II: „The Reign“, S.91-220), noch stärker zum Vorschein. Azariah, der ein befähigter und geistlich geprägter Leiter war, und sich auch als Bischof vor allem für die praktische Evangelisations- und Gemeindebauarbeit unter der armen Dorfbevölkerung engagierte, steht von da an im Konfliktfeld zwischen progressiven und konservativen Engländern einerseits und zwischen nationalistischen Indern und der einfachen indischen Dorfbevölkerung andererseits, wobei jeweils die letzte Gruppe der genannten Parteien seine Ernennung zum Bischof – bei aller Befürwortung seiner Person – kritisch sah. Verwestlichung (und damit auch das Vorhandensein britischer Bischöfe) „wurde von den lange unterdrückten niederen Kasten nicht als Schwäche und Anpassung an dominante westliche Missionare gesehen, sondern als symbolische Kampfansage an die repressive einheimische Sozialordnung. In diesem Licht wurde die von Missionaren geforderte ‚Indigenisierung’ nur als eine weitere Form der Unterdrückung verstanden“ (S. 150, Übers. FW). Azariahs bischöfliches Ringen um die Überwindung kirchlicher und sozialer Zersplitterung in Indien durch denominationelle Streitigkeiten und Kastenwesen wird im dritten Teil des Buches dokumentiert („The Resolutions“, S.221-288). Eine entscheidende Kluft allerdings hielt Azariah für nicht überbrückbar (Teil IV: The Rift, S.289-366). Und diese Kluft brachte ihn unausweichlich auf Kollisionskurs mit Mahatma Ghandi, mit dem er – von der Herkunft bis zu den Hoffnungen für Indien – so vieles gemeinsam hatte. Die Autorin, die manche Archiv-Texte hier zum erstenmal präsentiert, zitiert Azariah, wie er den unvermeidbaren Konflikt beschreibt: „Wir … sind davon überzeugt, dass Menschen von einer Zugehörigkeit in die andere überwechseln. ‚Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Kreatur’. Eine neue Kreatur kann nur in einer neuen Umgebung leben. Das christliche Leben kann nur in der Gemeinde richtig gelebt werden. Das bedeutet, mit der alten Gemeinschaft zu brechen und in eine neue Gemeinschaft einzutreten … Mr. Ghandi hält davon nichts“ (S.336, Übers. FW). Azariah aber, der in seiner Provinz die Bekehrung von vielen Tausenden und die geistlich-soziale Erneuerung dörflicher Strukturen durch die kirchliche Arbeit erlebte, war von der Notwendigkeit und Richtigkeit dieses Weges überzeugt. Auch das am 12. Februar 1937 geführte „Spitzen-gespräch“ zwischen Ghandi, Azariah und einem weiteren anglikanischen Bischof änderte nichts an der Ablehnung Ghandis gegenüber der christlichen Evangelisation, und ebenso wenig an Azariahs theologischer Haltung. Im Gegensatz zu Ghandi lehnte er den selektiven Umgang mit der Bibel ab und hielt an der Notwendigkeit von Bekehrung und Gemeinde fest. Er widersetzte sich auch der selbst unter Missionarskollegen „populären Tendenz der Zwischen-Kriegs-Jahre, den religiösen Glauben in säkularen Utopismus zu verwandeln, oder zumindest die evangelikale Evangeliumsbotschaft durch ein ‚social gospel’ zu ersetzen“ (S.358). Azariah stand bis zum Schluss für die Unabhängigkeit Indiens ein. Aber er sah die Gefahr, dass der Nationalismus sich mit einer fanatischen und einseitigen Renaissance des Hinduismus verbinden und zur Christenverfolgung führen könnte. Außerdem kannte er die subnationalen ethnischen und kastenbezogenen Auseinandersetzungen aus nächster Nähe und wusste nur zu gut, dass beträchtliche Teile der ländlichen Bevölkerung die britische der brahminischen und hinduistischen Herrschaft vorzuziehen würden. Harper arbeitet heraus, dass Azariahs Beitrag für die indische Demokratie vor allem in seiner Weigerung, sich politisch vereinnahmen zu lassen, bestand, und in seiner so bewahrten Freiheit, sich auf die sozial wirksame Evangelisation und den Gemeindebau zu konzentrieren. Azariah ging einen eigenen missionarischen Weg. „Er folgte dabei weder den westlichen Normen, die von den meisten Dorfbewohnern bevorzugt wurden, noch den indischen Normen, die von den westlichen Missionaren und den indischen Nationalisten bevorzugt wurden“ (S.176). Am Ende des Buches gesteht die Autorin: „Selbst die besten analytischen Theorien können die Individualität eines Mannes wie Azariah nicht voll erklären“ (S. 358). Es ist in dieser kritischen, aber weder trockenen noch zynischen missionsgeschichtlichen Biographie gelungen, mit analytischem Fingerspitzengefühl „die Freiheit des Menschen als historischem Agenten“ und die Bedeutung geistlicher Überzeugungen für den Lauf der Geschichte deutlich zu machen. Der Text wird hilfreich ergänzt durch vier Landkarten, 16 Fotoseiten, einen Index und eine 75-seitige Bibliographie, die erstmalig auch eine vollständige Zusammenstellung der Publikationen Azariahs enthält. Dr. Friedemann Walldorf, em 2002-3. |
Bister, Ulrich / Stephan Holthaus (Hg),
Friedrich Wilhelm Baedeker. Leben und Werk eines Russlandmissionars, Wiedenest:
Jota-Publikationen, 2006. 2006 jährte sich der 100. Todestag des Deutsch-Engländers Friedrich Wilhelm Baedeker. Baedeker gehört zu den wichtigen prägenden Gestalten der Heiligungs- und Evangelisationsbewegung, die Ende des 19. Jahrhunderts in ganz Europa zu einer geistlichen Erneuerung der Kirchen beitrug. Erst in den letzten Jahren begannen Kirchenhistoriker, die noch wenig erforschte Geschichte dieser Bewegung aufzuarbeiten. Das vorliegende Buch gehört daher in eine Reihe von ähnlichen Veröffentlichungen, die mehr Licht in diesen bisher vernachlässigten Teil der jüngeren Erweckungsgeschichte bringen. Es ist daher den Autoren zu danken, dass sie mit vorliegender Biographie über Baedeker und der Veröffentlichung seines Briefwechsels mit Toni von Blücher sein Leben und Wirken aus dem Vergessen holen. So können weitere wichtige Wissenslücken im Verständnis der Heiligungsbewegung geschlossen werden. Baedeker wurde in Witten geboren und stammte aus der berühmten Familie gleichen Namens, die durch die Reiseführer weltbekannt wurde. Nach Philosophiestudium und Promotion ließ sich der reiselustige Baedeker im englischen Seebad Weston-super-Mare nieder. Er heiratete eine Engländerin. Durch Lord Radstock kam er zum lebendigen Glauben an Christus und schloss sich der sog. Offenen Brüderbewegung an, einer Gruppe bibelgläubiger Christen, die von Georg Müller, dem Waisenhausvater von Bristol geprägt waren. Bekannt wurde er als Übersetzer von Robert Pearsall Smith, den er kongenial übersetzte und auf seiner Reise durch Deutschland begleitete. Damit stand er von Anfang an im Zentrum der neu aufbrechenden Heiligungsbewegung, die durch Smith auf den Kontinent und nach Deutschland getragen wurde. Seine eigentliche Lebensaufgabe fand Baedeker jedoch nicht in Deutschland sondern im zaristischen Russland. Durch seinen geistlichen Mentor Lord Radstock wurde er ab 1876 in die erweckten adligen Kreise Russlands eingeführt. Bis zu seinem Tode 1906 bereiste er evangelisierend ganz Russland, Finnland, Sibirien, Asien und Süd-Ost-Europa. Dabei lagen ihm besonders die russischen Gefängnisse am Herzen, die er besuchte und in denen er vor tausenden Gefangenen predigte und Bibeln verteilte. Dennoch blieb er mit Deutschland verbunden, evangelisierte hin und her im Land, hielt Kontakte zu den neu entstandenen Glaubensmissionen und wurde vor allem ein Förderer der Evangelischen Allianz. Die Blankenburger Allianzkonferenzen hat Baedeker als Konferenzredner und Berater über Jahrzehnte mitgeprägt. Einen guten Einblick in die Persönlichkeit, die Zeit und das seelsorgerliche Denken Baedekers bekommt der Leser dann durch den zweiten Teil des Buches. Dieser besteht aus dem hier zum ersten Mal veröffentlichten Briefwechsel Baedekers mit Toni von Blücher, welche durch ihn zum Glauben kam. Hervorragend und sehr informativ sind die Anmerkungen und Hinweise der Autoren auf den Kontext der Briefe und die biographischen Notizen zu den Persönlichkeiten, die in den Briefen genannt werden. Für die Forschung ist diese Briefedition Baedekers sehr wertvoll; sie zeigt das weitgeknüpfte Netz von Persönlichkeiten, die damals miteinander Kontakt hatten, sich gegenseitig beeinflussten und die neue Erweckungsbewegung in Deutschland prägten. Es wäre zu wünschen, dass über weitere prägende Persönlichkeiten der Heiligungs- und Heilungsbewegung in Deutschland wissenschaftlich fundierte Biographien und Quellen veröffentlicht werden. Nur so wird es möglich sein, dieses bisher vernachlässigte Stück Kirchen- und Erweckungsgeschichte aus dem Dunkel des Vergessens und des Unverständnisses heraus zu holen. Dr. Bernd Brandl, em 2009-1. |
Blackburn, W. Ross. The God Who Makes Himself Known. The Missionary Heart of the Book of Exodus (New Studies in Biblical Theology 28). Downers Grove: InterVarsity, 2012. Die missionarische Absicht Gottes, sich den Nationen erkennen zu geben, ist zugleich theologisches Hauptanliegen und hermeneutischer Schlüssel zum Verständnis des Buchs Exodus, so die These von Blackburn (S. 15, 20). Vorliegende Arbeit basiert auf seiner Dissertation an der schottischen St. Andrews Universität bei Christopher Seitz. Bei einer Untersuchung über „Mission“ im Alten Testament spielt die Definition des Begriffs eine grundlegende Rolle. Erfreulicherweise steigt Blackburn genau mit dieser Frage ein. Mission heißt für ihn in Anlehnung an seinen Doktorvater: Gott nimmt sich des Versagens der Menschheit an, vgl. C.R. Seitz, Figured Out, Louisville, 2001, S. 147. Ist Gott der „Missionar“ (vgl. D. Bosch) und das Konzept so weit gefasst, wird „Mission“ zum Hauptthema des Alten Testaments (vgl. ähnlich bereits Gottfried Simon, 1935). Unter Berufung auf Richard Bauckham, Bible and Mission, Grand Rapids, 2003 erfolgt dann jedoch noch einmal eine gewisse Zuspitzung auf die „Bewegung“ partikularer Erwählung zu universalem Zweck (vgl. G. Warneck). In Auseinandersetzung mit John Barton und John Collins verteidigt Blackburn seinen explizit evangelikalen Ansatz. Nicht diskutiert werden hierbei jedoch die Fragen der Datierung, der literarischen Struktur und des Verhältnisses zu Leviticus und Numeri (wichtig für S. 90f, Anm. 18). Blackburn unterteilt das Buch Exodus in fünf bzw. sechs „commonly accepted“ Abschnitte und widmet jedem dieser Teile ein eigenes Kapitel. Hier stellt er je ein exegetisches Problem des Abschnitts dar und versucht es unter Berücksichtigung des missionarischen Grundanliegens zu lösen: (1) Ex 1,1-15,21. Nach Ex 6,3 hat sich Gott den Patriarchen nicht mit seinem Namen Jhwh zu erkennen gegeben hat, dieser taucht jedoch in den Dialogen der Genesis auf (vgl. Gen 15,7). Brevard Childs betont, dass Ex 6,3 Gottes Fähigkeit umschreibt, seine Verheißungen an die Patriarchen zu erfüllen. Blackburn sieht im Gegensatz dazu Gottes Selbstoffenbarung als Retter im Vordergrund (S. 28). Childs erkennt jedoch gerade dies auch selbst aus dem direkten Kontext der Passage, The Book of Exodus, Louisville, 1974, S. 115. (2) Ex 15,22-18,27. Ein Problem mit dem Abschnitt der Wüstenwanderung liegt in der grundlegenden Infragestellung seiner theologischen Bedeutung, etwa durch Martin Noth. In Anlehnung an Dtn 8,2f sieht Blackburn den Wert der Passage vor allem in dem Eintrainieren von Gehorsam für das Leben im verheißenen Land, damit die Nationen Gott erkennen. (3) Ex 19-24. Gerhard von Rad unterscheidet deutlich zwischen dem Gesetz der Sinaitradition als Ausdruck von Gottes forderndem Rechtswillen und dem „Evangelium“ der Landnahmetradition, die Gottes Gnadenwillen bezeugt. Dem gegenüber möchte Blackburn Evangelium und Gesetz mit Hilfe von Ex 19,4‑6 und 20,2 in ein Verhältnis zueinander setzen. Von Rad baut an erwähnter Stelle allerdings keinen unüberbrückbaren Gegensatz auf, sondern redet bereits selbst von „Ineinander“, „Hereinnahme“, und „Zusammenordnung der beiden Traditionen“, Ges. Stud. z. AT, S. 61f. Ausführlich behandelt Blackburn den Ausdruck „Königreich von Priestern“ und deutet ihm im Sinn einer Mittlerrolle zwischen Jhwh und den Nationen. Als „heiliges Volk“ soll Israel Gottes Charakter nachahmen und so vor den Nationen repräsentieren. (4) Ex 25-31. Den Kapiteln über den Plan der Stiftshütte wird oft ein Mangel an Lebendigkeit und Gehalt nachgesagt. Doch repräsentiert Gottes Herrschaft aus der Stiftshütte heraus seine himmlische Herrschaft über den Kosmos. Sie vermehrt die Gotteserkenntnis unter dem Volk Israel (Ex 29,45f) und bis an die Enden der Welt, so mit Gregory Beale, The Temple and the Church’s Mission, Leicester, 2004. (5) Ex 32-34. Dass Gott gleichzeitig vergibt und doch nicht ungestraft lässt (Ex 34,6f) deutet für Walter Brueggemann auf eine ungelöste Uneindeutigkeit in Gottes Charakter hin. Beides lässt sich jedoch als notwendige Folge von Gottes Eifer um seine Ehre unter den Nationen erklären – deshalb muss er Sünde strafen (Ex 20,5), deshalb muss er dem Volk vergeben (32,11-13: „Warum sollen die Ägypter sagen: In böser Absicht hat er…“). (6) Ex 35-40. Die starke Ähnlichkeit von Ex 35-40 mit 25-31 führt zur Frage nach dem Sinn dieser Doppelung. Blackburn macht deutlich, dass hier angesichts der Infragestellung durch das Goldene Kalb Buße und Wiederherstellung zum Ausdruck kommen, bestätigt durch das Erscheinen von Gottes Gegenwart (Ex 40,34). Das Buch endet mit fünf praktisch ausgerichteten Thesen: Missionierende Gemeinde muss auf dem Doppelgebot der Liebe gebaut sein. Mission geschieht unter persönlichen Prüfungen. Kein erdachtes Gottesbild, sondern den Gott der Bibel gilt es bekannt zu machen. Dieser Gott ist an erster Stelle ein Erlöser. In Jesus Christus gibt sich Gott zu erkennen. Die letztgenannte These verdeutlicht, mit welcher Freiheit der Autor seine theologischen Linien durch den gesamten christlichen Kanon bis hinein in das Neue Testament zu ziehen vermag. Das Buch zeichnet sich weniger durch neue Erkenntnisse, als vielmehr durch das Zusammenfügen verschiedener Einsichten zu einem großen Bild aus. Auch wenn die Erkenntnisformel sicherlich nicht der Schlüssel zur Lösung aller exegetischen Probleme des Buchs Exodus ist, wird eindrücklich demonstriert, dass ihre zentrale theologische Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Dr. Siegbert Riecker, em 2013-4. |
Blocher,
Jacques A.; Jacques Blandenier. L’évangélisation du monde:
Précis d’histoire des missions. Bd. 1: Des origines au XVIIIe siècle. Institut Biblique de Nogent, Lavigny:
Editions des Groupes Missionnaires: Nogent-sur-Marne, 1998. Es ist erfreulich, daß in letzter Zeit vermehrt französische Bücher zu missiologischen Themen publiziert werden. Meist handelt es sich um Übersetzungen aus dem Englischen. Das vorliegende Buch jedoch wurde von zwei französischsprachigen Autoren verfaßt. Dieser Überblick über die Missionsgeschichte bis ins 18. Jahrhundert ist äußerst interessant geschrieben. Da praktisch keine Fußnoten verwendet werden, liest es sich sehr leicht. Die Schlußfolgerungen am Ende jedes Kapitels führen dem Leser immer wieder den Bezug zur Gegenwart vor Augen. Wer meint, das Anliegen der Mission sei nach Paulus in Vergessenheit geraten, wird mit Überraschung feststellen, auf welchen Wegen sich das Evangelium während diesen 18 Jahrhunderten ausgebreitet hat, wie z. B., daß Europa vom 6.- 8. Jahrhundert von Mönchen aus Irland missioniert wurde. Das Buch ist auch für Kenner der Materie sehr zu empfehlen. Wenig bekannte Aspekte der Missionsgeschichte werden erörtert und, wo möglich, in Beziehung zu Frankreich gesetzt. Wußten Sie z. B., daß die Mongolei im 12. Jahrhundert von China her missioniert wurde? Und wer weiß schon, daß König Eduard I. von England im Jahre 1287 die Eucharistie von einem mongolischen Mönch aus Peking empfing und zwar in der französischen Stadt Bordeaux? Zur Zeit der Reformation war die Weltmission noch kein Thema. Daher erstaunt es, zu lesen, daß der französische Admiral Coligny in Brasilien ein „protestantisches Frankreich“ gründen wollte. Warum diese Expedition nach zehn Monaten aufgegeben wurde, und warum fast alle Missionare umkamen, wird ausführlich behandelt. Ein wirklich spannendes Buch! Wer nach einem bestimmten Thema sucht, wird sich dank des Index rasch zurechtfinden. Man darf schon auf den zweiten Band über das das 19. und 20. Jahrhundert gespannt sein. Jacques Blandenier plant die Veröffentlichung in etwa zwei Jahren. Stefan Schmid, em 1999-4. |
Blöchle, Herbert. Luthers Stellung zum Heidentum im Spannungsfeld
von Tradition, Humanismus und Reformation. Frankfurt: Peter Lang, 1995. In der gegenwärtigen Debatte um eine Theologie der Religionen drohen die reformatorischen Positionen immer mehr in den Hintergrund zu geraten. Eine evangelische Stellungnahme wird aber nicht darauf verzichten können, das Zeugnis der Reformatoren ernsthaft zu bedenken. Um so erfreulicher ist es, daß Herbert Blöchle in einer an der Kieler Theologischen Fakultät eingereichten Dissertation den Versuch unternommen hat, eine Gesamtdarstellung von Luthers Stellung zum Heidentum zu bieten. Eine derartige Untersuchung ist nicht nur als historischer Beitrag zur religionstheologischen Diskussion der Gegenwart zu begrüßen, sondern auch deshalb, weil es eine solche Gesamtdarstellung bislang nicht gab, so daß Blöchles Dissertation zugleich eine empfindliche Lücke der Lutherforschung schließt. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Blöchles Studie darf in methodischer und inhaltlicher Hinsicht als gelungene Untersuchung betrachtet werden, die geeignet ist, die aktuelle religionstheologische Debatte zu befruchten, obwohl sie sich streng auf eine Darlegung des historischen Befunds beschränkt und bewußt „auf jegliche Aktualisierung … durch Bezugnahme auf die gegenwärtige Situation“ verzichtet (16). Ein über 200seitiger Anmerkungsteil (mit fast 2700 Fußnoten) und ein 60seitiges Quellen- und Literaturverzeichnis veranschaulichen die methodisch sorgfältige, minutiös belegende und eine Fülle von Quellen und inhaltlichen Gesichtspunkten berücksichtigende Vorgehensweise des Autors. Blöchle schildert zunächst Luthers (durch das Bibelstudium, den Humanismus und die Türkengefahr veranlaßte) „Begegnung mit dem Heidentum“ (19-33), um dann seine „biblisch-theologische Stellung zum Heidentum“ (35-72), seine „Stellung zur griechisch-römischen Antike“ (73-150), seine „Stellung zum Islam und zu den Türken“ (151-192), seine „kritisch-religionsvergleichende Stellung zum Heidentum“ (193-230) und schließlich seine „Stellung zum Heidentum im Christentum“ zu beleuchten (231-250). Das Ergebnis ist nicht nur, daß Luther eine überraschend vielschichtige und differenzierte Sicht des „Heidentums“ vertrat, sondern auch, daß die Überwindung des „Heidentums“ als Gestalt verfehlter Religiosität (religio falsa) eine zentrale Thematik seiner Theologie darstellt: Luther vermochte aufgrund seiner (sich auf Röm 2,15 stützenden) Bejahung eines universal erkennbaren und gültigen Naturrechts die geistig-religiöse Welt der griechisch-römischen Antike in kultureller und sittlicher Hinsicht erstaunlich positiv zu würdigen (77-126), ohne der Neigung des zeitgenössischen Humanismus zu erliegen, die Antike zu idealisieren (127-150). Ebenso war er bereit, auch positive Aspekte in der Frömmigkeit und Sittlichkeit des Islam (161-168) anzuerkennen. Zugleich aber hielt er in Konsequenz seiner Rechtfertigungslehre an der biblischen Grundüberzeugung fest, „daß die nichtchristlichen Religionen die Menschen nicht zum Heil führen können“ (47): Über Heil oder Unheil entscheiden „allein der Glaube an Christus und die Gliedschaft an seinem Leibe …“ (50). Originalität und besondere Brisanz gewinnt Luthers Sicht des „Heidentums“ durch die These, daß dieses nicht nur eine vor- und außerchristliche Größe, sondern auch eine innerchristliche Realität darstellt: Diese gefährlichste, weil nicht so offenkundige Gestalt des Heidentums entsteht überall da, wo der rechtfertigende Glaube an Christus verweigert und das Evangelium verleugnet oder verfälscht wird (242-247). Luther hat seinen Kampf für das rechte Verständnis des Evangeliums zutiefst als Kampf für „die Befreiung des Evangeliums aus seiner todbringenden Umstrickung durch das Heidentum“ (232, 247-250) verstanden. Seine Überzeugung, daß bis zur Wiederkunft des Herrn auch das Christentum als geschichtliche Religion notwendig vom „Heidentum“ durchsetzt ist, kann dazu helfen, den exklusiven Heilsanspruch des Evangeliums mit der demütigen Einsicht des Glaubenden zu verbinden, daß kein Mensch - auch der Christ nicht - die Gefährdung durch das Heidentum definitiv hinter sich hat. Werner Neuer, em 1996-3. |
Bong Rin Ro (Hg.). Christian Suffering in Asia. Evangelical Fellowship of Asia / Asia Theological Association, 1989. Christen in verschiedenen Teilen Asiens erfahren zunehmend Verfolgung und Leiden durch militanten Hinduismus, islamischen Fundamentalismus, Kommunismus, Nationalismus und wirtschaftliche Armut. Die Referate einer Konsultation der Asiatischen Evangelischen Allianz über „die Gemeinde mitten im Leiden“ in Hongkong (24.-27. Febr. 88) sind in diesem Band zusammen mit sechs weiteren Artikeln und einem seelsorgerlichen „Brief an die Gemeinden in Asien“ wiedergegeben. Theologisches hält sich mit erschütternder Berichterstattung aus den verschiedenen Ländern die Waage. Immer wieder erschallt der Ruf nach einer der Lage entsprechenden „Theologie des Leidens, die westliche Theologen möglicherweise nicht ganz verstehen werden.“ Möge diese Kritik an westlicher Verdrängung des Leidens heilsam sein. Zugleich sollte sie aber dazu führen, daß wir das reiche theologische Erbe bei Hartenstein, Freytag, Bonhoeffer und Traugott Hahn uns wieder zueigen und den asiatischen Christen zugänglich machen. Warum sind die Ergebnisse der AfeM-Tagung im Januar 1988 „Missionarische Existenz in Zeugnis und Leiden“ noch nicht nach Asien vorgedrungen? Christof Sauer, em 1989-3. |
Bonk, Jonathan J. Missions
and Money. Affluence
as a Western Missionary Problem. Orbis:
Maryknoll, 1991. In einer wirtschaftlichen Variante des Themas von David und Goliath, das den Christen so sehr am Herzen liegt, zeigten die letzten zweihundert Jahre David (die westlichen Missionare) als den, der Sauls Rüstung an hat und Sauls Waffen trägt und so gegen einen Goliath (das Missionsfeld) marschiert, der mit einem Fell gekleidet und nur mit ein paar Steinen und einer Schleuder bewaffnet ist. Die wirtschaftliche Macht war auf der Seite der Missionare aus dem Westen. Diese gehörten in manchen Fällen zu multinationalen Missionsgesellschaften, deren jährliches Budget jenes der gastgebenden Regierungen übertraf und stellten für diese Länder sehr bedeutsame Quellen an Devisen dar. (S.1) Das Zitat faßt die Situation seit den Anfängen missionarischer Arbeit aus dem Westen zusammen. Die meisten Leute, sowohl auf Seiten der Missionare als auch auf Seiten derer, denen sie dienten, haben den Mißerfolg beim Ernten der Garben für Christus zum Teil dem Reichtum der westlichen Missionare zugeschrieben. In seinem Buch behauptet Jonathan J. Bonk, daß die Übermittlung und Inkulturation des Evangeliums durch das Ungleichgewicht zwischen dem relativen Reichtum der Missionare und der Armut der Menschen, die sie zu evangelisieren suchen, bedingt ist. Es sind im Grunde zwei Fragen, die er das ganze Buch hindurch behandelt: 1. Untergraben die gegenwärtigen Missionare trotz ihrer Aufrichtigkeit das Evangelium und behindern sie dessen Inkulturation durch ihren relativen Reichtum? 2. Führt vielleicht der Reichtum des Missionars bei den einheimischen Bekehrten zu feindschaftlichen Gefühlen - entweder bewußt oder unbewußt - dem Missionar gegenüber? Von einem afrikanischen Standpunkt aus würde die oben angeführte Frage zu einer Antwort in dem Sinne führen, daß in der westlichen Missionsarbeit des 19. Jahrhunderts die Afrikaner mit dem Verständnis zum Christentum „bekehrt“ wurden, daß Christ zu sein irgendwie gleichbedeutend sei mit reich sein. Als sie dann das Evangelium von Jesus Christus angenommen hatten, wie es von den westlichen Missionaren gepredigt worden war, entdeckten sie, daß die oben angegebene Gleichung nicht funktioniert, und deshalb verband der/die bekehrte Afrikaner(-in) das Evangelium nicht mit seiner/ihrer gegenwärtigen Situation; es war ein Evangelium für reiche Leute. Dies bewirkte dann, wie Desmond Tutu formuliert, eine religiöse Schizophrenie, in der die bekehrten Afrikaner an Gottesdiensttagen Christen sind und an anderen Tagen Afrikaner. Trotz der Tatsache, daß jene Afrikaner einige „Handdowns“ von den Missionaren bekamen, machte die immer noch existierende tiefe wirtschaftliche Kluft die Bekehrten letztlich ärgerlich. Bonk, Dozent an einer amerikanischen Bibelschule, verlangt weder eine Verleugnung des Reichtums noch Resignation, aber er ruft alle Missionare auf, durch einen Akt bewußter Selbstentäußerung Macht, Ansehen und Einfluß abzulehnen (S. xvi). Bonk ist tief besorgt über das Problem des westlichen Reichtums als Hindernis bei der Verbreitung des Evangeliums. Das Buch zeigt auch sein tiefes Verständnis für die biblischen Schriften. Wenn man nun die Empfehlungen für die Missionare durchliest, könnte man auf die Idee kommen, Bonk zu treffen und zu sehen, wie er lebt und ob er ein solcher Mann ist, der lebt, was er schreibt und sich auch so benimmt? Oder verbreitet er nur einen guten Grundsatz, einfach professionell und gelehrt, ohne entsprechend zu leben? Ich wünschte, ich würde diesen Mann treffen. Dann könnte ich ihm ein paar Fragen stellen, die dieses Buch vollständiger machen würden. Fulata Lusungu Moyo, em 1995-4. |
Börner, Fritz. Freikirchlicher Gemeindebau in Österreich. Eine Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft
Evangelikaler Gemeinden in Österreich
(ARGEGO) mit einem historischen Rückblick in die Kirchengeschichte und die Geschichte der Bekennergemeinden auf österreichischem Boden. Linz: Selbstverlag, 1989. Als langjähriger Missionar in Österreich legt Börner seine gründlich erarbeitete Magisterarbeit vor. Die kirchengeschichtlichen Kapitel greifen bis zur Christianisierung des Landes im Römerreich zurück und reichen bis zu den Hintergründen der Rekatholisierung nach der Reformation. Mit der Beschreibung der einzelnen Gemeinden innerhalb der täuferisch gesinnten ARGEGÖ im 4.Kapitel beginnt die eigentliche Forschungsleistung Börners. Geordnet nach Gemeindeverbänden fragt er nach deren Geschichte, Problemen, Gemeindegründern, gegenwärtigem Zustand und Statistik. In einem weiteren Kapitel werden die unterschiedlichen Methoden des Gemeindebaus nach Gemeindegröße, geographischen Schwer Zahl? Dann sollten nächstes Jahr z,B- auch die neuen Titel von Beyerhaus, Bosch und Fiedler dort Erwähnung finden. Missionen mit theologisch gebildeten Mitarbeitern sollten auf dieses Jahrbuch in ihrer Bibliothek nicht verzichten. Christof Sauer, em 1992-4. |
Bosch, David J. Mission im Wandel. Paradigmenwechsel in der Missionstheologie. Herausgegeben von Martin Reppenhagen. Gießen/Basel: TVG Brunnen Verlag, 2012. Über zwanzig Jahre nach dem Erscheinen der englischsprachigen Ausgabe liegt nun David Boschs Opus Magnum Transforming Mission: Paradigm Shifts in Theology of Mission [1991] erstmals in deutscher Übersetzung unter dem Titel Mission im Wandel vor. Es handelt es sich um ein solide gebundenes Buch von über 700 Seiten, dessen Druckbild im Vergleich zum englischen Original weiträumiger ist, wodurch allerdings Format und Umfang des Buchs deutlich gewachsen sind. Neben der deutschen Übersetzung auf über 600 Seiten würdigt die Ausgabe die über zwanzigjährige Wirkungsgeschichte des Buchs und seines Autors in einer Reihe von Vor- und Geleitworten (von Michael Herbst, Martin Reppenhagen, William Burrows, Gerald H. Anderson) und einem abschließenden Zusatzkapitel von Reppenhagen und Darell L. Guder. Obwohl viele Leser mit der englischen Ausgabe bereits vertraut sein dürften, sollen hier die inhaltlichen Grundzüge kurz zusammengefasst werden. In Mission im Wandel entfaltet David Bosch eine biblisch, theologiegeschichtlich und kontextuell orientierte Reflexion des Verständnisses christlicher Mission. Boschs Grundthese lautet, dass „es weder möglich noch sinnvoll ist“, ein erneuertes Verständnis von Mission „anzustreben, ohne einen gründlichen Blick auf die Wechselfälle der Missionen und der missionarischen Idee während der letzten zwanzig Jahrhunderte der christlichen Kirchengeschichte zu werfen.“ (S. 9). Diesen Blick wirft Bosch durch das Prisma der Paradigmentheorie Thomas Kuhns und der von Hans Küng beschriebenen sechs Paradigmen der Kirchengeschichte vom „urchristlich-apokalyptischen Paradigma“ bis hin zum „zeitgenössisch-ökumenischen Paradigma“ (S. 213/214). Im ersten Teil („Modelle der Mission im Neuen Testament“ S. 17-210) entfaltet Bosch ein biblisches Grundparadigma in seinen unterschiedlichen Ausprägungen bei Matthäus, Lukas und Paulus in der Überzeugung, dass „das Neue Testament keine einheitliche Sicht der Mission widerspiegelt, sondern eine Vielfalt an ‚Missionstheologien‘“ (S. 18). Gleichzeitig betont Bosch den „epistemologischen Vorrang … der Schrift“ (S. 220) sowie das „immer relevante Jesusereignis“ als hermeneutische Basis (S. 588). Der Periodisierung von Küng folgend untersucht Bosch im zweiten Hauptteil (S. 213 – 406) vier „historische Missionsparadigmen“ (byzantinischen Ostkirche, römisch-katholische Kirche des Mittelalters, Reformation, Mission und Aufklärung). Dabei zeigt sich manche Inkompatibilität der Modelle miteinander, aber auch komplementäres Lernpotential für die Gegenwart. Dieses Lernpotential wird im dritten Teil (S. 409-613) ausgewertet, in dem Bosch versucht, „ökumenische“ und „evangelikale“ Sichtweisen der Mission komplementär zusammenzubringen. Hier legt Bosch eine tiefschürfende Analyse der missionswissenschaftlichen Diskussion des 20. Jahrhunderts in dreizehn „Elemente[n] eines sich abzeichnenden ökumenischen Missionsparadigmas“ (S. 432 – 601) vor. Wesentlicher Bezugspunkt ist für ihn eine missionarische Ekklesiologie, die er ausgehend vom Konzept einer „Kirche-mit-Anderen“ des emeritierten Heidelberger Missionswissenschaftlers Theo Sundermeier entfaltet, dabei aber stärker den Aspekt einer „alternativen Gemeinschaft“ betont. Insgesamt versucht Bosch das Verständnis der Mission sowohl aus der Enge eines pragmatischen westlichen Begriffs für christliche Auslandsarbeit in die Weite theologischer und globaler Gesamtperspektiven zu führen („Die Mission der Theologie“, S. 577ff) als auch christologisch, kontextuell und praxisbezogen zu vertiefen (die „Theologie der Mission“). Diese Perspektive prägt auch seine Schlussreflexion, in der er davor warnt Mission, reduktionistisch zu definieren und dafür plädiert, sie als „Mission in vielerlei Gestalt“ aus der Mission Jesu Christi heraus zu entwickeln (S. 603ff). An dieser Stelle endet Boschs umfassende Suche nach dem Verständnis von Mission und öffnet den Weg für zukünftige Reflexionen. Hier schließt sich das bereits erwähnte ergänzende Abschlusskapitel von Martin Reppenhagen, stellvertretender Leiter des Instituts für Evangelisation und Gemeindeentwicklung in Greifswald, und Darell L. Guder, Professor für Missional and Ecumenical Theology am Princeton Theological Seminary in den USA, an, das bereits für die amerikanische Jubiläumsausgabe (2011) verfasst wurde und hier in Übersetzung vorliegt (S. 615-641). Das Kapitel mit der Überschrift „Der andauernde Wandel von Mission: Das lebendige Erbe von David J. Bosch“ dokumentiert zunächst die weitverbreitete Wertschätzung von Transforming Mission als „Grundlagenwerk für das Studium und die Erforschung“ der Mission (S. 615) und bietet interessante Hintergründe zum persönlichen und beruflichen Werdegang Boschs (z.B. die von ihm abgelehnten Berufungen nach Leiden/NL oder Princeton/USA). Die angekündigte Reflexion der „Grundlinien“ und „Auswirkung von Boschs bahnbrechendem Werk auf das Studium und die Forschung im Bereich der Missionswissenschaft“ (S. 616) bleibt allerdings hinter den geweckten Erwartungen zurück. Das Kapitel fasst zwar wesentliche Grundthemen in Boschs Denken zusammen, dabei wird jedoch zu wenig zwischen Mission im Wandel und früheren Veröffentlichungen Boschs unterschieden, so dass das Abschlusskapitel gelegentlich sogar hinter Boschs neuere Ergebnisse zurückgeht, z.B. wenn durch ein isoliertes Bosch-Zitat von 1982 („Kultur und Kontext … sind … Adiaphora, nicht wesentlich, austauschbar“) gezeigt werden soll, dass in Boschs Denken „der Universalität des Evangeliums“ gegenüber dem „konkreten Kontext“ „Priorität“ zukomme (S. 627). In Mission im Wandel zeigt sich jedoch ein wesentlich differenziertes Ringen Boschs um diese Frage (z.B. S. 587/588). Die weitergehende Darstellung der Rezeptionsgeschichte greift einige Aspekte der kritischen Diskussion auf (z.B. zur Rolle Afrikas und oder pfingstlicher Missionstheologie bei Bosch), spiegelt aber vor allem die Interessen der Autoren wider. Das Entstehen einer missionalen Theologie für die westliche Kultur wird stark thematisiert, während Entwicklungen in anderen, für Bosch ebenso wesentlichen Themenbereichen wie der Theologie der Religionen, dem interreligiösen Dialog und Zeugnis sowie der Inkulturation in nichtwestlichen Kontexten nicht oder nur am Rande aufgegriffen werden. Eine westliche Optik zeigt sich in der (in globaler Hinsicht zu relativierenden) Behauptung, dass „neue Formen von Kirche … [sich] besonders in der post-christlichen Kultur des Westens [vermehren]“ (S. 623). Auch die Auseinandersetzung mit Boschs biblischer Hermeneutik, seiner holistischen Soteriologie und seinem Missionsverständnis in der internationalen evangelikalen Diskussion wird nicht berücksichtigt. Die abschließende Thematisierung der Rezeption Boschs in Forschung und Lehre bleibt – auch abgesehen von der kryptischen Abschnittsüberschrift („Forschung und Lehre von Mission im Wandel“ S. 638) – leider sehr oberflächlich. Während das Abschlusskapitel also durchaus einen „ersten Überblick über David J. Bosch“ bietet (S. xv), wird es seinem Anspruch als Reflexion des lebendigen missiologischen Erbes von David Bosch nach 20 Jahren nur teilweise gerecht. Dazu kommen gerade im Abschlusskapitel relativ viele Fehler. Während es sich meist um Tippfehler und falsche Seitenangaben handelt (z.B. Rezepkoski statt Rezepkowski / Kirsten statt Kirsteen auf S. 620/622, ein nicht korrekt eingepasstes Zitat auf S. 621; Verweise auf Seitenzahlen der amerikanischen Ausgabe von 1991 statt auf den vorliegenden übersetzten Bosch-Text von 2012 auf S. 620/621; falsche Seitenverweise [484 – 604 statt 461-470; 604 statt 577] auf S. 625/ 626 etc.), geht auf S. 621 durch einen Wortdreher zwischen Boschs Begriff einer „Mission der Theologie“ mit dem Begriff der „Theologie der Mission“ die eigentliche Aussagepointe verloren. In der Bibliographie sind englische Titel weitgehend durch vorhandene deutschsprachige Ausgaben ersetzt worden; das gleiche gilt für Zitate. Leider fehlt dabei die deutsche Fassung von David Boschs Vorgängerwerk Witness to the World: Christian Mission in Theological Perspective [1980], die unter dem Titel Ganzheitliche Mission: Theologische Perspektiven [Marburg 2011] erschienen ist. Dass nun auch die deutsche Fassung von Transforming Mission in einem evangelikalen Verlag erschienen ist, spiegelt das Interesse wider, das Boschs ganzheitlicher Missionstheologie inzwischen in der evangelikalen Bewegung auch in Deutschland entgegengebracht wird. Darüber hinaus wird die Übersetzung den Zugang für Theologiestudierende und Theologen unterschiedlicher kirchlicher Hintergründe zu diesem globalen Standardwerk erleichtern. Auch außerhalb der missiologischen und theologischen Fachwelt dürfte Mission im Wandel interessierte Leser finden, da Boschs vielseitige Erkundung des Missionsverständnisses die Leser zugleich auf eine spannende Reise durch die globale christliche Theologie- und Kirchengeschichte mitnimmt und zu einem theologischen Bildungserlebnis wird, das dazu anregt, auch im Blick auf die persönliche Christusnachfolge über den eigenen Horizont hinauszudenken. Dr. Friedemann Walldorf, em 2013-2. |
Bosch, David. An die Zukunft glauben: Auf dem
Wege zu einer Missionstheologie für die westliche Kultur. Studienheft Weltmission heute 24. Evangelisches
Missionswerk: Hamburg, 1997/2. Das vorliegende Heft, eine Übersetzung des 1995 erschienenen Orginals „Believing in the Future: Toward a Missiology of Western Culture“, beruht auf einem Vortrag, den Bosch im Januar 1992 kurz vor seinem tragischen Unfalltod vor Missionswissenschaftlern in Paris hielt. Er stellt seine Skizze einer westlich-kontextuellen Missionstheologie auf der Grundlage seines großen missionstheologischen Werkes „Transforming Mission“ (1991) vor. Der Analyse der postmodernen Welt unter dem Motto „Wo keine Vision ist, verdirbt das Volk“ (Sprüche 29,18), folgt eine Untersuchung der Wurzeln in der Aufklärung und eine Positionsbestimmung des christlichen Glaubens. Die westliche Kultur lebe „parasitisch“ vom Christentum, das sich seinerseits jedoch weitgehend an die Religion der Aufklärung angepaßt und damit seine erneuernde und missionarische Kraft verloren habe. Aufbauend auf dieser Vorarbeit zeichnet Bosch in vier Zügen eine Missiologie für den Westen: Sie müsse (1) die Theologie grundsätzlich als missionarisch begreifen, (2) sozial-ethische Implikationen haben, (3) uns zum Erbarmen mit der Not der Dritten Welt befähigen und (4) angesichts des atheistischen Götzendienstes im Westen den einzigen lebendigen Gott der Bibel verkündigen. Das Buch ist erfreulicherweise kostenlos, bzw. gegen eine freiwillige Spende beim EMW erhältlich. Friedemann Walldorf, em 1999-3. |
Bouman, Johan. Christen und Moslems. Glauben sie an einen Gott?
Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gießen: Brunnen, 1993. Mit großem Scharfsinn verfolgt der emeritierte Professor für Religionsgeschichte und Islamkenner präzise das im Titel genannte Thema. Bei dem jeweiligen Verständnis von Sünde, Vergebung und Versöhnung sind die Gemeinsamkeiten noch größer. Die entscheidenden Unterschiede werden an der Person Jesu deutlich und kündigen sich bei den Schilderungen Abrahams schon an. Bouman berücksichtigt die historische Entwicklung des Korans und macht damit scheinbar gegensätzliche Aussagen im Koran verständlich. Dabei räumt er der Darstellung biblischen Glaubens jedoch gleichen Raum ein. Er kommt zu dem Ergebnis: Da der Koran im Namen seines Propheten und als Wort Gottes die Heilstat Gottes in Christus verneint, ist der Gott der Versöhnung in Christus nicht der Gott des Korans (S. 99). Die Rede von einer „abrahamitischen Ökumene“ sieht er genauso kritisch wie das Aufgeben des Trinitätsdogmas zugunsten des Dialogs. Den Dialog hält er durchaus für notwendig. Jedoch muß er von beiderseitiger Wahrhaftigkeit geprägt sein. Eine notwendige, sachliche Klarstellung, die manchmal den gebildeten Leser fordert. Christof Sauer, em 1996-2. |
Bouman, Johan. Leben mit fremden Nachbarn.
Die Rolle von Ethik, Kultur und Religion in einer multikulturellen
Gesellschaft. Giessen/Basel:
Brunnen Verlag, 1995. Johan Bouman analysiert die deutsche – heute multikulturelle – Gesellschaft auf die Frage hin: Wie können Menschen so unterschiedlicher nationaler Herkunft und religiöser Überzeugung friedlich miteinander zusammenleben? Für Bouman entscheidet sich diese Frage daran, ob sich die multikulturelle Gesellschaft auf eine für alle verbindliche ethische Grundlage verpflichten läßt, da nur so Konflikte aus diesem Zusammenleben bewältigt werden können. Nach Darstellung verschiedener ethischer Konzepte wie z. B. von Fichte, Hegel, Kant, Marx u. a., sowie der jüdischen, christlichen und islamischen Ethik kommt Bouman allerdings zu dem Schluß: „Es ist der westlichen Kultur nicht gelungen, eine allen gemeinsame Ethik zu entwerfen und in der Praxis durchzusetzen“ (24). Damit wird Boumans Buch zu einem berechtigten Vorwurf an die nachchristliche westliche Gesellschaft, die vielleicht nicht an ihrem ethischen Pluralismus an sich scheitern würde, jedoch anderen ethischen Konzepten wie z. B. dem Islam nichts entgegenzusetzen hat. Da jedoch nur die biblische Ethik die Frage nach Ursprung und Bewältigung des Bösen in der Welt überzeugend beantworten kann, erhält der biblische Auftrag an Christen, Buße, Glauben und Liebe zu verkündigen, aufgrund der starken Zuwanderung von Muslimen ganz neue Dringlichkeit. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-2. |
Brakemeier, Gottfried (Hg.). Glauben
im Teilen bewahrt. Lutherische
Existenz in Brasilien. Verlag der Ev.-Luth. Mission Erlangen, 1989. Es ist ein besonderes Buch: Eine Kirche der südlichen Hemisphäre stellt sich selbst vor. Bisher schrieben meist Europäer über die Kirchen, die aus „ihrer“ Missions- oder Überseearbeit hervorgegangen sind. Hier porträtiert sich die Kirche selbst. Daß dabei das Umfeld, die Geschichte, die sozialen und soziologischen Faktoren ebenso zur Sprache kommen wie die Theologie, versteht sich von selbst. Daß diese Kirche nicht bei sich selbst stehen bleiben will, sondern im Miteinander-Teilen des Glaubens weiter voranschreiten will, im eigenen Land (wo die Lutheraner nur fast 1% der Bevölkerung ausmachen) und über die Landesgrenzen hinaus, bestimmt den Ausblick. Das Original erschien in portugiesisch «Pre-senca Luterana 1990», eine englische Ausgabe ist geplant. Die Gastgeberin der 8. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes will mit uns ins Gespräch kommen. Wir dürfen mit ihr Bekanntschaft schließen. Johannes Triebel, em 1990-2. |
Bramsen, Paul D. The Way of Righteousness. Good News for Muslims. CMML Spring Lake, New Jersey, 1998. Das Material „The Way of Righteousness” gehört meiner Meinung nach zum Besten, was es für Muslime gibt. Das Buch ist die englische Übersetzung von ursprünglich in Wolof (größte Bevölkerungsgruppe in Senegal) gehaltenen Rundfunkansprachen. 1992, nachdem der amerikanische Missionar Bramsen mit zwei senegalesischen Mitarbeitern zuschauen musste, wie zuvor verteilte Literatur ungelesen zerrissen wurde, entstand die Idee für „The Way of Righteousness“ (wörtlich übersetzt: Der Weg der Gerechtigkeit, bzw. Rechtschaffenheit). Dem Missionar wurde klar, dass chronologisch aufgebaute Lektionen, die klar die Begeben-heiten und die Botschaft der Propheten Gottes darstellen, und die über staatliche Radiostation ausgestrahlt werden, nötig sind. Wie viele andere Missionare nahm auch er, wie er im Vorwort schreibt, Trevor McIlwans „Firm Foundations“ (New Tribes Mission) als Fundgrube zur Erstellung seiner speziellen 100 Bibellektionen. Der Autor wünscht ausdrücklich, dass die Lektionen in andere Sprachen zu Sendezwecken übersetzt werden. Um dies einfacher möglich zu machen wurde das Material, zu dem auch 20 Kassetten der 15-minütigen Radiolektionen gehören, herausgegeben. Der Autor bittet nur um Rücksprache, um die Vollständigkeit der Lektionen zu bewahren. Ferner ist die englische Ausgabe für englisch sprechende Muslime gedacht, die auf diese Weise im Selbststudium behutsam und gründlich die Lehren der Thora, Psalmen, Propheten und des Neuen Testaments verstehen können. Dabei geht es vor allem darum, dass sie verstehen, dass es ohne Blutvergießen keine Vergebung gibt. Die Opfer von reinen Tieren, die Gott in seiner Güte im Alten Testament als „Weg“ zur Bedeckung der Sünde der Menschen gegeben hat, war ein Symbol und eine Prophetie für das stellvertretende und erfüllende Sterben Jesu, als einzig gültiges Opfer zur Vergebung von Sünden. Die Lektionen bauen chronologisch aufeinander auf und sind doch in sich abgeschlossen. Jede der 100 Lektionen ist gefüllt von zu einem Hauptthema gehörenden Gedanken und Bibelworten. Dem Leser wird in der ersten Lektion z.B. deutlich gemacht, dass Gott zu den Menschen gesprochen hat. ER ist Gott, und zwar der einzige und der Allmächtige. Er sprach durch die Propheten oft und auf verschiedene Art. Sie schrieben auch für ihn Gottes Wort auf, geführt durch den Heiligen Geist. Gott möchte, dass die Menschen dieses, sein Wort verstehen. Sein Wort ist ewig und in ihm ist Leben. Gott hat sich selbst offenbart und auch den Weg zur ewigen Rettung. „Höre! Öffne deine Ohren und komme zu mir. Höre, und deine Seele wird leben.“ In den beiden letzten Lektionen (99 u. 100) geht es zusammenfassend darum, wer Jesus ist. Die Lektionen sind in einfachem Englisch geschrieben, in gesprochenem Stil, ursprünglich für afrikanische Muslime. Vielleicht wird dem ein oder anderen der Stil zu einfach erscheinen, aber der Inhalt ist anspruchsvoll und spricht Herz und Verstand gleichermaßen an. Dabei wird immer Rücksicht auf Denken und Fühlen von Muslimen genommen, ohne Kompromisse bei der Botschaft einzugehen. Zu lernen, wie man mit Muslimen in einer nicht „westlich“ geprägten Weise über die Bibel spricht, ist wirklich wichtig, denn sonst entstehen leicht Missverständnisse. Die Lektionen sollten von Leuten durchgearbeitet werden, die Muslime auf dem Herzen haben und ihnen die Botschaft von der Rettung durch Jesus auf ihnen gemäße Art nahe bringen wollen. Die Leben schaffende Wahrheit der Bibel leuchtet in den Lektionen immer neu und aus einer vielleicht neuen Perspektive auf und macht das Hineinarbeiten in die Materie zu einem geistlichen Gewinn. Die über 500 Seiten Lektionen sind lang, aber zu schaffen, z.B. als Stille Zeit. Das Buch ist folgendermaßen eingeteilt: Vorwort, 100 Lektionen in 4 Teilen (gut ersichtlich im Inhaltverzeichnis, mit Name der Lektion und Bibelstellen), 4 Anhänge: wie man die Kassetten zu Lehrzwecken (z.B. in Gruppen) einsetzen kann, Sprichworte der Wolofs (in den Lektionen verwendet), Unterrichtsmethodik mit dem Material, Ein-blicke in den Islam (sehr gut zum Verständnis der islamisch geprägten Menschen für Christen, und sehr gut zum Ausräumen von Falsch-interpretationen von Begriffen wie „Sünde“, „Sohn Gottes“… für Muslime). Dabei wird nicht nur die Religion fair erklärt, sondern auch was im Koran über Jesus steht. Mir gefällt das Buch sehr gut, weil es für Muslime mit liebendem Herzen geschrieben ist und den Leser eindringlich und dennoch höflich zum Nachdenken bringt, den „Way of Righteousness“ Gottes in Jesus richtig zu begreifen. Ulrike Kinker, em 2002-2. |
Brandau, Robert. Innerbiblischer Dialog und dialogische
Mission. Die Judenmission als theologisches Problem. Neukirchen-Vluyn:
Neukirchener Verlag 2006. Die Wuppertaler Dissertation (Klappert) über die Diskussion um die Judenmission nach 1945 im Kontext ökumenischer Missionstheologie und der Israellehre Karl Barths bekräftigt und begründet in historischer ebenso wie in exegetischer und systematisch-theologischer Hinsicht das Nein zur Judenmission. Die Differenzierung des Dialogbegriffs in einen innerbiblischen Dialog von Christen und Juden, einen interkonfessionell-ökumenischen Dialog unter Christen und einen interreligiös-missionarischen Dialog der Völkerkirche mit anderen Religionen/Weltanschauungen ist hermeneutisch unabdingbar und theologisch geboten. Innerbiblisch bedeutet: Christen und Juden begegnen einander als Zeugen Gottes voreinander; sie geben Anteil an den je eigenen Erfahrungen mit dem Gott Israels. Das gemeinsame Bekenntnis zu dem Gott Israels markiert die Grenze heidenchristlicher Mission, deshalb ist nur der interreligiöse Dialog missionarisch. Die Völkermission (im „Missionsbefehl“ Mt 28: ethne, biblisch zu unterscheiden von „Israel“) ist strikt von dem an die jüdische Jüngergemeinde ergehenden Auftrag zur Sammlung des eschatologischen Gottesvolkes Israel (Mt 10,6) – die nicht zu dessen Aufhebung führen kann – zu unterscheiden. Ein heidenchristliches „Zeugnis“ für Israel hat kein biblisches Fundament, vielmehr sind das aufgrund der Bundeszuverlässigkeit des Gottes Israels bleibend erwählte Gottesvolk und die Völkerkirche (die auf voreilige Identifikation mit Israel zu verzichten hat) gemeinsam zur Heiligung des Namens des Gottes Israels berufen. Die messianische Sendung des Christus Jesus mit Israel realisiert die vergegenwärtigende Repräsentation des Gottesvolkes Israel gegenüber den Völkern. Die Beziehung zum ersterwählten Volk gehört mithin zum Inhalt des in der Mission der Kirche zu verkündigenden Evangeliums und mitnichten in den Bereich ihres missionarischen Auftrags. Diese Hauptthese(n) der nicht nur äußerlich gewichtigen, sondern in jeder Hinsicht eindringlichen Arbeit werden entfaltet, indem die wesentlichen Transformationsprozesse judenmissionarischer Theologie exemplarisch rekonstruiert und kritisch beleuchtet werden. In immenser Dichte werden dabei nicht nur die Positionen der klassischen Judenmission des 19. Jhs. (F. Delitzsch, G. Dalman) referiert und eingeordnet (u.a. in den Kontext der radikal-pietistischen Ablehnung der Judenmission, des eigenen Wegs Zinzendorfs, der Instituta Judaica, samt Exkursen zu Luther und Calvin), dann in zwei Kapiteln die wirkmächtige Israeltheologie Barths sowie das ökumenische Dialogprogramm erörtert, vielmehr wird in detaillierter Kleinarbeit sowie gelungenem Zusammenspiel von Darstellung und Reflexion die Fülle ökumenischer und kirchlicher Dokumente zur Judenmission gesichtet (ein Schwerpunktkapitel, S. 171-343, das nicht zuletzt die jeweiligen „impliziten systematischen und missionstheologischen Voraussetzungen“ offenlegen soll), worauf ein ebenfalls umfangreiches Kapitel „Konflikte um die Judenmission“ folgt. Auf dieser Grundlage legt der Autor in kritischer Rezeption Barths einen eigenen Entwurf zur Judenmission vor (Kap. VI), der gegen das prägende Modell der Subsumtion Israels unter die Völker, gegen die Paganisierung Israels durch Individualisierung und Universalisierung des Evangeliums die theologische Bedeutung der bleibenden Erwählung Israels in der eingangs skizzierten Form stark macht. Die christologischen und ekklesiologischen Gründe dafür, dass Christen in dem durch Jesus repräsentierten Israel keiner anderen, fremden Religion, sondern der eigenen Erwählung und damit dem Gott Israels begegnen, werden vertieft und die Ergebnisse in einem Epilog in 29 Thesen und einem Ausblick gebündelt. Das alles liest sich – bei dem heiß umstrittenen Thema vielleicht kaum verwunderlich –durchweg spannend (auch wenn es um „Verlautbarungen“ geht), wobei eine gewisse Redundanz nicht zu übersehen ist. Die wiederum erscheint angesichts des Fehlens jeglicher Register (schade, ein erheblicher Mangel!) zwar akzeptabel, kann diese aber freilich in keiner Weise ersetzen. Dennoch ist die beeindruckende Menge an Material unaufgeregt und profund aufgearbeitet – wenn man bedenkt, dass die Position des Vf. eben so, wie er es selbst für eine jüdische Sicht formuliert, „eine, allerdings nicht die einzige Möglichkeit der Wahrnehmung“ darstellt (462). Bei aller systematischen und missionstheologischen Entschiedenheit lässt sich fragen, ob hier nicht exegetisch Kategorien eingetragen werden, die (vorab) anderweitig gewonnen wurden. Als Indiz dafür könnte auf die merkwürdige Diskrepanz zwischen dem vielfach spürbaren Konkretionswillen und der im eigenen Entwurf zu konstatierenden grandiosen Abstraktion vom konkreten „Israel“ hingewiesen werden. Ist es nicht Anzeichen einer höchst problematischen Wahrnehmung des Gegenübers (das es trotz aller Einsichten bleibt), wenn „Israel“ plötzlich ständig gleichsam als Chiffre für die Eigeninterpretation herhalten muss? Oder wie ist es zu verstehen, wenn Christus – und das ist doch der Christus des apostolischen Zeugnisses! – „Teil der Prophetie Israels“ ist, wenn der Auferstandene als „der Repräsentant Israels“ Israel in der Welt vergegenwärtigt, oder gar „Christus Jesus als der verheißene Messias Israels die missionarische Existenz Israels verkörpert“ (! 456f)? Erfolgt christliche Mission tatsächlich „in Teilhabe an der Mission Israels“ (461)? Weitere Punkte wären anzusprechen, um die Befürchtung zu formulieren: Droht hier nicht die gerechtfertigte Intention in ihr Gegenteil umzuschlagen? Ohne die inhärierenden Probleme zu verharmlosen, kann man sich am Ende schon fragen, wo jüdische Menschen mit ihrer Wahrnehmung und vitalen Religiosität sich hier wirklich angesprochen finden. Je nach dem, in welcher Weise man das Christentum als „im Grunde jüdisch“ reklamiert, wird dem christlich-jüdischen Dialog das Gegenüber geradezu genommen und somit tendenziell der Boden entzogen. Zumindest wäre mehr als wünschenswert gewesen, die Aspekte, die das rabbinische Judentum (mit der Mischna als „Gründungsdokument“) in die Wirkungsgeschichte des Christentums einzeichnen (vgl. J. Neusner, M. Hilton, D. Boyarin), in die Diskussion mit einbezogen zu sehen. Die klare Differenzierung des „Israel“-Begriffs etwa in Röm 9,6 – das sei nur eben angedeutet – nötigt wohl doch zur analogen Differenzierung (auch) in missionstheologischer Hinsicht: Israel ist nicht einfach Israel. Am Ende bleibt – beispielhaft – E. Jüngels Votum (EKD-Synode 1999) bedenkenswert: Judenmission ist als gänzlich unbrauchbarer Begriff abzulehnen, und zugleich: Die deutschen Kirchen sind „ganz und gar unberufen“, Israel im Namen Jesu anzusprechen. Doch ebenso gilt: „Aus der Bezeugung des Evangeliums in Israel ist ja die Kirche hervorgegangen. Sie müsste ihre eigene Herkunft verleugnen, wenn sie das Evangelium ausgerechnet Israel gegenüber verschweigen wollte.“ (zit. S. 139). Zwischen einer (theologisch und menschlich) verantwortlichen Realisierung dieser Sachverhalte und einem „Heilstriumphalismus“ (371) liegen Welten. So ist das Thema auch mit dieser herausragenden Arbeit nicht endgültig geklärt, wie könnte es auch. Sie wird dennoch auf lange Zeit den Standard markieren, hinter den die Debatte nicht mehr zurückfallen darf. Dr. Friedmann
Eißler, em 2007-2. |
Brandl, Bernd. Die Neukirchener Mission. Ihre
Geschichte als erste deutsche Glaubensmission. (Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte
128) Rheinland-Verlag: Köln und Neukirchener Verlag: Neukirchen, 1998. Dissertationen sind keine Kriminalromane. Zumindest in Stil und Darstellung dieses Buches, das 1997 von der Ev.-theol. Fakultät in Leuven (Belgien) als theologische Dissertation angenommen wurde, liegt hier eine Ausnahme vor. Der Rezensent begann zu lesen und ruhte nicht eher, als daß er alle 456 Seiten gelesen hatte. Tanaland (Kenia) und Salatiga (Indonesien) treten dabei ebenso lebendig vor Augen wie Ludwig Doll oder Julius Stursberg in Neukirchen. Und doch handelt es sich hier um ein sehr gut recherechiertes und mit missionstheologischem Sachverstand verfaßtes Fachbuch, das – wie das Vorwort ankündigt – einen weißen Fleck auf der missionsgeschichtlichen Landkarte schließen hilft. Dabei hat sich der Verfasser keine leichte Aufgabe gestellt: Drei Hauptschauplätze der Geschichte der Neukirchener Mission in ihren z. T. sehr unterschiedlichen Entwicklungen galt es darzustellen, ohne dabei die gemeinsamen Linien aus dem Blick zu verlieren. Gerade dies gelingt auch sehr schön. So wird deutlich, wie eine in der Heiligungsbewegung wurzelnde Glaubensmission einerseits innovativ wirksam werden kann und andererseits sich aus diesem Erbe ernsthafte Probleme ergeben, die bis in die Gegenwart manches Scheitern zu verantworten haben. Drei wichtige Stichworte seien genannt, die über die Neukirchener Mission hinaus Relevanz besitzen: (1) Der sogenannte „Glaubensstandpunkt“: alle Versorgung wurde von Gott erwartet. Damit sind sowohl an Menschen gerichtete Bitten als auch eine geregelte Gehaltsstruktur ausgeschlossen. In seinem Schlußteil zeigt Brandl, daß ein institutionalisierter Glaubensstandpunkt ein Widerspruch in sich ist. (2) Heiligung als Ideal der Missionare für die zu gründenden Gemeinden. Danach ist die zweite nota ecclesiae nach der Verkündigung des Wortes die individuelle Bekehrung, die durch ein geheiligtes Leben belegt wird. Als Konsequenzen daraus sind dann eine starke Betonung der Gemeindezucht, die Gefahr der Gesetzlichkeit und - im Angesicht einer pioniermissionarischen Herausforderung - große Differenzen über Grundfragen der Ekklesiologie zu nennen. So taucht z. B. immer wieder die Frage nach der Taufe, ihrem Stellenwert und dem Taufritus auf. (3) Das Selbstverständnis der Missionare – allein von Gott gesandt – führte auf allen Missionsfeldern zu großen Konflikten aufgrund des von diesem Selbstverständnis geförderten Individualismus, vor allem nach Abebben der Erweckung. Brandl stellt alle diese Entwicklungen mit großer Offenheit und doch zugleich großer Behutsamkeit dar - an keiner Stelle ergreift er die Partei einer Person, auch wenn er in den einzelnen Sachfragen klar und deutlich urteilt. Zuletzt noch einige kritische Bemerkungen und Anfragen, die aber in keinster Weise den Wert dieser Arbeit schmälern können: Der Satz des Buches wurde offensichtlich mit einem Textverarbeitungssystem erstellt, das dann so schöne Trennungen wie Tauft-heologien (S. 430), oder Hilf-sprediger (S. 42) im Manuskript hinterließ. Die Währung der 1880er war wohl kaum die DM (S. 75 & 85) und Glasgow liegt nicht in England (S. 332). Inhaltlich könnte man fragen, ob die AIC als „geglücktes Beispiel einer aus einer Glaubensmission hervorgangene Denomination“ wirklich so geglückt ist. Schließlich stellt sich die Frage nach der Definition von Glaubensmission, wenn der Verfasser die AEM als fast ausnahmslos aus Glaubensmissionen bestehend charakterisiert (S. 449). Nach der Lektüre des Buches erscheint es fast so, als würde der Neukirchener Mission dieser Name begründet abgesprochen. Dies würde dann aber für viele der AEM-Missionsgesellschaften gelten. Dr. Norbert Schmidt, em 1999-4. |
Brecht, Martin (Hg.). Philipp Friedrich Hiller. Gott
ist mein Lobgesang. Der Liederdichter des württembergischen Pietismus. Ernst Franz Verlag: Metzingen, 1999. Im ersten Teil beschreibt Walter Stäbler einfühlsam und gekonnt das Leben und Wirken des 1699 geborenen „Dichters, Pfarrers und Theologen“ Philipp Friedrich Hiller. Über die Klosterschulen Denkendorf und Maulbronn führte Hillers Weg zum Theologiestudium nach Tübingen. Dort bescheinigte man ihm „guten Verstand“ und „Bescheidenheit in den Sitten“. Als Vikar predigte er „kurz und gut und führet sich wohl auf“ (20). Der Seelsorger und Prediger, der seit 1751 keine Predigt mehr halten konnte, weil seine Stimme versagte, wurde zum Schriftsteller. Bei seinem Tod 1769 hinterließ er in der Gemeinde und Kirche „einen guten Namen“ (42). Die enge Verbindung Hillers mit Halle und Herrnhut und dem damaligen Pietismus wird erläutert. Wolfgang Schöllkopf zeigt auf, „dass sich die unterschiedlichen Traditionen des Pietismus alle auch als Singbewegung ausprägten“ (63). Martin Brecht skizziert Hillers „Geistliches Liederkästlein“ als „eines der Medien für die tägliche Andacht“ (87-137). Hillers Motivation ist das Lob Gottes und der Ruhm des Allerhöchsten. Die theologische Konzeption des Liederkästleins lautet: „Gottes Größe ist unaussprechlich“ (103) und „der Geist erforscht die Tiefen der Gottheit“ (117). Deshalb kann Hiller das Leben bejahen. Im zweiten Teil des Liedkästleins beschreibt er den Tod, die Erscheinung Christi und die Ewigkeit mit den Worten „Wir warten dein, o Gottes Sohn, und lieben dein Erscheinen“ (133ff). Der zweite Teil des Buches konzentriert sich auf „Erfahrungen und Nachwirkungen“ Hillers. Zum „Schatz im Gepäck der Auswanderer“ nach Amerika und Rußland in den Hungerjahren 1816/17 gehörte nach Günther Mathia auch Hillers Liederkästlein. Es tröstete nach dem Bericht des Basler Missionars Saltet die Gefangenen des 1826 überfallenen schwäbischen Kolonistendorfes Katharinenfeld in Rußland. Das Liederkästlein wurde zum Gesangbuch der Pregizer Gemeinschaft in Besarabien, Georgien, Ungarn und Israel und zum Trostbuch für viele Menschen in aller Welt. In der Tat: „An Hiller ist mehr dran, als man weiß.“ Er ist ein großer Liederdichter und Theologe, von dem heute, in der Zeit der Theologievergessenheit viele Pfarrer viel lernen können. Das Doppelgebot der Liebe als Selbstauslegung Gottes und als Schöpfung einer neuen individuellen Lebensführung im Sinne der sozialen Freiheitsverhältnisse schafft Person und menschliche Gemeinschaft neu… Gemeinschaft am Leid führt nicht in Vereinzelung, Gottferne und Tod, sondern zur schöpferischen Verheißung des Evangeliums gehört die Zuversicht der Gottesgemeinschaft (85). In der Praxis der Liebe sah Hiller den Zusammenhang von Frömmigkeit und gelehrter Theologie. Diese oft vergessene Seite des schwäbischen Pietismus hat später Dietrich Bonhoeffer wieder aufgenommen. Dem von Martin Brecht herausgegebenen Buch muß man eine weite Verbreitung wünschen, vor allem unter denen, die Theologie, Frömmigkeit und Gemeinde trennen. Prof. Dr. Karl Rennstich, em 2001-2. |
Breman, Christina Maria. The Association of Evangelicals
in Africa: Its History, Organization, Members, Projects, External Relations
and Message. Zoetermer: Boekencentrum, 1996. Die Niederländerin Christina M. Breman war viele Jahre Sekretärin an der Freien Universität Amsterdam. Mit 45 Jahren wird sie Missionarin der Africa Inland Mission in Tanzania, nachdem sie ein gründliches Theologiestudium absolviert hat (BTh, MTh, Mdiv). Schon nach 2 Jahren muß sie aus Krankheitsgründen zurück in die Heimat und beginnt dort mit der umfangreichen historisch-missiologischen Dissertation über die Evangelische Allianz Afrikas (AEA). Christina Breman hat sehr gründlich rechechiert (50 Seiten Literaturangaben) und viele Interviews vor Ort durchgeführt. Das Buch gibt einen umfassenden Einblick in die Organisationsentwicklung einer dynamischen Bewegung der Evangelikalen in Afrika. Vor allem die Persönlichkeiten, die die AEA geprägt haben, werden einfühlsam und prägnant geschildert (Downing, Kato, Odunaike, Adeyemo). Breman selbst schreibt aus evangelikal-reformierter Perspektive, stellt aber andere theologische Positionen fair dar. Nur der Bericht über PACLA II ist etwas einseitig, da nur Kritiker zu Wort kommen und nicht die Beteiligten selbst, wie bei den übrigen Konferenzberichten. Die AEA wurde 1969 auf amerikanische Initiative hin (IFMA, EFMA) gegründet, hat sich aber zu einer echt afrikanischen Bewegung entwickelt. Für mich ist das Besondere an diesem Buch das kulturelle Einfühlungsvermögen in die afrikanische Kultur und Weltanschauung, das die Besonderheiten der Evangelikalen in Afrika eindrücklich darstellt (Prägung durch das Häuptlingsdenken, pragmatische Zusammenarbeit mit Vertretern anderer Glaubensüberzeugungen, Betonung des engagierten Betens, eine holistische Sicht von Religion und Glauben). Die Geschichte der AEA ist eine erstaunliche Erfolgsstory, vor allem in den Bereichen theologische Ausbildung, BEST, NEGST, Akkreditierung, TEE, Christian Education. Die Verf. geht aber auch auf Rückschläge, allzu-menschliches, auf dem Papier formulierte große Ziele und die mangelnde Umsetzung in der Praxis ein. Besonders schwer auszuhalten ist die Spannung, einerseits die Initative aus den Grassroot-Bewegungen der Evangelikalen aufzunehmen und zu begleiten und auf der anderen Seite als kontinentales Zentralbüro in Nairobi autokratisch von oben nach unten eine Organisation am Leben zu erhalten, und das mit allen Engpässen - vor allem finanzieller Art - die jeder kennt, der länger in Afrika gearbeitet hat. Breman stellt die erstaunlichen Fähigkeiten von Tokunboh Adeyemo heraus, der jetzt schon 21 Jahre Generalsekretär der AEA ist. Für wen ist das Buch hilfreich? Missionare können in afrikanische Organisationskultur einen feinfühligen Einblick erhalten. Christliche Leiter, die mit Afrikanern zusammenarbeiten, tun gut daran, sich durch die Dissertation Hintergrundinformationen über die Evangelikalen dieses Kontinents zu verschaffen. Vor allem aber sollten viele Leiter in Afrika dieses Buch zur Hand nehmen. Da das Werk sehr umfangreich (und für Afrikaner sehr teuer) ist, wäre es eine gute Möglichkeit dieses Buch bei Besuchen in Afrika als Geschenk mitzubringen. Horst Engelmann, em 2000-1. |
Brenton Betts, Robert. Christians in the Arab East. Lycabettus Press, Athen, zweite neu
bearbeitete Auflage 1978. Wie konnte es geschehen, daß die christliche Kirche in den meisten Ländern des arabischen Nahen Ostens bis heute überlebt hat? Warum ist es den Christen unter islamischer Herrschaft so viel besser gegangen als den Muslim in Spanien, Portugal oder Sizilien? Wie kam es, daß die Christen im Libanon bei der einzigen Volkszählung, die jemals stattgefunden hat, eine hauchdünne Mehrheit und damit die Macht im Staat bekamen? — Wer diese und viele andere Fragen über Geschichte und heutige Lage der christlichen Minderheitskirche im Nahen Osten beantworten möchte, der sollte zu Betts Buch greifen. Es ist eine hervorragend geschriebene und auch gut lesbare soziologisch-geschichtliche Darstellung, die inzwischen in Athen in der zweiten Auflage erschienen ist. Klaus Fiedler, em 1985-2. |
Breuer, Rita. Wird Deutschland islamisch? Mission, Konversion, Religionsfreiheit, Berlin/Tübingen: Verlag Hans Schiler, 2011. Der Titel des neuen Buches der Islamwissenschaftlerin Breuer scheint nichts Gutes zu verheißen: Wieder ein Weckruf an Deutschland, der Islam und Muslime als das Schreckgespenst für unser Land darstellt? Stattdessen begegnet uns in dem leider etwas zu teuren Werk eine Menge guter und überraschender Sachinformationen, die zu einer fundierten Auseinandersetzung mit dem Islam in Deutschland beitragen können. Während etwas weniger als die erste Hälfte des Buches (S.7-86) den grundlegenden Einstellungen von Muslimen gegenüber Nichtmuslimen und solchen, die dem Islam den Rücken kehren, gewidmet ist, behandelt der etwas größere zweite Teil (S.87-179) die Frage, inwiefern ein an der Scharia orientierter Islam in Deutschland zu integrieren sei. Breuer untersucht kurz in Koran und Hadith die Haltung der Muslime zur nichtmuslimischen Umwelt. Jeweils schlägt sie schnell die Brücke zur Situation in Deutschland: auch viele Muslime in unserem Land leben mit dem Gefühl einer religiösen Überlegenheit (S. 13), islamische „Mission“ (Da´wah) ist geboten, auch die „innerislamische Mission“ (S. 29), die auf das moralische Verhalten des Mit-Muslim achtet und leicht zu Gruppendruck führt. Recht eingehend nimmt Breuer unter die Lupe, wie Muslime für ihren Glauben werben, welche Art von Menschen zum Islam konvertieren, warum sie es tun und wie viele es überhaupt sind. Hier merkt man, dass Breuer sich in der Szene persönlich auskennt. Der ehemalige Evangelikale Mohammed Herzog wird zitiert (S. 47-48). Auch auf den salafistischen Konvertiten Pierre Vogel geht sie ein (z.B. S. 51+59). Sehr gefreut hat mich, dass die Islamwissenschaftlerin auch über den Abfall vom Islam (S. 61-73) und insbesondere über Konvertiten vom Islam zum Christentum (S. 73-85) schreibt – ein Thema das leider in ähnlichen Werken unter den Tisch fällt. Offen zitiert Breuer, wie selbst der prominente deutsche Konvertit Murad Wilfried Hofmann die Todesstrafe für den Abfall vom Islam zu erklären versucht und dass selbst Erklärungen zur Religionsfreiheit, wie die des Zentralrates der Muslim von 2002 bei näherem Nachfragen den Eindruck eines opportunistischen Lippenbekenntnisses erwecken (S. 63). Die Zahl der Konversionen zum Islam schätzt Breuer übrigens als relativ gering ein. Sie geht in Deutschland von 15.000 Muslimen mit nicht-muslimischem Hintergrund aus und von einer jährlichen Zuwachsrate von ungefähr 200 bis 300. Breuer nimmt an, dass die Zahl der Konversionen zum Islam propagandistisch hochgeredet wird, die Zahl der Konversionen vom Islam zum Christentum dagegen aufgrund der Bedrohung der Konvertiten eher kleiner gemacht wird, als es der Wirklichkeit entspricht (S. 73). Der Versuch, islamisches Recht, also die Scharia, in der deutschen Wirklichkeit zu etablieren, ist laut Breuer im vollen Gange. Islamische Verbände und Medien benutzen dabei gezielt den Vorwurf der „Islamophobie“, der manchmal, so Breuer, zur „Pathologisierung jedweder kritischen Sicht“ des Islams benutzt wird. Die Auseinandersetzung zwischen islamisch motivierten Wertvorstellungen und dem demokratisch-freiheitlichen System in Deutschland umfasst äußerst verschiedenartige Bereiche. Nur eine kleine Auswahl der Fragen und Forderungen: Befreiung muslimischer Schüler vom Unterricht während der Gebetszeiten, Fasten muslimischer Fußballspieler während des Ramadan, Distanzierung von der deutschen Gesellschaft durch das Ernstnehmen der Speisegesetze, Teilnahme von muslimischen Schülerinnen am Schwimmunterricht, islamische Banken ohne Zinsen etc. Breuer versucht zu zeigen, dass es im Islam durchaus auch moderne Interpretationen gibt (S. 114), die das Zusammenleben in Deutschland erleichtern könnten. Zu Recht bemerkt sie, es sei „islamfeindlich, wenn man nicht zur Kenntnis nimmt, dass es auch andere Lesarten des Islams gibt“ (S. 108). Sie zeigt sehr realistisch die zahlreichen Konfliktpunkte auf, geht sogar auf „nützliche Idioten“ (S. 97) ein, zu denen sie solche Medien- und selbst Kirchenvertreter zählt, die gerade die radikalen Muslime als Gesprächspartner hofieren und wichtig machen. Ihre Hoffnung bleibt, dass Deutsche selbstbewusster zu ihren zivilisatorischen Errungenschaften, den freiheitlichen Grundrechten, stehen und dadurch Deutschland „ein guter Ort auch für die vielen demokratiefähigen und toleranten Muslime“ (S. 179) wird. Zwei kritische Bemerkungen zu dem sonst sehr zu empfehlenden Buch: Die Islamwissenschaftlerin vermittelt durchweg den Eindruck gut und fundiert informiert zu sein. Oft werden aber durchaus wichtige (und vielleicht auch umstrittene) Behauptungen nicht genügend mit Quellen belegt. Ein durchgängigerer Nachweis von Quellen hätte das Buch sicher umfangreicher gemacht, wäre aber gerade bei diesem sensiblen Thema zu wünschen. Etwas unbehaglich wird es mir immer, wenn der Islam mit Argumenten zurückgewiesen wird, die genauso auf meinen christlichen Glauben anwendbar wären. Man kann es Frau Breuer nicht verdenken, dass sie persönlich Absolutheitsansprüche als ein Grundübel ansieht (etwa S. 8). Als Christen, die den heute nicht gerne gehörten Absolutheitsanspruch Jesu Christi verkündigen, sollten wir dann allerdings solche Argumente nicht nur deshalb übernehmen, weil sie in diesem Fall eine andere Religion treffen. Wolfgang Häde, em 2012-1 |
Bria, Ion; P. Chanson, J. Gadille, M. Spindler (Hg.), Dictionnaire oecumenique de missiologie: Cent mots pour la mission, (Association francophone oecumenique de
missiologie), Paris/Genève/Yaoundé: Du Cerf/Labor et Fides/Cle, 2001. Die Französischsprachige Ökuemenische Gesellschaft für Missionswissenschaft (Association francophone oecumenique de missiologie) hat bereits 2001 dieses Ökumenische Wörterbuch der Missiologie (hier abgekürzt DOEM) herausgegeben. Begonnen wurde die Arbeit bereits 1988 von Père Joseph Levesque und nach seinem Tod 1995 von Ion Bria, Philippe Chanson, Jacques Gadille und Marc Spindler weitergeführt und zum Abschluss gebracht. Das Buch trägt den Untertitel „Hundert Worte für die Mission“. Und tatsächlich sind es genau hundert Stichworte, unter denen das Thema der Mission wissenschaftlich von vielen Seiten her beleuchtet wird. Natürlich liegt der Vergleich mit dem Lexikon missionstheologischer Grundbegriffe, hg. von Karl Müller und Theo Sundermeier, 1987 (LMG) nahe. Hier waren es 110 Stichworte. Doch das vorliegende Werk ist keine Übersetzung, sondern eine eigenständige Arbeit. Die fränzösischsprachigen Autoren haben ihre eigenen Akzente gesetzt. Schon das erste Stichwort, das den Reigen der Begriffe eröffnet, „Adaptation“, sucht man im LMTG vergeblich. Das gleiche gilt für die Stichworte „Annonce de l´Evangile“, „Apostolicité de la mission“, „Eglises locales“, „Internationalisation de Missions“, „Liberté réligieuse“ „Plantation de l´Église“,“Syncretisme“ u. v. m. Interessant: den Artikel zu „Bibel und Mission“, den im LMG der Mitherausgeber des DOEM, Marc Spindler, geschrieben hat, verfasst hier eine andere Autorin. Das thematische Spektrum ist leicht anders gelagert als im LMG und reicht weiter in die Bereiche der Missionsgeschichte und -praxis hinein. Dafür fehlen spezialisierte Beiträge zu afrikanischer, chinesischer, indischer oder lateinamerikanischer Theologie oder den Glaubensmissionen wie im LMG. Jedem Artikel ist eine ausführliche Bibliographie und eine Übersicht verwandter Begriffe zugeordnet. Insgesamt sind 45 Autoren vorwiegend aus dem französischsprachigen Bereich an dem Werk beteiligt. Das Buch wird abgerundet durch ein Abkürzungsverzeichnis, ein Verzeichnis der Autoren, einen Sach- und Personenindex und schließlich ein Inhaltsverzeichnis. Das Werk ist eine wichtige Ergänzung zu den bisherigen missiologischen Nachschlagewerken und (nicht nur) für Französisch sprechende Missiologen unentbehrlich. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2006-1. |
Brinkmann, Klaus (Hg.). Missionare und ihr Dienst im
Gastland. Referate der
Jahrestagung 1997 des AfeM. edition afem - mission reports 5. Verlag für
Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1998. „Missionare und ihr Dienst im Gastland“ ist eine 175-seitige Fundgrube für Gäste und solche, die es werden wollen. In elf Referaten beleuchten neun Missionspraktiker, wie der Einsatz des Missionars gelingen kann. Dabei besticht die Erkenntnis, daß es weniger auf die fachlichen, als die persönlichen Qualitäten des Mitarbeiters ankommt. Beziehungsorientierte Charaktereigenschaften wie Humor, echte Demut, Höflichkeit und Geduld sind auf lange Sicht wirkungsvollere Missionsmittel als ein projektorientiertes „Zack, zack, jetzt aber ran, die Zeit läuft“. Gästebetrieb ist nicht immer eine einfache Sache, weder für den Gastgeber noch für den Gast: Im Land seiner Bestimmung angekommen, spürt der Neuling (er wußte es schon vorher), daß seine Kollegen aus der ganzen Welt kommen und er sich nun an mindestens zwei Kulturen anpassen muß, der des Gastlandes und der des Teams. Lohnt sich die Arbeit in interkulturellen Teams? Sie kann das effektivste Team überhaupt sein, wenn einige Voraussetzungen stimmen (S. 31, 121ff). Was kann alleinstehenden Missionaren helfen, Anschluß ans Team zu gewinnen? Kinderspielzeug mitnehmen! Aber nicht um fortan als Dauerbabysitter von den Missionaren ‘mißbraucht’ zu werden, sondern um freundschaftlichen Kontakt zu ihnen zu bekommen. Sollen wichtige, die Arbeit betreffende Entscheidungen auf dem Feld oder von der Heimatzentrale getroffen werden? Wenn möglich auf dem Feld, wie das Beispiel des Paulus zeigt (S.68-70). Wie sollen sich die Missionare bei massiven sozialen Ungerechtigkeiten wie Ausbeutung und Unterdrückung im Gastland verhalten? Unbeirrt auf das Verkündigen des Evangeliums beschränken, oder politisch und sozial aktiv werden (S. 152ff)? Auch für die gastgebende Kirche können die Gäste anstrengend sein: So können sich viele Missionare einfach nicht daran gewöhnen, unangemeldet „nur so“ Besuche zu machen, obwohl das in manchen Kulturen unersetztlich ist. Einige unter ihnen sind so vielseitig begabt und packen derart viele Dinge erfolgreich an, daß sie damit ihre einheimischen Mitarbeiter erschlagen. Ungewollt rauben sie diesen ihre Motivation und ersticken ihre Eigeninitiative. Andere gehen so unbedarft mit ihrem Geld und ihren Gütern um, daß sie unbeabsichtigt die Blicke der Einheimischen auf ihren Besitz anstatt auf Jesus lenken. Die Referenten zeigen nicht nur die Probleme, sie versuchen auch anhand der Bibel und ausgewählter Fallbeispiele Antworten zu geben. Bei aller Problemanzeige wird nicht vergessen, daß die Gäste nicht aus eigenem Antrieb in die Mission gehen, sondern von dem gesandt sind, der Fremdlinge und Gäste jetzt zu Mitbürgern und Gottes Hausgenossen machen will (Eph 2,19). Wer sollte dieses Buch lesen? Der heimkehrende Missionar. Ihm kann es eine äußerst hilfreiche Anleitung sein, seinen Dienst kritisch zu überdenken. Aber auch der Missionskandidat und die, die ihn für seinen Einsatz vorbereiten, werden profitieren. Johannes Böker, em 1999-3. |
Brugnoli, Carlo und
Michèle. Erzählt
es allen Völkern. Ermutigende Perspektiven zum Thema Weltmission. Projektion J: Wiesbaden, 1995. Die Autoren Carlo und Michèle Brugnoli sind Missionspraktiker, Leiter eines JMEM-Zentrums in der Schweiz, die mit ihrem missiologischen Kompaktkurs herausfordern, anstecken und begeistern wollen. In wohltuender Weise wird dabei die Dichotomie zwischen Missionaren im Ausland und Gemeindegliedern zu Hause überwunden. Alle werden eingeladen zum gezielten Engagement für die Weltmission, zur kreativen Unterstützung von Missionaren sowie zur Weltmission vor der Haustür. Dabei liegen den Autoren besonders die unerreichten Völker am Herzen. Dies ist ein außerordentlich praktisches Buch. Kurze Gedanken zur Missionstheologie sind mit eindrucksvollen Fakten und anschaulichen Erfahrungsberichten kombiniert. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Gebet, insbesondere für die Bekehrung von einzelnen Freunden. Andere Themen sind Evangelisation, Nacharbeit, effektive Kommunikation sowie Kinder- und Jugendarbeit. Da das Buch als Werkbuch gestaltet ist, wird jedes Kapitel mit einem Fragenkatalog abgeschlossen, der zum weiteren Nachdenken anregt. Freier Raum auf diesen Seiten lädt dazu ein, Antworten gleich niederzuschreiben. Leider fehlt fundierte Bibelauslegung. Es sind zu viele orthographische und Übersetzungsfehler verblieben, etliche Formulierungen sind altmodisch-fromm. Bei den spektakulären Berichten über umstrittene Großaktionen hätte ich mir mehr kritische Distanz gewünscht. Hier wird der Glaubensmut (Zukunftsoptimismus) deutlich, der von dem charismatischen Vorverständnis her zu verstehen ist. Trotz dieser Unzulänglichkeiten ist das Buch wegen seiner Praxisnähe und engagierten Darstellung zu empfehlen. Dr. Detlef Blöcher, em 1998-1. |
Bürkle, Horst (Hg.). Die Mission der Kirche. AMATECA
Lehrbücher zur katholischen Theologie Bd. XIII, Paderborn: Bonifatius, 2002. In diesem Werk unternimmt der emeritierte Münchener Missionswissenschaftler Horst Bürkle in Zusammenarbeit mit 7 Mitverfassern, darunter 3 weitere Missiologen (Karl Müller, SVD, +2001), Arij A. Roest-Crollius, S.J., Horst Rzepkowsky, SVD, + 1996), 2 Soziologen (Anton Rauscher, S.J., Manfred Spieker) und 2 Dogmatikern (Bonaventura Kloppenburg, O.M.F., Leo Kardinal Scheffzyk) den begrüßenswerten Versuch, auf begrenztem Raum in wissenschaftlicher und doch gemeinverständlicher Form für den Gebrauch an Hochschulen, Gymnasien wie auch im pastoralen Bereich ein Kompendium vorzulegen, in dem alle Gebiete und Themen der christlichen Mission prägnant und informativ zur Darstellung kommen: ihre exegetische und dogmatische Begründung, ihre Geschichte, ihre Verbreitung auf allen Erdteilen und in den Kulturkreisen der Menschheit sowie in den Problemstellungen angesichts der religiösen, politischen und sozialen Herausforderungen der Gegenwart. Das Buch erscheint in der Reihe „Lehrbücher zur katholischen Theologie“, in welcher der Herausgeber bereits einen früheren Band (III) veröffentlicht hat, der sich mit den nicht-christlichen Religionen und deren theologischer Interpretation beschäftigt. Die beiden Bände ergänzen sich also gegenseitig. Kennzeichnend für die ganze, im Aufbau begriffene Reihe AMATECA (Associazione Manuali di Teologia Cattolica) ist, daß in ihr alle theologischen Disziplinen aus einer Perspektive behandelt werden, die sich entschieden der Autorität des römisch-katholischen Lehramtes unterstellt und dabei besonders dessen Verlautbarungen aus neuer Zeit seit dem II. Vaticanum und dem Pontifikat der letzten Päpste in z.T. umfangreichen Zitaten zu Worte kommen läßt. So nimmt im Personenregister der gegenwärtige Papst Johannes Paul II. mit 46 Verweisen mit Abstand den ersten Platz ein (vor 20 Hinweisen auf Publikationen des wichtigsten Mitverfassers Karl Müller, dessen 1985 erschienene Missionstheologie hier noch einmal aktualisierend ausgewertet wird). Diese Orientierung an den lehramtlichen Aussagen bedeutet auch für den nicht-katholischen Leser einen zweifachen Gewinn: Zum einen gibt er dem Gesamtwerk angesichts der Vielzahl von Themen und Mitverfassern eine innere Geschlossenheit und Repräsentativität. Obwohl auch die gegenwärtige katholische Missionswissenschaft durch Spannungen zwischen einer konservativen (z.B. J. Amstutz und J. Dörmann) und einer progressiven Richtung (z.B. G. Collet und L. Rütti) beeinflußt ist, auf die auch gelegentlich verwiesen wird, werden so doch jene Einseitigkeiten vermieden, die manchen anderen, von der persönlichen Position des Verfassers bestimmten Monografien anhaften. Der Leser bleibt also nicht im Unklaren über die offizielle Haltung, welche die Kirche Roms hinsichtlich ihrer weltweiten Sendung einnimmt und wie sie in den Entscheidungen und Instruktionen zu den mannigfachen Problemen verbindlichen Ausdruck gefunden hat. Der andere Vorteil dieser Anlage ist der, dass tatsächlich ein so gut wie vollständiges Spektrum missionarischer Aspekte des heutigen kirchlichen Weltengagements entfaltet werden kann. Denn die Aufgaben und Probleme der verschiedenen Teilkirchen in aller Welt sind durch die zentrale Koordinierung der gesamtkirchlichen Organe und die direkte päpstliche Aufsicht ständig präsent und werden in ihrer grundsätzlichen Bedeutung durchdacht, ob es sich etwa um die heute sehr im Vordergrund stehende Frage der Inkulturation von Evangelium und Kirche handelt, oder um das Engagement der Laien bei der Bezeugung der christlichen Botschaft in den mannigfachen Lebensbereichen, oder die Verbindung von Verkündigung und sozialpolitischer Verantwortung, oder den Dialog mit anderen Religionen und Welt-anschauungen oder auch die Neu-Evangeli-sierung einst christianisierter Völker in Europa und in den beiden Amerikas. Trotz dieser bewusst angelegten kirchenamtlichen Perspektive bringt die Lektüre des vorliegenden Kompendiums auch dem evangelischen Leser, ob Fachwissenschaftler oder interessiertem Laien, echten Gewinn, und dies aus einem dreifachen Grund: Erstens sind die missionarischen Herausforderungen der Welt sowohl in ihren religiösen als auch ihren säkularen Aspekten weithin die gleichen, so dass der evangelische Missiologe fast überall auf die auch ihn ständig beschäftigenden Fragen stößt. Zweitens gibt es nach der vom II. Vatikankonzil bewirkten Entspannung im interkonfessionellen Verhältnis eine ökumenische Zusammenarbeit sowohl im wissenschaftlichen als auch im praktischen Bereich, letztere auf den einzelnen Kontinenten wohl im unterschiedlichem Maß, am wenigstens offenbar zwischen der Katholischen Kirche und den (von Kloppenburg summarisch so bezeichneten) „Nichtkatholiken“ in Lateinamerika! Fast alle Beiträge sind von einem ehrlichen Respekt vor den Leistungen auch evangelischer Missionare und Missiologen geprägt, was sich in den häufigen Rekursen auch auf protestantische Literatur bekundet. Drittens, und das dürfte das Wichtigste sein: Die theologische Begründung der Mission aus dem Heilsratschluss des Dreieinigen Gottes, die in den Sendungen des Sohnes und des Geistes ihre grundlegende Verwirklichung und ihre Weiterführung in der Mission der Kirche findet, unterscheidet sich in den drei Hauptkonfessionen nicht mehr wesentlich. Deswegen kann sich K. Müller im zweiten Kapitel bei der alttestamentlichen und neutestamentlichen Begründung der Mission weithin auf evangelische Theologen wie J. Blauw, D. Bosch, F. Hahn, M. Hengel, O. Michel, A. Rétif und C. Stuhlmueller stützen. Bei aller erfreulichen Gemeinsamkeit in der Missionsschau des vorliegenden katholischen Lehrbuchs können die verbleibenden Unterschiede nicht übersehen werden. So fällt dem Rezensenten als Erstes auf, dass in den Aufsätzen der Autoren, so weit sie protestantische Kollegen nicht nur erwähnen, sondern explizit zu Worte kommen lassen, der evangelikale Beitrag zur neuzeitlichen Missiologie relativ geringe Aufmerksamkeit findet. Das ist um so befremdlicher, als spätestens seit dem Aufbruch der Lausanner Bewegung, aber schon seit den sechziger Jahren, schon rein operationell der Löwenanteil zur heutigen Weltevangelisation einschließlich der Diakonie von evangelikalen Gesellschaften, Verbänden und einheimischen Kirchen geleistet und von einer beachtlichen missiologischen Literatur wissenschaftlich begleitet wird. Hinsichtlich der theologischen Zielsetzung der Mission fällt auf, dass in konsequenter Entfaltung des Buchtitels die korporative ekklesiologische Dimension der Mission als eine der Kirche als ganzer gestellten Aufgabe und als ein zu ihrer weltweiten Gestaltwerdung führendes Werk bildet. Das gilt für alle Autoren, von Bürkles grundlegendem Beitrag über die „Mission der Kirche im religiösen und kulturellen Kontext der Gegenwart“ bis zu Manfred Spiekers abschließender Behandlung der Probleme der „Kirchen im postkommunistischen Transformationsprozeß“. Als die wesentliche Problematik betrachten sie dabei die „Inkarnation“, d.h. Verleiblichung der Kirche in den mannigfachen Kulturen der Menschheit. Gewiss würden heutige evangelikale bzw. reformatorische Missiologen diesen Aspekt ebenfalls einbeziehen. Aber als vorrangige Aufgabe der Mission würden sie der bis zu Paulus zurückreichenden Tradition folgen und mit diesem die soteriologische, d.h. die auf die Rettung der vom Evangelium noch unerreichten Menschen aus sündiger und dämonischer Gebundenheit und vor dem kommenden göttlichen Zorngericht herausstellen. Das haben einst - in inhaltlicher Parallele zu Gustav Warnecks Missionslehre – auch katholische Missions-wissenschaftler in der Münsteraner Schule (J. Schmidlin; Th. Ohm) in dem sogenannten „Konversionsmodell“ vertreten (vgl. Abschn. 3.6 „Die verschiedenen Modelle“, S. 111-114). Zu dessen Ablösung hat sicher nicht nur die Durchsetzung des „Plantationsmodell“ der Löwener Schule beigetragen, sondern heute sicher noch stärker die optimistische Beurteilung der Heilsmöglichkeit auch in den nichtchristlichen Religionen bzw. gar durch sie, wie sie aus den Dialog-Instruktionen des Vatikans sowie der Weitherzigkeit des jetzigen Papstes in seinem Umgang mit den Repräsentanten anderer Religionen (Assisi 1986 und 2002!) hervorzugehen scheint (Der von dem Münsteraner katholischen Missiologen Johannes Dörmann dagegen erhobene Einspruch wird in einer Anmerkung auf S. 156 zwar vermerkt, aber dezent zu entkräften versucht). Immerhin warnte gerade auch Johannes Paul II. selber (vier Jahre nach „Assisi I“) in seiner Missions-Enzyklika vor einer missbräuchlichen Zurückstellung der Verkündigungsaufgabe zugunsten eines neutralen interreligiösen Dialogs. Eine überzeugende Begründung der Notwendigkeit der Bekehrung sucht man jedoch in den Beiträgen des vorliegenden Buchs vergeblich, abgesehen von dem Aufsatz Leo Scheffzyks über die „Grundlagen der Reevangelisierung im Vatikanum II und in der päpstlichen Lehrverkündigung“. Er widmet den 3. Abschnitt dem Thema: „Das Zentrum der Neuevangelisierung: die Notwendigkeit der Umkehr“ (S. 333-338). Hier bildet den Hintergrund allerdings der von ihm beobachtete Verlust von Religion in der säkularistischen Gesellschaft und die mangelnde Spiritualität sogar in der Kirche selbst. Ein weiterer theologischer Schwerpunkt, an dem sich evangelikale Missionstheologen von der hier dargelegten römisch-katholischen Position unterscheiden werden, ist die von ihnen mit Karl Hartenstein und Walter Freytag betonte eschatologische Ausrichtung der Mission als Wegbereiterin des wiederkommenden Herrn. Gewiß wird dieser biblische Aspekt, den K. Müller bei der Behandlung der paulinischen Missionstheologie (nach D. Senior und D. Bosch) als wesentliches Thema derselben nennt (S. 68), nicht übergangen. Aber er stellt für diese Autoren, ebenso wie für das kirchliche Lehramt, kein dringliches Motiv dar. Was sie davon abhält, ist einerseits die oft protestantisch-ökumenischerseits beschworene Furcht, dass Apokalyptik zur Lähmung der Weltverantwortung führe, andererseits der auffallende Geschichtsoptimismus in der missionarischen Planung , wie er ja von Papst Johannes Paul II. in zahlreichen Verlautbarungen und Aktionen im Blick auf das erwartungsvoll eingeläutete Dritte Millennium vertreten worden ist und noch wird. Angesichts dieser innergeschichtlichen Zukunftshoffnung tritt - drittens - auch die für die biblische Reichs-Erwartung nach Röm 11,25 so zentrale Rolle des alten Bundesvolkes Israel zurück, so sehr im Sinne des heutigen, schuldbewußten Versöhnungsbemühens Roms auch positiv die heilsgeschichtliche Verbundenheit der Kirche mit Israel betont wird (S. 69). Erfreulich ist angesichts der sich gegenwärtig weithin durchsetzenden Diffamierung der Judenmission auf protestantisch/ökumenischer Seite die Aussage von Karl Müller (S. 69 f.), „dass die Juden immer ein Recht hatten und auch heute noch haben zu hören, dass Jesus der Christus ist, d.h. dass die Kirche als Folge davon ihrerseits das Recht und die Pflicht hat, das Evangelium auch den Juden zu verkündigen.“ Prof. em. Dr. Peter P. J. Beyerhaus, em 2002-4. |
Burnett, David. Clash of Worlds. East-bourne: MARC 1990. Dr. David Burnett ist der Leiter des Missionary Orientation Centre von WEC International
in England und Fellow of the Royal Anthropological Institute. Er war Missionar
in Indien und ist Autor von „God’s Mission:
Healing the Nations” (1986) und „Unearthly
Powers: A Christian Perspective on
Primal and Folk Religions” (1988). Dr. Peter Cotterell, Rektor des London Bible College, schließt sein Vorwort zu dem Buch: „Dies ist ein Buch für Leute, die bereit sind nachzudenken; aber es verursacht dem, der es tut, keine unnötigen Kopfschmerzen.“ Burnetts Stil ist klar und verständlich. Als guter Lehrer illustriert er die wesentlichen Punkte mit Anekdoten und Beispielen. Das Buch behandelt ein einziges Thema: Weltbilder (‚worldviews’). „Die meisten von uns haben das Wort gehört. Wenige wissen, was es wirklich heisst. Hier ist die Antwort. Ich entsinne mich keines Buches, das so eindeutig und elegant dieses Thema behandelt.“ (Peter Cotterell). Burnett behandelt nach grundsätzlichen Ausführungen die Weltbilder des Säkularismus, Animismus, Hinduismus, der Chinesen und des Islam. Er geht dann auf die Veränderungen der Weltbilder ein (New Religions Movements, New Age Movement, Neo-paganism). Danach untersucht er die Grundsätze des christlichen Weltbildes, wie es andere Weltbilder transformiert und wie im Zusammenprall mit anderen Weltbildern das Evangelium sachgemäß bezeugt und verkündigt werden kann. Burnetts Anliegen ist, Christen zu helfen, im Konflikt der Weltbilder die andere Seite und das eigene Weltbild zu verstehen. Erst dann ist eine echte Kommunikation des Evangeliums möglich. Dietrich Kühl, em 1991-3. |
Burnett, David. Dawning of the Pagan Moon. Eastbourne: MARC, 1991. Dr. David Burnett ist „Fellow of the Royal Anthropological Institute” und vom WEC International als Dozent an das All Nations Christian College in Ware, Hertfordshire ausgeliehen.
Er ist Autor von God’s Mission: Healing
of the Nations (1986), Unearthly
Powers: A Christian Perspective ofPrimal and Folk Religions (1988) und Clash of Worlds (1990). Bumett möchte in seinem Buch zeigen, daß An eine kurze Einführung über die religiösen Vorstellungen der Kelten und Angelsachsen schließen sich Ausführungen über Esoterik und Magie im Mittelalter und in der Neuzeit an. Der erste Teil schließt dann mit einer Untersuchung über die Hintergründe und Entwicklungen der neueren „Pagan Revival“. Der zweite Teil geht auf Zusammenhänge zwischen der Göttin Gaia [Erde] und dem Feminismus und ökologischen Bewegungen ein. Den Abschluß des zweiten Teiles bildet ein Kapitel über CG. Jungs Psychologie, Mircea Eliade und ihre Verbindungen zur modernen Belebung des Heidentums in der christlichen Welt. Ein dritter Teil geht auf die Magie und ihre Verbindung zur Religiosität ein und bespricht auch die verschiedenen Feste im Zusammenhang mit dem Jahreszyklus und dem Lebenszyklus. Ein vierter Teil untersucht die Frage, wer eigentlich von dieser neuen religiösen Welle erfaßt ist. Es wird deutlich, daß das Neuheidentum nicht nur irgendwelche Randsiedler erfaßt, sondern mittlerweile eine große Gefolgschaft auch in der Mittelklasse und unter den Intellektuellen hat. Ein letzter Teil geht auf die Haltung der Gesellschaft zu denen ein, die offen dem neuen Heidentum angehören. Danach wird die Rolle des Mythos füf den Glauben untersucht. Den Abschluß bildet eine biblische Antwort auf das Phänomen der „Pagan Revival“. Ein Nachwort an die neuheidnischen Leser, eine Liste mit 73 heidnischen Zeitschriften in England und ein Index runden das Buch ab. Mit fast 10 £ ist das Buch deutlich teurer als die anderen Bücher von David Bumett. Dietrich Kühl, em 1993-1. |
Burrows, William R. Redemption and Dialogue:
Reading Redemptoris Missio and Dialogue and Proclamation. Maryknoll/New York:
Orbis Books, 1994. Wenn der bekannteste Vertreter der Christenheit, Papst Johannes Paul II., sich zum Thema Mission äußert, ist das zweifelsohne für Missiologen interessant. In dem Buch „Redemption and Dialogue“ veröffentlicht der frühere Missionar und heutige Leiter des Orbis-Verlags, William Burrows, zwei wichtige katholische Dokumente zur Mission. In Teil I und II werden die vollständigen Texte der Enzykliken „Redemptoris Missio“ und „Dialogue and Proclamation“ zum ersten Mal auf englisch zugänglich gemacht. Beide Dokumente werden von ausführlichen Kommentaren katholischer Missionswissenschaftler begleitet. In einem dritten Teil folgen Stellungnahmen verschiedener Missiologen aus aller Welt, die die Schwächen und Stärken der Verlautbarungen kritisch beleuchten. Dank des durchdachten dreiteiligen Aufbaus erhält man ein gutes, abgerundetes Bild über Inhalt und Bewertung der Dokumente. Die beiden Verlautbarungen des Vatikans sind nach einem langen Entstehungsprozeß ausgewogen, aber auch an manchen Stellen etwas unklar. Man erkennt, daß der Vatikan über fähige Theologen verfügt und daß Papst Johannes Paul II. die ‘Missio ad Gentes’ bzw. ‘Neu-Evangelisierung’ ein echtes Anliegen ist. Allerdings ist aber auch die katholische Betrachtungsweise unübersehbar. Hervorragend untersucht und geschrieben sind die Kommentare von Marcello Zago, O.M.I. und Jacques Dupuis, S.J., eher durchschnittlich die neun Kritiken von den unterschiedlichsten theologischen Gesichtspunkten aus. Für besonders gelungen halte ich die beiden Kritiken von Eric J. Sharpe und Jack Voelkel; letztere aus evangelikaler Feder. Insgesamt handelt es sich um ein lesenswertes, manchmal etwas langatmiges Buch, wenn man sich für Missionstheologie interessiert. Gesamtnote: gut. Martin Sachs, em 1997-3. |
Bush,
Luis and Larry Lutz. Partnering in Ministry: The Direction of World Evangelism. InterVarsity Press: Downers Grove (IL), 1990. PartnersInternational/ChristianNationals Evangelism Commission, dessen Präsident der Südamerikaner Luis Bush ist, ist eine weltweit operierende Organisation, die mit Kirchen und evangelikalen Zusammenschlüssen in Missionsländern Partnerschaften eingeht, um diesen Spendengeldern vorwiegend aus den USA zur Verfügung zu stellen, die diese Kirchen und Zusammenschlüsse selbständig verwalten und einsetzen. Bush und der Verantwortliche von PI für Publikationen, Larry Lutz, legen in diesem Buch eine umfassende Begründung vor, warum sie eine solche Partnerschaft als den einzigen in der Zukunft gangbaren Weg ansehen, der den Kurs der Weltevangelisation entscheidend verändern könnte. Anhand von vielen Beispielen wird erläutert, wie Partnerschaft zwischen Missionsgesellschaften und einheimischen Kirchen und Zusammenschlüssen aussehen kann und wie Missionsgesellschaften die Verantwortung an einheimische Christen abgeben können, ohne sich deswegen völlig zurückziehen zu müssen. Die Autoren befürworten im Gegenteil, daß Missionsgesellschaften unbedingt weiter zur Verfügung stehen sollten, um die von den einheimischen Mitarbeitern erkannten Lücken unter deren Leitung zu füllen. Auch wenn ich das Buch wärmstens empfehlen möchte, sei eine kritische Rückfrage erlaubt. PI läßt zwar den einheimischen Partnern die Freiheit zu entscheiden, wie die Gelder eingesetzt werden, erwartet aber offensichtlich ein hohes Maß an häufigen Rechenschaftsberichten, was damit begründet wird, daß man sich auf glaubwürdige Organisationen beschränken will und den Spendern gegenüber verpflichtet sei. Nun ist so etwas innerhalb der amerikanischen Kultur durchaus normal. Wird das aber von den auf diese Weise doch ein Stück weit überwachten Organisationen noch als Partnerschaft empfunden? Gibt es keine den entsprechenden Kulturen besser angepaßten Kontrollmöglichkeiten als monatliche schriftliche Berichte an eine internationale Zentrale? Ich gestehe aber zu, nicht die Erfüllung der Verträge in der Realität zu kennen, die ja wesentlich partnerschaftlicher sein kann, als der Eindruck, der bei mir durch die schriftliche Darstellung geweckt wurde. Es wäre sicher interessant zu erfahren, wie die ‘Betroffenen’ die Überprüfung und Überwachung empfinden. Thomas Schirrmacher, em 1994-2. |
Carey, S. Pearce. William Carey: Der Vater der
modernen Mission. CLV: Bielefeld, 1998. Endlich erscheint nach mehreren Jahrzehnten wieder eine Biographie des Vaters der modernen Weltmission in deutscher Sprache und zum ersten Mal eine ausführliche. Es handelt sich allerdings nicht um die Übersetzung einer neueren englischen Biographie, sondern der sehr erfolgreichen, 1923 erschienen und 1934 zuletzt korrigierten populären Biographie von Careys Urenkel, die zwar keine kritischen Töne enthält und natürlich die erst nach dem 2. Weltkrieg einsetzende Careyforschung nicht berücksichtig, dafür aber auf viele bis dahin unbekannten Familiendokumente zurückgriff. Dennoch sollte die Biographie weite Verbreitung finden, zumal sie durch den für ein gebundenes Buch sehr günstigen Preis besticht und ein ideales Geschenk in Missionskreisen sein dürfte. Die Übersetzung von Benedikt Peters ist ausgezeichnet und flüssig zu lesen, die Aufmachung mit Fotos und das Schriftbild lassen nichts zu wünschen übrig. Typisch für die Biographie ist, daß sie theologische Fragen und eine theologische Einordnung Careys praktisch völlig unterläßt, was jedoch praktisch für die gesamte Carey-Literatur gilt. Lediglich Peter Masters verweist in seinem Vorwort darauf, daß Carey und seine Mitarbeiter „überzeugte Calvinisten“ waren. Ein Anhang mit kurzen Hinweisen zu 54 Jahren Forschung seit der letzten Überarbeitung der englischen Ausgabe und mit Hinweisen zu Careys theologischem Standort wäre deswegen wünschenswert. Bei dieser Gelegenheit könnte man auch statt reiner Verweise auf englische Literatur deutsche Literatur nennen, insbesondere die in der edition afem erschienene deutsche Übersetzung von Careys Hauptwerk! Dr. Thomas Schirrmacher, em 1999-3. |
Carpenter, Joel A. und
Wilbert R. Shenk. Earthen Vessels. American Evangelicals and Foreign Missions, 1880-1980. Eerdmans: Grand Rapids, 1990. Dies ist ein Buch, das Fakten ins rechte Licht rückt: Zum einen nimmt es endlich die Tatsache wahr, daß seit den 50er Jahren die Mehrheit (heute wohl 90%) aller amerikanischen Missionare evangelikal ist (S.317). Zum anderen sieht es realistisch, daß die Geschichte der evangelikalen Missionsbewegung (neben der Geschichte der Frauen in der Religion) zu den am meisten vernachlässigten Themen der amerikanischen Kirchengeschichtsforschung der neueren Zeit gehört, gleich, ob bei evangelikalen oder nicht evangelikalen Historikern (L. Sweet, S.317). Obgleich Evangelikaie nach 1945 bedeutende Beiträge zur Missionsliteratur geleistet haben (Shenk, S.317-334), gehört die Missionsgeschichte (neben Missionstheologie und dem christlichen Zeugnis gegenüber nicht-christlichen Religionen) zu den vernachlässigten Bereichen. Eine Geschichte der evangelikalen amerikanischen Missionsbewegung ist noch nicht geschrieben (wohl auch für kein anderes Land), aber Earthen Vessels als Sammelband bemüht sich, Schneisen zu schlagen, Informationen zu bieten und Entwicklungen aufzuzeigen. Da die religiöse Welt Amerikas uns weitgehend unbekannt ist - die in manchen Kreisen übliche Standardpolemik gegen die „fundamentalistischen Fernsehevangelisten“ und die „electronic church“ hilft da auch nicht weiter - und die Amerikaner zugleich den weitaus größten Anteil am evangelischen Missionspersonal stellen, vermittelt das Buch wesentliche Einblicke in amerikanische Missionstheologie und damit zugleich auch in prägende Kräfte der heutigen (zumindest der evangelikalen) Missionsbewegung. Earthen Vessels wird durch einen Aufsatz von Andrew Walls, Edinburgh, über die amerikanische Dimension in der Geschichte der Missionsbewegung eingeleitet. Die anderen Autoren sind Nordamerikaner oder leben in Nordamerika. Nicht englischsprachige Literatur nehmen sie nur insofern wahr, als sie in englischer Übersetzung vorliegt (zB. Peter Beyerhaus S.330; Klaus W. Müller S.320). Die Aufsätze können in drei Gruppen zusammengefaßt werden. Zuerst die historischen
Arbeiten. Dana L. Roberts stellt anhand
der für die Glaubensmissionen so wichtigen Theologie A.T. Piersons und
A.J. Gordons die Bedeutung der prämillennialen Eschatologie für die Glaubensmissionen besonders und für die evangelikalen Missionen insgesamt dar.
Joel A. Carpenter stellt ua. die Bedeutung der Heiligungsbewegung für die Glaubensmissionen dar (S.117ff). Dagegen wird das für die Glaubensmissionen wesentliche Kirchenverständnis der Brüderbewe Direkt der Missionstheologie (dem zweiten Bereich) ist Charles Van Engens Artikel gewidmet: A Broadening Vision: Forty Years of Evangelical Theology of Mission, 1946-1986. Typisch für den dritten Bereich ist Orlando E. Costa’s Artikel: Evangelical Theology in the Two-Thirds World. Das Buch ist das Ergebnis einer Konferenz: „A Century of World Evangelization: North American Evangelical Missions, 1886-1986“, die im Wheaton College, nicht weit von Chicago, stattfand. Es wäre gut, wenn solch eine Konferenz mit dem Ziel, ein ähnliches Buch zu schaffen, auch einmal für den deutschsprachigen Raum stattfinden könnte. Klaus Fiedler, em 1993-4. |
Carson,
D.A. (Ed.). Telling
the Truth: Evangelizing Postmoderns. Grand Rapids: Zondervan, 2000. Dieser theologisch und praktisch inspirierende Sammelband zum Thema Evangelisation in der Postmoderne dokumentiert eine Konferenz, die 1998 an der Trinity Evangelical Divinity School in Deerfield bei Chicago stattfand und darüberhinaus u.a. von der Intervarsity Fellowship, Campus für Christus, den Navigatoren und dem Billy-GrahamCenter getragen wurde. Herausgeber ist der bekannte evangelikale Neutestamentler Donald Carson (ebenfalls Trinity), der bereits mit einer umfassenden Analyse der pluralistischen Postmoderne in The Gagging of God (Zondervan 1996) sein Herz für Evangelisation in diesem Kontext offengelegt hat. Das Buch erschließt das Thema in 8 Teilen. Im 1. Teil (Opening Plenaries) führt Ravi Zacharias in das Thema ein, bleibt aber eher an der Oberfläche. Im 2. Teil (The Challenge) wird die Herausforderung des religiösen Pluralismus (H. Netland) und die Epistemologie der Postmoderne (Hink-son/Ganssle) analysiert. Der 3. Teil (Critical Topics) bewegt sich dann ins Zentrum wesentlicher Fragestellungen zur Evangelisation in der Postmoderne. James Sire („Why should anyone believe anything at all“) macht deutlich, dass die Frage nach Wahrheit auch für postmoderne Menschen relevant bleibt. Mark Dever analysiert das evangelistische Reden von Sünde in der Postmoderne. Phillip Jensen und Tony Payne beschreiben eine praktische und biblisch fundierte Methode („Two ways to live“), das Evangelium in einem postchristlichen Kontext mit prägnanten Illustrationen zu formulieren und persönlich zu kommunizieren. Im 4. Teil (Crucial Passages) werden zwei wichtige Bibeltexte näher untersucht (John Nyquist, Die Rechtfertigung des Sünders nach Römer 3 und Colin Smith, Die Aufgabe des Botschafters nach 2. Kor. 5,11-21). In Teil 5 (Church, Campus, Ethnicity) werden besondere Zielgruppen ins Auge gefasst: Afro-Amerikaner, asiatische Amerikaner und Studenten. Um die Beziehungsebene der Evangelisation geht es in Teil 6, in dem mit Robert Coleman (The Lifestyle of the Great Commission) ein Klassiker zu Wort kommt. Teil 7 bringt Erfahrungsberichte und Strategien vor allem aus den Bereichen Studenten- und Jugendarbeit. Schließlich sind in Teil 8 die Schlussreferate von A. Fernando („The Urgency of the Gospel“) und D. Carson („Athens Revisited“) dokumentiert. Hier findet sich viel inspirierendes Material, das aufgrund seiner oft grundlegenden Natur auch für den europäischen Kontext relevant ist. Die wesentlichsten Beiträge jedoch finden sich m.E. in Teil 3. Einen Nerv der Thematik trifft hier Mark E. Dever, Pastor einer Baptistengemeinde auf dem Capitol Hill in Washington D.C. in seinen Beitrag „In einer postmodernen Welt von Sünde reden“, den ich darum im Folgenden ausführlicher darstelle. Jan ist postmodern, hält sich für sündlos und christlich: „Jeden Tag werde ich neu erschaffen, jeder Tag ist ein Neuanfang - frisch und rein. Ist das nicht die biblische Botschaft der Gnade Gottes?“ Auf die Frage, was denn mit dem Kreuz Christi, dem Zorn Gottes und der Notwendigkeit der Vergebung der Sünde von der Jesus gesprochen habe sei, antwortete Jan: „Damit kann ich nicht viel anfangen“. Mit dieser Begebenheit eröffnet Mark E. Dever seinen aufschlussreichen Aufsatz, in dem er aufzeigt, dass im postmodernen Denken (das auch das Alltagsdenken der meisten Menschen heute geworden ist) Sünde keinen Sinn macht, weil es weder einen allgemeinen Sinn des Lebens (Metanarrativ) gibt, gegen den man verstoßen könnte noch einen göttlichen personalen Sinnstifter, dem gegenüber man verantwortlich wäre. Für die Evangelisation bedeutet das nach Dever ein vierfaches: 1. Kommunikation: die Wirklichkeit von Gut und Böse, die in Gottes Person verankert ist (und nicht nur ein „modernes“ Metakonzept ist) kann kommuniziert werden. Auch postmoderne Menschen empfinden Ungerechtigkeit und Bosheit. Es kann für sie befreiend sein, nun auch eine kognitive Kategorie für diese Realität zu verstehen. 2. Gemeinschaft: Auch der postmoderne Mensch, lebt in Beziehungen, die Verantwortlichkeit erfordern. Er kann dieser Realität nicht entkommen. Die biblische Überzeugung, dass jeder Mensch im Ebenbild Gottes erschaffen ist und damit wert, gut behandelt zu werden, bietet eine wirkliche Grundlage für Gemeinschaft und lässt sie gelingen. Das sehen und erleben postmoderne Menschen. 3. Gewissen: Auch wenn postmoderne Menschen nicht an eine Persönlichkeit glauben, haben sie ein Gewissen - denn auch sie sind nach Gottes Bild er schaffen. Christen sollten hier Mut haben und sich nicht ängstlich verstecken, auch wenn ihre Überzeugungen nicht up-to-date erscheinen und belächelt werden. A. Huxley spricht für viele, wenn er zugibt, dass die Überzeugung von der Sinnlosigkeit des Lebens ihm größere sexuelle Freiheiten zu ermöglichen schien. Hilfreich ist J. Bunyans Erzählung The Holy War: Die Macht in der Stadt Menschenseele wird von dem falschen Prinzen Diabolos usurpiert, der nun die ganze Stadt beherrscht. Nur der Stadtschreier Alter Mann Gewissen bricht manchmal aus und rast wie wahnsinnig durch die Straßen und schreit: Diabolos ist ein Lügner. Prinz Immanuel ist der wahre König von Menschenseele. Doch er wird immer wieder eingefangen und zur Ruhe gebracht. 4. Bekehrung: Trotz aller schlauen Theorien, Evangelisation in der Postmoderne ist entmutigend. Nur Gott selbst kann neue, wahre Überzeugungen und ein neues Leben in Menschen schaffen. Auch wenn wir die Postmoderne nicht in allem verstehen - wenn wir das Evangelium kennen und weitergeben, dann gehören wir zur Kirche der Zukunft. Erwähnenswert ist auch der Beitrag von Michael P. Andrus, der dafür pädiert, dass das Ziel der Evangelisation nicht nur die „Decisions for Christ“ als vielmehr die „Disciples of Christ“ sein sollten. In seinem Artikel „Conversions beyond mere Religious Preference“ betont er die Notwendigkeit theologischer und ethischer Substanz im Prozess der Umkehr von einem Leben der Selbstgefälligkeit zu einem Leben in der Nachfolge Christi. Bekehrung müsse verstanden werden als ganze Lebenshingabe an die Wahrheit christlicher Weltanschauung und die Wirklichkeit eines christlichen Lebenstils. Angesichts der kulturellen Bedeutungslosigkeit von Taufen in einer baptistischen Kultur (USA), sei darum eine Zeit der Bewährung der Taufe vorzuschalten. Das Buch will kein umfassendes Kompendium zur Evangelisation sein (dazu würde z.B. eine Diskussion des brit. Konzepts der „Alpha-Glaubenskurse“ u.a.m. gehören), sondern eher eine Momentaufnahme der Ergebnisse der Konferenz in Deerfield. Das wesentliche Anliegen des Sammelbandes ist es, einen von der biblischen Wahrheit geprägten Ansatz der Evangelisation im Kontext der Postmoderne zu durchdenken und praktizieren zu helfen (vgl. den Titel des Buches). Alle Autoren werden vorgestellt, jeder Beitrag ist mit einer kurzen Bibliographie versehen, was hilfreich ist. Weniger sinnvoll scheint es, dass die (eher wenigen) Fußnoten erst ganz am Ende des Buches nach Kapiteln getrennt erscheinen. Das macht das Auffinden sehr unbequem. Erschlossen wird dieser empfehlenswerte Sammelband durch einen Themen-, Personen- und Schriftstellen-Index. Dr. Friedemann Walldorf, em 2004-1. |
Christen in islamischen
Ländern. Hg. v. Referat für
Mission, Ökumene und Kirchlichen Entwicklungsdienst
des Ev. Oberkirchenrat der Ev.
Landeskirche in Württemberg, Stuttgart 1993, 84 S. In beschränkter Auflage erhältlich gegen
Schutzgebühr von DM 10.00 plus Porto bei:
IMATEL, z. Hd. Frau Rudolf, Ev. Pressehaus, Theodor-Heuss-Str. 23, D-70174 Stuttgart. Von einem in England
lebenden Theologen aus einem mehrheitlich islamischen Land stammt
dieser Bericht für die württembergische Landessynode
über die Lage der Christen in Ägypten,
Malaysia, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Sudan und Türkei. Über
die Länderberichte hinaus wird über die
allgemeinen Hintergründe der Diskriminierung
von Christen in islamischen Ländern und die Verhaltensmöglichkeiten
der betroffenen Christen informiert. Abschließend
werden zehn Empfehlungen für Christen in westlichen Ländern gegeben.
Die erschütternden Berichte sind durchwoben von Bezügen zum christlichen
Zeugnis in diesen Ländern. |
Christiansen, Hauke. Missionieren wie Paulus? Roland Allens
missionstheologische Rezeption des Paulus als Kritik an der neuzeitlichen
Missionsbewegung (Missionswissenschaftliche Forschungen NF 24),
Neuendettelsau: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, 2008. Zu den Klassikern der Missionsliteratur des 20. Jh. gehört die herausfordernde, an vielen Stellen prophetische Studie Missionary Methods: St. Paul’s or Ours des anglikanischen Chinamissionars Roland Allen von 1912. In ganz unterschiedlichen Kontexten wurde das Bändchen mit seiner Betonung unabhängiger einheimischer Kirchen für unterschiedliche Fragestellungen und Forderungen herangezogen. Was waren die prägenden Faktoren in seiner Entstehung? Wie wurde Allen rezipiert? Wo ist seine Kritik an der neuzeitlichen Missionsbewegung überholt, was ist bleibend von Bedeutung? Diesen Fragen widmet sich die Berliner Dissertation Christiansens (2007). Zunächst beschreibt der Autor Allens Platz in der neueren
Missionsgeschichte und seine Bedeutung für die Missionswissenschaft (S. 11-25).
Ferner führt er in die Probleme der Erforschung Allens ein. Der erste Teil
gilt „Allens Rezeption des Paulus aus missionarischer und exegetischer
Perspektive“ (S. 27-126). Zunächst schildert Christiansen biographische
Faktoren, die Allens Paulusrezeption bestimmt haben (z. B. seine Ausbildungsarbeit
in Peking). Dann geht es um verschiedene Phasen der Bezugnahme auf Paulus,
nämlich das „subjektiv-impressionistische Konzept eigenverantwortlicher
Kirchen“, das „objektiv-analytische Missionsprogramm“ in Missionary
Methods und eine „explikative Phase“, die in der Fortführung und im Ausbau
paulinischer Ideen bestand. Ferner analysiert Christiansen Allens Verhältnis
zur historisch-kritischen Paulusforschung. In Abgrenzung von der radikalen
Kritik der neutestamentlichen Forschung seiner Zeit folgte Allen dem positiveren
Historismus der zeitgenössischen britischen Forschung (aber auch A. von
Harnack) und entwickelte eine eigenständige kritisch-positive Exegese auf der
Basis von Quellenkritik und Kombinationsverfahren. In Teil zwei untersucht Christiansen Allens paulinisches Missionsverständnis (S. 127-240). Dazu gehört die Verwirklichung der ganzen inkarnatorisch-sakramentalen Wirklichkeit in der sichtbaren Ortskirche, ordinierte Älteste als Verwalter der Sakramente (Allen’s voluntary clergy Programm als Antwort auf die akute Not in den Missionsgebieten), die Ausbildung einer sakramental-pneumatologischen Missionstheologie, nämlich Prinzipien paulinischer Missionsarbeit, die Mitte von Allens Missionstheologie, die missiologische Diskussion um die Errichtung von „independent native churches“ auf der Grundlage der Drei-Selbst-Theorie (Selbstleitung, Selbstverbreitung, Selbständigkeit; hier auch gute Verortung von Allens Position in der zeitgenössischen Diskussion: H. Venn, J. L. Nevius, A. Anderson) sowie die unmittelbare Selbständigkeit einheimischer Kirchen als pädagogisches Problem. Dabei sah Allen den Schlüssel zur Selbständigkeit in der geistlichen Selbsterziehung der einheimischen Kirchen. Im dritten Teil bietet Christiansen eine kritische Würdigung von Allens Verständnis der paulinischen Mission (S. 241-288). Allens Ansatz und Anliegen wurde von der Missionsgeschichte des 20. Jahrhunderts weitgehend bestätigt, in seinem theologischen Ansatz aber nur selektiv aufgegriffen (S, 252-59): „Rückblickend muss an der Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzenden Allen-Renaissance kritisch festgehalten werden, dass sie zwar Allens Schlagwort von der Selbständigkeit und Unabhängigkeit der einheimischen Kirchen übernahm, dass sie aber die seinem Programm zugrundeliegende theologische Überzeugung … nicht auszuloten bzw. zu teilen fähig war. […]. Dass der inkarnationstheologische Ausgangspunkt und seine sakramental-pneumatologische Entfaltung sein gesamtes Missionsprogramm durchwirkte, sein Kirchen- und Amtsverständnis zu einem guten Teil beeinflusste und die theologische Basis für seine Unabhängigkeitsforderung darstellte, wurde oftmals übersehen.“ (258/59). Allens Verständnis war geprägt von der anglo-katholischen Immanenzlehre, die zu einem Wechsel von einem kreuzestheologischen zu einem inkarnationstheologischen Ansatz der Mission führte. Ferner untersucht Christiansen die Forderung nach Selbständigkeit unter neutestamentlicher Fragestellung sowie als Anfrage an die Paulusexegese. Die gegenwärtige Bedeutung von Allens paulinischem Missionsprogramm (S. 281-88) sieht Christiansen in der weitgehenden Flexibilität und Variabilität von Allens Missionsmodell. Ferner könne sein Programm zu einem „Aufbrechen überkommener kirchlicher Strukturen führen, insbesondere solcher Strukturen in der westlichen Welt, die den Herausforderungen angesichts weitreichender Entkirchlichung in einer post-christlichen Gesellschaft bei gleichzeitigem Erwachen des religiösen Interesses nur wenig entgegenzusetzen haben … Die sakramental-pneumatologische Seite seines Modells warnt zugleich davor, Mission allein unter dem Gesichtspunkt des operationalen Geschäfts zu betrachten oder das Heil in Wachstumshysterie zu suchen“ (S. 284f.). Ferner ist zu erwähnen, dass Allens Missionsprogramm die Bedeutung der Gemeinde für den Missionsprozess hervorhebt und ihr eine Schlüsselstelle für die Verkündigung der Botschaft zuweist. Historisch bestätigt wurde diese Sichtweise durch die Existenz von Gemeinden in Form von Hauskirchen, die während der kommunistischen Herrschaft in China nicht nur die geistliche Versorgung der Christen ermöglichte, sondern darüber hinaus eine Ausbreitung der Gemeinden hervorrief (S. 285). Neben der gelungenen Untersuchung ist die Erfassung des umfangreichen literarischen Werks Allens ein Verdienst des Autors. Zu fragen wäre, ob ein vorangestellter eigener biographischer Abriss nicht die anderweitige Darstellung entlastet und zu größerer Übersichtlichkeit geführt hätte. Die Arbeit ist durchweg inspirierend und bietet viele weiterführende Perspektiven. Sie zeigt, wie die Verbindung von aktuellen Herausforderungen in der Mission und intensivem Studium des NT sowohl für die Mission als auch für das Verständnis des NT von großer Bedeutung sein können. Damit trifft sie ein Herzensanliegen evangelikaler Missiologie. Doch wird auch deutlich, wie die konfessionelle Gebundenheit den Blick für das NT und die eigene Situation sowohl schärfen und zu einer theologischen Durchdringung befähigen als auch massiv beeinträchtigen können. Christoph Stenschke, em 2010-3. |
Clarke, Peter B. Atlas der Weltreligionen. Entstehung,
Glaubensinhalte, Entwicklung. München: Fredering & Thaler, 1995 - 2.
Aufl. Oliphant, Margaret. Atlas der Alten Welt. Eine atemberaubende
Reise zu den Hochkulturen der Menschheit. München: Fredering &
Thaler, 1994 - 2. Aufl. Die aufwendige farbige Gestaltung mit Fotos, Karten, Graphiken, Übersichten und Kastentexten gehört zum besten, was es zum Thema Religionen und Kulturen gibt. Die beiden Atlanten sind dabei pädagogisch hervorragend aufgearbeitet und für die Aufmachung sehr preisgünstig. Die große Fülle des Stoffes wird neben dem Haupttext auf viele kleinere Texte, Begriffserklärungen und Bildbeschriftungen leicht lesbar aufgeteilt. Im Religionsatlas werden die zehn größten Weltreligionen ausführlich vorgestellt. Viele weitere Religionen werden in einem Lexikon im Anhang vorgestellt. Die Darstellung erfolgt meist durch einen Wissenschaftler, der der jeweiligen Religion angehört, ist dafür aber sehr sachlich und auf dem neuesten Stand. Der Atlas der Alten Welt beschreibt Mesopotamien, Ägypten, Persien, Europa, Griechenland, die Römische Welt, Indien, China und Nord-, Mittel- und Südamerika. Er ist damit einerseits für Bibelleser von Interesse, andererseits aber auch für jeden, der mit den Nachfahren dieser Hochkulturen zu tun hat und sich eingängig über deren Kulturleistungen informieren will. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1996-4. |
Clauss,
Mechthild.
College in Koyom: Lehren
und Lernen im Tschad. Erlangen: Verlag der Evangelisch-Lutherischen Mission, 1992. Die Afrika-erfahrene Pädagogin erzählt über Erlebnisse als Lehrerin an einem College im südlichen Tschad. Neben persönlichen Erfahrungen verarbeitet sie in meist kurzen, gut lesbaren Kapiteln vor allem Aufsätze ihre Schüler, in denen sich deren Denken und Konflikte widerspiegehi. Letztere liegen immer wieder in der Spannung zwischen traditionellen Werten und erstrebtem Fortschritt. Das Kapitel „Gesetz und Gewissen“ gibt einen lesenswerten und praktischen Einblick in die Problematik um Schuld-und Schamorientierung, in einem anderen Kapitel geht es um „Brautpreis-Sitten“. Es kommen auch immer wieder Anforderungen zur Sprache, die das Leben und Lehren in einer solchen Umgebung an eine Lehrerin aus Europa stellen. Hilfreich ist auch der kurze Überblick „Grundinformationen über den Tschad“ am Ende des Buches, abgefaßt vom Direktor des College. Der Leser erhält auf wenigen Seiten die wichtigsten Informationen über die jüngere Geschichte sowie gegenwärtige politische, wirtschaftliche und soziale Lage krisengeschüttelten Landes. Alles in allem bietet
das anschaulich und erfrischend geschriebene Buch eine guten Einblick
in Denken und Leben der südtschadischen Landbevölkerung sowie damit gegebenen
Herausforderungen für die Pädagogik. Es
ist lesenswert für jeden, der beabsichtigt, in einem afrikanischen Land als Pädagoge tätig zu sein,
aber auch für solche, die sich allgemein für die Denkweise der schwarzafrikanischen
Bevölkerung im Spannungsfeld von Tradition und Fortschritt interessieren. Christof Sauer, em 1995-4. |
Clemm, Volker (Hg.). Mission kreativ: im persönlichen Umfeld,
in unserem Land, in der ganzen Welt. Wuppertal: Brockhaus, 2002. Diese Rezension ist längst überfällig, denn das Buch erschien bereits 2002. Überflüssig ist sie keinesfalls, denn das Buch bietet eine Vielzahl von zwar kurzen, aber durchaus tiefgehenden und praktischen Perspektiven zur Weltmission. Der Herausgeber ist seit 1998 verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Missionshauses Bibelschule Wiedenest aus dessen Umfeld auch fast alle Autoren stammen. Das Buch hat drei Teile. Im ersten Teil geht es um die Person des Missionars: „Jetzt bist Du dran“ (S. 4-68). Themen wie Berufung, Begabung, Einsatz-möglichkeiten und Herausforderungen des Missionarsberufs stehen im Mittelpunkt. Unter der Überschrift „Karriere mit Gott“ entfalten Missionare aus drei Kontinenten ihren Berufs-weg als Berufungsweg mit Gott. Zum Beispiel Matthias Drochner, ursprünglich Pilot und Fluglehrer, jetzt Bibelschullehrer in Peru, fragt: „Kann ich überhaupt ‚Karriere mit Gott machen‘? Ich denke, ja. Aber wenn es schon um den Dienst für Gott geht, sollte ich auch Gottes Definition von Karriere und Erfolg gelten lassen“ (S. 37). Erfolg wird hier neu definiert als Treue, Gehorsam, Dienst, Liebe, Glaube und Gebet. Grundlage für die geistliche „Karriere“ im Missionarsberuf ist für Drochner folgerichtig die geistliche Berufung durch Gott. „So eine Berufung kann der Einzelne als gefühlsmäßig eindrückliches Geschehen erleben oder in einem mehr analytischen Prozess der Reflexion“ (S. 37). Die Berufung gibt Halt angesichts von Durststrecken, Selbstzweifeln und Angriffen von anderen. Ralf Kaemper setzt sich in seinem Beitrag „Warum ich nicht in die Mission gegangen bin“ erfrischend nüchtern und kritisch mit bestimmten Berufungsverständnissen (Gott hat mich genau in dieses Land berufen) und pauschalen Appellen zur Mission im Ausland (Stichwort: Fußtritt statt Ruf) auseinander. Er plädiert für eine nüchterne Bestandsaufnahme der eigenen Fähigkeiten: „Nicht jeder ist für jede Situation und für jedes Land geeignet“ (S. 67). Es wird deutlich, dass das Hören und Vertrauen auf Gott und möglichst nüchterne und realistische Wahrnehmungs- und Entschei-dungsprozesse im Bereich Berufung und Führung zusammengehören. Der zweite Teil des Buches „Worum es bei Mission eigentlich geht“ (S. 69-138) beleuchtet wichtige Themen der Weltmission. Ernst Schrupp bindet eigene biographische Erfah-rungen in seine Reflexion des Ziels der Weltmission ein, nämlich die „Mobilisierung der ganzen Gemeinde, d.h. aller Gemeinden in allen Ländern zur Weltmission“ (S. 71), um das Evangelium unter allen Völkern und Menschen bekannt zu machen – weltweit und in Deutschland. C. Stenschke zeigt biblisch-theologisch die Einbindung des Menschen in die Mission Gottes als persönlicher Auftrag und Verheißung auf. Grundlagen und Erfahrungen der Gemeindegründung werden in Beispielen aus Meckenburg-Vorpommern, Tansania und Nepal präsentiert. K. Brinkmann reflektiert über die „Zukunft der Mission“ und bietet nachdenkenswerte Perspektiven, u.a. über zunehmende Widerstände und Leidens-bereitschaft, Mission durch Migration, neue Möglichkeiten durch Kurzzeiteinsätze und den missionarischen Aufbruch in der Dritten Welt. Grundsätzlich wird die Bedeutung der Wiederkunft Jesu als Triebfeder der Mission betont. Der dritte Teil bietet „Tipps für deine Gemeindearbeit“ (S. 139-190). Eine neu gegründete Gemeinde in Neubrandenburg berichtet, wie sie von Anfang an den weltmissionarischen Horizont einbezog und trotz geringster finanzieller Ressourcen einen Missionar in Pakistan als „global player“ unterstützt. Es finden sich weiter: Bausteine zum Predigen über Weltmission, für einen Jugendkreis, für Kinderarbeit. Das Buch schließt mit einem Serviceteil (S. 191-207) mit nützlichen Adressen und Literaturhinweisen. Fazit: ein vielseitiges, informatives und motivierendes Praxis-Buch für junge Leute (und ihre Lehrer/Leiter), das auch theologische und missiologische Themen einbezieht und den Mut mitbringt, kontroverse und sich ergänzende Sichten (z.B. Berufung) zu thematisieren. Dr. Friedemann Walldorf, em 2007-1. |
Collier, Richard. Der General Gottes - William Booth. Die Geschichte der Heilsarmee. Verlag der St. Johannis Druckerei,
Lahr-Dinglingen. Als CT. Studd und
seine Braut Priscilla Stewart 1888 den Rest ihres gewaltigen Vermögens verschenkten, erhielt William Booth davon
den größten Teil; schon vorher war die Heilsarmee für die Ausweitung ihrer Arbeit in Indien mit 5000 Pfund bedacht worden.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen für
die engen Beziehungen, die in den ersten Jahrzehnten zwischen der Heilsarmee und vielen interdenominationellen Glaubensmissionen bestanden und die auf gemeinsame Wurzeln in der Heiligungsbewegung zurückzuführen sind. Deswegen ist dieses Buch für alle, die sich für evangelikale Missionsgeschichte interessieren, eine hilfreiche und spannende Lektüre. Collier beschreibt
eindrucksvoll die Arbeit William Booths, seiner Frau Catherine, einer großen
Predigerin, und ihrer Kinder, von
denen zwei, Bramwell und Eva, später Generale der Heilsarmee wurden. Danach wird das Buch allerdings dem Anspruch, eine Geschichte Klaus Fiedler,
em 1987-1. |
Conrad, Christa. Der Dienst der ledigen Frau in
deutschen Glaubensmissionen. edition afem, mission scripts Bd. 12. Verlag für Kultur und
Wissenschaft: Bonn, 1998. Die Autorin ist theologische Lehrerin in Tansania. Sie verknüpft in ihrer ursprünglichen Magisterarbeit theologische und missionsgeschichtliche Aspekte mit ihrer persönlichen Erfahrung, ergänzt durch eine Umfrage unter Missionsgesellschaften und ledigen Missionarinnen. Im ersten Teil stellt Christa Conrad die Frage, inwieweit durch die Neugeburt in Christus ein neues Miteinander von Männern und Frauen entsteht. Bei der Überlegung, ob Galater 3,28 nur soteriologische oder auch funktionale Gleichheit meint, kommt sie zu dem Schluß, dass Frauen und Männer in gleicher Weise gerufen und begabt sind und überall mit den ihnen verliehenen Gaben dienen können. Interessant ist der missionshistorische Teil des Buches. In der frühen Missionsgeschichte waren Frauen Hilfskräfte. Mit Hudson Taylor und dem Entstehen der ersten Glaubensmissionen wurden Frauen auch als selbständige Pioniermissionarinnen eingesetzt. Taylor mußte seine Haltung stark verteidigen, nannte auch praktische Gründe für seine Entscheidung, doch im Vordergrund stand seine biblische Begründung. Als weiterer wegweisender Vertreter dieser Sicht sei F. Franson erwähnt: „Alle verfügbaren Kräfte müssen angesichts der nahen Wiederkunft des Herrn eingesetzt werden.“ Für dieses Ziel galt es, Grenzen zu überwinden. Zur Evangelisation durch Frauen sagte Franson, das Problem liege nicht in der Frage, was die Bibel lehrt, sondern im Mangel an brüderlicher Liebe. Catherine Booth, Charles und Priscilla Studd, Hedwig von Redern und ihre adeligen Bekannten in Berlin sowie der DFMGB spielten eine Vorreiterrolle für den Verkündigungsdienst der Frauen. In den deutschen Glaubensmissionen galt anfangs: „Mit gutem biblischem Gewissen lassen wir unsere Schwestern Evangelium verkündigen“ (H. Coerper). Doch schon bald gingen Missionsgesellschaften dazu über, für Evangelisations-, Gemeinde- und Lehraufgaben Frauen nur dort einzusetzen, wo Männer fehlten oder versagten. Nur wenige Missionsgesellschaften gestehen Frauen die gleichen Rechte und Pflichten wie Männern zu. Für viele ledige Missionarinnen bleibt eine Diskrepanz zwischen ihren Gaben, ihrer persönlichen Berufung und dem, was Verantwortliche in der Mission ihnen an Dienstmöglichkeiten zugestehen. Frau Conrad fragt in ihrem Schlußsatz: „Ob es uns gelingt, die große Vision der Väter und Mütter neu zu beleben: eine Leidenschaft zu wecken, die stark genug ist, starr gewordene Strukturen zu durchbrechen, damit alle Gaben, die der Herr Frauen und Männern schenkt, in der Mission eingesetzt werden können?“ Eine Frage – und ein Buch, dessen Lektüre für Missionare und Missionarinnen, sowie für Missionsverantwortliche befruchtend wirken könnte. Hanna Weiberle, em 1999-4. |
Cook, Guillermo (Hg.). New Face of the Church in
Latin America: Between Tradition and Change. Maryknoll/N.Y.: Orbis
Books, 1994. Es ist spannend, was sich in Lateinamerika ereignet. Unzählige Artikel und Bücher erschienen aufgrund der 500-Jahr-Feier des lateinamerikanischen (katholischen) Christentums. Aber das Bild der Christenheit wandelt sich. Heute gehen sonntags mehr Protestanten zum Gottesdienst als Katholiken. Besonders Pfingstgruppen zeigen ein explosives Wachstum. Bleibt dies so, wird das nächste Jahrhundert Lateinamerikas protestantisch. Wie aber gehen Christen aller Couleur mit der zunehmenden Armut und der sozialen und politischen Ungerechtigkeit um? 21 Artikel sammelte Guillermo Cook in diesem Band, der die religiöse Situation Lateinamerikas beleuchtet. Cook ist Mitarbeiter der ‘Latin American Mission’ und wirkte viele Jahre in Brasilien und Costa Rica. Die Beiträge stammen von namhaften Autoren aus verschiedensten kirchlichen Gruppen. Der Herausgeber hat sie in fünf Gruppen eingeteilt: Teil 1: 1492-1992. Veränderung und Kontinuität (historisch); Teil 2: Die Dynamik der Veränderung (v.a. sozioreligiös); Teil 3: Volksreligion: Tradition und Veränderung (sozioreligiös); Teil 4: Regionale Studien (v.a. soziopolitisch); Teil 5: Die Zukunft der lateinamerikanischen Kirche. So verschieden die Autoren der einzelnen Artikel sind, so verschieden sind auch ihre Akzente und die Qualität der Beiträge. Insgesamt ist dieser Band für jeden Interessenten und Kenner der religiösen und soziokulturellen Situation in diesem Kontinent ein gut gelungenes Kompendium lateinamerikanischer Stimmen. Martin Sachs, em 1997-3. |
Coomes, Anne. Festo Kivengere, Gottes Bote
für Afrika. Metzingen:
Ernst Franz Verlag, 1997. Durchaus keine „Heiligenvita“ ist dieses Buch geworden, sondern eine ausführliche, ehrliche Biographie des ersten afrikanischen Erweckungsevangelisten von internationalem Rang. 1919 im Südwesten Ugandas als Hirtenjunge unter nicht eben hoffnungsvollen Umständen geboren und anfänglicher Gegner des Christentums, erwog Kivengere schon Anfang 20 Selbstmord als Ausweg. Er war lange Dorfschullehrer, und die Schulbildung der Jugend blieb ihm sein ganzes Leben lang ein Anliegen. Später wurde er Schulinspektor und – nach seiner Bekehrung – Evangelist, der ganz Uganda, Tanganjika und Teile Kenias bereiste: „Den Preis dafür zahlte die Familie. Die Kinder wuchsen praktisch ohne ihn auf“ (80). Es folgten Studienzeiten in Europa, Amerika (1966 Master of Divinity) und Australien. Kivengere wurde nicht nur bekannt als Übersetzer für Billy Graham, sondern erhielt bald selbst weltweit Einladungen zu Evangelisationen. 1967 wurde er zum Priester ordiniert, 1972, kurz nach Idi Amins Machtübernahme, zum Bischof geweiht. 1977 mußte er vor Idi Amin aus Uganda fliehen und erlebte ganz persönlich, daß sein weiterer Dienst für Gott von der für ihn sehr schweren Vergebung für Idi Amin abhing. – Zwar schildert das Buch detailliert Kivengeres Lebensweg, es fehlt aber etwas an Zusatzinformationen zu den erwähnten Namen von Personen und Organisationen. Mehr Hinweise hätte ich mir auch gewünscht, wo es um Kivengeres geistlichen Werdegang und die Prägung seiner theologischen Ansichten geht, wie z. B. seinen engagierten Einsatz für die Frauenordination in seiner Diözese. 1988 starb Kivengere an Leukämie. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-3. |
Coomes, Anne. The Authorised Biography of Festo Kivengere. Eastbourne: Monarch,
1990. Eine Biographie des weltbekannten Afrikaners in Englisch. Mit großem Engagement hat Anne Coomes, eine englische Journalistin, umfassende Recherchen vorgenommen und, mit der Zustimmung von Festo Kivengere, Freunde, Kritiker und seine Familie befragt. Die umfangreiche Biographie des „Billy Graham von Afrika“ öffnet das Verständnis für die von Missionaren beeinflußte Entwicklung des Enkels des letzten großen Königs aus dem Stamme der Bahororo. Das Buch zeigt Festos Weg zum talentierten Pädagogen und späteren Lehrer-Missionar in Tansania, zum leidenschaftlichen Evangelisten und gleichermaßen geachteten wie kritisierten Bischof Festo Kivengere. Die Geschichte dieses unermüdlichen Weltreisenden in Sachen Gottes ist untrennbar verbunden mit der Erweckungsge-schichte seines Landes Uganda. Die etwas ausführliche
Darstellung seiner Coomes ist es gelungen, den weltbekannten Prediger mit seiner biblisch-geistlichen Nüchternheit zu aktuellen Fragen sprechen zu lassen: bleibende Erweckung ohne Gesetzlichkeit, politisches Handeln ohne Parteinahme, Frau-enordination und klerikale Tradition, Theologie und Weltkirchenrat, Liebe zu Katholiken, sozial-missionarischer Einsatz für Flüchtlinge, das Verhältnis zu den Moslems u.a. Ein kleines Manko: Der Biographie mit ihrer ausreichenden Quellenangabe hätte ein Namens- und Sachregister beigefügt werden sollen. Konrad Brandt, em 1994-1. |
Corrie,
John (Ed.), Samuel
Escobar, Wilbert R. Shenk (Consulting Editors), Dictionary of Mission Theology: Evangelical Foundations. Nottingham, England: Inter-Varsity Press, 2007. Das vorliegende missionstheologische Nachschlagewerk enthält 166 Fachartikel von 139 Autoren. Über ein Drittel der Autoren kommt aus Asien, Lateinamerika und Afrika, was bereits ein wesentliches Anliegen der Herausgeber reflektiert, nämlich missiologische Herausforderungen angesichts der Globalisierung und Polyzentralität christlicher Mission („from every-where to everywhere“) aus evangelikaler und auch nichtwestlicher Perspektive neu zu durchdenken. In der Einleitung skizziert der Herausgeber, John Corrie, Tutor für Mission und Ethik am Trinity College in Bristol, England, das Profil des neuen Lexikons: (1) die Integration von Theologie und Mission, die in der westlichen Theologie oft vernachlässigt worden sei („all theological categories are inherently missiological and all missionary categories are profoundly theological", S. xv) und ein daraus sich ergebendes holistisches Missionsverständnis ("it is the universal mission of God which defines the scope of our involvement in it“, S. xvi); (2) eine kontextuelle Sicht von Mission und Theologie; (3) ein klares und zugleich weiträumiges evangelikales Profil, das traditionelle evangelikale Positionen (Autorität der Bibel, Einzigartigkeit Jesu, Evangelisation) mit neuen evangelikalen Themen (Heiliger Geist und Religionen, Ökologie, politisches Engagement etc.) verbindet. Das neue Lexikon möchte sich gezielt von anderen Nachschlagewerken unterscheiden und nicht „reproduzieren“ oder „zusammenfassen“, was auch andernorts nachzulesen sei, sondern frisches und originelles Missionsdenken an gegenwärtige Fragestellungen herantragen (S. xv). Es enthält kaum deskriptive oder historische Artikel über Personen und Organisationen, sondern konzentriert sich auf theologische Konzepte und aktuelle Fragestellungen wie „AIDS“, „African Theology“, „Arts“, „Buddhist relations“, „caste“, „culture“, „holistic mission“, „Muslim relations“, „spiritual warfare“, „transformation“. (Unglücklicherweise fällt allerdings gleich das erste Stichwort aus dem gesetzten Rahmen, da der Begriff „accomodation“ in der zeitgenössischen Diskussion und Mission nur noch als missionshistorischer Verweis eine Rolle spielt. Warum er hier zusätzlich zu „contextualization“ eingefügt wurde, bleibt unklar). Bereits die Lektüre einiger Artikel zeigt den innovativen Ansatz des Lexikons, aber auch seine Grenzen. Auf beeindruckende Weise beschreibt J. Jongeneel im Artikel „Mission theology in the 20th Century“ den methodischen Ansatz der Missionstheologie und wichtige Beiträge des 20. Jahrhunderts. Er fordert dazu heraus, über Boschs opus magnum hinauszudenken und die Erforschung von Paradigmenwechseln in der Missionstheologie nicht nur von der Kirchengeschichte, sondern von den Entwicklungen der Weltreligionen her zu denken. Die Geschichte und der Beitrag der spezifisch evangelikalen Missionstheologie im 20. Jahrhundert werden jedoch nur kurz gestreift. Kang-San Tan beschreibt aktuelle Positionen und Herausforderungen für eine evangelikale „Theology of religion“ (sic) und gibt Anregungen, über die gewohnte Exklusiv-Inklusiv-Pluralistisch-Dreiteilung hinauszudenken. Dick Dowsett bietet nüchtern und informiert wesentliche Perspektiven zur brenzligen Frage nach „hell/judge-ment“. H.W. Ritter (ÜMG) beschreibt „Motives for mission“ in ihrer theologischen Entwicklung und als geistliche Herausforderung für die Zukunft. D.E. Singh bietet einen interessanten Überblick zu christlich-muslimischen Beziehungen („Muslim relations“) und diskutiert die Kontextualisierungsmodelle C1-C6. Worin allerdings der Bezug seiner Beschreibung christlicher Naturerlebnis-Reisen (S.255) zum Thema besteht, wird nicht recht deutlich. K. Rajendran unterzieht das Konzept der „Unreached peoples“ einer kritischen Analyse und bietet dabei interessante und wichtige Einsichten aus indischer Perspektive, die ursprüngliche Definition und Entwicklung des Konzepts in der evangeli-kalen Missionstheologie wird jedoch nicht dargestellt. Der Artikel zu „Theology of Mission“ bietet ein gute Typologie und methodische Hinweise zur Missionstheologie; nicht ganz zutreffend scheint die Feststellung, dass das heilsgeschichtliche Denken in der katholischen und evangelikalen Missionstheologie (mit der Ausnahme von Rene Padilla) keine besondere Rolle gespielt habe (S. 382). Als methodisch problematisch empfinde ich den Artikel „managerial missiology“, der nicht deutlich macht, dass es sich bei diesem Begriff um eine polemische Fremdeinschätzung und eine (sicherlich nicht ganz unberechtigte) kritische Sichtweise, aber nicht um eine objektive Darstellung der Missiologie D. McGavrans, der Church-Growth-Schule und der AD-2000-Bewegung handelt. Auch die Herkunft des Begriffs selbst wird nicht belegt. Im Blick auf die Auswahl der Stichworte (die natürlich immer selektiv sein muss) fällt auf, dass Artikel zu Stichworten wie attrition (die vorzeitige Rückkehr von Missionaren, vgl. die umfangreichen WEA-Forschungen dazu), member care, violence/war sowie zu Bible/hermeneutics/epistemology fehlen. Auch fällt auf, dass gerade angesichts des ansonsten überzeugenden polyzentrisch-globalen Ansatzes Artikel zu Asien, Afrika und Lateinamerika als Bezugsfelder kontextueller Theologie vorhanden sind („Asian theology“ etc.), Artikel zu Europa und Nordamerika aber trotz wichtiger kontextuell-missions-theologischer Beiträge und Entwicklungen dort fehlen. Diese kritischen Anmerkungen sollen jedoch nicht von dem großen Wert dieses Nachschlagewerks ablenken. Es bietet auf 461 Seiten eine Vielzahl gründlich recherchierter und innovativer Perspektiven, einen bisher einzigartigen Überblick und Einblick in aktuelles globales evangelikales Missionsdenken (vor allem im anglophonen Raum), das sich neuen Herausforderungen stellt, Kategorien erweitert, sich altem Lagerdenken verweigert und dem Beitrag evan-gelikaler Theologen aus der nichtwestlichen Welt einen angemessenen und prominenten Platz einräumt. Das neue Wörterbuch stellt eine gute Ergänzung zum umfassenderen Evangelical Dictionary of World Missions (2000) dar und ist ein wichtiges und nützliches Werkzeug für Missiologen, Bibliotheken und theologisch Interessierte mit globalem Horizont. Dr. Friedemann Walldorf, em 2008-4. |
Crossman, Eileen. James O. Fräser. Der Bergsteiger Gottes, Bielefeld: Christliche Literatur-Verbreitung, 1994. In dieser packenden Biographie erzählt Eileen Crossman die Geschichte ihres Vaters James Fräser, der trotz zweimaliger Ablehnung durch die China-Inland-Mission seinen Weg zu den entlegensten Völkern im Grenzland Chinas zu Burma und Thailand suchte, um ihnen das Evangelium zu bringen. Hier wird jedoch nicht an der Legende des „Fräser vom Lisuland“ weitergearbeitet, kein übermenschlicher Glaubensheld gezeichnet, sondern der Mensch James Fräser, der in seiner Schwachheit, seinen Zweifehl und seinen täglichen Kämpfen mit sich selbst und den Gefahren einer unbekannten Umwelt von Gott als sein Werkzeug für die Mission unter den Bergvölkern (Lisu, Karen) gebraucht wird. Lebendig wird das Buch durch die vielen Zitate aus den Tagebüchern Fräsers, die den Leser unmittelbar in seine Begegnungen mit den Menschen um ihn herum einbeziehen. Zusammen mit den sorgfältigen Recherchen Crossmans trägt dies zu einem eindrucksvollen und realistischen Bild Chinas und der Aufgaben eines Missionars in den Randgebieten Chinas bei. Durch die Zitate wird das Buch darüberhinaus zu einer wichtigen Quelle für weitere Arbeiten über eine Missionsgeschichte Chinas. Ein besonderer Verdienst Frau Crossmans ist es, die Geschichte der unter ihrem Vater entstandenen Gemeinden bis in die Gegenwart hinein darzustellen. Insgesamt ist dieses spannende Buch eine rundum gelungene Kombination einer realistischen Biographie James Fräsers, einer Quellensammlung und eines Beitrages zur Kirchengeschichte der südchinesischen Völker. Stefan Müller, em 1995-4. |
Dahling-Sander, Christoph; Andrea Schultze, Dietrich Werner, Henning
Wrogemann (Hg). Leitfaden Ökumenische Missionstheologie.
Gütersloh: Chr. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, 2003. Das vorliegende Einführungswerk ist motiviert von der Erkenntnis, dass christliche Mission „alles andere als nur ein vergangenes Phänomen“ ist: „Mission, der spannungsvolle Prozess der Kommunikation und neuen Inkulturation des christlichen Glaubens … ist in vollem Gang“ (S.10). Das Zentrum der Aktivität liege in den Ländern des Südens und die Kirchen Europas brauchten Neubelebung aus dieser Richtung. Darum sind die Herausgeber aus dem Umkreis der „Arbeitsgemeinschaft Ökumenische Forschung“ (AÖF seit 1988) auch überzeugt, dass Missionswissenschaft als Fachdisziplin auch in Deutschland nicht etwa gestrichen, sondern „ausgebaut zu werden verdient“. Das vorliegende Kompendium zeigt, wie das aussehen kann und gibt erste Einblicke in die vielfältigen Themen- und Forschungsbereiche dieser Disziplin, die im Titel (etwas reduktiv) als „Missionstheologie“ bezeichnet wird. Die folgenden fünf Zugänge werden in 32 Aufsätzen näher beleuchtet: 1. „Mission in Geschichte und Wissenschaft“ (S.17-112). Hier werden hermeneutisch-methodische Grundfragen und historische Zusammenhänge thematisiert. Dabei wird deutlich, dass auch das Missionsverständnis der Herausgeber nicht homogen ist. Wrogemann definiert Mission und die damit verbundene Wissenschaft durch die interkulturelle und interreligiöse Begegnung. Die Beschäftigung mit dem deutschen Kontext gehört für ihn darum nicht zur Missionswissenschaft, sondern zur Praktischen Theologie. Werner hingegen, dessen Ansatz ich hier für richtig halte, entfaltet gerade einen missionswissenschaftlichen Ansatz für Deutschland (vgl. unter 5.). Die biblische Fundierung von Mission (R. Achenbach, S.32-50) bleibt missionstheologisch an der Oberfläche und wird auch in ihrer Kürze der großen Relevanz biblischer Theologie für das missiologische Denken und der Forschungsarbeit in diesem Bereich (z.B. BISAM, Okure, Köstenberger/Obrien, Glasser, Van Engen, Stuhlmacher, Schnabel etc.) nicht gerecht. Hier liegt ein Schwachpunkt des Sammelbandes. 2. „Konfessionelle Profile“ (S.113-246). Hier stellen orthodoxe, römisch-katholische, protestantische, baptistische, evangelikale, pfingstliche und ökumenische Vertreter Grundlinien ihrer jeweiligen Sicht zur Mission vor. Ein wichtiges Kapitel, das die ergänzende und reiche Vielfalt missionstheologischer Perspektiven der weltweiten Gemeinde Jesu Christi deutlich macht. Dies ist eine große Stärke des vorliegenden Bandes. 3. „Mission, Dialog und Religionen“ (S.247-318). Hier untersucht C. Lienemann-Perrin die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Mission und Dialog, U. Grabe argumentiert (m. E. gegen Paulus und das NT), dass die christliche „Mission“ am jüdischen Volk gerade darin bestünde, es gerade nicht für Christus gewinnen zu wollen. Fragwürdig ist m. E. auch die von Klaus Hock vorgestellte einseitige historische und religionswissenschaftliche Betrachtungs- und Anwendungsweise des Fundamentalismus-Begriffs, die gegenteiliger Beteuerungen zum Trotz zu einer recht undifferenzierten Zusammengruppierung katholischer, evangelikaler und islamischer Richtungen führt. Hock schlägt zwar vor, man solle im Blick auf Evangelikaie und Fundamentalisten doch „um eine zumindest grobe (!) Differenzierung bemüht sein“ (S.306), schafft es aber dennoch immer wieder Pietisten und Evangelikaie in die Nähe des Fundamentalismus zu rücken, indem er „Gemeinsamkeiten“ und „fließende Übergänge“ betont. 4. „Mission, Partnerschaft und Globalisierung“ (S.319-456) befasst sich mit aktuellen Strukturen und Themenbereichen weltweiter Mission. U. a. macht C. Währisch-Oblau auf die missiologische Relevanz v. a. afrikanischer Migrationskirchen in Deutschland aufmerksam. Weitere wichtige Themen in dieser Sektion sind: Gewalt, Frauen, Heilung, Entwicklung, Partnerschaft. 5. „Mission in den Kontexten der Welt“ (S.457-562) bietet inspirierende regional-kontextuelle Perspektiven: Afrika (M. Roser), Asien (K. Schäfer), Lateinamerika (Dahling-Sander). Wichtig ist, dass auch Europa und Deutschland als eigene missionarische Kontexte untersucht werden (Ionita, Werner). Meine historisch-kontextuell-theologische Untersuchung zu ökumenischen Missionstheologien für den europäischen Kontext in den Jahren 1979-1993 (Die Neuevangelisierung Europas, Gießen/Basel, 2002), die u. a. auch auf die Beiträge des Europäischen Lausanne Kommittees eingeht, wurde hier noch nicht wahrgenommen. Dietrich Werner fordert mit Recht dazu auf, die Frage nach einer Missiologie für den Westen aus deutscher Perspektive durchzubuchstabieren und praxisrelevant zu bündeln. Erste wichtige Anregungen hierzu hat die Jahrestagung 2004 der DGMW in Zusammenarbeit mit der AMD bereits gegeben (vgl. Zeitschrift für Mission 3 und 4/2004). Das vielseitige und wichtige Werk schließt ab mit einem Verzeichnis missiologischer Zeitschriften und Standardwerke, von Anschriften aus dem Missionsbereich sowie der Herausgeber und Autoren. Aus evangelikaler Sicht erfreulich und anerkennenswert ist, dass mit dem Aufsatz von Bernd Brandl „Mission aus evangelikaler Perspektive“ (S.178-199) und auch die Arbeit des Arbeitskreises für evangelikale Missiologie (AfeM) zumindest ansatzweise thematisiert wird (leider fehlt ein Hinweis auf den AfeM im Adressen-Anhang. Die Zeitschrift „Evangelikale Missiologie“ wird allerdings aufgelistet). In Spannung zu dieser erfreulichen Tatsache steht die oben bereits kritisierte und m.E. verzeichnende Einordnung von Pietismus und evangelikaler Theologie in die verallgemeinernde und tendenziöse Kategorie „Fundamentalismus“ (Aufsatz von K. Hock, S. 306ff). Hier möchte ich Herrn Hock und auch den Herausgebern die Frage stellen: gibt es wirklich mehr Gemeinsamkeiten zwischen islamischen Fundamentalisten und Evangelikaien, als beispielsweise zwischen „evangelikalen“ und ökumenischen“ Missionstheologen? Verzerrt ein verallgemeinernd religionswissenschaftlicher Gebrauch des Fundamentalismus-Begriffs hier nicht grundlegende hermeneutische, ekklesiologische und missiologische Zusammengehörigkeiten? Sollten wir hier nicht gemeinsam an einer neuen Sichtweise arbeiten? Ein erster Schritt ist (nicht nur) mit diesem Band ja schon getan. Dr. Friedemann Walldorf, em 2005-2. |
Damson, Erwin. Gezeichnet Mielke - Streng
geheim! Hänssler Verlag:
Holzgerlingen, 1999. Ein wenig spektakulär klingt der Titel schon. Alltäglich sind die schlaglichtartigen Berichte auch nicht. Erwin Damson, Leiter des Missionswerkes „Licht im Osten“ (LiO), berichtet sehr persönlich über die Facetten seiner Arbeit in den Jahren der kommunistischen Diktaturen. Von ihnen wurde ihrer Ideologie entsprechend Religion mit allen Mitteln bekämpft. Besonders zielten sie auf jede Art von Literatur, speziell auf die Verbreitung der Heiligen Schrift. Damson schildert sehr ehrlich die Spannung zwischen missionarischer Nächstenliebe und dem bewußten Verstoß gegen Gesetze der Ostblockländer. Er glorifiziert die ‘Ostlandfahrer’ nicht und zeigt realistisch die Belastungen, wobei das Risiko für die Empfänger ohnehin viel größer war, denn ihr Leben war bedroht. Damson vertritt die Meinung, daß die Arbeit von LiO unverzichtbar für die Ausbreitung des Evangeliums war. Zahlreiche Christen aus den verschiedenen westlichen Ländern stellten sich für diese Arbeit zur Verfügung. Das Klischee vom seichten Christentum läßt sich angesichts dessen nicht aufrecht erhalten. Ausführlich geht Damson auf einen erschütternden Fall ein. Ein Bruder verriet unter anderem Aktionen von LiO an die ‘Stasi’. Diese hatte ihn zielstrebig eingeschleust. Unübersehbarer Schaden entstand, zahlreiche Personen und Familien wurden gefährdet. Erschreckend, daß der IM Pastor war und sich als Evangelist allgemeiner Wertschätzung erfreute. Auf die Wurzeln der verbrecherischen Heuchelei geht Damson nicht ein. Fragen danach bleiben. Als Empfänger und Transporteur von Literatur darf ich zustimmen: Geld, Anstrengung, Angst und Risiko waren gut angelegt. Richard Bergmann, em 2000-1. |
Daniels,
Eugene. A
Protestant Looks at the Catholic Church in Mission. Highlights
of Church Teaching since 1891.
Monrovia, California: MARC, 1993. Daniels, Baptistenpastor und seit 1963 vollzeitlicher Mitarbeiter bei World Vision, arbeitete zwischen 1983 und 1991 auf den Philippinen an positiven Beziehungen zwischen World Vision und katholischen Bischöfen. Er versucht in seiner Studie zu zeigen, daß in der katholischen Missiologie Entwicklungshilfe und Evangelisation zwei wichtige Komponenten sind. Die Tatsache, daß Evangelikaie und Katholiken hier übereinstimmen sowie die ökumenische Offenheit der Katholiken bilden einen Imperativ, der dringend eine positive Reaktion der Evangelikaien erfordert. – Ob Daniels Wunsch sich allerdings in der Praxis verwirklichen läßt bzw. verwirklicht werden sollte, bleibt fraglich. Andreas Wieland, em 1995-2. |
Danyun. Aufbruch im
Reich der Mitte. Zeugen der Erweckung in China berichten. Wiesbaden:
Projektion J, 1994. Auf fast 400 Seiten wird hier eine unausgewogene Mischung aus Geschichte und Gegenwart, aus Möglichem und offensichtlichen Lügen präsentiert, die sich im Vorwort gar selbst als eine Sammlung von Berichten aus China bezeichnet. Schon bei geringstem Vorwissen über China müssen diese Geschichten äußerst fragwürdig erscheinen.
Während die Kirche in China blüht und die 10-millionenste Bibel gedruckt
wird, versucht der Autor uns weiszumachen,
der Der theologische Standpunkt des Autors und seiner Gruppe ist eindeutig: Während es in Nordost-China auch neben der 3-Selbst-Kirche bereits Hausgemeinden nahezu aller Konfessionen gibt, gehen sie davon aus, daß sie dort die ersten „wirklichen Christen“ sind. So gewinnt diese Sekte ihre Anhänger vor allem aus den Kreisen der chinesischen Kirche („Durch ihren Einfluß kamen mehrere hundert Menschen aus der 3-Selbst-Kirche heraus“, 355). Beweis des wahren Christseins eines Menschen ist für sie die Fähigkeit zum Heilen und Wundertun. Zusammenfassend muß man sagen, daß dieses Buch in Deutschland zur Verwirrung über die Lage der chinesischen Kirche beitragen soll, so wie in China die „Missionare“ der pfingstlerischen Sekte, die in diesem Buch als Helden auftreten, zur Verwirrung der chinesischen Christen und zur Zersetzung der einheimischen Kirchen ihren unheilvollen Beitrag leisten. Stefan Müller, em 1995-4. |
Danz, Christian; Ulrich H.J. Körtner (Hg.). Theologie der Religionen:
Positionen und Perspektiven evangelischer Theologie. Neukirchen:
Neukirchener Verlagsgesellschaft, 2005. Der vorliegende Sammelband ist herausgegeben von den systematischen Theologen C. Danz und U.H.J. Körtner, die beide an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien lehren. Unter den weiteren Autoren befinden sich mit R. Bernhardt (Basel), J. Fischer (Zürich), M. Hüttenhoff (Uni Saarland), D. Korsch (Marburg), A. v. Scheliha (Osnabrück) weitere fünf systematische Theologen, mit D.-M. Grube (Utrecht) ein Religionsphilosoph und Ethiker und mit U. Tworuschka (Jena) der einzige Religionswissenschaftler. Missionswissenschaftler sind nicht beteiligt. Die Veröffentlichung versteht sich als Beitrag zur neueren Theologie der Religionen, die immer noch ausgehend von der konzeptionellen Trias von Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus gleichzeitig versucht diese zu erweitern (etwa durch den Ansatz der komparativen Religionstheologie), und die sich weiterhin mit dem noch ungelösten Grundproblem „der Vermittlung der Geltung der eigenen Religiosität mit einer positiven Würdigung fremder Religionen“ (VI) beschäftigt. Der Band soll die gegenwärtige „Differenziertheit und Breite der Debattenlagen … in der gegenwärtigen evangelischen Theologie“ (VI) vermitteln. Die Einleitung der Herausgeber bietet einen guten Überblick über die Beiträge des Buches, das die Thematik in vier Teilen bearbeitet. Im ersten Teil legt Uwo Tworuschka die religionswissenschaftlichen Grundlagen, nach denen bereits die Begriffe „Religion“ und „Gott“ weder allgemeingültig definiert noch interreligiös harmonisiert werden dürfen. Im Gegensatz zur älteren Religionswissenschaft, die nach Harmonie suchte, betont die neuere die Differenziertheit und Komplexität religiöser Realitäten und Prozesse: es glauben eben nicht letztlich alle an den selben Gott. Im zweiten Teil des Buchs wird dieser Befund vertieft und theologisch reflektiert. A. V. Scheliha ist der Meinung, dass man nicht von festen Religionen, sondern eher von synkretistischen „Verflüssigungen und Austauschprozessen“ ausgehen und diese in einer Theologie der Religionen berücksichtigen müsse. U. Körtner plädiert für einen metakritischen Inklusivismus, der seine eigene Standortrelativität zugibt, aber andererseits an dem evangelischtheologischen Kritierium festhält „ob Christus als letztgültige Heilsoffenbarung die Mitte des Glaubens bleibt oder ob er einem anderen religiösen Heilsereignis … untergeordnet wird“. In den fremden Religionen sei der biblische Gott als der verborgene Gott zu sehen, eine Anfechtung für den Glaubenden, die aber letztlich aus der Mitte des Heilsereignisses in Christus interpretiert werden könne. Im dritten Teil des Buchs plädiert R. Bernhard für einen „mutualen Inklusivismus“, die im Gegensatz zum Pluralismus im eigenen Glauben selbstkritisch wurzelt (nicht in Meta-Theorien), aber die authentische Offenbarung Gottes auch in anderen Religionen zugesteht. M. Hüttenhoff verbindet pluralistische Religionstheologie mit der Rechtfertigungslehre. Er hält es für theologisch legitim, die ev. Rechtfertigungslehre von ihrer Bindung an die Überzeugung, dass Tod und Auferstehung Christi objektiv heilskonstitutiv sind, zu trennen. Übrig bleibt das Prinzip Gnade und Glaube an einen heilschaffenden Gott, das auch in anderen Religionen zu finden sei. Konkret wird das am Beispiel der indischen Bhakti-Frömmigkeit beschrieben. Dennoch bleibe diese Theologie im eigenen konfessionellen Glauben verwurzelt, die reduzierte ev. Rechtfertigungslehre bleibe Maßstab für eine angemessene Gottesbeziehung, die nicht in allen Religionen zu finden, aber doch in ihnen jederzeit möglich sei. Im letzten Teil des Buchs plädiert D. M. Grube dafür, die Wahrheitsfrage (die offen bleiben muss) von der kon kreten Gestaltung des religiösen Pluralismus zu trennen. Abschließend führt D. Korsch anstelle von „Wahrheit“ den Begriff der „Lebensdeutung“ ein. Religionen vermitteln nicht Wahrheit, sondern bieten die Möglichkeit zur notwendigen Deutung und Bearbeitung der „Asymmetrien“ des Lebens. In diesem Sinn könne man Religionen aufwerten. Der Maßstab ist, „ob sie über eine hinreichende interne Differenziertheit verfugen, die es ihnen erlaubt, mit gesellschaftlicher Komplexität umzugehen“ (S. 12). In der Tat bietet dieser Band gegenüber den Konzeptionen von Hick und Knitter neue Perspektiven durch seine durchgehende Betonung der empirischen Differenzerfahrungen zwischen den Religionen und der Betonung der „Unhin-tergehbarkeit“ eigener Voraussetzungen. Hier wird nicht mehr vorschnell von Konsens und Einheit gesprochen, sondern religionswissenschaftlich und hermeneutisch differenzierter hingeschaut. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Versuchung der Metatheorie hier z. T. nicht nur neue, konfessionell gewandete Formen annimmt, etwa in dem Versuch Hüttenhoffs eine abstrahierte ev. Rechtfertigungslehre mit einer bestimmten Formulierung von Bhakti-Frömmigkeit auf einen Nenner zu bringen. Diese reduzierte Rechtfertigungslehre ist m. E. eben auch ein Meta-Konstrukt. Insgesamt bietet dieser Band einen guten Einblick in die religionstheologische Diskussion aus systematisch-theologischer, evangelischer und deutschsprachiger Perspektive. Leider fehlt dabei die Perspektive der Missionswissenschaft. Da ist doppelt schade, einmal angesichts der Tatsache, dass die theologische Reflexion der Religionen einen wichtigen Ursprung und Ort in der christlichen Mission hatte, sowohl im Neuen Testament (Paulus in Athen) als auch in der Kirchengeschichte (z.B. B. Ziegenbalg 1706), zum anderen, weil Missionswissenschaftler wie L. Newbigin, D. Bosch, T. Sundermeier oder P. Peterhaus wichtige Beiträge geleistet haben. Dennoch und gerade deswegen ist das Buch für Missionswissenschaftler eine wichtige Lektüre und Anregung. Dr. Friedemann
Walldorf, em 2005-4. |
Deane,
Hudson. Good
and Faithful - New Zealand Missionaries and their experience of attrition.
Mairangi Bay, Neuseeland: Daystar
Publications Trust, 2008. Warum brechen Missionare ihren Einsatz ab, und wie lässt sich dies vermeiden? Dies sind zwei entscheidende Fragen in der modernen Weltmission, denn eine vorzeitige Rückkehr ist oft mit zerbrochenen Lebensperspektiven, enttäuschten sendenden Gemeinden, ja Zweifeln an Gottes Führung, unterbrochenen Projekten und immenser Fehlinvestition verbunden. Hudson Deane hat diese Fragen so vielen evangelischen Missionaren gestellt, wie er nur irgendwie erreichen konnte. Während andere Studien meist Missionsleiter befragten, hat Deane die Betroffenen selbst zu Wort kommen lassen: 92 neuseeländischen Missionare von 19 Missionswerken wurden mit Fragebogen und ausführlichem Telefoninterview befragt, und er tat dies auf einfühlsame Weise, um möglichst ehrliche Antworten zu erhalten. Dabei traten einige unerwartete Ergebnisse zutage. Beispielsweise benennen Missionsleiter oft zwischenmenschliche Konflikte als Hauptgrund für die Rückkehr, während die Missionare vor allem familiäre (14.3%), arbeits- (13.2%) sowie werksbezogene (10.7%) Gründe benannten, und Konflikte mit Kollegen (2.6%) erst auf den 13. Platz kam - entgegen landläufiger Meinung. Dieser drastische Unterschied verdeutlicht, dass Missionsleiter und betroffene Missionare durchaus unterschiedliche Überzeugungen haben können, die sich gegenseitig ergänzen und Teil des Gesamtbildes darstellen. Die Gründe für die Rückkehr sind auch vom Familienstand der Missionare abhängig: Während Singles vor allem unter Arbeitsüberlastung (9.0%), emotionalem (7.8%) und kulturellem Stress (7.2%) sowie Mangel an persönlicher Unterstützung (6.8%) leiden, macht den Verheirateten vor allem die Ausbildung ihrer Kinder (15.3%) und der Abschluss von Projekten (10.9%) zu schaffen. Missionare werden in jedem Zivilstand und jeder Lebenssituation herausgefordert und benötigen spezifische persönliche Unterstützung und Leitung. Das wird auch im Kap 4 deutlich, in dem der Autor die Antworten nach den verschiedenen Altersgruppen in der Mission untersucht: Während den Pionieren (geb. vor 1946, engl. Boost ers) vor allem ihre physische Gesundheit, mangelhafte Mitwirkung bei Entscheidungen und emotionaler Stress zu schaffen machten, setzt den baby boomers (geb. 1946-64) vor allem die Ausbildung ihrer Kinder, emotionaler Stress, Pflege ihrer Eltern und Arbeitsüberlastung zu und den Gen X-ern (geb. 1965-83) der kulturelle Stress, physische Gesundheit, Einsamkeit und mangelnde persönliche Erfüllung im Dienst. Was können sendende Gemeinden, Ausbildungsstätten, Missionswerke und Gemeinden im Einsatzland beitragen, um die vorzeitige Rückkehr zu reduzieren? Auf diese Frage machten die drei genannten Altersgruppen an Missionaren jeweils ganz konkrete Vorschläge, die sehr bedenkenswert sind und den Weg in die Zukunft der Mission weisen. Das abschließende Kapitel befasst sich mit den Stärken und Schwächen der neu aufkommenden Generation an Mitarbeitern, üblicherweise Gen Y (geb. 1984+) genannt. Deane fordert vor allem flachere Hierarchien in Missionswerken, neue Ausbildungsmodelle, Lernen im Team und experimentelles Lernen, Partnerschaften von sendenden Gemeinden, Ausbildungsstätten und Missionswerken, kontinuierliche Weiterbildung, integrierte Lernprogramme und weist auf die entscheidende Rolle der Gemeinde im Einsatzland hin, ob und welche Missionare eingeladen werden. Diese Maßnahmen sind erforderlich, damit die neue Generation ihren Platz in der Mission findet, so Deane. Damit weist die Studie weit über den nationalen Horizont von Neuseeland hinaus und beleuchtet grundsätzliche Aspekte der modernen Weltmission. Die statistische Basis ist zwar begrenzt, doch das Werk bietet umfassende Inspiration und Reflektion für jeden, der mit der Sendung und Betreuung von Missionaren befasst ist: Gemeindeälteste, Pastoren, Bibelschullehrer, Missionsleiter, Missionare... Der Stil ist zwar etwas nüchtern und weniger unterhaltsam (da der Autor die Vertraulichkeit der Interviewten mit allen Mitteln wahren wollte), doch ist das Werk eine Pflichtlektüre für alle, die in Gottes globaler Mission mitarbeiten. Dr. Detlef Blöcher, em 2008-4. |
Decker, Rudolf. Ruanda: Tod und Hoffnung im
Land der Tausend Hügel.
Begegnungen und Eindrücke 1. Hänssler-Verlag, 1998. Decker, Rudolf. Im innersten Afrika: Hutu und
Tutsi zwischen Vernichtung und Versöhnung. Begegnungen und Eindrücke 2. Neuhausen:
Hänssler-Verlag, 1998. Ein Umdenken macht sich bemerkbar. In einem evangelikalen Verlag erscheinen nun auch Bücher politischen Inhalts. Das ist zu begrüßen; haben doch die Christen den Geruch, weltfremd und -fern zu leben. Sagen wir, ein Anfang ist gemacht; denn es geht in den Büchern um den fehlenden Frieden in einer immer noch fernen Weltregion, die einen Mordrausch überstehen mußte, der bis heute noch nicht völlig abgeklungen ist. Über hundert Jahre Christentum und ein halbes Jahrhundert der Erweckung haben die Feindschaft zwischen zwei gegnerischen Ethnien Afrikas nicht entscheidend schwächen können. Hier sind auch politische Lösungen gefragt. Der Autor ist Bundestagsabgeordneter und hat von der amerikanischen Gebetsfrühstücksbewegung her den Gedanken der Verantwortung vor Gott und den Menschen im Blick. seinen Gesprächspartnern bot er an, zu diesem Freundeskreis von Politikern hinzuzustoßen. In erzählendem Ton und nicht auf wörtliche Genauigkeit der wiedergegebenen Dialoge bedacht, entfaltet Rudolf Decker die erstaunliche Geschichte politischer Vermittlung in einem ethnischen Konflikt, der mehrere afrikanische Staaten in Atem hält. Sie geschah auf höchstem Niveau: Alle Präsidenten der Region trifft der Leser in den beiden Büchern wieder. Das erste, eine überarbeitete Fassung des 1995 noch anonym erschienenen Buches, setzt einige Jahre vor der 1994 ausbrechenden Katastrophe in Ruanda ein. Der später in einem Flugzeug abgeschossene, verstorbene Präsident kam auf Decker zurück, um in der schwelenden Auseinandersetzung das Gesetz des politischen Handelns wieder an sich zu reißen. Doch die Bemühungen scheiterten. Das tat dem Optimismus des Autors keinen Abbruch, der unermüdlich weiterhin überwiegend auf dem Luftwege einer Pendeldiplomatie den Vorzug gab, die um die Variante der geistlichen Wortbetrachtung und des Gebets bereichert wurde. Vielleicht muß man dem Autor eine zu positive Bewertung der Wirksamkeit solcher Rahmenhandlungen ankreiden. In diesem Gebiet des christianisierten Afrika ist man vielfach aus Gewöhnung religiösen Riten gegenüber aufgeschlossen. Mir fiel in diesem Zusammenhang auch in den Büchern die fast formelhafte Erwähnung Gottes als dem Unsichtbaren je öfter je mehr störend auf. Gut kommt in den Büchern heraus, daß Vorwürfe und Mißtrauen das Denken der Politiker beherrschen. Statt auf Gewalt muß in diesen Umständen auf politische Räson und persönliche Kontakte gesetzt werden. Decker und seine Mitstreiter gaben nicht auf - hier beweist der CDU-Politiker seine überparteiliche Einstellung; er kann den SPD-Mann Hans-Jochen Vogel zu seinem Kreis zählen. Sie luden sogar nach Deutschland ein, um alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen. Das zweite Buch fährt mit den Folgeereignissen ab 1996 im gleichen Stil fort. Das Krisengebiet verlagerte sich nun in das südlich von Ruanda gelegene Burundi. Der Bürgerkrieg in Zaire - jetzt Demokratische Republik Kongo - wird nur am Rande wahrgenommen, denn dort ist die Vermittlung Deckers nicht gefragt. Nur der persönliche Kontakt zu Mobuto wird erwähnt. Spätestens hier wird klar, daß die christliche Initiative zur Völkerverständigung den freundschaftlichen Umgang mit dem aus deutscher Sicht verhaßtesten Staatsführer sucht und ohne erkennbare innere Skrupel pflegt - eine ethische Entscheidung zugunsten der Träger politischer Verantwortung. Decker beschreibt die Gastfreundschaft Afrikas. Er nimmt auch den Leser auf den Besuch einer katholischen Missionsstation und auf Safaris durch Nationalparks mit. Da nur seine Einsätze dargestellt werden – die allerdings durch eingestreute Analysen der politischen Situation begleitet sind und so alle Konfliktparteien erfassen – tritt die Ungeheuerlichkeit der Bürgerkriege und des Völkermordes etwas in den Hintergrund. Das Auge des Betrachters ruht da schon eher auf der ärmlichen Kleidung vieler Afrikaner und betont auf diese Weise den Gegensatz zu ihren gut betuchten Politikern um so deutlicher. Die in zeitlicher Reihenfolge angeordnete Erzählung gibt ein realitätsgetreues Bild Afrikas mit seinen Schönheiten, Hindernissen und präsidialen Wohnsitzen wider. Ich kann die leicht lesbaren Bücher als gute Ergänzung zu den Berichten der Missionare Ostafrikas empfehlen. Winfried Schwatlo, em 1999-3. |
Decorvet,
Jeanne. Samuel Ajayi Crowther. Un père de l’Église en
Afrique noire.
Foi vivante 309. Édition des Groupes Missionnaires/Les Éditions du Cerf: La
Côte-aux-Fées/Paris, 1992. Dem Leben des ersten schwarzen anglikanischen Pastors ist dieses Buch gewidmet. Der wohl 1806 geborene Ajayi wurde als Teenager von Sklavenjägern gefangengenommen, auf dem Weg in die Gefangenschaft jedoch von einem britischen Schiff befreit und nach Freetown, Sierra Leone, gebracht. Dort kam er zum Glauben und war einer der ersten Schüler auf der neugegründeten Missionarsschule der Anglikaner in Foura Bay bei Freetown, in der er später auch Direktor wurde. Weitere wichtige Stationen seines Lebens sind seine Ordination 1843 und die Weihe zum Bischof 1864. Crowther nahm an einigen Forschungsreisen auf dem Niger teil und gründete die Niger-Delta-Mission. Durch den stärker werdenden Druck der Briten wurde er mehr oder weniger unfreiwillig zu einer wichtigen Figur der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung und für viele zu einem der Gründerväter der Republik Nigeria. Das Buch gibt uns einen interessanten Einblick nicht nur in das Leben dieses Pioniers der schwarzafrikanischen Kirche, sondern auch in die Bemühungen der Mission, Schwarzafrikaner für die Missionsarbeit zu gewinnen in einer Zeit, in der in vielen Staaten noch die Sklaverei und die damit verbundene Sicht der Afrikaner als Menschen zweiter Klasse vorherrschte. Das Buch zeigt sowohl die Beweggründe als auch die ersten Gehversuche dieser neuen Missionspolitik auf. Es erwähnt auch die großen Entbehrungen, die ein Europäer zu dieser Zeit auf dem Schwarzen Kontinent auf sich nehmen mußte. Wir erhalten Einblick in eine Zeit des Übergangs, in der die Sklaverei zwar noch bestand, aber schon bekämpft wurde. Wir erleben lebendig den Verlauf und die Motive der Forschungsreisen auf dem Niger mit. Schließlich schildert uns das Buch auch die Entwicklung der Kolonialpolitik und die Zuspitzung der Probleme, die sich bereits vor der Jahrhundertwende abzeichneten und zu ersten Auseinandersetzungen führten, in die selbst eine so friedliebende Persönlichkeit wie Crowther verwickelt wurde. Alles in allem ein interessantes Buch in französischer Sprache, das einen lebendigen Einblick gibt in die Missionsarbeit des 19. Jahrhunderts auf dem schwarzafrikanischen Kontinent. Martin Schröder, em 1999-4. |
Dembowski, Hermann & Wolfgang Greive (Hg.): Der
andere Christus. Christologie in Zeugnissen
aus aller Welt. Erlangen:
VdELM, 1991. Diese Anthologie christologischer Entwürfe ermöglicht eine intensive Begegnung mit Christuszeugnissen, die sich durch ihre jeweilige sozio-kulturelle Prägung stark unterscheiden. Die Palette reicht vom jüdischen, europäischen, lateinamerikanischen bis zum asiatischen Kolorit. Ein unbestreitbarer Verdienst ist, daß durch die ökumenische, interkulturelle Kommunikation der Versuchung gewehrt wird, das Christusbild im je eigenen kulturellen Kontext dogmatisch zu verabsolutieren und unreflektiert als authentisch biblisch zu tradieren. Doch muß kritisch gefragt werden, wo Christus nur anders und wo ein anderer Christus verkündigt wird. Gewiß führt das Ernstnehmen der Inkarnation zu unterschiedlicher Akkultu-ration des Christuszeugnisses. Christus geht in die jeweilige konkrete Lebenswelt ein, aber er geht nicht in ihr auf. Der biblische Kontext darf nicht aus seinem alttestamentlichen Verste-henszusammenhang herausgelöst werden, daß aus der Person Jesus Christus ein wie auch immer zu bestimmendes Prinzip wird, das dann in die fremdkulturellen Denkkategorien nivelliert wird. Das ist eine Anfrage an die asiatischen Entwürfe und an die Minjung-Theologie. In diesem Zusammenhang fällt auf, daß nur in der Befreiungstheologie Lateinamerikas, wenn auch selektiv, das AT Erwähnung findet. Aber genau hier liegen doch wohl die Grenzen und Gefahren einer Kontextualisierung der Christologie. Ein nützliches Buch, mit dem auseinanderzusetzen sich lohnt. Gerold Schwarz, em 1993-1. |
Dengler, Sandy. Susanna Wesley: Powerfrau und
Methodistenmutter.
Brunnen-Verlag: Gießen: 1998. In diesem biographischen Roman beschreibt die Autorin Sandy Degler das Leben von Susanna Wesley (1669-1742), der Mutter von John und Charles Wesley, von ihrer frühen Jugend bis zu ihrem Tod. Die Erzählung setzt ein, als Susanna, die jüngste von 25 Kindern, 13 Jahre alt ist. Das intelligente Mädchen studiert die Bibel und kann bereits hebräisch, griechisch und englisch – und das zu einer Zeit, als fast keine Frau lesen und schreiben konnte, geschweige denn studieren durfte. In diesem Jahr ereignen sich zwei wichtige Dinge: Susanna lernt nicht nur ihren zukünftigen Ehemann, Samuel Wesley, kennen, sondern entscheidet sich auch dafür, die Kirche ihres Vaters zu verlassen und wieder der englischen Staatskirche beizutreten. Dieser Schritt zeigt, daß die englische Gesellschaft im 17. Jahrhundert in das Lager der anglikanischen Staatskirche und der Nonkonformisten gespalten war. Die Königstreue wirkte sich später auch politisch aus und brachte den Wesleys viel Leid. Im folgenden erlebt der Leser nun den täglichen Kampf der Wesleys mit: die Armut, die körperliche Schwachheit (Susanna gebar fast jährlich ein Kind – insgesamt 19) hohe Schulden und politisch bedingte Anfeindungen durch die Menschen. Es ist beeindruckend, daß Susanna Wesley – trotz aller Probleme – nie den Glauben an Gott aufgab. Wie sehr die mütterliche Erziehung ihre Kinder beeinflußte, zeigt sich im Missionsstil ihrer Söhne John und Charles, die die Strukturliebe ihrer Mutter erbten und später als „Methodisten“ bezeichnet wurden. Diese Biographie von Susanna Wesley ist leicht lesbar und erbaulich für alle, die sich fragen, wie groß ihr Einfluß auf die nächste Generation überhaupt ist. Tatiana Heuser, em 1999-3. |
Detlef, Kapteina. Afrikanische Evangelikale Theologie:
Plädoyer für das ganze Evangelium. edition afem, mission academics 10,
Erlangen: VTR, 2001. Detlef Kapteina, der selbst zehn Jahre in einer Lehr- und Missionstätigkeit in Westafrika und später als Missionssekretär in EBM (Elstal) für Afrika arbeitet, untersucht in seiner Dissertation an der Evangelischen Theologischen Faculteit in Leuven/Belgien die Entstehung einer Afrikanischen Evangelikalen Theologie (AET). Dabei bezieht er sich ausschließlich auf afrikanische evangelikale Theologen und maßgebende Konferenzen und Beschlüsse. Mit dieser umfangreichen Arbeit stellt er die Notwendigkeit eines eigenständigen Profils der AET dar und beschreibt ihre Entwicklung. So beginnt seine Darstellung im ersten Teil mit einem geschichtlichen Überblick und den ersten Gedankenanstößen von Byang H. Kato. Mit seinen Grundlagen beschäftigen sich weitere Konferenzen und er wird als Vorbereiter einer AET herausgestellt. Kapteina beschreibt wichtige Konferenzen und Beiträge im zweiten Teil, um die Entwicklung und Notwendigkeit einer Abgrenzung der evan-gelikalen Theologie aufzuzeigen. Dies nimmt einen sehr umfangreichen Teil ein. Hier gelingt es, entscheidende Merkmale herauszuarbeiten. In einem dritten Teil stellt er die theologischen Konzepte der AET in den Gebieten der Hermeneutik, der Soteriologie und der Christologie dar. Die wegbereitenden Gedanken prominenter Vertreter der AET, wie Tite Tienou, Tokunboh Adeyemo und Kwame Bediako, werden dargestellt und ihre Einflüsse zur Prägung einer AET beschrieben. Kapteina bewertet im vierten Teil die Grenzen der AET und weist auf Defizite hin. Er zeigt auch den theologischen Beitrag für die weltweite evangelikale Missionstheologie auf. Das Buch vermittelt einen weitreichenden übersichtlichen Einblick in die Entwicklung einer AET. Als Darstellung und Zusammenfassung einer geschichtlichen als auch einer theologischen Entwicklung in Afrika empfiehlt es sich besonders für Missionare in Afrika und darüber hinaus für die Auseinandersetzung mit dem Thema der Entwicklung einer Theologie in einer nichtwestlichen Kultur. Kapteina ist es gelungen einen Beitrag für die afrikanische christliche Theologie zu leisten und ihre eigene Stellung innerhalb der evangelikalen Theologie aufzuzeigen. Mathis Kögel, em 2004-2. |
Dictionary of the Ecumenical Movement. Hrsg. von Nicholas Lossky u.a., Genf: WCC 1991. Hier soll nur nach dem missiologischen Ertrag dieses Lexikons gefragt werden, das in über 600 Artikeln die ökumenische Bewegung im weitesten Sinne beschreibt. Der Rezensent fand ca. 60 Beiträge, die neben missionsrelevanten Sachthemen auch 15 Biographien und 16 Institutionen oder Bewegungen darstellen. Die Hoffnung auf einen besonderen Beitrag des Lexikons zur Geschichte des Internationalen Missionsrates (IMR), einem wesentlichen Motor der ökumenischen Bewegung, wird allerdings etwas enttäuscht, (wie schon Gerald Anderson in seiner Rezension in IBMR bemerkt). Selbst ein Amerikaner vermißt biographische Beiträge zu Karl Hartenstein und Walter Freytag, die nur äußerst marginal erwähnt werden! Doch viele biographische Porträts sind herausragend und kommen im „Lexikon zur Weltmission“ von Neill nicht vor (N. Goodall, B. Graham, K. Grubb, J.A. Mackay, Neil], Newbigin, D.T. Niles, Potter, J.V. Taylor) oder übertreffen es (Mott, Oldham, W. Paton). Bei R. Allen ist man dagegen mit Neills Lexikon besser bedient. Unter den besprochenen Organisationen sind auch ausgesprochen evangeli-kale verzeichnet, doch fehlen leider gerade bei „Lausanne Committee“ die sonst üblichen grundlegenden Literaturhinweise, während der Artikel „Lausanne Covenant“ Sekundärlitertur verzeichnet. Die Konferenzen des IMR werden unter „ecumenical Conferences“ dargestellt. Unter „evangelical missions“ findet sich der irrtümliche Hinweis, die AEM sei der Herausgeber von Idea! Womit das Lexikon einem Missiologen vielleicht am meisten dient, ist die Darstellung des Missionsverständnisses in der heutigen ökumenischen Bewegung bzw. der Uminterpretation von Mission und ihrer Verdrängung durch andere vorrangigere Themen, wie auch in diesem Lexikon der Fall. Die Schlüsselartikel hierzu sind von ehemaligen Generalsekretären des ÖRK verfaßt: Potter schreibt über „mission“ und E. Castro über „evangelism“. Aufschlußreich ist auch die Neudefinition von Bekehrung („conversion“). Weitere Artikel von Interesse sind ua.: „inter-religious dialogue, inculturation, missio dei, moratorium, pluralism, proselytism, syncre-tism, uniqueness of Christ, universalism“. So ist dieses wissenschaftliche Werk, an dem Autoren aus vielen Ländern und Konfessionen mitgearbeitet haben, eine außerordentlich beachtenswerte Leistung, aber im Blick auf den Ertrag für die Mission eher symptomatisch für die heutige ökumenische Bewegung. Christof Sauer, em 1993-3. |
Die Guten Seiten 94/95. Das Handbuch für Christen. 2. völlig neu bearbeitete Ausgabe, Hg. vom Johannes Institut, Projektion J Verlag. Nach langem Anlauf ist Februar 1994 die zweite Ausgabe dieses christlichen Adressbuches erschienen. Über 10.000 Adressen aus allen Bereichen christlicher Aktivitäten machen es zum nützlichen Nachschlagewerk. Diese Ausgabe hat nun einen alphabetischen Index und ein Stichwortregister. Wie schwierig es ist, Adressen aktuell zu halten und sinnvoll in Rubriken zu ordnen, zeigen die Eintragungen zum AfeM und zu em. Der AfeM erscheint gleich drei mal: In der Rubrik „Arbeitskreise – Evangelisation“ (!) als AfeM Dr. Klaus Fiedler, Ratingen, dann als AfeM, Korntal (AEM) und als AfeM, Esslingen. Ich hätte ihn eher unter „Mission – Verbände“ gesucht, wo auch die Deutsche Gesellschaft für Missionswissenschaft zu finden ist. Die Zeitschrift em erscheint zu Recht in der Rubrik „Missionszeitschriften“, könnte aber auch noch unter Fachzeitschriften aufgeführt werden. Wer Missionsadressen sucht, findet diese nach Einsatzgebieten geordnet. Die Guten Seiten bieten wohl die umfangreichste Sammlung charismatischer und neuester Missionen. Es scheinen aber nicht alle Adressen, die man in Jahrbuch Mission mit weiteren Informationen versehen findet, verzeichnet zu sein. Deshalb hätte man auf es verweisen können. Eine besonders interessante Beigabe ist die Aufstellung von Fred McRae über „Unerreichte Ausländergruppen in Deutschland“, auf S.133-163 in einer Randspalte abgedruckt. (Auch separat beim Autor erhältlich.) Eine ähnliche Aufstellung mit Kurzcharakterisierungen findet sich zu Ausbildungsstätten. Das Nachschlagewerk ist so nützlich, daß es zumindest jede Missionszentrale in ihrem Büro haben sollte. Eine Diskettenversion mit Suchprogramm wäre wünschenswert. Christof Sauer, em 1994-3. |
Dirks, Friedrich. Das Evangelium im afrikanischen Kontext: Interkulturelle Kommunikation bei den Tswana. Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1986. Jeder Missionar wird sich mit der Frage beschäftigen müssen: Wie übersetze ich die Frohe Botschaft von Jesus Christus? Es war nicht immer so, daß dieser Frage in der Mission eine besondere Bedeutung beigemessen wurde. Heute muß das jeder Missionar tun. Wir sind feinfühliger geworden. Es ist uns bewußt geworden, daß der europäisch orientierte Missionar in seiner eigenen Kultur aufgewachsen ist und in seinem christlichen Glauben und Denken westlich – wie Dierks sagt „verbal“ – geprägt ist. Friedrich Dirks war mehr als dreißig Jahre Missionar im südlichen Afrika. „Die Fragen und Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der missionarischen Kommunikation der christlichen Botschaft in einer interkulturellen Situation hat Jahrzehnte lang meine eigene Missionsarbeit geprägt“ (S.10). Dierks beschäftigt sich mit „interkultureller Kommunikation“ oder „kontextueller Verkündigung“ des Missionars. Der westlich verbalen Verkündigung stellt er die „nichtverbale Kommunikation“ des Afrikaners gegenüber. Zur nichtverbalen Kommunikation gehören vorwiegend Symbole und Riten, die Dierks dem traditionellen Glauben des Afrikaners entnommen hat. Das Symbol (z.B. S.40 ff.) und der Ritus (S.67f.; 105 ff.;
160) sind nichtverbale Kommunikationsmittel,
die die unabhängigen Kirchen
Afrikas (S.45; 105) von Anfang an in den Vordergrund ihrer
Verkündigung gestellt haben. Westlich
orientierte Kirchen haben diese
Grundbedürfnisse des Afrikaners zu wenig gesehen, erkannt und aufgenommen. Das Buch ist in vierzehn Untertitel aufgeteilt. Die ersten vier Punkte sind eine grundlegende Darbietung, in der sich Dierks damit befaßt, wie die biblische Botschaft zu einem „Kommunikationsprozess“ werden muß, wenn sie durch die Vermittlung des „Senders“ an den „Empfänger“ auf dem Boden der einheimischen Kultur und Religion ausgetragen wird. Die Punkte 5-13 stehen paradigmatisch für die „interkulturelle Kommunikation bei den Tswana“. Als Anknüpfungspunkte wählte Dierks die Begriffe „Religion“, „Gott“ und „Heil“. Jeder Begriff wird auf drei Ebenen untersucht. Zunächst behandelt Dierks das traditionelle Verständnis von Religion, Gottesbild und Heil (5; 8; 11). Daran schließt sich die „missionarische Verkündigung“ an (6; 9; 12); eine Reflexion zur Übersetzung der Botschaft des Evangeliums durch die Missionare. Auf der dritten Ebene befaßt sich Dierks mit dem „Christentum der Tswana“ (7; 10; 13). In diesem Teil werden auch Probleme der zweiten Generation angesprochen. Kapitel 14 ist eine kurze Schlußbemerkung. Das Buch ist entstanden aus der reichen Diensterfahrung des Verfassers. Die ausführlichen Beispiele aus den Dienstjahren Dierks’ unterstreichen seine missionstheologischen Untersuchungen und lassen das Buch jedem Missionar empfehlen, der es mit Afrika zu tun hat oder darüber hinaus ein Gespür und eine erweiterte Sensibilität für die „interkulturellen Kommunikationen“ entwickeln möchte. Heinrich Bammann, em 1987-3. |
Dortzbach,
Deborah & W. Meredith Long. The Aids Crisis – What We Can Do. Downers Grove. Ill., USA: IVP, 2006. Deborah Dortzbach und Dr. W. Meredith Long arbeiten beide für „World Relief“ und greifen auf über 20 Jahre Erfahrung im Bereich HIV zurück. Das Buch verspricht eine praxisorientierte Antwort zur HIV/AIDS-Frage. Wie können wir, insbesondere die Kirchen, auf die Krise AIDS reagieren? Es spannt einen Bogen zwischen der verheerenden weltweiten AIDS Situation bis hin zum Einzelschicksal, wo Hoffnung zu sehen ist. Es gibt ca. 40 Mio. HIV infizierte Menschen. Bis 2010 rechnet man mit 25 Mio. Waisen und weiterhin schneller Ausbreitung bei fehlender kurativer Therapie sowie fehlenden Impfstoffen. Hinsichtlich der Krankheit besteht ein starkes soziales Stigma. Auch weil AIDS sehr schnell eine ethische Diskussion entfacht, werfen die Autoren in diese Situation hinein Fragen auf, um den Leser zu mobilisieren und ihn zu praktischem Handeln zu bewegen. Die Autoren schreiben aus christlicher Sicht mit großer medizinischer und sozialer Erfahrung. Sie ergänzen das mittlerweile unüberschaubare Angebot an Literatur zum Thema HIV/AIDS durch einen christlichen, sehr stark praxisorientierten und partizipatorischen Ansatz. Das Buch gibt einen Überblick über das Thema AIDS, beginnend mit Grundlageninformationen über die Krankheit selbst, sowie über die Situation in den einzelnen Teilen der Welt. Ein ganzes Kapitel ist dem Schutz der Jugend gewidmet. HIV/AIDS betrifft vor allem Menschen im Fortpflanzungsalter (15-49 Jahre). Verschiedene Möglichkeiten, die Jugend aufzuklären und sie zu schützen, werden diskutiert. Ein anderes Kapitel gilt der Familie. AIDS kann hier durch Ignoranz, Tradition, Scham und andere Gründe sehr zerstörend wirken. Es geht besonders um Ehen, kritische Beleuchtung von Kinderheimen, Pflege innerhalb der Familie und wie Kirchen durch Bedarfsanalyse, Beratung, spezielle Angebote, Zeit, Essen und Liebe helfen können. In einem weiteren Kapitel unter der Überschrift „Gewalt von AIDS“, geht es den Autoren u.a. um Frauen, die kein Mitspracherecht im Bereich Sexualität haben, fehlende Impfstoffe, mangelnde sexuelle Aufklärung, fehlende Vermittlung von Werten wie sexuelle Reinheit und den Wert des Lebens selbst. Kondome seien die primäre Waffe gegen eine Infektion bei denen, die sich sexuell risikoreich verhalten. In dem sehr praktischen Kapitel zum Thema Betreuung wird über die Pflichten und Möglichkeiten des einzelnen Familienmitglieds, der Regierung und der Kirche gesprochen. Kirchen spielen eine bedeutende Rolle, insbesondere bieten sie einen geistlichen Rahmen in säkularen Präventionskampagnen. Das Buch zeichnet sich aus durch eine gelungene Kombination aus gut recherchierten Daten und Widerspiegelung der Realität, die oft dem Nicht-Infizierten, insbesondere in der westlichen Welt, verborgen bleibt. Die Autoren legen sehr viel Wert auf eine persönliche Identifikation mit dem Thema und mit den infizierten und betroffenen Menschen. Das Buch ist auch für den Laien verständlich, eine wirkliche Hilfe sowohl für den Einzelnen als auch eine gute Grundlage für Organisationen und Kirchen, um den Betroffenen umfassend zu helfen, denn HIV/AIDS ist nicht nur ein rein medizinisches Problem. Lebendige persönliche Beispiele aus dem Leben von Betroffen verdeutlichen die einzelnen Aussagen und bringen dem Leser die Problematik vom Kopf ins Herz, was in Nachrichten oder wissenschaftlicher Literatur in der Regel nicht erfolgt. Das Buch zeigt, dass HIV/AIDS auch ein Problem ist, bei dem Kirchenleiter ihre Verantwortung übernehmen müssen, was durch Unkenntnis und Ignoranz bisher viel zu wenig geschehen ist. Es ruft auf, die Diskussion zu beenden, ob Christen auf die AIDS Problematik überhaupt antworten sollten. Aber auch der Einzelne wird hinterfragt hinsichtlich seiner Haltung gegenüber Infizierten, Homosexuellen und der Bereitschaft sich zu identifizieren und praktische Hilfe zu leisten. Mit viel Feingefühl werden die Schicksale dem Leser nahe gebracht. Durch die Fragen am Ende der Kapitel motiviert dieses Buch zum Nachdenken und Handeln. Es ist ehrlich geschrieben und stellt klar, dass AIDS-Arbeit schmerzhaft und lang ist und nicht zu großem Ruhm führt. Es ist ein Arbeitsbuch, das das Wesentliche für die AIDS-Arbeit beinhaltet. Dieses Buch ist nicht als medizinisches Fachbuch gedacht. Das Ziel, in dieser kurzen Fassung Menschen zum Nach-und Mitdenken anzuregen, wird aber erreicht. Es gibt einen umfassenden Eindruck des Problems AIDS. Mit seinen breiten HIV- und AIDS Buch-und Online-Literaturangaben ist dieses Werk ein mobilisierendes, praktisches, anrührendes und herausforderndes Arbeitsbuch, das in allen Bereichen Standardwerk sein sollte, entweder als Grundlage oder Ergänzung zu den anderen Basiswerken, da AIDS ein multisektorales Problem ist, dass definitiv nicht nur medizinisch in den Griff zu bekommen ist. Dr.med. Ulf Basting-Neumann,
em 2008-2. |
Dowsett, Rose
(Hg.).
Global Mission: Reflections und Case
Studies in Contextualization for the Whole Church (Globalization of
Mission Series / World Evangelical Alliance Mission Comnission), Pasadena:
William Carey Library, 2011. Zur Vorgeschichte: Vom 10. bis 15. Oktober 1999 veranstaltete die Missionskommission der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) im brasilianischen Foz de Iguassu/ Brasilien eine Konsultation, aus der die sogenannte Iguassu-Erklärung hervorging. 160 Missionare, Missiologen und Kirchenleiter aus 53 Nationen nahmen daran teil und reflektierten die Entwicklungen der Lausanner-Bewegung sowie die Anforderungen des anbrechenden 21. Jahrhunderts an die christliche Mission. Der Sammelband Global Mission ist der zwölfte Band aus der Reihe Globalization of Mission, mit der die WEA-Missionskommission an die bisherigen Forschungen und Gespräche anschließt; zugleich dient er als Begleitbuch zum Werk Local Theology for the Global Church: Principles for an Evangelical Approach to Contextualization, Matthew Cook (Hg.). Die Herausgeberin von Global Mission ist stellvertretende Vorsitzende der WEA-Missionskommission und arbeitete 40 Jahre mit OMF International u.a. in Asien. Die restlichen Mitwirkenden stammen aus bzw. arbeiten auf allen fünf Kontinenten. Der erste Teil des Bandes („Reflections and Foundations“) bietet mit zehn Artikeln eine grundsätzliche Perspektive zum Verhältnis von biblischer Theologie und menschlicher Kultur. Die Autoren gehen auf relevante Bibeltexte ein, beschäftigen sich mit diversen Methoden, Definitionen sowie Hindernissen für eine gelingende Kontextualisierung. Der zweite Teil („Contextualization at Work“) macht mit 21 Fallbeispielen den Hauptteil des Bandes aus und gibt Einblicke sowohl in die Praxis der Kontextualisierung als auch in die jeweils dahinter liegende Theorie. Dazu berichten die Autoren von unterschiedlichen Versuchen, Überlegungen, Ansätzen und Lernerfahrungen aus ihrem jeweiligen Arbeitskontext (Brasilien, buddhistischer Kontext, China, Europa, Guatemala, hinduistischer Kontext, Indien, islamische Welt, Kongo, Korea, mittlerer Osten, Neuseeland, Philippinen, Senegal, Sudan). Dazu drei Beispiele: Die Dozentin und Missionarin Ruth Julian erläutert, mit welcher Methodik im Kongo eine kontextuelle Theologie des Heiligen Geistes gefördert wird, ohne einen animistischen Denkrahmen zu bedienen (S. 115–119). Der japanische Gemeindegründer Yuzo Imamura hingegen malt den Lesern den Stellenwert des Weihnachtsfestes bei kambodschanischen Christen auf und erklärt, wieso welche Aspekte dort besonders betont werden (S. 161–163). Auch ein „christlicher Bruder“ aus Ägypten kommt zu Wort, der das C5-Modell vom muslimischen Kulturkreis aus kritisch evaluiert und aufzeigt, wie Kontextualisierung zum Hindernis für Evangelisation und Jüngerschaft werden kann (S. 213–216). Am Ende jedes Artikels werden Fragen zur Reflexion gestellt, sowohl um eine Diskussion anzuregen als auch um zu einer eigenen begründeten Position zu verhelfen. Ein Literaturverzeichnis sowie ein Schlagwörterverzeichnis runden den Sammelband ab. Aufgrund der Vielfalt an Autoren und Themen unterscheiden sich die Artikel in Anliegen, Anspruch und Methodik. Einige Leser wird die fehlende Vertiefung und Kürze mancher Artikel stören. Der Band enthält nur teilweise akademische Erörterungen; die Literaturliste bietet mit 210 Titeln einen ersten Überblick zum Weiterforschen, wobei 70% der verwendeten Literatur nach 1990 erschienen sind. Dies weist auf die beständige Aktualität des Themas Kontextualisierung hin. Insgesamt aber macht die inhaltliche Vielfalt gerade die Stärke des Bandes aus. Unterschiedliche Stimmen aus Asien, aus der muslimischen Welt, aus der westlichen Welt und aus dem globalen Süden kommen zu Wort und erklären, wie und warum sie in ihrem eigenen Kontext Kontextualisierung betreiben. Aktuelle Debatten (z.B. C1-C6; Evangelisation und soziales Engagement) werden in diesem Band ebenso aufgegriffen wie zukünftige Trends und bestehende Grundfragen einer evangelikalen Missiologie, die sich um eine biblische und relevante Kontextualisierung bemüht. Als Zielgruppe werden die „’reflective practitioners’ of the global mission community.“ genannt (S. xi). Tatsächlich richtet sich der Sammelband in erster Linie an Praktiker mit dem Wunsch, ihren Dienst zu ‚verbessern’, gleichzeitig werden aber jene profitieren, die Global Mission als ein Arbeitsbuch verwenden, z.B. Dozenten und Studierende. Die einzelnen Berichte und Fragen laden zum Weiterdenken ein, bieten wertvolle Einblicke aus erster Hand und ermutigen zum reflektierten Dienst für das Reich Gottes, in dem Menschen aus allen Stämmen, Sprachen und Nationen Platz haben. Daniel
Vullriede, em 2014-4. |
Dubach, Alfred; Roland J. Campiche (Hg.). Jede(r) ein
Sonderfall? Religion in der Schweiz. NZN Buchverlag: Zürich, Friedrich Reinhardt:
Basel, 1993. Zerfall oder Aufwärtstrend der Religion – was stimmt heute in den sogenannten modernen westlichen Gesellschaften? Um ein präzises und umfassendes Bild der religiösen Situation zu bekommen, wurde 1988/1989 eine Studie von einem fünfköpfigen Expertenteam des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institutes in der Schweiz durchgeführt. Die dabei erzielten Ergebnisse sind von der religiösen Entwicklung in Europa nicht zu trennen. Dabei werden Themen wie die Individualisierung des Glaubens, die Stellung des einzelnen zu den Institutionen, die Glaubensorientierung vermit teln, der Grad der Loyalität der Schweizer zu ihren Kirchen, die wachsende Säkularisierung und das Verhältnis von Religion und Kultur behandelt. In den Schlußfolgerungen verknüpfen die Autoren diese Themen- und Fragenkomplexe und geben Überlegungen und Anregungen für die Zukunft. Die Experten haben wissenschaftlich sauber gearbeitet. In den gesamten Text sind präzisierende Tabellen und Graphiken eingearbeitet. Im Anhang finden sich eine Beschreibung der Stichprobe, der bei dieser Umfrage verwendete Fragebogen mit einer Häufigkeitsauszählung, sowie eine Bibliographie. Ablauf und Ergebnisse der Untersuchung können vom Leser geprüft werden. Als Adressaten werden alle diejenigen angegeben, die im religiösen Bereich engagiert sind, die die religiöse Lage besser einschätzen wollen und die daran interessiert sind, heutige Religiosität zu verstehen oder fundierte Äußerungen zum Thema Religion machen wollen. Leider ist dabei die wissenschaftliche Sprache bei aller Genauigkeit zu hoch, sodaß nur der Experte, nicht aber der interessierte Laie den Inhalt versteht. Das ist sehr zu bedauern, da das Buch endlich Fakten zu diesem interessanten Thema liefert, und das nicht nur für Schweizer! Veronika J. Elbers, em 1995-4. |
Dudley-Smith, Timothy. John Stott: The Making of a Leader (Bd. 1), Leicester: IVP, 1999. Dudley-Smith, Timothy. John Stott: A Global Ministry (Bd.2), Leicester: IVP, 2001. Mit Recht wurde festgestellt: Billy Graham war der Motor
und John Stott der Kopf des evangelikalen missionarischen Neuaufbruchs seit
den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Vor allem die Lausanner Bewegung, deren
Wurzeln bereits auf dem Weltkongreß für Evangelisation 1966 in Berlin gelegt
wurden, ist geprägt von Stotts biblischtheologischem Denken, verbunden mit
ökumenischer Gesprächsbereitschaft, einer Weite des Horizonts und einer
Haltung der Demut. John Stott ist der theologische Denker hinter der
Lausanner Verpflichtung von 1974, dem Grunddokument gegenwärtiger
evangelikaler Missionstheologie in aller Welt. Das Leben dieses missionstheologisch so bedeutsamen Mannes erzählt T. Dudley-Smith, ehemaliger Bischof der anglikanischen Kirche und Freund John Stotts, in diesen beiden Bänden auf über 1000 Seiten. Jeder der acht Abschnitte der zweibändigen Biographie ist einem Jahrzehnt in Stotts Leben gewidmet (von den 1920ern bis in die 1990er Jahre), und beginnt mit einer kurzen zeit- und kirchengeschichtlichen Beschreibung des Jahrzehnts und konzentriert sich dann in mehreren Unterkapiteln (insgesamt 28) auf Leben und Werk des „Protagonisten“ in diesem Zeitraum. Im Zentrum des ersten Bandes stehen die formativen Jahre des jungen Stott (Bekehrung, Berufswahl), die u.a. durch einen durch Stott Pazifismus ausgelösten Konflikt mit dem Vater geprägt sind, und der prägende Dienst als Hauptpastor („Rector“) in der Londoner anglikanischen All Souls Gemeinde (seit 1950). Auch nach der Aufgabe dieses Amts 1970 bleibt Stott als „rector emeritus“ mit der All Souls Gemeinde verbunden. Der zweite Band beschreibt die weltweite Ausdehnung des Dienstes von Stott von den 1960ern bis in die 1990er Jahre. Hier bekommt der Leser Einblick in Stotts Rolle in der Lausanner Bewegung, seine prägenden Teilnahme am Evangelikal-Römisch-katholischen Dialog über Mission (ERCDOM) oder das von ihm geführte missionarisch-apologetische Projekt des „London Institute for Contemporary Christianity“. Viel Raum bekommen auch theologische Entwicklungen in Großbritannien, wie z.B. die spektakuläre Auseinandersetzung um den Verbleib der Evangelikalen in der Church of England, in der John Stott und Martyn Lloyd-Jones 1966 konträre Positionen vertraten. Nicht alle diese Entwicklungen werden für den nicht-britischen Leser von erhöhtem Interesse sein. Darüber hinaus bietet Dudley-Smith immer wieder auch gründliche Einblicke in das literarische Schaffen Stotts, indem er die wichtigsten Publikationen in ihrer Bedeutung in den Lebenslauf integriert und darstellt. Dudley-Smith ist sich der Schwierigkeit, Biographien über lebende berühmte Männer zu schreiben, sehr wohl bewusst, mit denen man auch befreundet ist. Wie zu erwarten hält er sich darum in seinem Urteil sehr zurück. Stott hat ihm allerdings vollen Zugang zu den privaten Papieren gegeben und ihn gebeten keine „Hagiographie“, sondern „eine ehrliche Einschätzung meines Lebens und Wirkens zu geben – mit Ecken und Kanten“ (Bd.1, S.15, meine Übersetzung). Das ist auch weitgehend gelungen, wenn auch verständlichlicherweise die sympathische Beschreibung die kritische Analyse überwiegt. Streckenweise empfindet man die Darstellung als zu detailreich und weit ausholend, so dass man erst den roten Faden wieder suchen muss. Stott selbst faszinierten Biographien am meisten, die „nicht nur die Geschichte erzählen, sondern das Geheimnis aufdecken“ (Bd.1, S.12). Das kann und will dieses zweibändige Werk nicht bieten (obwohl am Schluss doch das „Geheimnis“ Stotts in drei Dingen festgestellt wird: rigorose Selbstdisziplin, völlige Demut und eine betende Geisteshaltung, Bd.2, S.453). Es ist vielmehr eine überaus gründliche und materialreiche Dokumentation über das Leben und Wirken Stotts vor dem bewegten Hintergrund des 20. Jahrhunderts und im Zeugnis vieler Zeitgenossen. Das Buch ist mit ausführlichen Fußnoten, einer Bibliographie (nicht der Werke Stotts – eine solche hat der Autor separat veröffentlicht) und einem Index versehen. Ein tabellarischer Lebenslauf wäre zur Übersicht hilfreich gewesen. Insgesamt: ein authentisches und inspirierendes Bild eines herausragenden missiologisches Denkers des 20. Jahrhunderts, eine wichtige Quelle für evangelikale Missionsgeschichte im 20. Jahrhundert. Dr. Friedemann Walldorf, em 2004-1. |
Dueck,
Gerry. Kids
for The World. A Guidebook for Children’s Mission Resources. William Carey
Library: Pasadena, 1990. Dieses Arbeitsbuch läßt das Herz von Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit höher schlagen. Auf 57 Seiten werden amerikanische Hilfsmittel zum Thema Mission für diese Altersgruppe aufgeführt und vierfach registriert: Lehrpläne, Bücher, Geschichten, Arbeitsmaterialien, Medien, Lieder, etc mitsamt Bezugsadressen. Die andere Hälfte bietet konkrete Anleitungen: einen 52-stündigen Lehrplan, Beispielstunden und -geschichten, Arbeitsanleitungen und Kopiervorlagen. Davon erscheint manches für uns adaptierbar. Besser wäre jedoch ein gleichartiges Verzeichnis für den deutschsprachigen Raum. Ein Anfang war in der Bibliographie evangelikaler Missionen (bem) enthalten. Wer hat Interesse? Christof Sauer, em 1995-2. |
Dyrness,
William A. and Veli-Matti Kärkkäinen (Hg.) unter
Mitarbeit von Juan Francisco Martinez und Simon Chan, Global Dictionary of Theology: A Resource for the Um Leserinnen und Lesern der Evangelikalen Missiologie (em) diese postmoderne theologische “Fundgrube für die weltweite Kirche” kurz vorzustellen, versuche ich aus der Einleitung sowie aus einzelnen Beiträgen etliche Merkmale und Kennzeichen herauszuschälen, die der Absicht und dem Ziel der Herausgeber entsprechen. Das Wörterbuch beinhaltet über 240 Beiträge zu aktuellen Themen, die von fast 200 Theologen und theologisch orientierten Fachleuten aus vielen Ländern der Erde erarbeitet worden sind. Das umfangreiche Register der Bibelzitate (S. 960-972 – über 200 Verweise allein auf Matthäus) gilt als Nachweis, dass die Schreiber ihre Aussagen biblisch zu begründen suchen. Nur Obadja, Jona, Nahum, Philemon sowie 2. und 3. Johannes bleiben unzitiert. Etwa 40 der Artikel stammen von Professoren, Lehrbeauftragten und Doktoranden am Fuller Theological Seminary (FTS), wo das Wörterbuch von den Herausgebern auch konzipiert und in Zusammenarbeit mit InterVarsity Press bis zur Veröffentlichung begleitet wurde. In diesem Zusammenhang veranstaltete FTS ein Symposion über “Die Zukunft globaler Theologie”. Dazu schreibt der Dekan, Howard Loewen (Fuller Focus, März 2009, S. 24), dass das Wörterbuch als Markstein theologischen Denkens unserer Zeit zu bezeichnen sei. Nach demographischen und geographischen Dimensionen zu urteilen, trifft die Bezeichnung “global theology” durchaus zu, auch wenn manche Beiträge lokale und regionale Theologie reflektieren. Diese Merkmale werden schon auf dem erwähnten Symposion in den Referaten von Ogbu Kalu über „An African View of the Future of Global Theology“ und von Simon Chan zum Thema „An Asian Perspective of Global Theology“ angesprochen. Einerseits wollen die Herausgeber das Wörterbuch nicht als ein universales Werk verstanden haben, da solche Themen wie die “Gott-ist-tot-Theologie” und andere radikale Theologien der 60er Jahre oder auch synkretistische Theologien alter und neuer Religionen bewusst zurückgestellt bleiben. Andererseits fällt auf, dass hier postmodern-relevante Themen behandelt werden, die man sonst in traditionell-theologischen Wörterbüchern kaum findet, wie z. B. „Globalization“, „Green Theology“, „Children at Risk“, „Terrorism“ und „Animal Rights“, um einige zu nennen. Die vielseitigen Gesichtspunkte der Aufsätze bestätigen, dass es sich hier weder um ein Werk westeuropäischer noch angloamerikanischer Theologen handelt, sondern um ein Produkt theologischer Denker der jungen Kirche, die ihre gemeinsame Arbeit als Frucht für die weltweite und multinationale Kirche (A Resource for the Worldwide Church) in Nord und Süd, Ost und West der bewohnten Erde (Ökumene) verstanden haben wollen. Nicht nur die missionarische, auch die theologische Einbahnstraße existiert heute nicht mehr. So sehen es auch die Herausgeber, indem sie einen Satz John Mbitis, Kenya, zitieren: “Die Zentrale kirchlicher Universalität ist nicht länger in Genf, Rom, Athen, Paris, London oder New York, sondern in Kinshasa, Buenos Aires, Addis Abeba oder Manila zu finden” (S. ix). In Übereinstimmung mit obigen Aussagen glaubt der Verleger, Daniel Reed (IVP), dass die Beiträge primär als kontinuierliche Gesprächsthemen und weniger als definitive Aussagen oder doktrinäre Erklärungen gedacht seien. Daher spielen Begriffe wie “conversation”, “dialog” und “discussion” eine nicht unwichtige Rolle. Das ist vor allem bei Artikeln der Fall, wo zwei oder drei Verfasser das gleiche Thema diskutieren. Wichtig ist, dass die beteiligten Autoren am Ende ihres „Gesprächs“ jeweils gemeinsam eine Bibliographie für das Weiterstudium zusammenstellen. Dazu etliche Beispiele: 1. H. K. Yeung betrachtet die Ahnenverehrung (Ancestor veneration) aus chinesischer Sicht, während J. Nkansah-Obrempong die afrikanische Perspektive verständlich zu machen versucht und Simon Chan in einem dritten Teilbeitrag zu demselben Artikel die religiöse Bedeutung der Ahnenverehrung aus der Sichtweite des asiatischen Horizonts beschreibt (S. 28-35). 2. In ähnlicher Weise diskutieren Veli-Matti Kärkkäinen, J. Levison und P. Pope-Levison die Lehre von der Person Christi („Christology“) von den ersten Glaubensformulierungen der Väterzeit bis hin zu den Aussagen heutiger Befreiungstheologen im Kontext Afrikas, Asiens und Lateinamerikas (S. 167-86). 3. Auch Mark Baker, Timoteo Gener und Frank Macchia verwenden die gleichen Begriffe bei ihrer Diskussion eines längeren Aufsatzes eines traditionellen Themas wie „Systematic Theology“ (S. 864-69). Wer in diesem Zusammenhang einen Ausgleich zur Systematik sucht, dem ist Elmer Martens’ Beitrag “Biblical Theology” zu empfehlen (S. 109-11). Fazit: (1) Außer knappen biographischen Hinweisen finden die Leser in diesem Wörterbuch keine Lebensbeschreibung der Theologen, nur deren Ausdruck theologischen Denkens. (2) Während Wörterbücher gleichen Umfangs die Themen in der Regel kurz darstellen, gibt es hier ausführliche Beiträge in der Länge von Zeitschriftenartikeln. (3) Sowohl die Vielfalt kultureller Hintergründe der Autoren als auch die inhaltlich abwechslungsreiche Gestaltung der Thematik dürften manche evangelikalen Leser des Westens zur Überprüfung ihrer bisherigen Hermeneutik herausfordern. (4) Die Herausgeber gehen davon aus, dass christliche Theologie biblisch begründet sein muss, wobei aber die Rolle der Kontextualisierung (oder Inkulturation) nicht übersehen werden darf. (5) Alle Theologie ist kontextuell, auch die westliche. Ob aber jede Theologie biblisch kompromissfrei gestaltet werden kann, bleibt zu hinterfragen. (6) Ein persönliches Wort: Leser der em, die mit den Dokumenten ökumenischer und den Schriften evangelikaler Missionskonferenzen und -kongressen vorigen Jahrhunderts vertraut sind, werden beim Gebrauch dieser „Resource for the Worldwide Church“ um so mehr profitieren. Eine biblische Hermeneutik bleibt für alle Leser unerlässlich. Prof. em. Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 2009-4. |
Eber, Jochen. Johann Ludwig Krapf. Ein schwäbischer
Pionier in Ostafrika. Riehen/Basel: Verlag arteMedia Winteler, 2006. Auf dem missiologischen Büchermarkt sind sowohl missionsmotivierende als auch wissenschaftlich fundierte Missionsbiographien eher die Ausnahmen, denn in der Vergangenheit neigte man dazu, Missionspioniere hagiographisch zu verklären. Das führte dazu, dass manch ein Leser sein eigenes Leben dem dieser „geistlichen Schwergewichte“ gegenüberstellte und frustriert feststellen musste, wie weit er von diesem Ideal noch entfernt war. Statt für Mission zu motivieren, entmutigten diese Biographien ihre Leser. Wohltuend anders ist die Biographie von Jochen Eber über den Missions- und Entdeckungsreisenden J. L. Krapf. Ebers Bemühen um historische Akkuratesse lassen auch die „schwachen Seiten“ Krapfs nicht unerwähnt. So erfährt man beispielsweise, dass der eifrige Afrika-Missionar und später in der Heimat wirkende Missionsmotivator auch Phasen von „große(r) Unlust zur Mission“ (123) und Depression (153) empfinden konnte. Im Hauptteil seiner Biographie zeichnet Eber Krapfs abenteuerliche Reisen nach Äthiopien und seine späteren Reisen im heutigen Kenia und Tansania nach. Dabei erfährt man viel sowohl über Land und Leute als auch über das zeitgenössische Reisen. Unter anderem kann man beispielsweise lesen, dass Krapf mit einer Luftmatratze reiste, die damals als eine der neuesten technischen Errungenschaften galt und die ihm auch in der afrikanischen Wildnis eine erholsame Nachtruhe ermöglichte. Natürlich ist auch von den berühmten Entdeckungen die Rede. So hat Krapf den Mont Kenya „entdeckt“, während schon zuvor Krapfs Mitstreiter Johann Rebmann als erster Europäer den schneebedeckten Kilimandjaro gesehen hatte. Das galt in der damaligen Zeit als Sensation, denn Schneeberge am Äquator waren für Krapfs Zeitgenossen einfach unvorstellbar. Auch die Theologie Krapfs wird von Eber dargestellt. Demnach lebte Krapf in gespannter eschatologischer Erwartung, die ihn zur unermüdlichen missionarischen Tätigkeit und den gefährlichen Erkundungsreisen veranlasste. Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, wie Krapf als begeisterter Missionar trotzdem Johann Michael Hahns Theologie, mit ihren offensichtlich allversöhnerischen und unmissionarischen Tendenzen anhängen konnte. Die Lektüre dieser Biographie sei allen empfohlen, die sich für Missionsgeschichte interessieren oder einfach Afrikabegeisterte sind, denn es handelt sich dabei um ein hervorragend illustriertes mit vielen zeitgenössischen Abbildungen versehenes und gut aus Quell- und Sekundarliteratur schöpfendes Buch. Zudem ist es gut lesbar, obwohl Eber einem historisch-wissenschaftlichen Ansatz folgt. Statt Fußnoten sind jedem Kapitel Endnoten angefügt. Das Buch schließt mit einer umfangreichen Bibliographie und hilfreichen Registern ab. Elmar
Spohn, em 2009-1. |
Troeger, Eberhard. Zwischen Alexandrien und Kairo. Die evangelische Missionsarbeit in Unterägypten im 19. und 20. Jahrhundert. Nürnberg: Verlag für Theologie und Religionswissenschaft, 2013. Muss die Mission unter Muslimen nicht als gescheitert angesehen werden? In keinem muslimischen Land gibt es Gemeinden mit einer großen Anzahl von Konvertiten durch Mission. Da macht Ägypten mit seiner großen koptischen Minderheit keine Ausnahme und doch war die Missionstätigkeit im Nildelta alles andere als fruchtlos. Eberhard Troeger, der von 1966 bis 1975 in Ägypten tätig war und bis 1998 die Mission der Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten (EMO) leitete, die er wegen des häufig wechselnden Namens in seinem Buch „Wiesbadener Mission“ nennt, legt mit diesem Buch eine Geschichte der Missionsarbeit in Unterägypten vor, die es in deutscher Sprache und in diesem Umfang noch nicht gegeben hat. Kairo und das Nildelta sind bis heute das Gebiet mit der stärksten Islamisierung in Ägypten. Die nachhaltigste Arbeit leistete dort die Amerikanische Mission (AM) der Vereinigten Presbyterianischen Kirche von Nordamerika (1854-1967). Sie erreichte mehr Muslime mit der Gründung von Gemeinden als irgendeine andere Mission. Sie legte großen Wert auf die Sprachkenntnisse der Missionare: „Predigt oder Unterricht durch Übersetzer wurde abgelehnt.“ Der Erneuerungsprozess in der Koptischen Kirche wäre ohne die Herausforderung durch sie und deren Bildungsarbeit nicht möglich gewesen. Heute ist die evangelische Übersetzung der Bibel aus Beirut von 1867, die als Van-Dyke-Übersetzung bekannt ist, die Standardbibel der Koptisch-Orthodoxen Kirche. Troeger berücksichtigt nicht nur die großen Missionen wie die genannte Amerikanische Mission, die Egypt General Mission (EGM, 1898-1956) oder die Church Mission Society (CMS, 1825-1956), sondern auch kleinere Missionsvetretungen, wie z.B. die amerikanische Peniel Mission (1895), die nur in Port Said tätig wurde oder die Holländische Mission (1871) in Qalyûb, nördlich von Kairo. Es werden weitere Missionen erwähnt, wie z.B. die der Brüdergemeinde, Heiligungsgemeinde und Pfingstgemeinde, die auf der evangelisch-presbyterianischen Kirche aufbauten. Die ersten Missionare waren die Herrenhuter von 1752-1783. Die Pilgermission St. Chrischona versuchte das Projekt „Apostelstraße“ mit dem Ziel Abbesinien (Äthiopien) zu verwirklichen. Dies blieb jedoch eine Episode (1860-1870). Aber genau diese Initiative drückte damals schon etwas aus, das heute wieder aktuell ist, nämlich sendungsbewusste Gemeinden zu fördern. Troeger resümiert an dieser Stelle, was bereits Wirklichkeit geworden ist: „Die ganze Diskussion darüber hatte die Missionare (...) daran erinnert, dass ihr Ziel in Ägypten darin bestand, eine missionierende und evangelisierende Kirche zu gründen.“ Wer nach Zahlen sucht, findet sie an vielen Stellen in diesem Buch. So heißt es: Der Erfolg der Mission (AM) liegt bis 1900 bei 75 Taufen. 1890 bis 1894 wurden 20 Muslime getauft, bei 2165 neuen Gemeindemitgliedern insgesamt allerdings nicht viel. Man liest, dass Kompetenz nicht immer alles ist, so heißt es von Samuel Gobat, einem der frühen Basler Missionare im Dienst der CMS: „Er predigte gewöhnlich eine Stunde mit großer Leichtigkeit [auf Arabisch]. Es fehlt nur an Zuhörern.“ Troeger verzichtet – wie er selbst am Anfang betont – auf die Auseinandersetzung um die Fragen der Legitimität evangelischer Mission in einem seit Jahrhunderten christlich-orthodox und muslimisch geprägten Land. Ihm geht es um die Geschichte der evangelischen Missionsgesellschaften und ähnlicher Einrichtungen (z.B. Bibelgesellschaft). Er schreibt gegliedert über deren Prägungen, Methoden und Zielsetzungen. Es geht ihm dabei nicht um das Engagement der evangelischen Kirchen in den letzten Jahrzehnten. Die berühmte Qasr id-Dûbȃra-Kirche am Kairoer Tahrîr-Platz, eine Gemeinde, die seit Jahrzehnten mit großer Sendungskraft aktiv ist, wird daher nur als „City-Kirche“ am Rande erwähnt. Nicht alle arabischen und englischen Ausdrücke werden als solche aufgeführt. Für diejenigen, die sich sprachlich auf die Mission in Ägypten oder der arabischen Welt vorbereiten, werden sich mit Begriffen oder Namen wie z.B. Khalȃs in-Nufûs, die nur in der Übersetzung als „Heil der Seelen-Bewegung“ genannt wird, nicht vertraut machen können. Troeger arbeitet dennoch detailliert und genau, davon zeugen die 1293 Fußnoten, verteilt auf 209 Seiten und ein ausführliches Register, das sehr dazu beiträgt, dieses Buch als Nachschlagewerk gebrauchen zu können. Seine Arbeit berichtet vom Widerstand der Muslime durch politische Maßnahmen, die „Verweigerung der Religionsfreiheit durch die Behörden“, Boykotte, Beschimpfungen und Anzeigen. Was aber die Gewalt anbetrifft, die Missionaren widerfuhr, war das Schlimmste Steinwürfe gewesen. Es wurde in den zwei Jahrhunderten von keinem einzigen Mord an einem Missionar berichtet. Wenn man das gesamte Buch gelesen hat, wird man vielleicht am Ende fragen wollen: War es vielleicht nicht der Islam oder die Muslime, die die Missionsarbeit am meisten gehindert haben, sondern möglicherweise so vieles andere: die Krankheiten der Missionare, der zu frühe Tod etlicher außerordentlicher Mitarbeiter; der Krimkrieg (1853-56) und eine Meuterei gegen die Britische Herrschaft in Indien 1858 (beides strahlte nach Ägypten aus); eine theologische Kontroverse mit dem Darbysmus 1868, Unfälle, der Urȃbi-Aufstand (1879-1882), die Cholera 1865, die beiden Weltkriege, die Säkularisierung der Amerikanischen Universität (AUC) ab 1922, die Revolution von 1952 (der „arabische Sozialismus“), die Suezkrise von 1956, der Sechs-Tagekrieg und nicht zuletzt die insgesamt viel zu geringe Zahl der Missionare. Troeger nennt zwar über 200 entsandte Verantwortungsträger und herausragende Persönlichkeiten mit Namen und alleine das macht das Buch schon lesenswert, aber in Relation zu dem Zeitraum, den dieses Werk insgesamt berücksichtigt, waren es zu wenige Mitarbeiter. Sollte ein weiterer Grund vielleicht ein zu eigentümliches Verhältnis zum eigenen Auftrag gewesen sein? Über den EGM-Missionar Aubrey Whitehouse heißt es: „Er setzte sich dafür ein, dass die Mission ehrlich zu ihrem Auftrag steht (...) alle `Geheimniskrämerei´ in der Korrespondenz und im Verkehr mit den Behörden sah er kritisch.“ Wurde die Arbeit eingeschränkt, weil Mission zu sehr im Under-Cover-Modus betrieben wurde? Mit diesen Fragen im Hinterkopf wird die Lektüre des Buches spannend. Als Resümee lässt sich sagen: Durch die Geschichte, die Eberhard Troeger in gewissenhafter Recherche zusammengetragen hat, bekommt man eine Idee davon, welches Potential in der Geschichte der evangelischen Christenheit in Ägypten verborgen liegt. Wer einen Grund zur Inspiration und Hoffnung im Blick auf die Mission unter Muslimen sucht, wird es in diesem Buch finden. Thomas Dallendörfer, em 2014-2. |
Ekman, Ulf. Doctrine - The Foundations of
the Christian Faith. Uppsala: Word Life
Publications, 1996. „Doctrine“ ist die englische Übersetzung der schwedischen Originalausgabe von 1995. Sie ist Ekmans Versuch einer systematischen Theologie. Herausgekommen ist dabei eher ein biblisch-theologisches Handbuch, in dem Ekman seine Erkenntnisse und Einsichten addiert. Seine „Lehre“ besteht zu einem großen Teil aus einer Kette von biblischen Zitaten und Auflistungen (Extrembeispiele 27-38 und 219ff.) Der Buchaufbau folgt den klassisch lutherischen Loci. Ekman, der ja ein dezidiert charismatischer Vertreter und Anhänger einer Glaubenstheologie Haagin’scher Prägung ist, erwarb an der Universität Uppsala einen theologischen Grad. Nur wenige Aussagen (z. B. Rechtfertigung schließt die körperliche Heilung mit ein, 186ff.) und allenfalls die kurz gehaltenen Kapitel über Pneumatologie und Angelologie (speziell der Abschnitt über Dämonenaustreibung) machen deutlich, daß hier nicht bloß ein lutherisch-evangelikal geprägter Pastor am Werke war. Bei der Soteriologie schlägt Ekmans Herz. Das beweist allein schon der Umfang des Kapitels. Allerdings zeigt sich hier auch eine besondere Schwäche des Buches, denn die Trennlinien, z. B. zur Christologie, werden nicht immer deutlich gezogen. Generell sind Gedankenführung und Kapitelaufbau nicht immer klar strukturiert; eine kreisende und sich häufig wiederholende Tendenz ist erkennbar. Ekman kommt in seiner „Lehre“ mit nur einer Fußnote aus (eine Erläuterung zur jüdischen Bar Mizwa). Eine Bibliographie sowie ein Index fehlen völlig. Biblische Aussagen erscheinen als einzige Quellenangaben. Die drei im Nachwort aufgeführten altkirchlichen Bekenntnisse (Apostolikum, Nizänum und Athanasianum), auf denen Ekmans Lehre basieren soll, werden im Text nicht zitiert. Sollen sie die Kontinuität mit den Anfängen der christlichen Kirche ausdrücken oder ein reformatorisches Selbstverständnis dokumentieren? Mehr als 40 DM sind für dieses Buch jedenfalls ein recht hoher Preis. Joost Reinke, em 1997-4. |
Elliot, Elisabeth. Amy Carmichael. Ein Leben in
der Nachfolge. Neuhausen:
Hänssler, 1995. Der bekannte indische Bischof und Missionshistoriker Stephen Neill äußerte einmal, daß aus heutiger Perspektive und aus Liebe zur Wahrheit eine große Anzahl erbaulicher Missionarsbiographien neu geschrieben werden müßten. Auch auf dieses Buch, das den Werdegang Carmichaels von Irland über Japan, China und Ceylon nach Indien und die Entstehung der Dohnavur-Fellowship zur Rettung von Tempelkindern beschreibt, trifft sein Urteil zu. Für Neill war Amy Carmichael keine Unbekannte, denn er hatte sie in Dohnavur selbst kennengelernt. Er mußte die Arbeit aber bald verlassen, da sich unüberbrückbare Differenzen ergaben. Ohne den Einsatz und das Werk von Amy Carmichael und auch Elisabeth Elliot gering schätzen zu wollen, empfinde ich diese Biographie als oft beschönigend und damit ein bißchen unehrlich. Die vielen Konflikte und Anfeindungen, denen die Dohnavur-Fellowship ausgesetzt war, sind nicht nur einfach Angriffe des Satans, wie sie es selbst empfunden haben, sondern auch das Ergebnis eigenen Verschuldens, von falschem Autoritätsdenken und Führungsverständnis bis zu Überängstlichkeit und Unflexibilität. Wenn die Dohnavur-Kinder beim Eintritt in ein College weder das indische Englisch noch Tamil richtig verstehen bzw. sprechen konnten, ist dies z. B. ein sehr deutlicher Hinweis darauf, daß hier eine ungesunde und auch ungeistliche Isolation stattgefunden hat. Der Stil der Autorin (er soll wohl erbaulich sein) ist mir ein wenig zu süßlich und die Erzählung oft unzusammenhängend. Bedauerlicherweise kann ich daher diese Lektüre einem heutigen anspruchsvollen Missionsinteressierten nicht empfehlen, sondern muß mich Neill in dem Rat anschließen, eine neue Biographie über Amy Carmichael zu verfassen. Martin Sachs, em 1997-2. |
Engel,
James F. & William A. Dyrness. Changing the Mind of Missions – Where Have
We Gone Wrong? Downers Grove:
InterVarsity Press, 2000. Dieses Buch ist ein hilfreicher Beitrag zur Diskussion um die Spannung zwischen Missionswerken und Gemeinden. Als jemand der seit vielen Jahren in der missionarischen Arbeit im Ausland tätig ist, muss man schon kräftig schlucken, denn manche traditionellen Überzeugungen werden in Frage gestellt. Die Autoren sind bekannte Missionswissenschaftler: Dyrness lehrt am Fuller Seminary und Engel im Ruhestand am Eastern College. Auch wenn sie den nordamerikanischen Kontext im Blick haben, ist ihre Kritik auch für europäische Missionswerke von Bedeutung. Nach Ansicht der Autoren ist die westliche Missionsarbeit stark von der Moderne beeinflusst. Mission wird als Bewegung vom Zentrum zur Peripherie verstanden, der Glaube als persönliche Angelegenheit betrachtet, und Missionsstrategien sind pragmatisch begründet. Dies erweist sich in einer postmodernen Welt als negativ. Die große Chance für die Mission liegt darin, dass die Postmoderne wieder näher an den ursprünglichen Werten dran ist, wie sie besonders in der Zweidrittel-Welt geschätzt werden und wie sie Jesus zu seiner Zeit gelebt hat: Religiöse Vorstellungen haben auch im öffentlichen Leben Platz, die Realität des Bösen wird anerkannt, und Gemeinschaft ist wichtiger als Individualität. Anhand der fiktiven Geschichte eines Missionsdirektors, seiner Missionsgesellschaft und einer mit ihnen verbundenen Gemeinde beschreiben die Autoren in spannender Weise die Herausforderungen im Verhältnis Missionsgesellschaft – Gemeinde sowie einen möglichen Lösungsansatz. Das Paradigma ihrer Missionsstruktur stammt von Jesu selber: die Aufrichtung und Ausbreitung des Reiches Gottes und seiner Herrschaft auf der ganzen Welt. Die Kernbotschaft lautet: „Mission in einer postmodernen Welt wird Gemeinde-zentriert sein, ausgerichtet auf Stärkung und Befähigung der Leute Gottes. Die Botschaft des Evangeliums wird wieder ganzheitlich gesehen, ausgedrückt durch Worte und glaubhaft gemacht durch das ‚Salz und Licht’ das von aufrichtiger Gemeinschaft kommt (Mt 5,13-16). Individuelle Initiativen werden der Arbeit in Netzwerken Platz machen, wobei die Stärken der Einzelnen sich gegenseitig ergänzen, indem Christen zusammen denken, arbeiten und beten um die Herrschaft Christi auszubreiten“ (S.80f.). Das Buch ist lesenswert für Gemeindemitarbeiter denen das Anliegen der Weltmission am Herzen liegt. Eine Gemeinde, die sich nicht als Institution, sondern als lebendigen Organismus versteht, hat auch bei postmodernen Menschen große Chancen. Das Anliegen der Weltmission wird nicht nur durch finanzielle oder personelle Unterstützung gefördert, sondern die Gemeinde nimmt eine aktive Rolle ein: sie mobilisiert ihre eigenen Ressourcen und ergreift die Initiative, um einen bestimmten Auftrag auszuführen. Dies geschieht oft in Zusammenarbeit mit einer Missionsgesellschaft. Mission ist nicht nur ein Programmpunkt unter vielen, sondern das weltumspannende versöhnende Werk Gottes bestimmt alle anderen Gemeindeprogramme. Die zweite Zielgruppe des Buches sind die Missionsgesellschaften. Sie werden nicht darum herumkommen, sich zu verändern, ein Prozess der Transformation ist gefragt. Dabei sollte sich eine Missionsgesellschaft u.a. folgende Frage stellen: „Welchen Unterschied würde es auf die Weltsituation bzw. auf die Gemeinden in den sendenden Ländern machen, wenn unsere Organisation nicht bestehen würde?“ Die Autoren haben nicht die Antworten auf alle Fragen, aber sie machen Mut, sich auf eine Pilgerreise in unbekanntes Land einzulassen. Ein spannendes Unternehmen! Reinhold Strähler, em 2006-4. |
Engel,
James F. & William A. Dyrness. Changing the mind of Missions – Where have
we gone wrong? Downers Grove: Intervarsity Press, 2000. Kaum ein anderes missiologisches Buch hat zu einem solch radikalen Umdenken in der Weltmission aufgerufen, wie der vorliegende Band der beiden bekannten Missiologen James F. Engel und William Dyrness. Mit großer Sorge beobachten die Autoren die Anpassung vieler Missionswerke an den westlichen Wirtschaftspragmatismus (S. 18) und befürchten ihr Aussterben in den nächsten 10 Jahren, weil sie Mission stellvertretend für die Gemeinden statt mit ihnen zusammen tun. Viele Missionsleiter sähen Gemeinden lediglich als Quelle für Personal und Finanzen an, statt ihnen zu dienen (S.122). Gemeinden müsse ihre zentrale Rolle in der Mission wieder zurück gegeben werden (S.110-142). Das Modell der Glaubensmissionen, das auf Freiwilligen basiere (S. 146), die nur auf Gott vertrauten, sei weder biblisch begründbar noch werde es von Gemeinden in den Heimatländern länger hingenommen (S.75). Darum rufen die Autoren zu einer echten Partnerschaft zwischen Missionsgesellschaften und Gemeinden in den Heimatländern (S.81,127) auf. Gemeinden sollten unmittelbar am Leben und Wirken ihrer Missionare beteiligt sein. Zudem beklagen die Autoren, dass westliche Missionswerke weitgehend einem menschlichen Strategie- und Methoden-Denken (S. 67) zum Opfer gefallen sei, das sie mit Samuel Escobar als „Managerial Missiology” (S. 87) bezeichnen: Strategisches Planen und Problemlösung, numerische Ergebnisse, Finanzierungspläne (S. 68), Kommunikationstechniken (S.68), Marketingstrategien (S.69) und Fundraising (S.73) bis hin zu irreführenden Erfolgsstorys (S.72), das Vertrauen auf westliche Macht und Einfluß (S.45), Verquickung von Evangelium mit westlicher Kultur (S.80) bestimmten viele Aktivitäten. Dies basiere auf dem Leitbild der „Moderne” (S.61ff, 78), d.h. der Ideologie von Vernunft, Zahlen (S.68ff), Management und Methoden (S.106), die längst von der Postmoderne abgelöst worden sei (S.173ff). Dadurch verschließe man sich dem Wirken des Heiligen Geistes und werde taub für seine Leitung. Im gleichen Atemzug werde Mission auf Evangelisation (möglichst viele Menschen mittels vorgefertigter evangelistischer Methoden – „prepackaged evangelistic tools” genannt - mit dem Evangelium zu erreichen, S.64; 87) reduziert, die auf die örtliche Situation im Einsatzland wenig abgestimmt seien. Mission sei zu einer „Industrie” (S.50) verkommen, auf einen Massenartikel reduziert, den es zu vermarkten gelte (S.69). Mission sei stattdessen Gottes Mission; es geht um die Verherrlichung Gottes. ER ist verantwortlich für das Ergebnis, nicht wir Menschen (S.37). „Mission fließt aus dem Herzen von Menschen, die durch den Heiligen Geist transformiert wurden und alles verlassen, um Christus zu folgen” (S.36). Im Zentrum des biblischen Missionsauftrags stehe zudem das „Jünger Jesu machen” (S.31,64), das Wachstum in der Heiligung (S.88), die Integration von Gläubigen in eine Gemeinde (S.102,117), Hingabe und Transformation des ganzen Lebens (S.29), die Herrschaft Jesu in seinem Volk (S.39; 115). Die Gemeinde solle ein Segen für die Umgebung darstellen („soziale Transformation”, S.64, 89). Aufrüttelnd sind die Worte eines afrikanischen Gemeindeleiters: „Your people brought us Christ, but never taught us how to live”(S.22). Das Evangelium sei nicht eine Privatsache ohne gesellschaftliche Relevanz (S.22, 65). Das schließe die Wahrnehmung von struktureller Sünde und Ungerechtigkeit (S.93) ein. Es gehe um Erlösung und Versöhnung, Evangelisation und soziale Transformation (S.64). Dabei sei die Kooperation von Missionswerken untereinander (S.71; 96,181) wie auch mit lokalen Gemeinden im Einsatzland (S.76) zwingend erforderlich, statt Konkurrenzdenken und isolierten Einzelinitiativen (S.96) Raum zu geben. Entscheidungen sollten vor Ort getroffen (S.77) und große Allianzen (S.171; 181) in den Einsatzländern gebildet werden, statt wirtschaftlicher und politischer Macht (S.45f) und Kontrolle aus dem Westen (S.97). Da habe die alte Arbeitsweise mit der Abhängigkeit von externer Finanzierung (S.73) oft die Entwicklung von Eigeninitiative (S.73) und einheimischen Resourcen (S.20) eher behindert. Die bisherigen Markenzeichen der westlichen Mission „Organisatorische Brillianz und zentralisierte Verwaltung” (S.67) müßten ersetzt werden durch schlanke Administration bei verstärkter Motivation und Befähigung von Mitarbeitern (Schulung von Führungskräften S.160). Statt der Fixierung auf Projektziele (S.113; 166) sollte jeder einzelne Mitarbeiter persönlich gefördert werden (S.124; 153ff). Statt hierarchischen Führungsstrukturen (S.113; 148) und Kontrolle von oben (S.23) werben sie für dezentralisierte Teams (S.158), lokale Initiativen (S.98) und die Ermöglichung alternativer Wege (S.158). „Gebet ist wichtiger als Aktion; Dienstbereitschaft und Selbstaufgabe wichtiger als Dominanz und Kontrolle” (S.166). Dieser fundamentale Richtungswechsel in der Mission müsse zügig eingeleitet werden (S.167). Dafür böte der gesellschaftliche Wechsel von der Moderne zur Postmoderne einen gute Chance, da letztere geprägt sei von dem Wunsch nach persönlichen Beziehungen, Vertrauen, Spontaneität, Spiritualität und ganzheitlichem Leben (S.81;173-183). Diese markanten Thesen sind eingepackt in eine spannende Rahmengeschichte von einer fiktiven Gemeinde und einem Missionswerk, die aus der Not heraus beide den vorgeschlagenen Paradigmenwechsel wagen. Diese Geschichte zieht sich durch das ganze Buch hindurch - die Abschnitte sind am Seitenrand durch einen Balken klar gekennzeichnet - und überträgt die grundlegenden Gedanken auf die konkrete Situation von Missionswerken und Gemeinden. Mit ihren mutigen Gedanken fordern die Autoren zum Neu- und Umdenken heraus und provozieren Widerspruch – kein missiologisches Buch wurde in letzter Zeit so heftig diskutiert (vgl. Mission Frontiers Dez. 2000, S.5, EMQ Jan. 2001, S.92-98); keinem anderen wurde so viel destruktive Kritik unterstellt. Es ist aber zugleich ein hoffnungsfrohes Buch, denn es zeigt neue Wege auf und macht Gemeinden und Werken Mut, Veränderungen zu wagen (S.143-172). Kein anderes Buch habe ich so inspirierend empfunden und mit so viel Gewinn gelesen. Zwar kann ich mich der unkritischen Euphorie über die Postmoderne (mit ihren unbestreitbaren Vorzügen wie auch Nachteilen) nicht uneingeschränkt anschließen, ebenso wenig den scharfen Kontrasten, die sie zwischen dem alten und dem neuen Denken sehen – es ist aber gerade die Stärke der amerikanischen Denkweise, komplexe Fragen auf wenige Grundprinzipien zurückzuführen und einfache Antworten zu finden, die mit großem Engagement und Überzeugungskraft vorgetragen werden. Zudem sehe ich das Problem nicht nur auf Missionsgesellschaften und ihrer Leitung beschränkt – das radikale Umdenken ist ebenso bei den Missionaren gefordert, denn ihnen kommt eine entscheidende Rolle im Verhältnis zu ihren Heimatgemeinden und den Kirchen im Einsatzland zu – dieses Thema ist in dem Werk leider ausgeklammert. Das Buch ist spannend geschrieben; die Leitgedanken werden in den verschiedenen Kapiteln immer wieder in neuer Form entfaltet und prägen sich so besser ein. Fußnoten verweisen auf weiterführende Literatur. Mit praktischen Fragen wird zum Überprüfen der Effektivität von Missionswerken eingeladen und die einzelnen Phasen des Veränderungsprozesses skizziert (S.143-173), auch wenn mir diese den Eindruck vermitteln, dass die Autoren doch wieder auf das sonst kritisierte Methoden-denken zurückgreifen mußten. Das äußerst praktische Buch schließt Checklisten mit provokativen Kernfragen ein, wie etwa: „1. Welchen Unterschied würde es für die Welt machen, wenn dieses Missionswerk aufgelöst würde? 2. Welchen Unterschied würde es für die Gemeinden in den Heimatländern machen? 3. Was können wir beitragen zum Leib Christi, der bereits in dieser Volksgruppe am Werk ist?” (S.150) Von keinem anderen Missionsbuch bin ich so sehr inspiriert und herausgefordert worden wie dem vorliegenden. Es ist zum Lesen sehr empfohlen, ja es sollte Pflichtlektüre für jeden Missionsleiter und Missionar sein. Dr. Detlef Blöcher, em 2001-3. |
Enger, Philipp A. Die Adoptivkinder Abrahams. Eine
exegetische Spurensuche zur Vorgeschichte des Proselytentums. Beiträge
zur Erforschung des Alten Testaments und des Antiken Judentums 53.
Frankfurt/Main: Peter Lang, 2006. Philipp Enger promovierte im Wintersemester 2002/03 mit einer Studie zur Vorgeschichte des Proselytentums an der Humboldt-Universität in Berlin, die er nun in überarbeiteter Form veröffentlicht. Der Studienleiter in einem Bildungswerk der EKD begibt sich hier auf die Suche nach Konversionsphänomenen im Alten Testament, also nach dem, was in der Missiologie auch als „Bekehrung“ bezeichnet wird. Um dabei der Gefahr einer „Rechtfertigung der aggressiven christlichen Missionsideologie durch angebliche jüdische Vorläufer“ (S.31) zu entgehen, gründet Enger die seiner Untersuchung zugrunde liegende Definition von „Konversion“ auf die Ergebnisse moderner Human- und Religionswissenschaft. Von H. Mohr (Art. Konversion/Apostasie in Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, 3: 436-45, 436, Hg. H. Cancik u.a., Stuttgart, 1993) übernimmt er drei Indikatoren für eine gelungene Konversion: (1) Die Veränderung der kognitiven Grundeinstellung, sichtbar oft durch Bekenntnisakte, (2) die Neuorientierung der Mentalitäts- und Verhaltensmuster und (3) der soziale wie religiöse Statuswechsel in Form einer Integration in die Gemeinschaft. In dem ausführlichen exegetischen Teil seiner Monographie trägt Enger in kanonischer Rei-henfolge (Tora, Propheten, Schriften) die Texte von der Aufnahme des Fremden (Dtn 23,2-9 u.a.), dem Umgang mit den Gibeonitern (Jos 9), sowie das Tempelgebet Salomos (1.Kö 8,41-43) und die Erzählung von Naaman (2.Kö 5) zusammen. Hier finden sich zwei Exkurse zu Jitro (Ex 18,11) und Rahab (Jos 2,9-11). Es folgen Überlegungen zu den Deportierten in Samaria (2.Kö 17,24-41), dem Ausländer in Jes (56,1-8), dem ger („Fremdling“) in Hes, den Seeleuten und Niniviten in Jon, sowie zu Rut (1,16f) u.v.m. Indem sich Enger im Bereich „Tora“ auf 250 Seiten fast ausschließlich mit den Gesetzes-texten zur Problematik des ger beschäftigt, reiht sich seine Studie in die einschlägigen Untersuchungen von C. Van Houten (The Alien in Israelite law, Sheffield, 1991) und C. Bultmann (Der Fremde im antiken Juda, Göttingen, 1992) ein, lässt jedoch eine Auseinandersetzung mit J.E.R. Kidd (Alterity and Identity in Israel, Berlin, 1999) und M. Zehnder (Umgang mit Fremden in Israel und Assyrien, Stuttgart, 2005) vermissen. Enger kommt in seiner Studie zu einem überwiegend negativen Ergebnis. Für die vorexilische und exilische Zeit könne in keinem Fall von Konversion gesprochen werden. Trotz aller Integrationsbestrebungen habe der ger letztlich keinen Zugang zur Versammlung (‘edah) und Gemeinschaft der „Söhne Israels“. Zur Aufnahme des Edomiters und Ägypters in die Versammlung (qahal) in Dtn 23,2-9 postuliert Enger eine Vorform des Texts, in der es lediglich um eine Duldung im Land gegangen sei. Erst in nachexilischer Zeit sei der Wunsch nach Integration in die „utopische Gemeinschaft“ hinzugekommen (S.296). Die Erzählung von Naaman diene „einzig der politischen und religiösen Selbstwertsteigerung jüdischer Leser“ (S.500), Elisa versage ihm in seiner Antwort die autoritative Anerkennung (2.Kö 5,19). Bei Rut sieht Enger ein Problem darin, dass „ihr Verhältnis zu ihrer moabitischen Heimatgottheit ungeklärt bleibt“ (S.505). Die Seeleute und Niniviten im Buch Jona durchleben keine Integration in die jüdische Gemeinschaft. Lediglich fünf von Enger deutlich nachexilisch datierte Texte öffnen Nichtjuden den Zugang zum Judentum: Esr 6,21; Neh 10,29; Jes 56,1-8; Hes 14,5-7.11; Est 9,27. Nur die beiden letzten Stellen lassen Enger zu der Hypothese gelangen, „daß der historisch existente Konvertit zum Judentum ein Phänomen der östlichen Diaspora im 3. Jahrhundert ist.“ Enger schließt, dass diese Option einer Konversion in alttestamentlicher Zeit „weit von einer allgemeinen Akzeptanz, theologischen Etablierung oder gar förmlichen Institutionalisierung entfernt“ ist. Völlig abwegig sei von daher die Annahme missionarischer Werbung im Alten Testament (S.518). Enger bietet eine hervorragende Zusammen-stellung und ausführliche exegetische Untersuchung zahlreicher missiologisch bedeutsamer Texte, insbesondere zur Problematik des ger. Auffällig ist hier das fast völlige Fehlen von Belegen aus den Narrativtexten der Tora, dem weiter hätte nachgegangen werden können. Trotz anfänglicher Bedenken (vgl. S.23, 54) stützt Enger einen großen Teil seiner Ergebnisse auf die Basis umstrittener literarkritischer Hypothesen. Vielfach unterstellt er den Texten tendenziöse Absichten und gibt sich hinsichtlich ihrer Historizität sehr pessimistisch. Obwohl er in seiner Einführung nachzeichnet, wie sehr die Indikatoren für Konversion im Wandel begriffen sind, legt er sich auf ein wohl eher engführendes Modell fest und führt seine Untersuchung so zu einem negativen Ergebnis. So ist sein Werk, nicht nur aufgrund der 30 engbedruckten Seiten bibliographischer Anga-ben, herausfordernd und unverzichtbar für alle, die sich mit dem Phänomen der „Bekehrung“ im gesamtbiblischen Zusammenhang beschäftigen möchten. Dr. Siegbert Riecker, em 2007-1. |
Escobar, Samuel. A Time for Mission: The Challenge for global Christianity, The Global Christian Library, Leicestershire: Langham Literature & InterVarsity Press, 2003. Samuel Escobar ist Peruaner und Professor für Missiologie am Eastern Baptist Theological Seminary sowie Präsident der United Bible Societies. Er war als Missionar und Dozent in verschiedenen Ländern der Welt tätig. Escobar legt uns mit seinem Buch einen einführenden Überblick über die missionarischen Herausforderungen der globalen Christenheit im 21. Jahrhundert vor. Erschienen in der Reihe der Global Christian Library (Hg. John Stott u. David Smith) dient diese Einführung in die christliche Mission (so will Escobar das Buch verstanden wissen, S. 170) dem Ziel der Serie, der Verschiebung christlicher Gravitationszentren in die 2/3 Welt Rechnung zu tragen. Dabei sollen nicht-westliche Autoren relevante theologische Themen aus der Perspektive ihrer eigenen Kultur reflektieren. Ausgehend von den Veränderungen der globalen Missionssituation zu Beginn des 21. Jahrhunderts entwirft Escobar unter Berücksichtigung der Missionsgeschichte ein trinitarisch-theologisches Missionsmodell, um es für die gegenwärtige globale Situation fruchtbar zu machen. Neben den bekannten missiologischen Wandlungs-Phänomenen (geographische und soziale Veränderung der treibenden Kräfte christlicher Mission), beschäftigt sich Escobar intensiv mit den Auswirkungen der Globalisierung und der postmodernen und postchristlichen Gesellschaftsentwicklung auf die Mission. Dabei warnt er nachdrücklich davor, die materialistische und gewinnorientierte Ideologie der Globalisierung ähnlich unkritisch wie früher den Imperialismus als notwendigen Aktionsrahmen aller missionarischen Bemühungen anzunehmen. Die wirtschaftliche Verabsolutierung radikalisiert Armut und wird so zur Herausforderung ganzheitlicher Mission. Transkulturelle Missionskooperationen müssen gerade in einem global vernetzten Zeitalter nach dem Leitbild nonpaternalistischer, inkarnatorischer Zusammenarbeit gestaltet werden. Darüberhinaus kommt es durch die postchristliche und postmoderne Weltanschauung vor allem in Europa zu kulturellen Abgründen zwischen Kirche und säkularer Welt, die die Evangelisation fast unmöglich machen. Nach dieser missiologischen, historischen und soziologischen Situationsanalyse erklärt Escobar, wie das Missionsvorbild Gottes die Kirche in eben dieser Situation bestimmen muss: Mission ist Gottes Initiative, Gott ruft Menschen zu sich um sie dann in die Welt zu senden. Christi inkarnatorisches Vorbild warnt vor Triumphalismus und ermutigt zu praktischer Barmherzigkeit und ganzheitlichem Dienst einerseits und klarer Konfrontation mit Ungerechtigkeit andrerseits. Da der Heilige Geist der Regisseur der Mission schlechthin ist, gilt es, seinem Wehen sensibel zu folgen. In der Anwendung seines inkarnatorischen Paradigmas auf den Umgang mit der Bibel betont Escobar, wie wichtig es ist, dass jede Kultur die Schrift aus ihrer eigenen Perspektive lesen lernt, um Antworten für eigene Fragen zu finden. Escobar beschließt sein Buch mit einem kommentierten Überblick zu weiterführender, missiologischer Literatur. Der innere Aufbau des Buches, das eine Fülle von Themen auf weniger als 200 Seiten abhandelt, wirkt insgesamt durchdacht und logisch stringent. Allerdings tragen die Kapitelüberschriften nicht besonders gut dazu bei, die vorhandenen gedanklichen Strukturen zu verdeutlichen. Escobar leitet die Kapitel mit narrativen Beispieltexten ein und stellt damit einen plastischen Wirklichkeitsbezug her. Zusammenfassende Abschlussparagraphen fehlen jedoch völlig, was die Übersicht im Buch erschwert. Das thematisch untergliederte Literaturverzeichnis am Schluss ist ein gutes Hilfsmittel zur missiologischen Orientierung. Einen Index gibt es nicht. Escobars Buch hat keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern stellt eine hilfreiche allgemeinverständliche, missiologisch reflektierte und evangelikal orientierte Einführung in die aktuelle weltmissionarische Thematik aus der Perspektive eines lateinamerikanischen Theologen dar. Es gelingt dem Autor, einen klaren Blick in die Missionsgeschichte mit einer kritischen Gegenwartsanalyse und einem trinitarisch-inkarnatorischen Leitbild der Mission zu verbinden. Besonders erwähnenswert erscheint mir Escobars Anliegen, ein umfassendes Problembewusstsein für die ideologischen Implikationen der Globalisierung für ein christliches Missionsverständnis zu schaffen. Andreas Rauhut,em 2006-2. |
Estep, William R. Whole Gospel, Whole World. The
Foreign Mission Board of the Southern Baptist Convention 1845-1995. Broadman & Holman:
Nashville, 1994. Dieses Buch will keine Geschichte der Missionsarbeit der Southern Baptists sein, sondern nur die der Heimatleitung. Als solche kann uns das Buch helfen, die sich wandelnden Grundsätze der SB Mission besser zu verstehen, die sich sowohl von denen der klassischen Missionen unterscheiden als auch von denen der gegenwärtigen evangelikalen Missionen, mit Ideen wie „indigenous principle“ und „nationalization“. Für das 150jährige Jubiläum geschrieben (und offiziell autorisiert), zieht der Autor die Entwicklungslinien von einer Missionsgesellschaft, die fast die Denomination schuf, über eine von der Denomination unabhängige Mission zur voll in die Denomination integrierten und von ihr kontrollierten Missionsabteilung. Als solche wurde die SB Mission von der konservativ/progressiven Krise betroffen, die zum Rücktritt von Keith Parks als Präsident 1992, zur Krise um Rüschlikon und zur Gründung der Cooperate Baptist Fellowship führte. Das Buch endet mehr mit einem Ton der Unsicherheit und des Nachdenkens als des Triumphes, zudem der weltweite Bold Mission Thrust auch kein voller Erfolg war. Mir scheint, daß der Autor die auseinandergehenden Überzeugungen (Evangelisation und Unterstützung der Missionare gegen Mission durch Institutionen) beide vertritt. Dieses Buch hilft, eine Mission, die uns in vielem fremd erscheint, besser zu verstehen. Die von den SB gegründeten Kirchen spielen in dem Buch kaum eine Rolle. Dr. Klaus Fiedler, em 1998-3. |
Evangelisches
Kirchenlexikon. Internationale theologische Enzyklopädie. Herausgegeben
von Erwin Fahlbusch, Jan Milic Lochman,
John Mbiti, Jaroslav Pelikan und Lukas
Vischer. Erster Band (A-F). Dritte Auflage. Neufassung. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1986. Die dritte Auflage und
zugleich völlige Neufassung des bekannten Evangelischen Kirchenlexikons
(EKL), das in den 50er Jahren erstmals
erschien, um eine „zusammenfassende Darstellung der theologischen
Arbeit und des kirchlichen Lebens“ zu geben, liegt jetzt in ihrem ersten Band
vor. Diese Neufassung des EKL sucht der veränderten Der beschränkte Raum ermöglicht keine umfassende Besprechung, deswegen will ich mich hier auf die Themenkreise beschränken, die em berühren. Als Lexikon dient das EKL zuallererst nicht der Stellungnahme, sondern der Information, und es gelingt ihm, die weltweite Vielfalt des Christentums zu erfassen. Der konfessionellen und denominationellen Vielfalt versucht das EKL dadurch gerecht zu werden, daß häufig zu „katholischen“ Themen katholische Autoren schreiben (z.B. Ludwig Wiedemann über Adveniat) oder zu freikirchlichen Themen eben Freikirchler (z.B. Schütz und Seidel über die Ev. Freikirchen und Freien ev. Gemeinden). So sind auch die „evangelikalen“ Themen an Evangelikale vergeben worden: Waldron Scott schreibt über die Evangelische Allianz, Erich Geldbach über die Evangelikale Bewegung und Peter Beyerhaus über die Evangelikalen Missionen. Hervorstechend ist der internationale Charakter des EKL. Ein internationaler Herausgeber- und Mitarbeiterkreis verantwortet das von Britta Hübener und Wolfgang G. Roehl redaktionell betreute Werk. Die Artikel über die einzelnen Länder wurden, wenn eben möglich, an Autoren aus diesen Ländern vergeben (wobei sich manchmal Unebenheiten in der Übersetzung eingeschlichen haben, z.B. die „Muselmanen“, Sp. 430, in Benin). Es ist nicht nur für jedes Land der Welt ein Artikel vorgesehen, wichtiger ist noch, daß auch bei thematischen Artikeln der geographischen Vielfalt Raum gegeben wird: so enthält der Artikel über Begräbnis neben einem Unterartikel „Begräbnis in der orth. Kirche“ auch Unterartikel über Begräbnis in Afrika und in den USA. Natürlich kann nicht jeder geographische Bereich (und nicht jede der vielen Kirchen in diesen Bereichen) in jedem Fall gleich große Aufmerksamkeit erhalten, so daß bestimmte Artikel oder Unterartikel auch exemplarisch gesehen werden müssen, z.B. der Artikel über die „Assembleias de Deus no Brasil“ für die vielen ähnlichen Pfingstkirchen. Aber auch hier ist, sicher bewußt, eine Kirche aus dem Lande gewählt worden, in dem weltweit die Pfingstler am stärksten sind. Erfrischend ist für mich die Tatsache, daß amerikanische Themen und Autoren so starke Berücksichtigung gefunden haben, denn
deutschsprachige Theologie steht sonst manchmal
in der Gefahr der Isolierung. Eine
englischsprachige Ausgabe des EKL ist
schon in Arbeit und wird von Eerdmans in Grand Rapids (USA) veröffentlicht
werden. Hilfreich ist zum Beispiel der
Artikel über die Brüderkirchen in Amerika (Donald F. Durnbaugh), der
uns hilft, die wichtigsten unter ihnen
auseinanderzuhalten, oder der Unterartikel
„Erweckungstheologie 2 Nordamerika“,
selbst wenn man die Meinung des
Autors Eldon G. Ernst nicht teilen kann, daß um 1850 die Verbindung der Erweckungstheologie zur Theologie abgerissen Reiches Material zum Thema Mission bieten in diesem Band auch die Artikel „Britische Missionen“ und „China Inland Mission“ von Andrew Walls, „Deutsche Missionen“ von Niels-Peter Moritzen, „Frauenmission“ von Elisabeth Ottmüller und „Ärztliche Mission“ von Martin Scheel. Interessant ist auch der Artikel von Rene Blanc über die französischen Missionen; er wird aber insofern seinem Thema nicht gerecht, als praktisch nur die Pariser Mission (DEFAP) dargestellt wird und die interdenominationellen, freikirchlichen oder pfingstlichen Missionen gar nicht erwähnt werden, nicht einmal die 1927 gegründete Mission Biblique (die aber in John Mbitis Artikel „Elfenbeinküste“ ihren Platz hat). Als Missionstheologe hätte ich mir auch gewünscht, daß der Länderartikel „Finnland“ (Jouko Martikainen / Markku Heikkilä) den fast tausend finnischen Missionaren ein paar Zeilen gewidmet hätte. Das EKL ist natürlich kein evangelikales Werk, aber es bietet dem evangelikalen Leser eine große Fülle wertvollen Materials und verlangt keine Identifikation mit der theologischen oder historischen Auffassung der Autoren, so wie sich unter den Autoren auch verschiedene Tendenzen zeigen. Zum Beispiel werden zwei sehr unterschiedliche Verständnisweisen des Begriffs Fundamentalismus vertreten, wobei ich der Definition Geldbachs (Sp.1187) gegenüber der inklusiven von James Barr (Sp.1404 ff.) eindeutig den Vorzug geben möchte. Das EKL bietet dem, der bestimmte Informationen sucht, weitreichende Möglichkeiten, die dann Band V als Registerband noch erweitern wird. Als angenehm empfinde ich, daß bei Literaturangaben auch der Erscheinungsort angegeben ist, so daß der Benutzer die genannten Bücher über den auswärtigen Leihverkehr bestellen kann. Gut ist auch, daß die Umlaute wie einfache Vokale behandelt werden. Das EKL ist gefällig gedruckt, nicht nur ein Nachschlagewerk, auch ein Buch zum Lesen. Klaus Fiedler, em 1987-4. |
Evangelisches
Kirchenlexikon. Internationale theologische Enzyklopädie. Herausgegeben von Erwin
Fahlbusch, Jan Milic Lochman, John
Mbiti, Jaroslav Pelikan und Lukas Vischer. Zweiter Band (G-K). Dritte Auflage - Neufassung, Vandenhoek & Ruprecht,
Göttingen, 1989. Nachdem 1986 der Band I der dritten, völlig neubearbeiteten Auflage des Evangelischen Kirchenlexikons (EKL) erschienen war (siehe Rezension in em 4/1987), liegt nun Band II (G-K) vor. Er zeichnet sich wie der erste Band durch gewaltige Vielfalt aus, die sich schon im Reichtum der Themen der Artikel zeigt. Wichtiger ist aber die denominationeile Vielfalt. So werden viele wesentliche theologische Artikel aus unterschiedlicher konfessioneller Sicht behandelt, oft von Autoren aus dem entsprechenden Bereich. Diese Vielfalt der konfessionellen Verständnisweisen wird besonders deutlich bei der Behandlung des Stichwortes „Kirche“ und damit zusammenhängender Stichworte (Sp.1046-1293), aber z.B. auch beim Stichwort „Gemeindeaufbau“, das für die Volkskirche, die Freikirchen, die Kirchen der Dritten Welt, die Minderheitskirchen und die Kirchen in den USA getrennt behandelt wird. Als Freikirchler gefiel es mir, daß der freikirchlichen Gottesdiensttradition ein eigener Abschnitt (Sp.273-275) gewidmet wurde; schön hätte ich es gefunden, wenn ihnen auch bei „Klerus und Laien“ und bei „Kirchenrecht“ ein paar Worte gewidmet worden wären, sonst könnte der Eindruck entstehen, als hätten die Freikirchen beides nicht. Kirche ist nicht nur interdenominationell, sondern auch international. Dieser Tatsache wird das EKL mehr als jedes andere vergleichbare Lexikon dadurch gerecht, daß viele nicht deutschsprachige Autoren mitarbeiten, und zwar nicht nur für die Länderartikel, sondern auch bei den „allgemeinen“ Themen. Daß bei internationalen Büchern die Übersetzung nicht immer leicht ist, zeigen Probleme bei der Übersetzung fremdsprachlicher Kirchennamen in einzelnen Artikeln, z.B. Kanada, wo von „propagandistischen Kirchen“ (Sp.930) gesprochen wird, oder im Artikel über Kolumbien, wo die Übersetzung eine Mission der „Evangelischen Allianz“ schuf (Sp.1338). Hier wäre, wie in vielen anderen Länderartikeln dieses Bandes, eine Benutzung englischer oder spanischer Namen richtig. Diese Beobachtungen sprechen aber ganz und gar nicht gegen die umfassende Beteiligung ausländischer Autoren. (Nachahmenswert ist auch die Angabe der Übersetzer neben der Angabe der Autoren.) Da eine Gesamtbesprechung des Bandes zu umfangreich für diese Zeitschrift würde, möchte ich mich auf die auf em bezogenen Aspekte beschränken. Durch die Anfangsbuchstaben bedingt fehlen in diesem Band die großen evangelikalen Stichworte. Aber auch kleinere haben Bedeutung und werden solide behandelt, z.B. Gemeinschaftsbewegung, Heiligungsbewegung (beide Jörg Ohlemacher) und Glaubensmissionen (Peter Beyerhaus). Als Hilfe zur Unterscheidung evangelikal-fundamentalistisch kann der Artikel von Ludwig Rott über den Internationalen Rat Christlicher Kirchen (ICCC) dienen, der eine faire Darstellung gibt, ihn aber doch gegenüber den Selbstdarstellungen des ICCC auf eine reale (kleine) Größe bringt. Insgesamt wird das EKL dem freikirchlichen und dem evangelikalen Bereich nicht nur durch entsprechende Artikel gerecht, sondern auch durch eine Vielzahl von oft treffenden Einzelinformationen (z.B. die Erwähnung des TEAR Fund in Paul Oestrei-chers Artikel über Großbritannien und seine Feststellung, daß „die eigentlichen theologischen und soziologischen Trennungslinien zwischen Christen in Großbritannien heute im wesentlichen nicht mehr konfessioneller Art sind“). Eine Vielfalt von religionswissenschaftlichen Informationen bieten die entsprechenden Artikel wie Hinduismus, Iranische Religionen, Islam, Islamische Philosophie, Jainismus, Judentum, Jugendreligionen u.a.m. selbst dann, wenn der Leser den von einigen Autoren deutlich gemachten Hoffnungen auf einen Dialog zwischen den Religionen nicht zustimmen kann. Im direkt missiologischen Bereich finden sich der informative Artikel „Katholische Missionen“ (Josef Metzler) und der viele gängige Schablonen zerstörende Artikel „Kolonialismus und Mission“ von Hans-Werner Gensichen. Interessant (und ausgewogen) ist auch der Artikel „Judenmission“ von Arnulf Baumann, der u.a. auch die Lausanne Consültation on Jewish Evan-gelism und die Messianischen Juden erwähnt. Artikel wie „Irische Missionen“ oder „Germanenmission“ vermitteln einen Überblick, wie ihn zugängliche Kirchengeschichtsbücher so schnell nicht bieten. Eine Fülle wichtiger Informationen bieten die Länderartikel. Es gefällt, daß in diesen Artikeln durchweg auch die nachklassischen Kirchen und Missionen genannt und angemessen beschrieben werden, wie z.B. die Christian and Missionary Alliance und Radio ELWA in John Mbitis Artikel über Guinea oder die soziale Tätigkeit der Afri-ca Inland Mission auf den Komoren (S.J. Kenneth Baker). Allerdings finden sich auch gelegentlich wenig ökumenisch klingende Urteile, z.B. über „Konversionskreuzzüge“ (Crusades) ausländischer evangelika-ler Gruppen in Indien (Sp.531) oder die Stereotype, daß „zum Schaden der Einheit der Indianer fundamentalistische evangelikale Gruppierungen, z.B. die New Tribes Mission oder die Wycliff-Bibelübersetzer, unter dem Vorwand des Missionsbefehls an Einfluß gewinnen“ (Sp.636 f). Das EKL ist ein Lexikon, das in verständlicher, umfassender und internationaler Weise Zugang zu der weiten Weit der Kirche bietet (und darüber hinaus zu vielen Informationen, die damit in Zusammenhang gebracht werden können) und die jedem, der an der Kirche und ihrer weltweiten Tätigkeit interessiert ist, von Nutzen sind. Die qualitativ gute Gestaltung des Drucks macht es auch angenehm lesbar. Klaus Fiedler, em 1990-4. |
Evangelisches Lexikon für
Theologie und Gemeinde (ELThG), Bd. 3 (O-Z), hg. von Helmut Burkhardt u.a.,
Wuppertal: Brockhaus, 1994. Nun liegt das Lexikon
komplett vor. Wieder sind zahlreiche (ca. 80) missiologisch interessante Artikel enthalten. Besonders hervorzuheben sind die Artikel Ostasienmission (H. Hamer),
Radiomission (H. Marquardt), Religion (P.
Beyerhaus), Synkretismus (H. Burkhardt), Türkei (R. Soramies), Georg Friedrich Vicedom (K.W. Müller)
und Weltmissionskonferenzen (H. Wagner). Hinzu kommen zahlreiche religionswissenschaftliche Artikel von N.P. Moritzen. Schwach ist leider der Christof Sauer, em 1995-4. |
Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde (ELThG). Band 1. Hg. von Helmut Burkhardt. Wuppertal: R. Brockhaus, 1992. Bereits der erste Band des ELThG (A-F) bietet erstaunlich viele Artikel, die für einen Missiologen interessant sein könnten (rund 80 von ca. 930 Einträgen). Am ertragreichsten sind missiologisch relevante, theologische Sachartikel, die durchweg das Lexikon zur Weltmission (1975) übertreffen und den Interessen von Evangelikalen eher entsprechen, als Rzepkowski (1992) oder das Lexikon missionstheologischer Grundbegriffe (1987): Absolutheit des Christentums (Ratschow), Allversöhnung, Anonyme Christen, Apologetik, Apostel/Apostolat, Bekehrung (Burkhardt), Berufung, Christentum als Weltreligion (G. Sautter), Dialog (Beyerhaus), Erlösung, und Evangelisation. Kurz aber aktuell werden Missionswerke und -Vereinigungen beschrieben. Im Artikel „AEM“ wird freilich der AfeM als eine Gründung der AEM dargestellt, was der Artikel „AfeM“, nur eine Seite weiter, anders schildert. Je stärker Einträge von rein missiologischem Interesse sind, umso weniger reichen sie allerdings in vielen Fällen an ein Missionslexikon heran, was auch für Personenartikel gilt. Bemerkenswerte Ausnahmen sind u.a. die Artikel über Afrika, Animismus, Ärztliche Mission (H. Grüber), Basler Mission, Batak Kirchen/-Mis-sion, China, Ethnologie (L. Käser), Frankfurter Erklärung (Berneburg) und Walter Freytag (Rennstich). Weiter erhält man solide reli-gionskundliche Grundinformation (u.a. sechs Artikel von Moritzen). Schließlich informiert eine Vielzahl von Artikeln, wie sonst in keinem Lexikon, über den pietistischen, erwecklichen oder evangelikalen Hintergrund (inkl. Institutionen und Gründerpersonen) der meisten heutigen Missionen. Deshalb sei das ELThG als Ergänzung zu einem Missionslexikon und als allgemeines theologisches Nachschlagewerk wärmstens zur Anschaffung empfohlen. Christof Sauer, em 1993-4. |
Evangelisches Lexikon für
Theologie und Gemeinde (ELThG). Band 2. G - N. Hg. von Helmut Burkhardt u.a., Wuppertal: Brockhaus, 1993. Als Missiologe schlägt man zuerst den Buchstaben M auf und entdeckt zwei umfangreiche Artikel über Mission (H. Wagner) und über Missionswissenschaft (P. Beyerhaus). Weitere Missionsbegriffe sind Missionsfest, Missionskonferenzen (hier wird der AfeM erwähnt, der auf evangelikaler Seite wie eine Missionskonferenz wirke) und Missionsschulwesen (J. Triebel). Was zum ersten Band grundsätzlich und empfehlend gesagt wurde (em 93/4,120), bestätigt sich in den gut 100 missiologisch interessanten Artikeln des zweiten Bandes. Deshalb ist es nicht kleinlich gemeint, wenn hier auch auf einige Schwachpunkte hingewiesen wird. Am schwersten wiegen eigens aufgeführte Verweisstichworte, wo der genannte Artikel keinen einzigen Satz zum Thema aufweist (Niederländische Missionsgesellschaften – Niederlande) oder es nur nebenbei gestreift wird (Nordamerikanische Missionsgesellschaften - Nordamerika). In manchen Fällen wurden die Literaturangaben nicht akutalisiert, was besonders bei den Artikeln über H. Gundert (Jubiläumsjahr!) und S. Hebich auffiel. Druckfehler – v.a. bei Namen – finden sich viele: Im bemerkenswerten Artikel über Islammission von R. Werner wurde aus K.G. Pfander ein S. Pfander, aus P. Parshall ein O. Pearshall, beim „Internationalen Missionsrat“ tagt eine Konferenz in Villingen statt in Willingen. Am entstellendsten wurde die erste Dissertation über eine deutsche Glaubensmission im Artikel über die Marburger Mission zitiert: N. Schmidt, Von der Evangelisation zur Kirchenführung (statt Kirchengründung!), Francke 1991. Für Missionshistoriker interessant zu klären: War J.C.G. Krafft (1784-1845, ab 1818 Professor in Erlangen) der erste, der ein Kolleg über Missionsgeschichte hielt (so H. Kirchner, S.1172), wenn bereits 1801 J.F. Flatt in Tübingen einen besonderen missionswissenschaftlichen Lehrauftrag erteilt bekam (Beyerhaus S.1350)? Bei den zahlreichen Artikeln über einzelne Missionsgesellschaften entsteht der Eindruck, daß die landeskirchlichen Missionen mit weitaus längeren Beiträgen bedacht sind als die evangelikalen. Der Artikel Gossnermission bietet zudem starke Doppelungen zum direkt vorausgehenden über J. Gossner. Der Artikel über Glaubensmissionen (K. Lagershausen) ist leider nicht so präzise wie er sein könnte (es werden hauptsächlich die Taylorschen Glaubensprinzipien aufgezählt), und es ist nicht verständlich, warum der in den Literaturhinweisen als Kronzeuge aufgeführte K. Fiedler nur zur Schweizer „Kooperation Evangelischer Missionen“ schreiben durfte. Besonders positiv aus der Fülle lehrreicher Artikel ist noch zu verbuchen: ein ausführlicher Artikel über Judenmission (A. Burchartz) und ein interessanter Beitrag über den Begriff Heiden (H. Wagner). Nach wie vor: herzliche Empfehlung zu einer lohnenden Geldanlage! Christof Sauer, em 1995-1. |
Felber, Stefan. Kommunikative Bibelübersetzung: Eugene A. Nida und sein Modell der dynamischen Äquivalenz, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2013. Laut seinem Vorwort, möchte Felber in dieser Studie Nidas großes Lebenswerk würdigen. Damit solle aber zugleich „kritisch gefragt werden, ob die sprachphilosophischen, theologischen und praktischen Implikationen und Folgen seiner Übersetzungstheorie den Eigenarten der Bibel … gerecht werden können – oder ob sie diesen Eigenarten gar zuwiderlaufen“ (12). Der erste Teil des Buches bietet eine historische Einführung. Für die Theorie, dass sich der Sinn eines Textes in basic kernels (Elementarsätze) erfassen und so mehr oder weniger verlustfrei von einer Sprache zur anderen transportieren lasse, erntete Nida auch aus dem säkularen Bereich viel Lob. Felber weist darauf hin, dass es heute zwar andere Theorien gibt, die das Feld beherrschen, aber andererseits immer wieder neue Bibelübersetzungen auf den Markt kommen, die noch dem dynamisch-äquivalenten Paradigma zuzuordnen sind. In dem zweiten Teil wird die dynamisch-äquivalente Übersetzungstheorie im Spiegel der Schriften Nidas beschrieben. Nida baut seine Übersetzungstheorie auf allgemein gültigen Grundsätzen auf. Für ihn gibt es keine theologisch oder philosophisch gewonnene Grundlage der Bibelübersetzung. Er sah sich als Linguist und Anthropologe. Sprache war für ihn Kommunikation und bei der Bibelübersetzung hob er die informative Seite der Sprachfunktionen hervor, obwohl er auch über die Wichtigkeit von anderen Funktionen schrieb. Eine Übersetzung soll verständlich sein. Nur was vom Empfänger verstanden wird und eine angemessene Reaktion auslöst, gilt für ihn als kommuniziert. Wird etwas nicht korrekt verstanden, so ist die Übersetzung nicht korrekt. Übersetzung wird nun nicht mehr nur als philologischer Vorgang verstanden, sondern als linguistischer und soziologischer Kommunikationsprozess. Laut Felber gab Nida zu Beginn dem Quellenbezug gegenüber dem Empfängerbezug noch mehr Priorität und er war darauf bedacht, dass eine Übersetzung sowohl Form als auch Inhalt des Originals repräsentieren solle. Durch den Einfluss Chomskys gewannen Syntaxfragen für ihn zunehmend Bedeutung, was letztlich zu freieren Widergaben der Oberflächenstruktur des Originals führte. In Chomskys Modell haben Bedeutungsverschiebungen bzw. Sprachentwicklung, Metaphern, etc. keinen Raum. Obwohl Nida nicht alles von Chomsky akzeptieren konnte, benutzte er dessen Transformationsgrammatik an grundlegenden Stellen. Felber sieht (mit Hempelmann) in Explikationen und der Vermeidung von Ambiguitäten eine Nachwirkung der rationalistischen Philosophie. Nidas „Übersetzungstheorie trug dazu bei, die in der westlich-aufgeklärten Philosophie verankerte Geringschätzung von Mehrdeutigkeiten, Metaphern und Poesie als anthropologisch und theologisch angemessener Ausdrucksformen zu verfestigen“ (232). Der dritte Teil ist Felbers Kritik an Nidas Übersetzungstheorie gewidmet. Felber meint, dass für die Übersetzung religiöser Texte andere Ansprüche gelten als für die von Gebrauchstexten. Die Sprache (d.h. Sprachform) der religiösen Überlieferung ist für eine Bibelübersetzung unentbehrlich und mit ihr Metaphern als Schlüssel religiöser Kommunikation. Felber beklagt, dass Nida das Thema biblischer Aspekte zur Kommunikation nicht mehr in Angriff genommen hat. In der Bibel kommuniziert Gott ständig, aber die Hörerreaktion bleibt aus, oder die Botschaft wird missverstanden. So kann man den Sinn der Worte nicht unbedingt aus der Reaktion der Empfänger erschließen. Felber meint auch, die dynamischen Übersetzungen würden „eine Präferenz für natürliche Vorgänge hegen, weil diese in Alltagssprache ´naturgemäß‘ leichter ausgedrückt werden können“. Somit reihen sich diese Bibeln ein in eine „Tendenz zur Säkularisierung der Sprache“ (315). Laut Felber herrscht inzwischen ein großer Konsens, dass „zwischen Oberflächen- und Tiefenstrukturen nicht sinnneutral transformiert werden kann (Extended Standard Theory)“, d.h. „passive Konstruktionen sind nicht neutral auf aktive zurückführbar“. Transformationen fügen Sinn hinzu, ändern, oder lassen Sinn weg (316). In dem vierten Teil, der mit „Perspektiven“ überschrieben ist, weist Felber daraufhin, dass die Lutherbibel nicht einfach als ein Vorläufer für die dynamisch-äquivalente Übersetzung gesehen werden könne. Das Wort „dem Volk auf´s Maul sehen“ habe Luther nicht einfach volksmissionarisch oder als simple Kommunikationstechnik gemeint. Bibelübersetzer sollten vielmehr die Fremdheit der Ausgangstexte wertschätzen sowie ihre Oberflächenstrukturen (linguistisch) und ihre Letztgestalt (theologisch). Auf sinnverändernde Transformationen sei daher zu verzichten. Felber ruft Bibelgesellschaften zur Zusammenarbeit auf und schreibt: „Nach gemeinsamer Beratung und letztlich nach den Vorgaben von Theologie und Kirchenleitungen müssen Verlage, Bibelgesellschaften, Kirchenleitungen und Theologen zusammenwirken“ (386). Dass es jetzt „Bibeln gibt, die auf die spezifische Sprache der Bibel verzichten und ihren Inhalt alltagssprachlich darstellen wollen“ (12), ist für Felber äußerst problematisch. Seine Kritik ist zum großen Teil theologisch motiviert. Er betont das objektive Heilshandeln Gottes, das auch dann stattfindet, wenn der Text ambivalent ist und vom Kontext her mehr die subjektive Annahme des Evangeliums im Vordergrund steht. Auf diesem Hintergrund lehnt er Übersetzungen ab, die ambivalente Texte gegen seine theologische Überzeugung explizit übersetzen. Darüber hinaus führt Felber weitere Kritik an, die meines Erachtens wert ist gehört zu werden, unabhängig davon, wie man zu seiner theologischen Bewertung steht. Das gilt insbesondere dafür, dass Übersetzer von dynamisch-äquivalenten Übersetzungen manchmal sorgsamer mit Transformationen umgehen sollten. Leider geht Felber nirgends auf die Übersetzungstechnik der Septuaginta ein, obwohl er eben dies auch Nida vorwirft. Doch die Übersetzungsprinzipien, die Felber auf die rationalistische Philosophie zurückführt, findet man schon in der Septuaginta, wenn auch nicht durchgängig. Dass Felber versucht, die dynamischen Übersetzungen für eine Kirche verantwortlich zu machen, die fern ist von den Wasserbächen des Wortes Gottes, ist meines Erachtens falsch. Zu verlangen, dass sich Verlage und Bibelgesellschaften nach den Vorgaben von Theologie und Kirchenleitungen richten, ist unrealistisch. Doch trotz aller Kritik enthält diese Studie manches Nachdenkenswerte auch für Menschen, die eine andere theologische Position vertreten und nicht (nur) formorientierte, sondern (auch) kommunikative Bibelübersetzungen favorisieren. Dr. Gerhard Tauberschmidt, em 2014-3. |
Feldkeller, Andreas;
Theo Sundermeier (Hg.). Mission in pluralistischer Gesellschaft. Frankfurt: Lembeck, 1999. Um Mission im europäischen Kontext in landeskirchlich- und universitätstheologischen Kreisen wieder stärker ins Gespräch zu bringen „bedurfte es wohl erst des gegenwärtigen finanziellen Einbruchs … und einer schonungslosen Analyse der volkskirchlichen Situation, wie sie uns durch die Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern vor Augen geführt wurde“ (Einleitung S.7). Das Buch ist die überarbeitete und um einen Aufsatz des Heidelberger Missionswissenschaftlers Theo Sundermeier und drei Dokumentationen erweiterte Fassung der Nummer 6/98 der Zeitschrift "Evangelische Theologie" zum Thema "Missionarische Gemeinde". Der Schwerpunkt des Buches liegt in einer grundsätzlichen systematisch-theologischen Auseinandersetzung mit dem Konzept und der Praxis von „Mission“ im europäischen Kontext angesichts moderner, pluralistischer Anfragen. Für Theo Sundermeier antwortet Mission auf die menschlichen Grundfragen nach Herkunft, Sein und Zielbestimmung in der dreifachen Gestalt von gemeinsamem Leben (Konvivenz), Dialog und Zeugnis, die voneinander zu unterscheiden, aber nicht zu trennen sind. Das Zeugnis spricht von den großen Taten Gottes und lädt ein zum Fest, denn "nirgendwo ist man so sehr bei sich selbst und zugleich beim anderen wie auf dem Fest" (S. 24). A. Feldtkeller betrachtet Mission als Weitergabe des Lebens in umfassender Weise. Die Tabuisierung der Mission in der Gesellschaft sei nichts Ungewöhnliches, sondern diene dem Schutz ihres Geheimnisses. Dies dürfe jedoch nicht zu einer Weigerung der Lebensweitergabe durch die Kirche führen. Einer pluralistischen Theologie der Religionen setzt er entgegen, daß sie die „grenzüberschreitenden Impulse der Religionen“ abkappen würde (S.43)., die Weitergabe von Leben über die Verwandschafts- und Stammesgrenzen hinaus, wobei es gerade dieses Proprium der Mission sei, das ein pluralistisches Zusammenleben auch in Zukunft erst ermögliche. Die Zukunft des Christentums erkennt er in der spannungsvollen Beziehung zwischen Mission und volksreligiöser Inkulturation. Neben formal wichtigen Erkenntnissen hätte man sich hier allerdings ein deutlicheres inhaltliches Statement des christlichen Missionars gewünscht – über das pluralismusförderliche „Prinzip Mission“ (egal, durch welche Religion) hinaus. Von daher ist auch zu fragen, ob die Zukunft des Christentums in Deutschland im Bezug auf „Konturen primärer Religion“ (d. h. Volks- und Stammesreligiosität) gesucht werden sollte, oder nicht vor allem in der Überwindung dessen, was C. Grundmann einmal den „Verlust der einstigen Glaubensgewißheit“ nannte (Antrittsvorlesung Hamburg 1997). Weitere grundlegende Aufsätze liefern M. Welker und H. Wrogemann, der mit seinem Konzept von „Positionalität“ doxologische, diakonische und zeugnishafte missionarische „Eckpunkte“ profiliert. Drei neuere kirchliche Dokumentationen zur Mission schließen den Band ab: (1) „Mission – Ökumene – Partnerschaft“, eine Erklärung der Evangelisch-Reformierten Kirche, die u. a. den Aufruf zur Bekehrung als Teil des Missionsauftrages thematisiert, (2) ein interessantes Grundsatzpapier der „Offenen Kirche Elisabethen, Basel“, das neben vielen inspirierenden Anregungen leider nur sehr undeutlich von der „Versöhnung mit der Wirklichkeit, die alles umfängt“ (S.142) als missionarischem Ziel spricht und (3) das missionarische Leitlinien-Papier der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg „Wachsen gegen den Trend“, in dem mit Recht die Notwendigkeit der Verwurzelung der Kirche im Heiligen betont wird. Alles in allem ein intellektuell anregendes Buch, das manch gute Denkanstöße gibt – vor allem, wenn es um die Notwendigkeit von Konvivenz und hörendem Dialog geht. Erfreulich auch, daß man die Fremdheit der unterschiedlichen Religionen mitsamt ihrer „Absolutheitsansprüche“ und Missionsunternehmungen ernstnimmt. Die kreative Spannung zwischen diesem Ernstnehmen der faktischen Pluralität und der Gewißheit, daß Jesus Christus der einzig(artig)e Retter und Herr ist, wird allerdings nicht immer ausgehalten. Jedenfalls hätte ich mir zu letzterem ein deutlicheres Bekenntnis gewünscht, denn gerade darin dürfte der entscheidende Faktor für die Zukunft der christlichen Mission in der pluralistischen Gesellschaft liegen. Friedemann Walldorf, em 2000-2. |
Feldtkeller, Andreas. Die ‚Mutter der Kirchen’ im ‚Haus des
Islam’. Gegenseitige Wahrnehmungen von arabischen Christen und Muslimen im
West- und Ostjordanland. Missionswissenschaftliche
Forschungen. Neue Folge Band 6, Erlanger Verlag für Mission und Ökumene,
Erlangen 1998. Diese umfangreiche Habilitationsarbeit des Religions- und Missionstheologen A. Feldtkeller, der inzwischen einen Lehrstuhl an der Humboldt-Universität in Berlin innehat, untersucht das Zusammenleben von Christen und Muslimen in Jerusalem und Umgebung seit der arabisch-islamischen Eroberung bis heute. Da die Kirche von Jerusalem, die Mutterkirche der Weltchristenheit, seit dem 7. Jahrhundert – nur unterbrochen durch die Kreuzfahrerzeit - im Herrschaftsraum des Islam lebte und auch seit 1918 bzw. 1948 eng mit dem arabisch-islamischen Kulturraum verwachsen blieb, konzentriert sich der Verfasser auf das christlich-islamische Verhältnis. Er zieht eine Fülle alter und neuer, auch arabischer, Literatur heran und verwertet zahlreiche Gespräche, die er während eines mehrjährigen Forschungsaufenthaltes in der Region führen konnte. Für Feldtkeller ist das komplizierte Gefüge der Koexistenz von dominierenden Muslimen und dominierten Christen (die zahlenmäßig allerdings lange in der Mehrheit waren) ein Beispiel für ein einigermaßen gelungenes Zusammenleben (Konvivenz) von Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher kultureller und ethnischer Herkunft (aramäisch-griechisch auf christlicher Seite, arabisch-türkisch auf muslimischer Seite) in einem Prozess gegenseitiger kultureller Durchdringung. Dabei legt der Verfasser vor allem Denkkategorien der Hermeneutik (Lehre des Verstehens und der gegenseitigen Wahrnehmung) und der Soziologie zugrunde. Entsprechend entfaltet er den Stoff nicht in geschichtlicher Abfolge, sondern in kultur-soziologischen Querschnitten. Als Beispiele nenne ich die Beziehungen von Bedrohung und Schutz (Kap. 2) sowie von Außen und Innen (Kap.4): Die von außen gekommenen und die Außenwelt beherrschenden Muslime gewährten den Christen äußeren Schutz, solange diese ihr Leben auf den Innenbereich von Kirche und Haus beschränkten – so wie ein arabischer Mann seiner Frau Schutz gewährt, solange sie sich auf den Bereich des Hauses beschränkt. Feldtkeller sieht diese Balance der Konvivenz m.E. zu positiv. Denn eine Voraussetzung für die Duldung der Christen durch die Muslime war u.a. deren Verzicht auf die Verkündigung des Evangeliums unter den Muslimen, also auf ein Kernanliegen christlicher Existenz. Feldtkeller beschränkt sich zu einseitig auf soziologische Fragestellungen und blendet die theologische Diskussion der Probleme des Zusammenlebens von Christen und Muslimen zu sehr aus. Dadurch erscheint die Konvivenz – zu welchem Preis auch immer – als ein Wert an sich. Dennoch bietet das Buch eine Fülle interessanter und wertvoller Einsichten und Einblicke, die durch das umfangreiche Literatur- und Stichwortverzeichnis positiv ergänzt werden. Eberhard Troeger, em 2001-3. |
Feldtkeller, Andreas. Sieben
Thesen zur Missionsgeschichte, Berliner Beiträge zur Missionsgeschichte,
Heft 1. September 2000. In dieser Thesenreihe von A. Feldtkeller, Professor für Religions- und Missionswissenschaft sowie Ökumene an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, wird Missionsgeschichte unter der Annahme betrachtet, dass eine Mehrzahl von „missionarischen Religionen“ (u.a. Buddhismus, Christentum und Islam) in einer gemeinsamen Geschichte miteinander verwoben seien. Die „missionarische Religion“ als ethnische Grenzüberschreitung sei nicht selbstverständlich. Sie unterscheide sich von der Abstammungs-Religion, in der Menschen außerhalb der eigenen Gemeinschaft als fremd und bedrohlich angesehen würden. „Es mag vielen heute selbstverständlich erscheinen, dass Leben mit allen Menschen zu teilen ist, aber wir hätten dieses Kulturgut nicht, wenn es nicht ursprünglich einmal durch den missionarischen Impuls des Christentums in unsere Lebenswelt eingeführt worden wäre“ (S.7). Gerade diese wichtige Beobachtung wirft die Frage auf, ob man so generell-verallgemeinernd von „missionarischen Religionen“ sprechen kann, und ob nicht - auch im Bereich der kulturellen Auswirkungen – gravierende Unterschiede zwischen z.B. islamischer, buddhistischer und christlicher Grenzüberschreitung bestehen? Zeichnen sich wirklich alle „missionarischen Religionen … durch das Bemühen, Gemeinschaft zwischen Menschen verschiedener Kulturen herzustellen“ aus (vgl. Pressemitteilung), oder ist dies westliches Wunschdenken? Feldtkeller interpretiert Missionsgeschichte als Geschichte kultureller und religiöser Grenzüberschreitung. In ihr sei ein erheblicher Teil der Konstitutionsbedingungen gewachsen für heutiges Zusammenleben in pluralistischen Gesellschaften und in einer entstehenden Weltgesellschaft. Der auf Gemeinschaft über Grenzen hinweg zielende missionarische Impuls trete notwendig in eine Beziehung zum politischen Leben; er werde darin jedoch auch missbrauchbar, bzw. führe zur Verfolgung von politisch Unerwünschten. Entscheidend für den Aufbruch der modernen Missionsbewegung (seit W. Carey) sei die Idee der Religionsfreiheit (und damit verbunden vor allem der Missionsfreiheit) und die Hoffnung auf deren Umsetzung in aller Welt gewesen. Diese Idee der Entflechtung von Macht (Politik) und Mission sei in der Folge auch von islamischen, hinudistischen und buddhistischen „Missionaren“ übernommen worden, die nun Mission nach dem Vorbild des Westens im Westen trieben. Nicht zuletzt diese Erfahrung habe zur Desillusioniserung der modernen Missionsbewegung beigetragen. Hier ist zu fragen: war es wirklich die Hoffnung auf Religionsfreiheit, die zum Hauptmotivator der modernen Mission wurde? Ist diese These angesichts der vielen Märtyrer christlicher Missionsgeschichte haltbar? Grundlegend für Feldtkellers Thesen ist das Anliegen, den Missionsbegriff für die moderne, pluralistische Gesellschaft zu rehabilitieren und so auch die Missionsgeschichte als relevant aufzuweisen (These 1). Dazu definiert er Mission nicht mehr spezifisch christlich-theologisch, sondern in religionswissenschaftlicher Weite als „Weitergabe von Leben“ (S.4). Weil es sich dabei um ein göttliches Geheimnis handele, werde Mission zu Recht in der westlichen Gesellschaft als Tabuthema behandelt. Nicht berechtigt allerdings sei es, auch die Missionsgeschichte zu tabuisieren, und sich mit ihr nicht mehr ernsthaft auseinanderzusetzen. Sie enthalte trotz der bekannten Problematiken „sehr viel Bemühung um Gerechtigkeit“ (S.5). Der Historiker müsse versuchen, dieser Tatsache gerecht zu werden und könne dabei aus dieser Geschichte Maßstäbe dafür gewinnen, „was Gerechtigkeit in der Gegenwart heißen kann“(S.6).Während Feldtkellers Thesen insgesamt eine Reihe von beachtenswerten Überlegungen enthalten und mit Recht die profangeschichtlichen Implikationen der Missionsgeschichte in den Blick nehmen, ist vor allem zur ersten grundlegenden These kritisch anzumerken, dass das zutreffend beobachtete Missions-Tabu in der westlichen Gesellschaft wohl kaum auf ein Gespür der Gesellschaft für das geheimnisvolle Handeln Gottes zurückzuführen ist, sondern wohl eher einerseits eine (verständliche) Reaktion auf europäisch-westliche Überheblichkeiten in der Vergangenheit ist und andererseits in der modern-individualistischen Haltung, daß Glaube Privatsache sei und im „Verlust der einstigen Glaubensgewissheit“ (C. Grundmann) begründet liegt. Inwieweit Feldtkellers Aufnahme einer vorwiegend religionsgeschichtlichen Sichtweise des Phänomens „Mission“ eine Abkehr von einer biblisch-theologischen Missionbegründung impliziert und so als Indiz eben dieses Verlustes der Glaubensgrundlagen auch in der Missionswissenschaft selbst gedeutet werden muß, ist eine offene Frage. M.E. kann die Missionsgeschichte der christlichen Kirche mit ihren Licht- und Schattenseiten und ihren welt- und kultur- und religionsgeschichtlichen Implikationen nur unter Einbeziehung ihrer biblisch-theologischen und geistlichen Identität, Begründung und Motivation angemessen verstanden werden. Dr. Friedemann Walldorf, em 2002-3. |
Feneberg, Rupert. Der Jude Jesu und die Heiden.
Biographie und Theologie Jesu im Markusevangelium. 2. Aufl., Herders
Biblische Studien 24, Freiburg, Basel, Wien: Herder, 2001. Seit der Diskussion der späten fünfziger Jahre über Jesu Verhältnis zu den Heiden (vgl. z.B. J. Jeremias, Jesu Verheißung für die Völker, 1953; D. J. Bosch, Die Heidenmission in der Zukunftsschau Jesu: Eine Untersuchung zur Eschatologie der synoptischen Evangelien, 1959) hat es kaum weitere Studien zu diesem Thema gegeben. Dem katholischen Theologieprofessor Rupert Feneberg geht es in diesem Buch um das Erfassen des Verhältnisses Jesu zu den Heiden in der Gesamtstruktur und theologischen Entwicklung des MkEv. Dabei vertritt er folgende These: „Markus schrieb sein Evangelium unter dieser Leitfrage: Wo und wie im Leben Jesu, in seinen Worten und Taten, ist diese Entwicklung zur Heidenkirche angelegt?“ (153). Hierbei handelt es sich um eine Fragestellung, die gut zu den heidenchristlichen Empfängern des MkEv passt. Von besonderem Interesse ist der entscheidende Abschnitt „Jesus und die Heiden“ (Mk 6,14-8.30 tw. mark. Sondergut, 145-95). Nach F. hat die Begegnung Jesu mit dem besessenen Gerasener und seine Heilung in Mk 5,1-20 diesen Abstecher Jesu in heidnisches Gebiet ausgelöst. F. spricht hier von einem „neuen Schlüsselerlebnis für Jesus“ (136-44). „Was nur als Rückzugsbewegung begonnen hatte, bekam jetzt eine unerwartete eigene Perspektive“ (153). Die in diesem Abschnitt thematisierte Frage nach der Person Jesu, die im Messiasbekenntnis gipfelt (8,27-30), wird vor allem durch das Verhalten Jesu gegenüber den Heiden bestimmt. Was inhaltlich bei Matthäus und Lukas u. a. in den Kindheitsgeschichten geschieht, bereitet Mk durch seinen Bericht des Wirkens Jesu vor. F. behandelt und vergleicht die beiden Brotvermehrungen bei Juden am Westufer (6,32-44) und bei Heiden am Ostufer des Sees Genezareth (8,1-9, vgl. 7,31), denen Jesus, ohne die besondere Erwählung Israels aufheben zu wollen, symbolisch Anteil an der Heilsgabe gibt. Jesu Lehrrede über „rein“ und „unrein“ (7,1-23) unmittelbar vor Aufbruch in nicht-jüdisches Gebiet dient „im Zusammenhang des Evangeliums der theoretischen Vorbereitung der bevorstehenden Ereignisse im Heidenland“ (176; vgl. auch den kompositioneilen Aufbau von Apg 10, wo die Vision des Petrus dem konkreten Auffrag, das Haus eines Heiden zu betreten, vorausgeht). Aus der Abfolge des MkEv ergibt sich, dass Jesus seinen Abstecher ins Heidenland theoretisch vorbereitet hat und sein dortiges Handeln, einschließlich der Tischgemeinschaft mit Heiden (im Rahmen des zweiten Speisungswunders), vorbereitet hat. Auf der Reise geschehen vier Wunder unter und an Heiden: die Speisung und drei Exorzismen bzw. Heilungen: 7,24-30; 7,31-37; 8,22-26. Der ungewöhnliche Charakter der Heilung des Taubstummen in der Dekapolis und des Blinden in Bethsaida an dem mit Heiden assoziierten Ostufer des Sees Genezareth erklärt sich aus der Lokalisierung in heidnischem Umfeld: „Die zwei ‘komplizierten’ Heilungswunder… erzählen von der Liebe Gottes auch zu den Heiden in einer Art und Weise, dass durch diese Heilstat Gottes der Unterschied in der Erwählung [von Juden und Heiden] nicht aufgehoben wird“ (377). Die eingeschobene Zeichenforderung der Pharisäer in 8,10-13 (zurück am Westufer des Sees, 8,10) ist direkt auf das Speisungswunder unter den Heiden zu beziehen: Mit ihrer Forderung bezweifeln die Pharisäer, „dass Gott ein solches Heilszeichen auch für die Heiden wollen kann. Der Sauerteig [der Pharisäer, vor dem Jesus anschließend bei der Rückfahrt die Jünger warnt, 8,15] meint also an dieser Stelle nicht eine bestimmte Lehre oder Haltung der Pharisäer, sondern gezielt ihre Ablehnung der von Jesus gezeigten Liebe zu Heiden“ (184f). Auch das in 8,27-30 folgende Christusbekenntnis ist aus dieser Signalwirkung tragenden Reise zu den Heiden zu verstehen: „Die Hinwendung Jesu zu den notleidenden Heiden führt dazu, dass Petrus und die Jünger über den Prophetentitel hinaus zum Christusbekenntnis kommen“ (188). Nach den Eindrücken dieser Reise gab es für die Jünger nur zwei Möglichkeiten: „Die Jünger konnten sich jetzt nur von Jesus abwenden, weil sie ihn nicht mehr verstanden, oder sie mussten ihn in ihrem Nichtverstehen auf seinem Weg in das Heidenland auf eine neue Weise qualifizieren und ihn anders sehen lernen“ (189). F. unterstreicht die Bedeutung dieses Abschnitts für die Struktur und theologische Entfaltung des MkEv: „Erst durch die Heidenreise in Mk 6,45-8,26 ist das Messiasbekenntnis des Petrus in Mk 8,29 überhaupt möglich geworden. Denn erst damit hat sich inhaltlich geklärt, in welche Richtung Jesu besondere Aufgabe gehen sollte. Jesus ist für Petrus der Christus geworden, das heißt: der jüdische Gesalbte Gottes, der sich in einer verschwenderischen Großzügigkeit und Liebe auch für die Not bei den Heiden einsetzen und auch bei ihnen Gottes Heil anzeigen und wahrmachen soll“ (191). Diese Entwicklung entfaltet F. im weiteren Verlauf seiner Studie. Als König verkündet Jesus sein Programm im Tempel (11,1-13,37). In einzelnen Beobachtungen am Text, in der Beurteilung der Historizität des Itinerars von Mk 3,7-8,30 („Ein Leitfaden für den Weg Jesu zwischen Juden und Heiden“, 152-62) sowie in den topographischen Kenntnissen des Markus und der Datierung des MkEv kann man mit guten Gründen auch zu anderen Ergebnissen als F. kommen. Der Gesamtthese des Bandes ist jedoch zuzustimmen, dass die Heiden und die Heidenmission kein Nachgedanke des Auferstandenen oder eine Rückprojektion der Gemeinde waren, sondern schon zu Jesu irdischen Lebzeiten in seinem Blick waren, bzw. durch göttliche Führung mehr als nur in den Blick gekommen sind und dass Jesus als der Christus Gottes nicht nur für das jüdische Volk ein Evangelium war (vgl. die interessanten Schlussfolgerungen zum Verhältnis der Erwählung und Stellung Israels und den Heiden, 376-78). Dies ist missionstheologisch für die Verankerung der Mission im Wirken und Willen Jesu – über die oft angeführten Missionsbefehle hinaus – von grosser Bedeutung. Die Kirche dieses Christus kann und muss den Menschen, die ihn nicht kennen, nach dem Beispiel Jesu begegnen, der sich keine Provokation scheuend ihrer Not gegenüber nicht verschlossen hat (7,14-8,9; 8,22-26). Dr. Christoph Stenschke, em 2003-3. |
Fermor, Gotthardt. Ekstasis. Das religiöse Erbe in der
Popmusik als Herausforderung an die Kirche. Praktische Theologie heute,
Band 46. Stuttgart: Kohlhammer, 1999. Zunehmend wird in der wissenschaftlichtheologischen Forschung das Phänomen der Popmusik wahr- und ernstgenommen. Das entspricht durchaus ihrer Bedeutung in der postmodernen Lebenswelt und damit auch der Herausforderung, die sich für die Gemeinde Jesu Christi damit verbindet. Die Zugänge und Interpretationen sind allerdings sehr unterschiedlich. In dieser Bonner Dissertation fragt der Autor nach der Bedeutung ekstatischer Religiosität (oder religiöser Ekstase) in der säkularen Popmusik für die praktische Theologie und die Praxis der evangelischen Volkskirchen. Er tut dies in einem methodisch komplexen Untersuchungsgang, in dem kulturanthropologische, religionssoziologische und theologische Zugänge miteinander verknüpft werden, den er als „hermeneutisch-phänomenologisch“ bezeichnet. Zunächst stellt der Verfasser verschiedene interdisziplinäre (musikwissenschaftlich, psychologisch, ethnologisch, politisch-ökonomisch etc.) und theologisch motivierte Untersuchungen zur „Lebenswirklichkeit Popmusik“ dar. Äußerst kritisch setzt er sich in diesem Zusammenhang mit der evangelikalen Studie Horst Neumanns (Diss. Tübingen, 1985) auseinander, dem er zwar eine große „Nähe zu den Phänomenen“ bescheinigt, aber eine generelle Dämonisierung der Popmusik – (angeblich) basierend auf einer „Hermeneutik der Unhinterfragbarkeit“ der biblischen Texte – vorwirft (S. 75). Im Folgenden zeigt sich, dass Fermor in den Analysen weitgehend Neumanns „Religionisierungs“-Ansatz bezüglich der Beurteilung der Popmusik teilt (d.h. eine bestimmte Rhythmik impliziert religiöse Ekstase- und Geisterfahrungen), in der theologischen Bewertung allerdings aufgrund offenbarungstheologischer Weichenstellungen zum gegenteiligen Ergebnis kommt: statt von Dämonisierung spricht Fermor (aufgrund einer kosmischen Pneumatologie) von der positiven „Theologizität“ der säkularen Popmusik. Der Autor zeigt auf, wie die Bewegungs-, Bild-und Wortebenen der Popmusik in Konzerten (z.B. bei Michael Jackson) zu einem religiösästhetischen Inszenierungs-Ritual der Ekstase verschmelzen, das sowohl religiös-ethisch „entgrenzend“ als auch (gerade in der Entgrenzung) „vergemeinschaftend“ wirkt. Diesem Phänomen der Ekstase geht er an den Wurzeln der Popmusik zunächst in der musikalischen Religiosiät Afrikas, dann im Bereich der afroamerikanischen Entwicklungen des Spiritual, Blues und Gospel und schließlich des Rock’n’ Roll nach. Durch die oben erwähnte und m.E. falsche Religionisierung der sog. „off-beat“-Rhythmik interpretiert Fermor die Spirituals unzutreffenderweise als „synkretistische Religionsform“ (S.132) und unterbewertet die Tatsache, dass Rhythmus und Ekstase auch anthropologische Kategorien sind und sich durchaus mit genuin christlicher Aussage verbinden können (vgl. Theo Lehmann, Negro Spirituals: Geschichte und Theologie, Neuhausen, 1996). Die Ergebnisse der Konzertstudien und des Gangs durch die Geschichte der Popmusik diskutiert Fermor nun auf dem Hintergrund kulturanthropologischer Ritualtheorien (V. Turner), religionssoziologischer Entwürfe und biblisch-kirchengeschichtlicher Beobachtungen. Letztere machen (entgegen Fermors Interpretationslinie) deutlich, dass ekstatische Musikalität biblischtheologisch in der durchaus konstruktiven Spannung zwischen „Ablehnung heidnischer Kultpraktiken“ (S.198) und „humanschöpfungsgemäßer Vollzugsform“ verstanden werden kann, also nicht automatisch eine Entgrenzung biblisch-christlicher Glaubensinhalte und Lebensweisen impliziert. Gerade diese biblisch „begrenzte“ Ekstase allerdings ist Fermor immer wieder ein Dorn im Auge. So kritisiert er im Bereich der christlichen Popmusik, dass die „rituellen Dimensionen … mit nur ,angezogener Handbremse’ erlebbar gemacht“ werden (S.164) und die „normativen Gestaltungsvorgaben vor allem im Bereich der Sexualmoral“ die Gefahr bergen, die entgrenzenden „Gehalte dieser Musikerfahrungen wieder zu verspielen“ (S.165). Er zitiert dazu einen Kommentar zu christlichen Popkonzerten: „Sex und Gott vertragen sich nicht gut. Das ist das große Problem aller Christen-Acts“ (Fußn.304). Abschließend bietet Fermor seine eigene theologische Perspektive zur kritischen Würdigung ekstatischer Musikalität in der säkularen Popmusik. Grundlegend verortet Fermor seinen Ansatz in Paul Tillichs Kulturtheologie, die von „der Komplementarität von Kultur und Religion“ (S.234) ausgeht. Diesen Ansatz erweiternd greift Fermor neuere Konstrukte einer kosmischen Pneumatologie (Moltmann, Welker, Schroer) auf, die den Geist Gottes weder an den biblischen Christus noch die Kirche gebunden sieht und dadurch „einen offenen Dialog zwischen Kirche und Kultur und Kooperation mit allen kulturschaffenden Kräften“ ermöglichen möchte (S.235). Kriterium zur theologischen Beurteilung popmusikalischer Ekstase- und Entgrenzungserfahrungen sind weder Bibel noch Kirche, sondern (1) die Wahrung der Persönlichkeit und (2) der Verweis auf eine unverfügbare Transzendenz (S.236). „Die Besonderheit einer christlichen Perspektive“ zu ekstatischen Erfahrungen in der säkularen Popmusik liegt nach Fermor darin, „Lebenskraftsteigerung“ und „Gebrochenheit“ (S.241) in ihrem dialektischen „Zusammenhang zu bewahren“ (S.241). Praktisches Ziel für die Kirche müsse sein, die säkulare Popmusik theologisch zu deuten als Überwindung von „religiösen Identitätsbildungen“ und „Rückbindung an … das Geheimnis, das Unverfügbare, das Zwischen“, das auch als „die unendlichen Möglichkeiten Gottes“ beschrieben werden kann (S.242). Ein brilliant geschriebenes, manchmal allerdings fachterminologisch überladenes Buch, das auf einen wichtigen Kontext gegenwärtiger christlicher Theologie und Mission hinweist. Hilfreich für weiterführende Studien ist die 27-seitige kategorisierte Bibliographie zu „Popmusik und Religion“ im Anhang, neben einem alphabetischen Literaturverzeichnis. Die interdisziplinäre Beschreibung und Analyse der popmusikalischen Lebenswelt ist methodisch sehr interessant, inhaltlich oft zutreffend, allerdings durch „ideologische“ Vorentscheidungen geprägt und dadurch m.E. manchmal verzeichnend. Die Frage, die sich am Schluß dem Leser stellt, ist, worin die spezifisch christlich-theologische Identität dieser (in einer praktisch-theologischen Reihe erschienen) Arbeit besteht, deren Ziel paradoxerweise die Entgrenzung, d.h. z.T. auch Überwindung, biblisch-christlicher Glaubens- und Lebensweise zugunsten einer diffusen ekstatischen Religiosität ist. M.E. benötigt die Gemeinde Jesu als Mit-, Für- und Gegenkultur eine solche Grundlegung nicht, um in einem lebendigen und missionarischen Dialog auch mit einer popmusikalisch geprägten Welt zu stehen. Im Gegenteil: gerade dieser Dialog benötigt Gesprächspartner mit einer biblisch begründeten Identität. Auch der „Religionisierung“ popmusikalischer Rhythmik, die diese Arbeit auf eine inhaltliche Stufe mit den sog. „evangelikalen Warnschriften“ (S. 300f) stellt, ist zu widersprechen. Gerade die Spirituals und nachfolgende musikalische Entwicklungen in bibelgläubigen Gemeinden zeigen, dass christliche Glaubens und Lebensweise (als religiös-theologischer Inhalt) und popmusikalische Ausdrucksformen (als anthropologische Kategorien) sich nicht widersprechen müssen. Die „angezogene Handbremse“ wollen wir dann gerne akzeptieren – besser als ohne Bremsen in den Abgrund zu rauschen. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2004-2. |
Fernando, Ajith. The NIV Application Commentary: Acts, Grand Rapids: Zondervan, 1998. „Es ist wichtig”, so höre ich noch Dick Dowset auf der ESMA Tagung 2004 sagen, „dass wir mehr darauf hören, was unsere afrikanischen, südamerikanischen und asiatischen Geschwister über Mission sagen und schreiben.“ Der NIV Application Commentary über die Apostelgeschichte, geschrieben von dem Srilankesen, Ajith Fernando, ist meines Erachtens das beste Beispiel für die Wahrhaftigkeit dieser Aussage. Doch erst ein paar Worte zu der Serie in der das Buch 1998 erschien. Die NIV Application Commentary Serie verfolgt das Ziel, über die fachgerechte Auslegung des Textes hinaus, den Bogen zu der Anwendung in der Gegenwart zu spannen. Jeder Textabschnitt wird in drei Teilen besprochen. Im ersten Teil, „Original Meaning“, wird das Verständnis des Textes für die Hörer im 1. Jahrhundert nach Christus verdeutlicht. Wie in jedem anderen Kommentar werden alle Elemente einer traditionellen Exegese diskutiert. Im zweiten Teil, „Bridging Contexts“, wird eine Brücke vom Kontext der ersten Leser zum Kontext des heutigen Lesers geschlagen. Dabei werden besonders die zeitgebundenen, von den nicht zeitgebundenen Aspekten des Textes unterschieden. Im dritten Teil, „Contemporary Significance“, wird die Anwendung des Textes in der Gegenwart diskutiert. Etwas überschwänglich formulieren die Herausgeber, dass dieser Abschnitt es erlaube, die biblische Botschaft heute genauso vollmächtig zu verstehen, wie sie damals geschrieben wurde (:11). Es ist offensichtlich, dass vielen Christen im 21. Jahrhundert die Anwendung der Bibel auf ihre Lebenswelt aufgrund des großen zeitlichen Abstandes zwischen Niederschreibung und heute schwer fällt. Die Dreiteilung der Textbesprechung in den „Application Commentaries“ zwingt den Autor und somit seine Leser dazu, nach der Bedeutung der Bibel heute zu fragen. Zurück zu Ajith Fernandos Kommentar zur Apostelgeschichte. Was kann uns ein Kommentar zur Apostelgeschichte für die Mission heute lehren? Die Apostelgeschichte beschreibt wie kein anderes Buch der Bibel die Anfänge der Mission. Wie kein anderes Buch wurde aber auch die Apostelgeschichte oft dazu benutzt, so genannte „rein biblische“ Gemeinde- und Missionsmodelle zu postulieren. Durch seine gute Exegese zeigt Ajith Fernando auf, wie dieses Geschichtswerk uns zu legitimen Ansätzen für die Mission heute führt. Er studiert z.B. ausführlich die Reden der Apostel und die Gebete der Gemeinde. Sehr deutlich arbeitet er dabei Mängel der heutigen Verkündigung heraus. Wie sehr war den ersten Christen in der Verkündigung das Leben Jesu bedeutsam und wie sehr beschränken wir uns heute oft auf seinen Tod und seine Auferstehung. Wie sehr beharren wir evangelikale Christen in der Mission auf den Fakten des Glaubens, ohne die so nötige subjektive Seite des Lebens im Heiligen Geist und der Freude der intimen Gemeinschaft mit Gott zu betonen. Wie sehr stellt das Beten und Leben der ersten Christen das Verständnis unserer individualistischen Gesellschaft von Verantwortung füreinander, Gemeinschaft untereinander und vor allem unsere Leidensbereitschaft in Frage? Die Missachtung dieser Aspekte, so folgert Ajith Fernando, macht unsere missionarische Verkündigung leer und das daraus entstehende Christsein blutarm und lau. Ajith Fernando, der eine integrierte Besprechung der Aspekte „Original Meaning“, „Bridging Contexts“ und „Contemporary Significance“ bevorzugt hätte (:16), versteht es meisterlich den Text der Apostelgeschichte in den Kontext der postmodernen Welt zu bringen. Mit Scharfsinn und überraschender Klarheit deckt er unbeachtete Aspekte auf. Seine Beobachtungen, auch wenn an manchen Stellen etwas zu ausführlich, hinterfragen, regen zum Nachdenken an, und ermutigen den Leser, die alte Botschaft der Apostelgeschichte neu zu entdecken. Ajith Fernandos Kommentar zur Apostelgeschichte ist daher eine äußerst lohnenswerte Lektüre, nicht nur für Bibelschullehrer oder Gemeindepastoren. Vor allem Verantwortliche in der Mobilisation, in der Missionsleitung und im Gemeindedienst werden im persönlichen Bibelstudium mit diesem Buch biblisch-theologisch für ihren Dienst zugerüstet. Dies gilt besonders, wenn sie sich mit Gemeindebau, mit Fragen von Gemeindestruktur und Gemeindeordnung sowie mit Missionsstrategien, hier oder in Übersee, beschäftigen. Aber eigentlich sollte jeder bewusste Christ sich gründlich mit der Apostelgeschichte beschäftigen. Ajith Fernandos Kommentar wird ihm dabei helfen, in rechter Weise die geschichtlichen Anfänge seines Glaubens auf seinen Alltag heute zu übertragen. Er ist verständlich geschrieben und ein gutes Werkzeug für jeden, der tiefer ins Wort Gottes hinein wachsen will. Wahrscheinlich werden alle, die Ajith Fernandos Kommentar zur Apostelgeschichte in Händen hatten, Dick Dowset recht geben, der ermahnte mehr auf unsere nicht westlichen Geschwister zu hören. Leider sind aber viele ihrer Stimmen bisher nur denen vorbehalten, die zumindest der englischen Sprache mächtig sind. So ist auch dieser Kommentar bisher nicht auf Deutsch erhältlich. Sabine & Hans Walter Ritter, em 2004-4. |
Fiedler,
Klaus. Ganz
auf Vertrauen. Geschichte und Kirchenverständnis der Glaubensmissionen. Gießen/Basel: Brunnen, 1992. Ein großes Werk, das nicht wenig leistet: Es erschließt die Bewegung der Glaubensmissionen in ihrer geschichtlichen Eigenart, Zusammengehörigkeit und Dynamik als ein eigenständiges Ergebnis von Erneuerungsbewegungen im Protestantismus, die ihrerseits einer beachtlichen Anzahl von Kirchen mit z.T. beachtlicher Größe (jedenfalls in Afrika) zu Entstehung und Wachstum verholten hat. Diese Bewegung ist leider nicht voll wahrgenommen worden, weil sie nicht in den Raster einer Kirchengeschichte der Denominationen paßt – da liegt sie als eine Reihe von Störfaktoren am Rande. Und nicht viel besser ist es in der Sicht der Missionsgeschichte der „Klassischen“ Missionen, die zur Entstehung der ökumenischen Bewegung beigetragen haben und sich an ihr orientiert haben. Damit wird auch deutlich, inwiefern die evangelikalen Missionen als eine zusammenhängende Gruppe nicht eine Randgruppe Unzufriedener sind, sondern eine eigene geistliche Qualität und Vitalität haben. Der Verfasser leistet diese Arbeit mit den Methoden des
Historikers, der seine Aussagen mit Quellen belegen kann. Die Fußnoten umfassen
oft ein Drittel der Seite (und mehr) und bringen
nicht nur den Fundort, sondern Zusatzinformationen und kleine
Exkurse. 22 engbedruckte Seiten, ca. 600 Titel, umfaßt das Literaturverzeichnis.
Andere Quellen wie Archivmaterial, Protokolle, Briefe, Interviews und
Zeitschriften (85) sind noch einmal über 600. Das verarbeitete Material ist immens, und es wird
übersichtlich: 10 Karten, 8 Zeittafeln, 7 Tabellen,
5 Graphiken und Übersichten machen Zusammenhänge
überschaubar. Ein Register von 17 Seiten (doppelspaltig) erleichtert
das Nachschlagen; eine Reihe von „Glaubensgrundlagen“ (doctrinal Statements)
bringt 9 wichtige Texte, die aber auch im
Text selbst Der erste Teil stellt die Glaubensmissionen geschichtlich dar, in drei Kapiteln: als Teil der Evangelischen Missionsbewegung, ihre Entstehung und Grundkonzepte und ihre Geschichte in Afrika im Überblick (9-178). Das wäre schon ein beachtliches Werk. Nun aber geht es dem Verfasser darum, das Kirchenverständnis der Glaubensmissionen zu erheben, und zwar mehr aus ihrem Handeln als aus Texten zur Ekklesiologie. Denn sie haben Kirche gegründet, und sie haben in christlicher Gemeinschaft gehandelt, also Fragestellungen der klassischen Ekklesiologie explizit und implizit beantwortet. Es blieb nicht nur beim Glauben an eine rein geistliche Einheit. Diese Darstellung erfolgt in zwei Arbeitsgängen. Zuerst werden die Attribute der Kirche nach dem Nizänum als Leitbegriffe verwendet: Einheit, Heiligkeit, Katholizität und Apostolizität. Dabei wird immer auch dargestellt, wie die übernommene Botschaft in der afrikanischen Kirche rezipiert und modifiziert wurde. Zweitens werden die konstituierenden Merkmale der Kirche nach den reformatorischen Bekenntnissen (Wort, Sakrament und Amt) in ähnlicher Weise behandelt. Ein letztes Kapitel über Denominationalisierung und Internationalisierung rundet die Darstellung ab. Ein umfangreiches Material wird hier in dieser Form zum ersten Mal wissenschaftlich bearbeitet: nur wenige Ausschnitte sind zuvor kritisch dargestellt worden. Der Autor vermeidet Verallgemeinerungen, die nicht durch genau dargestellte Beispiele belegt und veranschaulicht sind, und läßt Ausnahmen nicht unerwähnt. Von dieser Materialfülle bedeutet das Werk einen großen Gewinn, das wird kaum zu bestreiten sein. Der Ansatz bei der Ekklesiologie bewirkt eine kritische Darstellungsweise; die Sichtweise ist ungewohnt, das Phänomen „interdenominationell“ zwar nicht unbekannt, aber selten so genau erfaßt, so deutlich definiert: Fragen der Kirchengestalt haben keinen Vorrang. Aber die konkreten Kirchen (Denominationen) werden zwar kritisiert, aber auch herausgefordert und transzendiert. Ekklesiologie ist unter diesen Attributen ein unerwartetes Thema, und die Vorgehensweise ist neuartig. Die vier klassischen Attribute der Kirche finden sich vorrangig in Beziehung auf Individuen und deren Handeln wieder, ähnlich die reformatorischen Merkmale der Kirche. Aber das soll nicht heißen, daß sie auf Ethik reduziert sind! Jedenfalls ist hier eine Erschließung dieser Bewegung gelungen, wie sie bisher fehlte. Niels-Peter Moritzen, em 1993-1. |
Findeisen, Sven. Unter dem weiten Bogen. Mein Leben, Wuppertal: Brockhaus,
2002. Dass Mission nicht nur in Afrika, sondern mitten in Deutschland geschieht, wissen wir schon länger. Die vorliegende Autobiographie erzählt persönliche und theologische Facetten der seelsorgerlichen Mission eines Theologen unter Theologiestudenten und unter Arbeitern. Der Autor, Sven Findeisen, ist der Begründer der 1971 begonnenen Krelinger Theologiestudentenarbeit und war lange Jahre evangelischer Pastor in der Industriestadt Neumünster in Schleswig-Holstein. In diesem Buch erzählt Findeisen seine Geschichte – und damit auch die Geschichte der Mission Gottes in seinem Leben. Sie reicht von Estland über Leipzig, Föhr, Bethel, Stockholm bis nach Neumünster und Krelingen. Auf einer Abiturientenfreizeit wird Findeisen von einem Bibelwort über der Tür des Hermannsburger Missionsseminars getroffen: „In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“. Das empfand er als neuen und guten Gedanken: „Hier wäre der Weg in unserer Welt“ (S.79). Dieser Weg wird ihm zur Gewissheit und zieht sich von nun an durch Höhen und Tiefen seines Lebens. Findeisen erzählt von prägenden Begegnungen im Studium, vor allem mit Hellmuth Frey in Bethel und Karl Barth in Basel; er berichtet von der nüchternen Realität der missionarischen Arbeit unter deutschen Matrosen im Vikariat in Stockholm und von den Herausforderungen und Früchten des missionarischen Gemeindeaufbaus in Neumünster. Bemerkenswert sind auch die eingeflochtenen Erfahrungen zweier Asienreisen. Doch das Buch bietet nicht nur Einblicke in das missionarische Ringen eines Gemeindepastors in einer Arbeiterstadt, sondern auch in das Ringen um theologische Grundlagen in Kirche, Universität und Gesellschaft am Ende der 1960er Jahre. Der Leser erlebt die Entstehungsgeschichte der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“ mit, zu deren Vorstand Findeisen lange gehörte. Hier wurden wichtige Grundlagen für die Mission in Deutschland und weltweit erarbeitet. Doch als die Bekenntnisbewegung sich in den 90er Jahren gegen die missionarische Arbeit von ProChrist und Ulrich Parzany zu wenden begann, „fiel ich einfach heraus wie durch ein kaputtes Netz, in dem mich nichts mehr hielt“ (S.243). Findeisen wollte Fundamente, aber keine Festungen; er suchte die biblischen Grundlagen und den Auftrag Jesu an seine Gemeinde – für die verlorene Welt. Davon ist auch die mit Heinrich Kemner zusammen aufgebaute Studentenarbeit in Krelingen geprägt: hier konnten und können junge Frauen und Männer sich von der Weisheit Christi her kritisch mit den ideologischen Voraussetzungen der modernen Bibelkritik auseinandersetzen, um sich auf die seelsorgerliche und missionarische Arbeit in der Kirche vorzubereiten. Findeisens Ansatz dabei war immer eine Theologie des Weges (wenn er das auch selbst nicht so bezeichnet), die sich nicht auf theologische Systeme und dogmatische Sicherungen verlässt, sondern ihren Grund in der täglichen Nachfolge Jesu, im Hören und geschenkten Vertrauen auf das biblische Wort findet. Doch nicht nur Theologie und Kirche spielen in diesem Buch eine Rolle. Persönliche Einblicke zeigen auch die Bedeutung von Ehe, Familie und nicht zuletzt von Urlaub, Natur und Kunst im Leben des Autors und seiner Mission. Eine ehrliche und interessante Biographie, die auf persönliche Art auch wichtige Facetten der neuesten Missionsgeschichte in Deutschland beleuchtet. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2006-1. |
Fischer, Jörn; Oliver
Gräf. Zivi
weltweit - Der „andere Dienst im Ausland als Alternative zum Zivildienst“. interconnections: Freiburg, 1999. Kurzeinsätze im Ausland erfreuen sich heute großer Beliebtheit - im Gegensatz zum Wehr- und zivilen Ersatzdienst, den junge Männer gezwungenermaßen ableisten müssen. Daß als Alternative zum Zivildienst auch der „andere Dienst im Ausland“ geleistet werden kann, nach dessen Abschluß der Betreffende vom Zivildienst befreit wird, ist wenig bekannt. Dabei läßt die gesetzliche Grundlage (Förderung des friedlichen Zusammenlebens der Völker) viel Freiheit in der Gestaltung und Trägerschaft eines Einsatzes, auch wenn dieser Dienst nur geringe staatliche Unterstützung erfährt, so daß soziale Absicherung und Finanzierung weitgehend dem Trägerverein bzw. Bewerber überlassen bleiben. Das vorliegende Buch informiert umfassend über Möglichkeiten und Grenzen, gesetzliche Grundlagen und Vorbereitung, Leben im Ausland und Rückeingliederung. Erfahrungsberichte von Teilnehmern ergänzen den Band, ebenso ein umfangreiches Adreßverzeichnis von bereits anerkannten Trägervereinen in Deutschland, darunter auch eine Reihe von evangelikalen Missionswerken. Das Buch wurde von den jungen Autoren interessant geschrieben. Es wendet sich vor allem an junge Männer, die einen solchen Auslandseinsatz erwägen, ist aber in gleicher Weise empfehlenswert für mögliche Projektträger in den Einsatzländern, sowie für Missionsleiter in Deutschland, die an einem rechtlichen Rahmen für Kurzzeiteinsätze interessiert sind. Dr. Detlef Blöcher, em 1999-4. |
Fischer, Moritz. Pfingstbewegung zwischen
Fragilität und Empowerment. Beobachtungen zur Pfingstkirche „Nzambe Malamu“
mit ihren transnationalen Verflechtungen (Kirche – Konfession – Religion 57) Göttingen:
V&R unipress, 2011 Dieser Band beschäftigt sich mit der
Pfingstbewegung im besonderen Kontext der Pfingstkirche „Nzambe-Malamu“, einer
Kirche mit Ursprung in der Demokratischen Republik Kongo (offizielle
Grün-dung 1967) und mittlerweile transnationalen Verflechtungen (Angola,
Deutsch¬land, Finnland, England, USA). Ihm liegt die Habilitationsschrift des
Verfassers zugrunde, für die er am 1. 11. 2011 den „Henning
Schröer-Förderpreis für verständliche Theologie“ erhielt. Das Einführungskapitel (S.19-63) setzt sich im
ersten Abschnitt mit dem (neueren) Pfingstlich-Charismatischen Christentum
auseinander. Es folgt ein Forschungsüberblick und methodische Fragen mit
besonderem Bezug auf die vor-liegende Studie. Anschließend stellt der
Verfasser in drei Teilen sein Arbeit dar. Im ersten Teil (Missionsgeschichtliche Fragestellungen
– S.65-200) verfolgt Fischer historische und missionsgeschicht-lich
ausgerichtete Fragestellungen. Kernstück bildet nach einer theoretischen
Einführung die Biographie des Gründers der Nzambe-Malamu Kirche, Apostel
Alexandre Aidini Abala (1927-1997) und seiner Nachfolger bis in unsere
Gegenwart. Im zweiten Teil geht es um die Klärung
ekklesiologischer Probleme (S.201-253). In drei Abschnitten widmet Fischer
sich der Transnationalität und dem Netzwerk der Nzambe-Malamu, deren
Verbindung zur New-Order-of-the-Latter-Rain-Move-ment sowie der Beziehung des
Pfingstlers Tommy Lee Osborn zu Nzambe-Malamu. Der dritte Teil (Performanz, Ritual und Heilung)
versucht schließlich eine Beurteilung von Nzambe-Malamu aus
ritual-wissenschaftlicher Perspektive zu geben (S.255-307). Dazu präsentiert
Fischer einen „theoretischen Beitrag zur Performanz des pfingstkirchlichen
Heilungsrituals“ gefolgt von der Fragestellung, wie „die konkrete Handlung
des Heilens … ritualwissenschaftlich zu verstehen und zu dekonstruieren sind“
(S. 255). Ein Literatur-, Stichwort- und Namensverzeichnis schließen den Band
ab (S. 311-349). Die Studie ist aus meiner Sicht in dreifacher
Weise bemerkenswert. Erstens, als evangelisch-lutherischer Theologe wagt
Fischer sich in eine „Landschaft“ innerhalb des globalen Protestantismus, die
von der evangelisch-lutherischen Kirchentradition und Institution in
vielfacher Weise „weit entfernt“ ist. Zweitens, Fischers Forschungsansatz
schließt als wichtige Dimension die Selbst-aussagen von Nzambe-Malamu ein,
weil er dadurch versucht „die jeweiligen Identitätsbestimmungen, durch welche
sich Menschen, die mit Nzambe-Malamu verbunden sind, ernst zu nehmen“ (S.47).
Das geschieht m. E. selten genug. Mit diesem Ansatz ist er gefordert, nicht
nur eine reine Literaturstudie über Nzambe-Malamu zu verfassen, sondern sich
selbst als Akteur (Teilnehmende Beobachtung, Interviews) einzubringen. Dies
wiederum nötigt ihn drittens eine, wie er sie nennt, „transdisziplinäre
Perspektive“ (S.13) einzunehmen. Ein (nötiger) transdiziplinärer Ansatz heißt für
den Forscher jedoch auch, sich auf wissenschaftlich fremdes Terrain zu
begeben, in dem er nicht als „Fachforscher“ agieren kann. Damit steht er
im-mer im Zugzwang bestimmte „Zulieferungsdienste“ in Anspruch nehmen zu
müssen, so z.B. das Konzept des wounded healers im Sinne von C.G. Jungs
Archetyps des „Wounded healers“ (der Protagonist ist zugleich Held und Versager),
das Fischer auf Aidini Abala als religionspsychologisches Konzept anwendet
und das damit „theologisch fruchtbar gemacht werden soll“ (S119). Hier stellt
sich allerdings die Frage, wie man mit diesem Konzept in Bezug auf Paulus
oder Jesus selbst als „Religionsstifter“ umgehen würde? Ist Jesus „Held“ und
„Versager“ oder nicht vielmehr victor quia victima (Sieger, weil Opfer),
(Pöhlmann 1980)? Insgesamt gesehen ist es ein empfehlenswertes
Buch. Der Verfasser hat viel Material zusammengetragen und gründlich
recherchiert. Es eröffnet nicht nur einen Einblick in die
Entstehungsgeschichte einer afrikanischen Kirche im südlichen Afrika, sondern
auch deren Verflechtungen mit Gemeinden in Deutschland. Für 49,90€ bekommt
man guten Inhalt in einem gebundenen Band. Dr. Robert Badenberg, em 2013-1. |
Flemming,
Dean. Contextualization
in the New Testament: Patterns for Theology and Mission, Der Autor des vorliegenden Buchs ist Dozent am European Nazarene College in Deutschland (Büsingen). Er verfügt über interkulturelle Erfahrung, war Pastor in Japan, unterrichtete auf den Philippinen und in den USA. Mit seiner umfangreichen Monographie zum Thema Kontextualisierung im Neuen Testament verfolgt er zwei große Ziele. Er möchte einerseits herausfinden, wie die neutestamentlichen Autoren „context-sensitive theology“ betrieben (S. 15), andererseits möchte er „patterns“ für die heutige Aufgabe der Anpassung an Kontexte herausarbeiten. Dabei konzentriert er sich insbesondere auf Paulus als interkulturellen Missionar im hellenistisch-römischen Umfeld (sechs von zehn Kapiteln). Der Autor beginnt seine Studie mit der Apostelgeschichte, der er die ersten zwei Kapitel seines Buches widmet. Zuerst untersucht er die Apostelgeschichte als kontextuelles Dokument, wendet sich aber anschließend dem Apostelkonzil zu. Im zweiten Kapitel durchleuchtet Flemming die drei großen Paulusreden in Antiochien (Apg 13,13-52), Lystra (Apg 14,8-20) und Athen (Apg 17,16-34), wobei letzterer ein besonderes Gewicht beigemessen wird. Es folgen drei ausführliche Kapitel über die Paulusbriefe im Allgemeinen, über Paulus Stellung zur Kultur und über seine Hermeneutik. Hieran schließen sich zwei Kapitel mit Fallbeispielen anhand des ersten Korinther- und des Kolosserbriefes an, in denen Flemming das Problem des Götzenopferfleisches (1Kor 8-10), die Auferstehung (1Kor 15) und die Situation der Kolosser in ihrer multireligiösen Umgebung, behandelt. Darauf folgt ein knappes Kapitel über die Evangelien. Er bestimmt das Genre Evangelium und präsentiert den speziellen Kontext für den der jeweilige Evangelist schrieb. Daraus leitet er ab, dass Christen auch in heutiger Zeit lernen müssen, dass Evangelium in „different keys“ (S. 265) zu „singen“. Als letztes Buch behandelt er die Offenbarung. Das Buch schließt mit einem Kapitel über die heutige, praktische Anwendung der erarbeiteten Erkenntnisse und Methoden. Flemming kommt zu dem Schluss, dass das Evangelium eine Erzählung ist, die aus verschiedenen Perspektiven wiedergegeben werden kann, wie es bereits das Neue Testament selbst erkennen lässt. Trotz der Gefahren, die in der Kontextualisierung liegen, hält er sie für unverzichtbar, denn „all theology is contextual theology“ (S. 298). Und trotz der verschiedenen Perspektiven kommt Flemming zum Ergebnis, dass das neutestamentlich bezeugte Evangelium eine kohärente Botschaft ist. Flemming bietet eine fundierte biblische Grundlagenstudie zu dem heiß umkämpften Thema Kontextualiserung. Dass in einer solch umfangreichen Studie das ein oder andere Detail diskussionsbedürftig ist, ist nicht verwunderlich. Gerade beim Thema Synkretismus und der praktisch-methodischen Anwendung der Kontextualisierung bleibt Flemming etwas unpräzise. Betrachtet man die Offenbarung stellt sich speziell die Frage, ob Johannes diese Ereignisse nicht doch tatsächlich sah, obwohl er, wie Flemming richtig erkennt, antike Mythenerzählungen verarbeitet. Insgesamt ist er sehr stark auf Paulus konzentriert. In den Evangelien gäbe es sicherlich noch viele zu hebende Schätze. Besonders schwerwiegend ist allerdings, dass die allgemeinen Briefe, die ja eine breite Zielgruppe hatten, nicht behandelt werden. Bei all diesen Auslassungen ist Flemming jedoch zu Gute zu halten, dass er sich an diese umfangreiche Arbeit gewagt hat – zeitliche und platztechnische Grenzen sind da zu erwarten. Mit seinem Buch hat Flemming ein herausragendes Beispiel für eine Untersuchung geschaffen, die wissenschaftliche Theorie und gemeindliche Praxis vereint. Nicht umsonst wurde sein Werk im Jahr 2005 vom International Bulletin of Missionary Research (IMBR) zu den fünfzehn hervorragenden Missionsstudien gezählt und im Jahr 2006 von Christianity Today zum wichtigsten Buch in der Sparte Mission/Global Affairs gekürt. Es ist eine wertvolle Ressource für kulturorientiertes, biblisches Arbeiten – sei es kulturübergreifend oder im westlichen postmodernen Umfeld. Dieses Werk ist zweifellos ein „Must-Have“ für jeden, der sich für Kontextualisierung interessiert! Bart P. Thompson, em 2009-1. |
Flury-Schölch, André.
Abrahams Segen und die Völker. Synchrone und diachrone Untersuchung zu Gen
12,1-3 unter besonderer Berücksichtigung der intertextuellen Beziehungen zu
Gen 18; 22; 26; 28; Sir 44; Jer 4 und Ps 72 (Forschungen zur Bibel 115), Würzburg:
Echter Verlag, 2007. Mit Vehemenz und zahlreicher Gefolgschaft vertritt der Tübinger Alttestamentler Erhard Blum das Urteil, nach welchem „es einen ‚Segen für andere’ in den Verheißungen der Genesis nicht gibt“ (Komposition der Vätergeschichte, WMANT 57, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1984, S. 352). Er übersetzt Genesis 12,3b nicht passiv („und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“), sondern reflexiv („durch dich werden sich (gegenseitig) Segen wünschen“) – ein Segen als frommer oder verzweifelter vergeblicher Wunsch der Völker, nicht jedoch als effektives Handeln Gottes durch Abraham. Den Oxforder Theologen Keith N. Grüneberg führte jüngst seine umfangreiche synchrone Untersuchung Abraham, Blessing and the Nations. A Philological and Exegetical Study of Genesis 12:3 in its Narrative Conext, BZAW 332, Berlin: De Gruyter, 2003 zu genau dem entgegengesetzten Urteil: Das Nifal von brk „segnen“ in Gen 12,3; 18,18; 28,14 ist passiv zu übersetzen (das Hitpael in Gen 22,18; 26,4 hingegen reflexiv). Unabhängig von ihm und unter Verwendung diachroner Methoden kommt André Flury-Schölch in seiner Dissertation an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Luzern bei Ivo Meyer zu exakt demselben Ergebnis: „Es handelt sich dabei [nur bei dem Nifal] um ein theologischen Selbstanspruch Israels, ein Segen für andere Nationen zu sein, ohne dass diesen Nationen irgendwelche Bedingungen gestellt würden“ (S. 326). Somit gibt es nun zwei aktuelle, groß angelegte Monographien, welche das Urteil Blums als äußerst fragwürdig erscheinen lassen. Flury-Schölch möchte in seiner Untersuchung vor allem eine Motivgeschichte konstruieren, welche die traditionsgeschichtliche Entwicklung von Gen 12,3b und Parallelstellen nachzeichnen soll (S. 233). Demnach sei der Gedanke des Segnens der Völker ein Importprodukt assyrischer Ideologie, welches auf den Krönungshymnus Assurbanipals SAA III, 11 (669 v.Chr.) zurückgehe: (1) Auf den jungen König Josia (639-09) bezogen sei der erste Beleg in Ps 72,17, worin sich die unterworfenen Nationen wünschen, so gesegnet zu sein, wie der israelitische König. (2) Die wohl noch spätvorexilische Verheißung Gen 22,8 (vgl. 26,4) übertrage diesen Herrschaftssegen auf das Volk. Dieser Passus diene der nachträglichen Legitimation des Gebots in Dtn 13, seinen Sohn eigenhändig zu töten, ein Gedanke, der Flury-Schölch sichtlich Probleme bereitet (vgl. S. 158-67 und 332). (3) Eine inhaltliche Modifikation erhalte der Satz mit Jer 4,2 (ebenso in der Zeit Josias, vgl. Jer 3,6), hier gründet der Segenswunsch der Völker nicht in der Herrschaft, sondern der Umkehr Israels zu Jhwh. (4) Kritik und entscheidende Transformation findet in den spätnachexilischen Texten Gen 12,3; 18,18; 28,14 statt, die den Ruf Israels zur Herrschaft ablehnen, und stattdessen eine Berufung zur aktiven Vermittlung des Segens aufrufen. Auch wenn sich Flury-Schölch gegen das Vierquellenmodell, insbesondere „E“ und „J“, gegen Gerhard von Rads negative Sicht der Urgeschichte, gegen Julius Wellhausens Sicht der Väterreligion als Rückprojektion aus der Königszeit und gegen Albrecht Alts Unterscheidung zwischen sesshaftem und nomadischem Religionstyp wendet, entscheidet er sich ebenso weiterhin gegen das Selbstzeugnis der Texte (S. 1f und 233f). Dabei stellt seine Motivgeschichte das, was von dem einstigen historisch-kritischen Forschungskonsens geblieben ist, ein weiteres Mal auf den Kopf (Gen 12 war bisher immer noch Ausgangspunkt, wenn auch oft spät datiert) und bezeugt damit eindrucksvoll den spekulativen und flüchtigen Charakter der alten diachronen Methodik. Dem gegenüber stellt die kanonisch vorgezeichnete Motivgeschichte eine solide Alternative dar: Das Reden Gottes in Gen 12,3b zu Abraham (um 2092 v.Chr.) und dessen sorgfältige Verschriftlichung ist Ausgangspunkt und Bezugspunkt vielfältigster alttestamentlicher Traditionen. Sehr schön deutet Flury-Schölch in Gen 12,2 das „große Volk“ als Moseprolepse und den „großen Namen“ als Davidprolepse (S. 69-77). Er verzichtet jedoch auf eine strukturelle Analyse der Toledot Terach (Gen 11,27-25,11), welche Gen 12 und 22 als rahmende Elemente einer Lebensgeschichte literarisch und historisch in direkten Bezug zueinander bringt. Flury-Schölch scheint ferner den Wert von Septuaginta, Targumim, Sir 44,21 (in Bezug auf die Hitpael-Stellen!), Gal 3,8 und Apg 3,25 zu unterschätzen, welche als früheste Auslegungen der Texte Nifal und Hitpael, also sämtliche Belege in Genesis unisono passiv deuten (S. 95f, 129 und 180‑5). Ps 72 (laut Überschrift in der Zeit Salomos, 971-31) und Jer 4,2 führen das Motiv des Völkersegens schließlich in die entstehende messianische Erwartung hinein und bieten dort mit polemischer Spitze den babylonischen und assyrischen Hegemonialansprüchen ein selbst- bzw. Gottes-bewusstes Paroli. Trotz der genannten Bedenken kann das Werk vor allem im Detail überzeugen. Flury-Schölch arbeitet sich in detaillierter Fleißarbeit durch die einzelnen Argumente der Forschungsdiskussion und versucht sie ehrlich zu gewichten. Seine Versauslegung (S. 45-125) erweist sich als einer der tiefschürfendsten modernen Kommentare zu Gen 12,1-3. Gut begründet ist seine deutliche Verabschiedung der verlockenden rezeptiven „Verlegenheitslösung“ für das Nifal („für sich Segen finden“, ähnlich dem griechischen Medium, S. 113f). Seine kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten von Oswald T. Allis, „The Blessing of Abraham“, PTR 25 (1927): 263-98 war längst fällig, da diese über Walter C. Kaisers alttestamentliche Theologie und Victor P. Hamiltons Genesis-Kommentar bis heute kaum geprüft in zahlreiche Publikationen übernommen wird (S. 99-107). So wird man der Arbeit kleinere Lücken in der Sichtung relevanter Literatur (etwa Wilfried Warning, „Terminologische Verknüpfungen und Genesis 12,1-3“, Biblica 81 (2000): 386-90) und Korrigenda (etwa S. 100, Anm. 2: „432“ statt „###“, S. 237: „ect.“, S. 271: zweimal „1.)“) leicht verzeihen. Dr. Siegbert Riecker, em 2010-1. |
Foster,
Paul. Community,
Law and Mission in Matthew’s Gospel. WUNT II, 177, Tübingen: Mohr Siebeck, 2004. Die vorliegende Studie widmet sich der sozialen Verortung der sog. matthäischen Gemeinde, der Rolle, die das Gesetz in dieser Gemeinschaft spielte und deren Haltung zur Heidenmission. Der Konsens in der Matthäusforschung geht dahin, hinter dieser Gemeinschaft eine innerjüdische, sich absondernde Gruppe zu sehen, die Jesus von Nazareth für den Messias Gottes hielt. Daher haben ihre Anhänger jeglichen Kontakt mit Heiden vermieden und ihre abgesonderte Existenz bewahrt. Die Heiden spielten allenfalls in der Zukunftserwartung eine Rolle (77f). Gegen dieses Bild, das auf einer Reihe von fragwürdigen historisch-kritischen Prämissen beruht und wichtige Aussagen des MtEv übersieht oder aber weg erklären muss, will Forster zurecht zeigen, „that at the time of compo-siton of the gospel the group had been decisively rejected by other parties in formative Judaism, and that the gospel was both a supersessionary document claiming many of the prerogatives of Judaism as its own, but also a pedagogical document encouraging and instructing the community with dominical authority, to continue and enlarge upon an outwardly focused Gentile mission“ (1). Speziell für die Mission will Forster zeigen, wie sich die Aussagen in Mt 10.5b-6 („Geht nicht auf den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter …“) und andere Aussagen zur Mission zueinander verhalten: „Any treatment must deal with both the negative outlook in chapter 10 as well as integrating the larger corpus of texts that call for the inclusion of Gentiles within the Matthean communities“ (20). Zuerst gibt F. in „The Social Location of the Matthean Community“ einen Forschungsüberblick über die Matthäusforschung seit 1945 (22-79). Nach einem knappen Kapitel über den Qumrantext 4QMMT und die halachischen Debatten (80-93), untersucht F. die Antithesen der Bergpredigt (Mt 5,21-48, 94-143). Dem folgt eine ausführliche Untersuchung von Mt 5,17-20 (144-217). Im sechsten Kapitel untersucht F. die Mission im MtEv (218-52). F. will dabei die einschlägigen Texte berücksichtigen, aber auch deren Bedeutung in der Gesamtstruktur der Erzählung. Er beginnt mit den beiden „restriktiven“ Texten Mt 10,5-23 und 15,21-28 (220-30). Alle weiteren Texte stehen der Eingliederung von Heiden in die Gemeinschan positiv gegenüber: 21,43; 24,14; 26,13 und 28,16-20. Abschließend begründet F. überzeugend, dass die Restriktion in 10,5-23 nicht mehr in späterer Zeit gegolten hat. Für die Interpretation von Mt 28,16-20 sieht F. einen Gegensatz zu den in 28,15 erwähnten Juden, die die Auferstehung Jesu geleugnet haben. Speziell aufgrund dieser Enttäuschung sollen die Junger sich an die Heiden wenden. Dieser Bezug ist fraglich, da mit 28,15 die Auferstechungsberichte abgeschlossen werden und mit 28,16 ein narrativer Orts- und Szenenwechsel erfolgt. F. zeigt ferner, dass die Heidenmission keine leichte Aufgabe sein wird (24,9-14) und schließt: „The picture that emerges from the relevant texts in the gospel in relation to mission is that of unqualified support by the evangelist for proselytising activity among the Gentiles to be undertaken by the community in its contemporary situation. … Hence the gospel he wrote was seen, to a certain degree by the evangelist himself, as a celebration of Gentile participation in the Kingdom of heaven“ (252). Und weiter: “… the incorporation of Gentiles into the group is not only the way forward but to fail in this task is to fail to take up the direct challenge of the risen Jesus“ (260). Trotz einiger problematischer Grundannahmen (z. B. im MtEv geht es weniger um Leben und Lehre des irdischen Jesus als um die Anliegen und Stimme seiner Nachfolger in der zweiten und dritten Generation) gibt das Kapitel über die Mission einen guten Überblick über sämtliche missionsrelevanten Stellen und zeigt, wie die restriktiven und universalisitischen Aussagen zusammengesehen werden können. (Zum Missionsbefehl vgl. ferner P. Stuhlmacher, „Zur missionsgeschichtlichen Bedeutung von Mt 28,16-20“, EvTh 59,1999,108-29 und in id., Biblische Theologie und Evangelium: Gesammelte Aufsätze, WUNT 146, Tübingen: Mohr Siebeck, 2002). Prof.Dr. Christoph Stenschke, em 2005-3. |
Foyle, Marjory F. Gestreßt, verletzt und ausgebrannt. Risiken und
Nebenwirkungen des vollzeitlichen Dienstes. Basel und Gießen: Brunnen Verlag, 1995. Marjory F. Foyle, von Beruf Fachärztin für Psychiatrie, schrieb dieses Buch vor dem Hintergrund einer über dreißigjährigen Erfahrung in der medizinischen Missionsarbeit auf dem indischen Subkontinent. Das englische Original, 1987 unter dem Titel „Hounorably Wounded“ erschienen, liegt in der Übersetzung von Barbara Trebing nun auch einer deutschsprachigen Leserschaft vor. Die Autorin beschreibt Formen und Auswirkungen von Streß in verschiedenen Bereichen und Phasen des missionarischen Dienstes in einem anderen kulturellen Umfeld. Dem Leben als Single, Missionarsehen, Kindern, Heranwachsenden, der Auswahl von Mitarbeitern, dem Kulturschock, zwischenmenschlichen Beziehungen, der Rückkehr in die eigene Heimat und den Kraftquellen für Missionare sind jeweils eigene Kapitel gewidmet. Allgemeinverständlich führt sie in psychologisches Grundwissen ein und macht es dann für den Spezialfall und die besonderen Bedingungen des Lebens und Arbeitens von Missionaren fruchtbar. Zu den besonderen Bedingungen gehören dabei z. B. das Leben in einer anderen Kultur, relative Isolation bzw. das enge Zusammenleben mit anderen Menschen. Psychologische Einsichten und geistliche Perspektiven verbindet sie immer wieder in gekonnter Weise. Die Stärke des Buches liegt im engen Bezug zur Praxis und den vielen Hilfen und Lösungsmöglichkeiten, die aufgezeigt werden. „Es ist so wichtig, daß man über sich selbst lachen kann (192)“, schreibt sie z. B. im Kapitel zu „Re-entry“-Streß. Eine Empfehlung, die sicher auch für alle anderen Bereiche ihre Berechtigung hat. Foyle richtet sich damit an alle in der Mission Tätigen, aber auch an Menschen, die noch fragen, ob hier ihre Aufgaben liegen werden. Allen für die Auswahl von Missionspersonal Verantwortlichen sei vor allem das Kapitel „Das Auswahlverfahren“ empfohlen. Denn eine geeignete Auswahl vermeidet bei allen Beteiligten später unnötigen Streß. Philipp Hauenstein, em 1996-3. |
Francke, August Hermann. Segensvolle Fusstapfen. Geschichte der
Entstehung der Halleschen Anstalten von August Hermann Francke selbst erzählt.
Gießen: Brunnen Verlag, 1994. August Hermann Franke (1663-1727), einer der Väter des deutschen Pietismus, war seiner Zeit weit voraus. Seine bahnbrechenden Leistungen im sozial-karitativen Bereich förderten den Aufbau des vom 30-jährigen Krieg zermürbten und zerstörten Deutschland. Es ist das Verdienst des Herausgebers Michael Weltes, diese zu ihrer Zeit weit verbreitete Schrift Franckes ein in unserer Zeit eher in Vergessenheit geratenes Werk, einem größeren Leserkreis wieder zugänglich zu machen. Das Buch erscheint 300 Jahre nach den bescheidenen Anfängen einer kleinen Armenschule im Pfarrhaus Franckes vor den Toren der Stadt Halle a. d. Saale. Francke selber griff fleißig zur Feder, um Entstehung und Werdegang seines Lebenswerkes zu dokumentieren. In nur 15 Jahren entstanden neben hervorragenden Erziehungs- und Bildungseinrichtungen zahlreiche gewerbliche Betriebe, die vielen Menschen in Landwirtschaft, Apotheke, Buchdruckerei und Buchhandlung Beschäftigung und damit Brot geben. Die Halleschen Anstalten können mit Recht als eines der ersten Glaubenswerke bezeichnet werden. Aus nah und fern trafen kleine und große Gaben zum Unterhalt des Werkes ein. Franckes „Fußtapfen“ mit ihren sieben Fortsetzungen erschienen in den Jahren 1694-1709 und lesen sich wie ein Rechenschaftsbericht. Das sich schnell ausbreitende Werk mußte sich schon früh gegen Verleumdungen schlimmster Art zur Wehr setzen. Francke nimmt durch seine demütige und offene Art der Darstellung den meisten Kritikern den Wind gründlich aus den Segeln. Seine Ausführungen wirken wie eine außerordentlich effiziente Werbeschrift, die ungewöhnlich weite Verbreitung fand. Die „Fußtapfen“ zeugen auch davon, das Francke Initiator und Förderer der ersten protestantischen Missionsbemühungen von deutschem Boden aus war. 1705 reisten zwei seiner Schüler auf Veranlassung des dänischen Königs nach Tranqebar/Ostindien aus. 1707 veröffentlichte Francke die ersten Briefes Ziegenbalgs in der Hallischen Korrespondenz. Auf diese Weise wird der Missisonsauftrag in den weiten Kreisen des hallischen Pietismus wirkungsvoll eingeführt. Francke ist somit auch Herausgeber des Ersten Deutschen Missionsblattes. Diese großherzige Geste Franckes bleibt nicht ohne Wirkung: 1. Erkennen viele evangelische Christen die dringende Notwendigkeit der Heidenmission. 2. Wird eine große Schar von Betern für die Mission gewonnen. 3. Gehen zahlreiche Spenden zugunsten der Missionare ein. 4. Wurden zu Lebzeiten der Dänisch-Hallischen Mission ca. 60 Missionare allein aus Halle ausgesandt. Fazit: Auch wenn sich die Ausführungen Franckes aufgrund des im „Lutherdeutsch“ verfaßten Stils zeitweise etwas holprig lesen lassen, sind die „Fußtapfen“ außerordentlich lesenswert. Ich wünsche dem Buch in unserer Zeit eine so weite Verbreitung wie zur Zeit Franckes. Hartmut Burghoff, em 1996-3. |
Franz, Andreas. Mission
ohne Grenzen. Hudson Taylor und die deutschsprachigen Glaubensmissionen. Brunnen (TVG): Gießen/ Basel, 1993. Dieses Buch geht auf eine Dissertation zurück, die 1991 von der Evangelischen Theologischen Fakultät in Heverlee/Belgien unter dem Titel: Hudson Taylor und die deutschsprachigen Glaubensmissionen angenommen wurde. Der Haupttitel scheint mit dem jetzigen Untertitel im Widerspruch zu stehen: Mission ohne Grenzen, aber begrenzt auf eine Person und einen geographischen Raum (China). Doch soll von vornherein klargestellt sein: auch wenn für den Rahmen einer solchen Dissertation zeitliche (1889-1905, Todesjahr Taylors) und räumliche Einschränkungen (deutschsprachiges Ausgangsgebiet) vorgenommen werden mußten, bleibt doch das grenzüberschreitende Missionsverständnis der Glaubensmissionen sichtbar. Damit ist im Haupt- und Untertitel eine ihrer Besonderheiten bereits anvisiert. Verglichen mit den damals etablierten klassischen Missionen überwanden - auch die deutschsprachigen - Glaubensmissionen konfessionelle, soziale, kulturelle und zumindest teilweise auch nationale Grenzen, wobei sich ihre Zielgebiete ständig erweiterten. Der englische Arzt Hudson Taylor (1832-1905), ein Mann des Glaubens und des Gebetes, war einzig von dem Gedanken beseelt, das Evangelium von Jesus Christus bis in die entferntesten Winkel Chinas zu tragen. Mit 23 Jahren reiste er in das „Reich der Mitte“. Hier unternahm er ausgedehnte Reisen in das Innere des Landes und übernahm die Leitung eines kleinen Hospitals in Ningpo. In der Missionarin Maria Dyers, mit der er sich 1858 vermählte und mit der er eine überaus glückliche Ehe führte, fand er eine Lebensgefährtin, die bis zu ihrem Tode (1870) seine geistliche Vision teilte. Im Juli 1860 mußten die Taylors aus gesundheitlichen Gründen nach England zurückkehren. Er schloß sein medizinisches Studium mit der Promotion ab und übersetzte mit einem chinesischen Gehilfen das Neue Testament in den Ningpo-Dialekt. Um die Missionsarbeit unter den Chinesen verstärkt fortsetzen zu können, gründete Taylor Ende Juni 1865 die China-Inland-Mission. In seinem im selben Jahr veröffentlichten Buch „Chinas geistliche Not und Anspruch“ appellierte er an die Verantwortung eines jeden Christen für die Missionierung Chinas. Die Leitung der Mission war nicht, wie üblich, im Heimatland, sondern auf dem Missionsfeld. Er selbst, ständig von Krankheiten geplagt, befand sich in pausenlosem Einsatz. Allein elfmal legte er die Monate dauernde Seereise zwischen England und China zurück und versuchte auch auf dem europäischen Kontinent, in Amerika und Australien, Helfer und Beter zu gewinnen. Weltweit entstanden Bewegungen und Organisationen für die CIM, so auch im deutschsprachigen Raum, wo sie sich heute zumeist als evangelikale Missionen verstehen. Bei den Glaubensmissionen handelt es sich gegenüber den bereits existierenden mehr oder minder kirchlich geprägten klassischen Missionen um neuartige Missionen. Dieses Neuartige und für sie Charakteristische betrifft drei Bereiche: Missionsmotive, Missionsmethoden und Missionsprinzipien, die Franz in seinem ersten Kapitel über „Taylors Grundsätze“ darlegt. Taylors Missionsmotive liegen begründet im Mitleid mit den vielen Menschen, die ohne Christus ewig verloren sind sowie im eschato-logischen Motiv, nach dem die Wiederkunft Christi durch die Mission beschleunigt wird. Daraus folgen die Missionsmethoden, die primär nicht von der Gründung von Missionsstationen, sondern von der Reisetätigkeit geprägt sind. Die Missionsprinzipien betreffen vor allem das Glaubensprinzip, nach dem die Missionare (und Missionarinnen) ihre materielle Versorgung von Gott und nicht von Menschen zu erbitten und zu erwarten haben, mithin nicht über ein festes Einkommen verfugen; ein individuelles Berufungserlebnis; die Rekrutierung von Mitarbeiter/innen aus allen protestantischen Kirchen; die Stellung der Missionarsfrau als dem Mann gleichgestellte Missionarin; den Einsatz lediger Missionarinnen auch im Pio nierdienst; eine bestimmte neutrale Stellung zur staatlichen Obrigkeit. Das nächste Kapitel behandelt Taylors Einfluß auf den deutschsprachigen Raum. Dieser Einfluß entstand durch Berichterstattung über Taylor, durch verschiedene Reisen deutschsprachiger, glaubenserweckter Personen nach China und vor allem durch mehrere ausgedehnte Vortragsreisen Taylors in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die folgenden Kapitel stellen ausführlich die Gründung, die Besonderheiten und die Arbeit jener deutschsprachigen Glaubensmissionen dar, die direkt oder indirekt auf Taylor zurückzuführen sind, nämlich die Deutsche China Allianz-Mission, der China-Zweig der Pilgermission St. Chrischona, die Kieler Mission, die Liebenzeller Mission, ferner als mit der CIM assoziierte Missionen nach 1906 die Friedenshort-Mission, der Deutsche-Frauenmissionsbund, die MBK-Mission und die Yünnanmission. Über diese spezielle Missionshistorie hinaus erfährt man manche interessante Einzelheit und Eigenart bezüglich des Frömmigkeitsverständnisses, des geistlichen Lebens und des missionarischen Wirkens derer, die maßgeblich in diesen Werken tätig waren, nicht zuletzt im Blick auf Hudson Taylor selbst. Im abschließenden Kapitel behandelt Franz die deutschsprachigen Glaubensmissionen im Spannungsfeld nationaler und internationaler Beziehungen. Spannungen und Probleme zwischen den deutschsprachigen und den übrigen, vorwiegend angelsächsischen Glaubensmissionen, lagen in der Tatsache begründet, daß von den drei die Glaubensmissionen tragenden Bewegungen, nämlich der Heiligungsbewegung, der Prophetischen Bewegung und der Brüderbewegung, im deutschsprachigen Raum die Heiligungsbewegung dominierte und ihre prägende Kraft entfaltete. Erhalten blieb das Verständnis von Bekehrung und Wiedergeburt und ein ungebrochenes Verständnis der Heiligen Schrift als inspiriertem Gotteswort. Bibliographie, Index
und englische Zusammenfassung beschließen dieses gelungene Buch, das gut informiert, sich spannend liest und eine Lücke füllt in der wissenschaftlichen Würdigung
der evangelikalen Missionen im Heinrich Brandt, em 1995-1. |
Fugmann, Wilhelm (Hrsg.).
Christian Keyßer,
Bürger zweier Welten. Neuhausen-Stuttgart:
Hänssler Verlag, Edition C (153), 1985. Nach einer kurzen Einleitung läßt W. Fugmann den Missionar Christian Keyßer aus seinen hinterlassenen Schriften zu Wort kommen:
Anfang und Auswirkung der Mis Jürgen Kuberski, em 1986-2. |
Fuller, W. Harold. People of the Mandate: The
Story of the World Evangelical Fellowship. Paternoster: Carlisle,
UK, 1996. Das Buch des Kanadiers W. H. Fuller erschien zum 150. Jubiläum (1846-1996) der in über 100 Ländern vertretenen Weltweiten Evangelischen Allianz (World Evangelical Fellowship - WEF). Es bildet eine interessante Ergänzung und Fortführung der zehn Jahre zuvor erschienen Geschichte des WEF mit dem Titel „A Dream that would not die“, von David M. Howard. Während Howard die Geschichte dieser ältesten ökumenischen und evangelikalen Bewegung bis 1986 schrieb, vermittelt Fuller dem Leser Geschichten und Persönlichkeiten (vor allem aus der Zwei-Drittel-Welt), die diese Geschichte bis 1996 belebten. In vierzehn Kapiteln berichtet er u. a. von der Enstehung der Evangelical Alliance in London 1846, von der spannenden Neu-Gründung als WEF 1951 in Woudschoten, Holland und von der Rolle der nationalen Allianzen, die in vielen Ländern an der Front neuer Entwicklungen und missionarischen Wachstums stehen. Asien, Afrika und Lateinamerika befinden sich im Zentrum evangelikaler Wirklichkeit heute. Ein Kapitel ist der missiologisch bedeutsamen Missions-Kommission der WEF gewidmet. Religiöse Freiheit, sowie Frauen und Jugend sind weitere thematische Schwerpunkte. Erwähnenswert sind die zehn Anhänge, die interessante Dokumente bieten, z.B. einen Brief der japanischen Allianz mit der Bitte um Verzeihung für die von ihrer Nation ausgegangenen Aggressionen in der asiatischen Geschichte, die Glaubengrundlage der WEF, die Singapur-Missionserklärung der WEF u. a. m. Hilfreich sind Index und Literatur-Verzeichnis zu theologischen und geschichtlichen Aspekten der evangelikalen Bewegung. Friedemann Walldorf, em 1999-3. |
Gabriel, Carlo. Die Josefsgeschichte in Bibel
und Koran, Unterschiede, Widersprüche, Maßstäbe. Uhldingen: Stephanus Edition, 1996. Nicht nur ein Vergleich der Josefsgeschichte in Bibel und Koran ist das Thema dieses Buches: Carlo Gabriel möchte darüberhinaus allgemeine Beurteilungskriterien für den Islam und den Koran liefern. Die Frage, ob Christen und Muslime an den gleichen Gott glauben, beantwortet Gabriel mit einem klaren Nein. Bemerkenswert ist auch die Folgerung, daß aus einer „Theologie der Werkgerechtigkeit“ zwangsläufig „Glaubensunsicherheit“ und fehlende Heilsgewißheit folgen muß, wie es im Islam ja tatsächlich auch der Fall ist. Durch die Gegenüberstellung der biblischen und koranischen Josefserzählung wird die Verkürzung und inhaltliche Verflachung des koranischen Berichtes sehr gut deutlich. – Bei einer Neuauflage sollte unbedingt der archaische und für Muslime herabsetzende Begriff „Mohammedaner“ (z.B. S. 135, 140) gegen die korrekte Bezeichnung „Muslim“ ausgetauscht werden. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-3. |
Garrison,
D.V.
Church Planting Movements: how God is
redeeming a lost world. Midlothian, VA/USA: WIG Take Resources, 2004.
[Deutsch: D. V. Garrison, Gemeindegründungsbewegungen:
Wie Gott eine verlorene Welt rettet. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft,
2007.] Obwohl die Erstveröffentlichung gerade einmal sieben Jahre zurückliegt, hat das vorliegende Werk bereits eine erstaunliche Wirkungsgeschichte entfaltet. Inzwischen gibt es kaum eine evangelikale Missionskonferenz oder Strategieplanung unter Missionaren, wo nicht das von David Garrison geprägte Stichwort „Gemeindegründungsbewegung“, respektive das englische Kürzel „CPM“ fällt. Die Einsichten dieses Werkes sind in der weltweiten Missionsarbeit schnell zentral geworden. Der Autor war selbst viele Jahre lang Missionar des International Mission Board (IMB) der Southern Baptists (USA), gegenwärtig ist er der Regionalleiter für Süd-Asien. Garrison führt einen Ph.D. der Universität von Chicago. Garrisons Buch kommt aus der Praxis. Der Leser spürt dem Autor sein Ringen ab, eine verlorene Welt für das Evangelium zu gewinnen. Es ist zugleich für die Praxis geschrieben. Garrisons Absicht ist nicht in erster Linie, einen akademischen Beitrag zu liefern, wiewohl seine Einsichten akademischer Forschung entspringen. „How would he [God] have us participate?“ ist die dringliche Frage, die er schon im Vorwort (S. 11) aufwirft. Er vergleicht seine Forschungsarbeit mit Reverse Engineering, der Tätigkeit eines Ingenieurs, der Produkte der Konkurrenz in ihre Einzelteile zerlegt, um sie dann nachbauen zu können (S. 11). Garrison möchte den Methoden Gottes auf die Spur kommen (S. 28). Die Forschungsarbeit, die dem Werk zugrunde liegt, hat ihren Anfang im Jahr 1994. Seitdem beobachten er und sein Team „mehr als 30 Orte“ rund um den Erdball (S. 19). Garrison geht so vor, dass er Bewegungen analysiert, die seiner Definition einer Gemeindegründungsbewegung entsprechen. Der Ansatzpunkt seiner Forschung ist also in einer funktionalen Theorie begründet. Der Untertitel deutet den theologischen Ansatz des Werkes an: „Wie Gott eine verlorene Welt rettet“. Der erste Schritt der Untersuchung ist deskriptiver Natur. Garrison beschreibt, was in diesen Bewegungen geschieht, er untersucht sie empirisch. In dem zweiten Schritt werden deduktiv sämtliche Phänomene analysiert und wiederkehrende Elemente in den verschiedenen Bewegungen eruiert. Diese Elemente untersucht der Autor dann in einem dritten Schritt auf ihre biblische Basis hin und stellt die Frage: Finden sie sich im Dienst von Jesus Christus und der Ur-Gemeinde? Die vorläufigen Forschungsergebnisse, die empirisch und deduktiv gewonnen wurden, werden anhand der normativen Theorien des biblischen Zeugnisses verifiziert. Der vierte Schritt mündet in die Frage nach der praktischen Anwendbarkeit und Umsetzung der gefundenen theoretischen Einsichten. Garrison kleidet diese Frage in ein Gebet: „Finally we will submit all that we’ve learned to the lordship of Christ asking: ‘In light of what you’ve shown us, O Lord, what should we now do?’ ” Es wird deutlich, dass der Forschungsansatz ein geistliches Element hat, das sich der Objektivierung wissenschaftlicher Untersuchung entzieht. Zum einen bringt Garrison die Prämisse in seine Forschung, dass Gebet eine Methode der Erforschung von Gemeindegründungsbewegungen ist. Zum anderen ist seine Denkvoraussetzung, dass es nur in einer Beziehung zu Christus – „under his lordship“ – möglich ist, die Implikationen der Daten angemessen auszuwerten. Dies führt zu einem stark durchscheinenden Absolutheitsanspruch. Kapitel 2 liefert eine Definition von
Gemeindegründungsbewegung. Garrison
definiert sie als „a rapid multiplication of indigenous churches planting
churches that sweeps through a people group or population segment.“ (S.
21) In den Kapiteln 3 bis 10 liefert er eine Vielzahl von spannenden
Beschreibungen von tatsächlichen Gemeindegründungsbewegungen. Kapitel 11
enthält das Kernstück des Werks, es nennt die Elemente, die in jeder (untersuchten) Gemeindegründungsbewegung
vorhanden sind. Der
Zentralität ihrer Bedeutung wegen sollen sie hier genannt werden: (1) Extraordinary
Prayer, (2) Abundant Evangelism, (3) Intentional Planting of Reproducing
Churches, (4) The Authority of God‘s Word, (5) Local Leadership, (6) Lay
Leadership, (7) House Churches, (8) Churches Planting Churches, (9) Rapid
Reproduction, (10) Healthy Churches. Weiterhin identifiziert Garrison zehn zusätzliche
Elemente, die in den meisten, jedoch nicht allen Gemeindegründungsbewegungen
erscheinen. Der Rest des Buches beschäftigt sich mit der Umsetzung dieser
Einsichten. Eine Fragestellung, die nicht eindeutig geklärt wird, ist was genau die menschliche Rolle im Zustandekommen von Gemeindegründungsbewegungen ist. Garrison stellt klar, dass einer Formel zu folgen nicht automatisch eine solche Bewegung produziert (S. 255.273). Dennoch, „God has given Christians vital roles to play in the success or failure“ (S. 26). Er kommt zu dem Schluss, dass die Frage: „Wie kann man eine Gemeindegründungsbewegung starten?“ die falsche Frage ist. „A better one might be: ‘What is preventing a Church Planting Movement from happening here?’ “ (S. 239) Inwieweit aber der Missionar eine solche Bewegung zustande bringen kann, darin bleibt Garrison unklar. Die Frage ist allerdings, ob die Spannung diesseits der Ewigkeit geklärt werden kann. Das Buch ist sehr gut und übersichtlich gegliedert. Tatsächlich fassen die Überschriften die Hauptinhalte des Werkes so gut zusammen, dass der beschäftigte Leser nur diese zu lesen braucht und bereits mit den Hauptinhalten des Buches vertraut ist. Es sei hingewiesen auf die wertvollen Hilfsmittel, die angeboten werden. Ein Kapitel enthält Tabellen, mit deren Hilfe der Leser den eigenen Dienst bewerten, Lücken feststellen sowie Schritte unternehmen kann, diese zu schließen. Weitere Werkzeuge finden sich im Anhang, es sind dies Trainingskonzepte für Evangelisation, für partizipatorisches Bibelstudium sowie Koranverse, die als Brücken in der Evangelisation von Moslems verwendet werden können. Zusammenfassend könnte der Missionsforscher Avery Willis mit seiner Empfehlung Recht behalten. Er sagt in seiner Rezension voraus, dass Garrisons Buch Gemeindegründungsbewegungen ein Klassiker des 21. Jahrhunderts werden wird. In jedem Fall ist dem Werk ein weit reichender Einfluss auch im deutschsprachigen Raum zu wünschen. Emmanuel Prince, em 2011-2 |
Garth, Alexander. Die
Welt ist nicht genug – Wenn Menschen Gott entdecken, Asslar: Gerth Medien, 2010. Der evangelische Pfarrer Alexander Garth arbeitet als Gründer der Jungen Kirche Berlin unter der Trägerschaft der Berliner Stadtmission. Der Buchtitel ist angelehnt an den gleichnamigen James-Bond-Film und wurde als Kontrast gewählt zu einer Gesellschaft, deren Fundamentalsatz allgemein lautet „Die Welt ist genug“. Aufgrund seiner Arbeit in einem konfessionslosen Kontext behandelt Garth in diesem populären Sachbuch das Phänomen der Areligiosität als logisches Konzept und die Frage, wie Menschen zu einem „Paradigmenwechsel“ gelangen. Der Autor präsentiert das beschriebene Phänomen entgegen der These, dass alle Menschen in irgendeiner Form religiös seien. Begriffe wie Gott, Himmel oder Hölle sagten Betroffenen nichts und seien weder ein mögliches noch unmögliches Thema. Letztlich vertrete diese post-atheistische Weltanschauung ein materialistisches und starres Weltbild. Anschließend stellt Garth die Frage, wie eine völlig neue Sicht auf das Leben entstehen kann. Im Fokus stehen Menschen, die bisher nicht nach der Existenz eines lebendigen, erfahrbaren und kommunizierbaren Gottes gefragt hatten. Der Autor erkennt drei Faktoren, durch die areligiöse Menschen auf Gott aufmerksam werden. Der erste Faktor sei die Begegnung mit lebendiger Spiritualität. Gemeint sind Gotteserfahrungen, die das eigene Weltbild erschüttern, bei denen man gleichzeitig erschrocken und fasziniert mit dem Heiligen konfrontiert wird. Garth weist hier auf die kleinen Dinge hin, die oft einen Prozess des Fragens einleiten. Als zweiten Punkt nennt der Autor die Erfahrung des himmlischen Beistandes, etwa wenn Menschen die helfende Zuwendung Gottes im eigenen Leben oder bei anderen erfahren. Hier argumentiert er, dass Menschen nicht widerwillig kapitulieren, sondern sich freiwillig für Gott öffnen sollen. Zuletzt stellt Garth die Sinnfrage, erörtert die christliche Weltsicht und hinterfragt unterschiedliche Dinge, die areligiösen Menschen oft als Sinngeber dienen. Ein weiteres Kapitel diskutiert Unterschiede im spirituellen und materialistischen Wirklichkeitsverständnis. Zudem bietet es Informationen aus der Sterbeforschung als Argumente für eine umfassendere Sicht auf die Realität. In einem letzten Kapitel zieht Garth Konsequenzen für die kirchliche Praxis. Über eine Institution hinausgehend plädiert er für eine Kirche als Katalysator, durch die areligiöse Menschen ins Fragen kommen und Gottes Hilfe erleben. An diesem Punkt sollen Christen den Menschen respektvoll auf Augenhöhe begegnen, wobei der eigentliche Dienst der Kirche von Vollmacht und Glauben geprägt sein müsse. Die persönliche Leidenschaft der Gläubigen und die Fähigkeit, das Evangelium verständlich und kreativ zu kommunizieren seien essenziell wichtig, um sodann mit der nötigen Selbstkritik als Kontrastgesellschaft zu leben. Alexander Garth liefert mit Die Welt ist nicht genug einen vielseitigen Einblick in die Lebenswelt areligiöser Menschen. Er stellt die Menschen in den Vordergrund und zeigt mit anschaulichen Beispielen aus seinem Dienst, wie wichtig ein erfahrungsorientierter Ansatz in der missionarischen Arbeit der Postmoderne geworden ist. Garth schreibt aus der Sicht eines Praktikers und argumentiert zugleich auf intellektueller Ebene mit Illustrationen aus Naturwissenschaft, Musik, Geschichte und Philosophie. Sein Buch verbindet wissenschaftliche mit praktischen Anliegen für den landeskirchlichen Gemeindekontext in Deutschland. Trotz der treffenden Darstellung wirken manche seiner Gedanken einseitig. So scheint der Autor teilweise die Erfahrungen seiner Mitmenschen als maßgebliches Argument für seine Thesen zu gebrauchen. So wichtig spirituelle Erfahrungen auch sind, sie sollten den Betroffenen von der Bibel her als Maßstab „gedeutet“ werden, damit das Evangelium wirklich nachvollziehbar wird. Garth selbst belegt mit Beispielen, dass gelegentlich als „modern“ und damit als überholt angesehene Argumentationsweisen auch in der Postmoderne ihren Platz haben. Alles in allem hat der Autor ein lesenswertes Buch vorgelegt, in dem sich solide Apologetik und wichtige Gedanken zu missionarischer Gemeindearbeit finden lassen, die nicht nur für den landeskirchlichen Kontext bedenkenswert sind. Daniel Vullriede, em 2011-1 |
Gaudeul, Jean-Marie. Called from Islam to Christ:
Why Muslims become Christians. Monarch Books: Crowborough/UK, 1999. Dr. Jean-Marie Gaudeul, ein Missionar der Weißen Väter, hat viele Jahre in Tansania gearbeitet. Er ist Doktor der Islamwissenschaften und der arabischen Sprache und unterrichtet zur Zeit am Katholischen Institut in Paris. Gaudeul geht der Frage nach, warum Muslime Christen werden. Er beschreibt sieben Hauptgründe und erläutert diese anhand zahlreicher Beispiele: (1) Die Persönlichkeit Jesu ist für viele Muslime attraktiv. (2) Viele sind angetrieben vom Durst nach Wahrheit und innerer Gewißheit. (3) Menschen ohne Familien haben den Wunsch nach Gemeinschaft. (4) Manche sind auf der Suche nach Gottes Volk (God’s Community) und entdecken es in der Kirche. (5) Manche sind auf der Suche nach Vergebung und werden von der zentralen Botschaft des Evangeliums angezogen. (6) Manche haben Hunger nach Gott und nach Gemeinschaft mit ihm, und (7) Manche werden von Gott direkt gerufen (durch Träume und Visionen). Bei Gaudeuls Einleitung merkt man an einigen Stellen, daß er Katholik ist und auch Muslime als Leser seines Buches im Auge hat. Er versucht, es für sie einsehbar und annehmbar zu machen, daß Muslime Christ werden. Gott ist es, so Gaudeul, der Muslime führt und manche von ihnen – auch aufgrund ihrer besonderen Persönlichkeit, Bedürfnisse und Lebensumstände – in Jesus Christus Frieden und Erfüllung finden läßt. Er betont dabei, daß dies kein negatives Licht auf den Islam wirft und nicht heißt, daß das Christentum besser sei. Gott führt den einen vom Christentum zum Islam und den anderen vom Islam zum christlichen Glauben. Ob Muslime ihm das abnehmen? Gaudeul geht in seiner Einleitung auch auf die Zahl der Übertritte zum Christentum ein. Er ist vertraut mit dem Buch von A. T. Willis, das für 1965 bis 1971 in Indonesien von zwei Millionen Übertritten vom Islam zum christlichen Glauben spricht. Er schätzt die Zahl der jährlichen Konversionen in Afrika auf einige Tausend. Neuere Informationen über Bangladesh und den Iran seit der Revolution im Jahre 1979 fehlen leider. Gaudeuls Verständnis von Bekehrung und Konversion wird von Evangelikalen sicherlich als oberflächlich, psychologisierend und humanistisch eingestuft werden. Er betrachtet Konversion in großem Maße als Wechsel von einem Wertsystem zu einem anderen, wobei Islam und Christentum als gleichwertige Religionen betrachtet werden. Der ganze Prozeß ist auf menschliche Anstrengung und Entscheidung reduziert. Der Anruf Gottes, von dem Gaudeul im Titel spricht, ist nicht mehr als der im Menschen innewohnende Hunger und Durst nach dem Ewigen und Heiligen. Die Stärke des Buches liegt in den biographischen Informationen und Erlebnissen der Konvertiten. Gaudeul erlaubt es Konvertiten so zu reden, wie sie empfinden, auch wenn dies seinem Verständnis nicht entspricht. Dieser (größte) Teil des Buches ist für jeden, der mit Muslimen lebt oder unter ihnen arbeitet, sehr informativ, interessant und hilfreich. Elf Seiten mit 78 Literaturangaben zum Thema Konversion, viele aus dem evangelikalen Bereich, helfen weiter, sich in das Thema zu vertiefen und Gaudeuls Schlußfolgerungen zu überprüfen. In Sprache und Stil ist das Buch leicht zu lesen. Das französische Original erschien 1991 bei Cerf in Paris (Appelés par le Christ: Ils viennent de l’Islam). Dr. Dietrich Kuhl, em 2000-2. |
Gehring, Roger W. Hausgemeinde und Mission: Die
Bedeutung antiker Häuser und Hausgemeinschaften - von Jesus bis Paulus. Brunnen: Gießen, 2000. Gehring, langjähriger Mitarbeiter von Campus für Christus und seit Abschluß der vorliegenden Promotion unter Peter Stuhlmacher ‘adjunct’-Professor in den USA, faßt hier minutiös zusammen, was exegetisch und archäologisch über die Bedeutung der Häuser als Versammlungsort der Jesusanhänger zu sagen ist. Er geht dabei von der grundsätzlichen historischen Glaubwürdigkeit der neutestamentlichen Berichte über solche Häuser aus, auch wenn er Eph, Kol, 1+2Tim und Tit für nachpaulinisch hält, aber dennoch untersucht. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem exegetisch-historischen Aspekt. Die Bedeutung der Häuser für die Arbeit von Jesus und Paulus wird zwar festgestellt, aber dabei werden kaum missionsstrategische Überlegungen angestellt. Der „Ausblick: Die ekklesiale und missionarische Bedeutung des Hausgemeinde-Modells für die Gegenwart“ am Ende macht ganze 15 von 500 S. aus und enthält kaum etwas missiologisch Relevantes oder Neues, verläßt den Bereich der Landeskirche überhaupt nicht, stellt vor allem Fragen und trägt nichts zur gegenwärtigen weltweiten Debatte zum Thema bei. Kurzum, das Buch ist zum ersten Teil des Titels eine ausgezeichnete Aufarbeitung des Forschungsstandes, zum zweiten Teil des Titels jedoch wenig ergiebig. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-2. |
Gensichen, Hans-Werner. Invitatio ad Fraternitatem. 75 Jahre
Deutsche Gesellschaft für Missionswissenschaft (1918-1993). (Beiträge zur Missionswissenschaft und Interkulturellen
Theologie Bd. 1). Münster/Hamburg: Lit Verlag, 1993. Hans-Werner Gensichen, der als profilierter deutscher Missionswissenschaftler 25 Jahre den Vorsitz der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft (DGMW) inne hatte (1965 - 1990), ist sicher dafür prädestiniert, zum 75-jährigen Jubiläum dieser Gesellschaft in einer geschichtlichen Darstellung über deren Werden und Wollen Rechenschaft zu geben. Durch seine guten Kenntnissen der jüngeren Missionsgeschichte gerät das Buch zu einem knappen und übersichtlichen Abriß der Entwicklung missionswissenschaftlichen Denkens in Deutschland überhaupt. Gensichen spannt den Bogen von den ersten theoretischen Ansätzen, die sich bei G. W. von Leibnitz finden über Justian von Welz und Konrad Mel zu den ersten pietistischen Missionaren Ziegenbalg und Plütschau, die als Sendboten der Dänisch-Halleschen Mission in Verbindung mit August-Hermann Francke eine glückliche Verbindung von Missionstat und Missionstheorie lebten. Der dahinter liegende Konflikt zwischen Theorie und Praxis, zwischen dem sog. Missionsbetrieb durch die Missionsgesellschaften und dem kritischen Nachdenken über die Mission sollte den Kampf von Männern wie Karl Graul und Gustav Warneck bestimmen, denen es gelang, die Missionswissenschaft im Bereich der deutschen Universitäten fest zu etablieren. So kam es noch in den letzten Monaten des ersten Weltkrieges 1918 zur Gründung der Deutschen Gesellschaft für Missionswissenschaft, damals einzigartig in der Welt. Gensichen erhellt durch die Veröffentlichung bisher unzugänglichen Materials die Motive der Gründungsväter der DGMW, und zeigt auf, wie in den schwierigen Zeiten zwischen und nach den großen Kriegen durch Männer wie Carl Mirbt, Martin Schlunk, Julius Richter, Johannes Warneck, später dann auch Walter Freytag, Karl Hartenstein, Georg F. Vicedom und Gerhard Rosenkranz die Arbeit der Gesellschaft gestaltet wurde. Bedeutung erlangte sie besonders durch Nachwuchs - und Literaturförderung und Herausgabe zweier missionswissenschaftlicher Schriftenreihen. Dabei gelingt es Gensichen, durch knappe Übersichten Inhalt und Bedeutung dieser Veröffentlichungen darzustellen. Im Gegensatz zu dem guten geschichtlichen Überblick der weiter zurückliegenden Zeit wird Gensichen in der Analyse der Entwicklung der letzten 25 Jahre merkwürdig blaß und zeigt zuwenig auf, wie sehr die jüngere Missionswissenschaft in den Strudel der theologischen Substanzauflösung des Christentums geraten ist. Kritisch sei hier bemerkt, daß Gensichen mit keinem Wort auf die hoffnungsvollen Neuansätze des wissenschaftlichen Nachdenkens über Mission im evangelikalen Lager eingeht, welche durch den Verfall der klassischen Missionswissenschaften provoziert wurden. Wie kann eine Missionswissenschaft, die den „… Mißlichkeiten religiöser Propaganda und Kirchengründung“ entgehen will, um „…der wahren Wirklichkeit der heutigen Welt“ (S.93) eher standzuhalten noch „als der Mission dienende Wissenschaft“ verstanden werden, so wie es Rosenkranz anläßlich der Fünfzigjahrfeier programmatisch für die DGMW formulierte (S.4)? Hier liegt das Dilemma der heute im Bereich der Ökumene beheimateten Missionswissenschaft. Wenn die Missionstheorie nichts Positives mehr zur Missionspraxis beitragen kann, dann verwirkt sie ihre Berechtigung. Trotz der angedeuteten Schwächen ist das Buch eine gute Einführung in die Geschichte der deutschen Missionswissenschaft insgesamt, die in den letzten 75 Jahren von der DGMW mitgestaltet wurde. Ich möchte dem Buch, auch wenn der Einband etwas steril wirkt und der Titel allzusehr nur akademische Zirkel anspricht, eine breitere Leserschaft wünschen. Bernd Brandl, em 1996-2. |
Gerhards, Albert. Heinzgerd Brakmann (Hg.), Die
koptische Kirche. Einführung in das ägyptische Christentum. Stuttgart: W. Kohlhammer. Ein wirklich lesenswertes Buch für alle, die sich mit der Missions- und Kirchengeschichte christlicher Minderheiten in der islamischen Welt beschäftigen. Die Aufsatzsammlung behandelt außer der Geschichte einer der ältesten christlichen Kirchen überhaupt – die vorwiegend die Geschichte einer Märtyrerkirche war und ist – Themen wie das koptische Mönchtum, die Liturgie (einschließlich Eucharistiefeier), koptische Kunst und das in den vergangenen Jahren verstärkte Dialogbemühen der koptischen Kirche mit orthodoxen, katholischen und protestantischen Kirchen unterschiedlicher Prägungen. Hier haben Annäherungen in dem rund 1500 Jahre alten Streit um Chalcedon stattgefunden, und daher sollte die koptische Kirche nicht mehr als monophysitisch bezeichnet werden. Im Kapitel zum Leben koptisch-orthodoxer Frauen wird deutlich, daß sich im Vergleich zwischen muslimischen und koptischen Frauen erstaunlich wenige Unterschiede ergeben (Heiratsvermittlung, Wertschätzung der Frau erst durch die Mutterschaft sowie Mädchenbeschneidung sind hier wie dort gängige Praxis). Für Missiologen von besonderem Interesse ist die – angesichts zahlreicher Repressalien seitens des Islam - bemerkenswerte Tatsache, daß die innere Erneuerung der koptischen Kirche in der jüngsten Vergangenheit maßgeblich auf die umfangreiche Sonntagsschularbeit dieser Kirche zurückzuführen ist. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-2. |
Giesbrecht, Heinz Dieter. Mennonitische Diakonie am Beispiel Paraguays: Eine diakonietheologische Untersuchung (Veröffentlichungen des Diakoniewissenschaftlichen Instituts 45) Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2011. Heinz Dieter Giesbrecht ist Nachkomme deutsch-mennonitischer Einwanderer in Paraguay. Er ist Pastor einer Mennoniten Brüdergemeinde in Filadelfia (Chaco – Paraguay) und Dozent für Praktische Theologie an der theologischen Fakultät der Evangelischen Universität Paraguays. Mit der vorliegenden Untersuchung promovierte er im September 2008 an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Heverlee (Leuven) Die Monographie umfasst acht Kapitel. Im ersten Kapitel werden die grundlegenden Begriffe „Diakonie“, „Diakonietheologisch“ und „mennonitisch“ definiert. Unter diesen Aspekten formuliert Giesbrecht die Ziele seiner Untersuchung. Erste Absicht sei es, „anhand theologischer Kriterien die Praxis mennonitischer Diakonie in Paraguay zu beschreiben und zu bewerten...“ (27). Weiter möchte Giesbrecht herausfinden, „welche theologischen Überzeugungen sich hinter dieser diakonischen Praxis verbergen“ (27). Explizit möchte diese Arbeit theologisch ausgerichtet sein und keine sozialwissenschaftliche Untersuchung leisten, die die Folgen mennonitischer Diakonie unter den Empfängern erforscht. Kapitel 2 erarbeitet den theologischen Rahmen, um die diakonische Praxis in Paraguay ab Kapitel 5 zu bewerten. Giesbrecht stellt sich dafür zwei Leitfragen: 1. „Wie wird diakonisches Handeln biblisch-theologisch begründet und/ oder profiliert?“ 2. „Welche theologischen Leitlinien lassen sich für die Zielsetzung und Gestaltung diakonischen Handelns feststellen?“ (30). Zur Beantwortung der ersten Frage orientiert sich Giesbrecht an den wesentlichen heilsgeschichtlichen Grunddaten (Schöpfung, Sündenfall, Inkarnation, pneumatischer Ursprung der Gemeinde und Eschatologie). Dabei geht er auch auf theologische Diskussionen ein, wie das Verhältnis von Wort und Tat und von Schöpfung und Erlösung. Aus dieser theologischen Grundorientierung definiert er anschließend Ziel und Inhalt diakonischer Praxis (z.B. Hilfe zur Selbsthilfe). Anschließend untersucht Giesbrecht im dritten Kapitel, wie mennonitische Theologen des 20. und 21. Jahrhunderts zu dem in Kapitel 2 erarbeiteten theologischen Rahmen Stellung nehmen. Grundsätzlich stellt Giesbrecht hier zwei Tendenzen fest: Erstens akzentuieren Theologen wie H.S. Bender, J.H. Yoder, u.a. die diakonietheologische Bedeutung von Christologie und Ekklesiologie in der Betonung ihrer ethischen Relevanz. Die zweite Tendenz halte grundsätzlich an der ethischen Relevanz von Christologie und Ekklesiologie fest, sehe diese jedoch in der Soteriologie und Pneumatologie verankert. Da der Gnadencharakter hervorgehoben werde, wehre letztere einer latenten ethischen Überfrachtung der Diakonie. Um die diakonischen Initiativen der Mennoniten in der Kapiteln 5-7 besser zu erfassen, erforscht Giesbrecht in Kapitel 4 den diakonischen Gedanken im Kolonie-Mennonitentum, dessen Anfänge sich historisch im Preußen des 16. Jahrhunderts befinden und ab dem 18. Jahrhundert in Russland zur vollen Reife gelangten. Eben dieses Kolonie-Mennonitentum wurde gemäß seines russischen Vorbildes ab den 1920ger Jahren nach Paraguay verpflanzt. Giesbrecht beobachtet, dass der ursprüngliche im Glauben wurzelnde Gedanke der Liebestat als Zeichen des wahren Glaubens in den mennonitischen Kolonien immer mehr institutionalisiert bzw. sozialisiert und säkularisiert wurde. Jedoch kam es unter dem Einfluss der pietistischen und baptistischen Erweckungsbewegungen zu einer Erneuerung des diakonischen Gedankens, was sich in einer Vielzahl von geistlich-motivierten karitativen Werken in Russland niederschlug. Die Erfahrungen der Erweckungsbewegung und die im Leid nach 1917 erfahrene Hilfe bei Flucht und Neuansiedlung durch das Mennonitische Zentralkomitee (MCC) haben dazu geführt, dass man in Paraguay eine missionarisch-orientierte und transkulturelle Entwicklungsdiakonie aufbaute. In den anschließenden drei Kapiteln untersucht Giesbrecht sieben diakonische Institutionen der Mennoniten in Paraguay. Diese sind nach dem Kriterium der Trägerschaft (Gemeinde, gemischte Trägerschaft aus Gemeinde und Kolonie und privater Vereinsträgerschaft) gegliedert. Jede dieser Institutionen wir anhand der eigenen Geschichte und Zielsetzung dargestellt. Anschließend gibt Giesbrecht einen diakonietheologischen Kommentar, wobei ihm die in Kapitel 2 und 3 erarbeiteten Kriterien als Maßstab dienen. Wesentliche Resultate werden dann in Kapitel 8 zusammengefasst und bewertet. Giesbrechts Monographie ist auf jeden Fall eine lohnende Lektüre für Diakonie-engagierte Christen. Es gibt dem Leser einen guten und ausgewogenen Einblick in die gegenwärtigen theologischen Diskussionen um das Thema Diakonie und exemplifiziert diese an konkreten Beispielen. Zum ersten Mal werden somit dem deutschen Raum wesentliche Erfahrungen und Erkenntnisse mennonitischer Diakonie (aus Paraguay) und Theologie zugänglich gemacht. Erfahrungen und Reflexionen aus anderen Kontexten bereichern die eigene Wahrnehmung. Das Lesen dieses Buches ist eine angenehme Erfahrung, da Giesbrecht sich immer wieder bemüht, wesentliche Inhalte zusammenzufassen und zu präzisieren. Der Leser dieser Untersuchung sollte jedoch über dogmatische Grundkenntnisse verfügen, da diese in manchen theologischen Diskussionen vorausgesetzt sind. Für die Diakonie in Paraguay ist dieses Buch eine Herausforderung. Die solide theologische Arbeit fordert eine weiterführende soziologische Untersuchung der Geber- und Empfängergruppen, um zerstörerische Faktoren der mennonitischen Diakonie zu orten und zu korrigieren. Giesbrecht zählt beeindruckende Fakten auf, die von einem Erfolg mennonitischer Diakonie in der verbesserten Lebensqualität der Empfänger zeugen. Soziologisch müsste erforscht werden, ob dieser quantitative Erfolg zu einem dauerhaften qualitativen Fortschritt führt (z.B. ob Abhängigkeiten langsam aufgehoben werden, Überwindung einer häufig paternalistischen Haltung) und welche kulturell angemessenen Schritte in diese Richtung unternommen werden müssten. Rainer
Siemens, em 2012-3. |
Glaser, Ida; Napoleon John.
Partners or Prisoners?
Christians thinking about women and Islam.
Paternoster: Carlisle, 1998. Wo liegen die wirklichen Unterschiede zwischen Islam und Christentum, wenn es um die Beurteilung und Stellung der Frau geht? Ist das Kopftuch wirklich ein ‘Instrument der Unterdrückung’ und wäre deshalb mit dem christlichen Glauben nie und nimmer vereinbar? Enthält nicht auch die Bibel Aussagen zum Thema Frau („… sie sollen zu Hause ihre Männer fragen“ u. a.), die ganz und gar nicht zum westlichen, freiheitlichen, gleichberechtigten Christentum zu passen scheinen und eigentlich fast „islamisch“ klingen? Diese Fragen möchten die Autoren auf den Punkt bringen, ohne einerseits altbekannte Vorurteile gegen den Islam neu zu schüren, aber andererseits auch ohne den biblischen Textbefund zu relativieren. Sie scheuen sich ebensowenig, Musliminnen in ihren apologetischen Äußerungen selbst zu Wort kommen zu lassen und positive Seiten der islamischen Kultur zu benennen wie Verirrungen der christlichen Kirchengeschichte und Exegese anzuführen, denn sie möchten „unter allen Umständen der Versuchung widerstehen, die besten Seiten des Christentums mit den dunkelsten Kapiteln des Islam zu vergleichen“ (14). Das Buch möchte nicht polemisieren, aber auch nicht nur wissenschaftliche Vergleiche ziehen: Der Leser erfährt als Resümée aus der sehr sachkundigen, ausführlichen Koran- und Bibelexegese, aus dem Studium von Sekundärliteratur und islamischer Überlieferung, daß für Glaser und John nur das biblische Gottes- und damit auch Menschen- und Frauenbild Würde und Freiheit vermitteln, aber auch nur das Christentum als einzige Religion Aufgabenverteilung und Platzzuweisung ohne Unterdrückung kennt. Viele langjährig gereifte Überlegungen werden hier in
großer Dichte klar und prägnant zusammengefaßt. Manche Überlegungen zum biblischen
Frauenbild sind durchaus herausfordernd. Aber auch wer den Autoren nicht in
al Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-3. |
Glasser,
Arthur. Announcing
the Kingdom: The Story of God’s Mission in the Bible. Grand Rapids: Baker Academic 2003. Ganz selten habe ich es gewagt, ein Buch eines meiner geschätzten Lehrer zu zensieren. Dann und wann aber sind Ausnahmen nicht nur berechtigt, sondern geboten. Wer Professor Glasser einmal erlebt hat, vielleicht sogar ein oder zwei Semester bei seinen Vorlesungen dabei war und jetzt dieses Buch liest, der wird unwillkürlich an den apostolischen Aufruf denken müssen: „Gedenkt eurer Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben! Betrachtet genau das Ende ihres Lebens und folgt ihrem Glauben nach!“ (Hebr 13,7). Beim Lesen dieses Buches kann jeder Lernende vernehmen, wie sein ehemaliger Lehrer immer noch von den großen Taten Gottes redet und herausgefordert werden, das gleiche zu tun. Dr. Glasser schreibt nicht als Theoretiker, sondern als einer, der sein Leben lang die Dringlichkeit der missionarischen Sendung gelebt und gelehrt hat. Selbst im Alter von über neunzig Jahren bleibt er missionarisch engagiert. Sowohl bei seinen Predigten und Vorlesungen hinter Kanzel und Katheder, ais auch bei seinen schriftlichen Arbeiten am Schreibtisch ging es ihm von jeher nicht darum, marklose Bruchteile und Fragmente biblischer Wahrheiten wiederzugeben. Er war vielmehr darum bemüht, die Zusammenhänge in ihrer ganzen Tiefe des Evangeliums vom Reich Gottes zunächst selbst zu erkennen, davon gepackt und überwältigt zu werden, und erst dann an seine Hörer und Leser zu vermitteln. Nach wie vor möchte er die Nachfolger des Herrn motivieren, die heilbringende Botschaft von Jesus Christus unter allen Völkern der gefallenen Welt zu verkündigen. Dabei geht es immer – wie Glasser nachweist – um einen gewaltigen Machtkampf zwischen Jahwe und Baal (S. 114-116), zwischen Jesus Christus, dem Licht der Welt, und den Fürsten und Mächten der Finsternis (S. 207-208; 250-256; 330-337). Das Reich Gottes eben ist nicht von dieser Welt. Das Buch bietet keine oberflächliche Lektüre an, ist auch nicht für denkfaule Leser geschrieben. Diesen tiefgründigen Wesenszug des Autors hat Professor Paul Hiebert, ehemaliger Kollege von Dr. Glasser, im Vorwort auf den Punkt gebracht: „Die meisten Christen reden von ihrem persönlichen Heil und was Gott in ihrem Leben für sie getan hat. Sie haben eine Theologie der Anbetung und Gemeinschaft, des Gesundheitszustands materiellen Wohlstands und der Besorgnis ur Bedürftigen. Aber sie geben sich in ihrem Denken wenig mit einer Welt verschiedener Völker ab, machen sich kaum Gedanken über die in Übel und Sünde verstrickte Erde; sie denken weder über Geschichte nach, die sich von vor der Schöpfung bis hin in die Ewigkeit erstreckt, noch geben sich Rechenschaft über den Grund, weshalb und wozu sie eigentlich in dieser Welt existieren“ (7). Glassers Theologie geht tiefer und weiter über den Rahmen solcher Oberflächlichkeit hinaus. Wie der vielfarbige Regenbogen sich unserm Gesichtskreis von Horizont zu Horizont erstreckt und uns an Gottes Gnadenbund mit den Menschen innert, so versucht Arthur Glasser seinen Lesern einen Gesamtüberblick von Gottes geschichtlichem Heilshandeln zu gewähren. Er interpretiert die großen Heilstaten Gottes als das eigentliche Missionsthema der Bibel, wie es sich in der Offenbarungsgeschichte zwischen Weltschöpfung und Weltvollendung als ununterbrochene Ankündigung des Reiches Gottes entfaltet. Wer das Buch als Systematiker oder als Dispensationalist liest, darf von vorne herein mit Enttäuschungen rechnen. Glassers hermeneutischer Ansatz ist am besten als der eines Bibeltheologen zu verstehen. Er versucht nach den kanonische Schriften („canonical Scriptures“, wie er die Bibel mit Vorliebe nennt) zu zeigen, wie Gott das gesamte missionarische Handeln kontinuierlich in drei großen Zeitepochen durchführt: Die Urgeschichte mit ihrem Universalcharakter berichte Gottes Wirken bei der Schöpfung, dem Sündenfall und Gericht, so wie in der Sprachenverwirrung und Zerstreuung beim Turmbau zu Babel (1Mo 1-11). Die zweite Epoche von 1Mo 12 durchgehend bis Apg 1 bezeichnet Glasser als „particular history“ (Sondergeschichte). Hier gibt sich Gott vorwiegend mit seinem auserwählten Volk Israel und dessen Verhältnis zu den Völkern ab, und zwar von der Berufung Abrahams bis zur Sendung des Messias und den damit zusammenhängenden Heilsgeschichtlichen Ereignissen. In der dritten und letzten Epoche greift Glasser zurück auf das Thema der Universalgeschichte, die durch das Kommen des Heiligen Geistes und den Aufbruch der Gemeinde (Apg 2) weitergeführt und von Gott selbst vollendet wird (Offb 22; vgl. die Zusammenfassung auf S.29-30). In sechs weiteren Hauptteilen, die jeweils aus drei, vier, oder fünf Kapiteln bestehen, detailliert der Autor die umfangreiche Mission Gottes, und zwar wie sich diese schon in den ersten Berichten der Bibel deutlich kundtut (S.17-68); wie sie dann von Israel, dem Volke Gottes, empfangen und getragen wird (S.71-124); wie die Botschaft – einschließend die prophetische Verheißung vom Messias – über Israels Grenzen hinaus zu den Nationen kommt (S.127-179); wie das Reich Gottes in Jesus, dem Christus Gottes, konkret in Erscheinung tritt (S. 183-256); wie die Gemeinde Jesu die Mission verkörpert und in der Kraft des Heiligen Geistes von Jerusalem ausgehend die Botschaft vom Reich Gottes in der ganzen Welt verkündigt (S.259-325). Endlich weist Glasser nach, dass die Mission Gottes alle Grenzen übersteigt und bis an das Ende der Erde und Zeit hinausreicht. (S.329-373). Bei all den theologischen und historischen Ausführungen beruft sich Glasser einzig auf die biblischen Aussagen in ihrem Zusammenhang. Dazu hat er nahe an 3.000 Schriftstellen alten und neuen Testaments zitiert und viele davon bearbeitet, Er will seinen Lesern nicht nur ein umfangreiches und einheitliches Bild von der Missio Dei zeigen. Vielmehr möchte er ihnen Gott selbst in seiner ewig-majestätischen Größe und Dreifaltigkeit als den Vater, Sohn und Heiligen Geist präsentieren. Sie sollen ihn in seiner heiligen, gerechten und liebevoll-erlösenden Einzigartigkeit als den Gott der Mission kennenlernen (S.243-245). Gott erkennen, Jesus Christus als einzigen Weg zum Heil akzeptieren, ihm als Herrn dienen und dem Heiligen Geist gehorchen ist der Sclüssel zu einem fruchtbaren Leben in der Beteiligung an der Mission Gottes. Sowohl ein umfangreiches Bibelstellen- und Sachregister als auch die vielen Zitate aus der Bibel und anderen Quellen sind eine wertvolle Hilfe, sich weiter mit der Thematik auseinanderzusetzen. Was den Leser weiter beeindruckt, ist eine zehnseitige Bibliographie, in der mehr als 250 relevante Bücher und Artikel zum Thema aufgelistet sind. Diese Liste kann aber auch täuschen. Man findet z. B. unter den vielen Quellen kein Buch, das nach Perestroika oder nach dem Sturz der Mauer zwischen Ost und West dem motivierten Leser den Vorhang lüftet und einen Einblick in das missionstheologische Denken der ehemaligen „Zweiten Welt“ gewährt. Das trifft allgemein auf die letzten zehn bis zwanzig Jahre zu. Solche Vernachlässigung kan man von Dr. Glasser im Kontext seiner Wirkungszeit verstehen, aber kaum von seinen jüngeren Kollegen, die auf der Titelseite als Mitarbeiter genannt werden. Trotz dieses Mangels kann ich das Buch nur empfehlen. Noch ein Wort zum Schluß. In der Einführung zum ersten Kapitel kündet Dr. Glasser seine grundsätzliche Haltung zur Heiligen Schrift an: „Die ganze Bibel alten und neuen Testaments ist ein missionarisches Buch; sie ist die Offenbarung der missionarischen Absichten und Aktionen Gottes in der Geschichte der Menschheit“ (S.17). Nachdem er dieses große Thema in 23 Kapiteln behandelt hat, schließt der Autor sein Werk mit einem bescheidenen Bekenntnis ab: „Am Abschluß dieser Untersuchung stehen wir unter dem eindeutigen Eindruck, dass unsere Erkenntnis begrenzt geblieben ist, und dass unser Verständnis der Wahrheit weder vollkommen noch vollendet ist (1Kor. 13,9.12). Gelegentlich stießen wir bei unserer Auseinandersetzung auf scheinbaren Widerspruch, indem wir bestimmte Wahrheiten sahen, aber die Zusammenhänge nicht voll und ganz verstehen konnten. Wir haben jedoch das Vertrauen, dass das, was geschrieben wurde, den Eindruck einer aufrichtigen und lautern Bemühung vermittelt, auf Gottes Wort des kanonischen Textes der Heiligen Schrift hinzuhören“ (S.373). Prof. em. Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 2005-1. |
Goldsmith,
Martin (Hg.). Ein
Herz für Missionare. Marburg:
Francke, 1992. Nur die gute Hälfte dieses Buches befaßt sich mit der Unterstützung von Missionaren. Es zeigt sich schnell, daß uns Autoren aus Großbritannien (alle irgendwann Mitarbeiter der OMF/ÜMG) kulturell näher sind als der Amerikaner Pirolo. Was sie zu den drei Themenbereichen Gebet, Ausreise und Rückkehr sagen, weckt Verständnis. Dennoch bleibt der Wunsch nach einem nicht übersetzten Buch zum Thema. Die andere Hälfte des Buches berichtet über weltweite Trends in der Mission und argumentiert mit biblischen Begründungen gegen Vorbehalte gegenüber der Mission. Christof Sauer, em 1994-3. |
Goldsmith, Martin. Islam und Christliches Zeugnis. Verlag C. M. Fliß: Hamburg 1993. Der Autor kennt die aktuellen Entwicklungen im Islam, hat Erfahrung im Umgang mit Muslimen und besitzt eine fundierte Kenntnis der islamischen Geschichte und Theologie. Sein Ziel ist es, Christen zum Zeugnis zu motivieren, trotz aller Probleme, die bei der Weitergabe des Evangeliums an Muslime auftreten. Dies gelingt ihm nicht zuletzt durch eine kurze und gut verständliche theologische Einführung in den Islam. Eine prägnante Abhandlung über die Vorzüge des christlichen Glaubens, sowie praktikable und teils ungewöhnliche Tips zum Zeugnisgeben schließen sich dem an. Die Überlegungen, wie aus dem Islam Bekehrte ihr Christsein ausleben können, sowie eine ermutigende Bestandsaufnahme von Bekehrungen im Islam aus aller Welt runden das Buch ab. Insgesamt versteht der Autor tiefgründige Zusammenhänge auf einfache und interessante Art und Weise zu schildern. Michael Wimmer, em 1996-2. |
Goldsmith, Martin. Life’s Tapestry. Reflections
and Insight from my Life. OM Publishing: Carlisle (GB), 1997. „Bleib unter dem Tisch, du bist Missionar!“ Ist Martin Goldsmith beleidigt, ärgerlich, als er von einem Indonesier so zurechtgewiesen wird? Nein, denn seine Grundeinstellung ist es, in jeder neuen Situation - und es sind deren viele - neu zu lernen, immer andere zu motivieren, ja sogar, ihnen die Ehre des Erfolges zu überlassen. Abgehoben? Sicher nicht! Goldsmith macht den Lernprozeß humorvoll deutlich, aber diese Demut bei aller fachlichen (Oxford) und geistlichen Kompetenz stellt den Leser in Frage und fordert ihn auf, nur für Jesus zu leben. Das macht frei, jede neue Kultur aufgrund der Bibel zu beurteilen und nicht vor dem eigenen Hintergrund. Mit der Haltung des Dieners erwirbt man sich das Vertrauen der Leute, nicht mit der Parole: „Jetzt komme ich, jetzt geht es los!“ Leicht? Sicher nicht, aber in der Zeit des Postkolonialismus das Beste. Nach Singapur, Thailand, Indonesien geht der Weg für Goldsmith nach Malaysia und bringt die schmerzliche Erfahrung, daß sich Erfolgsstrategien nicht so einfach von einer Kultur in die andere übertragen lassen. Martin und Elizabeth Goldsmith kennen das schwarze Loch, wenn man Gott und Menschen nicht mehr versteht. Aber sie haben gelernt, daß Bitterkeit die Wurzel vieler Übel ist. So sind sie frei, einen Ruf an das „All Nations Christian College“ in Großbritannien anzunehmen und merken, wie Gott sie vielfach ohne ihr Wissen Schritt für Schritt in einen weltweiten Vortragsdienst führt. Und was ist das Vermächtnis ihres Lebens, nach dem Martin Goldsmith im Vorwort fragt? Es ist, daß Jesus in allem den Vorrang habe und daß der Knecht nicht höher stehe als sein Herr! Das Buch macht Mut dazu und fordert heraus, für das eigene Leben nicht mit weniger zufrieden zu sein. Ingrid v. Torklus, em 1998-4. |
Goldsmith,
Martin. Matthew
& Mission: The Gospel through Jewish Eyes. Carlisle: Paternoster, 2001. M. Goldsmith, weitgereister Vortragsredner und Autor vieler Bücher zu missiologischen und missionspraktischen Themen, war Missionar der ÜMG in Singapur, Malysien, Indonesien und Thailand, lehrt am All Nations Christian College in Großbritannien und gehört als jüdischer Christ zum Vorstand des europäischen Zweiges der Jews for Jesus-Bewegung. Mit diesem Buch legt Goldsmith eine missiologisch-exegetische Studie zum Matthäusevangelium vor, die sowohl die wissenschaftliche Diskussion (wenn auch ohne Fußnoten) als auch die praktische missionarische Erfahrung berücksichtigt. Dabei stellt die jüdische Perspektive, die der Autor mitbringt, eine weitere Bereicherung der Auslegung dar. In 14 Kapiteln, die sich am Aufbau des Textes orientieren, nimmt Goldsmith den Leser mit auf eine spannende Entdeckungsreise, die mit dem Hinweis auf die missionarische Gegenwart Jahwes in Jesus Christus als „Immanuel“ (Gott mit uns) beginnt (Mt. 1,23) und mit der missionarischen Verheißung der Gegenwart Jesu endet: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Mt. 28,20). Zwischen dieser literarischen „Klammer“ (inclusio) entfaltet sich die Mission Jesu Christi und seines Jüngerteams, die schließlich in der weltweiten Sendung der Gemeinde an alle Völker – Juden und „Heiden“ gipfelt. Immer wieder zieht Goldsmith die missionstheologische Linie aus in die Gegenwart (z.B. in der religionstheologischen Auseinandersetzung) und illustriert seine Aussagen durch eigene Erfahrungen im weltweiten Dienst. Besonders die heutige Situation jüdischer Christen weltweit und in Israel und die besonderen Herausforderungen der Verkündigung des Evangeliums unter Juden treten immer wieder in den Fokus. Am Ende des Buches findet sich eine kurze Bibliographie. Das Buch stellt keinen wissenschaftlichen Anspruch, ist aber eine inspirierende Lektüre, die sowohl frische Einsichten in das Studium des Matthäus-Evangeliums vermittelt als auch wichtige Horizonte für den missionarischen Auftrag in der Nachfolge Jesu heute vermittelt - an Juden, nachchristlichen und anderen „Heiden“. Dr. Friedemann Walldorf, em 2003-2. |
Goldsmith, Martin. What in the World is God Doing? Eastbourne: Monarch, 1991. Solch ein Streifzug um die Welt mit missionarischer Perspektive, allgemeinverständlich und kurz gehalten, fehlt uns auf Deutsch. Ein wichtiges Motivations- und Informationsbuch für die Gemeinde. Nachahmenswert erscheint auch die „All Nations Series“ (der gleichnamigen internationalen Missionsschule in England), in der dieser Titel erscheint, mit dem vierfachen Ziel: Grundlegendes über Mission zu lehren, den westlichen Kirchen Mission wichtig zu machen, Unterstützung der Mission durch Gebet und Handeln anzuregen und den Kirchen im multikulturellen Westen zu helfen, von den Erfahrungen der weltweiten Kirche zu lernen. Wäre die FHM oder die AEM zu einem ähnlichen Gemeinschaftprojekt fähig? Christof Sauer, em 1994-1. |
Gottwald, Eckart und Folkert Rickers (Hg.), www.geld-himmeloderhölle.de
– Die Macht des Geldes und die
Religionen. Anstöße zum interreligiösen Lernprozess im Zuge der
Globalisierung. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2002. Geld – für die einen der Himmel, für die anderen die Hölle? Oder für jeden der Himmel? Oder für jeden die Hölle? Oder immer beides zugleich? – Ohne Zweifel ist Geld eine allgegenwärtige Macht, die gerade im Zuge der Globalisierung ihre gesellschaftliche Wirkung verstärkt entfalten kann und für viele Menschen - insbesondere unter Einfluss der Medien - zur Ersatz- bzw. Lifestylereligion geworden ist. Damit stellt das Geld eine bislang unterschätzte Gefahrdung für die Religionen dieser Welt und eine Herausforderung für die Religionspädagogik dar. Die Herausgeber stellen daher als Religionspädagogen die Frage, inwiefern die Religionen eine kritische Potenz gegenüber dem Geld enthalten und entfalten können. Das Buch ist mit seinen zehn Beiträgen so aufgebaut, dass nach einem volkswirtschaftlich orientierten Grundlagenbeitrag zur modernen Geldwirtschaft die Haltung der vier Religionen Christentum, Islam, Bahä’i und Buddhismus zum Geld dargestellt wird, indem jeweils ein Vertreter dieser vier Religionen zu Wort kommt. In den anschließenden Beiträgen wird versucht, religionspädagogische Folgerungen zu ziehen und Alternativen zur kapitalistischen Geldwirtschaft aufzuzeigen. Die Selbstdarstellung der einzelnen Religionsvertreter bezüglich der Einstellung ihrer Religion zum Geld ist zwar nicht erschöpfend und auch nur begrenzt selbstkritisch, sie gibt dem Leser aber einen interessanten Einblick in die wesentlichen Einstellungen und Handlungen und in die Begrifflichkeiten (Zakat, Zinsverbot, Jobel- und Erlassjahr, Ich-Illusion, HuququUah usw.) der jeweiligen Religion zum Thema „Geld“. Selbstkritik kommt bezeichnenderweise primär aus dem christlichen Lager. Hier sei der Anspruch aber auch am höchsten, weil allein das Christentum grundsätzlich eine Problematik im Geld sehe: Gott sei ein Gott der Armen. In den anderen Religionen werde nur die Gefahr des Geldbesitzes aufgezeigt, Geldbesitz an sich sei dort aber nicht negativ behaftet. Als Leitlinie der religionspädagogischen Ausführungen wird gefragt, was das jeweils Bindende unseres Lebens sei. Es werden weitere Fragen angerissen, die den Leser zum Nachdenken über die Macht des Geldes bringen sollen, ohne fertige Antworten zu liefern: Was sind die strukturellen bzw. gesellschaftlichen Komponenten der Macht des Geldes? Wie kann man andere Werte noch neben dem Wert des Geldes halten? Was sind Möglichkeiten erfüllten Lebens, die sich nicht am Materiellen orientieren? Als Alternativen zur modernen Geldwirtschaft werden unter anderem Leih-und Schenkgemeinschaften, Stiftungen, Kleinkreditprojekte in der Dritten Welt und Tauschringe vorgestellt, wiederum jeweils von einem Mitarbeiter dieser Projekte. Diese Initiativen stellen aber als idealistische, teils auf Spendenbasis finanzierte Klein- oder Entwicklungsprojekte keine Alternative zu unseren großen, anonymen Märkten dar. Einzig die Ethik- und Ökofonds haben sich inzwischen zu einer respektablen Alternative zur rein kapitalistischen Geldwirtschaft entwickelt. Das Buch ist insgesamt gut leserlich geschrieben und in der Lage, den Leser für die Problematik des eigenen Umgangs mit dem Geld zu sensibilisieren und vereinzelt Alternativen aufzuzeigen. Nicht verschwiegen werden darf allerdings, dass das Buch insgesamt an einer zu undifferenzierten und teilweise auch unberechtigten Kritik an unserem Wirtschaftssystem leidet. An diversen Stellen fehlt es an Sachkunde, gängige Klischees werden unkritisch übernommen. Biblische Verse werden - teils auf Basis historisch-kritischer Grundannahmen - interessegcleitet interpretiert. Für den missiologisch interessierten, kritischen Leser kann es dennoch gewinnbringend sein, die gelieferten Grundinformationen über den Umgang mit Geld in anderen Religionen und alternativen Projekten zu reflektieren. Andreas Mitschke, em 2003-3. |
Graham, Billy. So wie
ich bin: Die Autobiographie. Brunnen Verlag: Gießen, 1998. Mit diesem Buch liegt nun die deutsche Übersetzung der Erinnerungen des wohl bekanntesten Evangelisten der Welt an sein Leben und seinen Dienst vor. Den inhaltlichen Schwerpunkt legt Billy Graham dabei auf seine Reisen in verschiedene (z.T. „verschlossene“) Länder und auf seine Begegnungen mit berühmten Persönlichkeiten. Missiologisch interessierte Leser werden sich daran freuen, daß das Buch einige interessante Hintergrundinformationen über die Geschichte und Arbeitsweise der Billy Graham Evangelistic Association enthält. Eine andere Gewichtung der Themen wäre jedoch – aus missiologischer Sicht – wünschenswert gewesen: So fallen z.B. die Abschnitte über die Kongresse in Berlin 1966 und Lausanne 1974 sehr viel kürzer aus, als etwa die ausführlichen Beschreibungen der Begegnungen Grahams mit den einzelnen amerikanischen Präsidenten. Das Beeindruckende an dieser Autobiographie ist, daß der Leser spüren kann: Da lebt ein einfacher, „von Natur aus schüchterner“ Mensch konsequent seine gottgegebene Berufung: die Verkündigung des Evangeliums. So erscheint es geradezu typisch für Graham, wenn er es im letzten Teil des Buches nicht lassen kann, dem Leser zu erklären, was „Wiedergeburt“ meint und wie sie geschehen kann (S.669). Trotz seiner 700 Seiten ist das Buch leicht zu lesen, wozu auch vier Bildteile beitragen. Andreas Baumann, em 1999-3. |
Grandjean, Samuel. Orano. Genf: Haus der Bibel, 3. Auflage 1989. Drei interessante und vielen Menschen unbekannte Bereiche eröffnen sich dem Leser in diesem Buch: Nordafrika, ein Leben ohne Angehörige und ein Leben in Blindheit. Der dreijährige blinde Orano wird von seiner Mutter ausgesetzt und muß ohne Angehörige seinen Weg ins Leben finden. Waisenhaus, Schule, Erlernen der Blindenschrift, Ausbildung im Ausland (Frankreich), Erlebnisse als Blinder unter Sehenden und anderen Blinden und nicht zuletzt das Staunen darüber, wie Gott sich ihm offenbart und neues Leben schenkt - dies alles verpackt in spannende, kurze Abschnitte - machen das Buch zu einer wertvollen Lektüre für die ganze Familie. Als Kinder unserer so abgesicherten Umgebung treffen uns die tragischen Erlebnisse des Orano ganz besonders. Deshalb scheint mir das Buch als „Gute-Nacht-Geschichte“ für sensible Kinder weniger geeignet zu sein. Der Autor beider Bücher, Samuel Grandjean, ist vor allem im französischsprachigen Raum aufgrund seiner zahlreich veröffentlichten Kinderbücher und Arbeitsmaterialien für Kinderstunden bekannt. Michael Wimmer, em 1997-2. |
Grandjean, Samuel. Sebti der Furchtlose. Genf: Haus der Bibel, 1990. Diese aus dem Französischen übersetzte, spannende, wahre Geschichte eines algerischen Jungen, der mit seiner Familie nach Nordfrankreich kommt, ist nicht nur für Kinder eine wertvolle Lektüre. Zwei Kulturkreise treffen im Leben des Jungen Sebti immer wieder aufeinander: nordafrikanische Tradition und westlicher Materialismus. Viele kleine, spannende Abenteuer prägen seine Kindheit, zuerst im kleinen algerischen Dörfchen, später in verschiedenen Gebieten Frankreichs. Er muß lernen, was es bedeutet, Ausländer zu sein, in Eisenbahnwaggons zu leben und mit den oft negativen Einflüssen seiner Spielkameraden zurecht zu kommen. Der unerwartete Besuch von Missionaren, die bereits in seiner Heimat gearbeitet haben, bringt eine ganz neue Perspektive in sein Leben. Durch freundliche und hilfsbereite Christen lernt er schließlich auf einem Jungscharlager Jesus als seinen persönlichen Herrn kennen. Die Stärke dieses Buches ist, daß es nicht mit Sebtis Bekehrung aufhört nach dem Motto „Ende gut, alles gut“, sondern daß das letzte Drittel Sebtis neuem Leben mit Jesus gewidmet ist. Michael Wimmer, em 1997-2. |
Greenway, Roger S., Timothy M. Monsma. Cities: Mission’s New Frontier. Baker Book House: Grand Rapids, 1989. Die beiden Autoren, die beide schon durch Veröffentlichungen zur Großstadtmission hervorgetreten sind, versuchen in diesem Band das Thema Großstadtmission umfassend zu behandeln. So umfassen die 20 Kapitel eine kaum zu überbietende Spannbreite, wie ein Blick in die Liste der Themen beweist, die sich leicht verlängern ließe: Großstadtmission im AT und im NT; ethnische Gruppen in Großstädten; die Familie des Großstadtmissionars; Statistiken; Slums und Armut, eine 44seitige Bibliographie; Gemeindewachstum und das Verhältnis zur politischen Führung. Sicher sind die Kapitel von unterschiedlichem Wert. Erfreulich sind die drei biblischen Einführungskapitel, auch wenn es mir fraglich erscheint, ob man eine spezielle Großstadtmission aus dem Neuen Testament erheben und zum Muster machen kann. Die Aufgabe der Großstadtmission für die Evangelisation ihrer Umgebung, die bei Paulus eine solch große Rolle spielt, wird kaum betont. Um so besser sind viele der praktischen Kapitel. Sie stellen einerseits dar, wie vielerorts gearbeitet wird, und machen andererseits Vorschläge, wie die Missionsarbeit auf die Großstadtsituation der Zukunft eingehen sollte. Man spürt dem ganzen Buch die Begeisterung und Hingabe ab, mit der die Autoren die Millionenstädte dieser Welt für Christus gewinnen möchten. Dadurch ist das Buch nicht nur für Großstadtmissionare zu empfehlen, sondern auch für solche, die es bis jetzt noch nicht werden wollen. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1990-2. |
Gremels, Georg (Hg.),
Alles beginnt einmal ganz klein. Klaus
Vollmer im Spiegel seiner Weggefährten. Mit Beträgen von Ulrich Parzany,
Reinhard Deichgräber, Klaus Eickhoff u. a., Marburg a. d. Lahn: Francke,
2012. Das Phänomen geistlicher „Denkmalorte“ – in diesem Fall
Hermannsburgs –, „wo sich die Fülle des christlichen Gemeingeistes
konzentriert zur allgemeinen Wiederbelebung des christlichen Sinnes und zur
christlichen Regeneration der im allgemein[en] verfallenen geselligen
Zustände“ (Johann Hinrich Wichern), schließt interessanterweise auch die
Möglichkeit der Regeneration ein. Unter Aufnahme von mit den Gründern verbundenen
Impulsen wie „die Kirchengemeinde als Trägerin von Mission und Diakonie“ und
des Gebets von Ludwig Harms (1808-1865), dem Begründer der Hermannsburger
„Missionsgemeine“, geschieht mitunter wirkungskräftige Erneuerung, die neue
Impulse aufnimmt oder ältere auswählt und verstärkt. Mit der Berufung des Neutestamentlers
Dr. Olav Hanssen († 2005) vom Johanneum in Wuppertal an das Missionsseminar
in Hermannsburg 1957 durch Landesbischof Dr. Hanns Lilje vollzog sich eine
solche „Regeneration“, die sich personal an seinem nicht immer konfliktfreien
Zusammenwirken im „Viergestirn“ mit dem Volksmissionar Klaus Vollmer
(1930-2011), Hanssens Schüler am Johanneum, Dozent Reinhard Deichgräber (*
1936) und Pastor Wolfgang Bartholomae († 2008) festmachen lässt. Es ist doch
überraschend, wie viel Geist des Johanneums/Wuppertal mit seiner Hochschätzung
des griechischen Neuen Testaments für die Predigerausbildung mit Olav Hanssen
auch nach Hermannsburg gelangte, so wie bereits die Missionarsgeneration nach
dem zweiten Weltkrieg, zu großen Teilen aus Flüchtlingen und Vertriebenen
bestehend, die traditionelle Hermannsburger Rekrutierung verändert hatte. Das
Moment der Gemeinde als Gemeinschaft der „familia Dei“ ent¬fal-tete in
bruderschaftlicher Art unter Betonung von Meditation und Spiritualität für
die Zeit von 1960-1990 eine große Anziehungskraft, die nicht nur das
Ausbildungsinstitut der Mission (seit 1977 Ev.-luth. Missionswerk in
Nieder-sachsen), das 1849 begründete Missions-seminar, neu belebte, sondern
auch Institutionen wie die „Missionsbräute-schule“ als weibliche Mitarbeiterschule
erfasste und eine Mitarbeiterschule für junge Männer entstehen ließ. In der
Zeit der studentischen Proteste um und nach 1968 fanden viele junge Menschen
neue Orientierung in den verschiedenen Zweigen der „Koinonia“, die sich um
Her-mannsburg sammelte. Mit dem Namen Klaus Vollmer sind die Gruppe 153, dann
die „kleinen Brüder vom Kreuz“, später „Geschwisterschaft“, verbunden. Wenn eine Phase der Erneuerung und Verlebendigung in der
Kirchengeschichte neuen Entwicklungen Platz macht, artikuliert sich zunächst
das Bedürfnis nach Erinnerung der Beteiligten. Georg Gremels, vielfältig mit
dem ELM verbunden, zuletzt Leiter der Abteilung Deutschland und
Stellvertreter der Di-rektorin, gebührt der Verdienst nach seinem
Erinnerungsbuch an Olav Hanssen „Unterwegs zur Mitte. Bausteine einer
Biographie“ (Marburg 2005) nun auch Klaus Vollmer ein entsprechendes Buch
gewidmet zu haben. Rechtzeitig zur Jährung des Todestages am 3.6.2011 wurde
das Buch in Hermannsburg vorgestellt. 66 Beiträge von Weggefährten und
Weggefährtinnen – unterschiedlich lang – sind in dem Band versammelt, der im
Titel einen für Klaus Vollmer zentralen Gedanken lutherischer
Kreuzestheologie „Alles beginnt einmal ganz klein“, neu formuliert von Hermann
Bezzel, aufnimmt. Interessanterweise wurde damit eine sich schon bei Ludwig
Harms artikulierende Auslegung des Gleichnisses vom Senfkorn aus der
Missionsbewegung des 19. Jh. variiert, ohne dass diese Kontinuität
sprachlichen Ausdruck gefunden hätte. Blitzlichter persönlicher Erinnerung
können keine wissenschaftlich verantwortete Kirchen-geschichtsschreibung
ersetzen, aber sie weisen als Schrift gewordene „oral history“ doch
zukünftiger kirchen-geschichtlicher Würdigung eine Richtung und liefern ihr
einen Teil des Quellenmaterials. In diesem Sinn liegt hier ein bedeutendes
Buch vor, das in einer Reihe von Beiträgen klar ausweist, dass die Wirkung
des zunächst als Sozialsekreträr 1955 an die evangelische Akademie Loccum
gekommenen, dann 1958 in die „Kammer für Volksmission“ der Landeskirche
berufen, 1962 zum Pfarrvikar eingesegnet und 1972 zum Pastor ordinierten
Predigers Vollmer sich in einem spezifischen historischen Kontext entfalten
konnte. Die mit der Erschütterung von nach der Zeit des Nationalsozialismus
an sich schon in Frage gestellten Traditionen 1968 er-möglichten dem
rhetorischen Naturtalent und vollmächtigen Verkündiger Vollmer bei Zelt- und
anderen Evangelisationen weite Wirkungsmöglichkeiten in Niedersachsen,
bundesweit und dann auch in Südafrika. Vollmer vermochte es auch, viele
Theologiestudierende zu sammeln, im Göttinger „Johanniskreis“ der 1980er
Jahre, über die „Studentenmission in Deutschland“ (SMD). Zu einem nicht
geringen Teil familiär religiös sozialisierte junge Menschen fanden in seiner
Verkündigung eine Öffnung des Glaubens zu naturwissenschaftlichen und
philosophischen Fragestellungen. Was sich als Erweckung darstellt, ist dann
wie vergleichbar im 19. Jh. eine unter den Bedingungen pluralistischer
Gesellschaft neu persönlich plausibel gewordene christ¬liche Existenz, die
natürlich an frühere erschütterte Prägungen anknüpft. Vollmer spürte in den Jahren nach der Wende 1990, in
denen er versuchte, im Osten Deutschland zu wirken, dass sich der Kontext
verändert hatte und An-knüpfung sehr viel schwerer war. Nichts desto trotz
hat er auch hier, solange es die körperlichen Kräfte zuließen, unermüdlich
gewirkt. Um eher historisch strukturierte Abschnitte wie einen Lebensabriss
(Kristin Vollmer, Georg Gremels, Klaus Schulz; S. 19-41) und „Die kleinen
Brüder vom Kreuz – Ein geschichtlicher und systematischer Einordnungsversuch“
(Georg Gremels, S. 156-170) gruppieren sich persönliche Erinnerungen.
Hervorgehoben seien die Ansprachen aus verschiedenen Anlässen von Arend de
Fries (S. 15-18), Jörg Homann (S. 252-258), Hans Christian Brandy (S.
259-263) und Dr. Klaus Schulz (S. 266-271). Der „christliche Denkmalort“ Hermannsburg verdankt Klaus
Vollmer, der hier ab 1968 seinen Wohnsitz nahm, viel an regenerativer Kraft. Dr. Jobst Reller, em 2013-1. |
Gremels, Georg (Hg.). Die Hermannsburger Mission und das „Dritte
Reich”. Zwischen faschistischer Verführung und lutherischer Beharrlichkeit.
Quellen und Beiträge zur Geschichte der Hermannsburger Mission und des
Ev.-Luth. Missionswerkes in Niedersachsen. Bd. XIII, Münster: LIT Verlag,
2005. Die Verwicklungen der deutschen Missionen in die NS-Diktatur sind bis heute noch nicht hinreichend erforscht. In diesem kleinen Aufsatzband wird mit Konzentration auf die Hermannsburger Mission versucht, diese Forschungslücke ein wenig zu schließen. (Am Rande sei hier bemerkt, dass die evangelikalen Missionen in der kirchengeschichtlichen NS-Forschung bisher kaum aufgenommen wurden). In diesem Band geht es nicht nur um die lutherische Hermannsburger Mission. Außerhalb der Hermannsburger Thematik stehen Hugald Grafes und Werner Ustorfs Beiträge. Während Grafe einen kurzen historischen Überblick über die Leipziger Mission in der NS-Zeit gibt, setzt sich Ustorf mit der Frage nach der politischen Gesinnung der Vertreter des Deutschen Evangelischen Missions-Rats (DEMR) in den 1930er Jahren auseinander. Leider enthält Ustorfs Beitrag keine neuen historischen Forschungsergebnisse, die über seine Monographie von 2000 Sailing on the next tide hinausweisen würden. Dennoch ist das Ergebnis seines Aufsatzes aufschlussreich. So seien die Vertreter des DEMR, die zumeist eine pietistische Linie vertraten, der Weimarer Republik gegenüber kritisch eingestellt gewesen und auch sonst hielte man progressive politische Denkweisen wie Demokratie, Sozialismus oder Liberalismus für die Dämonen einer liberalen Zivilisation und eines autonomen neuzeitlichen Bewusstseins. Damit impliziert Ustorf, dass die christlich-konservative Weltsicht der Missionsführer jener Zeit, sie anfällig für das christlich-konservative Blendwerk des Nationalsozialismus machte. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die Vertreter des DEMR von Ustorf nicht ausreichend historisch-biographisch beschrieben werden und die halbsatzartigen Hinweise über ihre NS-Verwicklungen kaum zu einem adäquaten Verständnis der Mentalitätslage jener Zeit beitragen können. Eine gründliche historische Quellenuntersuchung, die alle Vertreter des DEMR einschließt, hätte Ustorfs Beitrag gut getan. Weitere Beiträge sind von Gerhard Lindemann zum Schicksal des „halbjüdischen“ Pfarrers Rudolf Gurland, der in der Hermannsburger Missionsanstalt Unterschlupf fand und von Ernst Bauerochse zum Verhalten der Hermannsburger Missionare zu den abwechselnden totalitären Ideologien in Äthiopien. Herausragend ist der Aufsatz „Die Missionsanstalt Hermannsburg in der Zeit des Nationalsozialismus“ von Gunther Schendel. Darin wird kenntnisreich die Geschichte der Auseinandersetzung zwischen der Hermannsburger Mission und dem Nationalsozialismus aus umfangreichen Archivmaterialien schöpfend nacherzählt. Zusammenfassend kommt Schendel zu dem Fazit, dass die Hermannsburger Mission sich bis auf einige Ausnahmen resistent gegen nationalsozialistische Vereinnahmungsversuche zeigte. Allerdings gab es auch keinen Widerstand gegen das verbrecherische Nazi-Regime. Interessant und das Fazit von Schendel bestätigend, ist der Beitrag von Martin Tamcke über die Hermannsburger Kontakte zur Assyrermission. Darin zeigt Tamcke, wie die Hermannsburger Missionsleitung aus Furcht vor Repressalien davor zurückschreckte, auf die schrecklichen Gräueltaten und Pogrome gegen die assyrische Minderheit im Irak öffentlich hinzuweisen. Im Hintergrund stand die forcierte Annäherung des nationalsozialistischen Deutschlands an die Araber und speziell an den Irak. Deswegen – so Tamcke – vermied man in Hermannsburg die öffentliche Bekanntgabe der unsäglichen Pogrome an den christlichen Assyrern. Nach der Lektüre dieses Bandes wird deutlich, dass es den deutschen Missionen in der NS-Zeit vor allem um Existenzsicherung ging. Mutiger Widerspruch oder gar Widerstand aus christlicher Überzeugung waren wegen der lutherischen Zweireichelehre und der ängstlich-konservativen Weltsicht nicht vorhanden. Elmar Spohn, em 2008-2. |
Grigg, Viv. Mit den Armen leben. Ein Aufruf zur
Mission hinter dem sozialen Vorhang [engl: Companion to the
Poor]. Lörrach: Simson ,
²1990. Grigg,
Viv. Cry of the Urban
Poor. Monrovia/CA:
MARC, 1992. Der Neuseeländer Viv Grigg ist Elektroingeneur, studierte „community development” an der University of the Philippines und erwarb ein Diplom der Fuller School of World Mission. Seit 1979 arbeitete er in den Slums von Manila. Er ist Leiter der Urban Leadership Foundation und half ähnliche Missionswerke in anderen Teilen der Welt zu gründen. Heute baut er eine christliche Arbeit in einem südasiatischen Land auf. In seinen beiden Büchern fließen sowohl die persönliche Erfahrung als auch intensives Forschen zusammen und ergeben einen abgerundeten Überblick über Missionsarbeit unter der armen Stadtbevölkerung. „Mit den Armen leben“ erzählt seine persönliche Geschichte und befaßt sich aus evangelikaler Sicht mit den Themen, mit denen sich ein Missionar in den Slums auseinandersetzen muß: Berufung, Armut, Slumkultur, soziales Engagement vs. Evangelisation, einfacher Lebensstil, Einsamkeit, Power Encounter, Gemeindegründung, wirtschaftliche Entwicklung, politische Gerechtigkeit, Qualifikation des Missionars usw. Intensive Forschung und weltweite Erfahrungen machen den 2. Band, „Cry of the Urban Poor“, zu einer umfangreichen Einführung für Missionsstrategen. Im ersten Teil werden die neuen Mega-Städte unter politischen, wirtschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet und christliche Präsenzmodelle und Strategien skizziert. Als zweites gibt er einen informativen Überblick über Gemeindegründungsmodelle, um seinem Traum einer christlichen Massenbewegung in den Slums der Weltstädte näher zu kommen. Zusammen geben beide Bände in einer ansprechenden Aufmachung einen gelungenen Einblick in die Mission unter der armen Stadtbevölkerung und sind eine Herausforderung für Christen und ihre Leiter in dem reichen Teil der Welt. Martin Sachs, em 1996-2. |
Grim, Brian J. and Roger Finke. The Price of Freedom Denied: Religious Persecution and Conflict in the Twenty-First Century. Cambridge: Cambridge University Press, 2010. Dies ist vielleicht die beste und wichtigste Veröffentlichung zum Thema Religionsfreiheit der letzten Jahre. Zwei Religionsstatistiker, B.J. Grim, Chefforscher der Studie Global Restrictions on Religion des Pew-Forums (http://pew forum.org/docs/?DocID=491), und Roger Finke, Soziologieprofessor und Direktor der Association of Religion Data Archives, zeigen, dass Religionsfreiheit zum Frieden und Bestand einer Gesellschaft beitragen, nicht diese gefährden. Ihre Grundthese, die mit enormem Aufwand an Beispielen, Statistiken und Überprüfung anderer Thesen untermauert wird, ist einfach: In Ländern mit Religionsfreiheit ist der soziale Frieden größer als in Ländern ohne. Oder anders gesagt: Das Argument vieler Länder mit einer dominierenden Mehrheitsreligion, sie müssten um des sozialen Friedens willen kleinere Religionen in Schach halten, wird von der Wirklichkeit widerlegt. Die Beschränkung von Religionsfreiheit ist oft erst der Grund für gewalttätige Konflikte (S. 67). Religiöse Homogenität garantiert keine Freiheit vom Konflikt, sondern begünstigt offensichtlich Spannungen. Mit besonderem Aufwand setzen sich die Autoren mit der von Samuel Huntington ausgehenden These auseinander, die Gewalt und Unruhe als Folge eines Zusammenstoßes der Zivilisationen darstellt. Diese These, so die Autoren, wird der internen Vielfalt der Religionen und Kulturen nicht gerecht (S. 62-68), etwa der Spannung zwischen Sunniten und Schiiten innerhalb eines islamischen Landes. Alle verfügbaren Zahlen widerlegen die These, dass es die Spannungen zwischen den Kulturen seien, die weitere Spannungen auslösten (S. 77-82). Vielmehr sei es gewissermaßen die Unterdrückung dieser Spannungen zugunsten einer vermeintlichen Monokultur im Land, die die Spannungen verschärfe. Zwischen Mitte 2000 und Mitte 2007 gab es unter 143 Ländern 123 Länder (= 86%), in denen Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit Gewalt oder Vertreibung erlitten („physically abused or displaced“, S. 18). In 25 Ländern waren davon mehr als 10.000 Menschen betroffen (S. 20), darunter auffällig viele islamische Länder. Die Religionsfreiheit, so belegen Grim und Finke, hat aufs Ganze gesehen in den sechzig Jahren von 1945 bis 2005 in den christlichen Ländern zugenommen und in den islamischen abgenommen (S. 172). Das heißt, dass es aufs Ganze gesehen heute in islamischen Ländern weniger Religionsfreiheit gibt als vor einem Jahrhundert – und die Entwicklung ist immer noch rückläufig! Zwei Beispiele dazu: 1. In islamischen Ländern (dazu S. 160-201), in denen es fast ohne Ausnahme keine Religionsfreiheit gibt, ist der Pegel der Gewalt und die Neigung zu Bürgerkrieg sehr hoch. 2. Terroristische Bewegungen kommen überwiegend aus Ländern ohne Religionsfreiheit (S. 198). Die wenigen Ausnahmen richten zum Einen in ihren Ländern viel geringeren Schaden an, zum Anderen wirken sie nicht international, sondern national. Speziell dargestellt werden in dem Buch unter den freieren Ländern (S. 88-119) Japan (große Religionsfreiheit), Brasilien (Religionsfreiheit mit einigen Spannungen), Nigeria (religiös gespaltenes Land); unter den unfreien Ländern (S. 120-159) China (Religion als Bedrohung), Indien (Religion als soziales Monopol) und Iran (Religion als soziales und politisches Monopol) sowie eigens die islamischen Länder insgesamt (S. 160-201). Das ausgezeichnete Buch ist ein Beweis dafür, dass die Forschung zum Thema Religionsfreiheit immer mehr Fahrt aufnimmt. Es setzt Maßstäbe für die Zukunft. Thomas Schirrmacher, em 2012-2. |
Grimes, Barbara F. (Hg.). Ethnologue. 14. Ausgabe. 2
Bände + CD-ROM. International Academic Bookstore (SIL International): Dallas
(TX), 200114
[Academic_Books@sil. org oder www.sil.org] Der 1951 zuerst erschienene ‘Ethnologue’ des Summer Institute of Linguistics ist der Klassiker der evangelikalen Missionsforschung schlechthin. Er erfaßt 6.800 bekannten Sprachen und Dialekte der Welt, ordnet sie linguistisch und geographisch zu, beschreibt sie kurz und gibt den Stand der Bibelübersetzung an. Umfangreiche Register in Band 2 (z. B. allein 41.000 Namen und abweichende Namen der Sprachen) erschließen die Datenmenge in jeder Hinsicht. Die Verbreitungskarten haben an Zahl zugenommen und sind noch übersichtlicher geworden. Längst ist der Ethnologue auch in säkularen Kreisen als Standarderfassung der Welt aus linguistischer Sicht anerkannt. Einmalig ist der Familienstammbaum aller Sprachen auf 140 S. im Band 2. Mit der neuen, leicht zu benutzenden CD-ROM wird das Suchen noch viel einfacher und der Missionar muß nicht mehr zwei dicke Bände mit aufs Missionsfeld schleppen … Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Gründer, Horst. Welteroberung und Christentum. Ein
Handbuch zur Geschichte der Neuzeit. Gütersloher Verlagshaus,
1992. Mission und Kolonialismus ist kein neues Thema. Neu ist aber, daß ein Historiker (Professor für neuere und neueste Geschichte in Münster) darüber eine Zusammenschau der inzwischen zahlreichen Einzelstudien vorlegt, ein Handbuch. Für die an Missionsgeschichte Interessierten ist dieses Buch so, als sei der Teppich, den sie betrachten, umgekehrt – und dort hat er ein anderes Muster, weniger leuchtende Farben. Aber gerade deswegen darf man sich dieser Zusammenschau nicht entziehen. Sie ist nicht an der Frage nach der Wahrheit des christlichen Glaubens (oder anderer Religionen) orientiert, also auch nicht an der Frage, welche Konfession gültig, welche Missionsform sachgemäß ist, sondern von der Suche nach aufzeigbaren Zusammenhängen. Und so wird konstatiert, daß der Missionsfaktor eine „erstaunliche Kontinuität“ aufweist (596) und ein „konstitutives Bestandteil des westlichen Kolonialexpansionismus“ gewesen ist (597). Diese Kontinuität geht von den Konquistadoren bis zu den Glaubensmissionen! Denn auf die eine oder andere Art sollen die „Eingeborenen“ in die richtige Kultur integriert werden und ihre moralische Depraviertheit ablegen. „Aber auch die von Anfang an von den christlichen Sendboten übernommene Rolle als ‚Anwälte der Eingeborenen’ blieb stets systemimmanent und betraf so gut wie nie das Kolonialsystem als Ganzes“ (596). Gründer ist nicht blind für die Kritik der Missionen an europäischer Kultur und Kirche und an den Siedlern und führt diese wohl zutreffen auf die Leitbilder der Reiches Gottes zurück. Ein Problem bleibt der Verallgemeinerungscharakter der zusammenfassenden Aussagen: „so gut wie nie“, „fast immer“. Korea wird mehrfach als Ausnahme genannt, aber nicht geschildert - schwer zu begreifen, ist doch die Christianisierung Koreas ganz sicher auch von einer Zuwendung zu westlichen Lebensformen begleitet. Der Wert des Werkes ist aber eine ausführ Im Einzelfall kann man über die Perspektive streiten, die Livingstone kaum, Stanley ausführlich erwähnt (520 ff), oder die meint, es habe in der Geschichte Indiens nur wenige christliche Märtyrer gegeben, und es sei kein nennenswerter Einbruch in die oberen Bereiche des Kastenwesens gelungen (307) und die Kultur Indiens sei nur peripher vom europäisch-abendländischen Christentum angetastet. Vor allem werden immer wieder Bildausschnitte vergrößert um aufzuzeigen, was als relevant gilt: die intensive und explizite Kooperation. Zum Ganzen muß gesagt werden, daß Gründers Werk nicht einseitig missionskritisch ist. Dazu sind seine Kenntnisse viel zu umfassend, dazu ist seine Sicht zu problembewußt und human-antiideologisch. Er verkennt nicht das Eintreten für Unrecht Leidende etwa, auch nicht die Eigendynamik der Nichteuropäer, die sich durchaus das Christentum zu eigen machen konnten, er verkennt auch nicht das emanzipatorische Potential solchen Christentums. Er insistiert aber darauf, daß die den Kolonialismus legitimierende, Europas Kultur normativ setzende Wirkung der Mission nicht sporadisch, kein Versehen war. Darin sind er und seine Quellen ernst zu nehmen. Niels-Peter Moritzen, em 1993-2. |
Gründer, Horst. Welteroberung und Christentum. Ein
Handbuch zur Geschichte der Neuzeit. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn, 1992. Der Münsteraner Geschichtsprofessor und Kolonialhistoriker Horst Gründer legt nach seinen bisherigen Quellenstudien zum Verhältnis von Mission und Kolonialismus einen aus der Literatur erarbeiteten Gesamtüberblick der gesamten christlichen Kolonialgeschichte weltweit vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart vor. Er breitet eine ungeheure Fülle von historischem Material aus und legt als Historiker eine erstaunliche Kenntnis der Missionsgeschichte an den Tag, wenn ihm auch viele theologische Zusammenhänge verborgen bleiben. Dies gilt etwa für die Besonderheiten pietistischer Grupperierungen und der Glaubensmissionen, die sich sicher nicht so einfach in Gründers Schema einordnen lassen. Für ihn ist nämlich „Mission – trotz aller Einschränkungen im einzelnen – ein konstitutiver Bestandteil des westlichen Kolonialexpansionismus gewesen“ (S. 597). Prinzipiell ist Gründer natürlich zuzustimmen, aber die Zahl der Einschränkungen ist erheblich zu vermehren, stehen doch für Gründer staatlich durchgeführte oder sanktionierte Aktionen gegenüber denen kleinerer, privat organisierter Missionsgesellschaften, die oft viel unabhängiger agierten, zu sehr im Vordergrund. Immerhin spricht Gründer aber bei aller Missionskritik von einer ‚Dialektik’ der Christianisierung (S. 577ff), da die Christianisierung für die einheimischen Völker durch Ausbreitung von Bildung und Bewußtseinsweckung viele positive Folgen hatte, wie Gründer mit Zitaten afrikanischer Missionskritiker aus Nigeria und Ghana belegt (S. 583), die etwa darauf verweisen, daß bis heute praktisch ihre ganze Führungsschicht in Politik, Recht, Verwaltung, Medizin, Wissenschaft und Bildungswesen auf Missionsschulen ausgebildet wurde. Gründer schreibt sogar weiter: „Vor allem war es jedoch die Lehre der Bibel, die eine wichtige Voraussetzung für die Begründung der Ablösung des Kolonialismus schuf“ (S.585). Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-2. |
Grundmann,
Christoffer H. Gesandt
zu heilen! Aufkommen und Entwicklung der
ärztlichen Mission im 19. Jahrhundert. (Bd. 26 Missionswiss. Forsch.) Gütersloh : Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1992. Der Autor, Jg. 1950, studierte Theologie in Hermannsburg und Hamburg: dort erwarb er den Magistertitel. Im Anschluß: Vikariatsjahr in Caracas. 1978-1983 Dozent am Tamil Nadu Theological Seminary in Indien. Seit 1983 theologischer Referent am Deutschen Institut für ärztliche Mission, Tübingen. Die erweiterte Dissertation ist ein „Jahrhundertwerk“ in doppeltem Sinn: Zum einen, eine sorgfältig recherchierte Geschichte der ärztlichen Mission (AM). Das 19. Jhdt. wird zwar schwerpunktmäßig behandelt, dar-überhinaus aber auch das ganze Spektrum der Vorläufer der AM bis hin zu den sich anbahnenden Neuentwicklungen nach 1900. Zum anderen dürfte die gründliche Arbeit das herausragende Referenzwerk dieses Jahrhunderts über die AM sein. Die chronologisch-geschichtliche Darstellung wird u.a. ergänzt durch spezielle Kapitel über Strukturen, Geographie, Diversifikation und theologische Problematik der AM. Das Besondere: Grundmann ist es gelungen zeitgeschichtliche Zusammenhänge zur Entwicklung der AM in Beziehung zu setzen. Das Buch liest sich flüssig, da die über tausend Quellenzitate und zahlreiche (oft fremdsprachliche) Originalzitate in Fußnoten untergebracht sind. Eine wahre Fundgrube! Wer weiß schon, was „KellogsCornflakes“ und Erdnußbutter mit AM zu tun haben? (S.216) Durch die Fülle des Materials bedingte Beschränkungen sind verständlich. In der Behandlung der theologischen Problematik wäre eine Erweiterung wünschenswert, die z.B. die Konfrontation der AM mit animisti-schen und anderen Medizinsystemen im 19. Jhdt. einschließen könnte. Oder: Die Rolle des Gebets und die „dynamis Kyrios“ in der „imitatio Christi“, die damals als eine der Hauptbegründungen der AM galt. Andererseits hat Grundmann verschüttete Quellen erschlossen, wie z.B. ein Manuskript Schlunks oder Informationen über das weitgehend unbekannte erste deutsche „Medicinische Missionsinstitut zu Tübingen“, 1841-1848. Auch die Rolle Gützlaffs für die AM interpretiert Grundmann neu. Ein Folgeband über die Geschichte der AM im 20. Jhdt. wäre sehr begrüßenswert! Nicht nur für missiologische, theologische und medizinische Bibliotheken sondern auch für Missionen und Bibelschulen ist dies herausragende, preiswerte Referenzwerk ein „Muß“. Die betroffenen Berufsgruppen und selbst Studenten und informierte Laien werden es trotz seines wissenschaftlichen Charakters mit Gewinn lesen. Hans L.E. Grüber, em 1992-4. |
Gundert, Hermann. Brücke zwischen Indien und Europa. Begleitbuch zur Hermann-Gundert-Ausstellung im
GENO-Haus Stuttgart vom 19. April bis 11. Juni 1993 in Verbindung mit der
Dr. Hermann-Gundert-Konferenz Stuttgart 19. bis 23. Mai 1993. Hg. von
Albrecht Frenz. Süddeutsche Verlagsgesellschaft: Ulm, 1993. Hesse, Johannes. Aus Dr. Hermann Gunderts Leben. Calwer Familienbibliothek. 34. Bd. Verlag der
Vereinsbuchhandlung: Calw/Stuttgart, 1894 (Reprint Stutgart 1993), geb. 368
S., DM 48.00 Rebmann, Jutta. Julie Gundert. Missionarin in Indien und
Großmutter Hermann Hesses. Biographischer Roman. Stieglitz Verlag:
Mühlacker, 1993. Der Studienband „Brücke zwischen Indien und Europa“ stellt mit über 100 Beiträgen nicht den Missionar, sondern den Sprachwissenschaftler Hermann Gundert in den Mittelpunkt. Erst für die Gundert-Konferenz 1993 versuchte man, die Werke Gunderts zur Erforschung der Malayalam Sprache möglichst vollständig zu erfassen: Heute sind fast 50 Titel von ihm auf Malayalam bekannt. Hinzu kommen Werke zur Kulturanthropologie und Linguistik, die durch die ‚Ausgrabung’ mehrerer, bis 1986 unbekannter Werke in der Universitätsbibliothek Tübingen und Kerala/Indien, sowie in den Archiven der Basler Mission zu Tage kamen. Der vorliegende Band über Gundert, der in Nordmalabar großer „Guru von Kerala“ und bisher als einziger Ausländer „Pandit“ (Gelehrter) betitelt wurde, ist weit mehr als ein Ausstellungskatalog, da hier das umfangreiche wissenschaftliche Werk Gunderts ausgiebig gewürdigt wird. Dabei ist die Zusammenstellung der Malayalam-Werke Gunderts nicht nur von historischem Interesse; sein Wörterbuch, seine Grammatik und seine Lehrbücher haben für das Studium der südindischen Sprachen auch noch heute Bedeutung. Außerdem verfaßte Gundert eine Bibelübersetzung, Kirchenlieder und Liturgien sowie Schriften über das Brauchtum und die Literatur Keralas; ferner befaßte er sich eingehend mit der Geographie des Landes. Ergänzt wird diese Darstellung durch Beiträge zur Geschichte und Kultur Keralas in Vergangenheit und Gegenwart. Etliche Originalquellen in Form von Karten, historischen Abbildungen, Originalschriften und Photographien wurden für den wissenschaftlich und künstlerisch ausgezeichnet gestalteten Band zusammengestellt. Mit dem Frakturnachdruck „Aus Dr. Hermann Gunderts Leben“ von Johannes Hesse (1847-1916) aus dem Jahr 1894 wird erneut ein persönliches Zeugnis zu Leben und Werk des Indienmissionars, Sprachforschers und späteren Verlegers Hermann Gundert zugänglich gemacht, nachdem schon 1986 die dreibändigen Gunderttagebücher veröffentlicht wurden. Dieses Zeugnis stammt aus der Feder von Gunderts Schwiegersohn, des Indienmissionars und Vaters Hermann Hesses, das die bereits 1983 und 1986 veröffentlichten Tagebücher Gunderts ergänzt; lediglich die bisher nichterschlossenen Briefe Gunderts bleiben eine Lücke. Die vorliegende Biographie wurde erstmals bereits kurze Zeit nach Gunderts Tod herausgegeben und 1907 erneut überarbeitet. Sie lebt von den zahlreichen Selbstzeugnissen und beschreibt anschaulich und lebendig die Person Gunderts, sein Umfeld und vor allem seinen Werdegang zum Missionar in Südindien. Der Verfasser hat keineswegs eine „Heiligenvita“ geschrieben, sondern vermittelt Einblick in die Probleme und Spannungen in Gunderts Leben. Der Bericht umfaßt drei Lebensabschnitte: 1. die Jugend mit dem Theologiestudium in Maulbronn und Tübingen mit der inneren Entwicklung vom zweifelnden Anhänger David Friedrich Strauß’, Hegels, Fichtes und Spinozas zum überzeugten „Biblizisten“, 2. die Missionsarbeit in Indien und 3. nach der Rückkehr die Verlagstätigkeit in Calw. Ein lebendiges Zeitzeugnis des 19. Jahrhunderts über Hermann Gundert und seine ganze Familie. Licht von einer ganz anderen Seite auf Hermann Gundert als Ehemann und Vater wirft der biographische Roman über Julie Dubois. Julie Gundert war 1809 im Schweizer Jura geboren worden. Sie galt als energisch und tatkräftig und baute nach ihrer Heirat 1838 mit ihrem Mann unter schwierigen Bedingungen mehrere Missionsstationen, Mädchenerziehungsstätten und Heime für geschiedene, verwitwete und unverheiratete indische Mädchen auf. „Daneben“ war sie Mutter von acht eigenen Kindern. Häufig litt sie unter ihrer, wie sie meinte, im Vergleich zu Gundert mangelhaften Schulbildung und intellektuellen Unterlegenheit. Dennoch lernte sie im Verlauf der Jahre mehrere indische Sprachen und hatte dafür doch nur sehr beschränkte Hilfsmittel an Lernmaterial zur Verfügung. In diesem Buch wird weniger die „offizielle“ Missionsgeschichte erzählt; vielmehr wird dem Leser ein Blick hinter die Kulissen ermöglicht. Er erfährt von Streitigkeiten zwischen Missionaren und ihren Missionsgesellschaften, Schwierigkeiten der Pioniermission in Südindien und den persönlichen Problemen mit Krankheit, Tod, Enttäuschungen, Widerstand der Hindubevölkerung, Depressionen, Rückschlägen, aber auch von den Erfolgen der Familie Gundert. 1837/38 schreibt Hermann Gundert: „Soll ich von hier berichten, so ist mein erstes, daß Gottes Gnade mit uns hier in Chittoor fortlebt, daß wir einander noch nicht aufgefressen haben, daß ich mit den Brüdern in Dharwar und Tirunelveli noch nicht gebrochen habe, daß auch K. in Madras mir noch nicht fremd geworden, daß nicht alle Traktate, die ich verteile, zerrissen werden, vielleicht auch nicht alle Worte, die ich gesprochen, zu Boden gefallen sind. Ihr werdet vielleicht denken, das sei ein miserabler Bericht, aber ich kann nicht helfen: So ist es eben!“ (S.117). Der letzte Teil des Romans ist dem Leben der Familie Gundert in Calw gewidmet. Ein Register und Anmerkungen zu den Zitaten hätten den Roman vervollständigt, da nicht immer deutlich wird, welche Informationen direkt auf unveröffentlichte Briefe und Manuskripte aus Privatbesitz zurückgehen. Teilweise hätte man sich ergänzende Erläuterungen zu Begriffen wie Calvinismus (er wird ausschließlich negativ belegt), Pietismus (er wird häufig als „Schwärmerei“ bezeichnet) oder auch Hintergrundinformationen etwa über die Haltung der britischen Krone gegenüber der Missionsarbeit in Indien gewünscht. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-2. |
Haarmann, Harald. Die Sprachenwelt Europas: Geschichte und
Zukunft der Sprachnationen zwischen Atlantik und Ural. Campus:
Frankfurt, 1993. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus rücken viele Völker und Sprachen Europas – vor allem Mittel- und Osteuropas – ganz neu in den Mittelpunkt, und auch Missionare und Missionsgesellschaften haben einen großen Nachholbedarf an Wissen über die in ganz Europa gesprochenen Sprachen. Harald Haarmann, der in Finnland lebende deutsche Sprachwissenschaftler, der schon zahlreiche Werke über die europäischen Sprachen geschrieben hat – vor allem sein dreibändiges Werk über die ‘Elemente einer Soziologie der kleineren Sprachen Europas’ – bietet in dem vorliegenden Buch einen Überblick, der durch die fachliche Kompetenz, die sich ausgesprochen flüssig liest, besticht. Haarmann läßt die Geschichte der Sprachen und ihrer Völker ebenso lebendig werden wie ihre Gegenwart, geht aber auch gründlich auf die Rolle der Sprachen in Europa überhaupt ein, was einen ganz neuen Einblick in die gegenwärtigen ethnischen Auseinandersetzungen etwa in Jugoslawien, dem Baltikum – aber natürlich auch in Frankreich, Spanien oder innerhalb der EG als ganzer gewährt. Ich glaube, daß die sprachliche Vielfalt Europas gerade auch im Bereich der protestantischen Mission oft genug nicht genügend berücksichtigt wurde und leicht hinter der Vorherrschaft einiger weniger wichtiger Sprachen, vor allem von Englisch und Französisch, zurückgetreten ist. Dr. Thomas
Schirrmacher, em 1995-4. |
Haarmann, Volker. JHWH-Verehrer der Völker. Die Hinwendung
von Nichtisraeliten zum Gott Israels in alttestamentlichen
Überlieferungen. Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen
Testaments 91. Zürich: Theologischer Verlag, 2008. Ist im Alten Testament der Eintritt in eine Gottesbeziehung gleichbedeutend mit einer Integration in Gottes Volk? Dieser Frage stellt sich die von Erhard Blum (Tübingen) betreute Dissertation des Wuppertaler Vikars Haarmann. Wie sehr der Autor von seinem Studienjahr in Jerusalem bei Alexander Rofé profitiert, zeigt sich in dem Fundus an rabbinischer Literatur und modernen hebräischen Werken, auf welche er zurückzugreifen weiß. Hier findet er auch den Ansatzpunkt für die These seiner Untersuchung. Während nämlich die alttestamentliche Wissenschaft „in der Regel“ (S. 16) undifferenziert von (Vorläufern von) Proselyten rede, unterscheidet das rabbinische Judentum zwischen dem ger zedeq (Proselyt) und dem ger toschab (Righteous Gentile). Deshalb führt Haarmann nun auch im Blick auf das Alte Testament einen neuen Terminus ein, den des „JHWH-Verehrers der Völker“. Ein solcher wird nicht in das Volk Israel integriert, vollzieht dennoch eine „religiöse Hinwendung zum Gott Israels“ (S. 55). Diese „Hinwendung“ ist zu unterscheiden von dem rabbinischen Begriff der „Konversion“. Damit stehen sich zwei Modelle gegenüber: Die Konversion des Proselyten zum Volk – Die Hinwendung des JHWH-Verehrers zu Gott. Die eigentlichen Untersuchungen beschäftigen sich zum großen Teil mit literarkritischen Fragen. Dem aktuellen Trend der historisch-kritischen Forschung am Alten Testament (strukturelle Einheit und Spätdatierung) folgend datiert der Blum-Schüler alle untersuchten Texte nachexilisch. In mühevoller Kleinarbeit weist er Stück um Stück eine literarkritische „Aufsplitterung“ der Texte bishin zur Unkenntlichkeit zurück. Er zeigt, dass Wiederholungen und Gegensätze nicht unbedingt auf Quellen oder Schichten hindeuten, sondern als bewusst eingesetzte Stilmittel verstanden werden können (vgl. etwa S. 140f; leider setzt er sich bei seinen Vorschlägen zur synchronen Struktur nur im Hinblick auf 1.Kö 8 mit der aktuellen Forschungsdiskussion auseinander). Problematisch erscheint, dass er dasselbe literarkritische Instrumentarium, dessen Fragwürdigkeit er so eindrücklich nachzuweisen vermag, an anderer Stelle kritiklos übernimmt, um die Texteinheiten aus ihrem Kontext isolieren und umdatieren zu können. Damit verbaut er sich den Blick für eine möglicherweise bewusst angelegte theologische Funktion der Texte in ihrem makrostrukturellen Zusammenhang. Untersucht werden die Hinwendung Jitros, Rahabs, Naamans und der Seeleute zu dem Gott Israels (Ex 18; Jos 2; 2.Kö 5; Jon 1) sowie die Texte 1.Kö 8,41-43 und Jes 56,1-8. Als „Gegenprobe“ wird die Erzählung von Rut als Modell einer Integration in das Volk überprüft. In Jitro sieht Haarmann ein Kontrastmodell zu dem Pharao und zu den Amalekitern. Im Hinblick auf die Rahab-Erzählung erkennt er unter anderem Bezüge zum Schilfmeerlied (Ex 15) und zur Achan-Erzählung (Jos 7), schweigt jedoch zu der deutlich angelegten Parallele zwischen Jos 2,10 und 9,9f (dem Bekenntnis der Gibeoniter). Hier ist seine Erklärung des Verhältnisses von Rut zu dem sogenannten „Moabiterparagraphen“ interessant. Er deutet die qahal jhwh „Versammlung JHWHs“ (Dtn 23,4) nicht als Volksgemeinschaft, sondern als Versammlung der israelitischen Männer zum Kult. Für Rut als Frau ist dieser Vers von daher ohne Bedeutung (S. 263). Da diese Deutung exegetisch recht anfechtbar ist, hätte man sich hier die Diskussion einiger der zahlreichen alternativen Lösungsansätze gewünscht. Dass Naaman in Damaskus einen Altar für JHWH bauen möchte, steht dem Gesetz nicht entgegen, da nur ein Israelit (oder Proselyt) auf Jerusalem verpflichtet ist. Die Gegenüberstellung der Gottesfurcht der Seeleute und der Flucht von Jona (ähnlich Achan und Gehasi) zeigt, dass Israel von den JHWH-Verehrern lernen kann. Die Untersuchung führt zu dem Ergebnis, dass JHWH-Verehrer zwar nicht in dem Volk Israel aufgehen, ihre Gottesbeziehung jedoch von einer besonderen „Israelbezogenheit“ geprägt ist. Gemeinsam, an der Seite Israels, verehren sie den Gott Israels und verstehen sich als Freunde Israels. Hierin sieht Haarmann ein mögliches Modell für das Verhältnis von Kirche und Israel heute: „An der Seite Israels, nicht als Israel verehrt die Kirche JHWH, den Gott Israels“ (S. 290; eine solche These bedarf einer Prüfung am Neuen Testament, Röm 9‑11; Eph 2). Haarmanns Alternative zu dem Proselytenbegriff ist sicherlich keine Neuentdeckung (leider bleibt die bei Eckhard Schnabel, Urchristliche Mission. Wuppertal: Brockhaus, 2002, S. 125-135 dargestellte Forschungsdiskussion unbeachtet), wenngleich eine notwendige Korrektur bis heute gängiger Sichtweisen. Sein Werk weist einmal mehr in eindringlicher Weise darauf hin, dass es Menschen außerhalb des Bundesvolkes gibt, die den Gott der Bibel verehren. Dr. Siegbert Riecker, em 2009-2. |
Haas, Waltraud Ch. Erlitten und Erstritten. Der
Befreiungsweg von Frauen in der Basler Mission 1816 - 1966. Basileia Verlag: Basel, 1994. Die Motivation, sich gerade diesem Thema zu stellen, läßt sich für Waltraud Haas, einer langjährigen Mitarbeiterin der Basler Mission in Kamerun und der Schweiz, wohl am besten mit den Worten eines Afrikaners, des damaligen Moderators der Presbyterianischen Kirche in Ghana, Rev. E. M. L. Odjidja, während einer Festpredigt in Basel formulieren: „Ich bin überrascht zu hören, daß man so wenig von der Arbeit der Missionarsfrauen (erg.: und der unverheirateten Missionarinnen) spricht. Wir tun so, also ob es allein auf die Arbeit der Männer ankäme. Das ist nur die Hälfte der Geschichte. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich bezeugen, daß die Arbeit der Missionarsfrau entscheidend mitgeholfen hat, die Gemeinde aufzubauen. Wenn ich die Gabe dazu hätte, würde ich ein dickes Buch darüber schreiben…“ Waltraud Haas hat sowohl die Gabe als auch den Mut besessen, diese Herausforderung anzunehmen. Auf der Basis von umfassenden Archivstudien für einen Zeitraum von 150 Jahren versucht sie, beide Ebenen miteinander zu verbinden. Einerseits stellt sie anhand der Wirkungszeiten und des Selbstverständnisses der Inspektoren der Basler Mission die Strukturen einer patriarchalisch organisierten Missionsgesellschaft dar, andererseits liefert sie ausführliche Quellenstudien und Interviews mit noch lebenden Missionarinnen, die sie zu faszinierenden Momentaufnahmen verwoben hat. Es sind „Lebensbilder“, farbig, realistisch, ehrlich, schmerzlich und ermutigend. Die beiden Pole „Leiden“ und „Streiten“ geben immer wieder Orientierungspunkte für das Leben und den Dienst der einzelnen vorgestellten Frauen vor. Die Autorin versteht ihr Werk nicht als einen kompletten Abriß der Geschichte der Frauen innerhalb der Basler Mission, sondern vielmehr als eine Studie, in der Kurzbiographien in einen missionshistorischen und einen theologiegeschichtlichen Rahmen eingebettet werden, und dadurch Lesern und Leserinnen ungewöhnliche Einsichten ermöglicht. Gehorsam, Verzicht, Ordnung und Unterordnung als zentrale ethische Werte neben und über dem Evangelium von der befreienden Gnade Gottes in Jesus Christus für Männer und Frauen werden am Beispiel der Basler Mission in ihren Auswirkungen auf Leben und Dienst der ihr anvertrauten Missionarinnen und Missionare aufgezeigt. Waltraud Haas vereint in ihrer Person beides: die Frauen der Basler Mission betrachteten sie als eine der Ihren und vertrauten ihr ihre Lebensgeschichte an; aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit im Archiv der Basler Mission hatte sie auch Zugang zu allen relevanten Quellen, die dieses Werk in seiner vorliegenden Form zu einer Pionierarbeit machen. Die Bedeutung dieser Arbeit geht weit über den Rahmen
einer nur an der Basler Mission oder an missions- oder theologiegeschichtlicher
Frauenforschung interessierten Leser Friedhilde Stricker, em 1998-1. |
Halter, Hans; Wilfried
Lochbühler. Ökologische
Theologie und Ethik. 2
Bände. Verlag Styria: Graz/Wien/Köln, 2000. Diese zwei Bände wollen nennenswerte Texte aus Vergangenheit und Gegenwart zusammenstellen, die sich aus theologischer oder ethischer Sicht mit der internationalen Umweltproblematik beschäftigen. Damit ist von vorneherein klar, dass die Bände keine bestimmte Sicht protegieren, sondern alle Stimmen von Gewicht zu Wort kommen lassen. Das Ziel ist aber eindeutig, nämlich die Ökologie nicht anderen zu überlassen, sondern als herausragendes Thema der christlichen Ethik zu begreifen. Ob es also die klassischen Texte sind, die dem Christentum die Schuld an der Umweltkatastrophe geben (z. B. Lynne White, Eugen Drewermann), ob es ältere theologische Vordenker sind (z. B. Franz von Baader 1765-1841, Fritz Blanke), ob es Evangelikale (z. B. Francis Schaeffer), katholische (z. B. Julius Kardinal Döpfner) oder säkulare Stimmen sind, ob sie die Umweltkatastrophe überzeichnen oder Teile davon für übertrieben halten, ob Naturvölker als Vorbild gepriesen werden (z. B. Eugen Drewermann) oder diese Sicht als Fiktion aufgewiesen wird (z. B. Thomas Bargatzky), alles findet sich hier mit einschlägigen Texten versammelt. Alle Texte sind gut ausgewählt und gegebenfalls gekürzt, mit guten kurzen Einleitungen versehen und aufeinander bezogen, so dass die beiden Bände gut als Arbeitsbuch zu gebrauchen sind und lange Literatursuche überflüssig machen. Das Buch wird dadurch auch zum guten Ausgangspunkt für eine evangelikale, d.h. von der Bibel ausgehende Aufarbeitung der Thematik- wie ich sie in meinem Buch „Drewermann und der Buddhismus“ (VTR: Nürnberg, 1999) versucht habe. Denn wenn die ‘Umwelt’ wirklich Gottes Schöpfung ist, können wir ihre Würde als Gottes Schöpfung ebenso wie ihr dem Gericht Ausgeliefertsein als gefallene Schöpfung nicht für uns behalten. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-2. |
Hamel, Martin. Bibel - Mission - Ökumene:
Schriftverständnis und Schriftgebrauch in der neueren ökumenischen Missionstheologie. Gießen: TVG Brunnen, 1993. Wie wird in der neueren Ökumenischen Missionstheologie die Bibel verstanden und gebraucht? Was sind im Ökumenischen Rat der Kirchen die eigentlichen Quellen und die Norm theologischer Erkenntis? Diesen Fragen geht Martin Hamel mit dieser 1992 in Tübingen eingereichten Dissertation nach. Der z.Zt. in Sachsen tätige Theologe versucht dabei, in acht Kapiteln die Entwicklung des Schriftverständnisses, des Ökumenischen Kirchenrates von Wadham 1949 bis San Antonio 1989 nachzu-zeichnen. Im Mittelpunkt steht dabei die Weltmissionskonferenz in Melbourne 1980, der drei Kapitel gewidmet sind: Vorbereitung – die Konferenz selbst – Echo. Die ersten drei Kapitel schildern die frühere Entwicklung ökumenischer Hermeneutik. Den Abschluß bilden je ein Kapitel zur weiteren Entwicklung in San Antonio und eine Zusammenfassung mit Ergebnis und Kritik. Zunächst werden die Studien zu Glauben und Kirchenverfassung von Wadham 1949, Montreal 1963, Bristol 1967, Löwen 1971 und Loccum 1977 gesichtet, und der Weg von einer heilsgeschichtlich-christozentrischen zur historisch-kritischen Sicht der Bibel aufgezeigt. Im zweiten Kapitel wird der endgültige Paradigmenwechsel zwischen den Vollversammlungen in Neu Delhi 1961 und Nairobi 1975 aufgezeigt. In einem weiteren Kapitel wird vertiefend auf die hermeneutischen Ansätze mit Einfluß auf Melbourne eingegangen, insbesondere auf die kontextuellen Dritte-Welt-Theologien und die materialistische-sozialgeschichtliche Exegese. Zusammenfassend hält Martin Hamel die Grundzüge ökumenischer Hermeneutik fest: 1) Die biblischen Schriften werden als zeit- und kontextbedingte menschliche Erfahrungszeugnisse betrachtet; 2) Eine marxistische Gesellschaftsanalyse und Geschichtsbetrachtung und die Deutungen von Befreiungsbewegungen und nichtchristlichen Religionen werden als neue theologische Erkenntnisquellen eingeführt; 3) Die Bibel wird kontextuell aus der Erfahrungsperspektive der kämpfenden Armen gelesen. In den Kapiteln 6 und 8.2 kommt auch Kritik gegenüber dem Bibelverständnis der ökumenischen Weltmissionskonferenzen, insbesondere Melbourne, zur Sprache. Vor allem wird eine ungenügende Sorgfalt im Umgang mit der Bibel bemängelt. Durch die kontextuelle Methode wird die Bibel ideologisch uminterpretiert und als Steinbruch für vorgefaßte Meinungen mißbraucht. Heilsgeschichte wird säkularisiert und Weltgeschichte sakralisiert. Es stellt sich hier die Frage, ob man der Bibel sachgerecht entgegentritt, indem man ihre Autorität und Normativität beiseite schiebt und sie durch den erfahrenen sozialpolitischen Kontext des Befreiungskampfes der Armen ersetzt. Lobenswert ist die intensive Quellenarbeit des Autors, der viele bisher unveröffentliche Dokumente aus dem Genfer Archiv untersuchte. Sehr hilfreich sind auch die kurzen Zusammenfassungen am Ende fast jeden Kapitels, durch die man sich schnell einen Überblick über den Inhalt des Buches verschaffen kann. Allgemein Interessierten dürfte es genügen, einzelne Kapitel (z.B. Kapitel 3, 6, 7 oder 8) bzw. die Zusammenfassungen zu lesen. Wer aber tiefer in die ökumenische Missionstheologie eindringen will, wird das gesamte Buch mit Gewinn durcharbeiten. Martin Sachs, em 1997-4. |
Han, Sang-Chan. Die Beziehungen zwischen dem
Schamanismus und dem Verständnis des Heiligen Geistes in der protestantischen
Kirche in Korea.
Religionsphänomenologische und missionstheologische Untersuchung. Ammersbek:
Verlag an der Lottbek Peter Jensen., 1991. Inkulturation geschieht z.T. ungeplant. Dabei spielen Erwartungen und Vorstellungen aus der vorchristlichen Religion und Weltanschauung eine Rolle. Diesen Einflüssen geht Sang-Chan Han in Korea nach. Ähnliche Phänomene wie im Schamanismus erkennt er in der koreanischen charismatischen Bewegung. Christliche Verkündiger erfüllen die Erwartung, die früher an den Schamanen gestellt wurden. So wird der irdische Segen wichtig, schamanistische Jenseits- und Krankheitsvorstellungen werden ins Christentum übernommen, der Heilige Geist wird zur Kraft, die Wunder wirkt. Das Geld für die Kollekte wird gegeben, um Segen zu erhalten. Vor allem geht dabei der ethische, gesellschaftliche und politische Bezug des Glaubens verloren. Diese Hamburger Dissertation in Missiologie gibt Einsicht in koreanische Geschichte, Theologie und kirchliche Verhältnisse, zeigt Gefahren der charismatischen Bewegung auf (z.B. in der Form eines Wohlstandsevangeliums) und läßt vor allem den langen und schwierigen Weg der Inkulturation des Evangeliums erahnen. Wenn der Autor Krankenheilung, Exorzismus, Zungenrede, Geistestaufe, Prophetie und Segenserwartung als für die charismatische Bewegung typisch herausstellt und in diesen Phänomenen in Korea einen schamanistischen Einfluß erkennt, den er von der Bibel her kritisiert, frage ich mich, inwieweit er damit auch die weltweite charismatische Bewegung überhaupt meint. Han macht auf jeden Fall deutlich, daß die Kirchen die trinitarische Verkündigung des Heiligen Geistes ernst nehmen müssen, um zu Theologie und Gesellschaftsbezug zu gelangen, die heutiger Missiologie entsprechen. Walter F. Rapold, em 1997-3. |
Hasselhorn, Fritz. Bauernmission in Südafrika. Die Hermannsburger Mission im Spannungsfeld
der Kolonialpolitik 1880-1939. Erlanger Monographien Bd. 6. Erlangen: Verlag
der Ev.-Luth. Mission, 1988. Ein Profanhistoriker widmet sich der Missionsgeschichte, die ja nicht nur Teil der Kirchengeschichte, sondern auch der Kolonialgeschichte ist. Dabei erweist sich eine sozialkritische Fragestellung, wie sie Vf. in seiner Dissertation anwendet, als Bereicherung der Geschichtsschreibung. Wichtig ist, daß hier Archivmaterial aus Südafrika erstmals wissenschaftlich ausgewertet wird. Die Arbeit konzentriert sich auf die Frage des Landbesitzes der Hermannsburger Mission in Südafrika. Aus finanziellen Gründen war sie darauf angewiesen, zugleich näherten sich die Missionare damit aber auch (oft unbewußt) der weißen Siedlergesellschaft, mit der sie sich dann oft mehr solidarisierten als mit den (schwarzen) Afrikanern. Dies prägt die Arbeit, die Mission wird zum Handlanger der regierungsamtlichen Bemühungen der Rassentrennung und damit letztlich der Apartheid. Es ist das Verdienst Hasselhorns, diese Zusammenhänge und Entwicklungen sachlich aufzuzeigen, ohne vorschnelle Schuldzuweisungen vorzunehmen. Vielmehr spürt man ihm Solidarität ab, die an einer gründlichen und offenen Aufarbeitung der Missionsgeschichte interessiert ist. Deshalb ist es ein wichtiges Buch. Johannes Triebel, em 1994-4. |
Hattaway, Paul. Operation China. William Carey Library: Pasadena (CA) & Piquant (c/o IVP): Carlisle (GB), 2000. In Anlehnung an den englischen Titel von ‘Gebet für die Welt’, ‘Operation World’ legt hier ein Chinakenner eine umfangreiche Enzyklopädie aller chinesischen Völker, Sprachen und Provinzen vor, die neben detaillierten statistischen Angaben zu Politik, Wirtschaft, Religion und christliche Kirchen einfühlsam und mit weit über 1000 farbigen Bildern die jeweilige Kultur vorstellt. Dabei wird auch erstmals gründlich die küsntliche Einteilung Chinas in 56 Völker seitens der chinesischen Regierung widerlegt. Für das Gebet sind alle Einträge auf alle Tage des Jahres verteilt. Umfangreiche Register und Literaturlisten ergänzen den Band. Eine gigantische Meisterleistung der Missionsforschung in sehr attraktiver Aufmachung zu einem sehr niedrigen Preis! Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Haubert,
Katherine M. Women
as Leaders. Accepting the Challenge of Scripture. Monrovia: MARC, 1993. Das von namhaften evangelikalen Theologen empfohlene Büchlein der amerikanischen Pastorin Haubert versucht, die Wahrnehmung von geistlichen Leitungsämtern durch Frauen in der Kirche nicht nur als biblische Möglichkeit zu rechtfertigen, sondern als Notwendigkeit aufzuzeigen, ohne deren Verwirklichung die Kirche nicht zur „Fülle Christi“ (Eph 4,13) heranreifen könne (S.lf). Methodisch geht die Autorin so vor, daß sie in 10 Kapiteln
die biblische Zuordnung der Geschlechter einer grundlegenden Neuinterpretation
unterzieht und - entgegen einer fast 2000-jährigen Auslegungstradition - alle
Stellen, welche die geistliche Führung in
der Familie bzw. Kirche dem Mann
zuordnen, uminterpretiert oder für
zeitbedingt erklärt. Positiv zu vermerken ist, daß sie sich bemüht,
ihre Sicht durch 161 Anmerkungen und 60 herangezogene
Veröffentlichungen abzusichern. Dabei fällt freilich auf, daß sie nur
englischsprachige Literatur (und auch
diese recht selektiv!) benutzt: Wesentliche Untersuchungen, die ihre
These bestreiten (etwa die grundlegenden
Monographien von Clark, Hauke, Werner Neuer, em 1994-3. |
Hauenstein, Philipp. Fremdheit als Charisma. Die
Existenz als Missionar in Vergangenheit und Gegenwart am Beispiel des
Dienstes in Papua-Neuguinea. Erlanger Verlag für Mission und Ükumene: Erlangen, Missionswissenschaftliche
Forschungen, NF Bd. 10, 1999. Der Verfasser dieses Buches mit dem interesseweckenden Titel ist Jahrgang 1957. Er war sieben Jahre Pfarrer, Missionar und Leiter einer Gemeindehelferausbildung in der Evang.-Luth. Kirche in Papua-Neuguinea. Vor dem Hintergrund der eigenen Lebenserfahrung in einem anderen Kulturkreis und der Aufgabe der Mitarbeitervorbereitung für Übersee ist vorliegende Arbeit entstanden, die 1998/99 von der Theologischen Fakultät Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen wurde. Seit 1992 ist Hauenstein Dozent und seit April 2000 Leiter des Missionskollegs Neuendettelsau. In der Einführung beschreibt er sein Interesse: „Wohl wissend, daß es Gottes eigene Mission ist, um die es geht, gilt es, die Mitwirkenden dieser Mission in ihrer konkreten historischen Situation in den Blick zu bekommen. Ziel eines solchen Unternehmens kann nur sein, dazu beizutragen, daß Gott in seiner Mission bei uns und mit uns zum Zuge kommt“ (13). Dementsprechend werden gut 100 S. der geschichtlichen Entwicklung der von Neuendettelsau ausgehenden evang.-luth. Mission gewidmet. Der Bogen reicht von der klassischen Pioniermission (1886) über die Zeit des Auf- und Ausbaus innerhalb einer Missionskirche bis 1996 und der selbständigen ELC-PNG (Evangelical Lutheran Church of Papua New Guinea). Auf den folgenden 40 S. theologischer Standortbestimmung wird u. a. ausgeführt, wie die „trinitarische Begründung“ und das „integrale Verständnis von Mission“ als Impulse aus der neueren Missionswissenschaft die Funktion, Rolle und das Selbstverständnis von Mitarbeitenden in Überseee zu klären imstande sind und wie „Leben als missionstheologischer Leitbegriff“ (140ff) fruchtbar zu machen ist. Das 4. Kapitel beschäftigt sich mit der „Fremdheit als Charisma“ (bes. 211 ff). Hauenstein begreift „Fremdheit“ als Gnadengabe mit der Zielrichtung des Gemeindeaufbaus. „Von außerhalb Gesandte können diese besondere Gabe einbringen. Was sie zu sagen haben, wird oft kontrovers bleiben. Ob ihr Beitrag brauchbar ist oder nicht, das entscheiden nicht sie, sondern die Gemeinde bzw. einheimische Kirche. Sie sind ein Ferment, nicht mehr, aber auch nicht weniger“ (13). Praktische Hilfestellungen zum betrachtenden Gebet, die menschliche Begleitung der Mitarbeiter in Übersee, den hilfreichen Humor (!) und Bewährung in alltäglichen Konfliktfeldern schließen dieses Buch ab. Es bietet eine missionstheologische Fundgrube und zugleich Hilfen für alle, die als Lehrer oder Lernende in Ausbildungsstätten stehen. Dies gilt nicht nur für Missionare, sondern auch für Prediger, Pfarrer und Pfarrerinnen, die ja auch in gewissem Sinne mit dem Phänomen der Fremdheit zu tun haben, wenn auch nicht im Ausland. Pfr. i. R. Reinhard Fritsche, em 2000-3. |
Hauzenberger, Hans. Einheit auf evangelischer Grundlage. Gießen/Zürich : TVG, Brunnen, 1986. Wenn auch die 1846 in London gegründete Evangelische Allianz sich nie direkt mit der Weltmission befaßt hat, so hat sie doch für das weltmissionarische Bemühen im evangelischen Raum im allgemeinen und im heute als evangelikal bezeichneten Raum im besonderen eine wesentliche Rolle gespielt. A. B. Simpson, der Gründer der Christian and Missionary Alliance, oder Fredrik Franson wurden durch Veranstaltungen der Evangelischen Allianz angeregt, ihre Missionen als Allianzmissionen zu bezeichnen, und eine ganze Reihe von Glaubensmissionen übernahm die „Basis“ der Evangelischen Allianz als ihre Glaubensgrundlage. Bisher gab es kaum Gesamtdarstellungen ihrer Entstehung (Peter Schneiders Vorwort). Hauzenberger gibt diese Darstellung. Außerdem macht er in einem Anhang (S. 375-478) wichtige Dokumente aus der Frühzeit der Evangelischen Allianz im Wortlaut zugänglich, wobei er auch die verschiedenen Schritte der Entwicklung der „Basis“ der evangelischen Allianz aufzeigt. Im dritten Teil „Das Wesen der Evangelischen Allianz“ werden die systematischen Schwerpunkte der Gründungszeit (1845/46) beschrieben. Im vierten Teil zieht Hauzenberger eine Bilanz unter der Überschrift „Einheit auf evangelischer Grundlage“. Besonders interessant für heutige Fragestellungen sind seine Begriffsklärungen „Evangelikal – ökumenisch – katholisch“ und sein Schlußabschnitt „Ist die Evangelische Allianz eine evangelikale Allianz?“ Klaus Fiedler, em 1988-1. |
Heim,
Karl. Das
Heil der Welt, Die Botschaft der christlichen Mission
und die nichtchristlichen Religionen,
herausgegeben
und erläutert von Friso Melzer, Brendow Verlag, Edition C, 1986. Im Oktober 1986 trafen
sich in Assisi Vertreter der Weltreligionen, um für den Frieden zu
beten. Vielen war das ein Grund zur Freude, denn sie sahen, wie die
trennenden Mauern zwischen den Religionen
abgebaut wurden. Andere verhielten sich ablehnend, weil sie die Wahrheit des Evangeliums an eine
unerlaubte Religionsmischerei (Synkretismus)
verraten sahen. Das Problem, das
sich hier darstellt, hat die Christenheit Einer, der sich klar und verständlich zu dieser Frage geäußert hat, ist der langjährige Professor für Systematische Theologie in Tübingen Karl Heim (1874-1958). Als junger Theologe war er in der weltweiten christlichen Studentenbewegung tätig gewesen und hatte später an mehreren Weltmissionskonferenzen teilgenommen. So hatte er sich gründlich mit diesem Problem beschäftigt und wußte wegweisende Antworten zu geben, die auch heute noch gültig sind. Es ist dem Brendow Verlag und dem Schüler Karl Heims Friso Melzer zu danken, daß die wichtigen Äußerungen Karl Heims zu diesem Thema gesammelt und uns in einem Taschenbuch zugänglich gemacht wurden. Sie helfen uns, in der Wirrnis dieser Zeit einen klaren Blick zu bekommen für die Einzigartigkeit der Christusbotschaft als Heilsbotschaft für die ganze Welt. Alexander Prieur in: Praxis der Verkündigung (Oncken) 3/89. Em 1989-4. |
Heimbach-Steins, Marianne und Heiner Bielefeldt (Hg.). In Kooperation mit der deutschen Kommission Justitia et Pax, Religionen und Religionsfreiheit. Menschenrechtliche Perspektiven im Spannungsfeld von Mission und Konversion (Judentum – Christentum – Islam. Bamberger interreligiöse Studien Band 7) Würzburg: Ergon, 2010. Dem Herausgeber und der Kommission Justitia et Pax ist für diesen sehr anregenden Sammelband zu danken. Die Vielfalt der sechzehn Beiträge ist auf gut zweihundert Seiten mit Sicherheit eine Stärke, auch wenn der Leser herausgefordert wird, den Überblick zu behalten. Die Herausgeber helfen dabei mit ihrer grundlegenden und den Leser orientierenden Einleitung „Religionen und Religionsfreiheit im Spannungsfeld von Mission und Konversion – menschenrechtliche Perspektiven. Eine Einleitung“ (S. 11-17). So gewinnt man auch einen Einblick in die Arbeit der deutschen Kommission Justitia et Pax, die in den Jahren 2004-2009 schwerpunktmäßig das Thema Religionsfreiheit diskutierte. Zunächst stand dabei die Konzilserklärung „Dignitatis humanae“ („Über die Religionsfreiheit“) im Mittelpunkt. Eine grundlegende Reflexion war für die Zeit des Konzils und danach geboten, da die katholische Kirche lange Zeit Religionsfreiheit nicht mit offenen Armen begrüßte. In der folgenden zweiten und dritten Phase der Diskussionen rückten die katholische Politikberatung und die Advocacy-Arbeit sowie das unmittelbare Gespräch mit Politikern in den Mittelpunkt. Der vorliegende Sammelband dokumentiert eine Tagung zu internationalen und interreligiösen Aspekten der Religionsfreiheit (vierte Phase). Die Reihenfolge der Beiträge erweist sich als sehr hilfreich. Heiner Bielefeldt arbeitet in seiner rechtspolitischen Erörterung die „Sperrigkeit“ des Menschenrechtes auf Religionsfreiheit heraus, führt grundlegende Aspekte und Definitionen ein und öffnet damit den Raum zur Diskussion, den er durch seine Weichenstellungen auch in gewisse Bahnen lenkt. Neben Bielefeldts Beitrag dienen die Aufsätze von Gerhard Robbers, Asma Jahangir, Ömer Özsoy und Marianne Heimbach-Steins „einer multiperspektivischen Annäherung an und einer Verständigung über das Herausforderungspotential des Menschenrechtes auf Religionsfreiheit“ (S. 11). Der zweite Teil des Sammelbandes stellt sich der Herausforderung das Menschenrecht auf Religionsfreiheit vor allem unter dem Aspekt des Rechtes auf Mission zu vertiefen. Die Autoren der sechs Beiträge repräsentieren dabei eine katholische (Katja Heidemanns), eine indonesisch-katholische (Johannes Müller), eine evangelikale (Thomas Schirrmacher), eine christlich-orthodoxe (Konstantinos Delikostantis), eine jüdische (Jonah Sievers) und eine islamische Perspektive (Bülent Ucar). Im dritten Teil beleuchten zwei Beiträge (Saskia Wendel, Dagmar Mensink) die dem Menschenrecht eigenen Spannungen auf religionsphilosophischer bzw. theologischer und religionspolitischer Ebene. Die Reflexionen von Rotraud Wielandt und Daniel Bogner bringen die vorliegenden Beiträge und solche, die nicht im Sammelband enthalten sind, ins Gespräch und runden diesen wertvollen Band ab. Insbesondere die Zusammenstellung im zweiten Teil des Buches unterstreicht das Bemühen der Organisatoren, verschiedene Perspektiven zu Wort kommen zu lassen. Auf diese Weise werden die besonderen Herausforderungen eines solchen Diskurses sichtbar, wie beispielsweise im Beitrag von Delikostantis. Er verdeutlicht, dass westliche Diskurse zu Menschenrechten unter anderem unter dem Aspekt „der Überlegenheit des Westens gegenüber den anderen Kulturen“ betrachtet werden können. „Ihr Inhalt, ihr Anspruch und ihre Reichweite werden überzogen, sie werden humanistisch umgebogen, privatisiert und individualisiert“ (S. 137). In Kontexten, in denen Religion und ethnisch-kulturelle Identität sehr eng verbunden sind oder Religion sogar deren Kern ausmacht, wird die Diskussion über Menschenrechte eine Herausforderung. Dies gilt insbesondere wenn Menschen für anti-westliche Argumentationen empfänglich sind. Delikonstantis setzt sich kritisch mit dem gegenwärtigen Stand der Diskussion in orthodoxen Kirchen auseinander. Dabei fordert er dazu heraus, die „reiche und tiefe theologische Tradition“ der Orthodoxie für die Begegnung mit den Menschenrechten zu entdecken und in der Auseinandersetzung theologische Kriterien anzuwenden statt sich von Erfahrungen mit den verschiedenen Ausprägungen der Moderne bestimmen zu lassen (S. 141). Dem Beitrag sind das Engagement und das Ringen um einen orthodoxen Weg in dieser Frage deutlich abzuspüren. Delikonstantis wehrt sich vehement gegen die Einschätzung, dass die Orthodoxie fundamentalistisch und dialogunfähig sei: „Wie kann eine Kirche, die sich in ihrer Diakonie an der Seite der Mühseligen und Beladenen wusste und weiß, eine Kirche die unter unvorstellbarem Leid, großen Opfern und mit zahllosen Märtyrern in feindlichen Regionen überlebt hat, eine Kirche des Kreuzes und des tiefsten Glaubens an die Auferstehung, wesenhaft mit den Menschenrechten inkompatibel sein?“ (S. 143). Dieses Ringen verdeutlicht meines Erachtens wenigstens zwei wichtige Aspekte der Fragestellung: 1. Eine Diskussion außerhalb westeuropäischer Demokratien ist nicht nur eine Diskussion zu den Menschenrechten. Es geht auch um anderes, und nicht selten aus der Sicht dieser Menschen um mehr, nämlich um theologische und nationale/ ethnische Identität sowie um theologisches und nationales/ethnisches Geschichtsverständnis. 2. Die grundsätzliche Stellung zu westeuropäischen Ländern spielt in die Diskussion um Menschenrechte hinein. Diese ist nicht selten durch geschichtliche Erfahrungen geprägt. Diese Beobachtungen fordern zu weiterer Reflexion heraus, von denen nur einmal zwei verschiedene Linien angedeutet werden sollen. Was ist die angemessene Reaktion darauf, dass Menschenrechte auch als „westeuropäisches“ Produkt der Moderne angesehen und als solches abgelehnt werden? Sollte man umso eindringlicher und unnachgiebiger deren Akzeptanz einfordern oder geht es nicht vielmehr darum – wie dies Delikonstantis tut – nach Anknüpfungspunkten in dem jeweiligen Kontext zu suchen, wie die Menschenrechte jeweils vermittelt und „heimisch“ werden können? Eine zweite Linie sei auch nur kurz angedeutet, die sich meines Erachtens auch gut an der Situation der orthodoxen Kirchen nachvollziehen lässt. Welche Bedeutung hat die sozial-politische Stellung dessen, der das Menschenrecht auf Religionsfreiheit diskutiert? Spricht man aus der Perspektive einer Mehrheit oder einer Minderheit? Heidemanns stellt diesen nicht unwesentlichen Aspekt an den Anfang ihres Beitrages: „Von Minderheitenkirchen und –bewegungen und ihrem Freiheitskampf sind wichtige Impulse für ein christliches Verständnis der Bedeutung von Religionsfreiheit ausgegangen“ (S. 83). Und doch gewinnt man den Eindruck, dass sie (wie andere Beiträge) dies nicht weiterführend reflektieren. Zusammenfassend kann man sagen, dass es dem Sammelband gelungen ist, wichtige Beiträge zur Diskussion zu dokumentieren. Diese fördern sicherlich die weitere Diskussion und hoffentlich vermehrt auch das Umsetzen des Menschenrechtes auf Religionsfreiheit. Heiko
Wenzel, em 2012-1 |
Heimbach-Steins, Marianne; Rotraud Wielandt und Reinhard Zintl (Hg.). Religiöse
Identität(en) und gemeinsame Religionsfreiheit. Eine Herausforderung
pluraler Gesellschaften. Judentum - Christentum - Islam. Bamberger
interreligiöse Studien 3. Würzburg: Ergon, 2006. Die vorliegenden Beiträge gehen auf Symposien des Bamberger Zentrums für Interreligiöse Studien im Jahre 2004 zurück. Sie behandeln den Mensch als Staatsbürger und die Frage von religiöser Identität in pluralen Gesellschaften und dokumentieren das Anliegen des Zentrums, einen Beitrag zur interreligiösen, interkulturellen und politischen Bildung zu leisten. Dieses Anliegen wird durch die Vielfalt der Beiträge und durch nachdenkenswerte Thesen umgesetzt. In ihrer Einführung (S.9-24) beschreibt Marianne Heimbach-Steins Religionsfreiheit als Selbstbegrenzung des Staates (S.13) und Verpflichtung der religiösen Akteure (S.15). Diese umrahmen den (gegenseitigen) Lernprozess von säkularem und religiösem Bewusstsein wie auch den Lernprozess innerhalb der jeweiligen religiösen Gemeinschaft. Die ersten fünf Aufsätze konzentrieren sich auf die Beziehung des Staates und seiner Organe zu religiösen Gemeinschaften. Stefan Huster beschreibt in seinem Beitrag (S.35-54) die wertvolle Unterscheidung zwischen Begründungsneutralität und Wirkungsneutralität des Staates. Das erste ist eine Verpflichtung des Staates; das zweite kann er nicht garantieren und ist auch nicht wünschenswert. Eine Konkurrenz von Überzeugungen würde nämlich dann verhindert werden (S.39-40). Es bleibt die Frage, ob sich alle religiösen Gruppierungen darauf einlassen. Heiner Bielefeldt stellt in seinem Beitrag (S.55-evangelikale missiologie 23[2007]4 74) das vielfältige Spektrum im Raum des Islams vor. Er ist optimistisch, dass die „lebensweltliche Flexibilität“ im Raum des Islam eine Eingewöhnung ermöglicht. Dieser Optimismus wird von Duran Terzi (S.75-79) und Reza Hajatpour (S.81-86) geteilt. Wolfgang Thierse hinterfragt diesen Optimismus zu Recht: „Für den Wahrheitsanspruch einer Religion bleibt es ein Stachel, der religiösen Überzeugung des Anderen dieselbe Dignität zuzumessen wie der eigenen“ (S.29). In seinem Beitrag (S.27-34) argumentiert er andererseits im Rückgriff auf Lessings Toleranzbegriff, dass „die Erfahrung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit den Islam so ändern könnte, dass er von sich aus unsere grundlegenden Prinzipien und Maßstäbe akzeptieren kann“ (S.32). Thierse sieht in der sogenannten „interkulturellen Kompetenz“ (S.33) eine Schlüsselqualifikation der Zukunft. Ob das ausreicht, kann alleine die Zukunft zeigen. Weitere vier Aufsätze beleuchten die Rolle des Individuums im Rahmen dieser übergeordneten Beziehungen. Es beginnt damit, dass jeder Mensch das Recht hat, Rechte zu haben, wie Christa Schnabl anhand von Hannah Arendt ausführt (S.89-104). Karl-Wilhelm Merks beschreibt die Trennung von Politik und Religion als eine große Leistung des Abendlandes in seinem Aufsatz (S.105-135). Damit betont er „die Einsicht in die Autonomie des Sittlichen“, welche „die Moral sowohl aus der staatlichen wie aus der kirchlichen Bevormundung freigibt“ (S.128). Das Ethikverständnis muss daher empirisch verwurzelt und säkular sein (S.126). Nur in diesem Rahmen kann man die Verantwortung eines Christen im Staat denken und überhaupt scheint die Vermittlung der (christlichen) Religion nur im Engagement für Menschlichkeit möglich (S.133). Die Geistesgeschichte des Abendlandes wird damit implizit zum Maßstab erhoben. Der Islam hat nämlich in seiner Geschichte die Trennung von Politik und Religion nicht vollzogen, wie Merks selbst betont (S.128). Wie schwierig es ist, solche Gedanken in einem islamisch-geprägten Land zu denken und umzusetzen, veranschaulicht Cevat Kara in seinem Beitrag zur Jungtürkenzeit (1908-1914) (S.137-155). Ob eine offene (und gewaltfreie) Konkurrenz von Überzeugungen gewünscht ist und praktiziert wird, hängt entscheidend von der Bereitschaft der einzelnen Bürger ab - und damit ist jeder einzelne gefragt. Diese Bereitschaft muss verpflichtend sein. Zur Realisierung bedarf es sicherlich „dialogfähiger Identitäten“. Mit diesem Stichwort beschreibt Regina Ammicht Quinn (S.157-165) ein für mich nicht klar fassbares „zwischen“ im interreligiösen Dialog. Sie grenzt diese Identität von einer defensiven und einer offensiven Identität ab. Erstere versucht Bestehendes zu bewahren, z.B. das sogenannte „christliche Abendland“. Letztere kann Begegnung mit „anderen“ nur als „Bekehrung“ begreifen. Dialogfähigkeit, die den anderen nicht zum Objekt macht, ist sicherlich gefordert. Deswegen muss aber der Wahrheitsanspruch der eigenen Überzeugung nicht zwangsläufig relativiert werden. Es muss möglich sein, dem Gesprächspartner als Mensch zu begegnen und die eigenen Überzeugungen uneingeschränkt zu vertreten. Diese Beiträge fordern auf vielfältige Weise zum Nach- und Weiterdenken heraus und sind allen zu empfehlen, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzen wollen. Heiko Wenzel,em 2007-4. |
Hein, Uwe. Indische christliche Seelsorge. (Bd.14, Erlanger Monographien aus
Mission und Ökumene). Erlangen: Verlag der Ev. Luth. Mission, 1991. Diese Heidelberger Dissertation hat eigentlich das Gewicht
einer Habilitationsschrift. Der Verfasser hat alles herangezogen, was
indische Christen unserer Zeit zur Frage
geschrieben haben, und hat durch
wiederholte Reisen an Ort und Stelle beobachtet und sich berichten lassen. Der
Verfasser hat recht daran getan, daß
er zunächst Umwelt und Überlieferung indischer Kultur beschrieben hat (Kaste,
Yoga, Ashram, Guru-Chela-Beziehung usw.).
Darauf handelt er ab S.148 die christliche Seelsorge indischer Gestalt in 3 Schritten ab: zunächst die Frage der Form (Sprache und Kultur, Kunst und Indische Frömmigkeit und Seelsorge läßt das, was man heute abschätzig „starre Dogmen“ nennt, hinter sich. Sie sucht Erfahrung und blickt nur auf Jesus, allerdings ohne die Heilsgeschichte mitzubedenken. Man wünschte sich, daß deutlicher gezeigt würde: der Seelsorger muß die Ganzhingabe an Christus (seifsurrender to Christ) vollzogen haben und ein Mann des Gebets sein. Zu recht wird wiederholt auch Sadhu Sundar Singh genannt, und nach dem englischen Wortlaut seiner Schriften zitiert. Warum fehlt ein Hinweis darauf, daß eine deutsche Übersetzung mit Erläuterungen vorliegt? Das Buch schließt mit „Anregungen für die deutsche Seelsorgearbeit“. Das Literaturverzeichnis ist überwältigend umfangreich und für künftige Arbeit zum Thema unentbehrlich (294-320). Nun sollte aber auch ein Inder zum Thema das Wort nehmen und aus der Praxis heraus an Beispielen zeigen, wie Seelsorge geschieht: auf dem Dorf, in der Stadt, bei Christen, die aus den Kastenlosen kommen, und bei anderen usw. usw. Friso Melzer, em 1993-1. |
Heiner, Wolfgang. Schüsse am Schlangenfluß. Neuhausen: Hänssler, 1993 (Nachdruck von
1979). Drei Männer sind sich in Brasilien begegnet: Gerhard Lutasch, Sohn eines deutschen Kolonisten, Josué de Marco, Sohn eines brasilianischen Kolonisten und Pedrinho, der Indianerhäuptling. Zwei Morde führen dazu, daß alle drei über Brasilien zerstreut werden. Wolfgang Heiner erzählt, wie durch die Arbeit von Missionaren alle drei zum Glauben an Jesus Christus finden. Zwischen spannenden Abschnitten enthält das Buch eine Menge – manchmal zu langatmiger – Informationen über die Religion, Geschichte und Missionsituation in Brasilien. Wer das Buch Kindern ab 12 Jahren vorliest oder erzählt, kann das Wesentliche herausfiltern. Christof Sauer, em 199-3. |
Hempelmann, Heinzpeter. Wahrheit ohne Toleranz -
Toleranz ohne Wahrheit? Chancen und Grenzen des Dialogs mit Andersgläubigen. Wuppertal: R.Brockhaus, 1995. Sobald ein Christ unter Nichtchristen seine Überzeugung äußert, daß Jesus der einzige Weg zu Gott ist, gerät er häufig unter schweren Beschuß. Es sei intolerant, so zu denken, und fundamentalistisch. Manchmal wird er sogar mit politisch aktiven Islamisten in einem Atemzug genannt. Daß dieser Vorwurf ungerechtfertigt und sogar falsch ist, zeigt Heinzpeter Hempelmann in seinem knapp 70 Seiten umfassenden, gut lesbaren Büchlein. Er gibt begründete, sachliche Denk- und Argumentationshilfen für Christen und Nichtchristen bei der kritischen Frage nach Wahrheit und Toleranz. Durch seine philosophischen und theologischen Studien und Veröffentlichungen, besonders im Bereich der Erkenntnistheorie, ist der Autor für eine derartige Schrift besonders qualifiziert. Seit 1995 ist er Studienleiter des Theologischen Seminars der Liebenzeller Mission. Dieses, trotz mancher philosophischer Fachbegriffe, sehr lesenswerte Büchlein sollte weite Verbreitung finden und ist allen, die sich mit missionarischen und apologetischen Fragen auseinandersetzen, wärmstens zu empfehlen. Es hilft, Klarheit über einen christlichen Standpunkt zu gewinnen und diesen ohne defensiven Unterton zu vertreten. Martin Sachs, em 1997-4. |
Herbst, Michael; Jörg Ohlemacher, Johannes Zimmermann (Hg.). Missionarische
Perspektiven für die Kirche der Zukunft: Beiträge zur Evangelisation und
Gemeindeentwicklung Bd. 1, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlagsgesellschaft,
2005. Der vorliegende Sammelband ist die erste eigene Veröffentlichung des im April 2004 gegründeten „Instituts zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung“ der Theologischen Fakultät der Universität Greifswald. Zugleich ist es der erste Band seiner damit begründeten wissenschaftlichen Publikationsreihe, der „Beiträge zur Evangelisation und Gemeindeentwicklung“, deren Herausgeber identisch sind mit den Herausgebern dieses ersten Bandes. M. Herbst und J. Ohlemacher sind Professoren für Praktische Theologie in Greifswald und die (nebenamtlichen) Direktoren des Institutes. Herbst hat sich bereits mit seiner Dissertation „Missionarischer Gemeindeaufbau in der Volkskirche“ (Stuttgart, 1990), Ohlemacher mit seiner historisch-theologischen Studie zur deutschen Gemeinschaftsbewegung „Das Reich Gottes in Deutschland bauen“ (Göttingen, 1986) um das Thema Mission in Deutschland verdient gemacht. H. Zimmermann ist (vollamtlicher) wissenschaftlicher Geschäftsführer, finanziert von der Württembergischen Landeskirche. Im Wesentlichen dokumentiert der Band die Beiträge eines Symposiums in Greifswald, das mit der Eröffnung des Instituts verbunden war. Der Band hat drei Teile. Im ersten grundlegenden Teil bietet der katholische Pastoraltheologe Paul M. Zulehner (Univ. Wien) missionstheologische Perspektiven: „christentümliche“ Gesellschaften seien einer „atheisierenden“ Kultur gewichen und verlangten von den Kirchen nicht nur „rückbauende Verschlankung“, sondern einen missionarischen Aufbruch. Die säkulare Offenheit für Spiritualität sei ein Anknüpfungspunkt für eine „mystagogische Mission“, die davon ausgeht, dass Gott alle retten will, in allen schon wirkt und nach konkreten Wegen sucht, ,jene, die Gott uns ,hinzufügt’ (Apg. 2,47), zu gewinnen… damit seine Kirche leben und wirken kann“ (S. 23). M. Herbst beschreibt in seinem Beitrag, in dem er das Institut vorstellt, zunächst den pommerschen, hochschulischen und kirchlichen Kontext des Institutes. Er erinnert an die Gründungsimpulse aus der Leipziger Synode 1999 und der davon inspirierten EKD-Studie „Das Evangelium unter die Leute bringen“ (EKD-Text, 2000). Er beschreibt den konzeptionellen und strukturellen Weg der Gründung von 2001-2004 und die ersten durchgeführten Projekte. Das Institut versteht sich als bisher einmalige universitäre Forschungsstelle für Mission in Deutschland im Rahmen der ev. Landeskirchen. Träger sind die Pommersche Landeskirche und die Arbeitsgemeinschaft Missionarischer Dienste (AMD) des Diakonischen Werkes der EKD. Darüber hinaus finanziell und personell beteiligt sind einzelne Landeskirchen (Pommern, Baden, Württemberg) und Stiftungen. Das Konzept besteht darin, historische, theologische und praktische Aspekte der Evangelisation und missionarischen Gemeindeentwicklung in den ev. Landeskirchen zu erforschen und zu vermitteln – durch Lehrveranstaltungen an der Fakultät, durch Weiterbildung für Pfarrer und Ehrenamtliche und durch Disserati-onen und Habilitationen. „Zusammengehalten werden diese verschiedenen Aktivitäten durch die Überzeugung von der „prinzipiellen Gemeindlichkeit des Glaubens“ (S.41). Im zweiten Teil zeigt der Greifswalder Neutes-tamentler Christfried Böttrich die Legitimation und Enfaltung des missionarischen Auftrag der Kirches nach dem NT auf. Überzeugend legt er die Vielfalt und Tiefe neutestamentlicher Missionspraxis dar. Zutreffend auch die Deutung zu Römer 9-11, dass „Israel seiner Erwählung auch durch ein Nein zu Christus nicht einfach verlustig geht“. Nicht überzeugend allerdings finde ich seine Schlussfolgerung, nämlich dass darum für Paulus nach der Ablehnung des Evangeliums durch Israel die Heidenmission (unter Ausschluss Israels) „das nun einzig angemessene … Zeugnis gegenüber seinem Volk“ sei (S.67). Hat Paulus nicht auch nach seinem Römerbrief weiterhin (auch in Rom), den Juden das Evangelium bezeugt? Hans-Jürgen Abromeit, Bischof der Pommerschen Landeskirche, unterzieht die Werke Bon-hoeffers einer bemerkenswerten und inspirierenden missiologischen Re-Lektüre. Nicht die Religionslosigkeit und Mündigkeit an sich sei das Zentralthema Bonhoeffers gewesen, sondern die Frage: „Wie kann Christus der Herr auch der Religionslosen werden“ und damit auch die an die eigene Identität rührende Frage, „wer Christus heute für uns eigentlich ist“ (S. 71) . Daraus folgernd entwickelte Bonhoeffer sowohl ekkle-siologische als auch Neuansätze in der theologischen Ausbildung. Die Kirche müsse von der Volkskirche zur Missionskirche werden. Im Finkenwalder Predigerseminar lehrte Bonhoeffer sowohl Seelsorge als auch Homiletik unter dem Aspekt „Christum zur letzten Entscheidung“ zu predigen. Er entwickelte das Modell der Volksmissionswochen mit teammissionarischen Einsätzen. J. Zimmermann zieht aufschlussreich Bilanz zu 25 Jahren missionarischem Gemeindebau und zeigt auf, dass zwar manche Erwartungen unerfüllt blieben, aber dennoch mehr geblieben ist als Einzelansätze und ein neues Bewusstsein für „Gemeinde“ als erkennbares Profil im Pluralismus gewachsen ist. Im dritten Teil des Buchs werden verschiedene Kontexte reflektiert. Zulehner stellt die katholische Studie zu Atheismus und Glaube in zehn postkommunistischen Ländern vor, wobei auffällt, das Ostdeutschland einen wesentlich intensiveren Atheismus als beispielsweise Polen aufzuweisen hat. Weitere Beiträge (L. Szabö) widmen sich dem Gemeindeaufbau im Rahmen der Ev. luth. Kirche in Ungarn und dem missionarischen Konzept der Ev. luth. Church of America (Brent Dahlseng). Letzterer stellt lediglich einen Programmentwurf dar, ohne die konkrete Situation zu reflektieren, die sich doch sehr von der in Deutschland unterscheidet. Die ELCA stellt in den USA ein eher kleine und kulturell eher eine Nischenkirche dar. Der Beitrag steht von daher etwas zusammenhanglos da. Abgeschlossen wird der Band durch einen Beitrag des Rostocker praktischen Theologen Thamas Klie zur missionarischen Bedeutung kirchlicher Räume, der mit Recht darauf hinweist, hier „gewonnene Deutungsofferten“ zu entdecken. Fazit: Der Band ist Ausdruck eines bemerkenswerten Neuansatzes zur ReflektiDn missionarischer Arbeit in Deutschland im Bereich universitärer evangelischer Theologie. Der Neuansatz scheint geprägt von dem positiven, unpolemischen Willen, eine breite, aber zugleich nicht pluralistische, sondern dem neutestamentlichen Evangelium verpflichtete und gemeindebezogene Basis für missiologische Reflektion im Rahmen der ev. Landeskirchen zu schaffen. Diese erste Veröffentlichung bietet einige bemerkenswerte und inspirierende Beiträge, wobei das Zentralstück des Bandes Herbsts „Gründungserzählung“ (S. 11) über das neue Institut ist, die auch den roten Faden vermittelt. Insgesamt setzt die Dokumentation des Gründungssymposiums einen wichtigen Doppelpunkt für zu erwartende weitere Veröffentlichungen des vielversprechenden landeskirchlich-theologischen Instituts. Das Buch ist also eine lohnende Lektüre für alle, die an der missionarischen Herausforderung in Deutschland - auch über den evangelisch-landeskirchlichen Rahmen hinaus - mitdenken und -arbeiten wollen. Dr. Friedemann Walldorf, em 2005-4. |
Hesselgrave, David J. Scripture and Strategy. The Use of the Bible in Postmodern Church and Mission. Evangelical Missiological Series 1. Pasadena (CA): William Carey Library. Rommen, Edward; Harold
Netland (Hg.), Christianity
and Religions: A Biblical Theology of World Religions. Evangelical
Missiological Series 2. Pasadena (CA): William Carey Library. Dies sind die ersten beiden Bände einer neuen missiologischen Buchreihe des amerikanischen Gegenstücks zum AfeM. Der Titel des ausgezeichneten ersten Bandes ist ebenso irreführend wie der Untertitel, denn Hesselgrave stellt vor allem das Anliegen zehn führender evangelikaler Theologen und Missiologen vor: Carl F. Henry (Biblische Autorität), Erich Sauer (Heilsgeschichte), William J. Larkin (Auslegung der Bibel), Paul G. Hiebert (Kontextualisierung), Hans-Ruedi Weber (Dialog und Konfrontation), Trevor McIlwain (Jüngerschulung), Timothy M. Warner) Geistliche Kampfführung), John Piper (Gemeinde und Mission) und Ralph D. Winter (Ausbildung von Leitern der Zukunft). Natürlich geht es auch darum, welche bedeutende Rolle die Bibel für alle diese Theologen spielt, aber vor allem wird deren zentrales Anliegen dargestellt, um aus diesem Mosaik ein Gesamtbild evangelikalen Missionsdenkens zu gewinnen. Damit wird das Buch zu einer ausgezeichneten ersten Einführung in die evangelikale Missiologie der Gegenwart. Im zweiten Band der Serie untersuchen 14 Autoren eine biblische Sicht der nichtchristlichen Religionen. Im Mittelpunkt stehen exegetisch-systematische Aufsätze jeweils zu den großen Teilen der Bibel: Pentateuch, Weisheitsliteratur, Propheten, Evangelien & Apostelgeschichte, Paulusbriefe und restliches Neues Testament - ein ausgezeichnetes Vorgehen, das auch einmal die weniger bekannten Bibeltexte zum Thema erfaßt. Daneben finden sich historische und zusammenfassende Beiträge. Insgesamt wird versucht, die Einzigartigkeit Jesu und des von ihm geschaffenen Heilswegs mit einem möglichst wenig konfrontativen Umgang mit anderen Religionen zu verbinden. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-1. |
Heyden, Ulrich van der. Rote
Adler an Afrikas Küste. Die brandenburgisch-preußische Kolonie Großfriedrichsburg
in Westafrika, Selignow-Verlag, 2., überarbeitete Auflage, Mai 2001. 1681, fünfundzwanzig Jahre vor Beginn des Dänisch-halleschen Missionsprojektes in Tranquebar/Indien, schloß der Kapitän des preußischen Schiffes „Wappen von Brandenburg“ im Auftrag seines Fürsten einen Vertrag mit drei afrikanischen Häuptlingen zur Errichtung eines kolonialen Stützpunktes. Ein Jahr später wurde in Emden eine preußische Handelskompanie gegründet und zwei Jahre später (1683) wurde die Festung „Großfriedrichsburg“ im heutigen Ghana gebaut. Zum nun beginnenden brandenburgisch-preußischen Kolonialhandel gehörte auch ein einträglicher Sklavenhandel. Als Stützpunkt für die Sklavengeschäfte mietete Preußen 1685 einen Teil der karibischen Insel St. Thomas an. Der Sohn des Großen Kurfürsten, der pietistisch geprägte Friedrich Wilhelm I. (der „Soldatenkönig“), allerdings sah das „afrikanische Komerzienwesen“ seines Vaters als „eine Chimäre“ (Hirngespinst) an und verkaufte 1717 alle afrikanischen Besitzungen für 6000 Dukaten an die Niederländisch-Westinische Kompanie. Erst in der Phase des deutschen Imperialismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts (Carl Peters, O. v. Bismarck) wird die Erinnerung an diese Episode wieder heraufbeschworen und der Große Kurfürst als „Pio-nier“ geehrt. Ulrich van der Heyden, Kolonialhistoriker und Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin, schildert in diesem schön gestalteten Bildband die politischen und wirtschaftlichen Hintergründe dieses Unternehmens, würdigt die Leistungen brandenburgischer Bauleute, Schiffbauer, Matrosen und Soldaten und gibt Einblicke in die schreckliche Realität des Sklavenhandels. Ebenso wird die frühe „Begegnung“ von Vertretern zweier so unterschiedlicher Kulturen, wie die Brandenburg-Preußens und die der westafrikanischen Küste berücksichtigt. Der attraktive Band enthält neben dem Textteil Fotos, alte Drucke, Landkarten, zeitgenössische Texte sowie eine Zeittafel und eine ausführliche Bibliographie. Abgerundet wird er mit Aufnahmen vom heutigen Zustand und Berichten über die aktuelle Nutzung in einem Entwicklungsprojekt. Obwohl es hier also nicht um Missionsgeschichte geht, bietet der Band interessante Einblicke in die missionsgeschichtliche „Umwelt und Zeitgeschichte“ des 17. und 18. Jahrhunderts und macht e contrario die gegensätzlichen Motivationsfelder kolonialer und missionarischer Aktivität deutlich. Dr.
Friedemann Walldorf, em 2002-3. |
Hiebert,
Paul G., Transforming worldviews. An
anthropological understanding of how people change, „Hiebert at his best“ (Scott Moreau). Nach etwa 40 Jahren Lehrtätigkeit als Professor für Ethnologie und Missiologie hat Paul Hiebert sein missionswissenschaftliches Forschen zusammengefasst in dem Sachbuch „Transforming Worldviews“, das etwa ein Jahr nach seinem Lebensende erschienen ist. Viele Themen aus seinen früheren Veröffentlichungen finden sich hier wieder, diesmal neu strukturiert und eingeordnet in eine umfassende Gesamtdarstellung. Dabei ist Hiebert – wie immer – gut zu lesen. Sein Aufbau ist übersichtlich, sein Gedankengang schlüssig, seine Ausdrucksweise klar und gut zu verstehen. Es gelingt ihm, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen, ohne zu simplifizieren. Dass an einzelnen Stellen Wiederholungen vorkommen, lässt sich thematisch nicht vermeiden. Nach einem geschichtlichen Überblick über die Entwicklung des Konzepts „Weltbild“ fasst er in einem ausführlichen zweiten Kapitel die Charakteristika von Weltbildern zusammen. Geleitet wird er dabei von der Arbeitsdefinition „[Worldview is] the foundational, cognitive, affective and evaluative assumptions and frameworks a group of people makes [sic.] about the nature of reality which they use to order their lives“ (S. 25f). Dabei bedenkt Hiebert sowohl die synchrone Struktur eines Weltbilds als auch die diachrone Dimension der Entwicklung und Veränderung eines Weltbilds. Er bezieht Sprache und Logik, Vorstellungen von Raum und Zeit, mechanische und organische Grundmuster des Weltverstehens ebenso ein wie Oplers These der kulturellen Themen und Gegenthemen. Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Weltbild und Kontext, und Kapitel 4 untersucht Methoden, mit deren Hilfe Weltbilder analysiert werden können (ethno-semantische Analyse, Rituale, Mythen). Es folgen fünf Kapitel über Grundzüge von Weltbildern in unterschiedlichen Kontexten und Kulturen, angefangen bei Stammes- und Bauernkulturen über das Weltbild der Moderne bis hin zu Weltbild-Charakteristika der so genannten Postmoderne und der Post-Postmoderne, dem „glokalen Weltbild“, wie Hiebert es nennt. Hiebert folgt hier der Interpretation von Smith und Laudan, die den postmodernen Skeptizismus als eine Übergangsphase in ein post-postmodernes Zeitalter verstehen. In diesen Kapiteln werden jeweils einige charakteristische Elemente skizziert, die für Weltbilder dieser Kulturen typisch sind. Diese Charakterisierung ist als Überblick und Ausgangspunkt für eigene Forschung im konkreten kulturellen Umfeld gedacht. Am ausführlichsten ist dabei die Darstellung des modernen Weltbilds, das in der jüngeren Missionsgeschichte einen großen Einfluss auf die Missionspraxis der westlichen Kirchen gehabt hat. Eindrücklich sind hier die Passagen, in denen Hiebert aufzeigt, wie stark unsere Kirchen und unser theologisches Denken in der westlichen Welt beeinflusst sind von Grundmustern der Moderne (z. B. der Club-Charakter unsrer Gemeinden, die Betonung des individualistischen Charakters eines persönlichen Glaubens etc.). Es folgt ein Kapitel, in dem Hiebert einige Grundzüge eines biblischen Weltbilds skizziert. Hierbei handelt es sich nicht um eine definitive Darstellung eines ‚supra-kulturellen biblischen Weltbilds’. Vielmehr macht Hiebert aufmerksam auf einige grundlegende kognitive, affektive und evaluative Themen, die aus der biblischen Gesamtgeschichte erwachsen. Es handelt sich um einen Gesprächsanstoß, der zu einer kritischen Reflexion eines spezifischen Weltbilds im Licht der biblischen Gesamtgeschichte anregen möchte. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit grundlegenden Prozessen von Weltbild-Transformation (Bekehrung als Weltbild-Transformation; wie kommt es zu einem Paradigmenwechsel?) und dem Verhältnis der Weltbild-Transformation zu anderen Systemen (soziales System, multi-individuelle Entscheidungen). Dieses Buch lädt ein, einem Missionswissenschaftler in der Endphase seines Wirkens über die Schulter zu schauen und zu sehen, wie Erkenntnisse aus unterschiedlichen Phasen seines Forschens zu einem Gesamtbild zusammen wachsen. Hiebert arbeitet dabei heraus, dass Mission nicht nur auf die Veränderung von Verhaltensweisen oder die Übernahme bestimmter religiöser Überzeugungen zielt. Menschen begegnen Gott in der Gesamtheit ihres Lebens und Denkens. Diese Begegnung muss Folgen haben für alle Bereiche des Lebens und Denkens, einschließlich der verborgenen und unbewussten Aspekte des Weltbilds. Das Ziel christlicher Missionsarbeit muss deshalb sein, das Evangelium so weiterzugeben, dass es zu einer Begegnung mit dem jeweiligen Weltbild kommt und damit zu einer kritischen Auseinandersetzung auf tiefster Ebene. Dieses Buch wird jedem interessierten Missionar helfen, die aus dieser Begegnung resultierenden Veränderungsprozesse besser zu verstehen und zu begleiten. Und es wird für all diejenigen von großem Interesse sein, die versuchen Menschen den Horizont zu weiten für andere Sichtweisen der Welt und dabei zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Weltbild anleiten wollen. Dr. Jürgen Schuster, em 2009-4. |
Hille, Rolf. Das Ringen um den säkularen Menschen. Karl Heims Auseinandersetzung mit
der idealistischen Philosophie und den pantheistischen Religionen.
Gießen/Basel: Brunnen 1990. Rolf Hille erwarb mit der vorliegenden Inauguraldissertation
nicht nur den Titel eines Dr. theol.
(München 1990), er sicherte sich auch die Anerkennung und den Dank
gegenwärtiger und zukünftiger
Karl-Heim-Forscher: Hilles umfangreiches Werk bietet auf S.446-597 das
gesamte Schrifttum von und über Karl Heim, übersichtlich gegliedert und mit
wissenschaftlicher Akribie erstellt.
Somit steht nun erstmals eine
wirklich umfassende Karl-Heim-Biblio Manch ein Leser, der sich bereits mit Heim beschäftigt hat, wird wohl schon bei der Lektüre der Vorbemerkungen (9ff) eine Überraschung erleben: Wir sind es gewohnt, mit dem Namen Karl Heim die Person und das Werk jenes Theologen zu verbinden, der durch seine umfassende theologische, philosophische und naturwissenschaftliche Bildung bestach und den interdisziplinären Dialog mit den modernen Naturwissenschaften pflegte. Er hegte das erkenntnistheoretisch und apologetisch motivierte Interesse, das ganze der Wirklichkeit vom christlichen Glauben her zu erkennen, zu denken und als denk-möglich zu erweisen. Wir kennen Heim als den Theologen, der „die geistige Auseinandersetzung mit dem naturwissenschaftlich begründeten Säkularismus“ (llf) bzw. der „materialistischen Konzeption des Säkularismus“ führte (16). Hille stellt uns einen bisher kaum bekannten Heim vor: Einen religionswissenschaftlich interessierten Theologen, der sich mit den ostasiatischen Hochreligionen auseinandersetzte und im „asiatische[n] Pantheismus“ das weltanschauliche Pendant zum „abendländische[n] Idealismus“ sieht, und zwar insofern, als er in beiden äquivalente Formen des „Mystizismus“ findet (16). Im Mystizismus erkennt Heim nun wiederum eine bestimmte Ausprägung des Säkularismus, so daß sein Säkularismusbegriff insgesamt „sowohl das Phänomen des Materialismus“ als auch „das des Mystizismus“ umfaßt (16). Diese Erkenntnis ist für das Verständnis der Heimschen Theologie grundlegend, da er den abendländischen Idealismus bzw. den asiatischen Pantheismus durchweg als „die andere große Herausforderung der christlichen Theologie sachlich gleichberechtigt neben dem Problem des Materialismus thematisiert“ (16). Damit wird eine Präzisierung des Karl Heim-Bildes notwendig: Der bisher kaum bekannte Heim ist der wahre - ihn und seine apologetische Konzeption möchte Hille dem Leser nahebringen, um so das theologische Gespräch über das durchaus aktuelle, leider aber kaum rezipierte Werk Heims anzuregen (7f; llf; 16). Nachdem Hille den bei Heim wichtigen Zusammenhang von Biographie und Theologie entfaltet hat (Verwurzelung im Pietismus), schildert er Heims Begegnung mit dem Säkularismus und dessen Analyse dieses wichtigen Phänomens. ‚Säkularismus’ meint hier „das menschliche Bemühen, dem verfügbaren, welthaften Sein göttlich-ewige Qualität zu verleihen“ (83). Im folgenden stellt Hille dar, wie Heim jenes Bemühen anhand der drei genannten Formen des Säkularismus entfaltet, den Mystizismus dann umfassend kritisiert und eine eigene Begründung des theologischen Personalismus vorlegt. Hilles „Kritische Anmerkungen zur Würdigung der missionarischen Apologetik Karl Heims“ (410ff), die diesen Titel wegen ihrer Sachkenntnis und Ausgewogenheit zu Recht tragen, sowie eine Thesenreihe beschließen das Werk. Hier ist Hille darin zuzustimmen, daß Heim seine stärkste Leistung in der Apologetik gegenüber dem Materialismus zeigt (vgl. S.443). Allerdings sind Heims religionswissenschaftliche Darstellungen und Analysen des Hinduismus und Buddhismus des öfteren so undifferenziert und religionswissenschaftlich problematisch, daß ich Hilles diesbezügliche Kritik (vgl. 232ff; 405ff; 443ff) noch schärfer und grundsätzlicher formulieren würde. A. James Findeisen, em 1993-2. |
Hollenweger, Walter J. Charismatisch-pfingstliches
Christentum: Herkunft, Situation, Ökumenische Chancen. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen, 1997. Da es nur wenig fundierte Literatur zur Geschichte der pfingstlichen und der charismatischen Bewegungen gibt, diese aber ständig an Bedeutung zunehmen, wird kaum einer an dieser Darstellung eines der besten Kenner der Materie weltweit vorbeikommen. Was Hollenweger zusammengetragen und gründlich belegt hat, wird vielen innerhalb und außerhalb dieser Bewegungen neu sein. Viele Aufbrüche und Pfingsttheologen werden erstmals theologisch beschrieben und eingeordnet, insbesondere in Ländern wie Korea, Mexiko, Chile und Südafrika. Hollenwegers Klassifizierungen verschiedener Strömungen (bes. S.198) und Analysen von typischen Entwicklungen sind geradezu klassisch. Als Missionswissenschaftler bezieht Hollenweger ständig den internationalen Bezug und die missionarische Komponente der Pfingsbewegung mit ein. Er behandelt auch ausdrücklich die „Pfingstliche Missionswissenschaft“ (S.330-337), die er stark von dem Anglikaner Roland Allen beeinflußt sieht. Hollenweger will mit seinem Buch aber auch ganz bewußt der Pfingstbewegung sagen, wie sie sich in Zukunft entwickeln sollte. In etlichen Dingen wird man ihm sicher zustimmen, etwa seiner wiederholten Kritik, daß viele Pfingstkirchen zu wenig gegen den Lebensstil superreicher Evangelisten unternehmen, obwohl die Pfingstbewegung doch gerade unter Unterprivilegierten ihren wesentlichen Beitrag leistet. Auch das Erstaunen über die Eschatologie der Pfingstbewegung ist sicher berechtigt. „Man wird erwarten, daß die Pfingstler einen starren Dispensationalismus kritisieren“, der Geistesgaben für erloschen hält. „Merkwürdig ist nur, daß die Pfingstler in allen anderen Punkten sich immer noch auf die Methode des Dispensationalismus berufen“, obwohl dieser doch ihrer Erfahrung und ihrer Exegese widerspricht“ (S.347-348; vgl. 229-230). Aber bei Hollenwegers Änderungswünschen an die Pfingsbewegung fließen auch schon im geschichtlichen Teil und erst recht in seinen Empfehlungen ständig viele Elemente seiner Theologie ein, die manchmal sogar recht wenig mit dem Thema zu tun haben. Er schreibt etwa: „Meine eigene Schlußfolgerung ist, daß wir für einen theologisch verantworteten Synkretismus plädieren müssen“ (S.342). Er empfiehlt „eine neue Soteriologie“ (S.284-286), die auf den Gedanken der Hölle und des ewigen Verlorenseins verzichtet (S.285). Den „Prozeß der Evangelikalisierung“ (S.391) der Pfingstgemeinden sieht Hollenweger eindeutig als negativ, wie überhaupt ein anti-evangelikaler Zug das ganze Buch durchzieht. Wenn möglich - so Hollenweger - sollte ein meist ökumenisch beginnender charismatischer Aufbruch die meist folgende evangelikale Phase überspringen und gleich zur späteren noch weitherziger ausgerichteten Phase eintreten. (Erst recht wendet sich Hollenweger gegen jede Art von Fundamentalismus, wobei sich allerdings kaum ein Evangelikaler als Fundamentalist sehen würde, wenn er Hollenwegers Definition zugrundelegen würde.) Die Übersetzung ist im übrigen sehr holprig, weswegen sich für manche Details der geschichtlichen Darstellung eine Rückversicherung anhand des englischen Originals empfiehlt, bevor man das Buch zitiert. (Das deutsche Buch ist dabei Band 2 des englischen Originals ‘The Pentecostals’.) Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-4. |
Holthaus, Stephan. Heil
– Heilung – Heiligung. Die Geschichte der deutschen Heiligungs- und
Evangelisationsbewegung (1874-1909), Kirchengeschichtliche Monographien
14, Giessen, Basel: TVG Brunnen, 2005. Dem Autor, Dekan der Freien Theologischen Fakultät in Giessen, ist nach Jahren der Forschung ein großer Wurf gelungen: seine Arbeit besticht durch Materialfülle, Detailwissen und neue Forschungsergebnisse. Zum ersten Mal wird in diesem Buch die bis dato fast völlig unerforschte deutsche Heiligungsbewegung (HB) aus dem Dunkel des Vergessens und Verschweigens einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Autor setzt sich zum Ziel, die wichtigsten geschichtlichen Eckpunkte der Heiligungs- und Evangelisationsbewegung zu beschreiben und die historischen Fakten zu liefern, die einen Gesamtüberblick ermöglichen sollen. Wohltuend erkennt der Leser dabei an, dass sich der Autor in seinen Urteilen zurückhält und um Objektivität bemüht ist. Holthaus schlägt einen beeindruckenden Bogen von den Anfängen der HB im Methodismus und anderen Kreisen Nordamerikas Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Aufbrechen der Pfingstbewegung in Deutschland um 1910. Eingebettet in diesen Rahmen untersucht der Autor zunächst den europäischen Beginn der HB. In kurzen Biographien werden die wichtigsten Vertreter der HB im deutschsprachigen Raum skizziert, angefangen von Carl Heinrich Rappard, Otto Stockmayer, Theodor Jellinghaus bis hin zu Freiherr Julius von Gemmingen (125-166). Zur HB gehörten dann auch verschiedene Konferenzen, z.B. die Allianzkonferenz in Bad Blankenburg, denen der Autor ein weiteres Kapitel widmet (169-188). Aufgrund eigener Forschungen zeigt der Autor, wie die HB sich in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts zu einer Evangelisations- und Missionsbewegung weitete (191-265). Die Glaubensmissionen, die heute den Kern der evangelikalen Missionen in Deutschland bilden, gehen z.B. ausnahmslos zurück auf die Impulse der HB (237-258). Die Heilungsbewegung sieht der Autor als radikalisierten Zweig der HB, der nicht die ganze Bewegung repräsentierte (393). Durch die hier zum ersten Mal in dieser Ausführlichkeit geschehene Zusammenführung der verschiedenen neuen Werke und Initiativen (Glaubensmissionen, Heilungsbewegung, Evangelisten- und Missionsschulen, Verlage und Publikationen, Diakonische Einrichtungen und das Liedgut) gelingt dem Autor ein aufschlussreicher Überblick über die verschiedenen Fassetten der HB. Interessant und anregend sind die vom Autor aufgegriffenen speziellen Themen und Probleme, die von der HB aufgeworfen werden. So widmet der Autor den Frauen in der HB ein ganzes Kapitel (467-507). Da mag es manchen überraschen, dass der Autor zu dem vorsichtigen Urteil kommt, dass „...die Frauen dieser Bewegung in eingeschränktem Maße der religiöse Ausdruck der gesellschaftlichen Frauenemanzipation Ende des 19.Jahrhunderts verkörperten“ (509). Wichtig zum Verständnis der HB als internationaler und interdenominationeller Bewegung ist auch ihr Einfluss auf die Freikirchen, der kenntnisreich dargestellt wird (299-331). Noch bedeutsamer war jedoch der Impuls, der durch die HB ausging und zur Entstehung des Gnadauer Verbandes führte. Diesem Prozess geht der Autor nach (268-298). In seinem letzten Kapitel geht Holthaus auf die Entstehung der Pfingstbewegung ein (551-592). An den schmerzlichen Vorgängen um den Gründer der deutschen Pfingstbewegung, Jonathan Paul, die durch ihn hervorgerufene Spaltung der Gemeinschaftsbewegung und den Folgen der Berliner Erklärung 1909 zerbrach die HB. Hier legt der Autor den Finger auf eine wunde Stelle. Mit Recht beklagt er, dass die Gegner der Pfingstbewegung eigene Defizite und Mitverantwortung für die Fehlentwicklungen später leugneten (594). Die negativen Ereignisse wurden der ganzen HB zur Last gelegt, damit verwarfen die Väter der Gemeinschaftsbewegung jedoch ihre eigenen Wurzeln (594). Dies überzeugend herausgearbeitet zu haben, ist ein Verdienst des Autors. Leider bricht hier das Buch ab. Die immer noch notwendige „theologische“ Auseinandersetzung mit den Fragen, die die historische HB uns stellt, auch angesichts des Bruchs mit der damaligen Pfingstbewegung, ist bis heute noch nicht wirklich geführt. Vielleicht gelingt es nun, nachdem Stephan Holthaus mit der historischen Darstellung der HB gewissermaßen eine Schneise in den geschichtlichen Dschungel geschlagen hat, auch ausführlich auf die Theologie der HB einzugehen. Das umfangreiche Werk wird erschlossen durch eine fast 80-seitige Bibliographie und ein Namensregister. Fotos der wichtigsten erwähnten Persönlichkeiten ergänzen den Text. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung. Möge es dazu helfen, die Wurzeln besser zu verstehen, aus denen die Identität der deutschen evangelikalen Bewegung erwachsen ist und zum Gespräch zwischen den verschiedenen Gruppen beitragen. Dr. Bernd
Brandl, em 2006-3. |
Holzhausen, Andreas (Hg.). Mission unter Beschuß. Missionspraktiker
antworten auf kritische Fragen. Neuhausen: Hänssler, 1996. Wenn ein Thema von Kritikern unter Beschuß genommen wird, greifen die Verteidiger gern zum gleichen Mittel: Sie schießen zurück. Genau dies aber tun die Autoren der 18 Beiträge nicht, die Andreas Holzhausen hier zusammengestellt hat. Sie greifen auch nicht nur die gängigen groben Vorwürfe auf, die gegen die Arbeit der Missionen erhoben werden, sondern auch die subtileren, argumentativ schwieriger zu behandelnden. Manche Autoren gehen besonders geschickt damit um: Behauptungen von seiten der Kritiker werden in aller Ruhe mit einem Fragezeichen versehen zurückgereicht. Es wird gelassen argumentiert, hinterfragt und abgewogen. Ideologische Verzeichnungen finden sich höchstens andeutungsweise. Holzhausen hat mit 9 Beiträgen den Löwenanteil des Werks verfaßt. Er ist ein Kenner der Materie. Die Praxis der Mission kennt er aus seiner Arbeit als Wycliff Bibelübersetzer in Nepal, den Beschuß durch die Kritik aus seinen langjährigen Erfahrungen als Referent für Öffentlichkeitsarbeit des deutschen Zweiges von Wycliff. In vorbildlicher Weise läßt er immer wieder erkennen, daß er nicht so tun will, als blieben keine Fragen offen, sondern er spricht aus, daß er in manchen Fällen keine befriedigende Antwort hat. Auch bezieht er einen Aspekt mit ein, den Kritiker der Mission grundsätzlich vernachlässigen: In der Sammlung kommen auch Betroffene zu Wort, vier Afrikaner und ein Perser. Wer - um bei der militärischen Metapher zu bleiben - treffsichere Argumente sucht, die für die Arbeit der Missionen sprechen, der findet sie hier, in unkomplizierter und flüssiger Sprache geschrieben. Prof. Dr. Lothar Käser, em 1996-3. |
Horie, Hildegard. Tsega, oder Die Sehnsucht der
Gefangenen. Hänssler
Verlag: Holzgerlingen, 1999. Tsega wächst mitten im Bürgerkrieg in Eritrea auf. Sie wird aus ihrem behüteten Zuhause herausgerissen und wandert heimatlos von Kontinent zu Kontinent - und wird doch die Sorge um die zu Hause zurückgelassene Familie nicht los. Trotz alledem wendet sich Tsega nicht von Gott ab, sondern erfährt ihn in allem Leid um so konkreter. Der Leser wird in dieser authentischen Erzählung in die Welt der Menschen in Eritrea, in ihre Sorgen, ihre Arbeit und Schicksale mithineingenommen. Da viele Dinge, wie die Traditionen oder die Rolle der Frau auch heute noch Gültigkeit haben und der orthodoxe Glaube in vielen Familien bis heute starken Einfluß hat - leider nicht immer so positiv, wie im Buch für den Großvater Tsegas beschrieben - kann man sich, vor allem, wenn man in Äthiopien lebt, in vieles sehr gut hineindenken. Bedrückend ist, daß gerade in dieser Region wieder Krieg herrscht und ähnliche Schicksale in Eritrea wie in Nordäthiopien gerade jetzt zu finden sind. Das Buch vermittelt viel Verständnis für Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten, da viele sich in unserem behüteten Deutschland gar nicht vorstellen können, wie es ist, als Kind in so einer Situation aufzuwachsen. Das Buch ist für jeden interessant, der äthiopische oder eritreische Freunde hat, aber auch für Leute, die ein bißchen über den Tellerrand ihrer eigenen Kultur hinausschauen möchten. Monika Wiegand, em 2000-3. |
Houston, Tom. Scenario
2000. A Personal Forecast of the Prospects for World Evangelization. MARC:
Monrovia, 1992. So knapp es irgend geht, skizziert der Direktor der Lausanner Bewegung, Tom Houston, die Aussichten für die Weltevangelisation. Zugrunde liegen Barrett, Johnstone und Jansen, sowie die eigene Erfahrung des Autors, der einst Direktor der British and Foreign Bible Society und von World Vision International war. Wie kaum einer hat er die Trends beobachtet. Kapitelweise werden relativ homogene Gebiete charakterisiert: Islam, Hinduismus, Buddhismus, Marxismus, Westeuropa, Lateinamerika, Nordamerika und Afrika. Daraus folgen neun missiologische und missionarische Arbeitsprioritäten, auf die man sich nach Houston konzentrieren sollte: „1. Die Gewinnung der großen Blöcke resistenter Volksgruppen für Christus (Muslime, Hindus, Buddhisten und Spiritisten); 2. Wie der Wandel des Kommunismus in China, der ehemaligen UdSSR, Osteuropa und andernorts, sowie die größere Offenheit sich auf die Kirchen und die Evangelisierung auswirkt; 3. Wie man die Säkularisierung im Westen bekämpfen und den Weg für eine Re-Evangelisierung ehemals christlicher Länder bahnen kann; 4. Wie die wandernden Völker aufgenommen und gewonnen werden können, und wie sie Träger der Guten Nachricht von Jesus Christus an ihren Herkunftsorten werden können; 5. Die Menschen in den wachsenden Städten der Welt, besonders derer mit wenig oder keinem Zeugnis von Jesus Christus, und was die Gute Nachricht ihnen in ihrer Einsamkeit, Entfremdung und in ihrem Identitätsverlust sagen könnte; 6. Die Armen in Stadt und Land, und wie die Gute Nachricht von Jesus Christus von ihnen als relevant begriffen werden könnte, im Angesicht der Einengungen, die sie durch Ungerechtigkeit und Korruption erfahren; 7. Die niedrigen Leseraten (hoher Analphabetismus) in vielen der unerreichten Gebiete und die wachsenden Bevölkerungsanteile in entwickelten Ländern, die keine Printmedien mehr benutzen. Diese Entwicklungen fordern eine Konzentration auf die Verbreitung von Lesekenntnissen und den Gebrauch von „Non-Printmedien“ in der christlichen Kommunikation; 8. Die Mobilisierung sowohl der Laien als auch der Ordinierten, um den unvollendeten Auftrag in Angriff zu nehmen; 9. Das Konzept, daß alle Leute Gottes an einem Ort eine gemeinsame Strategie zur Evangelisierung des Gebietes verfolgen, wo sie Gott hingestellt hat. Dabei sind Kirchen und freie Werke als verschiedene Ausdrücke des einen Gottesvolkes gemeinsam in die Pflicht genommen.“ Ein äußerst stimulierender Weltüberblick, mit Karten und Statistiken illustriert (Stand von Ende 1991), den eigentlich jeder Missiologe und Beter zur Hand nehmen sollte. Christof Sauer, em 1995-2. |
Hübner, Friedrich (Hg.). Indische Väter der Jeypore-Kirche. Die ersten 28 Pastoren berichten selbst von den Anfängen. Breklum, 1989. Hier erfahren wir, was vorchristliche Religion ist! Die Pastoren erzählen realistisch und wortkarg von ihrer Herkunft, ihrem Lebensweg und den vielen Leiden. Erschütternde Bilder aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. So etwas sollten unsere Vikare und -innen sowie junge Pfarrer/innen auf sich wirken lassen! Andere Junge Kirchen täten gut daran, entsprechende Zeugnisse herauszubringen! Friso Melzer, em 1993-1. |
Huffman Rockness, Miriam. A Passion for the Impossible.
The Life of Lilias Trotter. Harold Shaw Publishers: Wheaton/Illinois, 1999. Reichtum ist nicht immer ein Hindernis „in das Himmelreich zu kommen“! Lilias Trotter stammte aus einer reichen viktorianischen Familie des 19. Jahrhunderts. Sie hatte große künstlerische Begabungen, die viel Anerkennung versprachen. Aber sie hängte ihr Herz nicht daran, sondern setzte Reichtum und Begabung bedingungslos für Jesus ein. Ihrer Gesundheit war dieser Lebensstil nicht zuträglich; sie musste immer wieder lange aussetzen, akzeptierte aber auch diese Zeiten als Ausdruck der Liebe Jesu und brachte eine Fülle geistlicher, sowie künstlerischer Ergebnisse in die Arbeit ein. Was war nun ihre Mission? Recht naiv, aber voller Liebe zu den Verlorenen reiste sie mit 34 Jahren nach Algerien, um eine entsagungsvolle Pionierarbeit zu beginnen. Nichts war ihr und ihren Freundinnen zu viel. „Nie hat uns jemand so geliebt wie sie“, sagten später die Frauen (S.14). Rückschläge waren ihre tägliche Erfahrung. Mehr als 20 Jahre vergingen - das Mitarbeiterteam war inzwischen auf 30 Personen angewachsen - ehe man von einem geistlichen Aufbruch sprechen konnte. Das Außergewöhnliche an Lilias Trotter war ihre Ursprünglichkeit, ihre Freiheit, ihr geheiligtes Künstlertum. Schnell merkte sie, daß Evangelisationsversammlungen europäisch sind, der arabischen Mentalität jedoch nicht entsprechen, der christliche Geschichtenerzähler oder das christliche Ausflugsziel für die ganze Familie dagegen sehr wohl (S.208f.). Lilias Trotter setzte statt übersetzten europäischen arabische Traktate ein. Sie schrieb Geistliches in Parabelform. Auch mit den Mystikern des Landes suchte sie die Auseinandersetzung und knüpfte an ihre Sehnsucht an. Sie litt an der Dämonie der ausgeübten Religion und liebte viele durch ihre Krisen und Rückfälle hindurch. Mit den anderen nordafrikanischen Missionen arbeitete sie zusammen, inspirierte sie und übernahm Bewährtes. Sie erkannte den Wert der Heimatarbeit und baute Gebetsgruppen auf, ja sie dachte und tat vieles, was heute als neu angepriesen wird. Aber nur jemand, dem Jesus ein und alles ist, dem das Wort Gottes ständig gegenwärtig ist, darf sich so weit aus dem Fenster lehnen. „Leidenschaft für das Unmögliche“ schöpft aus den feinsinnigen Tagebüchern und Briefen, die Lilias’ Zeichnungen und Aquarelle zieren. Die Sprache ist anspruchsvoll, vielleicht hätten einige Stellen gekürzt werden können. Ist man am Ende des Buches und ihres Lebens angelangt, muss man sich fragen: Bin ich so hingegeben? Bin ich so in der Schrift gegründet? Achte ich alles andere außer Jesus für Verlust? Will ich mich der Herausforderung stellen? Lilias Trotters Arbeit in Algerien war nicht vergeblich, auch wenn Nordafrika schon bald wieder geistlich tot erschien - oder ist der neue Aufbruch bisher nur unbemerkt geblieben? Ingrid von Torklus, em 2000-3. |
Hummel, Reinhart. Religiöser Pluralismus oder christliches
Abendland? Herausforderung an Kirche und Gesellschaft. Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchges., 1994. Die Studie des Missionswissenschaftlers Hummel (1983-1995 Leiter der Ev. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Stuttgart) befasst sich mit dem zunehmenden religiösen Pluralismus der Gegenwart und will zu einer theologischen Bewältigung der dadurch bedingten Herausforderung für die Kirchen verhelfen. Das Buch besticht durch seine sehr gut lesbare Sprache und seine didaktisch hervorragende Darlegung der relevanten Fakten und Gesichtspunkte. Die Fülle von religionswissenschaftlichen Informationen, die Hummel auf nur 200 Seiten entfaltet und theologisch zu verarbeiten sucht, verdient Bewunderung und bietet dem Laien wie dem Fachmann eine solide Zusammenfassung der zu beachtenden Tatsachen: Die Geschichte der „interreligiösen Bewegung“ in den letzten 100 Jahren (8-22), die wachsende Aufsplitterung des Protestantismus in Kirchen und Sekten in den vergangenen 200 Jahren und die in den letzten 150 Jahren entstandene Präsenz okkulter Religionen (23-30) werden ebenso behandelt wie die zunehmende Anwesenheit östlicher Religionen und der mit diesen geführte Dialog (31-60), die neuen religiösen Bewegungen (61-73), die Suche nach Spiritualität (89-105), die Begegnung mit dem Islam (106-134) und die Rolle des religiösen Pluralismus in der säkularen Gesellschaft (135-147). Der auf dem neuesten Stand der religionswissenschaftlichen Literatur gegebene Überblick wird abgeschlossen durch eine theologische Erörterung der Synkretismusproblematik und Erwägungen zur geistlich-theologischen Bewältigung der mit dem religiösen Pluralismus gegebenen Herausforderung (159-192). Inhaltlich zeichnet sich Hummels Buch durch eine wohltuende Sachlichkeit aus, die sich einerseits um eine faire und gerechte Darstellung der nichtchristlichen Positionen bemüht, andererseits aber falsche Idealisierungen vermeidet und die (im interreligiösen Dialog häufig ignorierten) traurigen Aspekte der religiösen Empirie (z.B. die unbefriedigende Stellung des Islam zu den Menschenrechten) nicht verschweigt (140-158). Seine theologischen Erwägungen zeichnen sich durch sorgfältige Begriffsklärungen und das ernsthafte Bemühen aus, die biblischen Vorgaben zu beachten, so daß der christliche Heils- und Wahrheitsanspruch und die Notwendigkeit der Mission klar hervortreten und beispielsweise die Unhaltbarkeit der pluralistischen Religionstheologie immer wieder deutlich wird. Hummels Werk verdient daher nicht nur aufgrund seines hohen Informationsgehaltes, sondern auch aufgrund seiner theologischen Qualität weite Beachtung. Das an sich lobenswerte Bemühen um eine ausgewogene Sicht verleitet Hummel allerdings gelegentlich dazu, Aspekte nicht hinreichend ernstzunehmen, die gegenwärtig vor allem von Evangelikalen betont werden, deren biblisches Recht aber nicht ernstlich bestritten werden kann, wenn man die Normativität der Schrift anerkennt. Wenn evangelikale Theologen beispielsweise im Anschluß an Emanuel Kellerhals und Karl Hartenstein heute noch den antichristlichen Charakter des Islam als einen Aspekt dieser Religion behaupten (131), dann ist dies solange nicht zu beanstanden, solange die religionswissenschaftliche Multidimensionalität des Islam beachtet bleibt und die theologische Bewertung nicht auf diesen einen Gesichtspunkt verkürzt wird. Hummels berechtigte Warnung vor einem vereinfachenden „Schwarzweißdenken“ (ebd.) sollte von Evangelikalen zwar ernstgenommen werden, darf aber seinerseits nicht dazu führen, daß die biblisch gebotene „Prüfung der Geister“ (1. Joh 4,1) auf jene Aspekte verkürzt wird, die einem interreligiösen Dialog förderlich erscheinen. Denn dies würde gerade jenem Realismus widersprechen, ohne den die Christenheit der Herausforderung des religiösen Pluralismus nicht gewachsen ist, wie Hummel selbst immer wieder betont (4f.,149f., 182f. u.a.). Werner Neuer, em 1996-3. |
Hunn, Karin. „Nächstes Jahr kehren wir zurück…“. Die
Geschichte der türkischen „Gastarbeiter“ in der Bundesrepublik. Neue
Forschungen zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
Nr. 11, hg. v. U. Herbert u. L. Raphael, Wallstein Verlag : Göttingen 2005. Das vorliegende Buch wurde 2004 als Dissertation im Bereich Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg angenommen. Die Autorin, Mitarbeiterin am Institute for the International Education of Students (IES) in Freiburg, erzählt die Geschichte der türkischen Arbeitsmigranten in Deutschland von der deutsch-türkischen Anwerbevereinbarung 1961 bis ins Jahr 1984, als das mit finanziellen Anreizen ausgestattete Rückkehrförderungsgesetz abgelaufen war und endgültig deutlich wurde, dass die türkischen „Gast“-Arbeiter bleibende Einwanderer geworden waren. Die vier Kapitel des Buchs folgen der Chronologie der Einwanderung und analysieren jeweils drei Bereiche: die Arbeitswelt, die Ausländerpolitik und die gesellschaftliche Situation. Dabei sind sowohl die türkischen als auch die deutschen Akteure und deren gegenseitige Wahrnehmungen und Reaktionen im Blick. Das umfangreiche erste Kapitel (S.29-206, Jahre 1961-67) bietet eine Interpretation der Anwerbevereinbarung und beschreibt die Hintergründe und Organisation der Anwerbung türkischer Arbeiter, deren Motive und vor allem deren Arbeits- und Lebensumstände in den ersten Jahren in Deutschland. Besonderes Augenmerk wird auf die Aufnahmestrukturen, namentlich die Betriebe und die Gewerkschaften im Bereich der Arbeitswelt und die Betreuung durch die Arbeiterwohlfahrt im sozialen Bereich, gerichtet. Das zweite Kapitel umfasst die Jahre 1968 bis zum Anwerbestopp 1973 (S.207-342) und beschreibt die starke Zunahme der Migration in dieser Epoche der Hochkonjunktur, die mit dem Familiennachzug verbundende Verwurzelungstendenz, die Integrationsabsichten der sozialliberalen Politik, die sich auch in der neuen Rede vom ausländischen „Mitbürger“ niederschlugen. Zudem wird die dennoch zunehmende Ablehnung der Ausländer und der Anwerbestopp auf dem Hintergrund des starken zahlenmäßigen Zuwachses und der damit entstehenden sozialen Probleme interpretiert. Das dritte Kapitel (S.343-450) analysiert die bundesdeutsche Politik der „Konsolidierung“ (Integration und Begrenzung der Migration) in den Jahren 1973-1980, das wachsende Gefühl der Ablehnung auf seiten der Migranten und deren verstärkte Selbstorganisation, sowie die zunehmende Einflussnahme politisch-islamistischer Gruppierungen auf dem Hintergrund der nationalistisch-religiösen Politik der türkischen Regierungskoalition seit 1975 („Nationalistische Front“). Das vierte Kapitel beleuchtet die sich Anfang der 1980er Jahre zuspitzende Situation (Militärputsch Türkei und Anstieg der kurdisch/türkischen Asylbewerber, Arbeitslosigkeit in Deutschland), die sich einerseits im Rückkehrförderungsgesetz und andererseits in zunehmender Ausländerfeindlichkeit und einer sich polarisierenden Debatte zwischen ethnisch-nationalen und multikulturellen Gesellschaftskonzepten äußerte. In einem Ausblick überschaut die Autorin die sich anschließenden Entwicklungen von 1985 bis zur Gegenwart, die einerseits weitere Eskalationen und Konflikte (Mölln und Solingen 1992/1993, Ehrenmorde, van Gogh-Mord 2004), aber auch Fortschritte der Integration (Reform des Ausländergesetzes 1990 und des Staatsangehörigkeitsrechts 1999) und eine Normalisierung des pluralen Miteinanders deutlich machen. In die Darstellung der Ereignisse fließen naturgemäß immer wieder Bewertungen mit ein. Dazu gehört auch die Grundthese der Autorin, dass die dargestellten gesellschaftlichen Konflikte zwischen der deutschen Mehrheitsbevölkerung und den türkischen Migranten nicht primär in religiösen und kulturellen Unterschieden begründet lägen, sondern die Ursachen eher in den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen sowie in sich gegenseitig verstärkenden Wahrnehmungsmustern (Ethnisierung) zu suchen seien (S. 539/540). Diese Einschätzung scheint mir die realen Unterschiede zwischen islamischer und christlich-humanistischer Tradition und deren Wirkkraft zu unterschätzen - wie etwa am Beispiel der fehlenden Religionsfreiheit im Islam oder der Ehrenmorde deutlich wird. Gerade im Bezug auf letztere nimmt auch die Autorin selbst eine andere Position ein und kritisiert nun doch einen pauschalen „Multikulturalismus“, vor allem wenn er motiviert ist von der „Angst, durch eine offene Auseinandersetzung mit den teilweise äußerst fragwürdigen sozialen und kulturellen Normen der Einwanderer … als fremdenfeindlich kritisiert zu werden“ (S.545). Nicht ganz überzeugend ist die Interpretation der islamistischen Entwicklungen in der türkischen Migrantenbevölkerung seit Mitte der 1970er Jahre als Reflex auf Ausländerfeindlichkeit der Deutschen (S. 527) oder als „Reaktion auf die Erkenntnis, dass ihr Leben in der Bundesrepublik eben nicht nur ein provisorischer Aufenthalt, sondern von längerer Dauer war“ (S.442). Hier wird m.E. die genuine Verwurzelung vieler Migranten im traditionellen Islam unterschätzt. Überhaupt wird manchmal der Eindruck vermittelt, als gäbe es eine saubere Trennlinie zwischen einem allgemeinen Islam (der sich konfliktfrei integrieren ließe) und islamistischen Gruppen, die für Konflikte sorgen (S.443), was sich in Wirklichkeit aber oft nicht so klar unterscheiden lässt. Berechtigt allerdings ist die deutliche Kritik der Autorin an ethnischen („völkischen“) Konzepten von Nationalität (S.496f) sowie die Warnung vor starren kulturistischen Festlegungen und Interpretionsmustern, die die Dynamik und Wandlungsfähigkeit von Kulturen unterschätzen (S.19/20). Hier verweist sie auf hoffnungsvolle Entwicklungen wie die Herausbildung eines „deutschen Islam“ bei jungen türkischen Muslimen im Rahmen der „erfahrenen Säkularisierungs- und Modernisierungsprozesse“ (S.562) sowie auf konkrete Schritte im Blick auf einen geregelten deutschsprachigen Islamunterricht an den Schulen. Der Beitrag christlich-missionarischer Begegnung mit muslimischen Migranten für ein konstruktives Miteinander wird allerdings nicht gesehen, sondern lediglich leicht karikiert als weitere Belastung der Beziehungen dargestellt (S.140). Hier hätte eine differenziertere Auseinandersetzung nicht geschadet. Fazit: Trotz der erwähnten Anfragen ist es das Verdienst dieses Buches, wohl zum erstenmal die Geschichte der türkischen Arbeitsmigranten in Deutschland in zusammenhängender Form und unter Einbezug politischer, gesellschaftlicher, religiöser und sozialer Zusammenhänge als ein Stück gemeinsamer Geschichte der „bundesdeutsche(n) Einwanderungsgesellschaft“ von „Alteingesessene(n) und Zugewanderte(n)“ (S.564) dargestellt zu haben. Die umfangreiche Darstellung basiert auf einer breiten Basis politik- und migrationswissenschaftlicher, sowie historischer, soziologischer und ethnologischer Studien und eigenen Archiv-Forschungen. Im Anhang des Buches befindet sich ein Abkürzungsverzeichnis und das Verzeichnis der Quellen und Literatur. Ein Stichwortverzeichnis, das man bei einem so breit angelegten und aufwändig ausgestatteten Werk erwarten könnte, fehlt leider. Das Buch ist auch für Missionswissenschaftler ein wertvolles Werkzeug zum Erschließen und zur weiteren Diskussion eines wichtigen Themas. Dr. |
Hunsberger, George R.;
Craig van Gelder (Hg.). The Church between Gospel and Culture: The
Emerging Mission in North America. W. Eerdmans: Grand Rapids/USA und Cambridge/GB,
1996. Das vorliegende Buch ist eine Sammlung von Aufsätzen, die im Rahmen des nordamerikanischen missiologischen Forschungsnetzwerkes „The Gospel and Our Culture“ entstanden sind. Dieses Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, die missionarische Begegnung der Gemeinde mit der (post-)modernen Kultur der Gegenwart zu durchdenken und anzuregen. Einen entscheidenden Anstoß dazu gab der britische Missionstheologe L. Newbigin mit seiner These, daß die westliche Kultur nicht nur säkular, sondern heidnisch geworden sei. Die Gemeinde müsse sich ihrer (unvermeidlichen) Verflechtung mit dieser Kultur bewußt werden und, wo nötig, aus ihr befreien, um evangeliumsgemäße und missionarische Gemeinde in ihr sein zu können. Demgemäß beginnt der vierteilige Sammelband im ersten Teil mit einer Einführung in Newbigins Missiologie für die westliche Kultur. Von diesem Ausgangspunkt her werden in drei weiteren Teilen die Schwerpunkte (Kultur, Evangelium, Gemeinde) einer Missiologie für den Westen untersucht und in einen dynamischen Zusammenhang gestellt. Zunächst (in Teil II) geht es darum, die amerikanische Kultur als Missionsfeld und missiologische Herausforderung zu verstehen. Sechs Aufsätze bieten theologische, historische und soziologische Analysen. Der dritte Teil fragt nach Inhalt und Grundlage des Evangeliums für die Mission im Kontext der westlichen Kultur: Was ist Gottes gute, herausfordernde Nachricht für die Kultur der Gegenwart? Implikationen für Bibelauslegung, Verkündigung und Verwirklichung werden beleuchtet. Im vierten Teil geht es um die Gemeinde, in der die Begegnung zwischen der (post-)modernen Kultur und dem Evangelium konkret wird. Die Themen der Beiträge in diesem Teil reichen vom missionarischen Wesen der Gemeinde über die Rolle des Pastors als „Apostel, Poet und Prophet“ bis hin zur Entwicklung eines „ekklesialen Paradigmas“, das die Gemeinde als einzigartiges „Volk der Anbetung“ versteht, dessen umfassende Mission als Zeichen des Reiches Gottes in der (post-)modernen Kultur wirksam wird. Ein wichtiges Buch, das zum Weiterdenken über die kulturell relevante Mission der Gemeinde Jesu auch bei uns im (post-)modernen Europa und Deutschland anregt. Friedemann Walldorf, em 1998-3. |
Islamic Assemblies. Muslims Debate Democratic and Theocratic Revivals for Nations. Pasadena: Zwemer Institute,
1994. Leider kann diese Veröffentlichung des Zwemer Institutes nur als Enttäuschung bezeichnet werden. Dieses kopierte Heft, nach eigenem Anspruch ein „Almanach“, bietet eine Materialsammlung von gegenwärtigen Entwicklungen in der islamischen Welt zu den Themen „Frauen, Minderheiten und Konvertiten“, ohne jedoch wichtige Hintergrundinformation über den Islam in den einzelnen Ländern zu vermitteln. Zwar scheint der christliche Hintergrund der Veröffentlichung immer wieder durch, klare Aussagen zur Standortbestimmung vermißt man jedoch. Ein Beispiel: Ein Interview mit einem christlichen, evangelistisch arbeitenden Gemeindeleiter aus Südasien, der sich selbst als „muslimischer Bruder“ bezeichnet und die klaren Gegensätze zwischen Islam und Christentum negiert, bleibt völlig unkommentiert stehen. Der abschließende „Länderalmanach“ liefert teilweise im Westen unbekannte Informationen zu aktuellen Entwicklungen in einzelnen islamischen Ländern. Über den Islam in Europa pauschal jedoch nur in wenigen Zeilen zu berichten, daß der dortige 45 Jahre währende Frieden seit dem 2. Weltkrieg nun durch den Jugoslawienkrieg bedroht werde, ist mehr als nur mager zu nennen. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-2. |
Jabbour, Nabeel. The Rumbling Volcano: Islamic Fundamentalism in Egypt. Mandate Press:
Pasadena (CA) (lieferbar über William Carey Library), 1993. Eine gelungene, lesenswerte Studie zum islamischen Fundamentalismus! Jabbour versteht es, das in Europa immer noch kaum verstandene Phänomen des islamischen Fundamentalismus (man zählt heute rund 40 verschiedene Gruppen) in seiner Breite und Tiefe auszuleuchten. Er untersucht erstens die Geschichte der wichtigsten fundamentalistischen Bewegungen, da ohne geschichtliche Kenntnis gegenwärtige Bewegungen nicht einzuordnen sind. Darüberhinaus stellt er gegenwärtig aktive Organisationen dar und beleuchtet Beweggründe für ihr Handeln und ihre Wirkungsweise. Der iranische Schiismus wird hier ebenso behandelt wie die ägyptische Muslimbruderschaft. Jabbour möchte den islamischen Fundamentalismus nicht verurteilen und vermeidet daher Schlagworte und Pauschalisierungen. Sein sachlicher Ton und seine große Vertrautheit und Sachkenntnis der Materie machen das Buch zu einer verläßlichen und gleichzeitig gut lesbaren Quelle für alle, die sich über dieses hochaktuelle Thema fundiert informieren wollen. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-2. |
Jahrbuch
Evangelische Mission 1984 Für den, der sich einen Überblick über die Entwicklung der deutschen (BRD) evangelischen Weltmission verschaffen will, ist die Anfang des Jahrhunderts begründete Reihe der Jahrbücher eine ausgezeichnete Hilfe. Die Jahrbücher bemühen sich, jeweils die Entwicklungen des letztes Jahres im Bereich der Mission und der Missionstheologie aufzunehmen. Das geschieht einmal durch ein umfassendes Verzeichnis derAdressen aller deutschen evangelischen Missionen, der Missionsbeauftragten usw., zum anderen durch die Wiedergabe wichtiger Dokumente sowie durch einen etwa 100 Seiten umfassenden Teil mit Beiträgen zu Mission und Missionstheologie. Bis 1977 enthielt das Jahrbuch auch eine jährliche Statistik der deutschen evangelischen Missionen. 1984 wurde diese Tradition wieder aufgenommen, allerdings nur für jedes gerade Jahr. In den ungeraden Jahren erscheinen andere Statistiken, 1985 z.B. über Bibelübersetzung. Herausgegeben wird das Jahrbuch von der Vereinigung deutscher Missionskonferenzen (ihr Vorsitzender, Dr Theo Wettach, wird in em3 oder em4 einen Artikel über die früheste Phase der christlichen Mission veröffentlichen) in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Mission-s-werk und (seit 1984) der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen. Das Jahrbuch 1984 ist beim Missionshilfe Verlag vergriffen, bei der Redaktion von em ist aber noch ein kleiner Vorrat vorhanden. (6.80 DM). Ein wichtiges Element des Jahrbuches sind die zahlreichen Buchbesprechungen, die einen Einblick in die Neuerscheinungen zum Thema Mission vermitteln. Klaus Fiedler, em 1985-2 |
Jahrbuch
für evangelikale Theologie 5 (1991). Hg. v. AfeT u.a.,
Wuppertal: Brockhaus 1991. 13 ausführliche Rezensionen (von 64) in diesem Jahrbuch erscheinen missiologisch interessant, während das auf den kürzeren Artikelteil nicht zutrifft. Bibelübersetzer könnte interessieren wie Siebenthal gegen Hempelmanns These der „Veritas Hebraica“ argumentiert (der meint, die hebräische Sprachgestalt eigne sich besonders für den biblischen Offenbarungsgehalt) und die linguistischen Erkenntnisse von Cotterell u. Turner (Linguistics and Biblical Interpretation. 1989) dagegenhält. Die anderen relevanten Rezensionen finden sich zumeist in der Abteilung Kirchengeschichte oder Praktische Theologie, wo allerdings das Interesse an evangelistischer Arbeit in Deutschland vorherrscht. Ein Wunsch: Könnten nicht die ausgesprochen missionstheologischen Titel in einer eigenen Abteilung besprochen werden und zudem in größerer Obligations of Christians von 1792. Auf sie folgen in ausführlicher Breite 20 Missionsgesellschaften, die vornehmlich mit Dokumenten aus der Gründungszeit vorgestellt werden, die von Glaubensmut, Begeisterung, ökumenischem Geist, aber auch von konfessioneller Verengung, abendländischem Superioritätsge-fühl und Antiintellektualismus zeugen. In diesem Abschnitt hätte der Herausgeber noch weit stärker die Missionsländer in den Blick nehmen sollen, um - sowohl von „Missionierten“ (vgl. S.243) als auch von den „jungen Kirchen“ - gleichsam ein lebhaftes Echo auf die Missionsarbeit hörbar zu machen. Der zweite Teil des Jahrhunderts behandelt hauptsächlich die Missionstheorie, wobei neben den namhaften Missionsführern (ua. Graul, Buss und Warneck) auch Theologen (ua. Schleiermacher, Kahler, Troeltsch) vorgestellt werden. Daneben ist auch ein eigenes Kapitel dem bekannten Kenner und Kritiker der Mission, E. F. Langhans, und seiner instruktiven Abhandlung Pietismus und Christenthum im Spiegel der äußeren Mission von 1864 zugedacht. Einen gewichtigen Schwerpunkt bildet die brisante Frage nach den Beziehungen zwischen der Mission und dem Imperialismus, zu deren „liierter Gefährtin“ sich die Mission zuweilen selbst degradierte (Hg., S.412). Drei Texte der Edinburgher Konferenz, die „die missionarischen Bemühungen des 19. Jahrhunderts zusammenfassen … und die ökumenische Ära einleiten“ (Hg., S.456), bilden den Abschluß. Höchst bemerkenswert ist schließlich die gemeinsame Veröffentlichung des Quellenbandes durch einen „kirchlich-ökumenischen“ und einen „evangelikalen“ Verlag (Verlag der Evang. - Luth. Mission, Erlangen und Verlag der Liebenzeller Mission). Daß letzterer dabei sogar auch das ursprüngliche bildungsfeindliche Grundsatzprogramm seines eigenen Missionswerkes veröffentlicht (S.304-306: „Soll denn des Leeren-Stroh-Dreschens [sc. die theologische Ausbildung] kein Ende werden?“) ist ihm anzurechnen. Der für ein solch umfangreiches wissenschaftliches Werk
äußerst günstige Preis konnte nur durch Druckkostenzuschüsse ermöglicht Die Quellensammlung wird auf lange Zeit als Nachschlagewerk und Hilfsmittel unentbehrlich sein - nicht nur für Kirchenhistoriker und Missionswissenschaftler, für Studenten und Pfarrer, sondern auch für den Bibelschüler, den Missionar und den interessierten Laien, der sich einen ersten Überblick und ein fundiertes Urteil über die wechselvolle Geschichte der protestantischen Mission bilden möchte. Bleibt zu hoffen, daß der Herausgeber, wie im Vorwort angekündigt, Fortsetzungsbände folgen läßt - vor allem über die neuere Zeit (seit 1910). Herbert Roller, em 1992-4. |
Jahrbuch für Evangelikale Theologie, hg. v. AfeT und AfbeT. Wuppertal:
Brockhaus, 8. Jg., 1994. Enttäuscht ist der Rezensent, daß der erste der „Aufsätze“ nur zwei Seiten lang ist. Denn der Dissertationsbericht von Erich Scheurer über „Mission und Altes Testament – Untersuchungen zur Begründung christlicher Weltmission mit Hilfe des Alten Testaments“ war der Anlaß, das Jahrbuch noch einmal auf missiologische Beiträge hin zu betrachten. Erfreulich dagegen ist, daß bei den Rezensionen die Sektion Praktische Theologie jetzt eine Sparte für Mission aufweist. Hier werden Franz „Mission ohne Grenzen“ und Hamel „Bibel - Mission – Ökumene“ sachkundig besprochen. Das ist ein erster Schritt in die gewünschte Richtung (siehe Rezension zu Jahrbuch für Evangelikale Theologie. 6. Jg. 1992. oben). Christof Sauer, em 1995-4. |
Jahrbuch für Evangelikale
Theologie. Hg. v. AfeTund AfbeT, Wuppertal: Brockhaus, 6. Jg., 1992; 7.
Jg., 1993. Wie missiologisch stellt sich evangelikale Theologie dar? Die naheliegende Vermutung, Will man jedoch als Missionar aus der Ferne die übrige evangelikale theologische Arbeit verfolgen, findet man hier einen interessanten Spiegel, wenn auch viele Rezensionen sich mit hochspezialisierten Themen befassen. Manche Beiträge werden möglicherweise für die eigene Arbeit interessant sein, wie z.B. Eberhard Hahns Bericht über den Brasilianischen Arbeitskreis für evangelikale Theologie (1992, 40-83) und seine Auseinandersetzung mit ihm oder die Dokumentation von „Basler Thesen zur Mission“ (1993, 119ff), über deren Verfasser man leider nichts erfährt. Christof Sauer, em 1995-4. |
Jahrbuch
Mission 1994. Ozeanien. Hamburg: Missionshilfe
Verlag, 1994. Abgesehen von dem geographischen Schwerpunkt sind einige Beiträge für evangelikale Leser besonderer Beachtung wert. Lothar Käser beschreibt in seinem Artikel „Spät - fast zu spät kamen die Missionare“ wie Missionare die Einheimischen vor Walfängern und Sandelholzhändlern schützten. Im Abschnitt „Forum Mission“ wird der „Bericht von der Tagung zwischen Orthodoxen und Evangelikalen vom 8.-12. Februar 1993 im Bernhäuser Forst, Stuttgart“ dokumentiert. Auf zwei Seiten wird schließlich der Arbeitskreis für evangelikale Missiologie (AfeM) vorgestellt. Bei den zahlreichen Buchbesprechungen findet sich auch mancher evangelikale Titel oder Rezensent. Die gesammelten Missionsanschriften sind erstmals mit den neuen Postleitzahlen versehen. Christof Sauer, em 1995-4. |
Janel, Claudia (Hg). Mi stori. Frauen erzählen Geschichte. Neuendettelsau: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, 2012. Anlass für die Entstehung dieses Buches war das 125-jährige Jubiläum der Neuendettelsauer Mission in Papua-Neuguinea im Jahr 2011 und das große Interesse, das in diesem Zusammenhang eine Ausstellung über die Frauen der Mission erregte. Das Begleitbuch zur Ausstellung wurde zu diesem „Lesebuch“, in dem sechs fachkundige Autorinnen aus Quellen des Archivs der Mission oder als selbst Betroffene 13 Biographien von Missionsfrauen nachzeichnen und dem Leser in der Ich-Form lebendig vor Augen führen. Die Herausgeberin leitet das Buch mit einer wertvollen Zusammenschau über seine Entstehung und sein Anliegen ein. Der erste Beitrag gibt zunächst einen guten Überblick über die Geschichte der Neuendettelsauer Missionsfrauen in Papua Neuguinea in ihrer sich wandelnden Rolle und ihrem Erleben großer weltpolitischer Umwälzungen von den Anfängen der Mission im Jahr 1886 in der damals deutschen Kolonie Kaiser-Wilhelms-Land bis in die heutige Zeit der Partnerschaft zwischen der lutherischen Kirche Papua-Neuguineas und der evangelisch-lutherischen Kirche Bayerns. Die einzelnen Biographien stehen als Beispiele in diesem großen Rahmen. Bei ihrer Lektüre kann man gut erkennen, wie das jeweils in Deutschland vorherrschende Frauen- und Familienbild sich in der Einstellung und Tätigkeit der Missionsfrauen widerspiegelte. Während in den frühen Jahren der Mission die Arbeit ganz in den Händen von Männern lag und eine Heirat der jungen Missionare zunächst als eher hinderlich und teuer für die Missionsarbeit angesehen wurde (S. 15), wurde doch bald die Hilfe der meist als „Missionsbräute“ ausgereisten Missionarsfrauen in der aufwändigen Haushaltsführung und in der Pflege auf den Missionsstationen bald sehr geschätzt. Dabei war es zunächst selbstverständlich, dass die Frau des Missionars „in erster Linie ihrem Manne und ihrer Familie“ gehörte. Aber man erkannte vor Ort auch früh, dass ihr unter den Frauen und Mädchen ein großes Betätigungsfeld offen stand und schätzte ihr selbstverständliches Einspringen als Vertreterin ihres Mannes in den häufigen Zeiten seiner Abwesenheit. Ein lebendiges Beispiel für ein solches vielfältiges, arbeits- und oft entbehrungsreiches Missionarsfrauenleben geben die Biographien von Louise Flierl (S. 30-53), Justine Wilhelmine Caroline Vetter (S. 54-63), Luise Bergmann (S. 100-127), und Magdalene Wacke (S. 128-151) und später Christa Fugmann(S. 194-217). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts reisten zunehmend auch ledige, oftmals gut ausgebildete Frauen aus, um aktiv an der Missionsarbeit teilzunehmen. Für sie wurde das Berufsbild der Missionsgehilfin geschaffen. Sie halfen auf den Stationen in vielerlei Funktionen mit und nahmen mit der Zeit verantwortungsvolle selbstständige Positionen ein, vor allem im Bereich der Bildungsarbeit und der medizinischen Arbeit. Oftmals heirateten sie vor Ort einen der Missionare und gerieten dann immer wieder in den Pflichtenkonflikt zwischen ihrer Arbeit und der Familie. Biographische Beispiele hierfür sind Emilie Decker (S. 64-81) und Babette Schuster (S. 82-99), Hedwig Janner (S. 152-171), Hedwig Hertle (S. 172-193) und Irmgard Horndasch (S. 218-233). Das in Deutschland sich seit den 1970er Jahren stark verändernde Missionars- und Frauenbild spiegelt sich im Leben und Dienst der Missionarinnen deutlich wider: Der Schwerpunkt ihrer Arbeit lag jetzt zunehmend in der Ermächtigung und Stärkung der einheimischen Frauen zu einem selbstbewussten Leben und einem eigenen geistlichen Dienst und generell in der Hilfe zur Selbsthilfe, wie an den biographischen Beispielen von Christa Fugmann (S. 194-217), Irmgard Horndasch (S. 218-253), Vanessa Kurz (S. 234-253) deutlich wird. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit veränderten sich dabei die Rollen und der Aktionsradius der Missionarinnen, bis sie vor Ort auch in „Männerberufen“ und im geistlichen Dienst volle Anerkennung fanden. Beispiele hierfür sind Vanessa Kurz (S. 234-253) und Verena Fries (S. 254-269). Gleichzeitig kommt die sich entwickelnde Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen den jungen Kirchen Papua-Neuguineas und der bayrischen Kirche in den Biographien zum Ausdruck, vor allem bei Nancy Philip, die als Ehefrau eines Missionars und Pfarrers aus der lutherischen Kirche Papua-Neuguineas in Bayern lebt (S. 270-288). Zwei thematische Überblicke über 125 Jahre Dienst der Frauen in der Bildungsarbeit und in der medizinischen Mission bestätigen und ergänzen auf beeindruckende Weise das gewonnene Bild. Das Buch erreicht auf unaufdringliche Weise sein Ziel, „einen Beitrag dazu zu leisten, die Randständigkeit von Frauen in der Missionsgeschichtsschreibung und die Marginalisierung der Frauengeschichte in der Geschichtsschreibung überhaupt zu überwinden“ (S. 11), indem es den Frauen der Neuendettelsauer Mission eine Stimme gibt und dem Leser einen guten Einblick in ihren vielseitigen und oft herausfordernden Alltag und ihre erfolgreiche Missionsarbeit. So kann man aus eigener Anschauung nachvollziehen, was Peter Weigand, der Direktor der Mission EineWelt, dann in seinem Epilog auf den Punkt bringt: „Ohne die Mitarbeit der vielen …Ehefrauen… wäre das Projekt Mission in alle Welt vom bayerischen Boden aus nicht möglich gewesen. Sie waren das Rückgrat der Missionsarbeit… .“ Möge seine wohltuende Bitte um Verzeihung bei den Frauen, „denen wehgetan wurde durch die Tatsache, dass sie bei uns keine Rolle spielten oder keine Beachtung fanden“ (S. 345) alle die Missionarinnen erreichen, die einen solchen Schmerz verspüren! Für alle, die sich für Mission und den Dienst der Frau in der Gemeinde Jesu interessieren, ist dieses Buch eine lohnende Lektüre, die auf die weitere Geschichtsschreibung über die Missionsarbeit von Frauen weltweit gespannt sein lässt. Dr. Hanna-Maria Schmalenbach, em 2013-4. |
Jansen,
Frank Kaleb (Hg.): Target Earth: The necessity of diversity in a holistic perspective on world mission. Pasadena, 1989. Vom Titelblatt lächelt einem ein Mädchen aus China entgegen. Rundherum gruppieren sich die Länder der Erde als Kästchen in ungewohnter Anordnung. Was verbirgt sich hinter dem Titel «Target Earth»? Eine Darstellung der Erde aus vielfältigen Perspektiven, ganz im Zeichen der Weltmission. Der rote Faden ist die Frage: Unter welchen politischen, wirtschaftlichen, ökologischen, religiösen und gesellschaftlichen Umständen leben die Menschen, die Christus fern sind? Das Themenspektrum reicht von „Lebenserwartung“ über „Schuldenkrise“ bis zu „Religionen“. Neben den Grundbedürfnissen des Menschen, seinen Bedrohungen und der Verbreitung der Weltanschauungen werden auch globale Herausforderungen wie das Ozonloch genannt. Ausgeführt wird dieses Programm auf zweifache Weise: Zum einen werden Fakten in farbigen Grafiken und Weltkarten anschaulich gemacht. Zum anderen versuchen Missionsleute in Begleittexten die Fakten zu deuten und zur Teilnahme am „Kommandounternehmen Erde“ zu motivieren. Ohne diese Texte wären die Diagramme nur die Hälfte wert. Allerdings läßt sich nicht in allen Fällen die Beziehung zwischen beiden erkennen. Auch würden faktenorientierte Überschriften das Nachschlagen erleichtern. Die Autoren stammen fast ausschließlich aus dem nordamerikanischen Raum. Zur Hälfte sind die Mitarbeiter der als Mit-Herausgeber firmierenden „University of the Nations“ von „Jugend mit einer Mission“ in Hawai. Der Hauptherausgeber bei „Global Mapping International“ in Californien ist Frank Kaleb Jansen, ein norwegisches Multitalent. Seine Texte sind m.E. auch die eindrücklichsten. Etwa weil er Europäer ist? Es ist sehr zu
begrüßen, daß Jansen sein Missions-Motivationsbuch
von deutschen Autoren neu texten lassen möchte. Manche Konzepte und Perspektiven der „US-Missionsindustrie“
sind bei uns wenig nachvollziehbar. Die Frage ist nur: Bringen wir in den
Kreisen evangelikaler Missionswis Christof Sauer, em 1990-2. |
Jantzen, Hermann. Im wilden Turkestan: Ein Leben unter Moslems. Gießen/Basel (Brunnen): ABC Team, 1988. Die wohl älteste interdenominationelle Bibel- und Missionsschule deutscher Sprache war die 1905 gegründete Allianzbibelschule Berlin (seit 1919 Bibelschule Wiedenest). Eines ihrer frühesten Ziele war die Ausbildung von osteuropäischen Christen für den missionarischen Dienst in ihren Heimatländern. Einer der ersten Schüler dieser Bibelschule war Hermann Jantzen, deutschstämmig, aber russischer Nationalität. Das Buch ist ein bewegendes Buch, das u.a. viele Einblicke in das Leben der deutschsprachigen
Mennoniten in Rußland vermittelt. Sein
größter Wert liegt aber in der Tatsache,
daß es ein direkter Nachdruck seiner
Lebenserinnerungen ist. So ist das Buch eine wichtige Primärquelle für
die Wirkungsgeschichte der
Allianzbibelschule Berlin und der Bibelschule Wiedenest und damit auch für die Geschichte der frühen interdenominationellen Missionsarbeit in Osteuropa und Sibirien. Darüberhinaus wirft
es die Frage nach der Notwendigkeit der
Missionsarbeit unter Muslimen erneut auf.
Dem Buch ist weite Verbreitung zu wünschen! Klaus Fiedler, em 1989-1. |
Jaumann-Wang, Simone. Changsha - Mit Geduld und Gnade. Wie eine
chinesische Provinzhauptstadt für das Evangelium geöffnet wurde. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn,
1996, edition afem, mission scripts Bd. 10. China ist im Gespräch. Auf dem internationalen wirtschaftlichen Markt geben sich Vertreter großer Konzerne und verschiedener Regierungen die Klinke in die Hand. Der chinesische Markt lockt an, weil die von Arbeitslosigkeit geplagten westlichen Industrieländer in diesen Markt ihre ganze Hoffnung auf eine positive Wende setzen. China ist aber auch auf dem missionarisch-christlichen Sektor im Gespräch. Manche China-Experten meinen, daß das Land der Mitte heute schon die mitgliederstärkste Kirche der Welt habe (ca. 60-80 Mill. protestantische Christen). - Gott kennt die genauen Zahlen. Das Buch verhilft zu einem sachlichen und historisch fundierten Verständnis der christlichen Kirche des Landes. China ist zu groß, zu divers, um anzunehmen, daß mit einem Buch ein abgerundetes Bild vermittelt werden kann. Das ist auch nicht das Anliegen der Autorin. Dennoch erhält der Leser einen guten Einblick in die Anfänge der Missionsarbeit, auch wenn nur am Beispiel einer Provinzstadt. Übersichtlich gegliedert und ehrlich auf die positiven wie negativen Praktiken der frühen Missionare eingehend, gewinnt die geschichtliche Darstellung das Interesse und Vertrauen des Lesers. Die kurzen Abschnitte enthalten oft mehr Information als manche langatmigen Geschichtsbücher und lassen die Vergangenheit aufleben. Die protestantischen Missionare haben mehr getan als nur das Evangelium verkündigt oder die Christianisierung Chinas vorangetrieben. An Hand einzelner Beispiele, die auch heute noch ein Herz für Mission erwärmen können und die allgemeinen plakativen Vorurteile ad absurdum führen, Mission zerstöre Kultur und ‘vereinnahme’ den Menschen, wird gezeigt, daß Missionare Sprachen erforschen, Kranken und Behinderten dienen und Krankenhäuser, Schulen und andere Ausbildungsstätten bauen (S.30f). Selbst die Auflösung der alten Sitte der schmerzhaften ‘Fußbindung’ der Frauen wurde von Missionarinnen eingeleitet. Der christliche Glaube beeinflußte die Gesellschaft mehr als an der Oberfläche erkenntlich war, auch wenn er ein ‘weißes Gesicht’ trug und Chinesen, die sich ihm zuwandten, von der Bevölkerung als ‘Reis-Christen’ beschimpft wurden (S.91f.). Selbst Politiker zogen Missionare zur Beratung heran. Knapp aber mit Verständnis und Herz wird auch die Zeit der Verfolgung der Christen angesprochen. Viele Ausländer und gläubige Chinesen kamen in den wirren Zeiten der verschiedenen Aufstände um. Missionare blieben im Land und standen den Christen zur Seite. Zusammenarbeit verschiedener Missionen und Zusammenschlüsse verschiedener Denominationen verstärkten das missionarische Zeugnis. Verantwortung ging mehr und mehr in die Hände der Einheimischen über. Die Selbständigkeit der Gemeinden wurde forciert. Wie von unsichtbarer Hand vorbereitet, entwickelte sich die Kirchen- und Missionsgeschichte Chinas auf ein großes Ereignis hin. Jedoch zuvor erlebten einzelne Provinzen Erweckungen: Studenten interessierten sich für das Evangelium, so daß die Studentenmission ins Leben gerufen wurde; Gemeinden lebten das ‘Drei Selbst Prinzip’ aus; theologische Schulen hatten keinen Studentenmangel und die ‘einheimischen chinesischen christlichen Gruppen’ belebten das Gemeindebild. Das genannte Ereignis kam mit der Ausrufung der Volksrepublik China 1949 und dem bald folgenden Exodus der Missionare. Auch in der Stadt Changsha verließen 1950-51 die Missionare der CIM-Liebenzell die Gemeinden. Die Zeit der Kulturrevolution wird im Buch übergangen. Der Neuanfang mit 1980 bis in die neuere Zeit hinein findet in den letzten Kapiteln eine kurze, doch gute Darstellung. Die Gemeinde Jesu Christi ist nicht vernichtet worden. Die Zahl der Christen ist gewachsen, die der Kirchengebäude geringer geworden. Die am Schluß angefügten Tabellen von vier Missionsgesellschaften und deren Mitgliedern, Mitarbeitern, Einrichtungen und Aktionen sind sehr aufschlußeich und bürgen für ein solides Forschen. Als einer, der Changsha 1989 besuchte und sich mit den verschiedenen Kirchenmitarbeitern in ihrer Muttersprache unterhalten konnte, freue ich mich sehr über das Buch und die saubere Arbeit. Jeder, der sich für China interessiert, den Menschen und dem Land mit der Liebe Christi dienen möchte, sollte es gelesen haben. Wer für China beten und die Hintergründe der jetzigen Gemeindesituation verstehen möchte, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Es beantwortet nicht alles, aber doch vieles! Siegfried E. Glaw, em 1998-3. |
Jaumann-Wang, Simone (Übersetzerin
und Hg.). James Hudson Taylor: Rückblick. edition afem - mission classics Bd. 3. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1999. „Habe ich das nicht schon einmal irgendwo gelesen?“ Das war zu Beginn der Lektüre dieses Buches meine erste Reaktion. Sollte der Missionspionier Hudson Taylor wirklich auf so viele bekannte Geschichten und Zitate zurückgegriffen haben? Erst danach ist mir bewußt geworden, daß es sich um Hudson Taylors Autobiographie handelt. Es sind so viele Biographien über Taylor auch auf Deutsch veröffentlicht worden, die dieses Material verarbeitet haben, daß das Buch paradoxerweise fast wie ein Plagiat erscheint, obwohl es sozusagen das fast 100 Jahre alte „Original“ ist. In dieser Autobiographie schreibt Hudson Taylor von seinen Glaubenserfahrungen und davon, wie er immer wieder bewußt Schritte in seinem persönlichen Glaubensleben, als Missionar in China, und später auch als Leiter der China-Inland-Mission getan hat, die auf Gottes Verheißungen basierten. Die zahlreichen Tagebucheinträge nehmen den Leser noch unmittelbarer mit hinein in die Zeit der ersten Jahre, die Hudson Taylor als Missionar der Evangelischen Missionsgesellschaft und als unabhängiger Missionar in China arbeitete, bevor er nach einem etwa fünfjährigen Aufenthalt in England 1865 die China-Inland-Mission gründete. Diese Autobiographie ist ein wichtiges Dokument der frühen protestantischen Missionsarbeit in China, aber vor allem ein Zeugnis der Treue Gottes, der zu seinen Verheißungen steht! In der Chronologie der „wichtigen Daten“ im Anhang des Buches wäre es wünschenswert gewesen, diese Reihe bei einem Buch, das 1999 erschien, auch bis zum Zeitpunkt der Herausgabe fortzuführen. Dem Verlag für Kultur und Wissenschaft gebührt Dank, daß er dieses alte Dokument einem deutschsprachigen Leserkreis zugänglich macht, um Hudson Taylor, einen Mann des Glaubens und großer missionarischer Leidenschaft, direkt zu uns sprechen zu lassen und nicht nur in Zitaten. Wolfgang Schröder, em 2000-3. |
Jeyaraj, Daniel. Inkulturation in Tranquebar:
Der Beitrag der frühen dänisch-halleschen Mission zum Werden einer
indisch-einheimischen Kirche (1706-1730). Missionswissenschaftliche Forschungen NF 4.
Verlag der Ev.-Luth. Mission: Erlangen, 1996. Nachdem Hans-Werner Gensichen als ehemaliger Dozent in Tranquebar das Interesse an der dänisch-hallischen Missionsarbeit in Tranquebar lange Jahre wach gehalten hatte und bereits in derselben Reihe mit der Habilitationsschrift von Anders Norgaard ‘Mission und Obrigkeit’ eine Gesamtdarstellung der Geschichte der dänisch-hallischen Mission in Tranquebar von 1706 bis 1845 erschien (Missionswissenschaftliche Forschungen 22), legt nun ein einheimischer Pfarrer, der 1980 zum Christentum konvertierte Tamile Daniel Jeyaraj dar, welchen Beitrag die dänisch-hallische Mission 1706-1733 zur Entstehung einer einheimischen Kirche in Indien geleistet hat. Ein vierjähriges Forschungsstipendium an der Universität Halle trug ebenso dazu bei, daß Jeyaraj mit enormer Akribie die Quellen in Indien, Halle, Leipzig, Kopenhagen und London gründlicher als je zuvor auswerten konnte, wie die Tatsache, daß ihm tamilische Texte als Tamile viel vertrauter sind. Kurzum, auch wer meinte, schon alles über ‘Tranquebar’ und Ziegenbalg zu wissen, wird hier auf eine Fülle neuer Einsichten stoßen. Die pietistischen Missionare in Tranquebar wollten von Anfang an „im Gegensatz zur heimischen Missionsverwaltung“ (S.173) eine einheimische Tamilenkirche mit einheimischen Pastoren aufbauen und standen damit – und nicht nur in dieser Frage – im Gegensatz zu Kolonialherren und europäischen Leitungsgremien. Bereits drei Jahre nach seiner Ankunft bat Ziegenbalg den dänischen König um Erlaubnis, einen Einheimischen ordinieren zu dürfen (S.288), worauf er jahrelang keine Antwort erhielt. Erst nach 27 Jahren durfte der erste tamilische Pfarrer ordiniert werden, womit auch der Untersuchungszeitraum Jeyarajs endet. Auch sonst gibt es nicht nur Erfreuliches über die pietistische Missionsarbeit zu berichten. So zeigt Jeyaraj auf, daß die Wiedereinführung des Kastenwesens in die junge Tamilenkirche im Todesjahr August Hermann Franckes 1727, nachdem man zunächst konsequent das Kastenwesen bekämpft hatte, verheerende Konsequenzen hatte, so daß die Missionare schließlich selbst merkten, wie unglaubwürdig die Kirche wurde (S.223-234). (William Carey lernte daraus und bekämpfte jeden Einfluß des Kastenwesens auf die einheimischen Kirchen.) Kurzum, viele Ergebnisse des Buches erinnern uns daran, daß das Evangelium in jeder Kultur durch einen mühsamen Prozeß heimisch werden muß und daß diese Frage nicht erst unsere Generation beschäftigt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-1. |
Joachim Wietzke (Hg.). Mission
erklärt. Ökumenische Dokumente von 1972 bis 1992. Evangel. Verlagsanstalt:
Leipzig, 1993. Dieses wichtige Buch, herausgegeben vom Theologischen Referenten im Evangelischen Missionswerk Hamburg und längjährigen Missionar in Indien, Joachim Wietzke, möchte eine Orientierungshilfe bieten für Leser, die durch die gegenwärtige Diskussion über Mission verunsichert sind. Anhand offizieller kirchlicher Verlautbarungen wird die ganze Bandbreite der weltweiten Christenheit zum Thema Mission und Evangelisation von 1972 bis 1992 dokumentiert. Wir finden die wichtigsten Dokumente der evangelischen und katholischen ökumenischen Bewegung von Kirchenräten und Bischofskonferenzen, Dokumente der Missionsorden und Aktionsgruppen von Evangelisationskonferenzen. Dokumente aus dem deutschsprachigen Raum stehen neben wichtigen Dokumenten des Lausanner Kongresses für Weltevangelisation und den Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls wie Evangelii nuntiandi (1975) und Redemptoris missio (1990). Das Wesen und der Geist der Evangelisation werden ebenso erörtert wie ihre Adressaten und Träger. Aus den Dokumenten wird aber auch deutlich, daß sich die Missionstätigkeit noch in den allerersten Anfängen befindet. Die Konsultation der Ost-Orthodoxen und Orientalisch-Orthodoxen Kirchen in Neapolis (1988) verdeutlicht, daß auch diese Kirchen neu über die Bedeutung der Mission nachdenken. Mission beginnt in der Ortsgemeinde. Das wird aus dem Missionsverständnis der Methodistischen Kirche ersichtlich. Mission ist gleichbedeutend mit Reform der Kirchen und umspannt die ganze Welt. Die in diesem Band gesammelten Dokumente machen deutlich, daß sich die missionarische Vitalität des Christentums heute in die Kirchen des Südens verlagert hat. Wir müssen dem Herausgeber dankbar sein für diese Zusammenstellung weitverstreuter Texte. Es gibt gegenwärtig keine bessere Dokumentation zum wissenschaftlichen Verständnis der Mission. Man kann nur hoffen und wünschen, daß alle Kirchen sich mit diesen Dokumenten beschäftigen. Prof. Dr. Karl Rennstich, em 1997-1. |
Johnson, David; Jeff
VanVonderen. Geistlicher
Mißbrauch – Die zerstörende Kraft der frommen Gewalt. Projektion J: Wiesbaden, 1996. Erfreulich, daß ein Verlag, der häufig tabuisierte Themen anpackt, auch dieses Buch zweier US-amerikanischer Pastoren dem deutschsprachigen Leser zugänglich gemacht hat. Es ist auf Englisch bereits 1991 unter dem Titel „The Subtle Power of Spiritual Abuse“ erschienen. Was verbirgt sich hinter dem provozierenden Begriff „Geistlicher Mißbrauch“? Johnson und VanVonderen definieren ihn als „falschen Umgang mit einem Menschen, der Hilfe, Unterstützung oder geistliche Stärkung braucht, mit dem Ergebnis, daß dieser betreffende Mensch in seinem geistlichen Leben geschwächt und behindert wird“ (S.23). Im ersten Teil des Buches beschreiben die Autoren die Opfer, im zweiten Teil geht es um die Täter und die Gründe für ihr Handeln. Der abschließende dritte Teil zeigt Schritte zur Heilung nach geistlichem Mißbrauch auf. Eine Reihe von Fallbeispielen verdeutlicht ein immer wiederkehrendes Schema: Der verletzte Mensch wendet sich an eine Person, die er für eine geistliche Autorität hält und wird noch tiefer verletzt. Das Alte und das Neue Testament nennen Beispiele von geistlichen Hirten, die ihren Schafe eine Last auferlegen, anstatt sie zu umsorgen. Die Autoren erläutern zwar den geistlichen Mißbrauch durch falsche Autoritäten, warnen aber auch wiederholt davor, christliche Leiterschaft grundsätzlich in Frage zu stellen. Sie geben Kriterien an, anhand derer man gesunde und kranke Systeme voneinander unterscheiden kann. „Nicht alle starken christlichen Führer begehen Mißbrauch … Doch im Gegensatz zu einem System, das keinen Mißbrauch betreibt, ist es in einem mißbrauchenden System nicht erlaubt, über Probleme, Verletzungen und Mißbrauch zu sprechen. Daher gibt es für die Wunde keine Heilung und Erneuerung, und das Opfer hat sich schuldig zu fühlen, überhaupt etwas in Frage gestellt oder auf ein bestimmtes Problem hingewiesen zu haben“ (S.37). Die „Nicht-Sprechen-Regel“, die aufgestellt wird, um eine falsche Harmonie zu wahren, ist bereits wesentlicher, subtiler Bestandteil des geistlichen Mißbrauchs. Ähnlich wie Ehefrauen den Alkoholismus ihrer Männer um des „Friedens“ willen decken (sogenannter Ko-Alkoholismus), decken Gemeindeglieder um des „Friedens“ willen den mißbrauchenden Täter. Demjenigen, der auf ein Problem hinweist, wird gesagt: „Du bist das Problem!“ Wichtig ist die Erkenntnis, daß Opfer auch gleichzeitig Täter sein können, wenn sie zum Beispiel den auf sie ausgeübten Druck an den Ehepartner oder an die Kinder weitergeben. Auf diese Art gebiert ein krankes System immer wieder neue Opfer und Täter. Deshalb ist es notwendig, die Mechanismen des geistlichen Mißbrauchs aufzudecken und aus der teuflischen Spirale auszubrechen. Erstaunlicherweise bleiben Opfer oft sehr Ein lesenswertes Buch für Leiter und Mitarbeiter in Gemeinde und Mission. Dr. Volker und Martina Kessler, em 1998-2. |
Johnstone, Jill. Kinder beten für die Welt. Neuhausen: Hänssler, 1993. Die Juniorversion von „Gebet für die Welt“ präsentiert ausgewählte Informationen kindgerecht in der Form eines Populär-Sachbuches. Für jede Woche des Jahres werden Geschichten erzählt über ein Volk wie die Zulu oder ein Land wie die Mongolei. So werden 26 unerreichte Volksgruppen und 26 missionarisch am stärksten vernachlässigte Länder mitsamt jeweils sieben kurzgefaßten Gebetsanliegen vorgestellt. Großflächige farbige Zeichnungen und geographische Skizzen unterstützen die Darstellung. Die gelungene Verwirklichung ihrer guten Idee hat die Autorin (Ehefrau von Patrick Johnstone) leider nicht mehr erlebt. Eine internationale Co-edition in vielen Sprachen macht den angemessenen Preis für die gute Ausstattung möglich. Die im Inhaltsverzeichnis angekündigte Seite 128 mit einem Index fehlt leider. Daß die Reihenfolge der Gruppen sich alphabetisch nach den englischen Namen richtet, stört nicht weiter. Geeignet ist dieses einmalige Buch (nicht nur für Kinder) vom ersten Lesealter an, auch zum Vorlesen. Eine hervorragendes Mittel, um Kindern Weltmission nahezubringen und sie zum Mitbeten zu bewegen! Christof Sauer, em 1994-3. |
Johnstone,
Patrick. Gebet
für die Welt. Handbuch für
Weltmission. Informationen über alle Länder der Erde. Dt.
Ausg. bearb. von Thomas und Christine
Schirrmacher. 6. Aufl., Neuhausen: Hänssler, 1994. Johnstone, Patrick. Operation World. Pray for the World. 5th rev. ed., Carlisle: OM Publishing, 1993. Endlich ist die einzigartige
Missions-Gebets-Information von
Patrick Johnstone wieder in einer aktuellen Ausgabe erhältlich. In beiden Sprachen handelt es sich trotz der unterschiedlichen
Auflagen- und Nachdruckzählungen
eigentlich um die dritte, grundlegend veränderte Ausgabe aus
Johnstones Hand. Die englische Ausgabe
erschien September 1993
(Informationsstand 30.4.1993). Die deutsche Übersetzung und Bearbeitung (März 1994) beruht auf schon früher vorliegenden und teilweise über die englische Ausgabe hinaus von
Johnstone bearbeiteten Manuskripten. Weitere
Ausgaben sind angekündigt oder bereits
erschienen in: Chinesisch, Holländisch, Französisch, Koreanisch, Spanisch und Portugiesisch (Auskünfte
bei: OM-Publishing, POB 300, Carlisle, Cumbria, CA3 OQS, UK). Die folgende vergleichende Besprechung kann Das Buch teilt sich auf in: Vorbemerkungen, Beschreibungen der Welt als ganzer und unterteilt in 10 Regionen und in 227 Länder von A-Z, 22 spezielle missionarische Dienste und Anliegen und schließlich 8 Anhänge mit Übersichten über Staatsoberhäupter, Missionsgesellschaften und -Zusammenschlüsse, Adressen, Statistiken, Grafiken, Definitionen, Quellen- und Literaturangaben. Kein Wunder, daß der Textumfang sich verdoppelt hat und einiges detaillierter ist als früher. Der überwiegende Teil der Information ist als Gebetsanliegen formuliert und nach einem Kalendarium aufgeteilt, so daß man sich in einem Jahr „durch das Buch“ und „um die Welt“ beten kann. Eine inhaltliche Auseinandersetzung vor allem mit den statistischen Angaben (im Weltüberblick, im Anhang und in den Grafiken) und ihrer Bedeutung für Mission heute wäre einen eigenen Artikel von kundiger Hand wert. Stark vermehrt und wesentlich detaillierter beschrieben wurden die nun 22 „speziellen Dienste“. Entfallen sind die Stichworte Forschungszentren für Mission und Missionarskinder, während 12 neue dazugekommen sind: AD2000, Jesusfilm, Hunger- und Entwicklungshilfe, Medizinische Missionsarbeit, Mission mit Schiffen, Kurzzeitmissionare, Die völlige Durchdringung eines Landes mit dem Evangelium und Gemeindegründung, Stadtevangelisation, Internationale Kooperation, Gebet, „Gebet für die Welt“, und die Wiederkunft Jesu. Worin unterscheidet sich die deutsche Ausgäbe von der englischen? (1) Insgesamt macht die deutsche Ausgabe einen etwas besseren optischen Eindruck, der Druck, vor allem der Karten erscheint schärfer und das Papier besser. Das großzügigere Layout der Tabellen trägt seinen Teil dazu bei. Vor allem gegenüber der vorangehenden kleinformatigeren deutschen Ausgabe auf billigem Papier ist ein wesentlicher Fortschritt erreicht. (2) Zusätzliche Abschnitte: ein weiteres Vorwort, der erneut abgedruckte Artikel über „Mission unter unerreichten Volksgruppen“ von T. Schirrmacher und 15 Seiten Adressen deutschsprachiger Missionen. (3) Ergänzungen: Es wird statistisch ergänzt mit Informationen über deutschsprachige Werke, jedoch nicht in den Regionalartikeln. Vereinzelt finden sich im übrigen Text ergänzende Hinweise für deutschsprachige Leser. Der Artikel über Deutschland ist teilweise verändert. Bei der Übertragung eines solchen Mammutwerks bleiben Mängel natürlich nicht aus: Die Übersetzung und Lektorierung wirkt hin und wieder flüchtig, in einzelnen Fällen muß man die englische Ausgabe zu Rate ziehen, um den Sinn zu enträtseln. Zum Schmunzeln ist die Wiedergabe von „nonresidential missionary“ durch „nichtseßhafter Missionar“ (S.715). Die extrem komprimierte Ausgangssprache wird dem Rezensenten zu häufig in schwer lesbare Schachtelsätze und zu substantivisch übersetzt. Schlampig erscheint bei näherem Hinsehen ein Teil der Grafiken: Die regionalen Übersichtskarten sind uneinheitlich gestaltet, teilweise leidet die Übersichtlichkeit (wenn Flüsse und Grenzen als „Gräben“ gezeichnet werden, vgl. Islamische Welt). Auf fast jeder Karte fehlen Ländernamen. Dieselben Übersichtskarten werden bei den Länderartikeln zur Lokalisierung verwendet. Die Pazifikkarte ist dabei unnötig winzig geraten. Die thematischen Grafiken, die in Gegensatz zur englischen Ausgabe angenehmerweise im Anhang gesammelt wurden, sind leider zu stark verkleinert und uneinheitlich gestaltet worden. Ihre Reihenfolge erscheint nicht nur uneinsichtig, sondern unsinnig. Genauso wenig nachgedacht wurde bei der Grafik über die „Zusammensetzung der Zahl der protestantischen Missionare“ (S.810). Schematisch übersetzte Schlüsselbegriffe in der Grafik verkehren die Aussage ins Gegenteil. Letztes Beispiel: Im Inhaltsverzeichnis werden die Regionen von Karibik bis Islamische Welt in falscher Reihenfolge und mit falschen Seitenangaben aufgeführt. Die gravierenden Mängel sind korrigierbar und sollten in einem Nachdruck behoben werden. Dem Verleger gebührt, zusammen mit dem Autor und den Bearbeitern, der Dank dafür, daß sie breitenwirksam das Missionsinteresse fördern. Christof Sauer, em 1994-3. |
Johnstone, Patrick. The Church is bigger than you think: Structures and Strategies for the Church in the 21st century. Christian Focus Publications und WEC International: Fearn und Gerrards Cross/GB, 1998. Viele Menschen haben so ein negatives und pessimistisches Bild von der Kirche und ihrer Mission. Patrick Johnstone möchte dieses einseitige Bild korrigieren. Die Kirche ist größer und lebendiger, als viele wahrhaben. Sie ist Gottes Plan von Ewigkeit her. Er hat einen Plan mit ihr und der Welt. Patrick Johnstone möchte Christen helfen, strategisch zu denken und sich in Gottes Plan einzugliedern. Im ersten Teil entwickelt der Autor Gottes Schau und Plan für die Kirche und Welt anhand von Jesaja 52-54. Im zweiten Teil zeigt er, wie durch die Kirchengeschichte hindurch dieser Plan Gottes immer wieder übersehen, an die Seite geschoben oder marginalisiert wurde. Unglaube, Ungehorsam und Egoismus spielten eine große Rolle in der Geschichte der Kirche und der Mission. In einem dritten Teil untersucht P. Johnstone die Entwicklung der Missionsarbeit der letzten zwei Jahrhunderte und besonders in den letzten vierzig Jahren. In Übersichten und anhand von Beispielen macht er deutlich, was erreicht worden ist und welches die verbleibenden Herausforderungen und Aufgaben sind. In einem vierten, hochinteressanten Teil analysiert der Autor biblische und geschichtliche Strukturen der Missionsarbeit und stellt die Frage, inwieweit die einzelnen Strukturen in der Missionsarbeit hilfreich oder hinderlich waren. Ihm geht es dabei vor allem auch um das Zusammenspiel von Kirche (gathering structure), Mission (sending structure) und theologischer Ausbildung (training structure). Nach Johnstone betrachtet die Bibel diese Strukturen als sich gegenseitig stärkend und gemeinsam ausgerichtet auf die Evangelisation der Welt - die eigentliche Aufgabe der Kirche. P. Johnstone verfolgt das Problem der rechten Strukturen durch die Kirchen- und Missionsgeschichte. Er fragt dann am Schluß: Wie kann sich eine Ortsgemeinde auf ihre Aufgaben in der Weltmission einstellen? Was müssen Bibelschulen und theologische Fakultäten tun, um sich echt auf die Kirche und die Mission auszurichten? Was müssen Missionsgesellschaften tun, um Gemeinden zu helfen, ihren rechten Platz in der Mission zu finden? Patrick Johnstone, Autor von „Gebet für die Welt“ (Operation World) hat eine Menge wichtiger Informationen in diese 314 Seiten gepackt. Kein Wunder, daß Dr. Kenneth B. Mulholland, Akademischer Dekan der Columbia International University, das Buch als „unverzichtbaren Begleiter zu ‘Gebet für die Welt’“ bezeichnet hat. Dr. Dietrich Kuhl, em 1998-4. |
Johnstone, Patrick; John
Hanna; Martin Smith (Hg.). Gebet für unerreichte Völker. Das 10/40-Fenster. One Way Verlag: Wuppertal, 1997. Dieses Buch existiert bereits in 22 Sprachen. Es wurde von „AD 2000 and Beyond“
in Colorado unter dem Originaltitel „Praying through the Window III: The
Unreached People“ veröffentlicht. Schon im Vorwort des leitenden Redaktors erkennt man die Vielfalt der Quellen. Hier wird ein überzeugendes gemeinsames Ziel verfolgt, die Erreichung aller „unerreichten Völker“ dieser Welt. Selbst ein Missiologe wird kaum alle der in den Dankesworten erwähnten Organisationen und deren Schwerpunkt kennen, wie soll da ein Laie reagieren? Aber genau das trifft den Nerv dieses Gebetsbuches. Es geht offenbar in der Weltevangelisation gar nicht um einzelne Organisationen, sondern um eine sinnvolle Vernetzung Vieler zur Ehre des einen Herrn der Ernte! Das übersichtliche Gebetbuch - und als solches sollte es verstanden werden - besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil nehmen sechs bekannte Autoren kurz Stellung zu der Entstehungsgeschichte des Buches, zur Bedeutung des Gebets und zu einigen Fachausdrücken. Die Wichtigkeit des Gebetes wird wie folgt beschrieben: „Wie ständig laufendes Wasser einen Kanal in den härtesten Stein schneiden kann, so können beständige Gebete für die unerreichten Völker Kanäle des Segens Gottes bilden und dazu führen, daß sich das Reich Gottes ausbreitet“ (173). Im zweiten Teil werden 129 von 140 sogenannten „Gateway-People-Clusters“ vorgestellt. Diese Völker stellen Tore für die Evangelisation vieler verwandter Volksgruppen dar. Die Herausgeber haben „alles in unserer Macht Stehende getan, um jedes Profil (einer Volksgruppe) so vollständig und aktuell wie möglich zu gestalten, doch es gibt immer wieder neue Informationen über diese Gruppen“ (42). Korrekturen sind von den Autoren daher sehr erwünscht! Der zweite Teil ist der Wichtigste, denn er ist zur Familienandacht, zum privaten Gebrauch, für Gemeindeanlässe etc. gedacht. Die Autoren liefern darin praktische Beispiele für das Gebet. Im dritten Teil werden auf 24 S. wertvolle Tips für Volksadvokaten, Gebetsreisen, Informationen zum Josua-2000-Projekt und einige wichtige Adressen genannt. Ein gutes Buch, nicht zur intellektuellen Lektüre gedacht, aber zur „Herzenserweiterung“ durch das inständige Gebet! Ich hätte mir gewünscht, daß alle Artikel noch ausführlicher ausgefallen wären. Dr. Marco Gmür, em 1998-3. |
Jongeneel, Jan A. B. Philosophy, Science and
Theology of Mission in the 19th and 20th Century. A Missiological Encyclopaedia.
Part 1: The Philosophy and Science of Mission. Frankfurt: Peter Lang,
1995. Jongeneel, Professor für Missionswissenschaft in Utrecht, legt den ersten Band seiner faszinierenden Enzyklopädie der Missiologie in englischer Übersetzung vor. Der auf zehnjähriger Arbeit beruhende, gigantische Forschungsbericht schildert den Forschungsstand der Missiologie und erschließt das Fach durch eine ausführliche kommentierte Bibliographie für das 19. und 20. Jahrhundert. Jongeneel will mit seinem Werk zugleich eine wissenschaftstheoretische Fundierung der Missiologie erreichen, weil er meint, daß sie sonst im Fächerkanon nicht richtig ernst genommen werde. So diskutiert er ausführlich die verschiedensten Namensgebungen für das Fach, hält jedoch ‘Missiologie’ für den umfassendsten und treffendsten Begriff. Weiter untersucht er die Konzepte, Methoden und Zweige der Missiologie. Er teilt sie auf in „Philosophie“ (oder Wissenschaftstheorie) und „Wissenschaft“ (oder Empirie) (beides in Bd. 1), sowie in „Theologie“ (für Bd. 2 angekündigt). Dabei und in der weiteren Feingliederung möchte Jongeneel eine exakte Analogie zur Religionswissenschaft erreichen. Die Hälfte des Bandes ist der Empirie der Mission gewidmet, aufgeteilt in Linguistik, Geschichte, Geographie, Statistik, Ethnologie, Soziologie, Recht, Ökonomie, Psychologie und Pädagogik. Eine Auseinandersetzung mit dem enzyklopädischen Konzept muß ebenbürtigen Fachgelehrten überlassen bleiben. Aber als wissenschaftstheoretische und bibliographische Einführung in das Fach wird kein Student der Missiologie um dieses Werk herumkommen, schon gar nicht als Doktorand. Deshalb sollte es in keiner Fachbibliothek fehlen. Es ersetzt aber weder eine stärker inhaltliche Einleitung in die Missiologie (Van Rhenen, Verstraelen, Verkyl) noch eine eigentliche Missionslehre bzw. -theologie (Warneck, Bosch, Beyerhaus). Leider sind die bibliographischen Partien durch eine wenig geeignete Computertype schlechter lesbar als der restliche Text. Christof Sauer, em 1998-1. |
Jørgensen, Jonas Adelin. Jesus Imandars and Christ Bhaktas. Two Case Studies of Interreligious Hermeneutics and Identity in Global Christianity (Studies in the Intercultural History of Christianity 146), Frankfurt: Peter Lang. Internationaler Verlag der Wissenschaften, 2008. Das vorliegende Buch ist eine 2006 von der theologischen Fakultät der Universität Kopenhagen angenommene Doktorarbeit und Teil der von Werner Ustorf herausgegebenen Studienserie zur interkulturellen Geschichte des Christentums. Der Autor ist Forschungsmitarbeiter der Kopenhagener Fakultät und seit 2010 Generalsekretär des Dänischen Missionsrats (Dansk Missionsråd), der landeskirchliche und freikirchliche protestantische Missionsgesellschaften repräsentiert. In seiner Arbeit wertet Jørgensen Feldforschungen aus, die er zwischen 2003 und 2006 unter den Christ Bhaktas in Chennai in Südostindien und den Jesus Imandars in Bangladesh durchgeführt hat. Dabei interessiert er sich für die Beschreibung religiöser Identitäts- und Gemeinschaftsbildungsprozesse, die je nach Perspektive und Sprachgebrauch als Kontextualisierung, Inkulturation oder Synkretismus beschrieben werden können. Die beiden untersuchten Gruppen stellen inkulturierte christliche Gemeindebewegungen innerhalb ihres jeweiligen religiös-kulturellen Kontextes dar. Die Christ Bhaktas gehören (im Gegensatz zur kastenlosen Mehrheit der indischen Christen) zu hinduistischen Kasten und entfalten ihre christliche Glaubenspraxis und Theologie innerhalb dieses Rahmens. Die Jesus Imandars leben in Bangladesh, dem ursprünglich hinduistischen Bengalen, wo der Islam seit dem 16. Jahrhundert durch wandernde Sufis verbreitete wurde und sich mit hinduistischer Frömmigkeit verband. In diesem historisch-synkretistischen Kontext verleihen die Isa-Imandars (an Jesus Glaubende) ihrem christlichen Glauben auf spezifische Art Ausdruck. Die darin implizite interreligiöse Hermeneutik untersucht Jørgensen zunächst empirisch durch Interviews und teilnehmende Beobachtung. Dabei stellt er drei Hauptfragen nach 1. der Liturgie, 2. dem Frömmigkeitsideal und 3. der Theologie der jeweiligen Gruppen. So zeigt sich beispielsweise, dass die Jesus-Hindus die Liedform der bhajans, emotionale, einfache hinduistische Volkslieder des Bhakti, um eine Gottheit zu verehren, in ihre Liturgie aufgenommen haben. Das Abendmahl feiern sie mit Obst und Milch. Der Gottesdienstleiter schlägt eine Kokosnuss auf und zeigt das weiße Innere: Jesus wurde für euch gebrochen. Mit Obst und Milch empfangen die Gläubigen mahaprasad, das große Geschenk. Das zentrale Frömmigkeitsideal ist bhakti, die persönliche Hingabe und Anbetung Jesu Christi, der in der Predigt in biblisch-meditativen Beschreibungen und Bildern vergegenwärtigt wird. Hinduistische Zeremonien und Rituale (pujas) werden demgegenüber als „leer“ angesehen; an ihnen könne man teilnehmen, ohne Schaden zu nehmen. In der Theologie der Bhaktas werden biblische Zusammenhänge in der hinduistischen Begrifflichkeit des Vedanta interpretiert. Bhakti wird als theologische Antwort verstanden auf die Frage: Wie können wir etwas über Gott wissen? Nur durch Anbetung und Hingabe. Brahman, das unveränderliche, ewige und höchste Sein, das sowohl immanent als auch transzendent ist, wird mit dem biblischen Gott identifiziert und neu interpretiert. Dabei werden auch Diskontinuitäten aufgezeigt und die Grenzen des Vedanta gesprengt, wenn Jesus als muktiswa, Erlöser, der „menschgewordene Brahman“ verstanden wird, mensch-gewordene göttliche Weisheit, Erkenntnis und Barmherzigkeit. Ähnliche Beobachtungen hat Jørgensen auch im Blick auf die Jesus Imandars gemacht. Die Liturgie in ihren jamaats (Versammlungen) greift islamisch-sufische Elemente auf. Im Zentrum stehen Rezitationen aus dem Bibelbuch, das jeder auf dem Boden sitzende Gläubige auf einem erhöhten Holzständer (als Ausdruck der Ehrfurcht vor dem „Buch“) vor sich hat. Im Zentrum steht der iman (Glaube) an Jesus: nicht als abstraktes Wissen, sondern als existentieller tariqa (arab. Pfad, vgl. das sufische Konzept des tariqa als mystischer Pfad zur Einheit mit Gott) des Vertrauens durch die Taufe und in verschiedenen Schritten der Nachfolge. Trotz der Anknüpfung an die sufische Tradition verortet Jørgensen die Imandar-Bewegung als letztlich außerhalb der islamischen und innerhalb der christlichen Tradition stehend. An die empirischen Beschreibungen schließt sich die religionstheologische Reflexion an, in der Jørgensen das vorherrschende Schema von Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus (EIP) zu differenzieren sucht. Dabei verbindet er eine umfassende Darstellung der Theoriedebatte mit den Ergebnissen seiner empirischen Entdeckungen. Erfreulich ist, dass in der Darstellung der Theoriedebatte keine ideologischen Scheuklappen vorherrschen, sondern sowohl die Ergebnisse der religionswissenschaftlichen Synkretismusforschung und der interreligiösen Hermeneutik (z.B. Berner, Feldtkeller, Grünschloss) als auch evangelikal geprägte Forschungsansätze zur Kontextualisierung (Hiebert, Kraft, Tippett u.a.) in ihrer Bedeutung wahrgenommen und konstruktiv-kritisch berücksichtigt werden. Jørgensen hält das EIP-Modell zwar als Beschreibung bisheriger Entwicklungen und als hermeneutischen Ausgangspunkt fest, möchte es aber differenzierter im Blick auf unterschiedliche Elemente interreligiöser Beziehungsgeflechte anwenden. Er erweitert es um den Aspekt der „Mutuality“ (Gegenseitigkeit), der zum Ausdruck bringt, dass die christliche Tradition durch die Begegnung mit der nichtchristlichen Kultur bereichert werden kann. Beispielsweise hätten die untersuchten Gruppen die christologische Syntax klassischer westlicher Theologie durch den Aspekt der praktischen Jesus-Nachfolge erweitert: „the normative status of Jesus is based on what in the Christian tradition is termed imitatio“ (434). Auch die Abwertung einer „hohen Christologie“ in der pluralistischen Religionstheologie (etwa bei John Hick) stehe im Widerspruch zum Selbstverständnis der untersuchten christlichen Bewegungen. Sowohl die Imandar als auch die Bhaktas seien christologisch exklusiv und distanzieren sich von koranischer Christologie und hinduistischer Kosmologie. Hier werde deutlich, dass „Kontinuität mit der größeren christlichen Tradition voll kompatibel ist mit kontextueller Integration und einer sensiblen hermeneutischen Haltung anderen Religionen gegenüber“. (Jonas A Jørgenson, “Theology of Religions as Interreligious Hermeneutics”, in: Kerygma und Dogma 55 (2009) 117 – 140: 134). Als Ergebnis schlägt Jørgensen einen christozentrischen hermeneutischen Pluralismus („christocentric pluralism“) vor: „In the imandars´and bhatkas´ deeper pluralism existential commitment to Jesus as Christ does not hinder interaction or adoption of other religious traditions. … it is the Christological lens which … facilitates a pluralistic interaction with and directs interpretation of other religious traditions” (434). Fazit: Eine komplexe und innovative Studie, die zum kritischen Mitdenken herausfordert. Friedemann Walldorf, em 2012-2. |
Josua, Hanna (Hg.). Allein der Gekreuzigte. Das Kreuz
im Spannungsfeld zwischen Christentum und Islam. Holzgerlingen: Hänssler Verlag, 2002. Diese von Hanna Josua herausgegebene Festschrift zum 60. Geburtstag von Manfred Bittighofer – heute Pfarrer an der Stiftskirche Stuttgart, zuvor langjähriger Leiter der Missionsschule Unterweissach – umfasst elf Aufsätze zu einem, oder besser gesagt zu „dem“ Zentralthema christlicher Theologie, der Begründung und Bedeutung der Kreuzigung Jesu. Die theologischen Aufsätze und Betrachtungen vergewissern Christen zum einen ihres eigenen Glaubens und beleuchten unter verschiedenen Aspekten das Geschehen der Kreuzigung Jesu als ein für Christen unter keinen Umständen aufgebbares Glaubensgut. Sie befähigen aber auch dort zur klaren Positionierung, wo andere Religionen (wie z. B. der Islam) davon abweichende Erlösungswege entworfen haben oder wo man auch in der Theologie allzu leicht bereit war, den Stolperstein dieses schmachvollen Todes aus dem Weg zu räumen. In den inhaltlich und formal divergierenden Beiträgen wird die Kreuzigung als das eine Ereignis der Weltgeschichte erläutert, durch das all diejenigen Errettung, Vergebung von Schuld, unverdiente Begnadigung, Annahme bei Gott und Gewissheit des Glaubens und des Heils erlangen können, die sich auf Jesu Tod berufen. Es gibt viele Gründe, sich viel mehr für das bisher sträflich vernachlässigte gutnachbarschaftliche Miteinander von Christen und Muslimen einzusetzen. Während das Miteinander vernachlässigt wurde, wurden nicht selten in der Theologie stattdessen dort Kompromisse gefunden, wo sie fundamentale christliche Glaubenswahrheiten betreffen. Ein erfolgversprechenderer Weg des christlich-islamischen Dialogs hätte gerade umgekehrt verlaufen müssen: Während Christen sich ihrer Theologie (auch ihrer Kreuzestheologie) hätten gewiss bleiben können und müssen, hätten sie gleichzeitig das Mitmenschliche mit ihren muslimischen Nachbarn viel stärker leben müssen. Es gibt Punkte im christlich-islamischen Dialog, bei denen sich die Wahrheitsfrage gar nicht stellt: kulturelle Unterschiede z. B., bei denen die gegenseitige Achtung und der Respekt voreinander die Beziehung bestimmen sollten. Bei anderen Fragen des Dialogs gehen die Positionen auseinander, aber doch nicht so, daß man keine Gemeinsamkeiten als Anknüpfungspunkte mehr finden würde (wie z.B. bei den Prophetenerzählungen in Koran und Bibel). Von den Gemeinsamkeiten ausgehend können in einem ehrlichen Dialog dann auch die Unterschiede benannt werden. Aber dann gibt es auch Positionen im Dialog, die unaufgebbar sind, die zu den Grundwerten und -bestand-teilen des eigenen Glaubens gehören. Ein solcher Grundwert des christlichen Glaubens ist die Kreuzigung Jesu. Die Kreuzigung Jesu ist eine Wasserscheide des christlich-islamischen Dialogs. Sie trennt die kompromisslose, ja empörte Ablehnung der Kreuzigung des Korans und der islamischen Theologie von der biblisch-christlichen Auffassung über das Kreuz als Begründung und Ausgangspunkt der gesamtem christlichen Soteriologie. Bei einer entschiedenen Ablehnung des Kreuzes endet der Dialog nicht selten, bei seiner Annahme findet der Suchende Vergebung und neues Leben. Das Wort vom Kreuz ist und bleibt eine Gotteskraft, die auch heute Menschen verändert und erneuert. Hanna Josua hat mit der Kreuzigung das Fundament und den Anfangspunkt des christlichen Glaubens zum Thema seiner Festgabe gemacht. Wer wäre dazu besser geeignet gewesen als ein im Libanon geborener und in Deutschland lebender Islamwissenschaftler und Theologe, Pfarrer der Evang. Arabischen Gemeinde Stuttgart und Doktorand der Missionswissenschaft - das Kreuz bleibt immer das Zentrum. Dr. Christine Schirrmacher, em 2003-2. |
Jung, Friedhelm. Die deutsche Evangelikale Bewegung - Grundlinien
ihrer Geschichte und Theologie.
Biblia et symbiotica 8. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1994 - 2.
Auflage (1. Aufl.: Lang: Frankfurt, 1992). Jungs Dissertation (Marburg 1991) ist eine gelungene konfessionskundliche Abhandlung über die Evangelikale Bewegung (EB), also keine Selbstdarstellung oder eine kritische Auseinandersetzung mit ihr. Der Ausdruck „evangelikal“ hat sich in Deutschland erst Mitte der sechziger Jahre eingebürgert und ist zur Selbstbezeichnung einer vielfältigen Bewegung geworden, die Anliegen der Freikirchen und der Gemeinschaftsbewegung (also der Deutschen Evangelischen Allianz) sowie der Bekenntnisbewegungen miteinander verband. Jung, selbst Freikirchler, geht es um die Bewegung mit diesem Namen, er behandelt also den Zeitraum von etwa 1966 bis 1991. Die Wurzeln im angelsächsischen Raum und in den deutschen Erweckungsbewegungen werden dementsprechend im ersten Teil nur kurz skizziert. Im Mittelpunkt stehen die Entwicklung der EB in Deutschland (2. Teil) und ihre theologischen Grundpositionen (3. Teil). Ein Hauptanliegen der EB, auf das ich mich in meiner Kurzbesprechung beschränken will, ist Mission und Evangelisation. Nicht zufällig trägt die „Konferenz evangelikaler Missionen“ (1969, seit 1974 AEM) als erste das Wort „evangelikal“ in ihrem Namen. Angestoßen durch den Weltkongreß für Evangelisation mit Billy Graham 1966 in Berlin gewinnt sie durch die Frankfurter Erklärung und die Lausanner Verpflichtung ihr Profil. Die Freie Hochschule für Mission und der AfeM sind weitere wichtige Exponenten dieser Richtung. EB und Mission lassen sich nicht voneinander trennen. Auch bei der Darstellung von Grundpositionen evangelikaler Theologie ist das Missionsverständnis ein wichtiger Punkt. In Auseinandersetzung mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen wird deutlich, daß „der Biblizismus der Evangelikalen … letztlich ausschlaggebend für ihr Missionsverständnis (ist). Aus der Bibel aber ersehen sie, daß die Verkündigung des Wortes vom Kreuz und der Ruf zur Bekehrung der zentrale Auftrag der christlichen Gemeinde ist. Daher wird der Predigt auch grundsätzlich der Vorrang vor der Diakonie zugesprochen“, ohne die sozial-diakonische Tat für überflüssig zu halten (198f). Die Missionstheologie ist heilsgeschichtlich geprägt und wartet auf die Vollendung in der Parusie Christi. Umsichtig werden auch die anderen Teile der EB behandelt, ein besonderer Akzent liegt auf der Auseinandersetzung mit der Pfingst- und der Charismatischen Bewegung. Insgesamt ist Jungs gut dokumentiertes Buch (S.229-351 Anmerkungen, dann Dokumente, S.380-400 Literaturverzeichnis) eine wichtige Hilfe, um Verständnis für die EB zu wecken. Also weniger ein Buch für „Insider“, das aber nichtsdestoweniger auch von diesen zur Kenntnis genommen werden sollte. Dr. Johannes Triebel,em 1996-1. |
Kaldewey, Jens. Die
Starke Hand Gottes. Der fünffältige Dienst. Schweiz: Oberwenigen.
Koinonia- Verlag. Deutschland: Emmelsbüll C&P Verlag. 2001. In der Kirchen- und Missionsgeschichte tauchen immer wieder biblische Prinzipien und Erkenntnisse auf, die während Jahrzehnten oder auch Jahrhunderte nicht mehr beachtet wurden. Das gilt für die Reformation (Schriftver-ständnis), Täuferbewegung (Freie Gemeindegründungen), Pietismus (Persönliche Frömmigkeit), Heilungsbewegung (Heiligkeit, Heiligung), Pfingstbewegung (Bedeutung des Sprachenredens), Evangelikale Missionen (Glau-bensmissionen), Charismatische Bewegung (Bedeutung der Geistesgaben). Diese Liste ist nicht vollständig. Die Geschichtsschreiber werden sich bald einmal die Frage stellen: Welches sind die Wiederentdeckungen des Dritten Jahrtausends? Meines Erachtens zeichnet sich bereits ein Trend ab, der erfreulicherweise an verschiedenen Orten der Welt gleichzeitig großen Einfluss gewinnt. Während Jahrhunderten wurde der Begriff Missionar einseitig benutzt. In den letzten Jahren erlebte der Begriff eine positive Erweiterung. Wir sprechen heute von Langzeitmissionaren, Kurzzeitmissionaren, spezialisierte Mission (z.B Sprachwissenschaftler), Zeltmacher (Missionare die in ihrem Erst- oder Nebenberuf unterwegs sind.) usw. Nun gibt es im angelsächsischen Raum eine Vielzahl von neuen Büchern die im Titel den Begriff Apostel verwenden. Viele Missiologen sind sich einig, dass nicht jeder Missionar ein Apostel ist, aber jeder echte Apostel ein Missionar ist. Auch hier wird je nach Affinität unterschieden: paulinischer, petrinischer, johanninischer Apostel ect. Wo aber sind griffige, biblische Beschreibungen über Wesen, Berufung und Dienst eines Apostels und in welchem Zusammenhang wirkt er mit den anderen Diensten? Der deutsche Theologe und Seelsorger Kaldewey hat in seinem Buch „Die Starke Hand Gottes“ das Thema aufgegriffen. Ich sehe es als einen mutigen Anfang einer thematischen Auseinandersetzung, um welche die Missionswissenschaft nicht herumkommen wird. Der Untertitel „Der fünffältige Dienst“ weist auf die Schlüsselstelle in Eph. 4.11 hin. Kaldewey beschreibt zuerst sehr illustrativ an Hand der fünf Finger den „Fünffachen Dienst“ der Gemeinde (Apostel, Propheten, Lehrer, Hirten und Evangelisten) um dann auf das Zusammenwirken der Dienste einzugehen. Die Synergie aus der Zusammenarbeit der einzelnen Dienste lässt erahnen wie viel Segen im Laufe der Jahrhunderte in der Missionsarbeit verloren gegangen ist. Die Wiederentdeckung dieser Wahrheit lässt uns den vielfachen Dienst von Jesus Christus neu aufleuchten. Es schärft unser synopitsches Denken. Der Leser der vier Evangelien erkennt in Matthäus den Apostel, in Markus den Evangelisten, in Lukas den Lehrer und Hirten und in Johannes den Propheten. In der Apostelgeschichte kommen aber diese unterschiedlichen Begabungen dynamisch, teammässig zusammen. Die Missionspraxis, die der Autor als „Non-Resident Missionar“ kennt, fliesst in den Text ein. Kaldewey dient seit acht Jahren mit regelmäßigen Teameinsätzen in Indien, wo durch eine schweizerisch-indische Missionspartnerschaft in acht Jahren die beachtliche Zahl von über 8000 neuen Gemeinden (vorwiegend Hausgemeinden) entstanden sind. Damit eine Umsetzung auch in Europa geschieht, finden sind am Ende jedes Kapitel gezielte Fragen zum Weiterdenken, diskutieren und vertiefen. Kaldewey schreibt aus der Sicht eines Lehrers. Er legt eine wertvolle lehrmäßige Grundlage, die nun praktisch und strategisch durch weitere Autoren vertieft werden muss. Darin liegt der Wert, aber auch die Begrenzung dieses Buchs. Ich warte gespannt auf weitere, deutschsprachige Autoren zu diesem Thema. Dr. Marco Gmür, em 2002-3. |
Kalmbach, Karl. Mit Gott von Mensch zu Mensch.
Aus der Geschichte der Liebenzeller Mission. Verlag der Liebenzeller Mission: Lahr, 1999. Rechtzeitig zum 100jährigen Jubiläum erscheint dieser Sammelband mit Beiträgen zu Geschichte und Gegenwart der Liebenzeller Mission (LM). Karl Kalmbach ist selbst Liebenzeller Missionar und hat den Stoff nicht nur zusammengetragen und geordnet, sondern auch hier und da engagiert kommentiert. Der erste Hauptteil bringt eine Übersicht über die Entstehungsgeschichte des Werks. Die Gründung wird als Deutscher Zweig der China-Inland-Mission in Hamburg beschrieben, sodann die Geschichte des Missionsberges in Bad Liebenzell und seiner verschiedenen Häuser angefügt, sowie ein Überblick über die Entstehungsgeschichte der Liebenzeller Gemeinschaften bis zu ihrem Zusammenschluß zur Süddeutschen Vereinigung für Evangelisation und Gemeinschaftspflege vermittelt. Beigegeben ist eine ausführlichere Lebensbeschreibung Pfarrer Heinrich Coerpers, des Gründervaters des Werkes. Der zweite Hauptteil enthält chronologisch geordnet kurze Beschreibungen der Missionsfelder der LM. Ausführlicher berichtet wird über die Arbeit in China bis zur erzwungenen Rückkehr der letzten Missionare im Jahr 1953. Am Schluß des Länderteils findet sich eine Beschreibung der Entstehung der LM-International, die im Jahr 1987 aus dem Zusammenschluß der verschiedenen ausländischen Zweige des Werkes hervorging. Unter den verschiedenen Beigaben am Ende des Buchs ist besonders eine ausführliche Zeittafel hervorzuheben, die dem Verständnis der geschichtlichen Zusammenhänge sehr förderlich ist. Dem an der Geschichte der sog. Glaubensmissionen interessierten Leser wird vor allem der bei der LM deutlich sichtbare Zusammenhang zwischen dem Aufbruch in die Weltmission und der Erweckung im eigenen Land auffallen. Auch die Darstellung des Widerstandes nicht nur von kirchlicher, sondern auch von pietistischer Seite gegen das junge Werk, dem das Geschmäcklein, eine englische Mission zu sein, anhaftete, gibt zu denken. Was im Buch leider zu kurz kommt, ist die Darstellung und Begründung der Entwicklung des Zweiges der China-Inland-Mission zum eigenständigen Missionswerk. Der mit vielen Informationen gefüllte Sammelband leidet zudem an einigen chronologischen Vorgriffen und Rückblenden, die dem Rezensenten das Verständnis eher erschwert haben. Martin Till, em 2000-1. |
Kamphuis, Martin. Ich war Buddhist - Das Ende einer
Pilgerreise. Brunnen: Basel, 2000. Martin Kamphuis, gebürtiger Niederländer, zählte sich noch vor einigen Jahren zu den Anhängern des Buddhismus. Wie er selbst Buddhist wurde, schließlich aber über einige Umwege den Weg zu Christus fand, beschreibt er in dem vorliegenden Buch. In Kamphuis begegnet einem ein Mensch, der auf der Suche war - auf der Suche nach Sinn im Leben, einer höheren Macht, nach dem Übernatürlichen, aber auch nach scheinbar so unbedeutenden Dingen wie klaren Regeln. Nach seinem Abitur beginnt diese – damals sicher unterbewusste – Suche, die sich schließlich über mehrere Jahre erstrecken sollte. Im Buddhismus scheint er die obigen Dinge gefunden zu haben, aber nach und nach – und ohne dieser Lehre offiziell den Rücken zuzukehren – schließt er sich der New Age-Bewegung an, wo er seine jetzige Frau Elke kennenlernt. Bei einer gemeinsamen Weltreise lernen sie überzeugte Christen kennen. Was sie an diesen Leuten begeistert und neu ins Fragen gebracht hat, sollte einen nachdenklich werden lassen: Es war nicht ein „perfekter“ Gottesdienst o.ä., sondern schlicht und ergreifend deren lebendige Beziehung zu Jesus Christus. Interessant ist, daß in dem Lebensbericht von Kamphuis deutlich wird, dass vor allem die Mischung von buddhistischer Lehre und westlichem Lebensstil – eine Mischung, die der ursprünglichen buddhistischen Lehre nicht unbedingt gerecht wird – besonders attraktiv für die Menschen des Westens ist, die schnell und relativ einfach – ohne Einbuße westlicher Genuss-Gewohnheiten – zur Erleuchtung gelangen möchten. Sicher ebenso interessant ist der Vergleich zwischen christlichem Glauben und Buddhismus, der im Laufe des Berichts immer wieder zum Ausdruck kommt. Eine flüssig geschriebene Lektüre, gut geeignet als Einstieg in die Thematik des Buddhismus und des New Age aus der Sicht eines Menschen, der sowohl Buddhismus und New Age als auch den christlichen Glauben kennengelernt hat. Etwas zu vermissen ist jedoch eine stärkere analytisch-kritische Bewertung, bzw. Einschätzung des Ganzen. Nicole Grau, em
2003-1. |
Kasdorf, Hans. Design of my Journey: An Autobiography,
Fresno: Center for Mennonite Brethren Studies / Nürnberg: Verlag für
Theologie und Religionswissenschaft, 2004. Der Missionswissenschaftler Hans Kasdorf hat auch im deutschsprachigen Raum durch Veröffentlichungen, Vorträge, Vorlesungen und persönliche Begegnungen der evangelikalen Missionswissenschaft prägende Impulse gegeben. Von 1994 bis 1998 baute er in seinem „Ruhestand“ die Abteilung für Missions-wissenschaft an der Freien Theologischen Akademie in Gießen auf. Die hier vorliegende Autobiographie entsprang vor allem den Bitten der Kinder von Hans und Frieda Kasdorf. Erfreulicherweise liegt sie nun – in englischer Sprache − auch einem weiten Leserkreis vor. Zur besonderen Herausforderung dieses literarischen Genres schreibt Kasdorf: „Ich habe keine These zu beweisen, kein Problem zu lösen, keine durchgängige Handlung zu entwickeln und keinen Spannungsbogen aufzubauen. Ich habe nur eine Geschichte zu erzählen von meinem Leben, das sich in Form von Geschehnissen in Zeit und Raum entfaltet“ (S. xvi). Die Geschichte, die erzählt wird, ist allerdings sehr wohl spannend und umspannt dabei weite geographische, kulturelle, zeit-geschichtliche Räume, bedeutungsvolle Themen und tiefgehende Reflexionen. Die Geschichte beginnt in der Steppe Sibiriens, wo Kasdorf 1928 als jüngstes Kind einer russlanddeutschen Mennonitenfamilie geboren wurde. Der Autor entfaltet seinen Bericht in fünf Teilen. Den ersten Teil überschreibt er mit „Providence and Provision (1928-1930)“ und berichtet, wie sich die elfköpfige Familie 1929 dem großen mennonitisch-deutschen Flücht-lingsstrom anschloss, der durch die stalinis-tischen Verbrechen gegenüber der Landbe-völkerung und den Christen ausgelöst worden war. Die entbehrungsreiche Flucht führte über Moskau, die Ostsee, ein Flüchtlingslager in Mölln/Schleswig-Holstein und den Atlantik schließlich bis in den Urwald Südbrasiliens. Dort in der abgelegenen Hanglandschaft des Oberen Krauelflusses beginnen Kasdorfs eigene Erinnerungen, die er im zweiten Teil, „Formative Years of Childhood and Youth (1930-1949)“, liebevoll und nüchtern schildert. Höhepunkt dieses Teils ist der Bericht über seine persönliche Umkehr zu Jesus Christus im Rah-men einer Erweckungsbewegung in der Siedler-gemeinschaft, die dem jungen Mann im geistlichen wie auch im umfassenden Sinne neue Perspektiven und schließlich auch den Weg zu einer theologischen Ausbildung in Kanada eröffnete. Im dritten Teil, „Learning the ABC of My Life´s Mission (1949-1962)“, erzählt Kasdorf von den intensiven Jahren der nachgeholten High-School, Bibelschul- und Collegeausbildung in Kanada, der Heirat mit Frieda Reimer und dem missionarisch orientierten Dienst als Pastor einer Mennonitengemeinde im brasilianischen Blumenau. Eine Krebserkrankung Kasdorfs zwingt die junge Familie zur Rückkehr nach Kanada, wo eine erfolgreiche Behandlung zur Heilung führt. Um besser für den Dienst in der Weltmission gerüstet zu sein, entscheidet sich das Ehepaar Kasdorf für eine „Detour in Academia (1962-1978)“, von der Teil IV berich-tet. Unterstützt durch seine Frau Frieda und durch eigene Teilzeit-Jobs und Predigtdienste erwirbt Kasdorf an der University of Oregon einen Magisterabschluß in Sprachwissenschaft (Deutsch, Portugiesisch, Spanisch) und lehrt dann elf Jahre lang bis 1978 als Dozent für Sprachen vollzeitlich am Fresno Pacific College. Parallel entwirft und leitet er seit 1973 das Programm für Aus- und Weiterbildung für Missionare (Church Mission Institut) der Men-noniten-Brüdergemeinden und verfolgt seine eigene Weiterbildung in Theologie und Missio-logie, die er 1976 mit einer Promotion über Gustav Warneck an der School of World Mission in Pasadena abschließt. Diese Mehrfachbelastung stellt für die inzwischen fünfköpfige Familie eine immense Herausforderung dar. Im letzten Teil, „On the Missiological Service Road (1973-2003)“, der in gewisser Weise den Höhepunkt der bisher geschilderten Lebens- und Glaubensreise darstellt, entfaltet und reflektiert der Autor seinen nun vollzeitlichen Dienst als „Missionar an Missionaren“ (vgl. Kasdorfs Beitrag in der FS L. Käser, 2003): den Wechsel vom College ans Mennonite Brethren Biblical Seminary in Fresno, wo er fünfzehn Jahre als Professor für Missionswissenschaft lehrt, den vielfältigen missiologischen Reise-Dienst in Südamerika und Deutschland, eine weitere Promotion unter D. Bosch in Südafrika, den erwähnten Aufbau der Abteilung Missionswissenschaft an der FTA in Gießen, aber auch das Ringen mit Krankheit und Begrenzung durch zwei Herzoperationen und die Auseinandersetzung mit dem „rite de passage“ der Pensionierung. Diese Autobiographie ist ein Buch mit großem menschlichen und geistlichen Tiefgang. Beim Lesen wird neben dem theologischen und missiologischen auch der Hintergrund des Autors als Sprach-und Literaturwissenschaftler deutlich. Er erzählt humorvoll und realistisch, bisweilen poetisch verdichtet, beobachtet psychologisch scharf und liebevoll und setzt sich dabei immer wieder mit wichtigen mensch-lichen, geistlichen und missiologischen Fragen auseinander, die unlösbar ineinander verworben sind: Berufung, Bekehrung, Führung, Migration, Kultur, Identität, Sprache, Familie, Beziehungen, Gemeinde, missionarischer Dienst, missiologische Arbeit und Lehre und den Umgang mit den Freuden, Enttäuschungen und Nöten des Lebens im Vertrauen auf Gott. Das Buch wird gut ergänzt durch einen dokumentarischen Foto-Teil, aufschlussreiche Karten, eine Bibliographie, einen Glossar zu deutschen, plattdeutschen, portugiesischen oder russischen Begriffen und einen hilfreichen Index. Diese Autobiographie ist eine inspirierende, ermutigende und zum Nach-denken anregende Lektüre (nicht nur) für Missiologen, Missionare und Pastoren. Dr. Friedemann Walldorf, em 2007-1. |
Kasdorf, Hans. Die
Umkehr. Bekehrung in ihren theologischen und kulturellen Zusammenhängen. Logos:
Bielefeld, 1989. Bekehrung ist nach wie vor ein Reizwort in der missionstheologischen Diskussion. Deshalb ist Kasdorf, Dozent am Seminar der Mennoniten-Brüdergemeinden in Fresno, CA, USA, zu danken, daß er dieses Thema erneut aufgreift. Zunächst zeichnet er den biblischen Befund nach. Bekehrung ist Befreiung von Sünde und Hinkehr zu Jesus Christus. Das Wort „Bekehren“ wird aber in der Regel nicht transitiv gebraucht. „Daher meint Bekehrung ‚sich bekehren’. Dabei ergreift Gott die Initiative“ (23). Das Verhältnis von Bekehrung als der menschlichen und Wiedergeburt als der göttlichen Seite desselben Geschehens im Menschen wird erörtert. Beim Problemfeld Taufe und Bekehrung kann ein lutherischer Rezensent freilich dem mennonitischen Autor nicht in allem folgen. (Taufe ist für mich nicht nur Bestätigung des Bekenntnisses des Täuflings durch die Gemeinde [180], sondern immer Handeln Gottes am Menschen.) Voll unterstreichen möchte ich dagegen Kasdorfs Grundanliegen: „Eine biblische Bekehrungsbotschaft geht von der Gemeinde aus, ruft zur Entscheidung (für Christus) und Nachfolge (Christi) und führt in die Gemeinde hinein.“ (175) In diesen Kontext gehört auch für Kasdorf die Taufe, so daß die Trias Bekehrung, Taufe und Leben in der Gemeinde eine unlösbare Einheit bildet. Das unterstreichen die Kap.11-13. Für die missiologischen Aspekte des Themas sind die „psychologischen Erwägungen“ (Kap.6) und die „Erörterungen zum Kulturwandel“ von besonderer Bedeutung. Denn die Psychologie hilft, die menschliche Seite des Vorgangs der Bekehrung zu verstehen und verschiedene Typen der Bekehrung aufgrund der individuellen Persönlichkeitsstruktur zu unterscheiden, weshalb es keine einheitlichen Schemata geben kann und darf. Auch die kulturelle Prägung des menschlichen Kontexts darf nicht übersehen werden. „Der Mensch bekehrt sich in seinem jeweiligen Kulturmilieu“ (128). Die Kultur wird nicht individuell vererbt, sondern von jedem neu erlernt, damit ist sie wandelbar. Sie ist an sich weder gut noch schlecht, sondern neutral. Dieser Kultur bedient sich Christus (Inkarnation!), um den Menschen zu erreichen. Da Bekehrung das Wertesystem des Menschen ändert, ist sie
ein Faktor, der zum Kulturwandel
beiträgt, wie Kasdorf anschaulich beschreibt
(Kap.8). Unter Berücksichtigung der
kulturellen Gegebenheiten kann der vermeintliche Gegensatz von
Einzel- und Massenbekehrung aufgehoben
werden. Kasdorf spricht hier treffend von multipersonaler Bekehrung.
Auch die „Bekehrung im Generationswandel“
wird behandelt. Weil jede Generation ihre eigene Bekehrungserfahrung
braucht, muß sich die missionarische Verkündigung besonders auch der
„zweiten Generation“ widmen Insgesamt ist Kasdorfs Buch ein anschauliches Beispiel dafür, daß missiologische Arbeit neben der Theologie gerade auch psychologische, soziologische und anthropologische Gegebenheiten (vgl.110), die die Kultur und damit das Lebensgeflecht des Menschen ausmachen, berücksichtigen muß. Johannes Triebel, em 1994-1. |
Kasdorf, Hans. Die Umkehr: Bekehrung in ihren theologischen und kulturellen Zusammenhängen, Borken: Agape Verlag, 2011. Dieses Buch gibt Antwort auf viele Fragen, die im Zusammenhang mit dem biblischen Begriff Bekehrung immer wieder gestellt werden. Der Verfasser macht nicht nur deutlich, in welchem Umfeld die Umkehr (Synonym für Bekehrung) sich ereignet, was die Bibel darunter versteht und welche Veränderung beim Bekehrten durch sie geschieht. Er gibt auch Einblick in die damit verbundenen psychologischen und kulturhistorischen Zusammenhänge. Diese biblisch-gründliche und missiologisch-weitsichtige Arbeit des bekannten mennonitischen Theologen ist ausgewogen und umfassend zugleich. Gezeigt wird, wie sich Menschen in Russland, in Deutschland, in Brasilien u.a. Ländern dieser Erde bekehren. Im ganzen Werk geht es darum – das wird der Leser bald feststellen –, dass laut Heiliger Schrift der Mensch sich durch Jesus Christus und dem Wirken des Heiligen Geistes zu Gott von den Abgöttern bekehrt (1Thess 1,9). Das ist Gebot und Angebot unseres großen und gnädigen Gottes. Der Autor schreibt nicht vom grünen Tisch theologische Lehrsätze zum biblischen Thema Bekehrung. Für ihn ist die Umkehr der Menschen zu Gott ein Herzensanliegen. Er schreibt 1989 zum Erscheinen der ersten Auflage dieses ekklesiolosch-missiologischen Werkes: „Darum habe ich darüber geschrieben, referiert und es mit Kollegen in verschiedenen Ländern im kirchlichen und missionarischen Kontext diskutiert. Dabei machte ich die Feststellung, dass der Begriff ,Bekehrung’ für manche zu einem fast gesetzlichen Lehrsatz geworden ist, andere verstehen ihn als praktische Erfahrung der Errettung von Sünde, während einige ihn pauschal als veraltetes theologisches Reizwort abwerten. Bekehrung steht aber nie allein. Sie wird immer in Zusammenhang mit Buße, Wiedergeburt, Vergebung und Versöhnung erlebt.” (S. 13). Als Erfahrungsprozess findet sich die Umkehr zwischen Buße und Wiedergeburt, das heißt sie hat eine menschliche und eine göttliche Seite. Diese Wahrheit wird biblisch fundiert im 1. und 4. Kapitel belegt (S. 27). Kasdorf wird dem Untertitel des Buches: „Bekehrung in ihren theologischen und kulturellen Zusammenhängen“ gerecht. Das geschieht indem er in Kapitel 3 und 4 ein gründliches biblisches Wortstudium betreibt. Weiter findet er seine Beispiele von Bekehrung in Menschen, denen er persönlich begegnet ist und die er erzählen lässt, wie sie zum Glauben gekommen sind. Es sind Menschen in unterschiedlichen Kulturen und Berufen: ein Missionsarzt in Paraguay, ein junger Marxist in der Sowjetunion, ein Weber in Brasilien, ein Psychiater in Japan, ein Autor in Deutschland und andere mehr. Sie alle erleben eine Umkehr zu Gott, aber auf verschiedene Weise. Dem Gedanken von der Beziehung zwischen Bekehrung und Kultur wird viel Raum gewidmet. Was unter Kultur verstanden wird, zeigt er in Kapitel 8. Der Mensch bekehrt sich in seinem jeweiligen Kulturmilieu oder im Milieu seiner Subkultur (S.128). In Bezug auf die ethischen Aspekte der Kultur schreib Kasdorf, dass, obwohl die Kultur grundsätzlich neutral ist, „der Mensch und seine Kultur erlösungsbedürftig” sind (S.129). Deshalb kann der Gläubige sich nicht der Kultur ganz anpassen. Bekehrung hat auch eine anthropologisch-theologische Beziehung zur Kultur (S: 119). Die Sünde als Trennungsursache des Menschen von Gott wirkt sich beim Menschen, wenn er den Bekehrungsruf hört (und manchmal schon früher), ganz verschieden aus: als Schuldgefühl, als Schamgefühl oder auch als ein Leben in Angst, je nachdem in welchem Kulturmilieu er sich befindet. Es ist wichtig, dass der Verkündiger der Frohen Botschaft dafür Verständnis hat und es berücksichtigt, wenn er den Menschen zu einer wirkungsvollen Bekehrung führen will. Immer wieder unterstreicht der Autor, dass die Sünde von Gott und Mensch trennt. Ebenso betont er, dass die neutestamentliche Umkehr nach Gottes Absicht die Versöhnung als Ziel hat. Der Bekehrte ist mit Gott versöhnt und ist dadurch in den Stand versetzt, sich mit seinem Nächsten zu versöhnen. Ist die Bekehrung echt, wird der Gläubige versöhnend mit seiner Umwelt leben. Abschließend ist zu erwähnen, dass der Verfasser seinem Werk mit dem 10. Kapitel „Bekehrung im Generationswandel“ einen außergewöhnlich wichtigen Beitrag gegeben hat. In der Behandlung der Fragen „Was ist erste Generation? Was ist eine zweite Generation?“ werden hilfreiche Antworten gegeben. Wenn nicht eine dauernde Offenheit für das Wirken des Geistes gewährleistet ist, kommte es zu einer zweiten Generation, in der der wahre Glaube aus persönlicher Bekehrungserfahrung immer seltener werden kann. Im schlimmsten Fall kommt es zum Gewohnheitschristentum mit „biologischer Naturgeburt ohne biblischer Wiedergeburt“. Deshalb braucht – wie Johannes Triebel sagt – „jede Generation eine eigene Bekehrungserfahrung”. [Johannes Triebel, Bekehrung als Ziel der missionarischen Verkündigung: Die Theologie Walter Freytags und das ökumenische Gespräch. Verlag der Ev.-Luth. Mission (1976), S. 147.] Hans Kasdorf verstarb am 26. März 2011. Zuvor hatte er
seine Zustimmung zur Wiederauflage seines Werkes gegeben – zu unserm Besten. Dr.
John N. Klaasen, em 2013-4. |
Kasdorf, Hans. Gustav Warnecks missiologisches Erbe. Eine
biographisch-historische Untersuchung. Gießen: Brunnen,
1990. Einen Brückenschlag zwischen Deutschen und Angelsachsen versucht diese 1976 an der School of World Mission des Fuller Theological Seminary angenommene, für den Druck überarbeitete Dissertation. Der mennonitische Missionswissenschaftler rußlanddeutscher Abstammung, Hans Kasdorf, (geb. 1928) untersucht als einer, der in den USA ausgebildet wurde und bisher auch dort lehrte, den Begründer der Missionswissenschaft, Gustav Warneck (1834-1910). Seit „dem Bruch zwischen Kontinental-Europäern und Angelsachsen“ nach 1910 hat sich, mit Ausnahme einzelner Übersetzungen, „niemand aus angelsächsischer Perspektive“ mit ihm beschäftigt. Deshalb ist es, ganz abgesehen vom inhaltlichen Gewicht des Buches, bedauerlich, daß es bisher nicht auf die ihm gebührende Beachtung gestoßen ist. Auf den ersten 50 Seiten stellt Kasdorf die Biographie Warnecks und sein literarisches Lebenswerk dar. Der einstige Nadlergeselle, dessen Traum vom Missionarsberuf sich zerschlagen hatte, beschloß sein Leben als Missionsprofessor und führende Autorität der Missionswissenschaft seiner Zeit, nachdem er die längste Zeit seines Lebens Pfarrer gewesen war. Das verdankt er zum großen Teil seiner 1874 gegründeten monatlichen „Allgemeinen Missions-Zeitschrift“ (AMZ) und der Synthese der missiologischen Erkenntnisse seiner Zeit in einem einheitlichen Entwurf auf biblischer Grundlage, seiner mehrbändigen „Missionslehre“ (1892-1903). Kasdorfs Darstellungen regen zum Nachforschen in diesen Fundgruben an. Weitere 76 Seiten sind der Beziehung Warnecks zu 20 Einzelpersonen gewidmet, die als seine Lehrer oder als Missiologen alter Schulen einen Einfluß auf ihn hatten oder unmittelbar mit ihm zusammenarbeiteten (Grundemann, Christlieb, Zahn, Buchner, Richter und Warnecks Sohn Johannes). Kasdorfs Leistung in diesem Abschnitt ist ein wesentlicher Beitrag zur Geschichte der Missionswissenschaft (vgl. Gensichens Urteil über die gesamte Untersuchung, IRM 80[1991],443f). Im Sinne des Brückenschlags besonders interessant ist das Kapitel über den Einfluß angelsächsischer Missionstheorie (Venn/Anderson) auf Warneck, seine Auseinandersetzung mit Mott und die Beeinflussung durch J. Pearsall-Smiths Heiligungstheologie. Der Einfluß der Heiligungstheologie hielt nur einige Jahre nach Wamecks Teilnehme an der Konferenz von Brighton 1875 an und verhinderte nicht, daß er einer der vehementesten Kritiker der zu seiner Zeit aus der Heiligungsbewegung entstehenden „Glaubensmissionen“ wurde. Dies genauer zu erforschen, überstieg den Rahmen von Kasdorfs Arbeit. Die folgenden 151 Seiten über die Missiologie Warnecks
bilden den Hauptteil des Buches und
befassen sich in sechs Kapiteln mit alt-und neutestamentlichen, sowie ethnotheologi Christof Sauer, em 1993-3. |
Kasdorf, Hans; Friedemann Walldorf (Hg.). Werdet meine Zeugen: Weltmission
im Horizont von Theologie und Geschichte. Hänssler Theologie. Hänssler: Neuhausen, 1996. Seit die Missionswissenschaft letztes Jahrhundert als eigenständiges theologisches Fach entstand, gibt es die Diskussion, ob es nicht besser wäre, auf dieses Fach zu verzichten, da doch die gesamte Theologie der Ausbreitung des Evangeliums dienen solle und das Fach Missiologie anderen Disziplinen nur zu leicht als Alibi diene, selbst nicht auf Mission eingehen zu müssen. Und tatsächlich fristet die Missiologie an manchen Ausbildungsstätten ein Außenseiterdasein, da Dogmatiker, Neutestamentler und Kirchengeschichtler die Bedeutung der weltweiten Ausbreitung der Gemeinde Jesu in Geschichte und Gegenwart einfach ignorieren. Da ist es erfreulich, daß die Freie Theologische Akademie (FTA) in Gießen mit gutem Beispiel vorangeht und ihren ersten Sammelband mit verschiedenen Beiträgen aus der Feder ihres Lehrkörpers dem Thema Mission widmet und damit den Beweis erbringt, daß die zwölf mitwirkenden Dozenten alle etwas zur Mission zu sagen haben, natürlich aus dem Blickwinkel ihres jeweiligen eigenen Faches. Dadurch wird auch unterstrichen, daß die Fächeraufteilung nicht zu einer Zersplitterung des Glaubens führen darf, sondern die Fächer am Ende immer wieder ganzheitlich zusammengeführt werden müssen. Da finden sich zunächst einige Beiträge der beiden das Buch herausgebenden Missionswissenschaftler Hans Kasdorf und Friedemann Walldorf, und zwar zum Missionsverständnis überhaupt, zum Missionsverständnis der Täufer im 16. Jh. und zum Aufbruch der evangelikalen Missionsbewegung in der 2/3 Welt. Der Alttestamentler Richard Schultz schreibt über Mission im Alten Testament, besonders bei Jesaja, die Neutestamentler Armin D. Baum und Eckhard Schnabel über die Bedeutung der Mission bei Jesus und in den Evangelien, besonders bei Lukas. Der Dogmatiker Bernhard Kaiser stellt die Aufgabe des Heiligen Geistes in der Mission dar, sein Kollege Lothar Gassmann beleuchtet das Verhältnis von Mission und Eschatologie. Der Kirchenhistoriker Lutz E. von Padberg untersucht das Missionsverständnis der Germanenmissionare im Frühmittelalter und sein Kollege Stephan Holthaus untersucht, welche Rolle die Bibel und das Bekenntnis zu ihrer Unfehlbarkeit für die im 19. Jahrhundert entstandenen Missionsgesellschaften hatte. Der praktische Theologe Helge Stadelmann belegt, daß Gemeindebau das Ziel aller Missionsarbeit ist, sein Kollege James Anderson beschreibt das Verhältnis von Jesus und seinen Jüngern als Muster für jede missionarische Schulung – ein ausgezeichneter Beitrag, an dessen Forderungen (s. bes. S.161: „In christlichen Ausbildungsstätten sollte die breitgefächterte Ausbildung mit Jüngerschaftsschulung verbunden sein“) sich alle theologische Ausbildung messen sollte. Es wird deutlich, daß der Band sich insgesamt mehr mit der theoretischen Grundlegung der Mission beschäftigt, weniger mit der praktischen Umsetzung der Mission im Missionsland und deswegen die überall gleiche lehrmäßige Begründung der Mission anspricht, nicht die von Land zu Land, Kultur zu Kultur und Missionsgesellschaft zu Missionsgesellschaft verschiedene Art der Verkündigung des Evangeliums. Aber kein Band zur Mission kann auch nur annähernd alle wichtigen Themen ansprechen und in unserer theologischen Landschaft in Deutschland muß angesichts der liberalen Verneinung des Missionsauftrages die Grundsatzdebatte zuerst geführt werden. Die Bibelkritik ist nicht nur an sich abzulehnen, sondern auch wegen ihrer verheerenden Konsequenzen, die sie für Evangelisation und Weltmission hat, wie Peter Beyerhaus jüngst im ersten Band seiner Missionstheologie minutiös aufgezeigt hat, wobei sein eigener Lehrstuhl in Tübingen nach seiner Eremitierung wohl selbst im ‘konservativen’ Tübingen einfach wegrationalisiert wird. Oft wird der schleichende Einfluß bibelkritischer Ideen auch in evangelikalen Ausbildungsstätten zuerst daran deutlich, daß der missionarische Schwung verloren geht. Die FTA hat mit ihrem Sammelband gezeigt, daß im Umkehrschluß wirklich bibeltreue Ausbildung automatisch auf Mission hin drängt, denn wer könnte der Bibel ‘treu’ gegenüber sein, der ihr eigentliches Zentrum hintanstellt, daß der Messias Jesus Christus am Kreuz zur Vergebung der Sünden starb und diese frohe Botschaft allen Menschen und Völkern verkündigt werden muß? Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-2. |
Käser, Lothar. Animismus. Einführung in die begrifflichen
Grundlagen des Welt- und Menschenbildes traditionaler (ethnischer) Gesellschaften
für Entwicklungshelfer und kirchliche Mitarbeiter. Bad Liebenzell: Verlag
der Liebenzeller Mission & Erlangen: Erlangener Verlag für Mission und
Ökumene, 2004. ,idea’ hat kürzlich zu Recht den Mangel an evangelikalen Vordenkern beklagt. Für ganze Wissenszweige fehlen uns oft diejenigen, die diese Lebensoder Forschungsbereiche durchdringen, aufarbeiten und bei der Formulierung Alternativen schaffen, an der sich sowohl die evangelikale Welt ausrichten, als auch an denen die säkulare Welt nicht vorbeigehen kann. So freue ich mich, mit diesem Buch einen neuen Wurf eines solchen Vordenkers vorstellen zu können. Schon mit seinem Buch „Fremde Kulturen“, auf dem das vorliegende Buch aufbaut, hatte Lothar Käser unter Beweis gestellt, wie breit sein ethnologisches und menschliches Wissen ist und wie fruchtbar es ist, wenn Christen diese Welt .verstehen’. Dass es daneben rein sprachlich ein Genuss ist, dieses ,Lehrbuch“ (S. 7) zu lesen und der Autor ein langjährig erfahrener Pädagoge ist, von dem man sich geradezu gerne belehren lässt, ist mir bei Lothar Käser fast schon zur Gewohnheit geworden. Was hätte ich in meinem eigenen Studium der Ethnologie und Volkskunde gegeben, wenn es solche Literatur von Christen gegeben hätte, die sowohl einfühlsam und verständlich die Lebenswelt anderer Kulturen beschreibt und einen Überblick über Berge von Fachwissen verschafft. Als ich etwa 1979 in Indonesien am Vulkan Bromo jetzigen und früheren Riten der Besänftigung des Vulkans nachging und versuchte herauszufinden, ob es dort Menschenopfer gegeben hatte („Der Mythos vom Kannibalismus“) oder 1987 die javanische Mystik als eigentliche Volksreligion javanischer Muslime studierte („Javanische Mystik“), hätte mir dieses Buch vorab viel zu geben gehabt, was ich mir mühsam selbst aneignen musste oder nicht aneignen konnte. Meine Untersuchung des Drogengebrauchs der Schamanen bei den Siona 1986 begann mit grenzenlosem Unverständnis und Käsers Buch hat noch im Nachhinein manches Aha-Erlebnis bei mir ausgelöst (,Jdalluzinogenen bei den Westtukanischen Siona in Nordwestamazonien“). Was Käser über ,Das höchste Wesen“ (S.166-171) zusammenfasst, fand ich eindrücklich in Afrika bestätigt (,Afrikanische Urzeitmythen“; alle meine Beiträge in ,Völker - Drogen - Kannibalismus’, VKW Bonn 1997). Es gibt in der Regel nur ein einziges höchstes Wesen, das gutartig, weise und uralt ist, aber auch untätig und im alltäglichen Leben keine Rolle spielt. Nicht zuletzt gehört aber die Diskussion von „Mana“ (S.71-99) zum Besten, was ich je dazu gelesen habe. Mana ist nicht nur Macht und Kraft, sondern auch Autorität, Status, Glück“ (S.73), ja Charisma (S.75). Gebete werden in ihrer Wirkung als Mana verstanden (S.75), wer Mana hat, ist tabu (S.76). Mana hat „keinen personalen Charakter“ (S.79). Da musste ich doch schnell zu meinem eigenen Artikel „Mana“ im Evangelischen Lexikon für Theologie und Gemeinde (1993) greifen und mir die Note 2-3 geben. Nicht grundsätzlich falsch, aber doch etwas zu wesüich verstanden. Käser wird wie jeder gute Vordenker auch zum Sprachschöpfer. Zu Recht warnt er davor, im Bereich des Animismus von „Seele“ oder „Geist“ zu sprechen, weil dabei immer unterschwellig westliche Bedeutungen Pate stehen. So schlägt er stattdessen für den Animismus treffend den Ausdruck „geistartiges Doppel“ (S. 109-114) vor und bemerkt, dass gerade hier die bisherige ethnologische Forschung wenig Brauchbares geleistet hat und großer Forschungsbedarf besteht (S.114.118-119). (Interessant wäre eine englische Entsprechung dafür.) Ebenso führt er den Begriff „SEIC“ (S.181-191) aus den Anfangsbuchstaben von „Sitz der Emotionen, des Intellekts und Charakters“ ein, der mit „Gewissen, Über-Ich oder Ich-Ideal“ (S.181) gleichzusetzen ist. Was aber ist nun Animismus? „Die Fülle der Einzelaspekte“ – so Käser – erlaubt eine griffige Definition von Animismus nicht, ja der Begriff ,Animismus’ bleibt ein Notbehelf, für den es nur keine Alternative gibt. Zentral ist für den Animismus, dass „geistartige Dinge und Wesen im Kosmos in der Oberzahl“ zu sein scheinen und in einer „nahezu idealen“ Welt leben (alles S.321), während die materiellen Dinge und Wesen „eine störanfällige und vergängliche Welt“ bilden. Zum Menschenbild gehört, dass dem materiellen Körper im Die-seits ein geistartiges Doppel im Jenseits entspricht. Auf die jenseitige Welt können nur Spezialisten zugreifen. .Sünde’ hat nur Folgen in Unheil, Krankheit und Tod für die materielle Welt (alles S.322). So sehr dies alles so klingen mag, als lebten Animisten vor allem im und für das Jenseits, ist ihre Weltanschauung gerade „wesentlich Diesseitsorientierung“ und alles dient der „Sicherung der Existenz im Diesseits“ (S.322-323). So sehr Käser zunächst nur den Animismus aus sich selbst heraus darstellen will, so sehr finden sich für den Missionar doch ganz organisch we-senffiche Hinweise für den Umgang mit Animisten und für die Verkündigung. Das gilt sowohl dort, wo Welt- und Menschenbild des Animisten biblischen Sachverhalten näherkommen, als das der wesÜichen Welt (etwa beim Rechnen mit einer .unsichtbaren’ Wirklichkeit, bei der Existenz eines höchsten Wesens oder dem Bewusstsein, dass Gruppen ein gemeinsames Schicksal haben), als auch dort, wo sich Kluften zwischen Animismus und biblischer Offenbarung auftun (etwa wenn Sünde keine Folgen im Jenseits hat, sondern nur im Diesseits oder bei der Untätigkeit des höchsten Wesens; vgl. dazu Philip Steyne. Machtvolle Götter. Bad Liebenzell: VLM 1993 S.160-161). Es wäre sehr interessant, der Frage nachzugehen, wo Animisten biblischen Sachverhalten näher stehen als aufgeklärte Westler. Allerdings will Käser mit seinem Buch zunächst gerade nicht die missionarische .Brille’ schärfen, sondern fordert deutlich zu Beginn, keine christliche oder sonstige Bewertung vorzunehmen, sondern den Animismus zunächst für sich selbst sprechen zu lassen. Er hat die .Absicht, das Phänomen Animismus aus der Sicht derer zu beschreiben, die animistische Denkformen auch selbst als Strategien zur Gestaltung und Bewältigung ihres Daseins benützen“ (Käser, S.11). Deswegen bietet er keine biblische oder theologische Beurteilung, die bestenfalls erst danach einsetzen kann (S.12). Besonders will Käser den Animismus nicht vorab als dämonisch einstufen. Dies sei ein methodischer Fehler (S.24-26). .Animismus kann nicht mit Okkultismus gleichgesetzt werden“ (S.28-30), sonst wären ja ganze Ethnien besessen (S.28). Animisten sind aber, das zeigt die Erfahrung, keineswegs die düsteren Gestalten, als die viele Christen sie zu sehen geneigt sind“ (S.29). Nicht nur die Dämonisierung ist solch ein Fehler, sondern es gilt: „Die mangelnde Trennung von christlicher Lehre einerseits und anirnistischer Theorie andererseits ist ein methodischer Fehler“ (S.25). Der Unterricht über .Naturreligionen’ in christlichen Institutionen – so Käser – verwischt oft den Unterschied zwischen europäisch-westlichem Denken und animistischem Denken (S.25). In Ermangelung formaler und inhaltlicher Fehler, die Rezensenten oft anfuhren können, um ihre Gründlichkeit zu beweisen, möchte ich mich bei aller Wertschätzung etwas mit dieser Frage auseinandersetzen, damit nicht der Verdacht aufkommt, ich hätte vor lauter Begeisterung das Buch ohne Nachzudenken gelesen. Als Ausgangspunkt möchte ich Käsers Vorgabe für das Verhältnis von Ethnologie und Mission wählen: „Erst wenn der Denkrahmen verstanden ist, sollte man darangehen, ihn mit Aussagen biblischer, theologischer, psychotherapeutischer und seelsorgerlicher Natur zu vergleichen und zu erweitern, am besten indem man die Einfuhrung von Steyne (1990, deutsch 1993) und Burnett (2000) heranzieht.“ (S.12) (s. Philip Steyne. Machtvolle Götter, s. o., Engl. ,Gods of Power, 1990; David Burnett. World of the Spirits. London: Monarch Books, 2000). Ich möchte – bei aller grundsätzlichen Zustimmung dazu, nicht voreilig andere Kulturen im Lichte eigener Voreingenommenheit zu verwerfen – dennoch einige Rückfragen formulieren. Dabei dürfte wohl kaum etwas auf Käsers Widerspruch stoßen, denn ich nehme an, dass er in seinem Buch bewusst knapp und absolut formuliert hat, könnte man das Folgende doch fälschlich als Beruhigung für jene Missionare missverstehen, die sich ungern der Mühe unterziehen, zunächst ein völlig anderes Weltbild möglichst gründlich zu erforschen und zu verstehen. Bedeutet ein solches Vorgehen nicht leicht, dass man eine andere Kultur oder Weltsicht ausschließlich positiv darstellen kann oder darf, da ja eine Kritik nur aufgrund eines eigenen Standpunktes möglich ist? Gehört zur Erfassung der Weltsicht anderer nicht aber auch, die von ihnen selbst empfundenen inneren Unzulänglichkeiten ihrer Weltsicht zu erfassen? Man bedenke etwa die Diskussion, die das Buch des bedeutenden Ethnologen Robert B. Edgerton ,Sick Societies: Challenging the Myth of Primitive Harmony’ (New York: The Free Press, 1992) ausgelöst hat. Edgerton wirft der Ethnologie (Kulturanthropologie) vor, ein zu positives Bild der ,primitiven Völker’ und des Animismus gezeichnet zu haben und damit der Wissenschaft schwer geschadet zu haben. Edgerton wollte nicht die .Krankheiten’ westlicher Gesellschaften verheimlichen, aber darauf hinweisen, wie weit verbreitet auch in Naturvölkern negative Erscheinungen wie Blutrache, grausame Unterdrückung der Frauen, ,Hexenverfolgung’, Vergewaltigungen und durch falsche Behandlung aufgrund animistischer Sichtweisen nicht verhinderte oder gar ausgelöste Krankheiten und geringe Lebenserwartung sind. Käser beweist übrigens in seinen anderen Büchern, dass er sich darüber im Klaren ist. So wichtig es ist, erst einmal zu wissen, warum etwa Animisten in Indien lieber stehendes Wasser trinken, als sich bewegendes Wasser, so sehr kann nur eine Veränderung dieses Denkens dazu fuhren, dass sie gesunderes Wasser dem verseuchten stehenden Wasser vorziehen. Käser selbst fügt immer wieder ähnliche Beispiele in seinen Text ein, etwa wenn er vom „Machtmissbrauch“ (S.289) von Schamanen und Medien spricht oder über deren Krankheitsbekämpfung schreibt, sie führe „auch bei einfacheren medizinischen Problemen zu Fehlbehandlungen, die verheerende Folgen bei betroffenen Patienten haben … Erkrankungen wie Tuberkulose, Meningitis oder akute Appendizitis lassen sich nicht durch Saugen am Körper des Patienten, durch Beblasen der schmerzenden Stellen oder Massagetechniken heilen“ (S.288). Ich möchte einmal eine Gegenthese formulieren: So wichtig es für westliche Missionare und Entwicklungshelfer ist, andere Kulturen zunächst einmal möglichst – eben nur .möglichst’ – unvoreingenommen zu verstehen, liegt das größere Problem meines Erachtens nicht vor allem darin, dass sie zu schnell andere Kulturen verurteilen, sondern darin, dass sie ihre eigene Kultur – wie wir alle – von solcher Kritik ausnehmen oder nicht sehen, wie oft das, was sie für göttliche Wahrheit halten, in Wirklichkeit nur wesüiches Denken oder die Oberzeugung ihrer eigenen religiösen Richtung ist. Paulus wurde den Juden nur noch „wie ein Jude“, weil er als Christ auch seine eigene Heimatkultur kritisch und die Welt nicht mehr durch die Brille seiner religiösen Erziehung sah. Viele westliche Christen sind letztlich so verliebt in das westliche Denken, dass sie eben den Animismus als dämonischer empfinden als etwa den Atheismus, der ja nun mal keine bösen Geister vorzuweisen hat. Dass aber Kommunismus (z.B. der Staat erzieht die Kinder) und Kapitalismus (z.B. Internetpornographie) ebenso ,teuflisch’ sein können wie ein Gespräch mit dem Geistdoppel eines verstorbenen Ahnen, empfinden sie nicht. Prof.Dr.
mult. Thomas Schirrmacher, em 2005-3. |
Käser, Lothar. Fremde Kulturen. Eine Einführung
in die Ethnologie für Entwicklungshelfer und kirchliche Mitarbeiter in
Übersee. Verlag der
Evang.-Luth. Mission und Verlag der Liebenzeller Mission: Erlangen und Lahr,
1997. Auf dieses Buch haben wir, die Mitarbeiter des Seminars für Sprachmethodik, schon lange gewartet. Mit großer Einfühlsamkeit hat der Autor seit seinem ersten Aufenthalt (1969) in einer animistischen Kultur seine Beobachtungen und Erfahrungen aufgezeichnet. Sie wurden zur Grundlage seiner wissenschaftlichen Arbeit als habilitierter Völkerkundler. Zur Vorbereitung von Missionaren und vor allem Bibelübersetzern konnte er seine Erkenntnisse so überzeugend darlegen, daß sich manch einer fragte, ob und wieso er Christ sei. Animismus ist in allen Teilen der Welt zu finden. In allen Hochreligionen schimmert animistisches Denken durch, auch in Europa. Es nimmt viele Gestalten an. Darum ist es so wichtig, zu wissen, was eigentlich Kultur ist (Kap.5) und wie sich die Kultur eine Volkes, auch des eigenen, in allen Lebensbereichen auswirkt. Informationen jeder Art verändern das Denken der Menschen - nicht etwa nur das religöse. Um Informationen verständlich zu vermitteln, braucht es neben guten Sprachkenntnissen auch Vorkenntnisse über das, was dem Hörer als Vorwissen selbstverständlich ist, wie er eine Information voraussichtlich interpretieren wird. All diese Fragen werden einfach und doch fachgerecht behandelt. Das Buch wird seinem Anspruch voll gerecht, eine Einführung in die Ethnologie zu sein. Die Kapitel sind übersichtlich gegliedert und mit einer Zusammenfassung versehen, Wichtiges ist hervorgehoben. Zur Vertiefung des Themas ist am Ende eines jeden Kapitels eine Auswahlbibliographie zu finden. Zum Verständnis braucht man kein Vorwissen. Zudem sind die Informationen spannend darlegt. Als Vorbereitung auf das Leben und Arbeiten in einer anderen Kultur sollte dieses Buch dringend gelesen werden. Außerdem ist zu empfehlen, es trotz seines Umfangs ins Reisegepäck zu stecken (vielleicht wird es bald mit weiteren grundlegenden oder speziellen Werken auf einer CD landen?) - man wird es in den ersten Jahren mit Gewinn immer wieder zur Hand nehmen. Ich habe mir überall in der Kaingang-Sprache Notizen an den Rand geschrieben und will es mit den Mitarbeitern vor Ort durchgehen. Das ganze Buch enthält Informationen über den Animismus. Das diesem Thema speziell gewidmete Kapitel fällt trozdem viel zu kurz aus. Der letzte Satz sagt, warum: ein eigenständiger Band über dieses Thema ist in Pla-nung. Man kann hoffen, daß er bald erscheint! Prof. Dr. Ursula Wiesemann, em 1998-2. |
Käser, Lothar. Licht in der Südsee. Wilhelm und Elisabeth
Kärcher. Leben und Werk eines Liebenzeller Missionarsehepaares. Bad Liebenzell:
Verlag der Liebenzeller Mission, 2006. Den Biographien von Missionaren wird oft nachgesagt, sie gehörten mehr zur Kategorie idealisierender Heldenverehrung als zu echter, wissenschaftlich verantwortbarer Geschichtsschreibung. Auf das vorliegende Werk von Lothar Käser (in Zusammenarbeit mit Klaus W. Müller) über die Südsee-Missionare Wilhelm und Elisabeth Kärcher trifft dieses Vorurteil nicht zu. Das ist bemerkenswert, weil die Erforschung der Missionsgeschichte der Liebenzeller Mission von einigen kleineren Versuchen abgesehen noch darauf wartet, in Angriff genommen zu werden. Das Buch ist wertvoll, weil es in den Personen Wilhelm und Elisabeth Kärcher zwei Missionspioniere der zweiten, oft vergessenen Generation porträtiert. Kärchers gehören zu den prägenden Gestalten der Liebenzeller Missionare, die die werdende Kirche Mikronesiens entscheidend mitgestaltet und zur Selbständigkeit geführt haben. Es war die Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, in welche ihre Hauptwirksamkeit fiel. Man kann sich die Veränderungen, schockierende und dramatische Umwälzungen, vor denen Mission und Bevölkerung auf dem Chuuk Atoll in diesen Jahren standen, nicht groß genug vorstellen. Mikro-nesien war einst vernachlässigter Teil des spanischen Kolonialreiches, wurde dann 15 Jahre deutsche Kolonie, nur um nach dem Ersten Weltkrieg von den Japanern beherrscht zu werden. Noch unter den Deutschen begannen die Liebenzeller 1906 mit Missionsarbeit; als das Ehepaar Kärcher ausreiste (1936 und 1939) bauten die Japaner gerade Mikronesien zum wichtigsten Militärposten für ihre Flotte aus. Dann brach der Zweite Weltkrieg los. Das bedeutete, dass die Missionare ohne Mittel, abgeschnitten von der Außenwelt in Chuuk festsaßen. Von den Japanern misstrauisch beäugt, wurden Kärchers interniert. Unter beständigem Bombenhagel der Amerikaner, in unsäglichen hygienischen Verhältnissen und fast verhungert erlebten sie das Kriegsende. Diese Kapitel des Buches lesen sich spannend wie ein Kriminalroman. Überhaupt gefällt der Erzählstil des Autors, der keine Langeweile aufkommen lässt. Unendliches Leid, aber auch die unbegreifliche Hilfe und Bewahrung Gottes erlebte die wachsende Missionarsfamilie in diesen Jahren. Das gemeinsame Leiden mit den einheimischen Gemeinden schuf tiefe Gemeinschaft und echtes gegenseitiges Verstehen. 15 Jahre blieben Kär-chers auf diese Weise ununterbrochen auf den Chuuk Inseln. Erst 1952 sehen sie Deutschland wieder. 1954 kommt es zur Wiederausreise; Kärchers lassen drei ihrer Kinder in Deutschland zurück. In dieser Zeit bauen sie erst eine Mäd chen-, dann eine Jungenschule auf. Diese wurde Keimzelle für die zukünftige Pastorengeneration. Literatur, vor allem das Neue Testament und ein Gesangbuch, werden nun in der Chuuk-sprache gedruckt und für die Kirche eingesetzt. Von 1959-1963 bleibt Wilhelm Kärcher allein in Chuuk, seine Familie kehrt endgültig nach Deutschland zurück. In der Phase der Selbständigwerdung der Gemeinden reiste er noch einmal für zwei Jahre nach Mikronesien (1968-1970), um als allseits anerkannter väterlicher Freund der Gemeinden strittige Fragen zu klären für die Selbständigkeit. Was an dem Buch gefällt ist die Ehrlichkeit, mit der der Autor auch Schwächen des Missionars und Fehler der Missionsleitung ungeschminkt erwähnt. Auch sind die Hinweise zur Kultur, Religion und Geschichte der Inselwelt Mikro-nesiens von großer Hilfe. Alles in allem ist das Buch ein gelungener Beitrag zur jüngeren Missionsgeschichte Mikronesiens und der Liebenzeller Mission. Dr. Bernd Brandl, em 2008-4. |
Kasningo
Omari, Cuthbert. God and worship in traditional Asu society. A study of the concept
of God and the way he was worshipped among the Vasu. Erlangen: VELM, 1990. Diese 1970 fertiggestellte Dissertation befaßt sich mit dem Glaubens- und Lebenssystem der Pare, eines 1967 knapp 150.000 Mitglieder zählenden Bantu-Stammes in Nordost-Tansania. Der Autor bevorzugt ihren traditionellen Namen Vasu („Die Asu-Leute“). Es ist sein Ziel, das Gottesbild und die Anbetungspraktiken der Vasu in ihrem religiösen und soziologischen Kontext zu untersuchen. Omari zeigt auf, daß die Vasu schon immer an einen einzigen Gott glaubten, dessen Wohnort sie hoch oben weit über dem Himmel vermuteten. In früheren Zeiten habe Gott bei den Menschen gewohnt, aufgrund ihres Ungehorsams verließ er sie jedoch. Der Ungehorsam bestand darin, daß die Menschen Eier aßen, die Gott verboten hatte. Ver Verfasser zeigt, daß die Vasu damit der in Afrika weitverbreiteten Vorstellung eines „Hochgottes“ anhingen, der alle anderen Götter überragt und auch nicht in das hierarchische Ahnensystem eingeordnet ist. Sein Name „Mrungu“ entspricht dem gebräuchlichen Bantuwort für Gott. Über das Gottesbild der Vasu hinaus beschreibt Omari ihre Vorstellung von ihren Ahnen als „living dead“, also als weiterhin existierende Geistwesen, die noch Einfluß auf das Geschick der Familie, der Sippe und des Stammes nehmen können. Sie wohnen auf halbem Weg zwischen der Erde und dem Wohnort des Hochgottes und werden in manchen Fällen bestimmten Schreinen zugeordnet. Dort sorgt ein besonderes Ritual dafür, daß die „living dead“ den Vasu nicht schaden, sondern nützen. In diesem Zusammenhang wird auch die Praxis der Zauberei (witchcraft) besprochen. Die Verehrung bzw. Behandlung dieser Geister an den Schreinen steht in einer gewissen Spannung zum Glauben der Vasu an Gott, obwohl in bestimmten Zeremonien sowohl den Ahnengeistern als auch Gott beispielsweise Bier geopfert wird. Omari faßt zum Schluß seine Forschungsergebnisse unter Zuhilfenahme eines soziologischen Erklärungsmodelles systematisch zusammen: Die Verehrung der Ahnen sowie des Hochgottes hat gruppenstärkende und -definierende Funktion. Die Bedeutung dieser Untersuchung für den Missiologen oder Missionar liegt m. E. nicht in der Besonderheit des dargestellten Glaubens und Lebens der Vasu, sondern gerade darin, daß dies so typisch für viele afrikanische Stämme ist. Für den, der sich intensiver mit Glauben und Leben der Bewohner Afrikas beschäftigen möchte, ist diese Darstellung der Vasu paradigmatisch wertvoll und als Einstieg hilfreich. Dr. Roland Werner, em 1997-1. |
Kelhoffer,
James A. Miracle
and Mission: The Authentication of Missionaries and Their Message in the
Longer Ending of Mark. WUNT
II.112, Tübingen: Mohr-Siebeck, 2000. Der vorliegende Band gehört zu einer erfreulichen, grösseren Anzahl neuerer Studien zur Mission im Neuen Testament, die für eine nach biblischen Begründungen und Mustern fragende Missiologie von grossem Interesse sind. Nach einem einleitenden Forschungsüberblick (1-47) untersucht der Autor im ersten Teil (48-244) Herkunft und Entstehung des sog. unechten (oder sekundären) Markusschlusses (Mk 16,9-20). K. zeigt, dass der Verfasser der Ergänzungsverse, zwischen 120 und 150 n. Chr. entstanden, sich stark am Mk Ev und den anderen kanonischen Evangelien orientiert hat und so dem Mk Ev einen den anderen Evv entsprechenden Schluss geben wollte. Dabei kann von einer literarischen Abhängigkeit von den ntl. Evv. und der Apostelgeschichte ausgegangen werden. Im zweiten Teil untersucht K. die für die Missiologie relevanten Aussagen des längeren Markusschlusses („… die Zeichen, die denen folgen,die glauben,. … während der Herr mitwirkte und das Wort durch die darauffolgenden Zeichen bestätigte“, V.16 und 20), die aufgrund ihres sekundären Charakters kaum Beachtung finden und bisher nicht detailliert untersucht wurden. In „Wunder und Mission: Die Erwartung von Zeichen als Authentisierung der Verkündigung“ (245-339) untersucht K. das Verhältnis von Wundern und Mission im Neuen Testament, in apokryphen Apostelgeschichten und weiteren frühchristlichen Schriften des 2. und 3. Jhdts. Mit Ausnahme von Jh 14,12 und 1Kor 12,9f (hier bleibt K. leider oberflächlich und disqualifiziert dieAussage vorschnell als widersprüchlich zu anderen paulinischen Aussagen) gibt es im NT keine analogen Aussagen (nach Lukas-Apg und Paulus dienen Wunder zur Authentisierung der Apostel). Die Erwartung, dass Gläubige ganz allgemein Wunder vollbringen werden, findet sich dagegen häufig bei den frühchristlichen Apologeten. Während das Aufheben von Schlangen (S. 340-416) einige mögliche biblische Präzedenzfälle hat (Ex 4 und 7; Apg 28,3-6), gibt es für dieses religionsgeschichtlich verbreitete Motiv reichlich Analogien in der spätantiken griechisch-römischen Umwelt, die den Verfasser der Verse mitbestimmt haben dürften. Dabei dient die öffentliche und individuelle Machtausübung über Schlangen der Bestätigung menschlicher Boten und sie „…strengthen the group’s credentials and demonstrate the divine power working with them“ (409). Ebenso ist das vierte begleitende wunderhafte Zeichen („wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden“), „hardly a unique formulation of antiquity“ (467), sondern weiter verbreitet. Kelhoffers Studie bestätigt erneut, dass der unechte Markusschluss angesichts dieses literarkritischen und exegetischen Befundes also für ein neutestamentliches Verständnis des Auftrags, der Verheissungen und des Handelns christlicher Missionare nicht herangezogen werden kann, wenn die Kanonizität zurecht am gesicherten apostolischen Ursprung einer Schrift festgemacht wird. Auch in der Diskussion um das Vollbringen von Wundern als Geistesgabe sollte man auf Mk 16,17f verzichten und sich dagegen auf 1Kor 12,9f berufen. Angesichts der handschriftlichen Überlieferung und des Inhaltes müßte Mk 16,9-20 in Bibelausgaben zumindest viel deutlicher vom eigentlichen Text des Mk Ev abgesetzt werden, alleine schon um Christen Konfrontationen seitens ihrer Gegner mit den vermeintlich verheissenen wunderhaften Zeichen zu ersparen, wie sie auch in jüngster Vergangenheit Missionare und Christen in islamischen Ländern erfahren haben. Die Verse und ihre gründliche Untersuchung sind freilich von Interesse für die Geschichte der Ausbreitung des Christentums im zweiten Jahrhundert und für das Verständnis nicht-christlicher Einflüsse auf christl. Selbstverständnis sowie Wesen und Auftrag christl. Mission. Dr. Christoph Stenschke, em 2002-4. |
Kempf, Rolf. …damit der Mensch göttlich werde. Auf
ostkirchlichen Wegen zum geistlichen Leben. Metzingen/ Württemberg: Ernst
Franz Verlag, 2000. Der total verweltlichte Mensch leidet unter dem „Gotteskomplex“ (H.E. Richter). Die Logik des Herzens (Pascal) unterliegt der Logik des Kopfes (Descartes, Spinoza). Die Krankheit, nicht leiden zu können, findet ihren vorläufigen Höhepunkt in der gegenwärtigen „Spaßgesellschaft“. Die Väter der Ostkirche und der Reformator Martin Luther richten den Blickpunkt in eine andere Richtung: Gott wurde in Christus Mensch, damit der Mensch göttlich werde (Athanasius). Wie der Sauerteig soll die göttliche Natur den menschlichen Brotteig durchwirken. Rolf Kempf zeigt in diesem für die Gegenwart so wichtigen Buch am Leben und Wirken der Väter der Ostkirche, dass die eher kopflastige, gefühlsscheue Theologie des Westens durch die mystische Frömmigkeit des Ostens, die den ganzen Menschen anspricht, Hilfe erfahren kann. Ziel ist die Erneuerung und das Wachstum des Geistes, der Seele und aller Sinne so wie es die Zusammenfassung der Tora und Jesus selbst formuliert. „Vom Kopf ins Herz“ zielt das geistliche Wachstum. Der Weise und Fromme ist der Mensch mit dem denkenden Herzen. Die orthodoxe Spiritualität kennt die Spiritualität der Ikonen, der Hymne und des Herzens. Kempf beschränkt sich auf den letzte Bereich; er wird mit dem griechischen Begriff philokolia bezeichnet. Liebe ist das höchste Gut. Sie schließt das Schöne (to kalón) ein, das Gute und Wahre, das in Jesus Christus verkörpert wird. Seine „Blütenlese“ schöpft besonders aus russischen Quellen aus elf Jahrhunderten (4.-15. Jh.), zusammengefasst in fünf Bänden, und der „Himmelsleiter“ von Johannes Klimakos. Die Anleitung zur Vervollkommnung ist ein dynamischer Prozess und beschreibt die Stufen der Himmelsleiter, die der Mensch unter dem Beistand der Gnade Gottes in Gottes neue Welt hinaufsteigt. Das Leitmotiv und Ziel ist die „Geistesruhe“ (hesychia). Sie erfordert körperlich, seelisch und geistiges Training unter Anleitung des Jesusgebets: „Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, sei mir Sünder gnädig“. Mystik verbindet sich bei orthodoxen Christen mit dem „Heiligsein“. Evangelische Christen umschreiben es nach Hebräer. 12,1 mit „Wolke der Zeugen“. In sechs Kapiteln (S.15-312) beschreibt Kempf den altkirchlichen Weg der Spiritualität des Herzens, beginnend mit der Philokalie der griechischen Väter von Makarios von Ägypten bis Gregor Palamas über die Tugendliebe (Debroatojubie) der russischen Starzen von Seraphim von Sarow bis Johannes von Kronstadt. Der Sündenfall des Menschen nötigt zur Kehrtwende. Gottes Heilswerk in Christus (sakosis) ist Voraussetzung und Beginn des christlichen Lebens von der Bekehrung und Buße. Über die Rechtfertigung des Sünders führt sie zum neuen Adam. Doch dieser lange Weg ist nicht einfach, denn die Leidenschaften des Körpers, der Seele und des Geistes stehen den Tugenden entgegen. Der Aufstieg zu Gott führt über die Paradiesleiter (theosis). Höhepunkt ist das Jesusgebet, eine Tat und Gebet für „Laien, für Eheleute, für Ärzte und Psychiater, für Sozialarbeiter und Busfahrer“. Es führt jeden Beter tiefer an seine Arbeit heran und macht ihn zum „Menschen für andere“ (S.219). Der Stufe der Reinigung (kátharsis) folgen die Stufen der Kontemplation und Erleuchtung (theoria, gnósis) hin zur Vereinigung mit Gott (theologie). Von der „Räuberhöhle“ zum „Bethaus“ wird das „Herz“, wenn es durch Gnade im Zusammenwirken mit dem menschlichen Geist durch das Jesusgebet gereinigt worden ist. Der evangelische Mystiker G. Tersteegen formuliert es so: (…) „Im Wort, im Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen“. Der Jude Martin Buber umschreibt es mit den Worten: „Wohin ich gehe – Du! Wo ich stehe – Du! (…) Nur Du, wieder Du, immer Du!“ So kann der Geist, der Leib und die Seele (hesychia) zur Ruhe kommen. Dabei spielt das Gebet ein wichtige Rolle, denn daraus folgt die Leidenschaftslosigkeit (apátheia), einmündend in die Trias Glaube, Hoffnung, Liebe. Vorbildlich formuliert ist das vom Starzen von Optina mit den Worten: „Lenke meinen Willen und lehre mich zu beten, zu glauben, zu hoffen, zu dulden zu verzeihen und zu lieben“ (S.109). Das „Taborlicht“ leuchtete auch dem Quäker George Fox, wenn er durch die Felder streifte, um „auf den Herrn zu warten“ (S. 279) und dem Quäker John Woolman wurde vor dem Altar der Seele „die Augen geöffnet, und ihm wurde bewußt, daß er den gesellschaftlichen Übeln seiner Zeit, Sklavenhaltung, Geldleihgeschäften und Krieg mit den Indianern, entschlossen den Kampf anzusagen hatte“ (S.280). Die Stufen der Liebe führen über die animalische oder sexuelle Liebe zur seelisch erotischen und zur geistig personalen Liebe, die die geschlechtlich-personale, Nächstenliebe und Bruderliebe (agápe und philadelphia) einschliesst aber durch Freundesliebe (philia) und Gottesliebe (theophilia) überboten wird. Die neuere Lutherforschung zeigt, dass die altkirchliche Formel théosis bei Luther öfter vorkommt als theologia crucis. Wie Irenäus kann auch Luther in seiner Weihnachtspredigt 1514 sagen: „Gott wird darum Mensch, damit der Mensch Gott werde“ (S.313). Der Pietismus, besonders in der Ausprägung des Methodismus, übernahm diese Theosis Lehre. In der angloamerikanischen Klosterbewegung in Pennsylvanien kam sie durch Justinian von Welz (1621-1688), dem Brückenbauer der alten und neuen Welt, zum Durchbruch. Er deutete das Einsiedler-Ideal des Mönchtums um. John Wesley (1703- 1791) baute diese Lehre zum Methodismus aus. Zeitübergreifend wurde daraus die Korrektur der rein rechtlichen Auslegung der Rechtfertigungslehre zur Heiligung; wachsen und zunehmen an „Alter, Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen“ wird zum lebenslangen Prozeß, der Heiligung oder Vergöttlichung (theósis oder deification) (S.332). Wir finden diese Gedanken vom „Cherubischen Wandersmann“ (J. Scheffler) bis P. Gerhardt . Nach Gustavo Gutiérrez, dem lateinamerikanische Schöpfer der Theologie der Befreiung ist Spiritualität ein „Lebensstil, der sein Kennzeichen unserer ganzen Art und Weise aufprägt, wie wir mit der Gabe der Kindschaft als der Grundlage von Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit umgehen. Jüngerschaft gründe in der Erfahrung, Jesus Christus begegnet zu sein.“ Im Anschluß an die Barmer Theologische Erklärung betont Karl Hartenstein im Jahre 1935 die „Missionarische Ethik“; wir sollen die Bibel lesen mit „durchschossenem Gebet in der Kraft des Schweigens und der Stille, zu der wir täglich gerufen sind“ (Evangelisches Missions Magazin 1935). Ganz ähnliche Formulierungen finden wir auch bei Dietrich Bonhoeffer in seinem Buch „Gemeinsames Leben“. Kempf zeigt uns in seinem wichtigen Buch den „ostkirchlichen Weg zum geistlichen Leben“ und damit eine Brücke zwischen ost- und westkichlicher Tradition, die hilfreich sein kann für die Kirche der Zukunft . Prof. em. Karl Rennstich, em 2003-1. |
Kena, Kirsti. Eevat Apostolien Askelissa. Lähettinaiset Suomen Lähetysseuran Työssa 1870-1945 (zu deutsch: Evas im Range der Apostel. Missionsfrauen im Dienst der finnischen Missionsgesellschaft 1870-1945), Helsinki: Suomen Lähetysseura, 2000. Die finnische Missionsgesellschaft initiierte 1989 als eine der ersten die systematische Erforschung ihrer weiblichen Missionsarbeit. Kirsti Kena lieferte 1999 eine historische Studie zu den Missionarinnen aus der Zeit von 1870-1945 (für China bis 1949). Für die Zeit von 1945-1994 liegt die kirchensoziologische Studie von Eila Helander vor: „Kutsumus kantaa. Naislähetit suomen lähetysseuran työssä toisen maailmansodan jälkeen“ (2001; zu Deutsch: „Die Berufung trägt. Missionarinnen im Dienst der finnischen Missionsgesellschaft nach dem zweiten Weltkrieg“). Der Titel „Evas im Range der Apostel“ ist provokativ gewählt. Zum Zeitpunkt des Erscheinens der Studie war die Frauenordination in Finnland kaum älter als 10 Jahre, so dass die Missionsgeschichte auch zum Anwalt einer nicht nach Geschlecht differenzierenden Amtstheologie in der Kirche Finnlands wird. In den Berichten der Missionare scheint die Arbeit der weiblichen Mitarbeiter unsichtbar zu bleiben, obwohl die Frauen insgesamt betrachtet vor Ort und in der Heimat die Majorität der Mitarbeiter stellten (S. 5). Im Register verzeichnet Kena immerhin mehr als 200 Namen von Missionsfrauen aus dieser Zeit (S. 381-384). Kenas ungewöhnlich gründlich gearbeitete Studie basiert auf Quellen im Nationalarchiv und im Archiv der Missionsgesellschaft wie auch auf einer Reihe von Privatarchiven. Die eigentliche Studie betrachtet alle Arbeitsfelder dieses Zeitraums im heutigen Namibia, im Amboland, in Kavango und in Angola, die Mission unter Juden und in China; sie legt eine systematische Gliederung zu Grunde, handelt zunächst über die „Missionsbräute“ (S. 22-52), dann die „Missionarsfrauen“ (S. 56-107), schließlich über „Missionarinnen ohne Familie“ (S. 110-132), die „Eignung zur Missionarin“ (S. 136-172), die eigentliche Tätigkeit in Afrika (S. 174-206), „Missionarinnen als Erzieherinnen, Lehrerinnen und Krankenpflegerinnen“ (S. 210-283) sowie über Individualität und Gemeinschaft (S. 286-323). Nach einem wieder historischen Kapitel „Im Licht des Krieges“ (S. 326-341) folgt eine Schlussbetrachtung (S. 342-346). Kena skizziert mit Tucker und Kirkwood eine Geschichte der unverheirateten Missionarin in der europäischen Neuzeit, die sie mit der Entsendung spanischer Nonnen in die Indianermission im 16. Jahrhundert bzw. französischer Ursulinen-Nonnen im 17. Jahrhundert beginnen lässt. Nach den ersten Missionarsfrauen 1870 gingen die ersten unverheirateten finnischen Missionarinnen 1898 in den Dienst, als bereits Hunderte europäische und amerikanische Geschlechtsgenossinnen tätig waren. M. A. Cooke hatte für die britische und ausländische Schulvereinigung 1822 eine Mädchenschule in Indien gegründet. Schon mit dem Beschluss zur Gründung der Missionsschule 1860 – die ersten finnischen Missionare Jurwelin und Malmström wurden wenig später in Hermannsburg ausgebildet – meldete sich Helena Margareta Dahl aus Närpiö zum Missionsdienst. Der damalige Missionsdirektor K. G. J. Sirelius fragte angesichts fehlender eigener Missionsfelder 1862 bei Ludwig Harms in Hermannsburg um eine Entsendung an. Dieser riet allerdings von einer Entsendung älterer Frauen nach dem 30. Lebensjahr wegen des afrikanischen Klimafiebers ab (Der Brief ist inzwischen veröffentlicht in Ludwig Harms: In treuer Liebe und Fürbitte, hg. v. H. O. Harms/ H. F. Harms/ J. Reller, Münster 2004, Bd. 2, S. 174). 1907/8 wird der erste Kurs in die neu begründete „Missionarinnenschule“ aufgenommen, 15 Frauen von 27 Bewerberinnen! Die Leiterin Lydia Kivivaara war vor der Gründung in Einrichtungen in Dänemark, in Freienwalde, Liebenzell, London und Edinburgh zu Gast gewesen. Kena differenziert nicht geographisch. Da China erst ab 1901 neben die schon genannten südwestafrikanischen Missionsfelder tritt, betreffen also alle Beobachtungen zur Frühzeit das südwestliche Afrika, bzw. in den Abschnitten (1-4) im Wesentlichen die Heimat in Finnland. Mit elf Missionarinnen insgesamt vor dem ersten Weltkrieg im Amboland stellten diese immerhin ein Drittel der Mitarbeiterschaft vor Ort, darunter die erste Ärztin und drei Krankenpflegerinnen. Dabei ist das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Missionaren zunächst durchaus nicht spannungsfrei, aber zunehmend etwa seitens des Feldleiters Martti Rautanen von Vertrauen geprägt. Kena betont, dass in Afrika in kürzester Zeit aus so genannten Hilfskräften, die trotz besserer beruflicher Vorbildung geringere Löhne als ihre männlichen Kollegen bezogen, vollgültige Missionarinnen wurden (S. 343). Die Studie umfasst ca. 60 Abbildungen s/w, 4 Karten, Verzeichnis der Missions- und Missionshilfsleiter 1859-1946, der Missionsfrauen 1870-1945 und ein Register der Personennamen. Kenas Studie ist ein interessanter Gesprächspartner für die in der skandinavischen Forschung wiederholt aufgestellte These des emanzipatorischen Charakters weiblichen Missionsdienstes. Jobst Reller, em 2012-2. |
Kerr David A. and Kenneth R. Ross (eds). Edinburgh 2010. Mission Then and
Now, Oxford: Regnum Books International, 2009. Vor hundert Jahren im Juni fand in Edinburgh/Schottland die bisher bedeutendste Weltmissionskonferenz statt. 90 Jahre danach forderte John Pobee (Ghana) die Kirchen, Missionen und die Universitäten Schottlands auf, das Jubiläum 2010 gründlich vorzubereiten. Schottland nahm die Herausforderung an und 2001 wurde das Scottish Towards 2010 Council gegründet. Unter der Leitung von Professor Kenneth Ross, meinem hochgeschätzten Kollegen an der Universität von Malawi und dann der Leiter der Missionsabteilung der Church of Scotland, und Professor David Kerr von der Universität Lund in Schweden fanden dann jährliche Edinburgh 1910 Review Conferences statt. Edinburgh 1910 hatte seine Arbeit in acht Kommissionen getan, und die Review Conferences nahmen jedes Mal einen der acht Berichte zum Thema. David Kerr gab jeweils eine knappe Einführung, und zwei Hauptreferate bemühten sich, (1) den Report in seinem ursprünglichen Rahmen zu verstehen, (2) die Entwicklungen zum Thema des Berichtes seitdem zu sehen, und (3) einen Blick in die Zukunft zu werfen. Das vorliegende Buch reflektiert diese Arbeit. Zu jeder Kommission enthält es eine gute Einführung von David Kerr, und dann meist zwei Artikel zum Thema. Kommission 3 (Ausbildung der Missionare) und Kommission 4 (Heimatbasis der Missionen) haben nur einen Artikel; Kommission 8 hat fünf Artikel und prägte die Konferenz. Hierin sehe ich eine Verschiebung des Hauptanliegens von Kommission 1 (Das Evangelium in die ganze nicht-christliche Welt tragen) zu Kommission 8 (Zusammenarbeit und Förderung der Einheit). Edinburgh 1910 wurde von den klassischen Missionen organisiert, die auf die Grosse Erweckung (1734/1792) zurückgehen. Deswegen ist es angebracht, dass der erste Artikel zur Kommission 8 aus der Sicht des Weltrates der Kirchen geschrieben ist. Samuel Kobia schreibt, etwas defensiv, „dass der Weltrat der Kirchen nicht das Interesse an der Evangelisation verloren hat“ (248), obwohl es zu Zeiten „unkritische Bejahungen politischer und sozialer Entwicklungen gegeben hat“ (245), nur muss solche Evangelisation „eingebettet sein in ganzheitliche Mission und verbunden werden mit der Ausstrahlung und Erleuchtung, die durch lebendige missionale Gemeinschaften geschieht“. (248) Kobias Artikel reflektiert die Schwerpunktverschiebung, die Edinburgh 1910 eingeleitet hat, und ist zugleich ein Teil hiervon. Die Evangelikalen Missionen waren in Edinburgh nur die kleine Schwester mit weniger als 5% der Delegierten. Rose Dowsett untersucht Kommission 8 aus evangelikaler Perspektive. Sie sieht zu recht die Wurzeln der Konferenz in der Großen Erweckung, die in Großbritannien und Amerika zwei Millionen neue Mitglieder in die Kirchen brachte und die Kirchen in Deutschland und Umgebung gründlich neu belebte (251). Sodann weist sie auf Edinburghs „fatalen Fehler“ (253) hin: In ihrem Bestreben, die (organisatorische) Einheit zu erreichen, öffnete sich die Konferenz sowohl für den hochkirchlichen (anglo-katholischen) Flügel der Anglikanischen Kirche wie auch für ihren liberalen Flügel. Die anglokatholische Forderung, die Mission im (christlichen) Südamerika aus den Beratungen der Konferenz zu verbannen, wurde akzeptiert, und es wurde der Prozess eingeleitet, „der immer mehr Kirchenführer in die Missionsbewegung brachte und ihnen eine immer größere Rolle einräumte“ (254), und damit die Verantwortung für die Weltmission von den Gesellschaften auf die Kirchen verschob. Die Katholiken waren nicht zur Konferenz eingeladen, trotzdem ist es berechtigt, dass John Radano zur Konferenz Stellung nimmt und die (wachsende) Übereinstimmung zwischen Protestanten und Katholiken betont. Er hofft sogar, dass das 500jährige Jubiläum der Reformation 2017 von Katholiken und Protestanten gemeinsam gefeiert werden kann. Die Orthodoxen waren ebenfalls nicht dabei, zum einem weil sie keine Missionsgesellschaften hatten, und zum anderen weil, wie Viorel Ionita betont, Mission „ausschließlich die Aufgabe der Kirche ist“ (266). Cecil Robeck, der für die Pfingstbewegung spricht, weist darauf hin, dass die Missionen und Kirchen, die in Edinburgh vertreten waren, schon damals (und heute noch viel mehr) nur eine Minderheit der Weltchristenheit darstellten (292). Er weist auf die tiefen Differenzen hin, die bei der Konferenz der amerikanischen Missionen im Jahre 1925 zu Tage traten, die ebenfalls von John Mott geleitet wurde (294) und führt weiter aus, dass die Pfingstbewegung, die in Edinburgh 1910 überhaupt nicht wahrgenommen wurde, die Führung in der Weltmission übernahm, während die Main Line Churches, die hinter Edinburgh 1910 standen, zunehmend abnahmen. Zurück zur ersten Kommission: Andrew Walls sieht die Konferenz und was auf sie folgte, aus der Perspektive der Südverschiebung des Zentrums der Weltchristenheit. Während Edinburgh 1910 den Durchbruch der christlichen Botschaft in Ostasien erwartete (der dann sehr lange auf sich warten ließ), übersah die Konferenz, dass genau solch ein Durchbruch in Afrika schon im Gange war (35). Walls beobachtet auch den Niedergang des christlichen Westen und betont dass „die gegenwärtige Theologie des Westens im Moment in keiner Weise für eine führende Rolle geeignet ist“ (38) in einer Welt, in der die große europäische Wanderungsbewegung zum Ende kommt und in der die Nationen Asiens darauf warten, die Nachfolge Europas anzutreten (39). Die Stellungnahmen zu den acht Kommissionen werden eingerahmt von einer gründlichen Einleitung und einer Schlussbetrachtung von David Kerr und Kenneth Ross. Viele Teile des Buches habe ich mit Gewinn mehrmals gelesen und kann das ganze Buch empfehlen! Es gibt einen hervorragenden Einblick in die Konferenz und in die Entwicklungen der 100 Jahre nach Edinburgh 1910. Inhalt und Produktion sind von hoher Qualität. Es gibt evangelikalen Gesichtspunkten einen guten Raum und ermöglicht, die Konferenz und die auf sie folgenden Entwicklungen zu verstehen. Prof. Dr. Klaus Fiedler, em 2010-4. |
Kessler, Volker und Martina Kessler. Die Machtfalle - Machtmenschen in
der Gemeinde. Edition AcF. Gießen:
Brunnen, 2001. Die Machfalle ist ein hervorragendes Buch, was mir durch seine klare und verständliche Gliederung und vor allem durch den faszinierenden Inhalt sehr gut gefiel. Machtmenschen in der Gemeinde sind eine Unmöglichkeit und deshalb bietet die Gemeinde einen ganz geeigneten Rahmen um es doch möglich zu machen. Im ersten Kapitel wird anhand des 3.Johannesbriefes aufgezeigt, wie Machtmenschen vorgehen können. Wir erwarten immer wieder die Angriffe auf Gottes Gemeinde von außen, aber manch eine Gemeinde, wurde auch durch die, die drinnen sind und das sagen haben, auf falsche Wege geführt und somit verführt. Die Autoren zeigen am Beispiel von Diotrephes auf, wie Machtmenschen vorgehen können. Im zweiten Kapitel geht es um die Taktiken der Machtmenschen und einen Bericht von einer Machtfrau. Diese Frau hatte, nachdem sie für sich erkannt hatte, dass sie ein Machtmensch ist, große Probleme Verständnis zu finden für ihre Situation. Warum? Weil es in der Gemeinde immer wieder ein perfektes Umfeld für Machtmenschen gibt. Im dritten Kapitel werden unter anderem acht Punkte angeführt, warum es gerade in der Gemeinde Gottes zu Machtmissbrauch kommen kann. Harmoniebedürfnis der Christen, Demut als allgemeine Haltung, unklare Leitungsstrukturen, göttliche Leiterautorität sind nur einige der wichtigen Punkte. Was hilft das ganze wissen und glauben, wenn man nicht weis, was man in solchen Situationen tun soll? Dafür werden im vierten Kapitel einige Tipps für den Umgang mit Machmenschen gegeben. Besonders interessant für Missionare ist das letzte Kapitel von Klaus W. Müller, der das Thema aus Sicht des Missionars beleuchtet und die besonderen Gefahren von Machtmenschen im Umfeld von Mission darstellt. Insgesamt ist die Machfalle ein gelungenes Buch zu einem Thema, wo so manchem beim Lesen einige Kronleuchter aufgehen werden und ganze Bände gefüllt werden könnten. Aber die Autoren verfolgen nicht das Ziel, dass Machtmenschen öffentlich bloßgestellt werden, sondern sie wollen ein real existierendes Problem ins Blickfeld rücken, damit Gemeinden lernen mit diesen „reißenden Wölfen“ umzugehen. Gefahren sollen erkannt und benannt werden, damit Wege gefunden werden können, mit diesen Gefahren umzugehen. Torsten Cichon, em 2001-3. |
Kiel, Christa. Christen in der Steppe. Die
Maasai Mission der Nord-Ost-Diözese in der Lutherischen Kirche Tansanias. Erlangen: VELM, 1996. Christa Kiel war gemeinsam mit ihrem Mann Arnold von 1986-1992 als Pastorin der Lutherischen Kirche unter den Maasai in Tansania tätig. Mit der vorliegenden Dissertation will sie zeigen, daß es möglich ist, die Kultur der Maasai „mit einem lebendigen Christentum zu verbinden“ (274). Isaia Ole Ndokote, Maasai und Evangelist evangelikaler Prägung, „der von allen als Prophet angesehen wird, ist der Ansicht, daß die Maasai-Tradition in ihrer alten Form nicht bestehen kann. Er ruft sein Volk deshalb auf, sich taufen zu lassen, weil er im Christentum eine Überlebenschance sieht“ (353). Die Autorin begründet, warum auch sie diese Ansicht teilt. Mit viel Einfühlungsvermögen stellt sie im ersten Teil (11-114) die Lebensweise und den Glauben der Maasai dar. Erstaunlich ist ihre positive Einstellung zur Mädchenbeschneidung, mit der sie sich gründlich auseinandergesetzt hat und die sie keineswegs verharmlost. Im zweiten, umfangreicheren Teil (115-304) berichtet die Autorin – aufgrund sehr gründlicher Recherche – von Leben und Dienst, von Erfolgen und vom Scheitern derer, die als Mitarbeiter der Lutherischen Kirche in den vergangenen 100 Jahren das Evangelium unter den Maasai der Nord-Ost-Diözese verkündigt haben. Auffallend ist die Ausgewogenheit, mit der deutsche und einheimische Missionare mit ihren verschiedenen Missionskonzepten dargestellt werden, auffallend auch die Hochachtung, die die Autorin allen gegenüber bezeugt. Breiten Raum nimmt die Darstellung der Pepo-Epidemien (Geistbesessenheit) ein, die in den 70/80er Jahren unter den Maasai-Frauen auftrat und dem Evangelium Bahn brach, indem sie die Pfarrerinnen und Pfarrer der Lutherischen Kirche – ungesucht und zunächst ungewollt – zu Heilern machte. In „Enkai“ (dies ist der weibliche Begriff für die traditionelle Gottesvorstellung), wurde nun in weiten Kreisen diejenige erkannt, die ihren Sohn zum Heil der Menschen in die Welt schickte. Im dritten Teil werden Missionskonzepte der Maasai Mission im Hinblick darauf ausgewertet, inwieweit sie das Evangelium in der Maasai-Kultur heimisch werden ließen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Darstellung des ersten Maasai-Theologen, Dr. Naaman Laiser, eines bekennenden Lutheraners, „der afrikanische Theologie betreibt, ohne etwas von ‘afrikanischer Theologie’ zu halten“ (369). Ein wichtiges Buch für alle, die sich mit Mission im afrikanischen Kontext auseinandersetzen. Geschmälert wird der Wert des Buches nur durch den fehlenden Index. Christa Conrad, em 1997-4. |
Kieser, Hans-Lukas. Der verpasste Friede: Mission, Ethnie und
Staat in den Ostprovinzen der Türkei 1839-1938. Zürich: Chronos, 2000. In dieser Dissertation untersucht der Historiker Hans-Lukas Kieser die Wechselbeziehungen zwischen den Volksgruppen der Osttürkei, den Missionsgesellschaften, die in diesem Raum arbeiteten, und den in dieser Zeit an den Entwicklungen in der Osttürkei involvierten Staaten. Der Zeitraum der Untersuchung erstreckt sich über ein ganzes Jahrhundert, von den Anfängen der sogenannten Tanzimat-Ära bis zum Tode Atatürks, des „Vaters der modernen Türkei“. Kieser beschränkt sich nicht auf eine konkrete Fragestellung, sondern stellt zu Beginn sieben Thesen zu dem Beziehungsgeflecht von Mission, Ethnie und Staat auf, die er im folgenden dann detailliert untersucht. Dabei stützt er seine Arbeit sowohl auf Quellen aus Missionsarchiven als auch auf Dokumente der involvierten Staaten und der ethnischen Minderheiten. Nach seinen eigenen Worten will er dadurch „eine differenzierte Wahrnehmung und Beurteilung der politischen, sozialen, ethnischen und religiösen Verhältnisse, Begebenheiten und Ansprüche im abgesteckten Raum“ fördern. Kieser beschränkt sich nicht darauf, allgemeine Entwicklungen darzustellen, sondern er untersucht immer wieder auch die konkrete Situation in einigen der Städte (Harput, Van und Urfa), in denen die verschiedenen Missionsgesellschaften arbeiteten. Mit seiner Arbeit stellt sich Kieser einem anspruchsvollen historischen Thema, das nicht ohne aktuelle Brisanz ist: Gerade im Zusammenhang mit der Frage nach einer eventuellen EU-Mitgliedschaft der Türkei ist das Thema des armenischen Genozids und allgemein des Umgangs des türkischen Staates mit Minderheiten ein äußerst heißes Eisen. Auf diesem Hintergrund ist die umfangreiche Forschungsarbeit Kiesers sehr zu begrüßen. Kieser gelingt es, das Thema in differenzierter Art und Weise zu bearbeiten (Welche Ära? Welche Region? Welche involvierte Missionsgesellschaft? Welche Umstände? …). Dadurch kommt es zu einer enormen Fülle von Einzelinformationen, die der Leser zu verarbeiten hat. Hier wäre es sicher einfacher gewesen, wenn sich die Arbeit auf eine konkrete Fragestellung beschränkt hätte und nicht so umfassend die verschiedenen Aspekte der Beziehung von Mission, Ethnie und Staat untersucht worden wären. Für missiologisch interessierte Leser erscheinen mir vor allem folgende Aspekte von Kiesers Arbeit beachtenswert: 1. Kiesers Studie macht deutlich, welch enormen Wert Missionsquellen für die geschichtliche Forschung haben können. Kieser wählt mit Absicht die Missionen als Ausgangspunkt für seine historische Untersuchung, weil er diese Quellen im konkreten Fall für die brauchbarsten hält. Die Missionare waren vor Ort des Geschehens (ge-legentlich sogar Augenzeugen wichtiger Ereignisse). Zudem hatten sie weitreichende Verbindungen und somit Zugang zu vielen unterschiedlichen Informationsquellen. Außerdem standen sie einerseits den betroffenen Menschen nahe, hatten aber andererseits eine eigenständige, von den beteiligten Parteien unabhängige, Stellung zu den Ereignissen. Zwar sind die Missionsquellen – wie letztlich alle anderen Quellen – subjektive Quellen. Aber sie sind es nach Kiesers Überzeugung doch in einer „transparenten, in ihren Prämissen entschlüsselbaren Weise“. 2. Durch seine differenzierte Betrachtungsweise widerlegt Kieser die pauschalierende These, die Missionsbewegung des ausgehenden 19. und des frühen 20. Jahrhunderts sei letztlich nur ein Instrument des Imperialismus der westlichen Staaten gewesen. Zwar gab es durchaus die Instrumentalisierung von Missionen für politische Interessen ihrer Heimatstaaten (vor allem bei der französischen katholischen Mission), genauso aber gab es auch Missionsbemühungen als eindeutig „private“ – also vom Staat völlig unabhängige – Unternehmung (was vor allem auf die Bildungsarbeit des American Board zutraf). Die deutschen Missionen (Deutscher Hilfsbund und Deutsche Orient Mission) nahmen ihre Arbeit anfangs sogar entgegen der ausdrücklichen außenpolitischen Interessen des Deutschen Reiches auf. 3. Kiesers Untersuchung zeigt deutlich, dass Mission Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen hat und somit - ob sie es will oder nicht - auch ein „politischer Akteur“ ist. So war die umfangreiche Schularbeit des American Board von enormen Einfluss auf die Entwicklung der Minderheiten (vor allem der christlichen) und ihres Selbstverständnisses im osmanischen Gefüge. Die Bildungsarbeit auf Grundlage eines biblischen Menschenbildes schaffte z.B. dem Gedanken der Würde jedes Menschen und dem Gedanken der Gleichberechtigung der verschiedenen Ethnien unter den (oft benachteiligten) Minderheiten Raum. Außerdem wurden die Missionare unweigerlich zu politischen Akteuren, weil ihre Berichte es waren, die die Weltöffentlichkeit über die Gräueltaten an den Armeniern informierten. 4. Kiesers Thema sind nicht die Missionsgesellschaften und ihre Arbeit an sich, sondern es geht ihm ganz speziell um ihre Beziehung zu den Ethnien und den in die Entwicklungen involvierten Staaten. Trotzdem finden sich für missionsgeschichtlich Interessierte einige interessante Details über die Missionsarbeit in der Osttürkei. Dazu tragen ein umfangreicher Anhang (mehr als 100 Seiten) und zahlreiche Statistiken und Photographien aus Missionsarchiven Wesentliches bei. Andreas
Baumann, em 2003-2. |
Kießig, M.; L. Stempin, H. Echternach und H. Jetter (Hg.). Evangelischer
Erwachsenenkatechismus – glauben – erkennen – leben. Hg. von der
Katechismuskommision der VELKD unter Mitarbeit von G. Herold. 7. Auflage,
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2001. Die missionarische Dimension eines Katechismus sollte man nicht unterschätzen. Der Evangelische Erwachsenenkatechismus hat eine lange Tradition. Erstmals wurde er 1975 von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) herausgegeben und hat als Buch eine eigene Tradition evangelischer Unterweisung begründet. 25 Jahre nach der erstmaligen Herausgabe präsentiert sich das Buch in seiner 6. Auflage in Gestalt und Inhalt völlig neu (mit einer aktualisierten 7. Auflage im Jahr 2001). Ziel des Ev. Erwachsenenkatechismus (=EEK) ist es, verständlich und lebensnah in theologischen und religiösen Fragen zu orientieren, den Zugang zum christlichen Glauben zu erschließen und einen Weg zu eigenen Positionen zu zeigen. Er möchte helfen, am Beginn des 21. Jahrhunderts zu glauben, zu erkennen und zu leben - drei aufeinander bezogene Stichworte, die auch den Untertitel markieren. Der inhaltliche Aufbau des EEK orientiert sich an den großen Themen des christlichen Glaubens: Gott (S.21-143), Mensch (S.145-187), Jesus Christus (S.189-256), Leben in der Welt: die Ethik (S.257-496), Leben in der Kirche: Heiliger Geist (S.497-775), Ziel aller Wege: Ewiges Leben (S.777-825). Den Hauptkapiteln vorangestellt ist ein einführender Abschnitt zum Thema „Glauben wagen“ (S.11-19). Jedes Kapitel ist überschaubar gestaltet und gliedert sich in mehrere Unterpunkte, das Kapitel zur Ethik beispielsweise in folgende: Grundlegung der Ethik – Person und Gemeinschaft – Gesellschaft und Staat – Globale Verantwortung. Diese Unterpunkte sind wiederum in einzelne Abschnitte aufgeteilt, was einen schnellen und gezielten Zugriff ermöglicht. Im Kapitel „Gott“ findet sich u.a. ein längerer und interessanter Abschnitt zum Thema „Schöpfungsglaube und Naturwissenschaften“ (S.45-65), im Kapitel „Leben in der Kirche: Heiliger Geist“ ein Abschnitt zur „Praxis des Glaubens“ (S.739-777), der auch auf die gegenwärtige „Konjunktur des Spirituellen“ Bezug nimmt. Am Schluss des EEK gibt es ein „Kleines Lexikon theologischer Begriffe“ (S.827-840) und ein ausführliches Register. In der Mitte des Buches sind – auf grauem Papier – kirchliche Bekenntnisse und Lehrzeugnisse abgedruckt. Formal sind die einzelnen Kapitel jeweils so aufgebaut, dass zunächst Informationen zum neuesten Stand der wissenschaftlichen Theologie und der kirchlichen Oberzeugung gegeben werden, sodann Hintergründe zur Botschaft der Bibel und zur theologiegeschichtlichen Entwicklung dargestellt werden, und schließlich Erfahrungen mit der christli chen Gestaltung von Gesellschaft, Gemeinde und Lebenswelt zur Sprache kommen. Alles in allem kann man m. E. sagen, dass der EEK in seiner neuen Bearbeitung dem Anspruch durchaus gerecht wird, ein Kompendium zu sein, „das der heutigen Wirklichkeit nicht ausweicht und dennoch bei den Wurzeln des Glaubens bleibt“ (so auf dem Rückumschlag zu lesen). Es gelingt an vielen, wenn auch nicht allen Stellen, theologische Sachverhalte und Zusammenhänge in einer frischen und unverbrauchten Sprache zu präsentieren, Fragen und Probleme der Gegenwart aufzugreifen und mit den Antworten des Glaubens ins Gespräch zu bringen. Auch wenn das lutherische Profil der EEK erkennbar ist, so ist doch die Vielfalt der ev. Kirchen berücksichtigt, ebenso wie der Dialog mit der weltweiten Christenheit. Die Verwendbarkeit des EEK ist vielfältig. Er ist gut geeignet, um sich allein oder in einer Gruppe über einzelne, ausgewählte Themen und Fragestellungen im Umfeld des Glaubens zu orientieren. In der Gemeindearbeit lässt er sich einsetzen, um für glaubende Menschen das Verständnis ihres christlichen Glaubens u vertiefen oder aber mit interessiert-kritischen Zeitgenossen über die Aussagen des Glaubens und eine Lebensbedeutung ins Gespräch zu kommen. Gut verwenden lässt er sich auch im Oberstufenunterricht im Fach Evangelische Religion, angesichts der Tatsache, dass im Bereich der evangelischen Landeskirchen zur Zeit Glaubenskurse eines der am häufigsten genutzten Mittel der Glaubensverkündigung sind, erscheint auch der EEK – obwohl kein Glaubenskurs im engeren Sinne – voll am Platze zu sein: er lädt ein, das Gespräch über den Glauben zu führen – mit klaren, gehaltvollen Informationen, biblischer Verwurzelung, argumentativ und zeitnah. Dr. Jochen Walldorf, em 2005-1. |
Kim, Young-Dong. Der Schamanismus und das
Christentum in Korea. Verlag
an der Lottbek: Ammersbek bei Hamburg, 1993. Neben seinem Studium und der Promotion an der Kirchlichen Hochschule in Berlin war der Verfasser Prediger der dortigen koreanischem Gemeinde. In diesem Buch geht es um das Verhältnis des koreanischen Christentums zu seinem vorchristlichem Erbe. Untersucht wurde, was Schamanismus ist, wie er in Korea geschichtlich und kulturanthropologisch verwurzelt ist und wie er sich zu den in Korea vorhandenen Religionen, vom Buddhismus bis hin zum Christentum verhält. Besonders wird die Akkulturationsproblematik unter folgendem Hauptgesichtspunkt erörtert: Was ist theologisch verantwortlich, und welche theologischen Urteile wurden bisher hierzu gefällt? Für Young-Dong Kim ist diese missionswissenschaftliche Untersuchung über die koreanische Volksreligion deshalb wichtig, weil Korea nach den Philippinen das christlichste Land in Asien ist. Von den vielfältigen Ursachen dafür hält der Verfasser die schamanistische Religiosität für den neuen christlichen Glauben am wichtigsten. Dipl. Ing.
Fritz Lamparter, em 1998-3. |
Kimura-Andres, Hannelore. Mukyokai: Fortsetzung der Evangeliumsgeschichte. Verlag der Evangelisch-lutherischen Mission, Erlangen, 1984. Zwei ,JJ’: Japan und Jesus prägten und bestimmten das Leben von Kanzo Uchimura. Diese zwei J beinhalten höchste Vaterlandsliebe und alleinige Abhängigkeit von und Anhänglichkeit an den himmlischen Herrn Jesus Christus. Innerhalb der ausführlichen Biographie von Uchimura Kanzo finden wir eine Auseinandersetzung zwischen Japan und Jesus. Bis zu seiner Bekehrung in den USA stand Japan an erster Stelle. Dann gab es eine Wertverschiebung. Das Kreuz Jesu Christi wurde zum Fundament des Lebens und zugleich auch zum Fundament der Mukyokai. Wir werden in ein sehr
bewegtes Leben eingeführt: Krankenpfleger - Lehrer an einer Missionsschule - Angestellter an der Staatsschule in Tokyo. Dann fristlose Entlassung
aus dem Staatsdienst wegen Maje Gerade diese doppelte Berufserfahrung als Lehrer und Prediger einerseits und als Journalist andererseits half Uchimura Kanzo, seine Gedanken im Blick auf die Mukyokai-Bewegung klar zu definieren. Das Gesetz ist die Bibel, der Bischof ist Christus, und die Mitglieder sind die Brüder und Schwestern in aller Welt. Uchimura wollte sich wirklich ganz an der Bibel orientieren. Deshalb blieb das Fundament das Kreuz. Studierzimmer, Büro, Acker, Geschäft, die tägliche Arbeit sah er als Gottesdienst. Die Mukyokai sollte die zweite Reformation gegen die Verweltlichung des Christentums einleiten. In dem Buch wird auch ausführlich und interessant geschildert, wie die Nachfolger bzw. Schüler von Uchimura seine Ansicht über Mukyokai weitergeführt haben. Tsu-kamoto war Jurist. Ihm ist es gelungen, die Gedanken Uchimuras in logischer Weise zusammenzustellen. In der dritten Generation unter Fujita wurde Mukyokai aus der privaten Sphäre in die öffentliche Verantwortung gestellt, bis hin zum Kampf gegen den Kapitalismus. Das „sola fide“ bringt einerseits die Trennung zur Kirche – in diesem Punkt kann Mukyokai der Kirche gegenüber nicht nachgeben –, anderseits aber auch die Einheit mit allen, die an die Versöhnung durch das Kreuz glauben. Die Reformation von Mukyokai ist nicht die Weglassung der Sakramente oder einer kirchlichen Form, sondern die Freilegung des Fundamentes: „Jesus Christus am Kreuz auf Golgatha für die Sünden der ganzen Menschheit gestorben.“ In diesem Fundament ist auch das Verbindende mit der Kirche enthalten. Hierin liegt auch ein wichtiger Grund, weshalb Uchimura-Lektüre auch für Pfarrer lesenswert geworden ist und Bereicherung bietet. Ursprung, Wesen und Richtung von Mukyokai ist die Fortsetzung der Evangeliumsgeschichte. Uns, die wir heute um eine Neubelebung in Kirche und Gemeinschaft ringen, kann die Darstellung der zweiten Reformation, die von Uchimura Kanzo angestoßen und von den Schülern und Mitgliedern bis zur vierten Generation weitergeführt worden ist, eine echte Hilfe sein. Auch werden hier die Vor- und Nachteile der sogenannten Hauskreise deutlich dargestellt. Diese Seite kann mit zu einem rechten biblischen Verständnis im Blick auf die Kirche Jesu Christi der heutigen Zeit beitragen, damit wieder neu das „sola fide“ der Reformation für uns wegweisend wird. Albert Rechkemmer, em 1986-2. |
Kirn, Hans-Martin. Ludwig Hofacker (1798-1828).
Reformatorische Predigt und Erweckungsbewegung. Ernst Franz Verlag: Metzingen, 1999. Hans-Martin Kirn versteht es meisterhaft, in kurzen Abschnitten die wichtigsten Lebensdaten und Gedanken des früh verstorbenen schwäbischen pietistischen Pfarrers Ludwig Hofacker zu beschreiben. „Unbestrittten ist, dass Ludwig Hofacker die zentrale Gestalt der württembergischen Erweckungsbewegung in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war“ (7). „Er füllte die Leonhardkirche durch seine Gottesdienste. Die Menschen kamen von weither“. Im Hintergrund seines Wirkens standen die Befreiungskriege und die wirtschaftliche Not der Menschen, die viele nach Amerika und Rußland trieb. Im Gegensatz zu anderen Erweckungsbewegungen wurde die württembergische von einem Freundeskreis von Geistlichen im Kirchendienst und weniger von Laien getragen. Zu diesem Freundeskreis gehörten die Liederdichter Albert Knapp (1798-1864) und Christian Gottlob Barth (1799-1862). Wie für den älteren Pietismus galt auch für die Erweckungsbewegung die Überzeugung Hofackers: „Wer … kein Christ ist hinter dem Pfluge, der ist auch kein Christ in der Kirche, denn das Christentum ist nicht ein Rock, den man nach Belieben aus- und anziehen kann“ (10). Nach der Beschreibung des Wirkungskreises des Vikars und Pfarrers in Württemberg und den „prägenden Erfahrungen“ durch die frühe Bekehrung und schwere Krankheit konzentriert sich Kirn auf den Prediger Hofacker. Hofacker möchte seine Hörer durch die „Kreuzesmeditation“ zur Versöhnunglehre führen, die sich im Opfer Jesu am klarsten zeige. Glaube und Gefühl werden dieser Überzeugung untergeordnet. „Die Frage nach den Früchten des Glaubens“ zwinge zur Selbstprüfung, weshalb Hofacker die „Selbstanalyse“ zur „heiligen Aufgabe eines jeden Menschen erklärt“ (40). „Sterben und Tod“ sind die zentralen Themen seiner Predigten. Die versammelte Gemeinde sind die, die das fromme Selbstbewußtsein bestimmt. Die Volkskirche wird zum Missionsfeld, denn Hofacker leidet an der Sattheit der „Beamtenkirche“. Der Prediger wird zum Missionar, denn die schleichende Entchristlichung sei vorherrschend. Den Optimismus des Fortschrittsglaubens und die Hoffnung auf eine sittliche Perfektionierung des Menschen betrachtet er kritisch und mahnt die tugendhaften Leute, „ihr seid der Hölle viel näher, als ihr meint“ (48). Sozialkritische Töne hören wir nicht in Hofackers Predigten. Es geht ihm um „Erweckung des Herzens“. Sein betonter Antiintellektualismus unterscheidet ihn von den meisten anderen Mitgliedern der jungen Erweckungsbewegung. Hofacker war ein „Krisentheologe“, der eindringlich „auf das Geschehen am Kreuz als Zentrum christlichen Glaubens und Hoffens gegen die Daseinsangst des dem Tod geweihten Menschen“ hinweist (57). Ludwig Hofackers Gedanken sind trotz aller zeitbedingten Züge eine Herausforderung für die Kirche am Beginn des neuen Jahrtausends. Die Kirche braucht heute nicht nur ein neues Nachdenken über wirtschaftliches Handeln, sondern eine aktive Ludwig Hofacker-Bewegung, die das Kreuzesgeschehen als Zentrum christlichen Glaubens und Hoffens dem modernistischen Fundamentalismus namens Relativismus gegenüber im Alltag der Welt lebt. Prof. Dr. Karl Rennstich, em 2001-2. |
Klammt, Thomas. „Ist die
Heidenmission zu empfehlen?“ – Die Deutschen Baptisten und die Mission in der Ferne (1848-1913). edition afem - mission Scripts 1. Bonn: VKW, 1994. Bei dem von Klammt vorgelegten Buch handelt es sich um seine Magisterarbeit, die von der Universität Heidelberg angenommen wurde. Er unternimmt darin den Versuch, Entstehung, Werdegang und Ausbreitung der deutschen baptistischen Heidenmission in den Jahren 1848-1913 zu beschreiben. Anhand eines fleissigen Studiums der Quellen (Klammt beschränkt sich dabei größtenteils auf die in diesem Zeitraum erschienen öffentlichen Verlautbarungen des Baptistenbundes) weist der Verfasser nach, daß schon auf der Gründungskonferenz des Bundes der deutschen Baptisten im Jahr 1849 das Thema „Mission in der Ferne“ heiß diskutiert wurde. Durch zahlreiche Zitate belegt Klammt, dass „die starke finanzielle Begrenztheit der deutschen Baptisten“ der wesentliche Faktor war, der die Aussendung deutscher Missionare verhinderte. Erst 1890 (immerhin fast 100 Jahre nach Careys Gründung der ersten baptistischen Missionsge-sellschaft in England!) fanden die deutschen Baptisten ihren Platz in der Weltmission, als sie mit ihrer Kamerunmission begannen. Klammts Studie ist ein wertvoller Forschungsbeitrag, der das Ringen des deutschen Baptismus um die Heidenmission beschreibt. Das Buch ist klar gegliedert und zeichnet sich für den Schneileser durch kurze Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels sowie durch eine englische Zusammenfassung aus. Das Register rundet das gelungene Werk ab. Ich wünsche diesem Buch nicht nur in baptistischen Kreisen eine weite Verbreitung. Hartmut Burghoff, em 1995-2. |
Kleiner, Paul. Bestechung.
Eine theologischethische Untersuchung. Bern, Frankfurt/M.: Lang, 1992. Paul Kleiner, der heute in Afrika als theologischer Lehrer unterrichtet, untersucht in seiner Züricher Dissertation das Problem der Bestechung. Seine Arbeit gliedert er in drei Hauptteile: 1. Die Charakterisierung der Bestechung in Ökonomie, Recht, Politologie und anderen gesellschaftsrelevanten Bereichen. 2. Gerechtigkeit und Vertrauen als theologische und philosophisch-ethische Kriterien. 3. Perspektiven für ethisch vertretbares Handeln im politischen und wirtschaftlichen System, als Unternehmen und einzelner. Die sorgsam gearbeitete Untersuchung ist ein wichtiger Beitrag zum Thema der Wirtschaftsethik. Man kann nur hoffen und wünschen, daß auch viele Missionare das Buch lesen, damit sie sich nicht als „nützliche Idioten“ mißbrauchen lassen. Karl Rennstich, em 1994-2. |
Knox,
Elisabeth. Signal
on the Mountain. The Gospel in Africa’s Uplands Before the First World War.
Acorn Press [POB 282, Brunswick
East, Vic 3057, Australia], 1991. Endlich ein Buch über die Anfänge evangelikaler Mission in Zentraltansania! Nachdem der Anthropologe T. 0. Beidelman 1982 in seinem Werk ‚Colonial Evangelism’ die – aus seiner Sicht negativen – Auswirkungen der Missionsbemühungen früherer Generationen am Beispiel der Wakaguru Ostafrikas beschrieb, mußte man auf eine Darstellung seitens der Mission gespannt sein. Knox’ Buch ist keine Antwort geworden, aber eine historische Forschungsarbeit mit zwölf Anhängen, einer ausführlichen Bibliografie (weitere Quellen entnehme man Beidelmans Buch) und einem gutem Index. Sie verfolgt das Wachstum der ursprünglich nur als Raststationen vorgesehenen Plätze auf dem Weg nach Uganda. Will man mit der Beschreibung schritthalten, sieht man sich gezwungen, vom Anhang A der beteiligten 77 Missionare Gebrauch zu machen, da sonst der Überblick rasch verlorengeht. Leider wurde diese wichtige Liste nach zeitlichem Eintritt und nicht alphabetisch geordnet. Wie schwer war die Safari von Sansibar zum Victoriasee! Als A. Mackay sich gezwungen sieht, sein Gewehr auf die eigenen, fliehenden Träger abzufeuern, damit nicht alle Habe herrenlos zurückbleibt, reagiert die Mission mit einem Rückruf, den der Missionar nicht befolgt. Die Autorin erhellt hier und bei folgenden kritischen Ereignissen die Motive anhand zahlreich eingesehener Briefe und kritisiert dabei u. a. die Weltfremdheit der Missionsleitung. Heute übrigens ehrt die einheimische Kirche Mackay, der bis zu seinem frühen Lebensende in Afrika verblieb, indem sie ihr Service-Haus in der Hauptstadt Dodoma nach ihm benennt. Die Gründung der Kolonie Deutsch-Ostafrika (DOA) wirft die Bemühungen der Missionare zurück, da nun London nicht genug Nachfolger auf das Feld entsendet. Eine Konzentration auf Uganda wegen der dortigen Erweckung und der englischen Kolonialherrschaft wird angestrebt. So müssen die Missionare in DOA mit ihrer Missionszentrale um den Erhalt ihrer Stationen kämpfen. [Im Weltkrieg geraten die englischen Missionare allesamt in Gefangenschaft, in der ihnen der Mißbrauch von Taschenspiegeln zum Übersenden von Nachrichten vorgeworfen wird - daher der Titel des Buches.] Doch die Entbehrungen haben ihren Lohn. Im Gebiet der Wagogo und der Wakaguru hat das Evangelium Fuß gefaßt. Ein Fortsetzungsband über die weitere Entwicklung nach dem 1. Weltkrieg wäre wünschenswert, besonders deshalb, weil die Verantwortlichkeit für das Feld nach der Weltwirtschaftskrise von London auf Sydney überging. Winfried Schwatlo, em 1996-3. |
Kommerau, Horst. Licht über Afrika. Hänssler-Verlag: Neuhausen, 1990 und 1997. Der Mitbegründer der DIGUNA (Die Gute Nachricht für Afrika) nimmt den Leser von der ersten Seite an mit in die sehr abwechslungs- und erlebnisreiche Entwicklung dieses Missionswerkes anhand seiner persönlichen Lebensgeschichte. Jeder Afrikareisende findet sich in vielen dieser Schilderungen wieder, die an verschiedenen Stellen auch das Thema „Zerstört Mission Kultur?“ auf eindrückliche Art und Weise einfließen lassen. Das Buch bietet einen guten Einblick in die Hintergrundsarbeit der DIGUNA und hebt Gottes Wirken in vielen „unmöglichen“ Situationen hervor. Wünschen würde man sich vielleicht noch einen etwas tieferen Einblick in die geistliche Arbeit an sich: Welche Hürden mußten überwunden werden, um das Evangelium in die verschiedenen Kulturen zu tragen, wie sieht die Nacharbeit bei den verschiedenen Evangelisationsfeldzügen aus? Das Buch spricht vielleicht vor allem junge, mutige Praktiker an. Zu empfehlen ist es aber auch für Menschen, die für die Missionsarbeit in Afrika beten wollen und sich oft nicht vorstellen können, mit wieviel Schwierigkeiten, Kraft und Einsatz solch eine Aufgabe verbunden ist. Michael Wimmer, em 1998-4. |
Koop, Allen V. American Evangelical Missionaries in France 1945-1975. University Press of America, Landam/London 1986. Die vorliegende Dissertation über die Arbeit evangelikaler Amerikaner in Frankreich ist wahrhaftig kein Kompliment für die beteiligten amerikanischen Missionen, da Koop nicht nur eine gute und detaillierte Geschichte gemäß Titel liefert, die hier natürlich schlecht wiedergegeben werden kann, sondern von Anfang an auch die Gründe für die großen Probleme der meisten amerikanischen Missionsarbeiten in Frankreich analysiert. Dabei schreibt Koop fair und ruhig und kann manches aus dem Mund der Missionare selbst belegen. Die meisten Missionare kamen völlig unvorbereitet nach Frankreich. Sie kannten die Sprache kaum und ihr Wissen stammte vorwiegend
aus dem National Geographic Magazine (S.11). Selbst Missionare, die schon länger in Frankreich arbeiteten, konnten oft nur schlecht Französisch (S.137). Die ersten Missionare waren dann schockiert, als sie sahen, wie schwierig die Arbeit sich gestaltete (S.67). Frankreich wurde als
Missionarsfriedhof bekannt (S.94). Was man
in Amerika unter gesunder Lehre verstand,
wurde nach Frankreich übertragen, ohne
zu fragen, ob es in Wirklichkeit viel Nun wäre es sicher zu einfach, je nachdem traurig oder schadenfroh auf die Amerikaner zu schauen. Sicher wird man beim Lesen als Europäer häufig genug eher die Franzosen verstehen als die Amerikaner. Sicher haben es Europäer einfacher, die in einer Welt von Kleinstaaten aufwachsen, während viele Amerikaner, bevor sie Missionare werden, nie eine Sprache erlernt haben oder ihr riesiges Land verlassen mußten. Solche Gedanken allein wären jedoch letztlich dieselbe kulturelle Überheblichkeit wie die der Amerikaner, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Wenn aber das Lesen des Buches nicht zu der Frage führt, wie wir uns besser vorbereiten können und wie wir besser unsere deutsche Kultur und das Evangelium auseinanderhalten, dürfte das Buch zum zwar guten, aber unfruchtbaren Geschichtsbuch degradiert werden. Thomas Schirrmacher, em 1988-2. |
Kopfermann, Wolfram. Macht ohne Auftrag. Warum ich mich nicht
an der „geistlichen Kriegsführung“ beteilige. Emmelsbüll: C & P
Verlag, 1994. Wolfram Kopfermann, 12 Jahre Vorsitzender der Geistlichen Gemeindeerneuerung und Gründer der charismatischen Anskarkirche, setzt sich hier mit einer Praxis auseinander, die er lange Zeit selber vertreten hat. Dabei stehen die Thesen von C.P.Wagner aus „Das offensive Gebet. Strategien zur geistlichen Kampfführung“ (GK) im Vordergrund. Es gelingt Kopfermann, die Anliegen der GK gut darzustellen und auch deren positives Anliegen der Weltevangelisation zu betonen. Am stärksten kritisiert er, daß Wagner und andere Autoren mit Erfahrungen argumentieren, die im Nachhinein mit exegetisch zweifelhaften Auslegungen belegt werden. Kopfermann überzeugt mit klarer Exegese. Ohne die Tatsache des Kampfes zwischen dem Reich Gottes und Satans zu übersehen, wehrt er sich gegen die These, daß Christen den Auftrag hätten, einen „offensiven Gebetskampf“ gegen die geistlichen Mächte zu führen. Wagner behauptet z.B., daß eine effektive Evangelisation erst nach einem Gebetssieg über die geistlichen territorialen Mächte möglich ist. Dieses Buch kann durch seine klare Struktur und gute Lesbarkeit eine Orientierungshilfe in der Auseinandersetzung mit der GK sein. Für eine Neuauflage wäre eine Bibliographie und ein Bibelstellenregister wünschenswert. Kai Kreienbring, em 1996-2. |
Körner, Felix. Kirche im Angesicht des Islam: Theologie
des interreligiösen Zeugnisses, Stuttgart: Kohlhammer, 2008. „Wie kann man einem Muslim das Christentum erklären?“ lautet die Kernfrage, der Felix Körner in diesem Buch nachgeht. Der jesuitische Theologe hat ein halbes Jahrzehnt in Ankara gelebt und lehrt inzwischen Dogmatik an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom sowie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen. Ausgangspunkt der Erörterungen ist ein islamisches Traktat mit dem Titel „Einladung an die Christen zur Rechtleitung und wahren Erlösung“, das 2005 in der Türkei und in Deutschland verbreitet wurde. (Der Text ist – mit islamwissenschaftlichem Kommentar – auf Deutsch im Anhang des Buches abgedruckt). Das Traktat mache eine alltagsnahe „Laiendiskussion“ um religiöse Wahrheit sichtbar, die in der bisherigen kirchlichen Dialog-Literatur nicht ausreichend wahrgenommen worden sei: „Wer sich – gerade vor weniger gebildeten – Muslimen als Nichtmuslim zu erkennen gibt, findet sich unversehens auf dieser Ebene des Dialogs wieder“ (S. 23). An dieser Stelle will Körner weiterhelfen mit einer theologischen Reflexion des christlichen Zeugnisses. Er tut dies in acht alliterativ überschriebenen Kapiteln. Unter der Überschrift „Anstoß“ (S. 19–50) reflektiert der Autor die dem dialogischen Zeugnis implizite theologische Auseinandersetzung, die üblicherweise in einer Pattsituation ende. Um diese zu überwinden, schlägt er eine „gegenüberstellende Darlegung“ vor, in der „zwei sich ausschließende Lehren“ möglichst genau beschrieben und in ihrer Gegensätzlichkeit stehen gelassen werden (S. 42). Weiterführend gibt es den Weg „der Widerlegung“, der allerdings wenig erfolgversprechend sei, da er „beim Gesprächspartner eine Bereitschaft zum Überzeugt werden und damit eine Freiheit voraus[setzt], die kaum einer hat“ (S. 43). Besser sei der Versuch einer „neuen Grundlegung“. Muslim und Christ könnten sich darauf einigen, Offenbarungsansprüche auf einer gemeinsamen Grundlage der Historie und Anthropologie zu prüfen. „Was sich als nicht tatsächlich erweist, kann deshalb nicht zum Zeugnis gehören“ (S. 44). Dabei geht es nicht um rationalistische Bibel- oder Korankritik, sondern um das Interesse an historischer Tatsächlichkeit, die für jeden Glaubenden bedeutsam sein müsse (S. 45), z.B. im Blick auf die Kontroverse um Jesu tatsächliche Kreuzigung. Als weiteren möglichen „Test“ gegensätzlicher religiöser Wahrheitsansprüche wird die anthropologische Relevanz und Deutungskraft von Offenbarungsaussagen (inwieweit bewältigen sie gemeinsame Welt- und Alltagserfahrung?) reflektiert. Doch alle diese Formen des Argumentierens stoßen an Grenzen. Zur weiteren Erkundung des christlichen Zeugnisses nimmt der Autor im Kapitel „Ankara“ (S. 51-116) eine konkrete kontextuelle Situation „genauer in den Blick“ (S. 49). Er zeigt öffentliche „türkische Gesichts-Punkte“ in Presse, Schule, Moschee, Politik und Universität auf. Beispiele: Davut Aydüz, Professor für Koranexegese, spricht von einer zukünftigen Reinigung des Christentums durch den Islam, einer „Vereinigung der beiden Religionen unter islamischem Vorzeichen (S. 71). Oder: In Predigthilfen, die von der türkischen Religionsbehörde (Diyanet) für die Freitagsgebete herausgegeben werden, wird christliche Mission als Bedrohung der türkischen Nation dargestellt und als „schädliche Strömung“ mit „Satanismus“ (S. 89) und dem Kampf um politische Vorherrschaft in Zusammenhang gebracht (S. 90). Körner kritisiert die Ambivalenz, mit der die Behörde zwar die Morde an christlichen Mitarbeitern in Malatya im April 2007 scharf verurteilt hat, aber gleichzeitig durch derartige Predigthilfen „eine öffentliche Verfolgungsstimmung“ erzeuge (S. 92). Das christliche Zeugnis könne angesichts dieses Kontextes nur „behutsam bis langsam“ erfolgen, um „Menschen die Freiheit zu geben, ein eigenständiges, reflektiertes Urteil zu fällen und zu integrieren.“ Im dritten Kapitel werden unter der Überschrift „Anfänger“ (S. 117-158) westlich-christliche Perspektiven auf die denkerischen Rahmenbedingungen des christlich-islamischen Gesprächs dargestellt. Dabei wird von Petrus Venerabilis, Thomas von Aquin, Raimundus Lullus über Pius II. bis zur Gegenwart deutlich, dass große Hoffnungen auf die säkulare Vernunft gesetzt, diese Hoffnungen jedoch als gescheitert angesehen werden müssen. Vielmehr macht Körner die Beobachtung: „Je mehr die genannten christlichen Denker aufs Ganze gehen, je radikaler nämlich ihre Bekehrungsabsicht … ist, desto treffender gelingt ihnen auch die theologische Fassung des Christlichen. Die Wahrnehmung des anderen als anderen erweist sich so als Erkenntnisquelle“ (S. 340). Der Autor schlägt darum vor, religiöse und menschliche Erfahrungen als integrativen Teil der Vernunft zu fassen. Dies wird im Kapitel „Andersheit“ (S. 159-180) vertieft. Da die „Rhetorik“ einer säkularen „reinen Rationalität“ an der Realität des Dialogs „zerplatzt“ (S. 156), öffnen sich neue hermeneutische Wege, auf denen sowohl die eigene als auch die fremde (Glaubens-) Erfahrung als wirklichkeitserschließend verstanden werden kann. Hier macht Körner die aristotelische Topik (in ihrer Rezeption bei Karl Lehmann) fruchtbar. Der topische Ansatz bezieht den Ort/Kontext in die Theologie ein, rechnet mit der Unberechenbarkeit der Wirklichkeit als einem Gebiet, das „noch unabgesteckt ist“ – immer in der Erwartung gerade im Widerspruch des anderen auf Neues zu stoßen (S. 160). Ein bereits vor dem Dialog behaupteter Konsens („Muslime und Christen glauben an den gleichen Gott“) sei darum „eine Verweigerung des Dialogs“ (S. 174). Doch was bedeutet „Zeugnis“ eigentlich theologisch? Auf der Suche nach einem begründeten theologischen „Ansatz“ (S. 181-235) untersucht Körner verschiedene Zeugnis-Theologien (Rahner, Hünermann u.a.) und findet sechs notae theologiae, die er auf das christliche Zeugnis gegenüber Muslimen anwendet: Es sollte bezeugend, bekennend, begründend, befreiend, bekehrungsfähig (im reflexiven und transitiven Sinn) und beziehungsstiftend sein. Dass diese notae nicht statisch, sondern dynamisch zu verstehen sind, zeigt sich auch an den „Antworten“ (S. 237 – 331), die unter Muslimen lebende Christen geben. Hier betrachtet Körner christliche Zeugnis- und Katecheseliteratur für den islamischen Kontext. Die ausgewählten Texte decken erfreulicherweise ein breites konfessionelles Spektrum ab, gehören aber recht unterschiedlichen Kategorien und Kontexten an, was den Vergleich schwierig macht und in Körners kritischen Bewertungen nicht immer ausreichend berücksichtigt wird. Die Auswahl umfasst Klassiker wie Johannes von Damaskus, zeitgenössische protestantische und evangelikale Texte, die im türkischen Kontext relevant sind (J. McDowell, Daniel Wickwire, L. Levonian) und die für den afrikanischen Kontext geschriebene Broschüre Christian Witness among Muslims, zwei Vorträge des anglikanischen Erzbischofs Rowan Williams in Ägypten und Pakistan sowie Texte verschiedener katholischer Theologen im islamischen Kontext (Körner, Michel, Aboujaoudé, Troll, Claverie). Körner sieht sowohl die apologetischen (z.B. McDowell) als auch die sich an islamische Vorstellungen anpassenden Aspekte (z.B. Williams) kritisch; letztere, weil sie keine Veränderung herausfordern. Apologetische Ansätze begründeten zwar die faktisch-historische Basis des Glaubens, aber es fehle das theologische Ernstnehmen des menschlichen Zweifels und der letzten Unbeweisbarkeit des Glaubens. Ob dieses Urteil der Intention der Texte gerecht wird, bleibt dahingestellt, es übersieht allerdings die Bedeutung solcher Literatur für Muslime, die sich kritisch mit ihrer Religion auseinandersetzen möchten. Zu pauschal klingt jedenfalls Körners Behauptung, in der Broschüre Christian Witness among Muslims werde „die Islamkenntnis … als Herrschaftswissen genutzt, um den muslimischen Bekannten von der Wahrheit des Christentums zu überzeugen“ (S. 271). Als weiterführend sieht Körner hingegen den Ansatz der katholischen Bischöfe des Maghreb (Claverie), die sich in ihrem „Glaubensbuch“ an Christen wenden, aber auch die Muslime als Mit-Leser wissen. Sie tragen ihr Glaubenszeugnis als biblisches Zeugnis in ruhiger Gewissheit vor, sie wollen nicht Christus beweisen, sondern im Zeugnis anderer – auch in den offengelassenen Fragen – Christus sichtbar werden lassen. Wie er dies konkret versteht, zeigt Körner am Beispiel einiger Gespräche über Maria aus seiner eigenen kirchlichen Praxis in Ankara unter der Überschrift „Ancilla“ (S. 331-336). In Maria, der Mutter Jesu, sieht er Vorbild und Deutungsmuster des christlichen Zeugnisses. Ihr habe sich Gott als Kind in Schwachheit anvertraut. Sie wurde in ihrer Schwachheit eine „Zeugin der Geheimnisse des Lebens Jesu“ (S. 335). So müsse sich auch das Zeugnis unter Muslimen oft sehr bescheiden geben und trage dennoch das Leben Jesu mit sich. Etwas befremdlich wirkt es jedoch, wenn der Autor die „Verehrung Mariens“ als „Testfall“ für die Bereitschaft, „Gottes Großmut zu akzeptieren“ nennt und auf einen freikirchlichen türkischen Konvertiten angewandt formuliert: „Jesus als Herrn zu verehren fällt ihm leicht. Aber eine Herrin will er nicht zulassen“ (S. 332). Im Fazit „Anakephalaiosis“ (S. 337–348) macht Körner deutlich, dass Inhalt und Form des christlichen Zeugnisses unter Muslimen untrennbar zusammenhängen und zentral von dem geprägt sind, was den christlichen Glauben vom Islam unterscheidet: (S. 345f): 1. Die historische Erfahrung: „Gott riskiert seine Gottheit in der Geschichte“, darum wird die Geschichte von Jesus Christus erzählt, bezeugt und auch historisch begründet; 2. Die menschliche Erfahrung: „Der Mensch hat eine Bestimmung, der er nicht aus eigener Kraft gerecht werden kann“. Darum braucht der Mensch das erlösende Eingreifen Gottes in Christus, dem er sich anvertraut und somit Vertrauen auch für die Begegnung mit anderen gewinnt; 3. Die Niederlage-Erfahrung als „das Ablegen des Zeugnisses“ in seiner Schwäche: „Der christliche Glaube will gar nicht in schlagender Überzeugung bezeugt werden, sondern in seiner Gestalt als Skandalon. Nur wo er sich in seiner Schwäche zeigt, die dem Menschen zumutet, die eigene Schwäche anzuerkennen, entfaltet er wandelnde Kraft.“ (S. 345). Körners Buch bietet einen Entwurf des christlichen Zeugnisses unter Muslimen, den man als kontroverse Theologie der Schwachheit zusammenfassen könnte. Diese Zeugnis-Theologie wurzelt sowohl im biblischen Zeugnis und dem Bekenntnis der communio sanctorum als auch in der kontextuell-lebensweltlichen („topologischen“) Begegnungs-Erfahrung vor Ort. Der jesuitische Autor hat die „missionarische Überzeugung, dass die christliche Heilsbotschaft universal relevant ist“ und somit bekennend, begründend, beziehungsstiftend und befreiend bezeugt werden muss. Insofern finde „die Bekehrungsbegeisterung des amerikanischen Freikirchlers beim Jesuiten Resonanz“ (S. 338). Das Zeugnis geschieht in einem Dialog, der theologische Unterschiede und Kontroversen als Chance zur Veränderung auf beiden Seiten zur Sprache bringt und Neues erwartet (bekehrungsfähig). Angesichts der Erfahrung des Nichtverstanden- und Missverstandenwerdens, des Widerspruchs, der Vereinnahmung und der Ablehnung im islamischen Kontext vollzieht sich das Zeugnis in Schwachheit, die nicht auf Argumentation und Erfolg setzt, sondern Gottes Wirken in jeder individuellen Begegnung neu vertraut. Wer in diesem Buch praxisnahe und leicht verständliche Ausführungen zum christlichen Zeugnis unter Muslimen erwartet, wird eher enttäuscht werden. Sprache und Struktur des Buchs sind ästhetisch und vielseitig, aber nicht leicht zugänglich. Insofern kann man fragen, ob der Autor seinen eingangs angedeuteten Anspruch (S. 24; 345), einen Beitrag zur alltagsnahen Laiendiskussion zu leisten, einlösen konnte. Wer jedoch bereit ist, sich auf die komplexen theologischen und interreligiösen Implikationen dieser Diskussion einzulassen, wird in diesem Buch weitgespannte Hintergründe, tiefgreifende Argumentationen und hilfreiche Anregungen finden. Friedemann Walldorf, em 2010-3. |
Körner,
Felix. Revisionist
Koran Hermeneutics in Contemporary Turkish University Theology. Rethinking
Islam. Mitteilungen zur Sozial-
und Kulturgeschichte der islamischen Welt 15. Würzburg: Ergon, 2005. Wer die Dissertation von Felix Körner, SJ, katholischer Theologe, Turkologe und Islamwissenschaftler, in die Hand nimmt, versucht zu verstehen, wie einer sich um das Verstehen von Verstehen einer fremden Kultur und Religion und den entsprechenden Voraussetzungen bemüht, ohne sein eigenes Verstehen auszuklam mern. Körner verfolgt aufmerksam, wie vier türkische Islamtheologen, Vertreter der Ankaraner Schule, koranhermeneutische Fragen diskutieren. Er beschreibt dieses Bemühen als „revisionist“ und weist damit auf ihr Ringen um Fragen historischer Relativität und universaler Bedeutung. Körner bringt sie mit Fazlur Rahman (einem islamischen Reformtheologen) und mit Hans-Georg Gadamer mit einer kontinentalen Perspektive von Hermeneutik ins Gespräch, welche von den türkischen Theologen teilweise selbst rezipiert werden. Mehmet Pacaci wird unter der Überschrift „The Koran is Universally Historical“ (S.65-108) vorgestellt; Adil Ciftci mit „The Koran as Ethical Order“ (S.109-133), Omar Özsoy „The Koran is What God Wants to Do“ (S.135-164) sowie ilhami Güler mit „Contigent Koran, Absolute Contents“ (S.165-192). Die abschließende Reflexion fasst die Ergebnisse der Fallstudien zusammen (S.193-203) und gibt einen Ausblick auf offene Fragen und Möglichkeiten dieser koranhermeneutischen Ansätze in der Türkei (S.204-205). Körner hält sich mit kritischen Fragen in der Reflexion nicht zurück. Dabei entwickelt sich bisweilen eine dialogische Dynamik, die auch auf Körners hermeneutische Überzeugung weist. Körners Vorgehensweise ist hilfreich, wenn auch ungewöhnlich für Leser, die eine stringente Argumentation vorziehen. Die Darstellung der Islamtheologen wird um Anfragen ergänzt, ohne diese im Laufe der Darstellung zu diskutieren. Vielmehr folgt die Diskussion in oft unabhängigen und thematisch geordneten Einheiten. Man könnte Körners hermeneutische Grundlagenlegung in Anlehnung an Gadamer eingehend diskutieren, aber ich beherzige Körners berechtigte Warnung: „one cannot develop one‘s method before starting to work. This warning against a methodological obsession should keep us alert“ (S.31). Die Beschäftigung mit Werken über das Verstehen soll also nicht nur die theoretischen Grundlagen betrachten, sondern ebenso deren Umsetzung. Deswegen richtet sich mein Blick auf die Durchführung. Dabei bleiben wenigstens drei Fragen offen: 1) In seinem Ausblick stellt Körner fest, dass „Turkish academic theology is producing high quality studies which are of great relevance for Turkey“ (S.204). Seine Hoffnung richtet sich auf die Entwicklung eines neuen Denkens im Raum des Islams, welches mit westlichen Werten kompatibel ist. Sehen Landsleute dieser Vertreter das ebenso? Welche Auswirkungen haben diese Studien in der Türkei und in anderen islamisch-geprägten Ländern? Der theologische Diskurs an der Universität reflektiert jedenfalls nicht die Mehrheit der türkischen Muslime. Imame werden vielfach in religiösen Imam-Hatip-Schulen ausgebildet. In den vergangenen Jahren fanden sogar immer mehr Absolventen dieser Schulen Arbeitsplätze in der Verwaltung oder in Regierungsstellen Es ist kaum anzunehmen, dass solche Absolventen eine Universitätstheologie, die sich für den Westen aufgeschlossen zeigt, herzlich willkommen heißen. 2) Körner hält fest, dass bei allem intellektuell hochstehenden Diskurs die kultische Praxis weder überdacht noch geändert wird (S.57). Sollte die kultische Kontinuität die (noch bestehende) Irrelevanz dieses Universitätsdiskurses belegen? Außerdem arbeitet Körner mehrfach den Fokus auf ethische Fragestellungen heraus und beklagt diese eingeschränkte Perspektive. Könnte dieser Fokus allerdings der Schwerpunktbildung des Korans entsprechen und eben nicht nur ein Zugeständnis an das Verständnis türkischer Zeitgenossen sein? 3) Manche mögen auf die Entwicklung im Westen nach der Aufklärung verweisen: die Türkei (und andere islamische Länder) müssen eben noch eine gewisse Wegstrecke zurücklegen. Wenn der intellektuelle Diskurs einmal Auswirkungen auf die kultische Praxis hat, dann aber ist es angemessen, westliche Denkmuster und geschichtliche Entwicklungen als Maßstab an die islamische Welt anzulegen? Sollte westliche Theologie und Philosophie insbesondere in seiner kontinentalen Prägung überhaupt das non plus ultra für Denken und Leben darstellen? Trotz dieser Anfragen bleibt Körners Buch ein wertvoller und gewinnbringender Beitrag zur Beschreibung des intellektuellen Diskurses in Teilen der islamischen Welt. Heiko Wenzel, em 2007-2. |
Koschorke, Klaus. Falling walls – the year 1989/90 as a
turning point in the history of world Christianity / Einstürzende Mauern -
das Jahr 1989/90 als Epochenjahr in der Geschichte des Weltchristentums
(Studien zur außereuropäischen Christentumsgeschichte 15) Wiesbaden:
Harrassowitz Verlag, 2009. Dass ‚die Wende’ 1989/90, also der Fall der Berliner Mauer, die Auflösung des Sowjetimperiums, das Ende der bipolaren Weltordnung und das Ende der Apartheid in Südafrika auf allen Kontinenten tief greifende politische oder wirtschaftliche Folgen hatte, ist unbestritten. Doch wie sah die Rolle der Christenheit dabei aus und welche Folgen hatte sie für die Weltchristenheit? Dass Christen und Kirchen in der Vorbereitung der Wende in Deutschland involviert waren, ist gründlich untersucht. Bei der Welle der Demokratisierungen 1989-1993 spielten Kirchen eine führende Rolle (in Rumänien etwa begann die Revolution mit dem Widerstand gegen die politisch motivierte Zwangsversetzung des reformierten Pfarrers Lászlo Tökes in Timisoara, S. 64), die Zahl der führenden christlichen Persönlichkeiten in der Politik nahm stark zu. Zur Frage nach der Weltchristenheit gehört in diesem Zusammenhang aber auch die Darstellung der neuen Religionsfreiheit in vielen Ländern, die Ablösung des Kommunismus als Hauptbeschränker der Religionsfreiheit durch den Islam, wobei es in islamischen ebenso wie in anderen Ländern häufig zu einer neuen gefährlichen Allianz von Religion und Nationalismus kam. Die 4. Internationale München-Freising-Konferenz 2008 führte dazu Forscher aus vier Kontinenten, zahlreichen Fachrichtungen und Konfessionen zusammen. Die 23 deutschen oder englischen Forschungsbeiträge (plus Einführung durch den Herausgeber und Zusammenfassung durch einen Konferenzbeobachter), die fast ausnahmslos regionale, nationale und dabei oft konfessionelle Schwerpunkte setzen, stellen derzeit die umfassendste Darstellung zum Thema dar. Ihr Niveau ist überwiegend sehr hoch, meist mit einer Fülle von in deutschen Bibliotheken schwer zugänglichen Quellen belegt. Es gibt Ausnahmen, so ist ausgerechnet der Beitrag zu Südafrika nur eine vierseitige Zusammenfassung (S. 89ff). Etliche Beiträge leiden in ihrer Wissenschaftlichkeit unter der konfessionellen Einseitigkeit der Autoren. Es ist natürlich unmöglich, hier zu jedem der Beiträge einige Sätze zu schreiben. Für den Leser, der wissen will, ob seine Region oder Thematik behandelt wird, seien grob die Themen aufgelistet: DDR, Polen, Rumänien, Osteuropa, Südafrika, Äthiopien, Afrika, Südkorea, China, Vietnam, Kuba, Zentralamerika, Argentinien/Ururuguay/Chile, Brasilien, Lateinamerika, USA; sowie allgemein: Fundamentalismus, Befreiungstheologie, Pfingstbewegung, Lutherische Kirchen. Bedauerlich ist, dass nicht alle Autoren das gesamte konfessionelle Spektrum abdecken. So mag man ja noch verstehen, dass zu Polen der Protestantismus nicht dargestellt wird, dass er zu China fehlt, ist unverständlich, so lesenswert der Beitrag von Roman Malek ist. Überhaupt lassen die meisten katholischen Autoren andere Konfessionen überwiegend links liegen, während die protestantischen Autoren die nichtprotestantischen Kirchen wenigstens mit darstellen, wenn auch selten angemessen. Angesichts der Gesamtthematik des Buches ist die konfessionelle und theologische Einseitigkeit etlicher Einzelbeiträge erstaunlich. Evangelikale und Pfingstler, immerhin ein Drittel der Weltchristenheit, erscheinen überwiegend als negative Klischees, auch wenn die Spannbreite der Darstellungen von billiger Polemik bis hin zu gut belegten Fehlentwicklungen reicht. Manche Kritik ist berechtigt – wenn auch oft weniger Ergebnis belegter Forschung als einfach Meinung des jeweiligen Autors: etwa dass in den charismatischen Bewegungen „Christianity as a Shopping Mall“ etabliert wurde (James R. Cochrane S. 109-110) oder pfingstliche Politiker in Brasilien sich „nicht als kompetenter oder ethisch verlässlicher erwiesen als andere“ (Rudolf von Sinner, S. 330). Wenn auch nichtamerikanische Evangelikale vieles kritisch sehen, was im evangelikalen Bereich in den USA geschieht, so helfen Sammeltöpfe wie die „Rechtsevangelikalen, Neofundamentalisten und Pfingstsekten“ (S. 21) bei der Aufarbeitung sicher nicht. Manchmal schlägt eine westliche, theologisch liberale Sichtweise verzerrend durch, etwa wenn es heißt, dass konservative Anglikaner versuchten die afrikanischen Kirchen für ihre Zwecke einzuspannen (S. 17). Den Neuaufbruch großer anglikanischer Kirchen in Afrika als amerikanisch zu erklären ist schlicht falsch, offenbart aber auch einen Patriarchalismus, der der Realität nicht gerecht wird. Es sind umgekehrt stark wachsende afrikanische anglikanische Nationalkirchen wie in Uganda, die den kleinen konservativen Flügel der Anglikaner in den USA zum Widerstand anstiften. Anselm K. Min (S. 195-214) schreibt den koreanischen Kirchen aller Konfessionen zwar berechtigte und gewichtige Anfragen ins Stammbuch – wenn auch aus den USA, seine Leistung als Historiker ist aber schwach, seine Kritik an allem, was rechts von ihm steht, ist heftig, aber nicht belegt. Er wird der Diversität des konservativen Protestantismus und der evangelikalen Bewegung nicht gerecht und spiegelt eher seine eigene theologische Position als eine wissenschaftliche Erforschung der Kirchengeschichte wider. Die stabilisierende Rolle nicht aller, aber vieler evangelikaler Gruppen für die koreanische Demokratie und die vergleichsweise positive Rolle eines evangelikalen Präsidenten wird gar nicht erwähnt. Typisch klischeehaft wird der Fundamentalismus mit Anti-Intellektualismus und dogmatischer Intoleranz gleichgesetzt (S. 210) – das haben die großen reformierten Hochschulen Koreas sicher nicht alle verdient. Und wer im wissenschaftlichen Kontext von „Fundamentalismus“ spricht, möge bitte angesichts der ungezählten Definitionen und den meist emotionalen oder gar vernichtenden Bedeutungen erst einmal sagen, was er eigentlich darunter versteht. Das überschwängliche Lob des koreanischen Katholizismus im Gegensatz zum Protestantismus, der korrupt, materialistisch, individualistisch und der koreanischen Kultur nicht angepasst sei (S. 212), wirkt in seiner schwarz-weißen Pauschalisierung trotz des gewissen Wahrheitskerns fast schon komisch. Die große Ausnahme ist hier – wie nicht anders aufgrund seiner Bücher zu erwarten – der unbedingt lesenswerte Beitrag von Michael Hochgeschwender zu den USA (S. 351-371), eigentlich für das Thema „Evangelikale“ ja das schwierigste Land. Doch Hochgeschwender schreibt informiert, belegt, differenziert, bei allen Vor- und Nachteile sehend, über alle Konfessionen und Richtungen gleichermaßen fair. Hochgeschwender sieht generell den Schwerpunkt der enormen Religiosität und Spiritualität in den USA darin, dass sie „mit einer radikalen Konsequenz, die weltweit Ihresgleichen sucht, zur Ware umfunktioniert“ (S. 368) wurde und wird. Am anderen Ende des Spektrums zu Hochgeschwender steht der britische Theologe Kevin Ward, der eigentlich „Pluralism and fundamentalism as challenges for the African Churches“ (S. 157-176), aber überwiegend nur die Spaltung der anglikanischen Weltgemeinschaft darstellt, das Thema seiner Überschrift also verfehlt hat, nicht nur weil er nirgends definiert, was die beiden Begriffe seines Themas eigentlich bedeuten, sondern eigentlich immer nur zwei Lager beschreibt, die man dann wohl den beiden Themen zuordnen soll, was der enormen Vielfalt der afrikanischen Christenheit kaum gerecht wird. Auf welcher Seite Ward selbst steht, zeigt seine Verteidigung der Forderung von Erzbischof Williams, die Scharia in Teilen in Großbritannien zuzulassen. Kommt die Kritik daran wirklich nur von Konservativen, die sich nicht mit der Realität der multikulturellen Gesellschaft abfinden wollen (S. 173)? Wards Kritik an der Kritik der nigerianischen Bischöfe an Williams geht völlig daran vorbei, dass die Frage der Gültigkeit der Scharia für die anglikanische Kirche in Nigeria keine akademische, sondern eine existentielle Frage ist, kein den theologischen Strömungen rechts oder links zuzuordnendes Thema. Sehr interessant sind die Beiträge, die die Folgen der „Wende“ für die Befreiungstheologie und den Weltkirchenrat diskutieren. Sergo Silva (S. 335-350) hält die These, die Befreiungstheologie habe ohne real existierende sozialistische Länder stark an Bedeutung verloren für grundfalsch. Seine Argumente sind aber fast ausschließlich theologisch (sie ist weiter berechtigt und nötig) nicht historisch oder soziologisch. (Auch hier ist übrigens bedauerlich, dass Evangelikale wie Rene Padilla oder Samuel Escobar und ihre jüngeren Nachfolger überhaupt nicht in den Blick kommen.) Die Baseler Missionswissenschaftlerin Christine Lienemann-Perrin (S. 373-392) vertritt die entgegengesetzte These – und dies gut belegt vor allem am Beispiel Koreas, Südafrikas und Lateinamerikas. Sie geht davon aus, dass die großen befreiungstheologischen Entwürfe durch kontextuelle, lokale Entwürfe abgelöst wurden. Viggo Mortensen (S. 429-441) beschreibt ausgehend von den lutherischen Kirchen die tief greifende Veränderung innerhalb der ökumenischen Bewegung nach 1989. Denn „innerhalb der ökumenischen Bewegung hingen viele am sozialistischen Traum“ (S. 440). Dieser sei längst ausgeträumt (ähnlich Hartmut Lehmann S. 446). Die Entwicklung ginge von der Betonung der sichtbaren Einheit hin zur versöhnten Vielfalt, vom Konsens (fast um jeden Preis) hin zum sichtbaren Profil und Bekenntnis. Dass die Veränderungen auch den Dauerstreit zwischen Evangelikalen und Weltkirchenrat beendet haben und es heute eine gute Zusammenarbeit mit der weltweiten Evangelischen Allianz in vielen Fragen gibt, wird nicht erwähnt, auch wenn dies genau die These des Autors unterstreicht. Kritisch angemerkt sei noch, dass die in der Einführung gut angesprochene Frage der Religionsfreiheit, die durch die ‚Wende’ eine ganz neues Thema wurde, aber sich auch international ganz anders ohne den kommunistischen Block darstellt (etwa durch die zunehmende Verquickung von Religion und Nationalismus – darunter auch Beispiele eines christlichen Nationalismus!) im Buch fast völlig fehlt. Dabei hätte das Thema mindestens einen eigenen Beitrag verdient gehabt und hätte alle anderen Beiträge durchziehen müssen. Denn die praktische Lage der Religionsfreiheit weltweit als auch der internationale theoretische Diskurs zum Thema hat sich in den letzten drei Jahrzehnten von der ‚Wende’ ausgehend grundlegend gewandelt und christliche Kirchen sind unmittelbar von beidem überall betroffen. Prof. Dr. mult. Thomas Schirrmacher, em 2011-2. |
Koschorke, Klaus; Frieder Ludwig; Mariano Delgado (Hg.). Außereuropäische
Christentumsgeschichte (Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen,
Bd. VI), Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag [2004], 2. durchgesehene
Auflage, 344 S., 2006. Klaus Koschorke, /Frieder Ludwig/ Mariano Delgado (Ed), A History of Christianity in Asia, Africa, and Latinamerica, 1450-1990. A Documentary Sourcebook, Grand Rapids: Eerdmans, 2007, 426 S., US $35. Die traditionelle eurozentrische und konfessionelle Missionsgeschichtsschreibung ist bereits seit längerem übergegangen in die Schreibung regionaler und ökumenischer Christentumsgeschichte aus globaler oder kontextueller Perspektive. Dabei ist deutlich geworden, dass fünfhundert Jahre christlicher Missionsgeschichte im Rahmen der europäischen Expansion von Bartholomä de Las Casas über William Carey bis hin zur Befreiungstheologie interessante Perspektiven und wichtige Quellen zum Erschließen der Kirchen- und Profangeschichte Asiens, Afrikas und Lateinamerikas bieten. Der vorliegende Quellenband enthält 317 Quellentexte der Kolonial-, Missions- und Kirchengeschichte von 1450 bis 1990. Die Texte sind durchgehend nummeriert und nach den geographischen Regionen Asien (Teil I), Afrika (II) und Lateinamerika (III) angeordnet. Jede Region wird dann noch in verschiedene Zeitepochen untergliedert. Am Ende des Buches findet sich ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, in dem jeder einzelne Text verzeichnet ist. Darüber hinaus gibt es ein Orts-, Personen- und Sachregister sowie ein kurzes Verzeichnis wichtiger Standardwerke und Quellenausgaben zu nichtwestlicher Kirchen- und Missionsgeschichte. In der zweiten, durchgesehenen Auflage von 2006 sind ursprünglich fehlerhafte Jahreszahlen im Inhaltsverzeichnis korrigiert sowie die Literaturangaben aktualisiert worden. Leider wurden auch Klaus Wetzels Kirchengeschichte Asiens und S. Neills Geschichte der christlichen Missionen aus der Liste der Standardwerke (S.335f) gestrichen. Parallel zur 2. Auflage in Deutschland ist eine amerikanische Ausgabe erschienen, die von Frieder Ludwig (Luther Seminary, St. Paul, Minnesota, USA), koordiniert wurde. Sie bietet die entsprechenden 317 Texte in Englisch, wobei die Quellenangaben und Literaturhinweise dem englischen Sprach- und Forschungsraum angepasst und z.T. auf englischsprachige Literatur bezogen sind. Eine der deutschen Ausgabe entsprechende Liste von englischsprachigen Standardwerken und Quellenausgaben fehlt in der englischen Ausgabe. Im Index der englischen Ausgabe fehlt die Rubrik „Sachen/Themen“. Die Quellentexte dokumentieren u.a. die ersten Begegnungen zwischen europäischen Entdeckern, Händlern und Missionaren und den Menschen und Gesellschaften nichtwestlicher Regionen und Kulturen. Sie spiegeln z.B. die Erwartungen der Portugiesen, die mit Vasco da Gama 1498 Indien erreichten, und zeigen andererseits die Sicht der indischen Thomaschristen über die ankommenden Portugiesen aus einem Brief an das nestorianische geistliche Oberhaupt. Weitere Quellen berichten von missionarischen Begegnungen und Dialogen wie den Gesprächen des ersten Dänisch-Halleschen Missionars B. Ziegenbalg mit drawidischen Brahmanen aus dem Jahr 1714. Weitere Texte dokumentieren z.B. die Akkomodationsmethode der jesuitischen Missionare Matteo Ricci (China) und R. De No-bili (Indien), den Aufbau lokaler Kirchenstrukturen, Auseinandersetzungen zwischen Missionaren, Kirchen, Kolonialregierungen und Handelsgesellschaften, die Begegnung westlicher und asiatischer Kultur und Wissenschaft bis hin zum Aufbruch der nichtwestlichen Nationen in die Unabhängigkeit seit Ende des 19. und in der Mitte des 20. Jahrhunderts und die damit verbundenen Entwicklungen in Mission, Kirche und Theologie. Es finden sich Texte aus der Perspektive nicht-westlicher Kirchenführer, von (Befreiungs)-Theologen und Dokumente unterschiedlicher nichtwestlicher Kirchenbewegungen, z.B. im Feld der charismatischen Bewegungen. Die Auswahl deckt ein relevantes und breites Spektrum ab. Leider ist der Beitrag der Glaubensmissionen, den Vorläufern der heutigen evangelikalen Bewegung, die in vielen Ländern der nichtwestlichen Welt eine wichtige Rolle spielt (vgl. z.B. Philip Jenkins, The New Faces of Christianity: Believing the Bible in the Global South, Oxford, 2006) unterrepräsentiert. So kommen etwa Hudson Taylor und die von ihm 1865 gegründete China Inland Mission (CIM) trotz ihres bedeutenden Beitrags zur chinesischen und globalen Kirchengeschichte nicht vor (vgl. dagegen Alvyn Austin, The China Inland Mission and Late Qing Society, 1982-1905. Studies in the History of Christian Missions, hg. v. R.E. Frykenberg and Brian Stanley, Grand Rapids: Eerdmans, 2006). Neben den pentekos talen Kirchen zu wenig berücksichtigt ist m.E. die Rolle der evangelikalen Kirchen und Theologien z.B. in Lateinamerika nach 1945 sowie der Aufbruch der Weltmissionsbewegung aus den nichtwestlichen Kirchen als Thema außereuropäischer Kirchengeschichte in der jüngeren Vergangenheit. Trotz dieser Defizite ist dieser Band ein wichtiges Hilfsmittel für Studium und Lehre der Kirchen- und Missionsgeschichte heute. Für die Arbeit in internationalen Kontexten stellt die amerikanische Ausgabe auch für deutschsprachige Leser eine sinnvolle Ergänzung dar. Dr. Friedemann Walldorf, em 2008-2. |
Kosic, Zuzana. Frühlingsstürme über Bratislava. Eine
Frau entrinnt dem Dunkel des Systems. Basel & Gießen: Brunnen Verlag,
1995. Die Autorin ist Slowakin, die in der Zeit der kommunistischen Diktatur Christin wurde. Das Buch ist ein persönliches, authentisches Zeugnis ihres sehr abenteuerlichen Schicksals. Es schildert ihre Bekehrung und vermittelt Einblicke in den Alltag einer evangelikalen Gemeinde. Es wird jeden fesseln, der sich für eine unverfälschte, unretuschierte Erzählung interessiert, in der auch weniger schöne Seiten mit ungewöhnlicher Offenheit dargestellt werden. Der Leser hat ein außergewöhnliches Buch einer Auslandsautorin in deutscher Sprache in den Händen, die in der derselben Stadt wohnt wie die (auch deutschen Lesern) bekannte slowakische Autorin Kristina Roy. Die verwendeten Namen der Personen sind authentisch. Möglicherweise hätten sie manche der berichteten Ereignisse anders gewertet. In einer weiteren Auflage sollte man die Autorin richtig mit KOZIC angeben. Ondrej Garaj, em 1996-3. |
Köstenberger, Andreas J. The Missions of Jesus and the Disciples according to the Fourth Gospel. With Implications for the Fourth Gospel’s Purpose and the Mission of the Contemporary Church. Wm. B. Eerdmans Publ.: Grand Rapids, Michigan und Cambridge, U.K., 1998. In der christlichen Welt kursieren unterschiedlichste Vorstellungen von Wesen, Inhalt und Ziel von Mission, so daß viele Christen nicht mehr wissen, was Mission im biblischen Sinn eigentlich ist. Andreas J. Köstenberger geht es in seinem neuen Buch um eine Klarstellung dieser Punkte im herrschenden nahezu undurchdringlichen Meinungsdschungel. Er zeigt anhand des Johannesevangeliums auf, wo die Wurzeln für Mission liegen: bei Jesus selbst, sowohl seiner Mission, mit der er in die Welt kommt, als auch der Mission, zu der er die Jünger auserwählt und zurüstet. Christen, die an der Autorität der Bibel gerade auch bezüglich der Mission festhalten, werden jetzt denken: Warum soll ich das Buch denn lesen, das ist mir doch ohnehin klar? Ihnen ist zu raten, gerade deshalb dieses Buch zu lesen: So vieles, was einem „klar“ erscheint, wurde von anderen übernommen, ohne selbst gründlich exegetisch zu arbeiten. Genau dies tut Köstenberger, indem er das Johannesevangelium gründlich untersucht bezüglich seiner Aussagen über die Mission Jesu, die er in dieser Welt erfüllte, und der Mission seiner Jünger. Christen dagegen, die Mission weniger in Zusammenhang mit der Bibel sehen, ist dieses Buch besonders deshalb zu empfehlen, weil Köstenberger aufzeigt, wie alle Missionstätigkeit heute in der Mission Jesu und seiner Jünger begründet liegt. Auch heute betreibt Jesus selbst Mission als der erhöhte Herr, so daß Mission kein menschliches Werk ist, das wir ohne ihn tun könnten. Wer weder das biblische Zeugnis bezüglich Mission beachtet noch den Inhalt und die Art seiner Missionstätigkeit von Jesus selbst hat, wird keine Mission im Sinne Jesu betreiben. Dieses Buch ist eine gründliche Arbeit am Bibeltext selbst. Es geht in die Tiefe, faßt aber am Ende seine Ergebnisse immer wieder zusammen. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf der Mission Jesu, aber auch die Mission seiner Jünger wird ausgeführt. Dabei werden sowohl die Gemeinsamkeiten zwischen Jesu Mission und der seiner Jünger (und uns heute) deutlich herausgestellt als auch die Einzigartigkeit der Person und der Mission Jesu betont. Hier liegt für mich die besondere Note des Buches: Es betont die Einzigartigkeit Jesu Christi. Ferner wird in feiner Art und Weise immer wieder die Brücke zu uns heute geschlagen, indem aus dem biblischen Bericht heraus gezeigt wird, wie die Grundlagen von Mission heute aussehen. Da der Schwerpunkt aber auf dem biblischen Befund bezüglich Mission liegt, bleibt es bei einer Grundlagenbeschreibung von Mission heute - man wünscht sich, daß der Autor noch genauer ausführt, wie die erarbeiteten Grundsätze in der Praxis aussehen (vielleicht im nächsten Buch?) Somit ist dieses Buch allen zu empfehlen, die sich ernsthaft mit der Begründung heutiger Missionsarbeit aus der Bibel – hier dem Johannesevangelium – heraus beschäftigen möchten. Griechischkenntnisse sind empfehlenswert (aber nicht absolut erforderlich). Thomas Kinker, em 1999-3. |
Köstenberger, Andreas O., P.T. O’Brien. Salvation
to the Ends of the Earth: A Biblical Theology of Mission. Leicester: IVP, 2001. A. Köstenberger (North Carolina, USA) und P. T. O’Brien (Sydney, Australien) legen mit diesem gemeinsam verfassten (!) Buch einen beachtenswerten evangelikalen Gesamtentwurf zu einer biblischen Theologie der Mission vor. Beide haben sich schon als Experten im Überschneidungsfeld von Bibelwissenschaft und Mission ausgewiesen (O’Brien, Gospel and Mission in the Writings of Paul, Baker, 1995; Köstenberger, The Missions of Jesus and the Disciples in the Fourth Gospel, Eerdmans, 1998). Obwohl der Schwerpunkt des Buches gemäß der Fachrichtung der Autoren auf dem NT liegt (177 S.), werden auch AT und intertestamentarische Periode angemessen einbezogen (46 S.). Die Grundfrage der Untersuchung lautet: Was bedeutet „Mission“ in der Bibel? Im Sinne einer induktiven Vorgehensweise soll keine abstrakte Definition vorausgesetzt werden, weil die Bibel selbst Mission nicht definiere. Ausgehend von einer vorsichtigen Arbeitsdefinition, wollen die Autoren alle Texte untersuchen, die „in bedeutsamer Weise einen Bezug haben zur Verkündigung des Namens Gottes und seiner Heilsabsichten in Christus gegenüber einer ungläubigen Welt“ (S.21/22). Dieser Ansatz ist sinnvoll, da er die verfrühte Einengung auf „spezielle Missionstexte“ vermeidet, andererseits aber von einem angemessenen und offengelegten Vorverständnis ausgeht. Vor allem in der Spur von D. Carson entwerfen Köstenberger/O’Brien eine biblische Theologie der Mission, die von heilsgeschichtlicher Entwicklung und Vielfalt einerseits und theologischer Einheit in ihrer Verankerung im Herzen des dreieinigen Gottes andererseits geprägt ist (S.251). Die Urgeschichte wird als Voraussetzung (Notwenigkeit der Mission aufgrund der Sünde und Möglichkeit der Mission aufgrund der Initiative Gottes) interpretiert. Israel habe (gegen W. Kaiser, Mission in the OT, Baker, 2000) keinen kulturüberschreitenden Missionsauftrag im heutigen Sinne gehabt, sondern allein den Auftrag, Gott zu verherrlichen, um Einzelne aus den Nationen anzuziehen. Das bewusste Hinausgehen und Hereinrufen der Völker sei erst im Eschaton (seit der Auferstehung Jesu) intendiert. (Hier gehen die Autoren m.E. zu stark von einem neutestamentlichen Missionsverständnis aus. Sollte nicht die zentripetalattraktive Heilsverkündigung durch Israel als heiliges Priestervolk als ein wirkliches „Missionsmodell“ und somit als Teil der vielfältigen gesamtbiblischen Missio Dei interpretiert werden? Und würde nicht auch die „Mission“ der alttestamentlichen Propheten an Gottes Volk zu einer biblischen Theologie der Mission gehören? Gerade in diesem Zusammenhang spielt der hebräische Sendungsbegriff ,Schalach“ eine wesentliche Rolle, z. B. Exodus 2-3, schalach 5 mal). Im Hauptteil des Buches (Kap. 4-9) wird der missionarische Gedanke in den Schriften des Neuen Testament entfaltet (hier leistet das Buch weiterführend ähnliches wie schon Kertelge, Mission im Neuen Testament Herder, 1982 und Larkin, William & Williams, Mission in the New Testament: An evangelical approach, Orbis, 1997). Auf das Wesentliche konzentriert werden die missionstheologischen Grundlinien bei Markus, Matthäus, Lukas, Paulus, Johannes, in den allgemeinen Briefen und der Offenbarung ausgeführt. Dabei nimmt auch die Diskussion der neueren Forschung einen angemessenen Raum ein. Einen guten Überblick über die Einzelergebnisse bietet die „concluding synthesis“ am Ende des Buches (vgl. Köstenbergers Artikel zu „Mission“ im New Dictionary of Biblical Theology, IVP). Drei Indizes (Sach-, Personen- und Bibelstellenregister) und eine Bibliographie im Appendix bieten einen guten Zugang zum Text. Fazit: ein wichtiges und hilfreiches Buch, in dem die evange-likalen Autoren die Ergebnisse ihrer exegetischen und biblisch-theologischen Arbeit zum Thema „ Mission“ vorlegen und damit einen wichtigen und mutigen Behrag zu einer gesamtbiblischen Sicht von „Mission“ liefern. Ein hervorragender Ausgangspunkt für die vertiefte Beschäftigung mit diesem grundlegenden Thema für missiologisch und biblisch-theologisch Interessierte. Dr. Friedemann
Walldorf, em 2003-3. |
Krapf, J. L. Reisen in Ostafrika. Unveränderter Nachdruck des 1858 erschienenen
Buches, mit einer Einführung von Werner Raupp. Münster/Hamburg: Lit Verlag,
1994. Mit der Vorlage dieses Buches wird erneut eine Originalquelle über Entdeckungen und Missionsarbeit des 19. Jahrhunderts im ostafrikanischen Raum zugänglich gemacht. W. Raupp gibt eine hilfreiche Einführung, so daß man sich an die Lektüre dieses umfangreichen Buches wagen kann. Der Band besteht aus zwei Teilen mit je ca. 500 Seiten im Postkartenformat und umfaßt die Jahre 1837 bis 1855. Der 1. Teil enthält eine kurze Selbstbiographie des Missionars und Gelehrten Krapf, seine Reise nach Abessinien (Äthiopien), seinen Aufenthalt im kenianischen Mombasa und seine Missionstätigkeit auf der ersten Missionstation Rabbai. Der 2. Teil beschreibt Johannes Rebmanns Reisen im Land der Dschagga am Berg Kilimanjaro, den er als erster Europäer entdeckte, seine eigenen Reisen in Tanganyika und Kenia (dabei entdeckte er den Mount Kenia), erneute Reise nach Abessinien, eine 100seitige Geschichte Ostafrikas und „Ermahnungen an Missionarien“. J. L. Krapf war Missionar und Forscher – bewußt in dieser Reihenfolge! – und ist damit bis heute ein Vorbild geblieben. Sein sprachliches, literarisches, geographisches und ethnologisches Interessse verschaffte ihm ein umfangreiches Wissen, das in diese Reisebeschreibungen hineingeflossen ist. Auffallend bei der Lektüre ist seine äußerst genaue Beobachtungsgabe und die Akribie bei der Beschreibung seiner Umwelt. Krapf mußte Vertreibung, Beraubung und Lebensgefahr, Entbehrungen und Gefangenschaft erdulden. Dennoch setzte er alles daran, die ins Auge gefaßten Volksgruppen zu missionieren. Krapf schrieb natürlich nicht für Schnell-Leser von Taschenbüchern, sondern stellte Reiseberichte mit allen Erstinformationen über die Geographie, die Kultur und Religion, über Handel, Preise und Namen von Leuten und Dingen und viele andere Einzelheiten zusammen. Das mag hin und wieder ermüden, aber der Reichtum der Informationen, Krapfs praktisches Vertrauen auf Gott und auch sein Humor bei mancher Jagdbeschreibung machen dieses Buch lesenswert. Krapf war natürlich ein Mann seiner Zeit. Dies zeigt sich bei seiner Bewertung des möglichen Baus des Suezkanals, sowie seiner Sicht von der Ausdehnung der europäischen Politik, der Besiegung des Heidentums durch das Christentum und der Öffnung für Tausende europäische Auswanderer. Aber daneben steht auch Kritik am Kolonialismus und die Achtung vor den Einheimischen. Als Pietist des 19. Jahrhunderts dachte und empfand Krapf heilsgeschichtlich. Das Evangelium mußte in der „Hölle des Heidentums“ verkündigt werden, bevor das Ende käme. Krapf und Rebmann haben mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten und ihrer missionarischen Motivation den Grund für die dann folgende erfolgreiche Missionierung Ostafrikas gelegt. Davon gibt dieses Buch Zeugnis. Klaus Brinkmann, em 1997-4. |
Krimmer, Heiko; Reinhold Rückle. Nethanja. Gott hat gegeben. Jesu
Wirken heute in Indien. Bad Liebenzell: VLM, 1993. Kurze Begegnungen mit frohen, hoffnungsvollen Indern wurden hier als Reisebericht zusammengestellt. Sie verdeutlichen das treue Wirken Gottes in Indien. Die Hintergründe für den Aufbau des ersten Kinderheims der Indien-Inland-Mission im Jahr 1970 werden aufgezeigt. Bis 1993 entwickelte sich daraus ein eigener christlicher Gemeindeverband mit 300 Gemeinden. Das Buch stützt sich auf Heiko Krimmers eigenen Besuch der Arbeit. Theo Wüst, em 1996-4. |
Kritzinger, J. N. J.; Nonnie Fouche (Eds.). Exploring Theology. An introductory dictionary. Research Institute for Theology and Religion, Unisa: Pretoria, 2nd revised edition, 2004. Das einzigartige südafrikanische theologische Wörterbuch enthält 1.800 Einträge auf 87 Seiten und bildet den Hauptteil dieses Paperbacks. Konzipiert ist es für Anfänger im Theologiestudium und bietet kurze Erläuterungen zu unbekannten Begriffen und Namen. Die Stichworte wurden aus den Studienbriefen der Bachelor of Theology-Kurse an der University of South Africa gewonnen. Dadurch unterscheidet sich das Wörterbuch von vergleichbaren anglo-amerikanischen Werken: Es berücksichtigt stärker (süd-)afrikanische Kirchen und deren Leiter und schließt alle christlichen Strömungen in Südafrika mit ein. Gerade deshalb könnte es auch für Benutzer außerhalb des Kontinents mit Interesse an Afrika nützlich sein. Die Stichworte werden jeweils auch in Afrikaans und Sesotho angegeben, während die ErEingesandte Bücher läuterungen fast ausschließlich auf Englisch verfasst sind. Die Einträge sind sehr prägnant und meist überzeugend. Durch das Hinzuziehen vieler Mitarbeiter sind allerdings ab und zu auch einander widersprechende Aussagen entstanden. Die Einträge zu „Missio…“ sind aus einer distanzierten religionswissenschaftlichen Perspektive verfasst und betonen den subjektiven menschlichen Aspekt: „Mission means to have a sense of purpose or to be sent.“ A „missionary … is one who has a profound sense of being an instrument of God’s mission in the world. Missionaries experience being sent by the power of the Holy Spirit to give witness to God to other people.“ Weitere nützliche Abschnitte des Nachschlagewerks beinhalten: 1) Lateinische Begriffe und andere Abkürzungen; 2) Abkürzungen biblischer Bücher; 3) Bekenntnisse und zentrale Texte aus der südafrikanischen Kirchengeschichte; 4) Historische Tabellen bis 2000; 5) Karten; 6) eine Liste weiterer Nachschlagewerke. Dr. Christof Sauer, em 2005-2. |
Krug, Angelika. Der Umbruch begann - Missionsarbeit
einer Ärztin in Südafrika. Reihe Paráklesis - Schriften zum geistlichen Leben der Kirche.
Hermannsburg: Verlag Missionshandlung Hermannsburg, Communität Koinonia,
1995. Wer sich die Mühe macht, die etwa 160 Seiten in unverfälschtem Tagebuchstil gründlich zu lesen und sich auch vor den manchmal verwirrend vielen Details und Wiederholungen nicht scheut – es gibt nur wenige interpretierende Zwischenbemerkungen – der wird belohnt. Die Belohnung ist die Entdeckung allgemein geistlicher wie auch speziell missiologischer Prinzipien, wie sie sich im tatsächlichen Leben darstellen: Zusammenarbeit trotz Kulturunterschieden, Dienst in der Herzenshaltung des Dienenden und die Auseinandersetzung mit und hoffnungsvolles Hineinwirken in einen Kontext mit schier unlösbaren sozialen Problemen. All das finden wir in diesem Buch, eingebettet in das Leben einer Ärztin, die ‘nebenberuflich’ zusammen mit einheimischen Christen erfolgreich Gemeindearbeit betreibt. Dr. Angelika Krug, die seit 1985 als Ärztin in Südafrika tätig ist, veröffentlicht hier ihr Tagebuch der Jahre 1987-1989. Daraus wird auch deutlich, daß sich die Spannungen in der Situation in Südafrika auf einen Höhe- und Wendepunkt zubewegen und das Leben in diesen Jahren besonders viele Herausforderungen brachte. Diese Dimension - oft nur angedeutet - gibt dem Buch seinen Titel. Das Buch wird besonders eine Leserschaft ansprechen, die mit den Problemen Südafrikas vertraut ist. Darüberhinaus aber wird es auch für diejenigen Leser wertvoll sein, die bei Textbüchern über Mission den häufigen Mangel an Brückenschlag von der Theorie zur Praxis empfinden. Hier werden Prinzipien und Konzepte erfrischend lebensnah geboten. Dabei sind die zusätzlichen vier Seiten des stark interpretierenden Nachwortes von Wolfgang Kubik als Anleitung für Gruppenarbeit sicher hilfreich und wohl auch für diesen Zweck entworfen. Nach dem unverfälschten Tagebuchstil des eigentlichen Buches wirken sie allerdings etwas bevormundend. Hilfreich sind dagegen die im Anhang gegebenen Erklärungen und Namensregister, da sie es dem Leser ermöglichen, den Faden in der Fülle der Einzelheiten, wie sie einem Tagebuch nun einmal eigen sind, wiederzufinden. Ursula Pasut, em 1997-4. |
Kühlwein, Annette. Geheime Wege in Lima. Wuppertal/Zürich: Brockhaus, 1994. Annette Kühlwein lebte mehrere Jahre als Wycliff-Bibelübersetzerin in Lima und hat hier eine zweite spannende Erzählung von Pancho, dem 13jährigen Straßenjungen in Lima/Peru verfaßt. Der Leser ist vom Elend der Slums betroffen. Durch die Liebe der Pflegeeltern des Pancho und durch den aufopfernden Einsatz zweier christlicher Frauen wird deutlich, wie mit Jesus Christus über die geistliche Rettung hinaus auch soziale Not gelindert werden kann. In modernem, manchmal recht flottem, für Kinder gut verständlichem Deutsch verfaßt, eignet sich das Buch besonders gut zum Vorlesen. Christof Sauer, em 1997-2. |
Lamparter, Fritz (Hg.). Karl Hartenstein – Leben im weltweiten Horizont.
Beiträge zu seinem 100. Geburtstag. edition afem. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 1995. „Die Zeit ist nahe, unser Herr kommt.“ Das bleibt Hartensteins (1894-1952) dringlichster Aufruf an die Christusgemeinde zwischen dem ersten und zweiten Kommen des Herrn, ihr ganzes Leben, bis hin zum Martyrium, für die Weltmission einzusetzen. Wer seine Schriften liest oder die Bücher von Wolfgang Metzger (1953), Gerold Schwarz (1980) und Christof Sauer (1994) über sein Leben und Wirken erforscht, der weiß, mit welcher Leidenschaft dieser Mann der Kirche und Mission im Dienste des Reichs Gottes die zentrale Wahrheit vom wiederkommenden Herrn zu verkündigen wußte. Was mich beim Lesen besonders beeindruckt hat, ist die vom Herausgeber bedachtsam vorgenommene Kombination von wissenschaftlichen und erbaulichen Beiträgen. Die Sammlung besteht sowohl aus Referaten des Karl-Hartenstein-Symposiums, das vom 3.-4. 6. 1994 von der Freien Hochschule für Mission in Korntal veranstaltet wurde, als auch aus Vorträgen, Predigten und schriftlichen Zeugnissen zum 100. Geburtstag von Karl Hartenstein. Hier werden Leserinnen und Leser von heute nicht nur mit Hartensteins großem Anliegen von der Dringlichkeit und Notwendigkeit der Mission unter den Völkern der Welt konfrontiert; hier werden sie auch informiert, inspiriert und motiviert, diesen Auftrag im Blick auf die Endzeit ernstzunehmen. So wie dieses Buch in keiner Gemeinde-, Missions- und Bibelschulbibliothek fehlen sollte, so ist es auch jedem Gläubigen als Missionslektüre zu empfehlen. Prof. Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 1996-3. |
Langley, Myrtle. Von Abraham bis Zarathustra. Kleiner
Führer durch die Weltreligionen. Wuppertal/Zürich: Brockhaus-Verlag,
1995. Versuche, die eigene und/oder fremde Religionen darzustellen, gab und gibt es viele. Die Entwicklungen dieses Jahrhunderts (Internationalisierung, Globalisierung und Pluralisierung, inklusive Synkretismus) machen solche Unterfangen nötiger denn je. Die Irin M. Langley tut dies auf eine sehr ansprechende Art und Weise. Ihren persönlichen Christusglauben bekennt sie am Schluß; ansonsten ist sie weder auf eine wertende noch eine vergleichende Darstellung der großen Religionen der Welt bedacht. Auf jeweils 5-10 S. werden eingangs die Stammesreligionen, der Hinduismus, Buddhismus, die Religionen Chinas (Konfuzianismus und Taoismus) und Japans (Shintoismus), der Jainismus, Sikhismus, Parsismus und zum Schluß das Judentum, das Christentum und der Islam vorgestellt. Fast jede der 96 Seiten ist bebildert oder mit einer Graphik versehen. Das ursprünglich in Großbritannien erschienene Buch hat K. Fiedler unter der fachlichen Beratung von Prof. N.-P. Moritzen deutschen Lesern zugänglich gemacht. Bis auf kleine Fehler (z. B. S.82f.) kann dieser kleine Führer durch die Weltreligionen vorbehaltlos empfohlen werden. Dr. Gerhard Maier, em 1997-1. |
Larentzakis, Grigorios. Die Orthodoxe Kirche: Ihr
Leben und ihr Glaube.
Styria: Graz, Wien, Köln, 2000. Der Autor, der in ‘Konstantinopel’ orthodoxe und in Innsbruck katholische Theologie studierte, lehrt als orthodoxer Theologe Ostkirchenkunde an der Universität Graz und legt hier eine übersichtlich gegliederte und gut zu lesende Einführung in die orthodoxe Konfessionsfamilie vor. Auch wenn der Autor immer wieder und zurecht deutlich macht, dass man die orthodoxen Kirchen nicht verstehen kann, wenn man sie mit westkirchlichen Methoden einfach nach ihrer Lehre oder Theologie befragt, wirkt die Darstellung am Ende doch katholischer und westkirchlicher/westlicher als die Ostkirchen tatsächlich sind. Das bewirkt einerseits, dass Christen aus dem Bereich der Westkirchen (Katholiken, Protestanten) manches leichter verständlich wird, andererseits aber auch, dass manches, was dem Westkirchler kulturell und theologisch fremd scheint, zu wenig zum Tragen kommt. So wird nirgends der genaue Ablauf der heiligen Liturgie beschrieben, ohne dessen Symbolik man die orthodoxe Kirche kaum verstehen kann. Der Verfasser ist außerdem stark im orthodox-katholischen Dialog engagiert und versucht mehrfach, bestimmte Unterschiede zwischen diesen beiden Konfessionen zu minimieren oder als nicht von Gewicht zu erläutern. Das führt aber dazu, dass die orthodoxe Kirche für Protestanten oft ‘katholischer’ erscheint (z. B. Marienverehrung, Heiligenverehrung, Tradition, Scheidung), als sie tatsächlich ist. Aber trotz dieser Einschränkungen, die kaum ins Gewicht fallen, wenn man sich ihrer bewußt ist, halte ich das Buch für die derzeit beste Darstellung der orthodoxen Kirche in Lehre und Praxis in deutscher Sprache. Wie Bernhard Knieß in em 4/2000 deutlich gemacht hat, werden mehr und mehr Länder mit orthodoxen Kirchen in die Europäische Union aufgenommen, so dass eine Begegnung mit orthodoxen Kirchen auch für Mitarbeiter von Missionswerken immer normaler werden wird. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-2. |
Laubach, Fritz (Hrsg.). Justinian
von Welz. Sämtliche Schriften. Ein Österreicher als
Vordenker und Pionier der Weltmission. R. Brockhaus, Wuppertal
und Zürich (TVG Band
348), 1989. Wenn auch inzwischen nicht mehr strittig ist, daß Luther über die Mission zumindest positiv dachte, so ist doch weiterhin unstrittig, daß die Orthodoxie, die sich auf ihn berief, Mission weitgehend ablehnte. Einer der ersten Lutheraner, der diese Ablehnung der Mission zurückwies, war Justinian von Welz (1621-ca. 1668), der so einer der wesentlichen Denker der vorklassischen Missionen wurde. Er entwarf den Plan einer Missionsgesellschaft in enger Anlehnung an die „christlichen Herrscher“, traf aber am Rande des Reichstages 1664 in Regensburg nur auf deren Ablehnung, die ihrerseits unterstützt war von einem negativen Gutachten von Johann Heinrich Ursinus, dem damals führenden Theologen der lutherischen Orthodoxie. Zudem fand Welz nur Anhänger (besonders Johann Georg Gichtel), die durch ihre Theologie und die Art ihrer Polemik Welz eher schadeten als nutzten. Die Gründung einer Missionsgesellschaft gelang Welz nicht, allerdings übten seine Ideen Einfluß auf die Gründung der Society for the Propagation of the Gospel (1701) aus. 1666 legte Justinian von Welz seinen Adelstitel ab und reiste selbst als Missionar nach Surinam, wo sich seine Spuren verlieren. Vermutlich wurde er, so Spener, 1668 von wilden Tieren zerrissen. Für den heutigen Leser macht Fritz Laubach das Werk Justinians erneut zugänglich. Das Buch zeichnet sich dadurch aus, daß es sämtliche Schriften umfaßt (auf geringe Auslassungen weist Hans Werner Gensichen in ZfM 2/1990, 123 hin), auch die „Abhandlung über die Gewaltherrschaft“, die Justinian vor seiner Bekehrung geschrieben hat. Das missiologische Denken Justinians und sein Leben werden zusammengehalten durch seine Schrift „De Vita Solitaria – Vom Einsiedlerleben“. Justinian, kirchengeschichtlich gebildet, knüpft an die Einsiedler der alten Kirche an, versteht aber Einsiedlerleben nicht als (räumliche) Trennung von der Welt, sondern als eine innere Trennung von ihr, die die Kräfte freisetzt zum Dienst Jesu. Der vornehmste Dienst für Jesus ist die Mission, denn: Könnte es eine größere Nächstenliebe geben als die, die Besitz nicht für sich selbst verbraucht, sondern um anderen zum kostbarsten Besitz, dem ewigen Leben zu verhelfen? Auch daß er seinen Adelstitel ablegte, war für ihn „Einsiedlerleben“ (dargestellt in der kleinen Schrift, wohl seine überarbeitete Abschiedspredigt: „Seine Selbstverleugnung, Amsterdam 1664“). Seine Missionspläne entwarf er 1664 in der Schrift „Eine christliche und treuherzige Ermahnung zur Gründung einer besonderen Gesellschaft“. Es ist Laubach zu danken, daß er Justinians Schriften in heutiges Deutsch übertragen und sie uns so zugänglich gemacht hat. Trotzdem schimmert der barocke Stil noch genügend durch, vom Brief an Herzog Ernst von Sachsen-Gotha ist auch ein Faksimile beigefügt. Zusätzlich zu den Schriften Justinians enthält das Buch auf S.7-32 eine Lebensbeschreibung und auf S.310-317 ein Verzeichnis aller Schriften (mit ihren vollen – sehr barocken – Titeln) und deren Fundorte. Das Buch vermittelt Zugang zu allerersten Plänen einer Missionsgesellschaft, zugleich gewährt es interessante Einblicke in das Verhältnis von Bekehrung, Heiligung und Mission im Leben und Denken eines der ersten protestantischen Missionstheologen, die auch für heutiges missiologisches Denken bedeutsam sein können. Klaus Fiedler, em 1990-4. |
Laurie, Munro. Die offene Tür. Erzählung aus
Karl Studds Arbeit in China. Wuppertal/Zürich: Brockhaus, Sonderaufl. 1994. Trotz Familienbanden, Gebundenheit an Götter und Geister und trotz einer ganz fremden Kultur haben Karl Studd und seine Frau vor gut einhundert Jahren in China die Herzen einiger weniger Chinesen erreicht. Dieses Buch schildert, wie durch soziale Ächtung und physische Verfolgung Mitglieder einer Familie zum Glauben gekommen sind und allen Widerständen getrotzt haben. Aus Krankheitsgründen mußte die Familie Studd nach England zurückkehren, aber die Gemeinde in China lebte weiter. Ausgezeichnet aus dem Englischen übersetzt von Verena Peyer-Binder eignet sich die Erzählung zum Vorlesen für Kinder ab etwa sieben Jahren. Christof Sauer, em 1997-3. |
Lawson, Mary (Hg). Christliches Handbuch für Österreich. Kirchen und Missionen. London: MARC-Europe 1991. Wer sich endlich einmal
einen Überblick über Missionsgesellschaften gewünscht hat, die in Österreich beheimatet sind, wird enttäuscht. Auf
S.61f finden sich ganze drei Beschreibungen.
Auf den Begriff „Missionen“ hätte man deshalb im Titel besser verzichtet, wie
bei manch anderem Land in dieser ansonsten äußerst nützlichen Serie. So bleibt man weiterhin auf die deutschsprachige christliche Adressammlung
„Die Guten Seiten“ (PJ 1991) und verstreute Beschreibungen in I. Reimers
Handbuch evangelistisch-missionarischer Werke
(CVH 1991, vgl. Buchliste in em 92-3) angewiesen. Wer dagegen in Österreich arbeitet, findet nützliche Information: einem Christof Sauer, em 1992-4. |
Lewis, Gordon R.; Bruce A.
Demarest. Integrative
Theology: Historical - Biblical - Systematic - Practical. Zondervan: Grand Rapids
(MI), 1997. Die beiden Professoren für Systematische Theologie am baptistischen Denver Seminary legen hiermit ihre 1987-1994 in drei Bänden erschienene ungewöhnliche Darstellung der christlichen Lehre (Dogmatik) in einem Band vor. Sie wollen die verschiedenen Aspekte der theologischen Arbeit ineinander integrieren, indem sie in jedem der gleich aufgebauten 24 Kapitel 1) zunächst die klassischen Positionen aus der Geschichte vorstellen, 2) sodann den biblischen Befund nach biblischen Schriftgruppen (z. B. Propheten, Evangelien) diskutieren, 3) daraus eine systematische Darstellung biblischer Lehre ableiten, 4) diese apologetisch gegen andere Auffassung verteidigen und schließlich 5) nach der Bedeutung dieser Lehre für den praktischen Dienst fragen. In Kapitel 4 zur Inspiration der Heiligen Schrift werden beispielsweise zunächst die Sichtweisen der römisch-katholischen Scholastik, des protestantischen Liberalismus, der neoorthodoxen Theologie, des 2. Vatikanischen Konzils, der gemäßigt-kritischen Evangelikalen, der Anhänger der Diktattheorie und schließlich die Sicht „der meisten Väter, Reformatoren und Evangelikalen“ beschrieben, wie sie etwa in der Chicagoerklärung zum Ausdruck kommt. Letztere Sicht wird dann aus dem Pentateuch, den historischen Büchern, den Propheten, den synoptischen Evangelien, der Apostelgeschichte, der Paulusbriefe, der johannäischen Literatur und der restlichen Schriften des NT belegt. Anschließend wird diese Sicht gegen die eingangs beschriebenen anderen Sichtweisen verteidigt und schließlich dargestellt, welche Bedeutung die Inspiration und Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift für das persönliche Glaubensleben und für die Motivation zum Dienst in der Gemeinde hat. Ich kenne Dogmatiken, mit denen ich in einzelnen Detailfragen eher übereinstimmen würde, aber keine, die eine derartige groß biblisch-exegetische und historische Materialfülle so praktisch nachvollziehbar und verwertbar macht – auch und gerade auch in der Missionsarbeit und in anderen Kulturen. Lewis und Demarest zeigen, wieviel der Theologie verloren geht, wenn die einzelnen theologischen Disziplinen auseinanderdriften und ihr Eigenleben entfalten und wieviel theologisch und praktisch zu gewinnen ist, wenn man sie im Interesse der biblischen Lehre wieder zusammenführt, um eine ‘integrative’ Theologie zu erhalten. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-2. |
Lingel, Joshua, Jeff Morton, Bill Nikides (eds.), Chrislam: How Missionaries Are Promoting an Islamized Gospel, Biola: i2 Ministries Publications, 2011. Das vorliegende Werk versteht sich als kritische Antwort auf eine in kirchlichen und missiologischen Kreisen in den USA intensiv geführte Diskussion über Ansätze der Kontextualisierung im islamischen Raum. Dabei geht es unter anderem um theologische, missiologische und übersetzungswissenschaftliche (Bibelübersetzungen) Fragen. Im Bereich der Kirchengründung wird gefragt wo die Grenzen einer Annäherung zum islamischen Glaubensleben liegen. Die besondere Herausforderung hierbei ist, inwieweit Bibelübersetzungen als Fundament einer lokalen Kirche sich in ihrem Sprachgebrauch auf die islamische Welt einstellen dürfen. Die ganze Bewegung entwickelte sich aus sogenannten Insider Movements (IM) heraus. In der gesamten Diskussion um die Annäherung des Christentums an islamische Inhalte (siehe den Begriff „ Chrislam“ im Titel) wird die Frage aufgeworfen, was im Rahmen einer Kontextualisierung noch als „christlich“ angesehen werden kann, beziehungsweise was als „synkretistisch“ verworfen werden muss. Dabei geht es z.B. darum, ob ein Festhalten am Besuch der Moschee, dem Bekenntnis zur umma (islamische Gemeinschaft), der Ehrung des Propheten Mohammed oder auch die Paraphrasierung der Bibel zur Umformulierung islamkritischer Textstellen (Begriffe der Kernfamilie als Gottesbezeichnungen) für einen Menschen aus islamischem Hintergrund, der sein Leben unter die Obhut von Jesus Christus stellt möglich oder sogar aus kulturellen Gründen nötig ist (insbesondere angesichts des sogenannten „Konversionsdilemmas“, welches zum Ausschluss aus Familie und umma führt). Kritische Stellungnahmen kamen vor allem aus den amerikanischen Kirchenverbänden der Presbyterianer (PCA), der Assemblies of God (AAG) sowie von der evangelikalen und in Südkalifornien angesiedelten theologischen Fakultät der BIOLA University, aus deren Umfeld auch die Herausgeber dieser Publikation kommen. Auf dem Einband findet sich das für dieses Werk vielsagende Zitat von Moses Gbenu (Präsident des Außenministeriums, Nigeria): „The insider movement produces spiritual schizophrenics … is more an Islamic movement than Christian … is a perversion and disservice to Christ.“ Die hier vorliegenden Aufsätze bilden eine detaillierte Zusammenfassung der Forschung und Diskussion aus kritischer Sicht. Es kommen neben den kritischen Herausgebern auch die ebenfalls kritischen Autoren Georges Houssney, John Span, Roger Dixon, David Talley, Emir Caner, David Abernathy, Adam Simnowitz, Abdul Qurban, Edward Ayub, Elijah Abraham, Bassam Madany, Sasan Tavassolie und alte Quellen (Zwemer, Cook; letztere in Kapitel 6) zu Wort. Die Autoren haben selbst im oder über den islamischen Raum missiologisch und soziologisch gearbeitet. Die Artikel sind teilweise dialektisch aufgebaut, sodass ein guter – oft mit Zitaten belegter – Fundus an Argumenten von Befürwortern angeführt wird um die eigene ablehnende Position zu begründen. Die Herausgeber gliedern die Problematik in die drei Themengebiete Missiologie, Theologie und Übersetzungswissenschaft. Beginnend mit Perspektiven aus den Insider-Bewegungen durch die Herausgeber (Kapitel 1; Lingel, Morton, Nikides: The Inside Story) wird bereits in diesem Kapitel die nachfolgende Drei-Gliederung in die theologische, missiologische und übersetzungswissenschaftliche Argumentationskette deutlich. Dabei bilden die Kapitel zur Hermeneutik (Kapitel 2 IM and Hermeneutic Problems), zur Missiologie (Kapitel 3 Missiology of IM) und den Insidern aus ablehnender Perspektive (Kapitel 5 IM Inside Out), einen reichen Fundus an kritischen Argumenten zu ethischen, hermeneutischen, soziologischen und psychologischen Fragen dieser Art der Kontextualisierung. Die missiologischen Artikel (Kapitel 3) umfassen Artikel wie Moving on from the C1-C6 Spectrum (Dixon; 88-99), Pagan Religious Practices and Heretical Teaching (Talley; 100-115), Dhimmitude, Muslim Replacement Theology, the Stockholm Syndrom and the IM (Dixon; 126-132), oder Kapitel 5: Flirting with Frankenstein (Qurban; 238-249), Islamization of the Gospel (Abraham; 262-266), IM: A Critique by an Iranian Convert (Tavassoli; 274-277). Der in diesem Werk zu Recht betonte einflussreiche Bereich der Wissenschaft zur Bibelübersetzung führt kontextualisierte Bibelübersetzungen und ihre Bedeutung für die Kirchengeschichte an und wird in den Kapiteln 2 und 4 beschrieben. Der gute Überblick über die theologisch-missiologische Kritik umfasst Artikel wie Lost in Translation (Nikides; 43) oder IM and Translation Problems (in Kapitel 4), Islamizing the Bible (Lingel; 155-156), Jesus the Eternal Son of God (Abernathy; 173-180), How IM affect Ministry (Abernathy; 199). Kapitel 6 rundet die Darstellung ab, indem auf einige historische, wie auch prognostizierte Entwicklungen zur Thematik eingegangen wird. Hierin spiegeln die folgenden Artikel die geschichtlich zum Teil weit zurückgehende Beschäftigung mit dem Thema wider: An Assessment of IM’s Principle Paradigms (Smith 278-296), Can Christians be Muslims? (Cook; 297-305) und A Word to Secret Believers (Zwemer; 306-308). Die Bereiche der Kirchengründung (church planting) und der Übersetzung der christlichen Heiligen Schrift bilden den größeren Rahmen der hier vorgebrachten Argumentationen. Die kritischen Hauptargumente umfassen die Anbiederung an den Islam, die Verwerfung oder Aufweichung der Trinitätslehre und den Verrat an Christen aus islamischem Hintergrund. Letztere seien doppelt betrogen weil gerade sie die für das Verhältnis der Dreieinigkeit genutzten Familienbezeichnungen für die Personen des christlichen Gottes zur Abgrenzung vom Islam benutzen und deswegen verfolgt würden. Exemplarisch steht George Houssneys Beitrag „Würde Paulus den Muslimen ein Muslim werden?“ (S. 62-76). Er benutzt das Spannungsfeld der jüdischen Abstammung des Paulus und dessen Hinkehr zum „christlichen“ Glauben als Beispiel dafür, dass ein Muslim sich völlig aus dem islamischen Kontext zu verabschieden hat um als „Christ“ zu gelten. Eine Zwischenstufe sei nicht möglich. Eine Differenzierung der damaligen paulinischen Situation zu der eines Muslimen, welcher zu Jesus aufschaut und sich trotzdem weiterhin in seinem Umfeld bewegen möchte, findet nicht statt. Ein weiterer Beitrag von Joshua Lingel Islamizing the Bible: Movements and Scripture Translation (S. 156-172) geht auf die enge Verflechtung von Bibelübersetzung und Kirchengründungen ein. Lingel subsumiert eine „Krise in der gegenwärtigen Bibelübersetzung“, da die postmoderne Entwicklung dem Leser den Vorrang in der Übersetzung gibt. Er vermutet dies, da bei wörtlichen Übersetzungen der Autor oder der Text selbst im Mittelpunkt steht (S. 156). Er fordert den Text in seiner Fremdheit zu belassen und ihn selbst sprechen zu lassen, da das Evangelium provozieren möchte. Bekehrung ist für ihn ein radikaler Neuanfang, also völliger Bruch mit dem Islam, ansonsten ist es Synkretismus (S. 158). Im Weiteren spricht er von Verfälschung der biblischen Botschaft und vergleicht mit Hilfe von parallelen Listen die NIV (New International Version) mit einer kontextualisierten bengalischen Übersetzung im Hinblick auf zahlreiche Bibelstellen (S. 163-172). Ein dritter Artikel sei hier erwähnt in dem Cook die Frage stellt: Can Christians Be Muslims? (S. 297-305). Cook beschreibt die Entwicklungen seit 2007, in denen eine christlich-islamische Initiative auf Grundlage des Koranverses 3:64 den Monotheismus beider Religionen hervorheben möchten. Cook beleuchtet die Entwicklungen rund um Common Word (so das Gründungspapier der Initiative). In der Summe kommt er zum Schluss, dass es keine Annäherung der islamischen und christlichen Offenbarung geben kann, da die jeweils dahinter stehenden Konzepte grundverschieden seien. Die Herausgeber gehen völlig zu Recht davon aus, dass sich die „Problematik“ der Kontextualisierung von islamischen Inhalten und Bibelübersetzungen im islamischen Raum in enger Verbindung zu den „Insider Movement“-Entwicklungen beantworten lässt (dies ist nicht absolut zu sehen, siehe unten). Sie entwickeln deshalb folgerichtig und zum Vorteil des Lesers ihre kritische Argumentation auf der Basis zahlreicher Perspektiven von Insidern und Outsidern. Es sind vor allem die Insiderdarstellungen, die die Debatte bereichern. Die gesamte Darstellung basiert auf zwei Argumenten. Zum Einen wird die Insider-Bewegung und das von Travis entwickelte Spektrum der Kontextualisierung im Islam (C1-C6-Spektrum) kritisiert und damit die Option einer „dualistischen Präsenz“ als „muslimischer“ Christ abgelehnt. Dieser bliebe mit gutem Gewissen dem islamischen Hintergrund auf soziologischer Ebene verhaftet und würde einen synkretistischen „Chrislam“ leben. Das Travis selbst von seinem Modell inzwischen Abstand genommen hat, wird nicht erwähnt, genau so wenig, dass es sich um ein beschreibendes und kein strategisches Modell handelte. Zum Zweiten werden alle Ansätze zu einer sprachlich-kulturellen Kontextualisierung im islamischen Raum in den Bereich des Synkretismus gerückt. Eine anschauliche Anekdote in der Einleitung (S. 8-10) beschreibt die Spannung dieser Problematik. Ein westlicher Christ „Jim“ und ein einheimischer Christ aus islamischem Hintergrund „Tahwil“ führen einen Dialog in dem klar wird, dass Tahwil von Jim betreut wird, dieser aber so vieles vom Islam aufgreift, dass Tahwil nicht mehr weiß ob er nun eigentlich Christ oder Moslem ist und so einem synkretistischen „Chrislam“ folgt. Eine selbstkritische Reflexion eigener westlicher und trotzdem als „christlich“ bewerteter Praktiken findet nicht statt. Dieses Buch ist ein Fundus zur Diskussion. Dem interessierten Leser liefert es eine Zusammenfassung und eine Kategorisierung der vielerlei Themengebiete zur Kontextualisierung der Kirchengründung und der Bibelübersetzung im islamischen Raum. Zudem gibt es einen Einblick über „mögliche“ theologische Schwachstellen der Insider Movement Bewegungen sowie eine umfangreiche Übersicht über die Hauptargumente aus kritischer Sicht. Leider, so ein Wermutstropfen dieser Arbeit, werden die Befürworter und Unterstützer einer Kontextualisierung in der Kirchengründung und Bibelübersetzung (Brown, Higgins etc.) zwar zitiert, jedoch immer aus kritischer Sicht beschrieben. Dadurch kommen deren Argumente nicht in vollem Umfang zur Geltung. Eine aus sachlichen Gründen nötige Trennung von kontextualisierten Strategien zum Gemeindebau , der Bibelübersetzung und der Insider Bewegungen finden sich nicht. Auch wird nicht deutlich gemacht, dass die Insider Bewegungen zwar von außen beurteilt werden können, jedoch nicht dem Zugriff der Außenstehenden zur Verfügung stehen, sodass deren Verwerfung nichts an ihrer Existenz ändert. Gerade deren Existenz ist aber Anlass über Formen der Kontextualisierung im islamischen Raum nachzudenken. Für mit der Diskussion nicht vertraute Leser überwiegt in diesem Buch die Kritik so stark, dass es nicht möglich ist, nur mit Hilfe des Buches einen objektiven Eindruck zur Thematik zu bekommen. Dr.
Eberhard Werner, em 2013-2. |
Lingenfelter,
Sherwood G. & Marvin K. Mayers. Kulturübergreifender Dienst
- Ein Modell zum besseren
Verstehen zwischenmenschlicher Beziehungen. Lahr: Edition VLM im Verlag SJD, 1991. Nach welcher Zeitspanne beginnen Sie, sich ernsthaft aufzuregen, wenn sich Ihr Besucher verspätet? Wenn Ihre „Verspätungs-Toleranz“ sich wesentlich über 1/2 Std. hin ausdehnt, sind Sie wohl kein typischer zeitorientierter Nordamerikaner oder Deutscher. Für den Lateinamerikaner ist dagegen eine Wartezeit von einer Stunde noch kein Grund zur Unruhe, während die Yapesen, ein Inselvolk im pazifischen Mikronesien, ohne weiteres 3 Stunden verkraften. Für den Umgang mit solchen Diskrepanzen im „kulturübergreifenden Dienst“ wollen Lingenfelter und Mayers (beide lehren „Interkulturelle Studien und Weltmission“ an der Biola-Universität in Kalifornien) anleiten. Lingenfelter, jahrelang als Kulturanthropologe auf den pazifischen Inseln tätig, ist der eigentliche Autor des Buches. Von Mayers übernahm er dessen „Grundwerte-Modell“. Lingenfelter listet sechs Gegensatzpaare von Grundwerten auf (zB Zeit- oder Erlebnisorientierung, Ziel- oder Personenorientierung). Anhand des extremen Gegensatzes von mikro-nesischer Yap-Kultur und nordamerikanischen Werten zeigt er mit anschaulichen Beispielen die ganze Bandbreite möglicher kultureller Prägungen auf. Interessant ist dabei der jeweilige Vergleich mit dem Verhalten Jesu, bei dem unsere westliche Kultur durchaus nicht immer am besten wegkommt. Vor allem will das Buch jedoch helfen, durch Einsicht in andere Wertmaßstäbe Spannungen in der interkulturellen Begegnung abzubauen. Für den Christen im kulturübergreifenden Dienst stellt dabei laut Lingenfelter die Inkarnation Jesu das vollkommene Beispiel dar. Er identifizierte sich ganz mit den Menschen, zu denen er gesandt war. Das prägnante und gleichzeitig anschauliche Wolfgang Häde, em 1994-1. |
Literaturschau zu Fragen der Weltmission Nr. 20 [für das Jahr 1993]. Beiheft zur Zeitschrift für Mission 2/1994. Herausgegeben im Auftrag der Deutschen
Gesellschaft für Missionswissenschaft von Friedrich Huber. Ev.
Missionsverlag im Christlichen Verlagshaus: Stuttgart, 1994. Der neue zeichnende und
schon lange beteiligte Bearbeiter, Prof. Dr. Friedrich Huber an der
Kirchlichen Hochschule in Wuppertal, hat zu Beginn
des dritten Jahrzehnts der Literaturschau deren Systematik an einigen
Punkten geändert. Die
Durchsicht der 1364 Einträge (Bücher und Artikel) bestätigt einen Eindruck,
der sich dem Beobachter seit Jahren aufdrängt: Mission und Missiologie im engeren Sinn – ganz zu schweigen von einer Konzentration auf die
Unerreichten – bildet in der Fülle der verzeichneten Veröffentlichungen nur
noch eine kleine Insel. So hätte dieses an sich durchaus verdienstvolle
bibliographische Hilfsmittel eigentlich
einen neuen Namen verdient; in der Christof Sauer, em 1995-4. |
Little,
Christopher R. Mission in the Way of Paul: Biblical Der vorliegende Band geht auf eine Doktoraldissertation an der Fuller Seminary School of World Missions zurück. Little gibt keinen detaillierten Überblick über die paulinische Mission, sondern konzentriert sich auf die finanzielle Situation des Paulus und welche Rolle Geld in seinem Missionswerk spielte. Von diesem Befund her kritisiert Little engagiert die gegenwärtig vielfach praktizierte partnerschaftliche Zu-sammenarbeit durch finanzielle Transferleistungen zwischen westlichen Missionen und Partnerorganisationen und -kirchen in anderen Teilen der Welt. Little beginnt mit dem sozio-ökonomischen Status des Paulus in der antiken Welt. Ziel ist dabei „to present his perspectives on the proper use of finances in his personal life and in the lives of others in the context of the first-century church“ (4). Little schließt „Any attempt to use Paul as a modell to financially support cross-cultural workers is groundless … there is no precedent in Paul for the provision of a regularly salaried part-time or full-time local church leaders, even though he permitted remuneration on an occasional basis“ (46). Spannend ist der Überblick über „Resource Sharing among the Churches of the First-Century World of Paul“ (131-70). Ausführlich behandelt Little die Gütergemeinschaft der Jerusalemer Gemeinde, die Gabe der antiochenischen Gemeinde in Apg 11,27-31 und die paulinische Kollektenaktion (wobei eigentlich nur letztere für die paulinische Praxis herangezogen werden kann!). Ziel ist es, „to discuss the various purposes for which Christian communities in the first century shared resources both within and among themselves; and delineate how the latter point applies to the church in the twenty-first century“ (131). Little zeigt zurecht, dass diese Fälle finanzieller Transferleistungen nicht zur Rechtfertigung der gegenwärtigen Praxis angeführt werden könnnen. Abschließend stellt Little das paulinische Modell dem modernen Konzept internationaler Partnerschaft gegenüber (171-231, „… the associations between Western and non-Western organizations, that is, between north/south and/or west/east cooperations between Western churches and/or mission agencies within the global church“, 171). Nach einer Beschreibung der wesentlichen Merkmale dieser Bewegung (mit starker Konzentration auf den US-amerikanischen Kontext) präsentiert Little eine gute Analyse und größtenteils überzeugende Kritik dieser Praxis („dependency“; z. B. „Foreign funding of national workers … thwarts church growth“, 226). Die Darstellung bietet einen guten Überblick über die gegenwärtige Praxis, ihre Ursachen, Gründe und ihre Folgen, führt in die gegenwärtige missiologische Diskussion ein (Positionen beider Seiten) und greift auf mehrere Fallstudien/bzw. Stimmen aus den Empfängerländern (China, Indien, Russland, Kenia) zurück. Der exegetisch Teil bleibt oft auf englischsprachige missiologische Literatur beschränkt. Insgesamt handelt es sich um eine anregende Studie zu einem Teilaspekt der paulinischen Mission und um eine wichtige Kritik gegenwärtiger Praxis. Doch spricht sie weder zur paulinischen Missionspraxis noch zur gegenwärtigen internationalen Zusammenarbeit das letzte Wort. In beiden Teilen bleiben wichtige Fragen offen, u. a. nach der Übertragbarkeit des paulinischen Modells. Prof.Dr. Christoph Stenschke, em 2006-3. |
Livingstone, Greg. Planting Churches in Muslim Cities. A Team Approach. Grand Rapids: Baker Book House, 1993. Eine Hauptthese zieht sich durch dieses bemerkenswerte Buch des Gründers und Direktors von Frontiers: Es ist nicht hoffnungslos, in muslimischen Städten christliche Gemeinden gründen zu wollen. Entmutigten Missionaren sei diese Studie darum besonders empfohlen. Nach einigen theoretischen Vorüberlegungen zu Möglichkeiten und Grenzen des Gemeindebaus analysiert Livingstone, der selbst viele Jahre als Missionar in Indien und im Nahen Osten gearbeitet hat und daher die Situation vor Ort kennt, die besonderen Bedingungen und Schwierigkeiten, mit denen sich der westliche Missionar in einem islamischen Land konfrontiert sieht. Der Schwerpunkt des Buches liegt dabei weniger auf der Erläuterung theologischer Lehrunterschiede zwischen Islam und Christentum, die an anderer Stelle vielfach nachgelesen werden können. Vielmehr beschäftigt sich Livingstone vorwiegend mit den zahlreichen Kulturschranken, die er als eine der Hauptursachen für das Scheitern christlicher Mitarbeiter in der islamischen Welt ansieht. Viele praktische Beispiele machen das Gesagte anschaulich und vermitteln wertvolle Hilfen, ohne zum einfachen „Patentrezept“ zu geraten. Nicht nur Missionaren im Ausland dürfte das Buch dazu verhelfen, dem erklärten Ziel de Jüngermachens aller Völker auch in Bezug auf die muslimische Welt ein Stückchen näher zu kommen. Dr. Christine
Schirrmacher, em 1995-4. |
Löwen, Heinrich. In Vergessenheit geratene Beziehungen. Frühe
Begegnungen der Men-noniten-Brüdergemeinde
mit dem Baptismus in Rußland ‑ ein Überblick (Beiträge zur osteuropäischen Kirchengeschichte
1), Logos, Bielefeld 1989. Löwen legt kein Missionsbuch im engeren Sinn vor, aber sein Buch gibt dem Missionsinteressierten viele nützliche Informationen über sehr verschiedene Aspekte der Mission: Zum einen über die Missionsarbeit der frühen deutschen Baptisten im Zarenreich, zum anderen über die Missionsarbeit der Mennonitenbrü-dergemeinde (MBG) unter den Deutschen im Russischen Reich. Wenn auch beide Missionsbewegungen sich besonders an Deutsche wandten, so haben doch auch die Baptisten und die MBG von Anfang an unter Russen und Ukrainern gearbeitet, wobei interessant ist, daß Missionare der MBG unter Slawen Baptistengemeinden gründeten. Das Buch berichtet aber auch von sehr frühem Engagement der MBG für die Weltmission (zT in Zusammenarbeit mit Baptisten) und für die Mission unter nichtchristlichen Völkern des Russischen Reiches. Heinrich Löwens Buch kann helfen, im Umbruch der ehemaligen Sowjetunion besser informiert zu sein. Zudem bilden die MBG der Rückwanderer hier eine wachsende Kraft in der missionarischen Sendung. Klaus Fiedler, em 1992-3. |
Ludwig, Frieder. Zwischen Kolonialismuskritik und
Kirchenkampf. Interaktionen afrikanischer, indischer und europäischer
Christen während der Weltmissionskonferenz Tambaram 1938. Studien zur
Außereuropäischen Christentumsgeschichte Bd. 5 Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht,
2000. In der Literatur zu den Weltmissionskonferenzen untersuchte man meist einzelne theologische Themen, indem man beispielsweise nach dem Kirchenverständnis (W. Günther, 1970), dem Bibelverständtis (A. Johnston, 3978), dem Evangelisations- und Missionsverständnis (T. Shivute, 1980) oder nach dem Verständnis von Heilsgeschichte (G. Sautter, 1985) der einzelnen Konferenzen fragte. Das Vorgehen des vorliegenden Buches, das eine 1999 von der Evangelischen-Theologischen Fakultät der LMU München angenommene Habilitationsschrift ist, geht methodisch den umgekehrten Weg. Ludwig fragt nicht, er hört zu, nämlich auf das, was die eigentlichen Konferenzthemen waren. Dabei beschränkt er sich auf die Weltmissionskonferenz von Tambaram 1938, wählt drei geographische Gebiete (nämlich Westafrika, Südindien und Westeuropa) aus und beschreibt die beherrschenden Fragen und Lebenswelten ihm wichtig erscheinender Konferenzteilnehmer dieser Gebiete. Diese Methode überzeugt, denn der Leser bekommt auf diese Weise einen tiefen Einblick in das Konferenzleben. Das Buch gliedert sich in drei Hauptteile, die durch die geographischen Gebiete vorgegeben sind. Für die westafrikanischen Konferenzteilnehmer waren die Fragen nach der Beurteilung der Polygamie sowie der unabhängigen Kirchen beherrschend. Den südindischen Teilnehmern ging es vor allem um die Frage nach der Verhältnisbestimmung von Christentum und Hinduismus, zumal sie die in Tambaram so wichtige Debatte um Hendrick Kraemers Buch: The Christian Message in a Non-Christian World betraf. Das Kapitel über die westeuropäischen Teilnehmer ist zweigeteilt. Im ersten Teil gelingt es Ludwig in geradezu spannender Weise das Zustandekommen der deutschen Delegation in den Irrungen und Wirrungen des NS-Staates darzustellen. Dabei wird deutlich, dass die deutschen Teilnehmer zu Konzessionen der nationalsozialistischen Ideologie gegenüber bereit waren, was sich deutlich in der sog. deutschen Sondererklärung niederschlug. Hier gilt es in der Tambaramforschung, besonders in der evange-likalen Tambaram-Rezeption umzudenken. Denn bisher wurde der Fokus hauptsächlich auf die e-schatologische Dimension gerichtet. Die (pseu-do)schöpfungs- und ordnungstheologischen Aussagen der Sondererklärung, die in ihrer Betonung von Volk und Rasse nationalsozialistischen Idealen nahe standen, wurden dagegen kaum beachtet. Im zweiten Teil dieses Kapitels steht William Paton, als sympathischer Christ und Organisator der Tambaramkonferenz im Mittelpunkt. Alles in allem ist dieses Buch eine Lektüre, die von dem Leser einige Lesearbeit abverlangt, denn es werden eine Fülle von biographischen Einzelheiten beschrieben, sowie unzählige kirchengeschichtliche Details und politische Zusammenhänge dargestellt, die weit über die im Untertitel des Buches vorgegebene Zielrichtung hinausgehen. Dies ist einerseits sehr interessant, insbesondere für die Kirchengeschichtsforschung Westafrikas und Südindiens. Andererseits jedoch verhindert diese Breite der Darstellung ein schnelles, zielgerichtetes Lesen, was sich mitunter auf den Leser ermüdend auswirken kann. Elmar Spohn, em 2005-1. |
Lukens-Bull, Ronald.
A Peaceful Jihad. Negotiating Identity
and Modernity in Muslim Java, New York: Palgrave Macmillan, 2005. Der Islam Indonesiens, Gegenstand dieser Studie bildet
Java, bewegt sich in einer bunten Mischung aus Religionen, Volksgruppen und
verschiedensten Interessen. Die von einem Außenstehenden (etisch) verfasste
anthropologische Untersuchung beschreibt das Leben eines islamisch-geführten
Internats (indonesisch pesantren)
mit Namen Al-Hikam. Die Studenten der pesantren studieren an Colleges oder in
säkularen Fächern an außenstehenden Institutionen und leben im Internat nach
traditionellem indonesisch-islamischen Verständnis. Religiöse Erziehung wird
in dieser pesantren vom Dekan und seinen engsten Vertrauten selbst gegeben.
Zusätzlich kön-nen sich die Studenten für Arabisch, Englisch oder einige
andere Fächer am Internat einschreiben. Der Dekan wird als Segensspender und
religiöses Vorbild betrachtet. Die Untersuchung besticht durch ihre ethnographischen
Studien an Einzelthemen. Der Leser wird in das Umfeld eines islamischen
Internats transportiert, zu dem ein Westler nur bedingt Zugang hat. Nicht nur
die pesantren, sondern auch die mit ihr verknüpften Einrichtungen werden
beschrieben. Hierzu zählen Friedhöfe, Pilgerstätten (Tebu Ireng, S. 28-29),
Freizeiteinrichtungen und religiöse Zentren. Der historische Rückblick gibt
Einblick in die Gründungszeit (19. Jh.) und die Entwicklung des Internats. Es geht dem Autor wesentlich um die Auseinandersetzung
des Islam mit der Moderne und Postmoderne. Dabei wird Bildung als das
wesentliche Element der Veränderung und Erneuerung islamischen Lebens
gewertet. Die Forderung nach einer interreligiösen, interkulturellen und mehrsprachigen
Ausbildung im Rahmen des Islam steht stellvertretend für die angesprochenen
Veränderungen (Kap 3-4). Die Einflüsse auf die pesant-ren kommen von außen
und innen. Reichere islamische Staaten (z. B. Saudi Arabien, Iran) wollen
über finanzielle Unterstützung Einfluss auf das Bildungsangebot und den
Ablauf des Internats nehmen. Die Internatsleitung hält dagegen, dass die
gleichzeitige Lehre von Arabisch und Englisch traditionelles mit modernem
Leben verbindet. Studenten lernen theologisch-islamische Grundlagen am
arabischen Qur’an und moderne Weltbilder parallel. Man öffnet sich auch im
religiösen Bereich in dem man zum Beispiel Christentum und asiatische Religionen
anhand derer Schriften (Bibel, Veden, Baghadvitta) studiert. In einem weiteren Schritt untersucht der Autor
verschiedenste Leitungsmodelle der pesantren (Kap 5). Dabei vergleicht er
demokratische und diktatorische Modelle miteinander, die auch in politischen
Parteien, öffentlichen Institutionen und halbstaatlichen Organisationen
wieder zu finden sind. Das Leitungs- und Sozialgefüge in den pesantren
zeichnet sich durch die Verehrung von Individuen, strenge moralische
Standards und einen einfachen Lebensstil aus. Dabei werden kulturelle Werte
angesprochen, die der Ausbreitung und inneren Stärkung (jihad) des Islam
zugutekommen (Kap 6). Dieses ethnographische Werk gibt Anthropologen und
Missiologen einen guten Einblick in die islamische Welt Indonesiens. Im
Besonderen klärt es über islamische Bildungseinrichtungen und deren
Leitungsstrukturen auf. Dr. Eberhard Werner, em 2013-1. |
Lutz, Lorry. Women as Risktakers for God. WEF/Paternoster Publ.: Carlisle (GB), 1997. Bücher von Frauen über Frauen haben Hochkunjunktur. Dieses Buch ist jedoch in vielerlei Hinsicht ein besonders gelungenes Werk, nicht nur für Frauen, sondern gerde auch für Männer. Ausgehend von biographischen Skizzen von Frauen aus der Kirchen- und Missionsgeschichte über eine kurze Einführung in die biblisch relevanten Passagen für die „Frauenfrage“ gibt die Autorin einen knappen Einblick in die Auslegungsgeschichte dieser Verse im Judentum zur Zeit des Alten und Neuen Testamentes. Sie beleuchtet die Zeit der frühen Kirchenväter, der Reformationszeit und die Theologie und Praxis der Kirchen in der Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, ebenso die Stellung der Frau in den nichtchristlichen Religionen. Wer sich bisher noch nicht mit der Frage nach dem Dienst der Frau in der christlichen Gemeinde beschäftigt hat, wird in diesem ersten Buchteil manches Neue finden. Wer jedoch tiefer eintauchen will oder muß, wird in jedem Fall auf die Extra-Liste mit weiterführender Literatur am Ende des Buches angewisen sein. Der Schwerpunkt dieses Arbeitsbuches liegt auf den ausführlichen Biographien zeitgenössischer Frauen aus allen fünf Kontinenten. Dies ist ein Novum evangelikaler Frauenliteratur in diesem Bereich, die sonst eher den anglophonen Bereich berücksichtigt. Die Biographien sind keine schriftlichen Lobreden, sondern lassen die Leser Anteil nehmen an der Glaubensgeschichte dieser Frauen, ihrem Dienstverständnis, ihrer Berufung im jeweiligen Kontext und den Zweifeln und Hindernissen, die sie auf ihrem Weg zu überwinden hatten. Die zugrundeliegenden Interviews scheinen immer wieder durch, so daß die Leser Entwicklungen gedanklich nachvollziehen können. Sie regen geradezu zu einer inneren Zwiesprache an: Wie kann ich als Leserin meine Berufung erkennen und leben? Wie hätte diese Frau in meiner Situation gehandelt? Wie wäre ich als Mann mit einer dieser Frauen als Kollegin oder Ehefrau zurechtgekommen? Wer mit seinen Fragen so weit gekommen ist, wird im letzten Teil noch weitergeführt: „Was lernen wir aus diesen Biographien?“ Es geht nicht um eine erbauliche „Zurkenntnisnahme“, sondern um Ermutigung zum Dienst, um offene Augen, die jeweilige eigene Berufung zu erkennen und zu leben. Gerade dieser Abschnitt richtet sich auch an männliche Leser, die gemeinsam mit Frauen zu folgenden Zielen geführt werden sollen: * die Vielzahl der Gaben, die Gott Frauen schenkt, zu erkennen, * anhand des Dienstes von Frauen darzustellen, wie Gott Frauen beruft und sendet, * Männer und Frauen zu ermutigen, gemeinsam am Reich Gottes zu bauen und * Ermutigung zu gegenseitiger Achtung und Respekt, auch wenn in der Frauenfrage verschiedene theologische Anschauungen vertreten werden. Dieses Buch ist im besten Sinne des Wortes zielorientiert: Es geht darum, das Reich Gottes gemeinsam zu bauen. Dennoch kommen theologisch konservative Leser nicht an einigen unbequemen Wahrheiten vorbei: „Wenn wir die Heilige Schrift vom Sündenfall her auslegen, verstehen wir die Folgen der Sünde als unmittelbar von Gott so eingesetzt. Wenn wir dieselbe Passage aber aus der Perspektive der Erlösung lesen, verlieren die Konsequenzen der Sünde ihre normgebende Bedeutung … Männer und Frauen müssen von den Folgen der Sünde erlöst werden - unser Blick richtet sich nicht darauf, eine Vorherrschaft durch eine andere zu ersetzen, sondern die neue Ordnung zu leben, die Christus eingesetzt hat“ (S. IX). Insgesamt ein wohltuend internationales, ganzheitliches Buch, dem ich eine weltweite Verbreitung wünsche. Friedhilde Stricker, em 1998-2. |
Lutzer, Erwin W. Christus der Einzige. Warum
Jesus für uns so wichtig ist. Der christliche Glaube im Zeitalter der Toleranz. Bad Liebenzell: Verlag der Liebenzeller
Mission, 1996. Erwin W. Lutzer beschäftigt sich in seinem nun auch auf Deutsch vorliegenden Buch mit einem wichtigen Thema unserer Zeit: „Wie können wir aktive Zeugen für Christus sein in einer Zeit noch nie dagewesener Toleranz?“ (S.208) Enstanden ist das Buch aufgrund einer Vortragsreihe, die der Autor als Pastor der Moody-Gemeinde in Chicago 1993 nach dem Weltkongreß der Religionen gehalten hat. Dabei wurde der Vortragsstil für die Drucklegung beibehalten. In den ersten Kapiteln gibt Lutzer seine Erfahrungen mit dem Weltkongreß der Religionen wieder und analysiert unsere Gesellschaft in bezug auf die Religionen. Pointiert stellt er fest: „Die Götter sind auf dem Vormarsch!“ (S.11) Dabei stellt sich immer mehr die Frage nach dem Stellenwert Jesu Christi im Vergleich zu den Größen anderer Religionen, die als „unvollständig, irreführend und falsch“ betrachtet werden müssen (S.21ff). Bevor Erwin Lutzer zu seinem Hauptteil, der Darstellung der Einzigartigkeit Jesu Christi, übergeht, setzt er sich mit der Frage der Toleranz und der Wahrheitssuche auseinander. Da es eine objektive für alle Menschen zugängliche Wahrheit gibt, muß es darum gehen, „Beweise“ für den christlichen Wahrheitsanspruch anzuführen. Von der Jungfrauengeburt über die Wunder und Jesu vollmächtige Predigten bis hin zu Jesu Tod, seiner Auferstehung und seiner Himmelfahrt, von der Inkarnation bis zur Parusie soll deutlich werden, „daß Christus einzigartig ist und kein religiöses Gegenüber hat“ (S.64). Es folgt eine apologetische Christologie, die in Auseinandersetzung mit kritischen Einwürfen die Vernünftigkeit des christlichen Glaubens und seinen Ausschließlichkeitsanspruch herausstellt. Zum Schluß stellt sich noch die Frage „Sind sonst alle verloren?“ (S.191). In Ablehnung eines „evangelikalen Pluralismus“ (z.B. Clark Pinnock), der Christus in allen Religionen versöhnend am Werk sieht, werden die Religionen dem Bereich des Satans zugeordnet: „Satan rief Religionen schaffendes Denken im Leben der von Gott getrennten Menschen hervor“ (S.199). Gemäß einer calvinistischen Erwählungslehre werden die Menschen ohne Christus gerichtet. Lutzer hält fest, daß Gott nicht verpflichtet ist, „die zu retten, die niemals von Christus gehört haben“ (S.203). Hier kommt der theologische Streit zwischen calvinistischen und arminianischen Evangelikalen in Amerika zum Ausdruck. Die Stärken des Buches liegen in der Aufnahme von kritischen Fragen, denen Christen in einer multireligiösen und säkularen Gesellschaft begegnen. Hier wird der Christ darin bestärkt, daß sein Glaube sich auf feste Grundlagen stützt und Sinn macht. Der apologetische und bekenntnishafte Charakter des gesamten Buches wird deutlich. Dabei ist ‘Christus der Einzige’ stark vom amerikanischen Kontext geprägt; Hinweise auf den deutschen Kontext fehlen. Last not least möchte ich die theologische Anfrage stellen, ob es dem biblischen Zeugnis entspricht, in einem religiösen Dualismus zwischen Gott bei den Christen und Satan bei den anderen Religionen zu trennen? Muß hier nicht differenzierter gedacht werden, wie dies z. B. Peter Beyerhaus mit seinem tripolaren Ansatz getan hat? Ist Wahrheit im biblischen Sinne tatsächlich so objektiv und universell erkennbar, oder bedarf es nicht vielmehr einer persönlichen Bekehrung (biblisch: metanoia), um die eine Wahrheit, welche Jesus Christus ist, zu erkennen? Schließlich erhält der Leser den Eindruck, daß am Ende nur eine kleine Schar gerettet wird (1-2% der Weltbevölkerung). Hier ist zu fragen, ob dies dem allumfassenden Heilswillen Gottes entspricht. Die Weite der Gnade Gottes (Clark Pinnock) sollte m. E. nicht unberücksichtigt bleiben. Martin Reppenhagen, em 1997-3. |
Maggio, Francesco. Christus für Muslime – Antworten auf
Fragen von Muslimen. Berneck/CH: Schwengeler Verlag, 2003. Francesco Maggio ist Italiener und hat eine außerordentliche Leidenschaft für Muslime der arabischen Welt. In dieser Übersetzung seines Buches erhalten wir einen Einblick in seine Begeisterung und seinen Enthusiasmus. Diese sind aus der Anordnung des Buches ersichtlich, das ständig die am meisten gestellten Fragen von Muslimen formuliert und praktische christliche Antworten gibt. Dies ist kein systematisches Buch über den Islam, sondern – wie der Untertitel schon sagt – ein praktisches Buch, das uns auffordert, uns einzulassen auf Beziehungen zu Muslimen, um ihre ernsthaften Fragen zu hören und Antworten zu geben. Der Leser wird daran erinnert, dass Evangelisation immer mit Begegnung beginnt. Kapitel 1 beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen dem Koran und der Bibel, der Sohnschaft des Christus, der Dreieinigkeit und der Natur von Christus' Göttlichkeit. Der Autor bewegt sich ständig zwischen Texten aus der Bibel und dem Koran hin und her, um seine Argumente zu begründen. Kapitel 2 ist kurz und befasst sich mehr mit dem Koran. In Kapitel 3 lesen wir, was der Koran über das Christentum sagt und wie Christen überzeugende Antworten geben können. Muslime sagen zum Beispiel, dass Mohammed im Neuen Testament vorausgesagt wurde. Es gibt einen Abschnitt über den Anspruch, dass Mohammeds Ungebildetheit das „Wunder" des Korans steigert. Es gibt Absätze darüber, wie wichtig es für Muslime ist, dass der Koran in Arabisch ist und Absätze über seine historische Entwicklung. Nahtlos verwoben in diese Paragraphen sind christliche Kommentare und Antworten. Es gibt vier hilfreiche Anhänge einschließlich einem, wie man einem Muslim die Dreieinigkeit erklärt. Eine Wortliste und ein kurzes Literaturverzeichnis runden das Buch ab. Wenn Sie ein praktisches Buch über die am meisten gestellten Fragen von Muslimen und Antworten auf ihre Kritik an der biblischen Wahrheit brauchen, dann ist dieses Buch für Sie. Aber seien Sie gewarnt: es ruft den Leser in eine radikale persönliche Begegnung mit seinem muslimischen Nachbarn auf. Dr. Andreas Maurer, em 2008-4. |
Maier, Gerhard. Gemeindeaufbau als Gemeindewachstum. Zur
Geschichte, Theologie und Praxis der „church-growth”-Bewegung. Erlangen:
VELM. Der Stuttgarter Pfarrer Gerhard Maier hat sich über Jahre hinweg mit der church-growth-Bewegung beschäftigt (vgl. ThBeitr 13/1982,178-187). Frucht dieser Beschäftigung ist seine 1992 in Heidelberg eingereichte Dissertation. Er beschränkt seine Untersuchung nicht auf Fragen des Gemeindeaufbaus, wie der Titel vermuten läßt, sondern stellt auch das Missionsverständnis der church-growth-Bewegung dar. Das church-growth-Konzept wurde ursprünglich von Donald McGavran (1897-1990) im Kontext seiner Missionsarbeit in Indien begründet und von seinen Schülern (vor allem Peter Wagner) am Fuller-Seminar in Pasadena (Kalifornien) aufgenommen. Maier zeigt auf, wie sich McGavrans Konzeption in striktem Gegensatz zum ökumenischen Missionsverständnis darstellt. Nicht in der Ausbreitung und Aufrichtung des Reiches Gottes (Schalom), sondern in der Gründung und Multiplikation von Gemeinden aktiver Christen besteht für die church-growth-Bewegung das Wesen der Mission. Ab 1972 wurde die church-growth-Bewegung auch zum Gemeindeaufbaukonzept weiterentwickelt. Für die Beurteilung der church-growth-Bewegung sind drei Aspekte von Bedeutung: 1. Das Kirchenverständnis: McGavrans Ekklesiologie bezieht sich auf die Kirche als sichtbare und quantifizierbare Größe. Die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden spielt für ihn keine Rolle. Ziel aller missionarischen Bemühungen ist die Multiplikation oder Neugründung von Gemeinden aktiver Christen. 2. Das Prinzip der ‘homogeneous units’: Die church-growth-Bewegung geht davon aus, daß eine Gesellschaft sich aus verschiedenen, in sich geschlossenen Bevölkerungssegmenten zusammensetzt. Mission und Gemeindebildung sollen daher so angelegt werden, daß Menschen innerhalb dieser homogenen Einheiten beheimatet bleiben und nicht Sprach-, Rassen- oder Klassenschranken überwinden müssen, um Christen zu werden. Zwar wird dieser Grundsatz hier durchaus zutreffend beschrieben, aber er wird zum Prinzip des Gemeindebaus erhoben. Von Gal 3,26 her sind hier gewichtige biblisch-theologische und ethische Bedenken anzumelden. 3. Das Verständnis von Wachstum: Gegenüber der fast ausschließlich auf quantitatives Wachstum ausgerichteten Sicht bei McGavran bringt Maier mit Karl Barth das intensive, vertikale Wachstum der Gemeinde ins Spiel und wehrt damit der fast ausschließlichen Fixierung auf Zahlen. Wer sich vom ständigen Wechsel zwischen deutschem Text und englischsprachigen Zitaten sowie von der Fülle der oft nur angerissenen Themen und Fragestellungen nicht abschrecken läßt, bekommt in dem mit einem Vorwort von Bischof Theo Sorg versehenen Buch Beurteilungskriterien für Gemeindeaufbau an die Hand. Werner Schmückle, em 1997-1. |
Malm, Magnus. Gott braucht keine Helden.
Mitarbeiter zwischen Rolle und Wahrhaftigkeit. Edition Aufatmen, Brockhaus Verlag:
Wuppertal/Bundes-Verlag: Witten, 1997/2. Nicht nur Titel und Untertitel dieses Bandes aus der „Edition Aufatmen“ sind treffend und griffig formuliert. Das erklärte Ziel dieser Edition ist es, Hinführung und Ermutigung zum geistlichen Leben für Mitarbeiter und Leiter von Gemeinden zu bieten. Wie ein roter Faden ziehen sich die Begriffe „Berufung“ und „Sendung“ durch das Buch. Es kommt in diesem Band beides zum Zug. Es ist eine seelsorgerliche, gründliche Auslegung der biblischen Texte zum Thema. Sie wird weithin eine befreiende Korrektur für das in vielen frommen Kreisen vorherrschende, auf Aktionismus zielende Berufungsverständnis bilden. Das Buch enthält aber auch sehr persönlich formulierte Passagen des Autors, denen man die eigene Erfahrung eines durch Tiefen gegangenen Christen abspürt. Besonders für Missionare geeignet und empfohlen, denen dieser Titel ein Führer zur geistlichen Erneuerung ihrer Berufung und Sendung sein kann! Friedhilde Stricker, em 1998-2. |
Marquardt, Horst. … und die Herzen taten sich auf. Bewegende
Glaubensgeschichten. R. Brockhaus Verlag Wuppertal, ERF Verlag
Wetzlar, 2001. Horst Marquardt begegnet vielen Menschen und Situationen. Er wählte 81 bewegende und wahre Geschichten für dieses Buch aus. Gleich in der 3. Geschichte erlebt man mit, wie der Verfasser mit höflicher Direktheit mit einem ihm fremden Christen ins Gespräch kommt. Herausgekommen sind außer dieser noch die anderen ermutigenden, lebensechten, spannenden und nachvollziehbaren Berichte. Es sind ganz unterschiedliche Menschen, die erzählen, wie Jesus Christus in ihr Leben eingegriffen hat. Das Ganze ist übersichtlich gegliedert in „Die Herzen taten sich auf … gestern und heute … in Russland … in Afrika … in Indien … in Südamerika … in Muhammads Welt … in der Nähe und in der Ferne“. Alle Geschichten sind im Inhaltsverzeichnis unter diesen Rubriken aufgelistet und sind bei einer eventuellen Suche gut zu finden. Sie sind 1 – 3 Seiten kurz. Es gibt dramatische und weniger spektakuläre Berichte. Beispiele: Ein vom Leben müder Moslem hört zufällig einen Satz von einer Sendung von TWR (Trans World Radio), als er an einem Fenster vorbei kommt. Er spricht mit den Leuten im Haus und findet später zu Jesus als seinem Herrn. Jesus hilft körperlich und innerlich verletzten Menschen in Ruanda, die trotz bleibender Not erfahren, dass er bei ihnen ist. Ein Schweizer Fabrikant erlebt, wie Gott ihm einen dringend notwendigen Mitarbeiter zuführt, zu passender Zeit und passenden Bedingungen, nach viel Gebet in schwerer ungewisser Zeit. 3 Schiffbrüchige in Südamerika beten auf ihrer 21 Tage langen Odyssee, weil sie über Gebet in TWR-Sendungen hörten. Es fällt bei der Lektüre des Buches natürlich auf, dass die Evangeliumsverkündigung über Radio eine große Rolle spielt. Und es ist in der Tat beeindruckend, wie viele Menschen heutzutage das Evangelium über Radio hören können und auch zum Glauben kommen und Gemeinden entstehen. Das liegt H. Marquard auf dem Herzen und er hat großen Anteil daran (durch den Aufbau des ERF und Tätigkeit in der internationalen Leitung von TWR), ebenso die verschiedenen TWR-Stationen weltweit, in deren Arbeit man in dem Buch ebenfalls einen konkreten Einblick bekommt. Das Thema des Buches stammt aus Apg.16,14: „Da tat Gott der Lydia das Herz auf“ und weiter aus dem Vorwort: „Es ist eine durch nichts zu überbietende Erfahrung - zu wissen: Der lebendige Gott hat mich angesprochen, er hat Jesus Christus in diese Welt gesandt, um Menschen zu sich einzuladen, ihnen ihre Schuld zu nehmen und ihnen ein erfülltes Leben zu geben.“ Das bezeugen die 81 Geschichten in dem sehr lesenswerten Buch. Ulrike Kinker, em 2001-4. |
Marshall, Howard; David
Peterson (Hg.). Witness
to the Gospel. Theology of Acts. Eerdmans: Grand Rapids (Mi) 1998. Der vorliegende Sammelband mit insgesamt 25 Einzelartikeln ist als umfassende und zusammenfassende Arbeit über die Theologie der Apostelgeschichte gedacht. Das Werk enstand aus einem Forschungsprojekt einer ganzen Gruppe von Theologen unter der Schirmherrschaft von Tyndale House, Cambridge. Insgesamt 24 Autoren befassen sich mit den unterschiedlichsten Themen zur Apostelgeschichte. Trotz der großen Vielfalt der Beiträge kommen die einzelnen Verfasser aber nicht aus so unterschiedlichen theologischen Lagern, daß sie sich pausenlos widersprächen. Nach der Lektüre des Buches hat man deshalb den Eindruck, über die Theologie eines so zentralen Buches wie die Apostelgeschichte umfassend informiert zu sein. Die Autoren nehmen i. a. einen evangelikalen Standpunkt ein. Andere Positionen werden berücksichtigt, aber weniger als die Auseinandersetzung damit steht das Anliegen im Mittelpunkt, die Theologie der Apostelgeschichte so herauszuarbeiten, wie sie im biblischen Buch präsentiert wird. In drei Hauptteilen werden Gottes Rettung, der Ruf Gottes
und das erneuernde Werk Gottes behandelt. Dabei geht es um so unterschiedliche
Themen wie Gottes heilsgeschichtlichen Plan, die Notwendigkeit der Er Es handelt sich bei diesem Buch sicherlich nicht in erster Linie um ein praktisches missiologisches Werk. Aber es geht von der ersten bis zur letzten Seite um Mission: Schließlich behandelt die Apg die Geschichte der ersten Mission, und so ist die darin enthaltene Theologie durch und durch von Mission und Evangelisation geprägt. Wer sich gerne tiefer mit der Theologie der ersten Missionare (v. a. natürlich Petrus und Paulus) befaßt - und dies nicht in den neutestamentlichen Briefen - sondern in der praktischsten Anwendung von Missionstheologie, nämlich der Missionstätigkeit der ersten Christen, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Thomas Kinker, em 2000-3. |
Marty, Martin E. (Hg). Mission and Ecumenical Expression. München,
London, New York, Paris: Säur, 1993.
(Modern American Protestantism
and its World: Historical Articles on Protestantism in American Religious
Life; Bd. 13). Der dreizehnte Band über die Geschichte des Protestantismus in den USA enthält elf von Missiologen und Historikern ausgewählte, repräsentative Artikel über die Eigenart der nordamerikanischen Mission und der ökumenischen Entwicklung. Die von 1954 bis 1983 verfaßten Beiträge wurden meist von Historikern in verschiedenen Zeitschriften geschrieben und wurden photomechanisch übertragen, was die Ursache für die teilweise schlechte Qualität des Druckbildes und auch den übertriebenen Preis von 85 Pf pro Seite ist. Die ersten vier Artikel beschäftigen sich kritisch mit den Motiven und Auswirkungen der Mission und der Beziehung zwischen Weltmission und dem amerikanischen Imperialismus um die Jahrhundertwende. Die folgenden vier behandeln die Entstehung der nordamerikanischen ökumenischen Bewegung, ihre Voraussetzungen und Folgen von ca. 1880 bis 1970. In drei weiteren Artikeln werden fundamentalistische Gruppierungen und Persönlichkeiten wie das „National Lay Commitee“, Billy Graham und das Wirken pfingstkirchlicher Radioprediger kritisch untersucht. Trotz der insgesamt guten, wenn auch nicht evangelikalen Beiträge ist das Preis-Leistungs-Verhältnis dieses Bandes nicht akzeptabel. Interessenten an diesem Buch dürften daher nur wissenschaftliche Bibliotheken sein. Martin Sachs, em 1995-3. |
Marx, Christoph. Pelze, Gold
und Weihwasser: Handel und Mission in Afrika und Amerika (Geschichte erzählt 13) Darmstadt: Primus,
2008. Marx lehrt als Professor für außereuropäische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen. Sein Spezialgebiet ist die Geschichte des südlichen Afrikas. Das vorliegende Bändchen zeigt an vier Fallstudien die große Bandbreite der Begegnung europäischer Händler und Missionare mit anderen Kulturen in der Zeit vor der systematischen Kolonialisierung in unterschiedlichen Epochen, als noch nicht absehbar war, dass sich die Europäer durchsetzen würden. Marx zitiert immer wieder ausführlich aus den Quellen, die der Darstellung zugrunde liegen. Dabei wird die Sicht der anderen, soweit die Quellen dies erlauben, mit einbezogen. Marx beobachtet, dass „die Begegnung mit Menschen aus anderen Kulturen die europäische Expansion beeinflusste. Denn die Europäer staunten über große Reiche in Asien, die reicher und kultivierter waren als ihre eigenen. Sie lernten unbekannte Religionen und Gesellschaften kennen, die sich in keines der vertrauten Muster einfügen ließen. Portugiesen und Spanier, später auch Niederländer, Franzosen und Briten, waren keineswegs so überlegen, wie sie sich einredeten, sondern mussten sich oft lokalen Verhältnissen anpassen und ihre wirtschaftlichen Gewinnchancen für politische Unterwerfungsgesten einhandeln. Die Versuche, das Christentum zu verbreiten, stießen nicht nur bei Muslimen auf Ablehnung und Widerstand“ (8f). Zuerst geht es um die Eroberungen der Portugiesen in Südostafrika (12–42). Die Portugiesen konnten sich zwar die Herrschaft an der Küste sichern (hier gingen Kolonisierung und Mission Hand in Hand), aber das soziale und politische Normengefüge der Karanga-Reiche im Landesinneren nicht aufbrechen. Das zeigt sich auch daran, dass die Mission nur im unmittelbaren Einflussbereich der Portugiesen Erfolge aufweisen konnte (42). Dann untersucht Marx Pelzhandel und Missionare bei den Huronen im Gebiet der großen Seen Nordamerikas (43-74). Die Mission wurde wesentlich von französischen Jesuiten getragen. Zur Wirkung der Mission trugen neben der Destabilisierung der Gesellschaft verschiedene Epidemien bei, die viele Huronen tief verunsicherten: „Immer mehr Menschen begannen ihre Kosmologie in Zweifel zu ziehen und Alternativen zu akzeptieren. Die Todesorientiertheit der christlichen Botschaft, das Heilsversprechen im Jenseits und die Aussicht auf Wiederauferstehung, die in der huronischen Religion nicht vorkamen, erhielten unter dem Eindruck des Verlusts vieler Familienangehöriger eine neue Qualität und Verlockung“ (69f). Anschließend geht es unter der Überschrift „Der König und der Missionar: Die neue Welt der Ndebele“ (75-104) um Robert Moffat und Mzilikazi, den König der Ndebele. Hier zeigt Marx u.a. die Wirkung der Schilderungen der Missionare auf die folgende Geschichtsschreibung (er spricht von „historiografischem Rufmord“). Der König war nicht sonderlich an der christlichen Botschaft interessiert, doch die Missionare waren als Vermittler im Streit wichtig, stellten Kontakte zur Kapkolonie her und verschafften ihm Zugang zu westlichen Waren. Abschließend geht es um Händler und Missionare an der kanadischen Westküste (105–135). Die dortigen Indianer waren ausgesprochen gewiefte Händler und den Weißen gegenüber in vieler Hinsicht im Vorteil. Die kulturellen Änderungen durch die Einführung neuer Werkzeuge, Kleidung und durch sich ändernde Bedürfnisse wurden zumindest in der Anfangsphase von den Indianern bestimmt (111). Die Fallstudien zeigen, dass die Reiche, die man im „geschichtslosen“ Afrika nicht vermutete, die Europäer für ihre Zwecke nutzten, die Missionare auf Abstand hielten und sich als den weißen Kaufleuten ebenbürtige Partner erwiesen. Ferner wird deutlich, dass die Begegnungen teilweise von unfreiwilliger Komik waren. Der Umgang miteinander blieb auf beiden Seiten von anhaltendem Misstrauen bestimmt; die Kontakte wurden hauptsächlich vom Interesse an den Waren des jeweils anderen aufrechterhalten. Im Handel mit den Europäern beherrschten die Einheimischen alle Tricks des Handels, von dem sie ebenso profitierten wie die Europäer (137). Sie waren zu eigenständigem und wohlüberlegtem Handeln in der Lage. Nach Marx ist daher eine Geschichtsschreibung, die diese Menschen ausblendet und nur die Europäer als gute oder böse Täter im Blick hat, öde und langweilig (137). Diese Fallstudien zeigen die bescheidenen Erfolge der Mission vor oder in der Anfangsphase der Kolonialisierung. Die Würdigung des konkreten Handelns der Missionare ist durchweg kritisch, aber zumeist nachvollziehbar. Die Analyse der Motive der Missionare ist hingegen unbefriedigend. Marx’ Darstellung ist ernüchternd und zeigt ein anderes Bild als manche, vor allem ältere, missionsgeschichtliche Darstellung. Sie ist daher eine wichtige Ergänzung zu missionsgeschichtlichen Gesamtdarstellungen oder Einzelstudien. Marx’ Fallstudien eignen sich auch für den Unterricht. Sie werfen interessante und wichtige Fragen für die Missionsgeschichte und Missionspraxis auf und sensibilisieren für die Perspektive der Einheimischen sowie die Rolle der Missionsgeschichtsschreibung. Prof. Dr. Christoph Stenschke,em 2010-1. |
Mavumilusa, Makanzu. Die Mission und der Blumentopf. Verlag der Vereinigten Evangelischen Mission, Wuppertal,
1988. Um es vorweg zu sagen: Kein Buch über Die Reden und Predigten haben verschiedene Anlässe, z.B. die Hundertjahrfeier der Evangelischen Kirche in Zaire (Eglise du Christ au Zaire), den Lausanner Weltkongreß 1974 oder eine Rede vor dem Entwicklungsausschuß der zairesischen Kirche. In der ersten Hälfte des Buches finden sich Auslegungen und Meditationen in lebendiger und bildhafter Sprache („Der Aufzug, der zu Jesus fährt“, „Gespräch mit einem Embryo“). Zwei Themen beherrschen den zweiten Teil: Der eigenständige Weg der afrikanischen Gemeinde Jesu, das Evangelium glaubwürdig in dem Kontext von Armut und Unterdrückung zu verkündigen, und das Verhältnis der afrikanischen Gemeinden zur Mission aus dem Westen. Das Buch von Mavumilusa ist ein kritisches Buch. Er äußert manche unbequemen Gedanken zur Mission europäischer Christen, so wenn er schreibt: „Der Afrikaner schlägt allmählich vor, den Begriff des «Missionars» durch den des «Mitarbeiters» zu ersetzen. Warum? Für den Afrikaner ist ein «Missionar» oft ein Mensch, der nicht zuhört, dem man aufs Wort gehorchen muß und der sich an die Stelle des Heiligen Geistes setzen möchte. Und er will keinen afrikanischen Nachwuchs heranbilden und keine Verantwortung abtreten“ (S.160). Hier wird der westlichen Mission ein Spiegel vorgehalten, der manchmal nicht sehr angenehm ist. Wie schreibt doch Mavumilusa: „Vor dem Spiegel können wir uns nichts vormachen“ (S.38). Prozesse der Ablösung ‑ und Mission in Afrika ist ein solcher Prozeß der Ablösung von westlicher Theologie und Denkart ‑ sind mit Schmerzen verbunden, für beide Seiten. Es ist ein politisches Buch: So, wenn es heißt: „Laßt uns also den Politikern das Evangelium verkündigen, indem wir ihnen zeigen, daß sie nicht unsere Feinde sind, nur weil sie in der Politik tätig sind, sondern daß ihre Seelen und die Politik uns interessieren und daß viele ihrer Probleme nur durch uns Christen gelöst werden können“, und: „Wir wollen Christen heranbilden, die für die Gesellschaft brauchbar sind“ (S.140). Es ist ein evangelistisches Buch. Auf jeder Seite wird deutlich: Mavumilusa hat eine brennende Liebe für Jesus. Sein erstes Ziel ist die Verkündigung des Evangeliums. Menschen sollen den Weg zu Jesus finden. Alles andere muß sich diesem Ziel unterordnen. Über die Mission und Evangelisation der Zukunft schreibt er: „… [wir möchten] keine Kirchen mehr haben, die voll sind mit Menschen, die nur dort sitzen bleiben wollen, sondern wir wollen Kirchen, die immer wieder leer werden, weil verwandelte Menschen fähig geworden sind, in die Welt hinauszugehen und dort zu bezeugen, was Jesus für sie getan hat. Wir möchten erfüllte Christen heranbilden, die sich auf den Weg machen, das leere Leben der Menschen in der Welt zu füllen“ (S.100). Es ist ein versöhnliches Buch. Bei allen kritischen und fragenden Bemerkungen zum Auftreten der europäischen Missionare in Afrika überwiegt das Thema der Versöhnung und der Liebe: „Der weiße Mann hat uns Gutes getan; er hat teuer dafür bezahlt, uns das Evangelium Jesu Christi zu bringen. Der Wunsch, aus Afrikanern Jünger Jesu zu machen, kostete vielen das Leben. Um unsere Dankbarkeit zu zeigen, haben wir uns entschlossen, alle Weißen, gerade die besonders Verhärteten, zu lieben. Die wenigen Weißen, die uns nicht lieben, werden wir mit unserer Liebe verfolgen. Weisen sie unsere Liebe zurück, werden wir sie mit den Ketten unserer Liebe binden…“ (S.166/167). Die „Forderungen an
unsere Mitarbeiter, unsere Brüder und Schwestern“ [= Missionare] (S.161) sollte sich jeder Missionskandidat und Missionar täglich vor Augen halten,
z.B.: „Der Afrikaner braucht keine «päpstlichen» Missionare, die ihn bevormunden, sondern er wünscht sich Mitarbei Man kann nur wünschen, daß dieses Buch von Missionsgremien, Missionaren und Missionsinteressierten gelesen und diskutiert wird. Daß Johannes Hansen in seinem Geleitwort schreibt, es sei ein „begeisterndes Buch“, kann ich gut verstehen. Gerd Propach,
em 1989-4. |
McAlpine, Thomas H. Facing the Powers. What are the options? Monrovia: MARC, 1992. Keinen Reader (wie
Wagner: Territoriale Mächte. Ebenen der strategischen Kampfführung.) sondern eine Analyse verschiedener
Standpunkte legt McAlpine vor, der bei
MARCUSA für
„urban evangelism“ zuständig ist. Wieder geht es um die Konfrontation mit den
„Mächten“ in missionarischer Arbeit. Darunter
sind sowohl weltliche Machthaber als auch geistliche Mächte zu verstehen. McAlpine stellt einen Katalog von 10 Fragen auf, faßt die Positionen von 16 Autoren in 4 Gruppen zusammen
und beschreibt und vergleicht sie. Ganz
grob skizziert: 1. Die „reformierte Tradition“ (Berkhof, Green, Linthicum,
Wink, Kellermann) sehe Macht v.a.
in sozialen Strukturen verankert,
die evangeliumsgemäßer gemacht werden müßten. 2. Die „täuferische Tradition“ betone die Gemeinde als Alternativstruktur zu weltlichen Machtstrukturen. (Hier
bezieht er auch die römisch-katholischen Brüder
G. und N. Lohfink ein, daneben Yoder und Eller). 3. Die „Dritte Welle“ (Wagner, White, Dawson, Peretti) dagegen sehe die
Mächte, die dem Evangelium entgegenstehen, fast ausschließlich im geistlichen
Bereich, was einen personalen oder territorialen Exorzismus fordere.
4. Die vierte Gruppe eine trotz unterschiedlicher
theologischer Herkunft ihr soziologischer Ansatz (Kelsey, Hiebert,
Shuster). Nach Hiebert z.B. brauchten
Missionare aus der westlichen Welt eine adäquate Antwort auf die „Mittelwelt“ von Dämonen, Geistern, Magie
und Zauberei in anderen Kulturen. Eine theologische Beantwortung von
Ewigkeitsfragen und die wissenschaftliche Betrachtung der empirischen Welt treffe diesen Bereich noch nicht.
Diesen Ansatz halte ich von den geschilderten
für den interessantesten, denn er steht unterschiedlichen theologischen
Positionen offen. Bei den drei theologischen Gruppen dagegen überdehnt
McAlpine die Begriffe „reformiert“ und
„täuferisch“ und klammert zu Christof Sauer, em 1992-4. |
McAlpine, Thomas. Cases in Holistic Mission.
By Word, Work and Wonder. Monrovia//USA: MARC Publications, 1995. McAlpines Frage lautet: „Was ist unter ‚Kingdom of God’ (holistic mission)“ zu verstehen? Aufgrund unseres westlichen, für ganzheitliche Mission recht begrenzten Verständnisses denken wir dabei an Evangelisation verbunden mit Hilfsleistungen im sozialen Bereich. Einen wesentlichen, diese Sicht ergänzenden Impuls für ein biblisches Verständnis von ganzheitlicher Mission gab laut McAlpine die „Evangelical Social Activist Conference“ in Sierra Madre im Jahr 1988. In einer Resolution wurde festgehalten: „Nur wenn wir das ganze Evangelium des Königreiches Gottes erfassen und anwenden, ist die volle Kraft des Evangeliums freigesetzt … Worte, Werke und Wunder gehören zusammen …“ Als europäisches Beispiel einer Missionsarbeit, bei der dieses Prinzip angewendet wird, zitiert McAlpine den Leiter des britischen Zweiges von Ichthys, Roger Forster, der in Anlehnung an Mt 4,12-25, Apg 10,34-43 und Röm 15,18-19, sagt: „Es wäre (und sollte) praktisch unmöglich sein, die drei Stränge der evangelistischen Schnur zu entwirren“ (22). Als weiteres Beispiel für ganzheitliche Mission nennt der Autor das „Centro Nauareno in San Mateo“ in Bogotà, dessen Leiter von Beruf Schuhmacher ist, später aber Theologie studiert hat. Von diesem Zentrum aus werden in sieben Zentren (sog. „barrios“) u. a. Gesundheitskurse, Schulungen und Berufsausbildungen angeboten. Thomas H. McAlpine, Autor für die Organisation „World Vision“, erwähnt verschiedene katholische Beispiele für ganzheitliche Mission und erklärt dem Leser, warum für seine Organisation hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen protestantischen und katholischen Werken kein Unterschied bestehen. Das Königreich Gottes ist laut den Vertretern der „Kingdom of God“-Theologie nicht ein Teil der Gemeinde. Es existiert auch nicht losgelöst von der Gemeinde, sondern stellt vielmehr den übergeordneten Rahmen für die lokale sowie die weltweite Gemeinde dar. Das Buch vermittelt brauchbare Impulse für ein erweitertes Verständnis von ganzheitlicher Mission und im besonderen von der „Kingdom of God“-Theologie. Allerdings stützt es sich in der Beurteilung des westlichen kulturellen Umfeldes auf bereits überholte Weltanschauungen. So wird beispielsweise erläutert, der Westen betone nur die physische und geistige Welt, nicht aber das von der Magie dominierte sogenannte Mittelfeld. Auch reduziert der Autor die ganzheitliche Mission fast ausschließlich auf charismatische Gruppierungen. Hier wäre ein vertieftes Studium der aktuellen Missionssituation und Missionstheologie notwendig. Wer den Apostel Paulus mit seinem Anliegen, die Verlorenen zu erreichen, verstanden hat, wird immer versuchen, Menschen ganzheitlich zu begegnen, aber ebenso wird er das ewige Heil dem irdischen Wohlbefinden des Menschen stets überordnen. Dr. Marco Gmür, em 1997-3. |
McCurry, Don. Die Heilung der zerbrochenen
Familie Abrahams. Moslems und Christen – Ein Handbuch. Wuppertal: One Way Verlag, 1996. Don McCurry legt hier als Frucht aus 18jähriger Missionserfahrung in Pakistan ein Handbuch zur Begegnung zwischen Christen und Muslimen vor. Zunächst geht der Autor auf die geistliche Abstammung der Muslime von Ismael ein, sowie auf einige Fakten zur Entstehung des Islam und seiner verschiedenen Ausprägungen (z. B. Mystik, Volksislam, politischer Islam, Ahmadiyya). Da dieser Teil nur die Hinführung zum eigentlichen Anliegen des Buches bildet, ist es entschuldbar, daß manche Sachverhalte nur etwas verkürzt dargestellt werden (z. B. wird die islamische Mystik nicht zutreffend mit dem Synonym „Flucht vor dem Gesetz“ belegt, 139). Wirklich überzeugend widmet sich der Autor seinem eigentlichen Hauptanliegen, nämlich der Frage, wie Christen mit Muslimen geistlich zentrale Fragen wie ‘Schuld und Vergebung’, ‘Zugang zu Gott’ und ‘Errettung zum ewigen Leben’ in einem kulturell-gesellschaftlich angemessenen Rahmen ansprechen können. Obwohl McCurry praktische Tips zur Wahl der Gesprächsform und des -inhaltes mit Muslimen vermittelt, geht es ihm in erster Linie um die Umsetzung geistlicher Prinzipien, nicht um Patentrezepte. Diese geistlichen Prinzipien zur Begegnung mit Andersgläubigen (Vorbildfunktion, ‘das Leben teilen’, echte Jüngerschaft etc.) und zur Gesprächsführung werden aus der Bibel erläutert und auf die Begegnung mit Muslimen angewandt. Dabei geht der Autor wiederum auf verschiedene muslimische Gruppierungen (Sunniten, Schiiten, Mystiker, etc.) ein und ermutigt zum freimütigen, aber liebevollen Zeugnis unter Muslimen. McCurry nennt konkrete Vorschläge, wie der christliche Mitarbeiter über die ‘heißen Eisen’ der Muslimmission, über Kreuzigung, Dreieinigkeit und Gottessohnschaft sprechen kann; ebenso wird die meist traumatische Zeit nach der Bekehrung eines Moslems und seine Eingliederung in eine christliche Gemeinde angesprochen. Vorsichtig distanziert äußert sich McCurry zur Kontextualisierung, spricht sich allerdings klar gegen jede Form des Synkretismus aus. – Ein wertvolles Handbuch für jeden Mitarbeiter im Bereich des Islam. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-4. |
McIlwain, Trevor. Auf festen Grund gebaut. In 50
Lektionen durch die Bibel. Hänssler: Neuhausen, 1998. Endlich! Das Vorbildswerk für die biblische Grundlagenschulung
ist auf Deutsch erschienen. Es hat seither auf Englisch auch bei
deutschsprachigen Missionaren auf den Missionsgebieten die Runde gemacht –
es war der offene Geheimtip für verzweifelte Missionare, die mit
verschiedenen Evangelisationsmethoden experimentierten, bis sie auf das
nächstliegende kamen: Die Bibel in der Reihenfolge, wie sie im alt- und
neutestamentlichen Kanon zusammengestellt wurde, in großen Linien zu lehren
– und zwar gerade auch Fernstehenden, Nichtchristen also, aus Das Evangelium ist das Herzstück unseres Glaubens. Kreuz und Auferstehung unseres Herrn sind unverzichtbare Lehrinhalte. Aber sie sind das Ziel, nicht der Anfang der Lehre. Wer damit beginnt, schlägt sich und dem Evangelium u. U. sogar Türen zu. Glaube geht auch über den Verstand. D.h., die Menschen wollen wissen und verstehen, was sie glauben. Der letzte Glaubensschritt ist dann immer noch groß genug. Wie ein kostbares Bild einen passenden, zum Zentrum des Bildes hinweisenden Rahmen braucht, so braucht das Evangelium Hinführung, einen informativen Hintergrund. Das beginnt mit der Schöpfung, dem Anfang der Heilslinie, die sich durch das gesamte AT zieht und über das Evangelium hinaus mit der Offenbarung in die hoffnungsvolle Zukunft weist. Das vorliegende Buch beschreibt diesen Weg in sinnvollen Abschnitten und 50 Lektionen, wobei das Fundament und der Aufbau strikt der Chronologie der Bibel entnommen sind. So wird dem Glauben an Jesus Christus ein solides biblisches Fundament gegeben. Trevor McIlwain kam in den Philippinen vor Jahren darauf - und war verblüfft über den Erfolg. Inzwischen wurde das Material in verschiedenen Ausgaben und Kulturen verwendet. Interessanterweise erschien eine Anwendung schon vor kurzem in deutsch: Hans Bär. Heilsgeschichtlicher Bibelunterricht. McIlwains Programm ‘Building on Firm Foundations’ im Einsatz unter den Karen im Bezirk Omkoi (Nordthailand). (Edition afem, mission academics Bd.3. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 1998. Hans Bär zeigt gleichzeitig die Möglichkeit und Notwendigkeit auf, McIlwain kulturell und theologisch zu adaptieren. Manche Anwender würden das Werk wie Hans Bär gerne von seiner dispensationalistischen Engführung korrigieren und andere biblische Inhalte hinzufügen. Eine solide Grundlage ist gegeben, ein Werkzeug, für das nicht nur Missionare dankbar sein werden. Ich wünsche mir, daß auch bei uns theologische Schulen und Seminare das Grundprinzip anwenden. Denn der biblische Grundwasserspiegel läßt in unseren Gemeinden ebenso zu wünschen übrig. Das Buch eignet sich deshalb auch für regelmäßige Bibelstunden - oder sogar öffentliche Volkshochschulkurse, wie Thomas Schirrmacher in der Einleitung beschreibt (Vorabdruck in em 3/98:101-104). Im Übrigen: So neu ist das ganze nun auch wieder nicht. Schon vor 80 Jahren haben z. B. die Neuendettelsauer Missionare (Georg F. Vicedom und Kollegen, angeregt durch Christian Keyßer) dieses Lehrprinzip in der Erstverkündigung in Neuguinea erfolgreich angewendet (K. W. Müller, Peacemaker, Ph.D.-Diss. Aberdeen, 1993). Dann ging durch die theologischen und strukturellen Turbulenzen der 60er und 70er Jahre in der deutschen Missionswissenschaft diese wertvolle Erkenntnis verschütt – und wurde nun von Amerikanern wieder ausgegraben, ohne zu wissen, daß es das früher schon einmal gab und deshalb auch ohne darauf hinzuweisen. Ein Grund mehr, daß wir uns stärker mit unseren eigenen Quellen befassen – und die Bibel auch methodisch ernster nehmen sollten. Die Inspiration schließt vielleicht doch auch die Zusammenstellung des Kanons mit ein. Dr. Klaus W. Müller, em 1998-4. |
Meiser, Anna. „Ich trinke aus zwei Flüssen“: Zur Logik transkultureller Prozesse bei christlichen Achuar und Shuar im oberen Amazonien. Stuttgart: Kohlhammer, 2013. Dieser Band beschäftigt sich mit den kulturellen Prozessen unter den Achuar und Shuar in Amazonien die durch die Missionsarbeit der katholischen und evangelikalen Mission ausgelöst wurden. Ihm liegt die Promotionsschrift der Verfasserin, eingereicht an der LMU München, zugrunde. Nach dem Einführungskapitel (S.18–41) folgt eine Beschreibung des ethnographischen Szenarios (S.42–68), gefolgt von der Skizzierung des ideologisch und historisch geprägten (post)kolonialen Lateinamerikas (S.69-89). Im vierten Kapitel werden theoretische Ansätze (transkultureller Kulturbegriff, Bedingungen und Möglichkeiten transkulturellen Verstehens und die Wirklichkeit von Differenz) erörtert (S.90–127). Anschließend werden die indigenen Dimensionen der katholisch-autochtonen Kirche und der evangelikal-indigenen Kirchen erläutert (S.128–192) und im sechsten Kapitel durch die Sichtweise der Missionare bezüglich der Legitimation eines indigenisierten Christentums fortgeführt (S.193–252). Schließlich werden die Selbstzeugnisse indigenisierter Christen präsentiert, analysiert und die Strategien der Aneignung des kulturell Fremden (christliche Glaubensinhalte) aufgezeigt (S.253–309). Abgerundet wird der Band mit den Schlussbemerkungen, der Bibliographie und den Anhängen (S.310–351). Sind die Prozesse des Kulturwandels unter dem Einfluss der christlichen Mission in Amazonien seitens der Ethnologen in deren einschlägigen Publikationen oft als negativ bis hin zu zerstörerisch beschrieben worden, so findet sich in diesem Werk eine völlig andere Perspektive. Erfreulich ist die Tatsache, dass sich die Verfasserin als Ethnologin von einem starren Kulturverständnis gelöst hat, sich stattdessen eines dynamischen Kulturbegriffs verschreibt und sich im Gegensatz zu Vertretern ihrer eigenen Zunft verpflichtet sieht, die betroffenen Achuar und Shuar als Betroffene selbst zu Wort kommen zu lassen – und zwar ausgiebig und mit der Feststellung, dass westliche Ethnologen Fragen aufwerfen, die für Indigene (oft) überhaupt keine sind (S.19). Meiser nimmt dahingehend die Kritik betroffener Mitglieder indigener Kulturen auf, die sich nicht mehr länger nur als Objekte ethnologischer Forschungen sehen wollen, sondern „ebenso das Recht hätten, zu Subjekten zu werden“ (S.40). In einer als positiv zu bewertenden Ausgewogenheit präsentiert sie katholische und evangelikale Missionspraxis, deren theologische Gründung und die unterschiedlichen Motive der Achuar und Shuar sich fremdes Kulturgut, sprich christliche Glaubensinhalte, anzueignen. Die dafür nötige kulturelle Dynamik versucht Meiser mit dem Begriff „Transkulturalität“ zu fassen (das Fremde wird zum Eigenen gemacht, welches das „Bewusstsein einer hybriden, christlich-indigenen Doppelzugehörigkeit stiftet“, S.23). Immer wieder wird in Meisers Ausführungen deutlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und großem Selbstverständnis Achuar und Shuar christliche Glaubensinhalte in ihre Kosmologie, aber auch in ihre alltägliche Praxis integrieren. Freilich sind die Beweggründe, katholische oder evangelikale Christen zu werden, wie sie selbst konstatiert sehr „unterschiedlicher Natur“ und durch „spezifische persönliche Erfahrungen mit beeinflusst“ (S.309). Bemerkenswert ist jedoch ihre Feststellung: „Die Interkulturalität der indigenen Konvertiten hat eine kulturelle Tradition; sie ist nicht das Ergebnis des kulturellen und religiösen Austauschs mit den Missionaren, sondern deren Voraussetzung“ (S.304). Dieser Band bietet gerade auch für Missionare und kirchliche Mitarbeiter einen wertvollen Einblick in die Komplexität der Einheimischwerdung des Evangeliums – speziell im lateinamerikanischen Kontext. Des Weiteren zeigen die Forschungsergebnisse, dass die christliche Mission in der Propagation des Evangeliums bei weitem nicht so negativ gesehen werden darf, wie es gemeinhin geglaubt und von der Wissenschaft oft postuliert wird. Hilfreich sind Darstellungen im Text und die Farbaufnahmen im Anhang des Bandes. Ein Register hätte den Band nochmals aufgewertet. Mit dem Preis ist es, wie immer mit Publikationen in dieser Kategorie – er entspricht dem Inhalt, aber nicht unbedingt dem Geldbeutel interessierter Leser. Dr. Robert Badenberg, em 2014-2. |
Mensen, Bernhard (Hrsg.). Dialog. Akademie Völker und Kulturen:
Vortragsreihe 2001/ 2002 Band 25, Nettetal: Steyler, 2002. Seit vielen Jahren ist „Dialog“ ein Schlagwort in der ökumenischen Theologie und in der Missionstheologie. Der vorliegende Sammelband, der auf eine Vortragsreihe der Akademie Völker und Kulturen St. Augustin zurückgeht, reflektiert über das Wesen, über Chancen und Grenzen solchen Dialogs. Dialog fordert von den Partnern die Anerkennung des anderen sowie die dafür notwendige Erkenntnis- und Wahrheitsoffenheit. Diese Offenheit ist nicht mit einer Standpunktlosigkeit oder Preisgabe der eigenen Identität zu verwechseln. Darum zunächst die Frage: „Welches sind die Voraussetzungen eines Dialogs, und welche Ziele kann er haben?“. Daher behandeln die sechs Beiträge nicht die „Aussichten oder Erfolge des Dialogs mit den einzelnen Kulturen oder Religionen, etwa den Dialog der Christen mit dem Islam oder Hinduismus usw., sondern sie wollen die Voraussetzungen, Grundlagen, und mögliche Ziele des Dialogs zu Sprache bringen“ (8). T. Sundermeier fragt „Kann man den Fremden verstehen?“ (23-32) und gibt folgende Hinweise: „1. Alles Verstehen beginnt damit, dass ich den anderen wirklich als einen anderen, und d. h. einen mir Fremden wahrnehme und respektiere. … Auf der zweiten Stufe müssen wir die eben eingenommene vorurteilsfreie Distanz überwinden und versuchen, das uns Fremde in dem jeweils eigenen Kontext zu beschreiben. Hier ist Sympathie gefordert und die Bereitschaft, sich auf die Lebensumstände der anderen zumindest für eine Zeit einzulassen… . Auf der dritten Ebene müssen wir gerade die Symbolik einer Kultur, die ihr zugrunde liegenden Lehren und ihre Vergemeinschaftungspraxis zu begreifen versuchen, denn sie prägen den Menschen und bestimmen sein Denken, sein Gefühl und seine Weise der Weltbegegnung. … Viertens … muss immer noch betont werden, dass der elementare Grundsatz der Begegnung mit dem Fremden der des Respektes vor der Würde des anderen Menschen und seiner Kultur und Religion ist“ (30-32). W. Beinert bringt „Dialog und Kirche“ miteinander in Verbindung (33-43), indem er die Entwicklung innerhalb der katholischen Kirche umreißt. C. Lienemann-Perrin beginnt ihren Beitrag „Mission und Dialog in den Kontexten der Welt“ (45-60) mit Überlegungen zu Mt 28 zwischen postmodemer und postkolonialer Auslegung, um dann aufzuzeigen, wie die Begriffe Mission und Dialog in verschiedenen Ländern, Kulturen und Kirchen verstanden und gefüllt werden („… von konkreten Situationen ausgehend, in groben Umrissen eine Art Weltkarte des missionarisch-dialogischen Profils des Christentums „zu skizzieren“, 49). Die Autorin untersucht das Missions- und Dialogverständnis der Kirchen Asiens, Lateinamerikas („Die religiöse Szene in lateinamerikanischen Ländern wie Brasilien lässt es kaum zu, von Religionsbegegnung und vom interreligiösen Dialog zu sprechen. Wo die Vermischung der verschiedenen Christentums-formen und Volksreligionen so weit fortge-schritten ist, zerrinnt der interreligiöse Dialog; denn er findet keinen Halt mehr an prägnanten Bekenntnissen und Kirchengestalten. Es zeigt sich, dass Dialog ein gewisses Mass an religiöser Identität und missionarischem Überzeugtsein braucht, um in Gang zu kommen“, 53), Afrikas („Vom Dialog mit den traditionellen Religionen und dem Islam ist dabei häufig nichts zu spüren - im Gegenteil. Symbole der ‘heidnischen Religionen’ werden vernichtet, der Islam im Missionszeugnis frontal angegriffen, wenn nicht sogar bekämpft. Unter dem Eindruck des neupfingstlerischen Erfolgs stimmen sich auch die „mainline“ churches und die römisch-katholischen Teilkirchen auf die neuen religiösen Wellen ein und verändern sich dabei erheblich in ihrem Charakter und ihrer Gestalt“, 54), Nordamerikas und Europas („Das Nebeneinander von friedlicher Mission und missionarischer Offensive, von Würdigung, Kritik, und Schelte der Mission kennzeichnet unsere Gesellschaft“, 57). Nach C. Lienemann-Perrin zeigt dieses Bild, „dass es in den verschiedenen Kontexten der Welt eine große Vielfalt von Austauschbeziehungen zwischen dem Christenrum und anderen Religionen gibt, die mit den Begriffen „Mission’ und T)ialog’ nur sehr unzureichend erfasst werden. Femer braucht es einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch über Mission’ und „Dialog’ in den verschiedenen Kontexten der Welt. Es hilft nichts, den belasteten Missionsbegriff einfach über Bord zu werfen; denn während Teile des europäischen Christentums ihn vielleicht als anstössig empfinden, hat er in den Kirchen der ausserwestlichen Welt eine neue Heimat gefunden. Wer mit dem Christentum im Süden ins Gespräch kommen und nicht einfach an ihm vorbei an hartnäckigen Vorurteilen festhalten will, muss sich auf Religiosität, Sprache und theologische Ansätze in diesen Ländern einlassen. Ich plädiere dafür, den Wanderbewegungen des Missionsbegriffes nachzuspüren, dabei auf inhaltliche Veränderungen zu achten und eine interkulturelle Hermeneutik der Mission in Verbindung mit dem interreligiösen Dialog zu entwickeln. … der Rückkehr der missionarischen Ausstrahlungskraft in unsere Gemeinden und theologischen Fakultäten – gerade auch um des interreligiösen Dialogs willen, der angesichts der Zunahme von religiös motivierten Konflikten in der Gesellschaft immer wichtiger wird. Ich bin davon überzeugt, dass ohne die missionarische Ausstrahlung aller am Dialog Beteiligten der Dialog mit anderen Kulturen und Religionen auf Dauer nicht lebensfähig ist.“ H. Bettscheider untersucht „Die Wahrheitsfrage und der interreligiöse Dialog“ ( 61-77) und H. Waldenfels beleuchtet abschließend das Verhältnis zwischen „Dialog und Bekenntnis“ (79-92). Eine knappe Vorstellung der Autoren sowie Ubersichten über die in der Akademie gehaltenen Vorträge der letzten Jahre beenden den Band. Prof.Dr. Christoph Stenschke, em 2005-3. |
Mensen, Bernhard SVD
(Hg.). Afrika zwischen
Tradition und Moderne.
Vortragsreihe 1995/96/ Akademie Völker und Kulturen St. Augustin; Bd. 19. Steyler
Verlag: Nettetal, 1996. Drei der sechs Vorträge befassen sich mit der politischen und wirtschaftlichen Situation Afrikas. Die Autoren sind bzw. waren Professoren an deutschen Hochschulen. Der erste Beitrag fragt „Woran krankt Afrika?“ Antwort: „Die Krankheit Afrikas rührt hauptsächlich von den in der nachkolonialen politisch-sozialen Entwicklung bewirkten gesellschaftlichen Verzerrungen her“ (S.21). Die politischen Strukturen werden für die Probleme verantwortlich gemacht, nicht die Menschen Afrikas (S.22). Gleiches gilt für die afrikanische Wirtschaft. Im dritten Beitrag („Afrika wohin?“) geht es um eine Orientierungssuche nach dem Wegfall des Ost-West-Konflikts. Der vierte Beitrag („Das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft in afrikanischen Gesellschaften“) zeigt, welch große Rolle die Einzel- und Gemeinschaftsbeziehungen im traditionellen Afrika spielen, wobei neuere Entwicklungen eine Schwächung dieser Beziehungen bringen. Der fünfte Beitrag („Der Einfluß Afrikas auf die europäische Kunst“) weist auf die von Afrika kommenden Anregungen auf kulturellem Gebiet hin (Musik, Malerei, plastische Kunst). Der sechste Beitrag („Zwischen Evangelium und Kultur – Christentum aus afrikanischer Perspektive“) geht der Frage nach, ob zwischen Christentum und traditioneller Kultur ein Austausch stattfindet. Dabei wird das Aufkommen einer Afrikanischen Theologie nachgezeichnet, ihre Ansatzpunkte, ihre Entwicklungen und Probleme. Umfang und Stil des Buches machen es leicht lesbar. Man wünscht sich nur etwas mehr Platz für Randnotizen. Ein guter Teil des Buches ist der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas gewidmet. Dies hilft zum Verständnis der heutigen Situation und zeigt dabei auch größere (globale) Zusammenhänge auf. Der Beitrag über die zwischenmenschlichen Beziehungen bringt für Afrikakenner nicht viel Neues. Als Christ ist man natürlich am letzten Beitrag des Buches zum Christentum aus afrikanischer Perspektive besonders interessiert, speziell am Unterabschnitt über Mission. Dieser Beitrag ist einer der kürzesten. Interessant ist, daß dies der einzige Beitrag eines Nichteuropäers ist; Dr. theol. Amélé Ekué stellt fest, daß aus afrikanischer Perspektive „die Missionare Afrikaner und Afrikanerinnen in ihrer Identität störten. Aber sie haben sie nicht nur als Opfer zurückgelassen, sondern als Akteure ihrer eigenen Christentumsgeschichte…“ (S. 110). Auch der Autor des vierten Beitrags äußert sich zum Thema Mission: „Die christlichen Missionen stellen allein durch ihre Präsenz den Glauben an die Macht der Erde und der Ahnen sowie die traditionellen Normen in Frage, und zwar auch da, wo ihr äußerer ‘Erfolg’, gemessen an der Zahl der getauften und zum Christentum Bekehrten, gering ist“ (S.79). Er zitiert einen Pater, der 27 Jahre als Missionar tätig war: „Wenn ich nicht meinen christlichen Glauben hätte, würde ich das, was wir Missionare gegen die traditionellen Normen der afrikanischen Gesellschaft tun, als ein Verbrechen bezeichnen“ (S.79). Fazit: Es werden einige interessante Einblicke und Hintergründe afrikanischer Entwicklungen vermittelt. Doch wer mehr Information über Christentum und Mission in Afrika sucht, findet hier nicht sehr viel. Hans Schultheiß, em 1999-4. |
Menzel, Gustav. Die Bethel-Mission, Aus 100 Jahren Missionsgeschichte.
Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1986. Gustav Menzel, 1967 Missionsdirektor der Rheinischen Mission bzw. der Vereinigten Evangelischen Mission, hat mit seinem 1978 erschienenen Standardwerk „Die Geschichte der Rheinischen Mission“ eine der gründlichsten Arbeiten über die Geschichte einer deutschen Missionsgesellschaft vorgelegt, wenn man von der unübertroffenen mehrbändigen Geschichte der Basler Mission einmal absieht. Ihr stellt er nun die Geschichte der Bethel-Mission zur Seite, die 1971 wie die Rheinische Mission in der VEH aufging. Man spürt heraus, daß Menzel die Bethel-Mission stärker aus sachlicher Distanz beschreibt als die Rheinische Mission, deren Missionar in Sumatra er einst war. Die Stärke des Buches liegt im Detail. Aus einem enormen Archivmaterial hat Menzel nicht nur eine zusammenhängende Geschichte aus einem Guß gemacht, sondern zahllose zunächst unwichtig erscheinende Einzelangaben diskutiert und belegt. Dadurch ist das Buch nicht nur ein Gesamtentwurf, sondern zugleich zum Einzelstudium bestimmter Fragen und Personen geeignet. Solche interessanten Einzelheiten aufzuführen würde hier zu weit führen. Was sind also daneben die großen Linien, die Menzel verfolgt, gar die Linien, die das Buch weit über die Bethel-Mission hinaus interessant machen? Mir scheinen es drei Problembereiche zu sein. Der erste Problembereich ist die Frage nach dem Verhältnis von Kolonialismus und Mission. Der Weg von der ursprünglich kolonialistisch gesinnten Evangelischen Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika zu der von Bodelschwingh geprägten Ostafrika-Mission und dann Bethel-Mision geht über viele Brüche und Einzelentscheidungen. Die beiden Kriege zwingen die Mission, den Afrikanern mehr Selbständigkeit zuzubilligen, was dann schließlich auch als richtiger Weg erkannt wird. Der zweite Problembereich ist die theologische Ausrichtung. Angesichts der heutigen Aufspaltung in „evangelikale“ und „kirchliche“ Missionsgesellschaften in Deutschland kann man hier die einzelnen Etappen einer deutschen Missionsgesellschaft verfolgen. Die Diskussionen um Kirchenpolitik, Schriftverständnis und ökumenische Orientierung führen zu tiefgreifenden Änderungen, die jedoch nicht gradlinig verlaufen. Menzel beschreibt diese Veränderung zwar aus der Sicht der heutigen VEM, aber so fair, daß jeder aus der Diskussion lernen kann. Der dritte Problembereich, bei dem Menzel meines Erachtens sein Buch zu einem Höhepunkt bringt, ist die Mission unter dem Nationalsozialismus. Die ganze verworrene und komplizierte Situation wird deutlich. Einerseits helfen Missionare die NSDAP im Ausland aufbauen, wird die „Wende“ wärmstens begrüßt. Altes kolonialistisches Gedankengut lebt auf. Andererseits lehnt man die Rassenlehre ab, und es gibt eben einen Friedrich von Bodelschwingh. Man teilte die Weltanschauung des Nationalsozialismus nicht, erhoffte sich aber doch Veränderungen zum Guten von der neuen Regierung und verkannte die Zeichen der Zeit total. Wichtig sind auch Menzels über die Bethel-Mission hinausgehenden Informationen zur Mission unter dem Nationalsozialismus. Ein spannend geschriebenes Buch, wie es uns noch von mancher Missionsgesellschaft fehlt. Thomas Schirrmacher, em 1988-4. |
Menzies, William und Robert. Pfingsten und die Geistesgaben –
Ein theologischer Brückenschlag zwischen Pfingstbewegung und Evangelikalen,
Metzingen: Ernst Franz, 2001. Das vorliegende Buch stellt eine positive Herausforderung dar – sowohl für evangelikal als auch für pfingstlich geprägte Christen. Die Autoren haben das Anliegen, eine Brücke zu bauen, verleugnen aber nicht ihre theologische Herkunft, sondern suchen die für pfingstliche Kreise charakteristische Erfahrung des Heiligen Geistes theologisch zu begründen und die Bedeutung der Unterscheidung von Wiedergeburt und Geistestaufe für die Mission herauszustellen. Es werden auch weitere mit der „Pfingsterfahrung“ verbundene Fragestellungen erörtert, so die Frage nach Sprachenreden, nach dem Stellenwert von Zeichen und Wundern, nach Leiderfahrung im Leben eines Christen und nach der Beziehung zwischen Geistestaufe und Geistesgaben bzw. Geistesfrucht. Hiermit ist ein weiter Fragenhorizont aufgerissen. Das Buch beginnt mit einem Rückblick auf die Geschichte der Pfingstbewegung und einer Beschreibung deren derzeitigen Beziehungen zu „evangelikalen“ Christen: Man habe sich angenähert, doch nach Menzies arbeiten Evangelikale „mit einschränkenden Regeln, … die ein Ergebnis zugunsten der Pfingstgläubigen von vornherein ausschließen“ (S. 44). Kapitel 2 zeichnet die Entwicklung der Einordnung narrativer Bibeltexte nach, was zentral für die Frage nach der lukanischen Theologie und damit der Deutung des Pfingstereignisses ist. In Kapitel 3 wird diese Frage anhand der Apostelgeschichte erörtert, wobei Menzies eine klare Unterscheidung zwischen lukanischer und paulinischer Pneumatologie einführen: ersterer wohne kein heilsbezogener Aspekt inne. Pfingsten sei ausschließlich Ausrüstung zum Zeugendienst und nicht, wie Evangelikale das verstehen, Eintritt in den neuen Bund. Diese Sichtweise wird mit dem lukanischen Geistverständnis an sich begründet: Lukas spreche ausschließlich vom prophetischen Geist, so sei also auch die Pfingstgabe prophetisch aufzufassen; diese Gabe dürfe nicht mit Bekehrung oder Wiedergeburt verwechselt werden. Die Autoren wenden sich hier gegen die evangelikale Ansicht, dass Bekehrung und Geistempfang zusammenfallen. Kapitel 4 ist ein Plädoyer für klare Schriftforschung sowohl angesichts postmoderner Anfragen an evangelikale Hermeneutik als auch angesichts der erfahrungsbetonten Sicht der Pfingst-kreise. Menzies sprechen sich für eine gegenseitige Ergänzung evangelikaler und pfingstlicher Anliegen aus. Die oben beschriebene Identität der pfingstlichen Theologie im Verständnis der Pfingstgabe jedoch dürfe nicht preisgegeben werden. Die folgenden Kapitel setzen sich mit den Beiträgen von James Dunn, Max Turner und Gordon Fee auseinander. Hierbei geht es Menzies vor allem darum, nachzuweisen, dass Lukas seine Erzählung bewusst so gestaltet, dass sie den Charakter eines verbindlichen Modells christlicher Erfahrung erhält. Als Schlüsselargument dient nach wie vor die Unterscheidung zwischen der Pneumatologie des Lukas und der des Paulus. Kapitel 8 und 9 befassen sich mit dem Thema Sprachenrede: Menzies verteidigen sie als Zeichen für eine Geistestaufe und gleichzeitig eine für alle Gläubigen gedachte Gabe. Im 10. Kapitel wenden sich die Autoren noch einem neuen Thema zu: der „Zeichen- und Wunder-Bewegung“ (oder „Dritten Welle“). Im Gespräch mit dort vorzufindenden Ansichten wird die lukanische Sicht von Zeichen und Wundern dargestellt, wobei Menzies herausstellen, dass Lukas das Wirken des Geistes in erster Linie als Kraft zum mündlichen Zeugnis und weniger zum Wunder-Tun beschreibt. Zudem stellen sie dar, wie Lukas einerseits von einer Fülle von Wundern berichtet, andererseits jedoch vor der Forderung nach Wundern warnt. Kapitel 11 befasst sich differenziert mit der Lehre Uber „Heilung im Sühnetod Jesu“: Vom Kreuzestod Jesu gehe „körperliche Heilung wie alle segensreichen Auswirkungen der Erlösung“ aus. Menzies zeigen, dass die Erlösung nicht nur eine geistliche Dimension hat, sondern den menschlichen Körper, wie auch die ganze Schöpfung mit umschließt und dass Gläubige dieses Heil in zunehmendem Maße erführen. Hier schließt thematisch Kapitel 12 an: Wie bringen Christen die Überzeugung von Gottes persönlicher Bewahrung und Fürsorge mit eigenem und fremden Leid zusammen? Anhand des Berichts von der Verklärung Jesu in Mk 9,2-10 wird eine pfingstlerisch-selbstkritische Einladung präsentiert, Gottes Hand nicht nur in ,,glanzvolle[n] Beweisen seiner Herrlichkeit“ zu sehen, sondern vielmehr zu erkennen: „alles, was wir an Bewahrung und an Leid erfahren, ist auf seine Lenkung der Dinge zurückzuführen“ (S. 190). Dabei wird als Ziel der göttlichen Fürsorge nicht in erster Linie Wohlergehen verstanden, sondern die Erfüllung des Erlösungsplanes des Vaters. Kapitel 13 befasst sich nun grundsätzlicher mit dem Thema „Geistesgaben“, wobei IKor 12-14 als zentral aufgefasst werden. Menzies formulieren drei Prinzipien: das Gnadenprinzip, das Erbauungsprinzip und das Teilungsprinzip. Die folgenden Kapitel dienen der Verhältnisbestimmung von Geistestaufe und Geistesgaben bzw. Geistesfrucht. Es wird nun die Synthese zwischen der lukanischen und der paulinischen Sichtweise angestrebt, wobei die lukanische Geistestaufe als Tor zu den prophetischen Gaben bei Paulus aufgefasst wird. Abschließend lässt sich sagen: Das Buch behandelt eine umfassende Thematik detailliert, mit Sachkenntnis und missionarischem Herzen. Hierin liegt seine große Stärke und Herausforderung für Christen jeglicher Prägung. Menzies leisten eine starke Überzeugungsarbeit in der Fundierung ihrer Grundposition. Nicht alle Argumentationen überzeugen. Die vorgeschlagene Synthese zwischen der lukanischen und paulinischen Sicht in Kapitel 14 hat bestechende Elemente, manche Fragen lassen Menzies dabei jedoch leider unbeantwortet: Warum fordert Paulus in 1 Kor 1214 nicht auf, sich nach einer bestimmten zweiten Geisterfahrung – der Geistestaufe – auszustrecken, sondern nach den Gaben dieses Geistes? Warum gehen die Autoren nicht auf 1 Kor 12,13 – der „Taufe durch einen Geist zu einem Leib“ – ein, wo Paulus die Gläubigen in Korinth zeitlich nach einer „Geistestaufe“ einordnet? Nicht ganz überzeugend ist auch die Argumentationslinie, das Pflngstereignis allein von Lukas her deuten zu wollen. Trotz dieser Anfragen leistet dieses Buch einen wertvollen Beitrag zur laufenden Diskussion und regt zu weiterem Nachdenken an. Es ist ein Aufruf, das Leben, das Gottes Geist wirkt, tatsächlich in all seinen Dimensionen zu suchen, der hoffentlich nicht ungehört bleiben wird! Verena Schröder, em 2005-2. |
Michel, Erhard, Johannes Reimer, Elmar Spohn (Hg.). Christus für die Welt: Theologische Beiträge zur Mission und Gemeindegründung im Umfeld von Allianz-Mission und Freien evangelischen Gemeinden, Witten: SCM Bundesverlag, 2014. Die vorliegende Festschrift wurde zum 125-jährigen Jubiläum der Allianz-Mission (AM) veröffentlicht, wobei der Band nicht als offizielles Dokument zu verstehen ist, sondern als Sammlung von theologischen Beiträgen, „die zur Diskussion anregen und frische Impulse geben wollen“ (S.8). Die Herausgeber sind Erhard Michel (Missionsleiter der Allianz-Mission), Johannes Reimer (Missiologie-Professor der TH Ewersbach) und Elmar Spohn (u.a. Dozent an der AWM, Korntal). Im ersten Teil („Mission großgeschrieben – zum Missionsverständnis“) beleuchten Siegbert Riecker und Julius Steinberg die alttestamentlichen Voraussetzungen christlicher Mission. Christoph Stenschke hingegen beschäftigt sich in seinem Artikel mit der neutestamentlichen Grundlegung der Mission und was es bedeutet, wie Jesus gesandt zu sein. Sodann erörtert Alfred Meier die Trinitätsmetapher von „Gottes Tanz in der Welt“ und ihre Bedeutung für die neuere Missionstheologie. Der zweite Teil („Zur Geschichte der Allianz-Mission“) beinhaltet eine chronologische Übersicht über die Entwicklung der AM von Hans Ulrich Reifler, einen biographischen Artikel von Heinz Müller über den ersten Missionar der damaligen Allianz-China-Mission, eine Auswertung von Johannes Reimer über die gewachsene Beziehung von AM und den Ortsgemeinden sowie einen Überblick von Dave Rose über jene Entwicklungen, die zum Engagement der AM in Asien führten. Im dritten Teil („Evangelisation und Gemeindegründung“) spricht sich Alfred Meier für eine konzeptionelle Unterscheidung von Mission und Evangelisation aus und untersucht, welche Folgen das für die Evangelisationspraxis hat. Erhard Michel wiederum arbeitet anhand der vielseitigen Geschichte der Gemeindegründungen in den FeG zwölf Impulse heraus, die zu weiterem Engagement anregen. Craig Ott geht näher auf das oft vernachlässigte Verhältnis von Gemeindegründungen und der „Missio-Dei“ ein, während sich das daran anschließende Thesenpapier von Johannes Reimer mit Trendwenden und der Notwendigkeit von europaweiten Gemeindegründungen beschäftigt. Im vierten Teil („Viele Themen – ein Anliegen“) stellt Jürgen Kuberski, ausgehend von Apg 13,1–14, die Frage, wer genau die ersten Missionare ausgesandt hat. Der gemeinsame Artikel von Tobias Becker, Alfred Meier und Karsten Pacher widmet sich einer Theologie des Fundraising und den daraus entstehenden Möglichkeiten für Missionare, Gemeinden und Missionsgesellschaften. Inwiefern Mission als Entwicklungsdienst verstanden werden und langfristig das Leben von mittellosen Menschen positiv verändern kann, schildert Thomas Schmidt. Abschließend beleuchtet Elmar Spohn das Spannungsfeld von Rechtgläubigkeit und Kontexttheologie am Beispiel eines Konflikts der AM am Ende der 1950er Jahre mit einer Japan-Missionarin, die sich zur Anhängerin einer fragwürdigen Christologie entwickelt hatte. Einerseits demonstriert die Festschrift, wie bewegt und bewegend die Geschichte der AM ist, andererseits spiegelt sich in den Beiträgen die Vielseitigkeit der deutschsprachigen, evangelikalen Missiologie wider. Beim Lesen treten zudem immer wieder aktuelle Fragestellungen in den Vordergrund, z.B. was Mission heutzutage alles umfasst, was „Missio Dei“ konkret bedeutet und welchen Platz der Einzelne bzw. die Ortsgemeinde dabei einnimmt. Wie bei Sammelbänden üblich unterscheiden sich die Beiträge in ihrem Umfang und Anspruch; vereinzelte Schreibfehler trüben nur kurz das Lesevergnügen. Auf ein Stichwort-, Bibelstellen- oder Literaturverzeichnis wurde verzichtet, jedoch weisen die Autoren in Fußnoten auf weiterführende Quellen hin. Letztlich bietet die Festschrift viel Material zum
Reflektieren, Diskutieren und Weiterforschen, vor allem bei den dezidiert missionstheologischen
Grundfragen (Riecker/ Steinberg, Stenschke, Meier, Reimer und besonders
Ott). Somit ist der Band nicht nur für Leser aus dem Umfeld der AM
interessant, sondern auch allgemein für Missionsinteressierte und
-involvierte, für Studenten und Dozenten. Ebenso kann der Band anderen
Missionswerken den positiven Anstoß geben, die eigene Geschichte auszuwerten
und wieder neu nach Gottes Anliegen für die Welt zu fragen. Daniel
Vullriede, em 2014-4. |
Mieg, Harald A.,
Christoph Heyl (Hg.). Stadt: Ein
interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Weimar: J. B. Metzler, 2013. Die Stadt gehört auch
in der evangelikalen missiologischen Reflektion und Praxis zu den wichtigen
Themen. Doch was hat es mit den Städten im 21. Jahrhundert auf sich? Um
theologische Kompetenz und engagierte Praxis mit einem fundierten, interdisziplinären
Verständnis des komplexen Phänomens Stadt auf dem aktuellen Stand der
internationalen Forschung zu verbinden, leistet der vorliegende Sammelband
in der Reihe der Metzler Handbücher hervorragende Dienste. In seiner Einleitung
gibt Mieg verschiedene Perspektiven auf die Stadtforschung. Stadt wird
verstanden als „ein Ort, an dem Menschen auf Dauer leben, mit verdichtet
gebauter Umwelt sowie einer gewissen kulturell tradierten Identität.
Vermutlich müssen wir für ein Stadtverständnis die Dauer hinzudenken. Sonst
fehlt dem Stadtverständnis die Trennschärfe gegenüber temporären
Einrichtungen wie Werkgeländen mit Wohnanlage. Städte sind Generationen übergreifende
Projekte, sie haben Geschichte und Zukunft“ (9). Zunächst skizziert Mieg das
Phänomen Stadt in den Bezugslinien Stadt und Land, Stadt und Staat, Stadt und
Wirtschaft. Dann geht es um die Großthemen der interdisziplinären
Stadtforschung („cultural turn“ – die Betrachtung städtischer Phänomene aus
dem Blickwinkel der kulturellen Konstruktion, „governance“ – das Verhandeln
mit gesellschaftlichen Akteuren und Interessensgruppen, nachhaltige
Stadtentwicklung). Abschließend diskutiert Mieg verschiedene Stadtzukünfte
(Stadt und Region, Stadt und Weltgesellschaft, Stadt und Innovation,
Stadtsystemanalyse). Der erste Hauptteil
gilt der Stadt als Feld multidisziplinärer Forschung: Architektur:
Stadtplanung und Städtebau, Stadtgeografie, Stadtsoziologie, Stadtökonomie,
Stadtökologie, Stadt in der Geschichtswissenschaft, archäologische Stadtforschung,
Stadt im Blick der Kommunalwissenschaft, Stadt in der lokalen
Politikforschung. Teil zwei, „Die Stadt als kultureller Raum“, beleuchtet
ausgewählte Themen der Stadtforschung aus kulturwissenschaftlicher Sicht: Anthropologie
der Stadt, Stadt und Literatur, das Bild der Stadt, das Gedächtnis der
Stadt, Privatsphäre, Öffentlichkeit und urbane Modernität, Stadt und Performanz.
Abschließend ist in einem hochinteressanten Kapitel die Rede vom Zusammenhang
von Stadt und Religion (Stefan Lanz, 299–317), „einem Thema, das man vor
nicht allzu langer Zeit noch als marginal betrachtet hätte“ (ix). Einführend
beschreibt Lanz religiöse Stadt-Konzepte: die heilige Stadt (religiöse
Stadt-Utopien: das himmlische Jerusalem, realisierte religiöse Stadt-Utopien:
Nkamba, die real existierende heilige Stadt: Jerusalem, die biblische
„Gegenstadt“ Babylon wäre jüdisch und christlich zu ergänzen), die islamische
Stadt (das orientalistische Modell der islamischen Stadt, städtische Effekte
des Islam, zur Aktualität islamischer Stadtmodelle: Istanbul), die säkulare
Stadt (das religiöse Labor der frühen Industriestadt, das theologische
Modell der säkularen Stadt – Darstellung und Würdigung von H. Cox, The Secular
City). Dem folgt ein Überblick über gegenwärtige städtische Religion. Dieser anspruchsvolle
interdisziplinäre Band bietet einen Überblick über Breite, Fragestellungen
und Ergebnisse der gegenwärtigen, internationalen Stadtforschung und ihrer
Bezüge zur Religion. Es ist kein Handbuch für Gemeindegründer im städtischen
Kontext, wer sich jedoch in missiologischer Forschung und Lehre, aber auch
in der reflektierten Praxis dem Thema Stadt widmet, wird hier nicht nur jede
Menge Anregung finden, sondern auch das ganze Ausmaß der Komplexität des
Phänomens Stadt verstehen. Prof. Dr. hristof
Stenschke, em 2014-4. |
Milnes , Peter und Genevieve. Missions - The Biblical Basis. Contagem, Brasilien: Ed. AMEM, 1989. Das Ehepaar Milnes, australische Missionare in Brasilien, schrieb das Buch speziell für Hausbibelkreise. Hier können die überschaubaren Kapitel gelesen und anschließend besprochen werden. Fragen regen zum Gespräch an und führen zum gemeinsamen Gebet. Zunächst werden die missionstheologische Bedeutung der Schöpfung, Abrahams und Israels Erwählung und von der Landnahme dargestellt, um dann am Beispiel von Richter, Jona und Maleachi den missionarischen Ungehorsam Israels aufzuzeigen. Die Besprechung des Neuen Testaments konzentriert sich neben einer Darstellung von Jesu Begegnungen mit den Heiden – verstanden als Jüngerschulung – vor allem auf die Apostelgeschichte. Wenn man nach Wesen und
Inhalt der Mission fragt, bleiben manche Fragen. Es mutet seltsam an, wenn Josuas Eroberung Kanaans als
„missionary work“ bezeichnet oder Israels Schuld
vor allem darin gesehen wird, daß es den Heiden Gott nicht nahebrachte (S.35f). Umgekehrt wird der Missionar als „Gottes Kämpfer gegen das Böse und Götzendienst im Land“
bezeichnet bzw. gefragt: „Kämpfen wir für Gottes Gerechtigkeit?“ (S.39f).
Fragt man tiefer, dann erkennt man, daß Schriftauslegung ohne
heilsgeschichtliche Perspektive getrieben wird. Das muß gerade im AT zu
Entstellungen führen. Grund, Voraussetzung, Ermöglichung und Inhalt aller Mission ist eben das Versöh Diese Schrift ist ein Musterbeispiel dafür, wie die Gestalt der Missionstheologie von der zugrundeliegenden Hermeneutik gesteuert wird. Gerade in einer „Laientheologie“ bzw. in einer Anweisung zur Mission für junge Gemeinden, wie hier, ist gewissenhafte Schriftauslegung das A und O. Zudem sollte man in der Bibel Mission nur da sehen, wo die Schrift darauf hinzielt. Der Rezensent bedauert zutiefst, daß dem sehr guten didaktischen Ansatz, dem praktischen Bezug und den mancherlei glücklichen Beispielen und wertvollen Erfahrungen nicht eine ebenso gediegene exegetisch-theologische Arbeit zur Seite steht. Helmuth Egelkraut, em 1993-1. |
Mission
Handbook 1993-95 (15th edition). U. S. and
Canadian Christian Ministries Overseas, with statistical data and background
essays, hg. von John A. Siewert und John A. Kenyon. Monrovia: MARC,1993. Die 15. Auflage des Standardwerkes ist die bisher umfassendste und bringt einige Neuerungen mit sich. Hauptteil ist nach wie vor die umfassende Auflistung und Aufschlüsselung nordamerikanischer Missionsgesellschaften, die sich im Rest der Welt betätigen. Am spannendsten ist wohl der 37seitige Artikel von MARC-Direktor Bryant Myers „The changing shape of world missions“. Dort finden sich 28 Weltquerschnitte graphischer und statistischer Art zur Verteilung der Religionen, Christen, Unerreichten, Finanzen und Lebensbedingungen. Die traditionellen Hintergrundaufsätze bilden diesmal drei Briefe aus anderen Kontinenten von Tokunboh Adeyemo, Vinay Samuel und Valdir Steuernagel (wobei Steuernagel im Jahrbuch Mission 1993 seinen deutschen Freunden ganz andere Dinge schreibt!). Neu ist eine 20seitige Übersicht über die 5.441 katholischen Missionare aus Nordamerika, die jedoch bei weitem nicht so detailliert ist, wie die Angaben über die protestantischen Organisationen, von denen 54% sich als evangelikal und 9% als charismatisch bezeichnen. Neu ist auch die detailliertere Aufschlüsselung des Missionspersonals. Die Gesamtzahl der US-amerikanischen Missionare, die länger als 4 Jahre dienen wollen, beträgt derzeit 32.634, dazu kommen 36.201 Kurzzeitmitarbeiter für 2 Wochen bis 2 Monate und 24.213 voll aus den USA unterstützte einheimische Mitarbeiter in den Einsatzländern, denen allen zusammen 14.694 Vollzeit-Heimatmitarbeiter den Rücken stärken. Die Zahlen für Kanada belaufen sich jeweils etwa auf 10% der US-Angaben. Weitere Mitarbeiterkategorien verändern die Gesamtsumme nur unbeträchtlich. Das größte US-Auslandspersonal (über 4 Jahre Einsatz) unter den Missionen hat der Southern Baptist Convention Foreign Missions Board mit 3.660, Wycliff Bibelübersetzer mit 2.338 und New Tribes Mission mit 1.837. Die hundert größten Gesellschaften haben 91% allen Personals, wobei nur zwei weitere die Tausendergrenze überschreiten. Für die zunehmenden Kurzzeiteinsätze, v.a. von 2 Wochen bis 2 Monaten, aber auch bis zu 2 Jahren sind wiederum die Southern Baptists-FMB Spitzenreiter (10.209), gefolgt von Jugend mit einer Mission (6.600) und der Missionsabteilung der Kirche des Nazareners (5.500). Das größte Jahreseinkommen hat dagegen World Vision USA (176 Mio. US$) mit weiteren 73 Mio in Kanada, erst an zweiter Stelle die Southern Baptists mit 165,7 Mio und danach die Assemblies of God mit 96 Mio. Die Missionsdollars konzentrieren sich zunehmend bei den großen Organisationen. Einsatzländer mit über 1000 US-Missionaren sind Brasilien (2.229), die Philippinen (1.961), Mexiko (1.691), Japan (1.636), Kenia (1.337) und Papua Neu-Guinea (1.186). Im Mittleren Osten dagegen sind zusammen weniger Mitarbeiter jeglicher Herkunft im Einsatz als US-Missionare in einzelnen deutschsprachigen Ländern: Deutschland 756 (wie in Frankreich), Österreich 310, Schweiz 86. Register über die kirchliche Ausrichtung und die Tätigkeitsfelder der verschiedenen Werke runden dieses unübertroffene Nachschlagewerk ab, für das man sich ein ebenbürtiges in Deutschland bisher nur wünschen kann. Die ebenfalls angebotene Diskettenversion war dem Rezensenten nicht zugänglich. Christof Sauer, em 1996-2. |
Mission Handbook 2001-2003 (18th
edition). U. S. and Canadian Christian Ministries
Overseas, hg. von John A. Siewert und Dotsey Welliver. Evangelism and
Missions Information Service – Billy Graham Center - Wheaton College: Wheaton
(IL), 2000. 504 S. Nach 3 Jahren erscheint die neue Auflage des bekannten amerikanischen Nachschlagewerkes aller Missionsgesellschaften des amerikanischen Kontinents. Es berichtet von ca. 35.500 Missionaren im Ausland aus den USA und Kanada in ca. 1.000 Missionsgesellschaften, daneben von ca. 23.500 Mitarbeitern in USA und Kanada, 100.400 Kurzzeitmissionaren und 73.000 ausländischen Mitarbeitern! Tabellen, Übersichten, Daten, Adressen schlüsseln diese Zahlen auf. Wer ist wie lange und wo Missionar? Warum kommen Missionare vorzeitig nach Hause? Daneben bietet es wieder zwei Beiträge zu orthodoxen und katholischen Missionswerken und die jährlich wechselnden Einführungsessays, die weit über die Belange der USA hinausgehen. Dabei geht es um die Frage der Kooperation von Missionsgesellschaften, um die Spannung zwischen gigantischen Missionsorganisationen und der Betonung der örtlichen Gegebenheiten und mit Luis Bush um die Herausforderungen der nächsten Jahre, die er – m. E. zu Recht – vor allem in der Veränderung der theologischen Ausbildung sieht (S.26-28). Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-3. |
Missionering
en Inculturatie, Mission and Inculturation, Bulletin de
1’ Institut Historique Beige de Rome LXIV, Turnhout: Brepols Pub-lishers,
1994. Auf 270 Seiten bietet sich hier dem sprachgewandten Leser
in Flämisch, Französisch und Englisch eine
wertvolle Sammlung an missi-ons-
und kulturgeschichtlichem Material aus der Arbeit der Scheuter Mission
in der Inneren Mongolei und Nordchina
(1865-1953) und Zaire (1919-1935).
Die ausschließlich auf Quellenmaterial basierende historische Darstellung bietet ein sehr realistisches Bild von den harten Lebensbedingungen der Missionare. Es überwiegt jedoch bei weitem die Behandlung Frage nach einer Inkulturation der sehr stark
sozial orientierten Arbeit der Scheuter Missionare. Unter „Inkulturation“
wird in dieser Aufsatzsammlung die Möglichkeit
einer Übernahme der von den Missionaren gegründeten medizinischen
Einrichtungen oder Schulen durch einheimische Fachkräfte verstanden. Auf
eine theologische Auseinandersetzung mit dem
Thema oder eine missiologische Analyse der behandelten Abschnitte der
Scheuter Missionsgeschichte muß der Leser leider verzichten. Stefan Müller, em 1995-4. |
Moffett, Samuel Hugh. A History of Christianity in Asia. Bd I: Beginnings to 1500. San Francisco: Harper, 1991. Die Ursprünge des Christentums in Asien liegen lange vor
dem Einsetzen der neuzeitlichen Mission. Die Ausbreitung und Bedeutung des
asiatischen Christentums von seinen Anfängen bis zum Jahr 1500 ist das Thema, dem der Autor viele Jahre an Forschung und Quellen Der Autor Samuel Hugh Moffett ist selbst in Korea geboren. Während der chinesischen Revolution war er von 1947 bis 1951 in China als Lehrer tätig und arbeitete später als Professor für Kirchengeschichte in Korea und in den USA. Mit ihm hat sich wohl einer der kompetentesten Männer der Bearbeitung dieses Themas angenommen. Bei seinen hervorragenden Kenntnissen der asiatischen Kirchen ist es allerdings zu bedauern, daß er so wenig auf asiatische Quellen und Arbeiten zurückgreift. Ebenso verzichtet er darauf, neuere westliche Forschungsergebnisse zu einzelnen Aspekten seines Themas zu berücksichtigen. Dafür beschränkt er sich auf eine solide Zusammenfassung und Aufbereitung der bisher unübertroffenen Klassiker der asiatischen Kirchengeschichte aus der Blütezeit christlicher Asien-Forschung und auf die in westlichen Sprachen zugänglichen Quellen. Moffetts Verdienst ist es daher vor allem, deren Ergebnisse nach über 50 Jahren erneut aufzunehmen und davor zu bewahren, endgültig in der Vergessenheit zu versinken. Die Weite des Themas zwingt allerdings auch zu Beschränkungen auf einen geographischen und thematischen Bereich. So legt Moffett den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Untersuchung des Christentums im frühen Persien und auf die Auseinandersetzung des Christentums mit dem jungen Islam, die etwa 75% seines Werkes ausmachen. Entsprechend erfolgt auch die im Buch vorgenommene Einteilung in die drei Perioden „Von den Aposteln bis Mohammed“, „Von Alopen bis zu den Kreuzfahrten“ und „Von Dschingis Khan bis Tamerlan“. Durch den hier gebotenen Einblick in die Ursprünge und die Entwicklung des Miteinanders von Christentum und Islam in Asien wird anhand vieler Hintergrundinformationen ein tiefes Verständnis für viele der bis heute brennenden Fragen in der christlich-islamischen Begegnung ermöglicht. Die Kirchengeschichte aller anderen asiatischen Regionen oder die frühe Auseinandersetzung des Christentums mit anderen asiatischen Religionen wird dagegen leider nur beiläufig und nur dort behandelt, wo sie in eine Beziehung zu Persien oder zum Islam tritt. Dennoch ist dieses Werk ein überaus lesenswerter Klassiker zur Kirchengeschichte West-Asiens und ein kaum zu überschätzender Beitrag für jede Beschäftigung mit den Wurzeln des asiatischen Christentums. Stefan Müller, em 1995-4. |
Montgomery, James H. Dawn 2000: 7 Million Churches To Go. Pasadena, CA: William Carey Library 1989. Montgomery entwickelte eine Strategie für die Weltevangelisation. Mit dem Ziel 7 Millionen zusätzlicher Gemeinden gäbe es eine Gemeinde für jeweils 500 bis 1000 Menschen in der Welt; damit hielte er die Welt für evangelisiert. DAWN 2000, Abkürzung für «Discipling A Whole Nation» (Eine ganze Nation zu Jüngern machen), ist kein kurzlebiger Traum eines früheren Missionars, sondern eine wohldurchdachte Strategie für die Evangelisation jeder einzelnen Nation auf der Erde. Montgomery kommt aus der Gemeindewachstumsbewegung. Er war neun Jahre lang der Chefredakteur von «Global Church Growth» und diente 13 Jahre als Missionar in den Philippinen, wo diese optimistische Strategie entwickelt wurde. DAWN 2000 erwuchs aus Montgomerys Erfahrung. Das Buch ist leicht verständlich zu lesen und gliedert sich in drei Teile. Zunächst lesen wir hauptsächlich von der Entwicklung, dann folgt eine Beschreibung der Strategie. DAWN möchte die gesamte Gemeinde Christi in allen Ländern mobilisieren, um den Missionsbefehl auszuführen, indem eine Gemeinde in jedem Ort und jeder Nachbarschaft gegründet wird. Der zweite Teil des Buches erklärt, warum Montgomery glaubt, daß seine Strategie funktioniert. Die DAWN-Strategie unterteilt die Erde in überschaubare Bereiche, umfasst die nötigen statistischen Untersuchungen und mobilisiert mit Hilfe eines DAWN-Teams die Gemeinde Christi in dem Land. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Untersuchung über das Gemeindewachs turn. Daten über Wachstum bzw. Nicht-wachstum der Gemeinden (institutionelle und kontextuelle Daten) werden gesammelt, analysiert und ausgewertet. Die Ergebnisse dieser Untersuchug werden in einer „Prophetischen Botschaft“ veröffentlicht, um die örtlichen Gemeinden zu motivieren. Der letzte Teil des Buches spricht über die praktische Anwendung von DAWN 2000 in einem spezifischen Land. Eine Beschreibung ist gegeben, wie die Vision der geistlichen Strategie in dem speziellen Kontext den geistlichen Leitern im Lande vermittelt werden kann. DAWN 2000 ist ein Beitrag zur Erfüllung des Missionsbefehls. Das Problem, dem Montgomery begegnet, besteht in der Vermittlung seiner Vision in jedem Land der Erde und in den Herzen der evangelikalen Leiter. Dieses Buch in den Händen evange-likaler Verantwortungsträger in der ganzen Welt kann großen Einfluß auf die Weltevangelisation ausüben. Detlef Gwinner, em 1991-3. |
Moreau, A. Scott (Ed.).
Evangelical Dictionary of World Missions. Baker Books: Grand Rapids (MI), 2000. Normalerweise sollte man kein Buch besprechen, zu dem man selbst Beiträge verfaßt hat, aber da in diesem enorm umfangreichen Lexikon alle einzelnen Autoren mit Ausnahme des Hauptherausgebers nur einen sehr kleinen Anteil haben, sei dies ausnahmsweise einmal gestattet. Seit dem Lexikon der Weltmission (Engl. Original 1971) hat sich in Mission und Missionswissenschaft eine enorme Zunahme evangelikaler Aktivitäten ergeben, Deswegen ist es kein Zufall, dass der ‘Nachfolger’ nun aus dem evangelikalen Bereich kommt, auch wenn die ökumenische Weite nach wie vor in den Artikelthemen präsent ist. Denn das Lexikon versteht sich ausdrücklich nicht als Lexikon über Evangelikales, sondern als Lexikon über alles, was Mission betrifft, aber aus evangelikaler Sicht. Das Lexikon umfaßt 700 thematische Artikel und 700 Artikel über Personen und geographische Gebiete. Von den 483 behandelten Personen sind 239 Europäer, 152 Nordamerikaner und 92 aus der Dritten Welt. 105 sind Frauen und 52 sind noch am Leben. Lebende Personen aufzunehmen schien unumgänglich, da die evangelikale Bewegung, besonders in der Dritten Welt, teilweise noch sehr jung ist. Normalerweise wurden die Lebenden noch vor 1930 geboren, wenn man von vier Ausnahmen aus der Dritten Welt absieht. Den noch lebenden Deutschen, ‘Peter Beyerhaus’, hätte ein Deutscher vielleicht etwas ergiebiger dargestellt, als ein Amerikaner, wie dies etwa im Falle von ‘Ernst Schrupp’ (von Klaus Fiedler) der Fall ist. Grundsätzlich ist das Lexikon recht amerikanisch geprägt, insbesondere in den theologischen Beiträgen, aber man hat sich doch deutlich bemüht, Autoren aus Europa und der Dritten Welt zu gewinnen. An deutschen Autoren fand ich Peter Beyerhaus, Klaus Fiedler, Hans-Werner Gensichen, Rolf Hille, Werner Raupp, Christine Schirrmacher, Thomas Schirrmacher). Sie haben meist biographische Artikel geschrieben. Die Beiträge über deutsche Missionen sind nicht schlecht, aber selten herausragend (so z. B. ‘German Mission Boards and Societies’). Die Auswahl deutscher Missionare und Missiologen (ich fand Beyerhaus, Christlieb, Gutmann, Schrupp, Warneck, Ziegenbalg) ist sicher sehr dünn und wohl teilweise zufällig, aber mehr Platz stand eben nicht zur Verfügung. Zu den Glaubensmissionen (‘Faith Missions’) fehlen etwa die Forschungsergebnisse des Mitautors Klaus Fiedler völlig, obwohl sie längst auf Englisch vorliegen. Die Bibliographie ist leider auf leicht zugängliche, englische Quellen beschränkt worden und nicht besonders ergiebig. Allerdings gibt es gute Artikel über literarische Produkte wie Missionslexika oder Missionszeitschriften (‘Dictionaries …’, ‘Journals …’). Die Spannweite der Themen ist dagegen sehr gut gelungen. Es zeigt sich, dass man die Evangelikalen längst nicht mehr mit ein paar Lieblingsthemen (z. B. über ‘Inerrancy’, ‘Church Discipline’, ‘OT Theology of Mission’) identifizieren kann. Ausdrücklich werden viele Streitfragen unter Evangelikalen behandelt und ausgezeichnet dargestellt (z. B. Artikel ‘Controversies …’, ‘Annihilationism’, ‘Smuggling’, ‘Eschatology’ und viele weitere Einträge zu eschatologischen Richtungen), soziale Fragen angesprochen (z. B. ‘Caste’) und neueste und ungewöhnliche Forschungs- und Praxisbereiche zugänglich gemacht (z. B. ‘Elenctics’, ‘Homeschooling’, ‘Burnout’, ‘Member Care’). Das Lexikon ist über umfangreiche Register einschließlich einer umfangreichen Themengliederung bestens erschlossen. Insgesamt ist dieses in mehreren Jahren entstandene Mammutwerk eine Meisterleistung evangelikaler Lexikonerstellung und Missiologie. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Moreau,
Scott / Gary Corwin / Gary McGee, Introducing World Missions: A Biblical,
Historical and Practical Survey (Encountering Pockock, Michael / Gailyn Van Rheenen / Douglass McConnell, The Changing Face of World Missions (Encountering Mission 2), Grand Rapids: Baker Acadamic, 2005. Steffen,
Tom / Lois McKinney Douglas, Encountering Missionary Life and Work: Preparing for Intercultural
Ministry (Encountering Die vorliegenden Titel stellen die ersten drei der auf acht Bände konzipierten evangelikal-amerikanischen Lehrbuchserie „Encountering Mission“ dar, die Scott Moreau, Professor für Mission und interkulturelle Studien am Wheaton College in Illinois, USA, seit 2004 herausgibt. Das „Modell“ für diese Serie lieferten die bewährten missionswissenschaftlichen Lehrbücher von J. Herbert Kane (1910 – 1988), der von 1967–1980 an der Trinity Evangelical Divinity School, Deerfield, Ill. lehrte. Zu seinen Klassikern gehören: Global View of Christian Missions: From Pentecost to the Present (1971), Understanding Christian Missions (1974), Christian Missions in Biblical Perspective (1976) und Life and Work on the Mission Field (1980). Da diese viel gebrauchten Textbücher allerdings langsam in die Jahre gekommen seien und die christliche Mission in einer globalen Welt neuen Herausforderungen gegenüberstehe, habe sich der Baker Verlag (bei dem auch Kanes Bücher erschienen waren) entschlossen, eine neue Lehrbuch-Serie in Auftrag zu geben, schreibt Moreau im Vorwort zur Serie (2004,7). Kane, der bis 1950 als Missionar der China Inland Mission in der Provinz Anhui arbeitete, war in seinen Veröffentlichungen bei allem Tiefgang immer konsequent auf die missionarische Praxis und die Vorbereitung seiner Studenten auf einen Dienst in der Weltmission ausgerichtet. Diese Ausrichtung wird auch in der neuen „Encountering Mission“-Serie konsequent verfolgt. Der erste Band, neben Moreau von Gary Corwin, dem Herausgeber des EMQ sowie Gary B. McGee, Professor für Kirchengeschichte und Pentecostal Studies am Assemblies of God Theological Seminary in Missouri, verfasst, greift denn auch die drei wichtigsten Schwerpunkte der Veröffentlichungen Kanes und gleichzeitig die klassischen Schwerpunkte missionswissenschaftlicher Lehre auf und bietet „a biblical, historical and practical survey“ als Lehrbuch für Studierende in missiologischen Einführungskursen. Das Buch nimmt das Motto der Serie auf und lädt in fünf Teilen zum „Encounter“ ein: mit „Mission in the Scriptures“ (27–92), „Missions in History“ (93–158), „Missions as a Candidate (159–204), „Missions as a Sent One and as a Sender“ (205–264), „Missions Encountering the Contemporary World“ (265–314). Der Band bietet einen didaktisch vorbildlich aufgearbeiteten und auf aktuellen Veröffentlichungen basierenden Überblick über wesentliche Schwerpunkte christlicher Mission und ihrer Reflexion. Im insgesamt gediegenen missionstheologischen Teil, in dem ausgehend von einer evangelikalen Perspektive auch andere theologische Sichtweisen konstruktiv diskutiert werden, zeigen sich allerdings auch die Grenzen der notwendig straffen Lehrbuch-Konzeption. So wird beispielsweise der theologiegeschichtliche Hintergrund des missio Dei-Konzeptes vereinfachend dargestellt: die missio Dei-Konzeption sei auf der ÖRK-Vollversammlung in Neu-Delhi 1961 bekannt gemacht worden (sie wurde dagegen bekanntlich schon 1952 nach der Weltmissionskonferenz von Willingen durch Karl Hartenstein formuliert und 1958 durch Georg Vicedom bekannt gemacht). Ebenso vereinfachend ist es, wenn die missio Dei als einliniges Konzept in Form der späteren Interpretation durch J. Hoekendijk dargestellt wird, bei dem die „Welt die Agenda“ setze (S. 73), das heilsgeschichtliche Verständnis von Hartenstein, Vicedom etc. aber nicht zur Geltung kommt. Hier ist die breite deutschsprachige Diskussion zu heils- und verheißungsgeschichtlichen Interpretationen der missio Dei nicht berücksichtigt. In allen Bänden versucht man eine Unterscheidung zwischen mission als „everything the church is doing that points toward the kingdom of God“ und missions als „the task of reaching people for Christ by crossing cultural boundaries“ (2004,17) durchzuhalten. Aus missionstheologischer Sicht scheint es allerdings unbefriedigend, missions auf kulturüberschreitende Aktivitäten (vor allem im Ausland) zu beschränken. Sinnvoller scheint es, wie es Steffen/McKinney es zumindest in einer kurzen Definition im dritten Band tun, missions global als missionarische Aktivitäten zu verstehen, die sowohl kulturüberschreitend als auch kulturimmanent sein können (2008, 33). Hilfreich sind allerdings wiederum die in deutschsprachigen missionswissenschaftlichen Veröffentlichungen heute selten zu findenden Ausführungen zu den praktischen Fragen des interkulturellen missionarischen Berufsfeldes in Teil 3 und 4: Fragen wie die persönliche Berufung oder das Familienleben in anderen Kulturen werden hier anschaulich thematisiert und diskutiert. Als erfreuliches Zubehör enthält der erste Band noch eine CD-ROM, die das gesamte Evangelical Dictionary of World Missions (Baker, 2000) als PDF-Datei enthält. Der zweite Band, verfasst von M. Pocock, Missionsprofessor am Dallas Theological Seminary, G. Van Rheenen, Trainer für christliche Leiter und D. McConnell, Dekan für interkulturelle Studien am Fuller Theological Seminary sowie drei weiteren Autoren, wendet sich an fortgeschrittenere Studenten, die sich auf interkulturelle Aufgaben vorbereiten. Er reflektiert gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen der christlichen Weltmission und lädt ein, kritisch hinter die Fassaden eines Changing face of World Missions zu schauen. Dementsprechend konzentriert sich das Buch in drei Teilen auf Trends und damit zusammenhängende missiologische Debatten („issues“) im „Global Context“ (S. 21–130), „Missional Context (S. 131–246) und „Strategic Context“ (S. 247–348). In jedem der drei Teile werden in jeweils vier Kapiteln wichtige „Trends“ (langfristigere Entwicklungen und Herausforderungen) thematisiert und mit missiologischen „issues“ (auf Trends reagierende missiologische Konzepte und Debatten) in Verbindung gebracht. So wären etwa Migration und kulturelle Pluralisierung ein Trend, die damit zusammenhängende Frage, ob man in einer pluralen Gesellschaft nach Sprach- und Kulturgruppen getrennte Gemeinden gründen und bauen sollte, wäre ein „issue“ (S. 13). In insgesamt zwölf Kapiteln werden zwölf Trends reflektiert: Globalisierung, Demographie, Religion und Spiritualität und Postmoderne als globale Trends, die Schwerpunktverlagerung des Christentums in den globalen Süden, der Wandel der theologischen Motive für Mission (von „Hölle“ zur „Herrlichkeit Gottes“), geistliche Kampfführung und Creative-Access-Ansätze als weltmissionarische Trends und internationale Partnerschaften, Kontextualisierung, Fundraising und der Einsatz von virtuell-technologischen Mitteln als strategische Trends. Jedes Thema wird nach der gleichen Struktur erarbeitet: zunächst wird der Trend beschrieben, zweitens wird die Bedeutung für die christliche Mission aufgezeigt, drittens wird das Thema biblisch-theologisch beleuchtet und abschließend werden praktische Vorschläge für „best-practise“-Modelle zur missionarischen Umsetzung gemacht. Auch hier zeigt sich wieder die konsequente Praxisausrichtung. Die Analysen sind meist zutreffend, oft mit persönlichen Erfahrungen der Autoren illustriert, aber nicht immer sehr tiefgehend. Hier bieten dann die case studies gute Anregungen für vertiefende Diskussionen. Der dritte Band befasst sich ausführlich mit der Vorbereitung auf eine berufliche Aufgabe im interkulturellen Bereich. Verfasser sind Tom Steffen, Professor für interkulturelle Studien an der BIOLA University, Los Angeles sowie Lois McKinney Douglas, emeritierte Professorin an der eingangs erwähnten Trinity Evangelical Divinity School. Das Buch enthält vier Teile. Der erste Teil „The Changing Scene“ (S. 3–46) bietet historisch-biographische Zugänge zum Beruf des Missionars und erklärt knapp und gut missiologische Grundkonzepte in Beziehung zur beruflichen Missionspraxis. Der zweite und umfangreichste Teil „Home Front Preparations“ (S. 47–180) befasst sich in acht Kapiteln u.a. mit Fragen des „Rufs“ in die Mission (Gottes Wille und eigene Entscheidung), geistlichen und persönlichen Grundhaltungen sowie praktischen Wegen in den interkulturellen Beruf. Der dritte Teil handelt von „On-Field-Preparations“ (S. 181–252) und entfaltet Fragen der praktischen „Inkulturation“ der interkulturellen Missionarin (Was ist Kultur?, Zuhause in der Kultur, Kultur und Sprache lernen). Der letzte Teil, „Missionaries and Their Lives“ (S. 253 – 258), setzt sich mit konkreten Umständen und besonderen Herausforderungen des Missionarsberufs auseinander. Hier werden manche der Themen aus Teil 3 des ersten Bandes der Serie vertieft. Es geht um Frauen in der Mission, Familienleben, Krisen, reentry. Den Abschluss bildet ein Kapitel, in dem (unter Aufnahme der Gedanken von Band 2) 12 Trends zur Zukunft der Weltmission, des Missionarsberufs sowie der missiologischen Ausbildung kurz angedeutet werden. Allen Bänden gemeinsam ist die leser- und lernerfreundliche didaktisch orientierte Textgestaltung. Der Text wird immer wieder durch graphisch abgehobene Hintergrundinformationen, vertiefende Textbeispiele, case studies, Diskussionsfragen, eindrückliche Zitate, Landkarten und Literaturhinweise aufgelockert. Vor allem die Fallstudien und Diskussionsfragen fordern zum Mitdenken und Diskutieren in kleinen Gruppen heraus. Dennoch wird der Charakter eines akademischen Lehrbuchs beibehalten. Es gibt keine Fußnoten, Literaturverweise folgen der Harvard-Methode. Alle Bände enthalten ausführliche Bibliographien sowie Sach- und Bibelstellenregister. Insgesamt stellt die Serie ein beachtliches gemeinsames Unternehmen evangelikaler Missiologie in den USA dar, das in seiner Ausrichtung und seinen Inhalten deutlich macht, dass die christliche Weltmission nicht nur eine große Geschichte und wichtige theologische Konzepte hervorgebracht hat, sondern eine zukunftsorientierte globale und polyzentrische Praxis der weltweiten Gemeinde Jesu ist. Dass diese Praxis hier stark vom nordamerikanischen Ausgangskontext geprägt und von nordamerikanischen Autoren für nordamerikanischen Studierende aufgearbeitet ist, muss von Lesern aus anderen Ländern und kulturellen Kontexten berücksichtigt werden, ist aber kein grundsätzlicher Kritikpunkt, gerade weil die Missionsbewegung heute poly-zentrisch ist. Allerdings hätte diese Perspektive als solche von den Autoren durchaus bewusster identifiziert und reflektiert werden können. Hin und wieder verrät sich ein zu wenig globalisiertes, US-zentrisches Denken, so z. B. wenn unter der Rubrik „new and important terms“ der Begriff „indigenous missionary“ genannt und erklärt wird als „Missionar aus einem Land, das einmal als Empfängerland betrachtet wurde“ (2004,12). Demnach wären allerdings alle Missionare, auch alle amerikanischen Missionare „indigenous“, waren doch auch die USA einmal „Empfängerland“. Auch findet sich in den (sehr kompetent und praxisnah geschriebenen) missionspraktischen Teilen (vor allem Band 1 und 3) eine faktische Beschränkung auf die interkulturelle Sendung von den USA aus in den Rest der Welt („to Europe with love“, „to Russia with love“ etc.). Diese Beschränkung ist aus praktischen Gründen nachvollziehbar, sollte aber in einem globalen missiologischen Denkrahmen deutlicher kommentiert werden, da sonst impliziert wird, „Mission“ (oder missions) beziehe sich nur auf die Arbeit im jeweiligen Ausland. Die Herausforderung der nordamerikanischen Kultur als Kontext praktischer missionarischer Arbeit und missiologischer Reflexion kommt somit nicht ausreichend in den Blick. Trotz dieser perspektivischen Tendenzen und Verkürzungen sind alle drei Bände gerade im Hinblick auf kulturüberschreitende Missionsarbeit (im eigenen Land oder im Ausland) auch für deutschsprachige Dozenten, Studierende, Missionare und Gemeindemitarbeiter sehr zu empfehlen. Dr. Friedemann Walldorf, em 2010-1. |
Moucarry, Georges Ch. Zwischen Bibel und Koran. Ein arabischer Christ begegnet dem Islam. Brunnen Verlag: Giessen, 1994. Der arabische Christ Georges Moucarry möchte zwischen Christen und Muslimen Verständnis wecken. Verständnis jedoch nicht im Sinne eines ökumenischen Dialogs, der die theologischen Unterschiede zwischen Islam und Christentum wegerklärt. Im Gegenteil: Der Autor führt diese Unterschiede aus Koran- und Bibeltexten selbst an. Klar und verständlich werden z. B. die Unterschiede zwischen der biblischen und koranischen Auffassung von Sünde und Heil erläutert. Gleichzeitig möchte Moucarry jegliche Konfrontation und Gegnerschaft zwischen Muslimen und Christen vermieden sehen. Echte Toleranz beginnt für ihn dort, wo Muslime und Christen (!) eine Bekehrung zur anderen Religion nicht von vorneherein ausschließen (S.92). Es sollte kurz angemerkt werden, daß man bei manchen Aussagen durchaus auch anderer Meinung sein kann: 1. Für den Autor ist der Koran dort göttliche Offenbarung, wo er mit der Bibel übereinstimmt, denn Gott könne sich auch außerhalb der biblischen Offenbarung äußern (S.87+91). – Mit einem solchen Offenbarungsverständnis könnte letztlich jedes Buch zur Offenbarung Gottes erklärt werden, nicht nur der Koran. – 2. In der Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern kommt Moucarry zu dem Schluß, daß die Pharisäer das Gesetz ganz genau befolgt hätten, Jesus aber seine Autorität über das Gesetz stellt (S.75). M. E. weist jedoch Jesus den Pharisäern nach, daß sie Gottes Gesetz gerade nicht halten, weil sie um Gottes Gesetze herum zusätzlich eigene Gesetze schufen und diese menschlichen Gebote über Gottes Gebote stellten. Diese „Menschengebote“ (Mk 7,7) befolgt Jesus tatsächlich nicht (s. Mk 7,1-23), wohl aber das ganze alttestamentliche Gesetz. 3. Etwas befremdlich mutet es an, daß der Autor die Frage stellt, ob Muslimen in christlichen Ländern die Ausübung ihrer Religion wirklich tolerant gestattet würde (S.88+90). Hier wäre doch wohl eher auf die teilweise erheblichen Beschränkungen hinzuweisen gewesen, denen sich Christen in islamischen Ländern ausgesetzt sehen, obwohl der Islam offiziell den Anspruch erhebt, das Christentum zu tolerieren. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-2. |
Müller, Karl; Werner
Ustorf (Hg.). Einleitung
in die Missionsgeschichte. Tradition, Situation und Dynamik des Christentums. Theologische Wissenschaft Bd. 18. Kohlhammer:
Stuttgart, 1995. Es ist schwierig, einen Sammelband zu rezensieren und ihm und dem Gesammelten dabei gerecht zu werden, da es naturgemäß sehr vielfältig ist. Deswegen will ich vor allem fragen, ob und wie der Band sein Ziel erreicht und was er dem evangelikalen Leser bietet. So klar wie der Titel mir erscheint, so unklar ist mir der Untertitel. Zu „Tradition, Situation und Dynamik des Christentums“ könnte man in den verschiedensten theologischen Disziplinen schreiben und deswegen natürlich auch in Missiologie. Oder ist selbst das Verständnis von Mission nicht klar? Die Herausgeber schreiben, daß es „eigentlich gar nicht um die Geschichte der Mission, sondern eher um die Geschichte des Christentums selbst“ geht, das „nach 1Joh 3,2 noch nicht endgültig festgelegt, sondern noch unabgegrenzt ist“ (9). In seinen sehr bemerkenswerten Schlußerwägungen („Missionsgeschichte im Wandel der Motivationen und Perspektiven“) betont Horst Rzepkowski, daß „der einsichtige Ansatz, daß die Kirchengeschichte von der Geschichte der ganzen Kirche handeln solle“, nicht durchgehalten wird (266). Ich hätte mir deswegen gewünscht, daß in einer Einleitung die Eigenständigkeit der Missionsgeschichte begründet worden wäre, die in den systematischen Beiträgen (Karl Müller, Horst Rzepkowski) oft vorausgesetzt, in anderen häufig ignoriert wird. Das Buch versucht der Tatsache Rechnung zu tragen, daß christliche Mission erfolgreich war. Deswegen fragt Ustorf zu recht: „Wie kann das neuzeitliche Autonomiebewußtsein westlicher Kultur missiologisch so angesprochen werden, daß es von seiner zwanghaften Tendenz zur Gewalt [siehe Kolonialismusgeschichte] befreit wird?“ (12) Der Westen ist also Objekt der Mission, aber zu dieser Wahrheit bietet das Buch wenig, gerade im Artikel von Hugh McLeod „Die christliche Erfahrung Europas 1789-1989“. Insgesamt scheint mir das Buch, das eine Einführung sein will, diesem Anspruch nur teilweise gerecht zu werden. Viele Artikel sind eher Beiträge zu einer Missionsgeschichte oder einer Kirchengeschichte der Welt. Für beides ist die Sammlung nicht umfassend genug, bietet aber dem Leser in manchen Artikeln viel interessante Informationen, sei es über katholische Mission in Nordafrika, über Missionen in Zentralasien oder unter den ethnischen Minderheiten in Nordamerika. Für evangelikale Leser erscheint mir, neben anderen katholischen Beiträgen, der Artikel von Angelyn Dries OSF sehr nützlich, der einen Überblick über die Entwicklung der Heimatbasis der amerikanischen Weltmission bietet mit der Folge der dominierenden Gruppen: Protestanten (vor dem Zweiten Weltkrieg), Katholiken (nach dem Krieg), Evangelikale (nach 1970). Da kommt die Frage auf, welche Gruppe nach den Evangelikalen in der amerikanischen Missionswelt dominieren wird. Hans-Jürgen Priens Beitrag „Lateinamerika – Einwandererkirchen und angelsächsische Missionsprotestantismen“ dagegen zeichnet sich durch den pauschalen Kampf gegen alles aus, was nach den Einwandererkirchen an Protestantismus Lateinamerika noch berührte. Schon der Titel läßt erkennen, daß die Millionen Menschen, die in Südamerika sich zum evangelischen Glauben bekehrten, Opfer sind. Sie werden von „multinationalen religiösen Unternehmungen“ und von Neopfingstlern [gekennzeichnet durch „religiös-politische Instruktion, Gruppendynamik, politischen Aktivismus und Mission (Youth with a Mission, Christ for the Nations, Gospel Outreach)] mißbraucht, kämpfen gegen progressive Regierungen und zerstören im Amazonasbecken ethnische Strukturen durch ihre sektiererische und kulturell entfremdende Arbeit (NTM, Wycliffe). Schade, Prien definiert Kirche sehr eng, und Ökumene nur als protestantisch und katholisch. Das gilt auch für das Buch als solches, das als ökumenisches Textbuch auf evangelikale oder pfingstliche Missiologen verzichtet. Ist die Zeit noch nicht reif dafür, oder sind sie noch nicht hoffähig? Oder ist es gut, sich erst einmal der Dissonanz bewußt zu werden? An der technischen Seite des Buches stören mich drei
Dinge: Ich hätte die Fußnoten, die viel wertvolle Informationen enthalten,
gerne unten auf der Seite gefunden. Auch als Sammelband verdient das Buch
einen Index. Internationale Autoren sind gut, aber Übersetzungen sollten
dann auch gut sein. Was habe ich z. B. unter methodistischen Gesellschaften
zu verstehen, größtenteils aus Afrikanern zusammengesetzt, die Mitte des Jahrhunderts
auf einigen Inseln erschienen (100)? Oder ist „Rat“ wirklich die richtige
Übersetzung für „American Board“ (210 u.a.m.)? Auch denke ich, daß der Satz
„Speer schrieb über die Bedeutung der Predigt, um Einzelkonversionen zu
erzielen, die Missionen mußten aber auch einheimische Kirchen gründen“ (217)
auf Englisch besser klang. Ich bin ja dafür, die deutsche Sprache zu
„enrichen“, aber ich meine doch, daß die „Unterschiedlichkeit des christlichen
Respons“ Insgesamt ist das Buch nützlich für die Leser, die einen Einstieg gewinnen und/oder sich informieren wollen. Es zeigt die Probleme mancher Sammelwerke und führt die der heutigen Missionsgeschichtsschreibung vor, versucht sie allerdings nicht zu lösen. Für evangelikale Leser scheint mir der Hauptwert in den katholischen Beiträgen zu liegen. Dr. Klaus Fiedler, em 1998-3. |
Müller, Klaus W. (Hg.), Mission als Kampf mit den
Mächten. Zum missiologischen Konzept des „Power Encounter”. Referate der Jahrestagung für evangelikale
Missiologie, Korntal, 7.-9. Januar 1993. edition afem, mission reports, Bd.1. Bonn:
Verlag für Kultur und Wissenschaft, 1993. Sammelbände enthalten mitunter komprimierte Information und auch manche literarische Schnäppchen, die sonst nirgendwo veröffentlicht wurden. Dies trifft auch auf die Referate der AfeM-Jahrestagung von 1993 zu. In einem ausgezeichneten Anfangsartikel gibt Traugott Hopp, Dozent am Brüderhaus Tabor in Marburg, eine biblisch-theologische Einführung in das Thema „Kampf der Mächte“. Peter Beyerhaus stellt in seinem Beitrag „Die antagonistische Dimension der Mission – Der Kampf der Geister“, Mission als grenzüberschreitende Konfrontation dar. Er erkennt dabei sowohl direkten geistlichen Kampf (i.e. Exorzismus) als auch den eher indirekten, auf Bekehrung abzielenden Kampf als unverzichtbaren Bestandteil dieser Konfrontation. In dem akademisch gehaltenen Artikel kommen wichtige Grundanliegen des Seniors der evangelikalen Missionstheologie zur Sprache. Ferner gibt Wolfgang Simson einen Überblick über „Power Encounter in der charismatischen Missiologie“. Er nennt wichtige Kernthesen, distanziert sich von Extrempositionen innerhalb der charismatischen Bewegung und kritisiert die sterile deutsche Gemeindewirklichkeit und die verengte Negativ-Theologie. Der insgesamt gelungene Überblick beantwortet aber leider nicht die Frage, wie sich theologische und praktische Extrempositionen innerhalb der charismatischen Bewegung in der Praxis von den positiv beurteilten Aspekten scheiden lassen. Detmar Scheunemann, der auf 30 Jahre Missionserfahrung zurückblicken kann, geht sensibel und biblisch begründet auf die praktische Seite der Begegnung mit Mächten im Missionsdienst ein und verfolgt eine vertiefende theologische Auseinandersetzung mit dem Okkultismus. Klaus W. Müller, erster Vorsitzender des AfeM und Dozent der Freien Hochschule für Mission in Korntal, geht mit seinem Artikel „Power Encounter als missiologisches Konzept“ auf die anthropologischen und soziologischen Elemente des Power Encounters ein. Klaus Hoppenworth, Dozent am Seminar der Liebenzeller Mission und an der Universität Tübingen behandelt in dem letzten Hauptreferat die „Mission in ihrer Auseinandersetzung mit den Mächten in den nichtchristlichen Weltreligionen“ (im Hinduismus und Islam). Dabei geht er fundiert und ausschließlich auf die kognitiven Aspekte der genannten Religionen ein. Leider vernachlässigt er fast vollständig die sozialen und okkulten Ausmaße des Power Encounters beim vielerorts anzutreffenden Volks-Islams oder Volks-Hinduismus. Neben dem rund 100seitigen Hauptteil der Dokumentation beinhaltet der Band im Anhang interessante Erfahrungs- und Forschungsberichte auf knapp 40 Seiten über Möglichkeiten und Grenzen von Zeltmacher-Mission, über „Mission und Kirche in der Mongolei seit 1989“ und über die alte Frage „Zerstört Mission Kultur?“, die der Autor überzeugend und sachlich verneint. Das Buch ist ein insgesamt recht interessanter Sammelband zu einem aktuellen Thema für jeden, der sich umfassender mit Mission beschäftigt. Martin Sachs, em 1997-3. |
Müller, Klaus W. (Hg.). Mission im Islam. Festschrift für Eberhard
Troeger. Edition afem. Mission academics 25, Nürnberg, Bonn: VTR, VKW,
2007. Diese Festschrift sammelt verschiedenste Beiträge zur Person von Eberhard Tröger inklusive einer ausführlichen Liste seiner Veröffentlichungen (S.41-64), zu Fragen von Mission grundsätzlich bzw. Mission unter Muslimen (S.65-187) und zum Islam (S.189-300). Die Vielfalt der Beiträge ist ein Spiegel der Persönlichkeit und der Bedeutung des missionarischen und missiologischen Wirkens Eberhard Troegers, der Mitbegründer und erster Leiter des AfeM war. Insbesondere der erste Teil „soll blitzlichtartig Einblicke in ein Leben geben, die sonst verloren wären für die Blicke anderer“ (S.9). Acht kürzere Beiträge (S.7-40) rücken die Persönlichkeit Troegers aus der Perspektive von Familie, Weggefährten und Mitarbeitern in den Mittelpunkt. In diesen Beiträgen tritt nicht nur die Person vor das innere Auge des Lesers, sondern seine Leidenschaft für die Sache Jesu Christi und seine Liebe zu Mission und Muslimen wird greifbar. Christof Sauer stellt im ersten Beitrag des zweiten Teils „Die Vision einer Sudan-Mission: Der Beitrag aus dem deutschsprachigen Raum“ die missionsgeschichtlichen Hintergründe der Anfänge der EMO im Überblick dar. Diese hilfreiche und interessante Zusammenstellung weist auf das langjährige Wirkungsfeld des Jubilars. Albrecht Hauser bedenkt im folgenden Beitrag „Die missionarische Herausforderung der Gegenwart - Christsein in der Begegnung mit Säkularismus und Islam“. Da Mission ein „Wesensmerkmal christlicher Existenz“ ist, können Christen Mission nicht aufgeben oder grundsätzlich in Frage stellen. Bestimmt von der Liebe Jesu soll das Evangelium Menschen liebend nahe gebracht werden. Auf diesem Hintergrund identifiziert er "Vertrauensverlust ins Evangelium und unsere Unkenntnis über den Islam“ (S.89) als Ursachen dafür, dass Menschen sich im missionarischen Zeugnis gegenüber Muslimen schwer tun. Diese Beobachtungen sind sicherlich richtig, aber weitere Aspekte müssen ergänzt werden. Eberhard Troegers Unterscheidung von Islam und dem konkreten Menschen (vgl. Zitat auf S.92) weist auf die Frage, ob Muslime als von Gott geliebte Menschen in der Vergangenheit immer im Blick der Gemeinde Jesu waren. Mangelndes Interesse an den Menschen im Islam kennzeichnete wohl weite Teile der Kirchengeschichte. Dazu kommen insbesondere falsche Vorstellungen über die Begegnung mit Muslimen und über deren Überzeugungen. Ron Kubsch und Thomas Schirrmacher legen einen grundsätzlichen Beitrag „Apologetik: Den christlichen Glauben denkerisch bezeugen“ vor, indem sie im Überblick auf die Apologetik im Neuen Testament und der Kirchengeschichte bis in die Neuzeit eingehen. Apologetik beschreibt dabei die Notwendigkeit nicht nur „selbstgefällig Dogmatik zu treiben“, sondern sich den „Fragen, Wunden und Schutzschichten Andersdenkender“ (S.147) zu stellen. Sie betonen dabei unter anderem, dass Christen nicht alle Antworten haben. Vielmehr können Christen nur da „Gottes Botschaft vertreten, wo Gott sich in seinem Wort geoffenbart hat“ (S.150). Thomas Dallendörfers Beitrag „Die Trinitätslehre als Problem und Chance in der Mission unter Muslimen“ liefert einige sehr interessante Gedankenanstöße. Ausgehend von den Schwierigkeiten des Islams und des Korans mit einer (falsch) verstandenen Trinitätslehre sowie des mangelnden Interesses in christlichen Kirchen die Trinität zu lehren, weist er auf Chancen der Trinitätslehre hin, was in der folgenden Überzeugung gipfelt: „Die Dreieinigkeit ist das Resultat eines sehr hohen Anspruchs, nämlich zu lehren, dass Gott mit uns Menschen unmittelbar Gemeinschaft haben will“ (S.160). Man könnte noch ergänzen, dass in der islamischen Tradition und Lehre Gott ebenso wenig wie in der christlichen Tradition und Lehre vollständig zu begreifen oder begrifflich zu fassen ist. Diese Gemeinsamkeit kann manche Hindernisse für Muslime aus dem Weg räumen. Darüber hinaus könnte der Gedanke der Bundesgemeinschaft des allmächtigen Schöpfers und Herrn dieser Welt mit Menschen vom Alten Testament her stärker beleuchtet und damit das Verständnis für die im Neuen Testament explizite Trinitätslehre für Muslime vorbereitet werden. Joachim Paeslers Ausführungen „Barmherzigkeit Gottes in Christentum und Islam“ sind ein interessanter Beitrag zu dieser Festschrift. Die detaillierten Untersuchungen zu hebräischen und griechischen Begriffen stehen stärker thematischen Beschreibungen des Themas im Koran gegenüber. Bei allen Gemeinsamkeiten beschreibt er den grundlegenden Unterschied folgendermaßen: „Im Vergleich zum Islam, wo Allahs Barmherzigkeit eine Antwort auf das menschliche Handeln ist, geht Jahwe in seiner Liebe dem Menschen voraus, der das Heil lediglich im Glauben ergreifen muss“ (S.280). Diese zusammenfassende These hätte sicherlich anhand von manchen alttestamentlichen und neutestamentlichen Stellen (z.B. Röm 4,5 und 5,8) deutlicher herausgearbeitet werden können. Auch sollte noch einmal darüber nachgedacht werden, ob die alttestamentliche Bundesbarmherzigkeit im Neuen Testament in den Hintergrund treten kann (S.274), wenn das Neue Testament sich als die Erfüllung des Alten Testaments begreift. Die kurzen Rückfragen zu einigen Beiträgen sollen aber nicht in Frage stellen, dass diese Festschrift sicherlich dem Jubilar eine Freude sein wird und viele interessante und anregende Beiträge vorlegt. Heiko Wenzel, em 2008-3. |
Müller, Klaus W.;
Eberhard Troeger; Christine Schirrmacher (Hg.). Der Islam als Herausforderung
für die christliche Mission. Referate der Jahrestagung des Arbeitskreises
für evangelikale Missiologie 1994. Bonn: Verlag für Kultur
und Wissenschaft, 1996. Mit dem vorliegenden Band werden die Referate der Jahrestagung des Arbeitskreises für evangelikale Missiologie von 1994 einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Da der Islam schlichtweg die Herausforderung für die christliche Mission ist, wird der Jahresband des Afem mit seinen Grundsatzreferaten, Erfahrungs- und Forschungsberichten ein wichtiges Buch für die missionsorientierte Gemeinde bleiben. Im ersten Hauptreferat befaßt sich Helmuth Egelkraut mit den Grundlagen der Mission nach Römer 10. Er stellt heraus, daß die Rechtfertigung vor Gott allein aus dem Glauben kommt. „Sie hat ihre Ortsbestimmung am Kreuz des Messias Jesus Christus. Man kann sie nicht haben, wenn man den gekreuzigten Messias verwirft“ (S.6). Im Gegensatz dazu betont der Islam die Gerechtigkeit des Menschen, die auf eigenen Anstrengungen und guten Werken beruht. Das zweite Hauptreferat von Christine Schirrmacher beleuchtet die Kreuzigung Jesu und die Erlösung des Menschen aus islamischer Sicht. Sehr fundiert wird belegt, daß der Koran ganz eindeutig die Kreuzigung Jesu ablehnt und folgerichtig auch keine Notwendigkeit für die Erlösung des Menschen sieht. Die Erfahrungs- und Forschungsberichte (denen fast zwei Drittel des Buches gewidmet sind) machen für mich jedoch den besonderen Wert des Bandes aus. Hier werden Einsichten in die Missionspraxis gewährt und Hintergrundwissen von Insidern vermittelt, welche sonst nur sehr schwer zugänglich sind. Die breite Palette der Themen reicht von der „Evangeliumsverkündigung im Gespräch mit Muslimen in Pakistan, Afghanistan und Deutschland“ über die Arbeit als „Zeltmacher im Mittleren Osten und Zentralasien“ bis hin zu den „Expansionsbewegungen des Islam in Schwarzafrika“. Darüber hinaus geben zwei Referate einen tiefen Einblick in die Problematik der Konvertiten und die Bestrebungen der islamischen Mission („Dawah“ = Ruf zum Islam). Eine Liste der in „evangelikale Missiologie“ veröffentlichten neueren Buchbesprechungen über den Islam bilden einen wertvollen Anhang. Natürlich läßt sich das Thema „Islam als Herausforderung für die christliche Mission“ nicht in einem Buch abhandeln, zumal zwei Hauptreferate nicht zum Druck zur Verfügung standen. Dennoch wurden die Schwerpunkte des Themas anschaulich behandelt, so daß der interessierte Leser eine gute Einführung erhält. Reinhard Born, em 1997-2. |
Müller,
Klaus. W. Georg
Vicedom as Missionary and Peacemaker. His Missionary Practice in New Guinea.
World Mission Scripts 6, Neuendettelsau:
Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, 2002. Es gibt reichlich Aussagen darüber, was „die Missionare" gemacht oder unterlassen haben, und recht wenig Studien, die das genauer an einem Einzelfall untersuchen. Hier liegt eine solche Studie vor. Sie ist dem Wirken des Missionars Georg Vicedom in Neuguinea von 1929 bis 1939 gewidmet. Vicedom ist weit bekannter als Professor und Autor vieler Schriften zur Mission – etwa vierhundert Artikel und vierzig Bücher. Klaus Müller setzt bei den Quellen ein, die in großem Umfang vorhanden sind, zieht aber auch viele Quellen aus dem Umfeld heran. Die Studie ist von immenser Sorgfalt, auch von Hochschätzung aber auch von Kritik im Detail geprägt. Die Gliederung erfolgt in fünf Kapiteln, die nach dem Dezimal-System untergliedert sind -bis zu fünf Stellen! Nur wenige Abschnitte sind länger als eine Seite. Außerdem ist der Text mit Fußnoten untermauert, die selten weniger als ein Drittel der Seite füllen und weit mehr als nur die Quellenangaben enthalten. Kapitel 1 (S.1-32) schildert Herkunft, Entwicklung und Ausbildung, ohne Anzeichen künftiger Brillianz, aber mit inneren Kämpfen. Kapitel 2 stellt die Ausreise und die Orientierungsphase dar (S.33-70). Die beiden folgenden Kapitel zeigen Vicedom als Pioniermissionar, der selbständig arbeitete, und dabei den Durchbruch zur Annahme des Evangeliums durch eine Ethnie angestrebt und erfahren hat, zuerst in Mumeng unweit des neu erschlossenen Goldfeldes (S.71-126), danach im Hochland von Neuguinea in Ogelbeng. Dies Kapitel umfasst mehr als die Hälfte des Ganzen (S.127-327), und in diesen beiden Kapiteln liest sich das Buch auch richtig spannend. Vicedom folgte der Methode seiner Mission: Der Missionar und seine Gehilfen streben zusammen hin auf eine öffentliche Wendung der Gesamtgemeinschaft zum Evangelium hin. Die erste Grundforderung und der erste Segen ist der Friede mit den Nachbarstämmen. Zum Kontakt dient das Studium der lokalen Sprache, einfache medizinische Hilfe, Besuchsreisen und Alltagsverrichtungen wie Stationsbau und Nahrungserwerb. Alle wesentlichen Entscheidungen sind von der lokalen Bevölkerung zu treffen, auf ihre Weise, sodass das Sozialgefüge weitgehend intakt bleiben kann. Im Hochland-Kapitel wird ausführlich geschildert, wie diese Methode geändert werden musste, weil die Regierung den Evangelisten die freie Bewegung außerhalb ihres Herkunftsgebietes verbot. So wurden die ungetauften Schüler der dafür intensivierten Schule auf der Station zu den ersten Vermittlern biblischer Gehalte in ihren Herkunftsdörfern und zugleich Sprachhelfer, indem sie mit ihren Worten wiedergaben, was sie verstanden hatten. Dies dramatische Geschehen ist mit Sorgfalt dargestellt. Dabei verwendet der Autor die Gedanken, Einsichten und Begriffe der Kulturanthropologie, wie sie von und für Missionare adaptiert worden ist. Ein funktionales Substitut z.B. ersetzt eine vorchristliche Sitte mit sozialer Bedeutung durch eine christliche Sitte; und Gott wird als suprakultural verstanden. Für Klaus Müller ist Vicedom nicht nur Studienobjekt, sondern auch ein Vorbild als Missionar und als Missionstheologe. Das fünfte Kapitel handelt davon, wie sich Vicedoms wieterer Lebensweg gestaltete; er fand Zeit zur privaten Fortbildung, wurde Missionsinspektor, und dann mit Ehrendoktoraten „entdeckt", danach Professor an der kirchlichen Hochschule am Sitz seiner Mission. Eine Würdigung der Persönlichkeit erfolgt - durchaus nicht unkritisch: es wird auch festgestellt, Vicedom sei zeitweise „workaho-lic", autoritär und Einzelgänger gewesen. Dann folgen „wichtige Schlussfolgerungen aus Vice-doms Missionstätigkeit" wie eine Kette gehaltvoller Sentenzen, diesmal fast ganz ohne Fußnoten (S.342-352). Hier hätte die Arbeit enden können, aber dann wäre für Klaus Müller das Wichtigste noch ungesagt geblieben. Die letzten fünf Seiten Text können aber nur eben anreißen, was Vicedom als Missionsführer und Missionstheologe bedeutet. Er war der letzte bedeutende Missionstheologe, der vor dem Bruch zwischen den Evangelikalen und Ökumenikern wirkte. Die Evangelikalen berufen sich zu Recht auf ihn, und es wäre zum Schaden beider Seiten, wenn er in Vergessenheit geraten sollte. Dieser Anspruch wird sehr knapp entfaltet und kaum weiter begründet, und dem Rezensenten will scheinen, dass dieser Anspruch sich nicht zwingend aus den ersten vier Kapiteln ergibt. Aber es wird sich durchaus lohnen, sich wieder einmal mit Vicedom zu beschäftigen und sich auch Klaus Müllers Anspruch zu stellen. Nur schade, dass diese hervorragende Dissertation so spät gedruckt wurde (neun Jahre nach der Dissertation) und erst jetzt besprochen wird. Aber es lohnt sich durchaus noch! Prof. em. Dr. Niels-Peter Moritzen, em 2008-1. |
Müller, Michael & Stefan Müller. Erben eines Weltreiches. Die
mongolischen Völker und Gebiete im 20.
Jahrhundert. China -Mongolei - Rußland. Bonn: Verlag für Kultur
und Wissenschaft, 1992. „Dieses Buch will in einer umfassenden Übersicht die Gebiete der mongolischen Völker ganz Asiens behandeln… Bei dem Bemühen… konnte zwar an vielen Stellen auf die Traditionen dieser Völker hingewiesen, aber nicht intensiv genug auf all die interessanten Details in Tradition und heutigem Alltagsleben eingegangen werden.“ So die Autoren selbst in ihrem Vorwort. Die umfassende Übersicht über die Erben Dschingis Khans, die heute in drei Nationen und dort in weit verstreuten Siedlungsgebieten leben, ist den Autoren bestens gelungen, wobei der Leser nie den Eindruck hat, es fehlten die Details. Im Gegenteil: Ein gut Teil des Buches ist mit einer Fülle von Einzelangaben zur Geographie, Wirtschaft, Stammeszugehörigkeit, Geschichte und nicht selten auch der besonderen religiösen Prägung der einzelnen Bezirke, Kreise und Siedlungsgebiete innerhalb der jeweiligen Nation gefüllt. Das macht aus dieser Veröffentlichung ein Arbeitsbuch und Nachschlagewerk für Forscher und Spezialisten, kann aber auch genauso Politikern und Leuten aus der Wirtschaft wertvolle Hilfen bieten, die sich beruflich mit Zentral- und Ostasien beschäftigen müssen. Was nicht heißt, daß es nicht auch für den interessierten Laien zu einem aufschlußreichen „Lesebuch“ wird. Für Christen, die sich in irgendeiner Form für die Mongolen engagieren wollen, sind die Angaben zu Land und Leuten unverzichtbar; und die primär an Säkularem Interessierten tun gut, die Ausführungen über Religion nicht zu übergehen. Man findet nicht häufig Bücher, in denen sich zugleich sowohl fundierte Informationen über Geschichte, Geographie, Kultur, Wirtschaft und Politik als auch zuverlässige und nicht durch Voreingenommenheit getrübte Aussagen über Religionen und die christliche Kirche finden. Zum gezielten Gebrauch des Buches tragen ein sechsseitiges Inhaltsverzeichnis, ein 25seitiger Anhang mit Statistiken etc., zehn Kartenseiten (die man sich statt am Ende des Buches bei den entsprechenden Textstellen gewünscht hätte), sowie ein 17seitiges Stichwortregister bei. Auf Fußnoten wurde wegen besserer Lesbarkeit und einer Begrenzung des Umfangs bewußt verzichtet. Ein Blick in die (nach eigenen Angaben unvollständige) fünfseitige Bibliographie verdeutlicht, daß der weitaus größte Teil des verwendeten Materials auf nichtdeutsche Veröffentlichungen zurückgeht. Hier erfährt der Leser auch, daß die Autoren selbst mehrere Jahre in Zentralasien studiert und die Gebiete bereist und somit vor allem auch eigene Erfahrungen und Erkenntnisse verarbeitet haben. Und wer sie einmal vor Ort besuchen konnte, weiß, daß es ihnen bei ihrem Engagement für die Mongolen um mehr geht, als nur darum, „unser Wissen um die weiten unbekannten Gebiete Zentralasiens zu erweitern.“ Karl Lagershausen, em 1993-3. |
Musk,
Bill A. Passionate
believing. The „fundamentalist” face of Islam. Speldhurst: Monarch, 1992. Nirumand, Bahman (Hg.). Im Namen Allahs.
Islamische Gruppen und der
Fundamentalismus in der Bundesrepublik
Deutschland. Köln:
Dreisam 1990. Die islamische Revolution im Iran löste in der westlichen Welt einen bis heute unaufgearbeiteten Schock aus. Das Bild des Islam im Westen ist von Fundamentalismus und Fanatismus geprägt. Der „islamische Fundamentalismus“ gewinnt zunehmend Anhänger in den islamischen Ländern. Viele Regierungen geraten unter Druck, zur Scharia zurückzukehren. Durch die Islamzentren ist der Fundamentalismus auch in Europa präsent und nimmt auf die Muslime hier Einfluß. Das Ziel von Bill Musks neuem Buch ist, tiefer in Wurzeln und Hintergründe des islamischen Fundamentalismus einzudringen. Zugleich soll es Christen helfen zu verstehen, wie dieser für viele moderne Muslime durchaus seine Berechtigung hat und einen Sinn gibt für ihr Leben. Musks Buch gliedert sich in drei Teile: Der erste Teil zeigt auf, wie aus der Perspektive von islamischen Fundamentalisten das tägliche Leben gestaltet werden sollte. Es wird deutlich, wie sehr sich die Weltanschauung des säkularen, humanistischen Westens von der des fundamentalistischen Islam unterscheidet. Im zweiten Teil beschreibt Musk anhand von Biographien und Länderstudien geschichtliche Entwicklungen des Fundamentalismus und das Denken maßgeblicher Persönlichkeiten in Pakistan, Ägypten und Iran. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Beurteilung des fundamentalistischen Islam im Gegensatz zum Christentum. Musk zeigt auf, welche Auswirkungen der Niedergang des Islam in den letzten 100 Jahren sowie die Kolonisation und Abhängigmachung der islamischen Welt durch die Länder des Westens auf die Entstehung des islamischen Fundamentalismus hatte. Dabei findet er sehr kritische Worte über den Zustand des „christlichen“ Abendlandes, das in seiner Säkularisierung ein sehr negatives Bild des Christentums abgibt. Islamischer Fundamentalismus ist ein „Zurück“ zum ursprünglichen Islam. Das bedeutet: Leben in einem islamischen Staat, der nach der Scharia regiert wird, die alle Bereiche des Lebens bestimmt. Für Christen, und erst recht für Konvertiten aus dem Islam, ist das Leben in einem islamischen Land äußerst schwierig. Christsein in einem fundamentalistisch geprägten islamischen Staat kann sehr leicht zum Martyrium führen. Bewußt ausgelassen hat Musk Ideen und Ansätze, um fundamentalistische Muslime mit dem Evangelium zu erreichen. Für Missionare unter Muslimen sollte dieses gelungene Buch Pflichtlektüre sein. „Im Namen Allahs“ ist das einzige Buch in deutscher Sprache, das sich mit dem islamischen Fundamentalismus in Deutschland befaßt. Der Herausgeber, Bahman Nirumand, stammt aus dem Iran und hat in Deutschland studiert. Von Beruf Schriftsteller und Journalist, ist er politisch eher dem linken Spektrum zuzuordnen. Einleitend gibt Richard Schulze einen Hintergrundbericht zu den islamischen politischen Bewegungen. Dabei stellt er fest, daß der Islam von den Zeiten Mohammeds an zugleich auch politisch war. Den nichtpolitischen Islam definiert er als das alltägliche religiöse Verhalten der Muslime. Im zweiten Kapitel gibt der Orientalist Karl Binswanger einen Überblick über die Entwicklung und den aktuellen Stand des islamischen Fundamentalismus in Deutschland. In weiteren Beiträgen beleuchtet er dessen ökonomische Basis und Ethnizität. Dabei wird deutlich, daß der arabisch geprägte Fundamentalismus durch Islamzentren und islamische Dachorganisationen in Deutschland weitgehend den Ton angibt, obwohl die Mehrheit der Muslime in Deutschland Türken sind. Weitere Kapitel schildern den türkischen Islam in Berlin und die Rolle der modernen Frau im Islam. Sehr interessant ist das Interview Niru-mands mit einer deutschen Muslima. Der Neubau von Moscheen in Deutschland ist nur das äußere Anzeichen einer Entwicklung unter den Muslimen in Deutschland, die schon viel früher begonnen hat. Wer diese Entwicklung verstehen möchte, dem sei das Buch empfohlen. Reinhard Born, em 1993-3. |
Musk, Bill. Das unbekannte Gesicht des Islam.
Marburg: Franke, 1992. Gut, daß es die
spannenden Geschichten über den Volksislam mit anthropologischen und
theologischen Analysen jetzt auch in deutscher Übersetzung gibt, denn manchen
erschien das Englisch des Originals schwer lesbar (The Unseen Face of Islam; rezensiert in em 4/92). Die im Vorwort angekündigte Bibliographie über den Volksislam findet man leider nur im englischen
Original. Dafür wurde eine Liste deutscher
Standardwerke über den Islam ein Christof Sauer, em 1993-2. |
Musk, Bill. The Unseen Face of Islam: Sharing the Gospel with Ordinary Muslims. MARC Europe: London, 31992(1989). Dr. Bill Musk ist Islamexperte mit langjähriger Erfahrung im Mittleren Osten. Er studierte Geschichte und Theologie in England, USA und Südafrika. Musk schreibt über die unbekannte Seite, das „ungesehene Gesicht des Islam“: den allgemeinen Volksglauben und seine Praktiken im Leben des einfachen Muslim. Im ersten Teil schildert Musk seine Beobachtungen aus dem Alltag: Da beherrscht die Furcht vor dem bösem Blick und dem verhängnisvollen Einfluß der Jinns (Geister) das Leben. Mit magischen Praktiken sucht man der Unsicherheit Herr zu werden. Da spielen Heilige, Wunderheilungen, übernatürliche Hilfe und die richtige räumliche Lebensgestaltung eine wichtige Rolle. Mit noch vielen anderen Mitteln versucht man, sein Leben dem Einfluß des Bösen und Unberechenbaren zu entziehen. Entscheidend ist die „Baraka“, die Kraft bzw. Vollmacht, die im Alltag erlebt wird. Im zweiten Teil finden sich ausgiebige Analysen der Verhaltensweisen, die teilweise schon im ersten Teil angedeutet sind. So zeigt Musk beispielsweise auf, wie ein einfacher Muslim in einer ganz bestimmten Weltsicht verwurzelt ist. Diese unterscheidet sich wesentlich von der eines westlich geprägten Missionars. Musk führt gute Beispiele dafür an, wie die unterschiedliche Deutung von Geschehen in der Begegnung zu Mißverständnissen führen kann. Natürlich übersieht er nicht, daß es auch im Islam unterschiedliche Richtungen gibt, die Betonungen unterschiedlich setzen. Muslim ist nicht gleich Muslim. Diese Komplexität ist für Musk jedoch kein Grund zu kapitulieren. Vielmehr findet er in dem unterschwelligen Gesicht des Islam Faktoren, die zu Brücken werden können. Müßte man in diesem Buch ein missiologisches Hauptthema benennen, so würde ich „Power Encounter“ vorschlagen, womit auch ein Kapitel überschrieben ist: Alle Nöte und Bedürfnisse des gewöhnlichen Menschen im Islam weisen auf den Machtkonflikt in dieser Welt hin. Woher kommt Kraft zum Leben und oftmals zum Überleben? Ständig sieht der Mensch sich bedroht. Nach Musk können wir dem Muslim nicht glaubwürdig begegnen, wenn wir kein Leben und keine Botschaft haben, die wirklich Hoffnung und Kraft geben. Musk fordert heraus zum „Power Encounter“ in dem sich durch das Zeugnis und die Demonstration von Gottes Kraft die Weltanschauung im Grunde des Herzens wandeln kann. Dabei verschweigt er aber auch nicht den Weg des Kreuzes, in dem die Macht Gottes verborgen anwesend ist. In das Lob anderer Rezensenten stimme ich gerne mit ein. Musks Beobachtungsgabe und Analyse sind bemerkenswert. Traude Deitigsmann, em 1992-4. |
Nehls, Gerhard. Al-Kitab - Das Buch. Witten: R.
Brockhaus Verlag, 2006. Gerhard Nehls arbeitete von 1975 bis zu seinem Ruhestand unter Muslimen in Südafrika. Die von ihm gegründete Organisation „Life Challenge Africa“ hat sich auf die Schulung von Christen zur Begegnung mit Muslimen spezialisiert und dazu umfangreiches Material veröffentlicht. Das vorliegende Buch erschien 1985 auf Englisch und liegt nun erstmalig in deutscher Sprache vor. „Al-Kitab - Das Buch“ ist ein Bibelkurs für muslimische Leser. In den ersten drei Kapiteln geht es um den ersten thematischen Schwerpunkt, die Bibel. Nehls beschreibt Altes und Neues Testament, die Sammlung einzelner Bücher, ihre Abfassungszeiten, Gliederung, Inspiration und Vertrauenswürdigkeit. Die folgenden Kapitel behandeln Gottes Wesen, Ursprung und Ziel des Menschen, Gottes Gesetz, die Sünde und Gottes Gnade und Barmherzigkeit. Einen weiteren Schwerpunkt bilden ab Kapitel neun die Person Jesu, sein Tod und seine Auferstehung. Nehls setzt sich mit dem islamischen Verständnis von Jesus als einem Propheten auseinander. Danach werden die Person und das Wirken des Heiligen Geistes behandelt, sowie abschließend das Reich Gottes und seine Bürger. Unter der Frage „Was nun?" appelliert Nehls dann an den Leser, Gott nicht seine Wege vorzuschreiben, sondern sich ganz auf sie einzulassen. Das Buch ist an muslimische Leser gerichtet, die durch den Stil, die Wortwahl und die Argumentationslinien gut abgeholt werden. Nehls geht auf das muslimische Verständnis der behandelten Themen ein (Verfälschung der biblischen Schriften, Jesus als Prophet, Leugnung des Todes und der Auferstehung Jesu etc.). Sowohl zur Darstellung der muslimischen Sicht als auch zu ihrer Infragestellung zitiert Nehls den Koran. Für biblische Persönlichkeiten gebraucht er häufig neben den biblischen auch die entsprechenden koranischen Namen. Er geht auf diverse Missverständnisse über den christlichen Glauben ein (Gleichsetzung westlicher Kultur mit dem Christentum, Gottessohnschaft Jesu, Ankündigung Mohammeds im Johannesevangelium). Der gesprächsartige Stil ist für Leser aus muslimischen Kulturen sehr ansprechend (z.B. S.98: „Läuft es ihnen kalt den Rücken herunter, wenn sie den Titel ,Sohn Gottes‘ hören?“). Immer wieder werden anschauliche Beispiele eingesetzt, die der Argumentationsweise vieler Muslime entsprechen. Es ist ein klares Ziel, dass der Leser selbst biblische Belegstellen liest. Durch 34 Frageteile am Ende jedes Kapitels und Lückentexte soll der Leser animiert werden, bestimmte Themen selbst zu erarbeiten. Nehls lädt zur vorbehaltlosen Prüfung der biblischen Aussagen ein. Der Verfasser erwähnt äußerst knapp das Thema Christenverfolgung. Hier wäre es sicher angemessen, die hohe Wahrscheinlichkeit des Leidens zu erwähnen, mit dem muslimische Leser rechnen müssen, die sich der Botschaft dieses Buches öffnen. Wie ist dieses Leiden theologisch einzuordnen? Wie können suchende Muslime die Kosten überschlagen und sich auf Leid einstellen? Dass diese Fragen nicht behandelt werden, ist ein Mangel dieses ansonsten sehr hilfreichen Bibelkurses. „Al-Kitab – Das Buch“ ist für gebildete muslimische Leser geeignet, die Zugang zu einer Bibel haben sollten, um die Argumentationslinien nachvollziehen zu können. Daneben ist das Buch eine wertvolle Hilfe für Christen, die mit Muslimen die Bibel studieren. „Al-Kitab – Das Buch“ scheint nicht primär für theologisch sehr gut geschulte muslimische Leser geeignet zu sein. Für diese Zielgruppe liegen andere Bücher von Gerhard Nehls vor. Roland Denner, em 2008-1. |
Nels, Gerhard (Hg.). Battle for the Hearts. Practical Methods you can use in Sharing the Good News with your Muslim Neighbours. 4 Videos plus „Trainer’s Guide.“ Hg. von Gerhard Nehls/Life Challenge Afrika, in Zusammenarbeit mit Trans World Radio und Green Earth Films. Unter dem größten Einsatz aller Beteiligten entstand in
einer vierjährigen Arbeitsphase die Video-Serie „Battle for the Hearts“. Sie
umfaßt insgesamt 12 Stunden Schulungskurse auf 4 Video-Kassetten und sollte
das Herz jedes Missions- und Ausbildungsleiters, jedes Missionsinteressierten
und -engagierten höher schlagen lassen. Die professionell produzierten Videos geben einen erstklassigen Einblick in das Wesen des Islam, seine Geschichte und Theologie, in Koran und Scharia, die Islamische Überlieferung, die muslimische Glaubenspraxis, den Volksislam und die häufigsten muslimischen Einwände gegen das Christentum und die Bibel. Ziel ist, von diesem Ausgangspunkt die Frage „Wie können Muslime mit dem Evangelium erreicht werden?“ tiefgründig und umfassend zu beantworten. Einerseits wird in kompakter Form grundlegendes Wissen über den Islam vermittelt, andererseits auch viele Vergleiche zum biblischen Zeugnis und zur christlichen Dogmatik gezogen. Gangbare, kulturell angemessene Wege zur Evangelisation unter Muslimen werden aufgezeigt, die sowohl auf die deutsche Situation wie auch auf das Ausland anwendbar sind. Die zu einzelnen Themen eingespielten Dialoge und Szenen machen die praktische Umsetzung für die Evangelisation äußerst anschaulich. Auch dass hier wesentliche Anfragen von muslimischer Seite gegen das Christentum (wie z. B. der Vorwurf der Verfälschtheit der Bibel) aufgegriffen und grundlegend widerlegt werden, ist für all diejenigen von großem Interesse, die sich in den Dienst unter Muslimen berufen wissen und oft in jahrelanger mühevoller Kleinarbeit diese Antworten für sich selbst finden und zusammentragen müssen. Durch den Wechsel der Sprecher (vier hauptamtliche Mitarbeiter aus dem Bereich der Muslimevangelisation) und die eingeblendeten Exkurse einiger führender christlicher Islamexperten ist die Information gleichermaßen dicht und solide angeordnet wie zugleich kurzweilig. Die Informationen der Videos können mittels einer CD mit Hintergrundmaterial weiter vertieft werden; das Begleitheft „Trainers Guide“ erläutert die Einsatzmöglichkeiten der Videos. Aufgrund der umfangreichen Informationen können sie auch überall dort Verwendung finden, wo der Vorführende selbst kein „Islamexperte“ ist. Kurz: Dieses Material ist ein unbedingtes Muss für jede Bibelschule, Ausbildungsstätte und Missionsgesellschaft, sowie für jeden, der sich mit dem Gedanken der Islammission beschäftigt, aber auch für jeden, der in seinem Umfeld Menschen auf die weithin vernachlässigte Aufgabe der Muslimevangelisation hinweisen oder selbst in diesem Bereich aktiv werden möchte. Einziger Wehrmutstropfen: Das Video liegt derzeit nur auf Englisch vor. Dr. Christine Schirrmacher, em 2002-4. |
Nengzakhup,
Suante. Amazing
Mizo Mission. SAIACS Press, Bangalore, Indien, 1999. Patrick Johnstone bezeichnet sie als größte evangelische Missionsbewegung in unserer Zeit, die evangelischen Kirchen in Mizoram, jener abgelegenen Bergregion im Nordosten Indiens, eingekeilt zwischen Bangladesh und Myanmar. Durch ihre extreme geographische Randlage von der wirtschaftlichen Entwicklung Indiens ausgeschlossen, konstatiert der Missionssekretär der Presbyterianischen Gemeinden Mizorams Rev. Vanlalhruaia: „Wir sind arm. Aus unserem Bundesstaat gibt es nichts zu exportieren. Wir haben nur ein Gut, das wir ausführen können und darauf sind wir stolz. Das ist das Evangelium.“ (S. 69) Und dies haben Mizo-Gemeinden in eindrucksvoller Weise getan! Der Mizo-Pastor und Missionssekretär der Indian Evangelical Mission S. Nengzakhup zeichnet in dem vorliegenden Buch in knappen Worten die Grundzüge dieser faszinierenden Missionsbewegung seit ihren Anfängen vor 100 Jahren (Kap. 1) nach, wobei er sich vor allem auf die Missionsbewegung der Presbyterianischen Kirche in Mizoram (PCM) konzentriert. Der 200.000 Mitglieder in 700 Gemeinden umfassende Gemeindeverband hat über 900 Missionare ausgesandt und finanziert sie vollständig. Dies wird an konkreten Beispielen illustriert wie etwa der Presbyt. Gemeinde in Chanmari, die mit 1.855 Mitgliedern 120 Missionare (!) ausgesandt hat und finanziert. Wie gelingt es bettelarmen Gemeinden, so intensiv an Weltmission beteiligt zu sein? Dazu hat sicher die gute theologische Unterweisung und Motivation zur Mission beigetragen, wobei der Autor vor allem den Glaubensgehorsam, die Liebe Gottes, die konkrete Erwartung der Wiederkunft Jesu, Dankbarkeit gegenüber Gott sowie das Bewusstsein vom Sieg Gottes und den Nöten in der Welt hervorhebt (Kap. 5). Dabei konnte sicher auch auf traditionelle Werte der Mizo-Kultur wie Selbstverleugnung, Helfen von Menschen in Not, großzügigem Teilen, ja dem Wettstreit, Gutes zu tun aufgebaut werden. Auch der hohe Bildungsstand (eingeführt durch die frühen Missionare) hat dazu beigetragen, das Vorbild der ersten Missionare, die schon frühzeitig die Verantwortung für Schulen, Gemeinden und die Evangelisation in einheimische Hände übergeben haben (S. 81) sowie die Betonung von Gebet und geistlichen Liedern, Laienpredigern und biblischer Lehre (Kap. 8), ebenso die Kette von Erweckungen, die das Land seit 1906 immer wieder erfasst hat (Kap. 4). Es ist aber vor allem der Eifer und die Kreativität der Gläubigen, die die Missionsbewegung auszeichnet und für uns zum Vorbild macht (Kap. 7): Gemeinden legen einen Gemeindegarten mit Gemüse, Obst, Reis oder eine Teakholzplantage an, deren Gewinn der Versorgung ihrer Missionare zukommt. Frauen sammeln Feuerholz und Stroh, fangen Krabben und Schnecken und verkaufen sie zu Gunsten der Mission. Bauern halten „Missionshühner“ und bestimmen einen Teil ihres Feldes für die Mission. Gemeindeglieder betreiben einen Verkaufsladen oder Teestand auf dem Markt. Im Gemeindehaus wird ein Laden oder Mietwohnungen eingerichtet. Christen leisten Lohnarbeit zu Gunsten der Mission, kaufen Fleisch, Salz etc. in großen Mengen ein und verkaufen sie in kleinen Portionen. Sie geben den Gehaltsanteil für den Sonntag (an dem sie ja nicht arbeiten) für die Mission und fasten einen Tag pro Woche für ihre Missionare. Sie lassen die große Weihnachtsfeier in der Familie ausfallen und spenden den eingesparten Betrag. Missionsfreunde besuchen „in Gedanken“ ihren Missionar im Einsatzland (oder laden ihn zu sich nach Hause ein) und spenden den Betrag für Fahrt und Bewirtung. Bevor eine Hausfrau eine Mahlzeit zurichtet, legt sie eine Handvoll Reis beiseite– und spart sich die Unterstützung ihres Missionars so vom Munde ab … Es sind diese Vielzahl an praktischen, innovativen Ideen, die die Missionsbewegung in Mizoram auszeichnen und das Büchlein für uns alle zum großen Gewinn machen. Umfangreiche Bibliographien und statistische Daten ergänzen den außerordentlich lesenswerten Band. Der Schreibstil orientiert sich zwar mehr an asiatischen Lesern, so dass das Werk für unser Sprachgefühl nicht so elegant formuliert ist, doch es wird überaus deutlich: „Es ist nicht der Überfluss, sondern der Eifer und die Dankbarkeit gegenüber Gott, die die Mizos in ihrem Enthusiasmus und der aktiven Teilhabe an der Weltmission antreibt“ (S. 77), und „Mizos haben niemals ihre Armut als Entschuldigung angesehen, sich nicht an Weltmission zu beteiligen. Wenn die Gemeinde in Jerusalem auf ihre Armut geschaut und daraus geschlossen hätte, dass sie keine Missionare aussenden könnte, dann wäre das Evangelium nie aus dieser Stadt herausgekommen“ (S. 69). So schließt das Buch mit der Ermahnung, „dass jede Gemeinde eine Missionskirche sein kann, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation. Armut muss nicht eine Gemeinde abhalten, an Weltmission teilzuhaben. Dies ist biblisch. Auch wenn Geld eine wichtige Rolle in der Mission spielt, es ist nicht der größte Mangel.“ (S. 83) Dem kann ich nur zustimmen. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung. Detlef Blöcher, em 2001-3. |
Neudorfer, Heinz-Werner;
Torsten Morstein (Hg.). Christus zur Entscheidung predigen: Argumente
und Erwägungen zum Thema ‘Bekehrung’. Festgabe der Lehrer des Albrecht-Bengel-Hauses zum 80. Geburtstag von
Studienleiter Dekan i. R. Walter Tlach. Neuhausen: Hänssler, 1997. Die vorliegende Festschrift mit Beiträgen von derzeitigen und ehemaligen Lehrern des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen entstand aus einer Ringvorlesung zum Thema Bekehrung. Die Themen reichen von einer Theologie der Evangelisation über Umkehr in AT und NT über die Sicht von Augustinus und Pelagius, Luther und Erasmus und des Pietismus bis hin zur konkreten Frage des Wie der Verkündigung. Gerhard Diekmeyer bemerkt S.82-83 treffend, daß gegenwärtig neben der Schriftfrage in pietistischen und evangelikalen Kreisen Fragen nach der Einzigartigkeit Jesu Christi und nach der Rolle unseres Willens bei der Bekehrung zur Gretchenfrage werden. Die zunehmende Zahl von Veröffentlichungen zu Themen wie Erwählung, Arminianismus usw. belegen dies deutlich. „An sich halte ich diese Entwicklung für gut, weil es richtig ist, daß man das Verhältnis zur Heiligen Schrift nie unabhängig von ihrem Inhalt gewinnen kann.“ (S.83). (Er befürchtet allerdings, daß die Stellung zur Frage des freien bzw. unfreien Willens vorschnell zu Ausgrenzungen führt.) Dementsprechend ist es erfreulich, daß in dieser Festschrift die großen kirchengeschichtlichen Debatten zu dieser Frage eigens behandelt werden und die Autoren auf Luthers und Augustins Seite Stellung beziehen. Auch die gute historische und kritische Darstellung von ‘Bekehrung und Allversöhnung im Pietismus’ von Heinz-Werner Neudorffer liegt ganz auf dieser Linie, die übrigens treffend die Main-Linie vermerkt, nördlich derer der Pietismus die Allversöhnung gänzlich ablehnt und südlich derer die Allversöhnung im Pietismus viele Anhänger hat. Zugleich fällt allerdings die Bandbreite der Auffassungen unter den Autoren selbst auf. Man hätte sich gewünscht, daß die Autoren in ein Gespräch über ihre unterschiedlichen Auffasssungen eintreten. Das sehr schlicht aufgemachte Taschenbuch hätte eine stärkere Werbung und Verbreitung verdient. Thomas Schirrmacher, em 1998-3. |
Neuer, Werner. Heil in allen Weltreligionen? Das
Verständnis von Offenbarung und Heil in der pluralistischen
Religionstheologie John Hicks, Giessen/Neuendettelsau: Brunnen-Verlag/
Freimund-Verlag, 2009. Seit den 1970er Jahren hat die so genannte pluralistische Religionstheologie (PRT) mit ihrer Wertschätzung religiöser Vielfalt und unterschiedlicher Gottes- und Heilsvorstellungen zunehmend an Einfluss und Attraktivität gewonnen. Einer ihrer ersten und führenden Vertreter ist der Religionsphilosoph und Theologe John Hick, der wesentlich dazu beigetragen hat, der PRT publizistische Aufmerksamkeit und Breitenwirkung zu verschaffen. Mit seinem literarischen Werk beschäftigt sich der Theologe Werner Neuer, Dozent für Dogmatik und Theologie der Religionen am Theologischen Seminar St. Chrischona, in seiner Monographie. Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf den zentralen Begriffen Offenbarung und Heil als grundlegenden Dimensionen von Religion. Neuer untersucht die Begriffe in Hicks Werk aus einer systematisch-theologischen Perspektive, um zu klären, ob der theologische Entwurf Hicks in sachlicher Kontinuität mit reformatorischer und ökumenischer Theologie vorstellbar ist und ob die von der pluralistischen Religionstheologie beanspruchte und behauptete Kompatibilität mit dem Offenbarungs- und Heilsverständnis anderer nichtchristlicher Religionen sich bewahrheitet. Die Frage spitzt sich darauf zu, „ob eine 'Offenbarung' in außerchristlichen Religionen auch Heil im neutestamentlichen Sinn der Zueignung von Rechtfertigung und Gotteskindschaft zu vermitteln in der Lage ist und in einer prinzipiell gleichrangigen Weise als heilsvermittelnde Offenbarung gelten darf“ (S. 85). In einem ersten Teil stellt Neuer die Position der alten Kirche zur Frage des religiösen Pluralismus kurz dar und fasst die Entwicklung der religionstheologischen Diskussion seit den 1980er Jahren zusammen, um sich dann im Hauptteil der Arbeit dem literarischen Werk Hicks zuzuwenden. Dabei stellt er jeweils zunächst die Grundzüge von Hicks Argumentation dar, um sich in einem zweiten Schritt kritisch mit den Gedanken Hicks auseinanderzusetzen. Neuer beginnt seine Erörterung mit einer Untersuchung von Hicks Begründung der pluralistischen Religionstheologie und seiner Kritik an den exklusivistischen und inklusivistischen Modellen, sowie an der traditionellen kirchlichen Christologie. Die folgende Diskussion konzentriert sich auf die beiden Begriffe Offenbarung und Heil. In gründlicher Arbeit an Hicks Texten zeigt Neuer die Grundzüge seines universalen, relationalen Offenbarungsverständnisses und macht deutlich, wie Hick durch seine Erkenntnislehre zu einer strikten Trennung von Erkennbarkeit und Erfahrbarkeit Gottes gelangt und somit letztlich zu einem offenbarungstheologischen Agnostizismus, der aufgrund von Erfahrung das Wirkliche zwar postulieren, aber nicht gedanklich erkennen kann. Die Unterscheidung zwischen dem Ewig Einen als „Noumenon“, das menschlichem Denken und menschlicher Erfahrung unzugänglich bleibt, und dem Ewig Einen als „Phänomena“, die von Menschen in unterschiedlicher Weise erfahren werden, bezeichnet Hick selbst als den Kern seiner „pluralistischen Hypothese“. Dabei gibt Hick durchaus zu, dass Gegensätze in den Offenbarungsinhalten der unterschiedlichen Religionen bestehen bleiben. Um die prinzipielle Gleichwertigkeit der unterschiedlichen Offenbarungen im Blick auf ihre Offenbarungsqualität aufrecht zu erhalten, reduziert Hick die Offenbarung inhaltlich auf die Existenz einer göttlichen Wirklichkeit und ihre soteriologische Wirksamkeit. Neuer spricht hier von einer faktischen „Hinduisierung des Wahrheitsbegriffs“ (S. 179) und einer Reduktion der Offenbarung auf ein „göttlich begründetes humanes Ethos“ (S. 181). In gleicher sorgfältiger Weise untersucht Neuer dann den Begriff Heil in Hicks literarischem Werk. Hier zeigt sich, dass Hick den reformatorischen, ein forensisches Geschehen beschreibenden Heilsbegriff aufgibt zugunsten eines prozessualen, empirischen Heilsverständnisses, das Heil als „Transformation der menschlichen Existenz von der Selbstzentriertheit zur WIRKLICHKEITSzentriertheit“ (S. 199) versteht. Heil wird als ganzheitlicher Verwandlungsprozess verstanden, der sich in unterschiedlicher Weise im Kontext aller großen religiösen Traditionen ereignet. In seiner Kritik gesteht Neuer zu, dass Heil im neutestamentlichen Sinne als ganzheitliches Heil verstanden werden muss; auch den theozentrischen Charakter des Heils unterstreicht er. Gleichzeitig weist er jedoch darauf hin, dass der – im biblischen Zeugnis zentrale – personale Charakter des Heils als Gemeinschaft mit Gott in Christus von Hick aufgrund der von ihm postulierten Unerkennbarkeit des Ewig Einen zwangsläufig unberücksichtigt gelassen werden muss. Neuer arbeitet heraus, dass Hicks Heilsbegriff, der sich überwiegend auf eine empirische Verifizierbarkeit stützt und neutestamentliche Grundzüge wie den personalen oder auch den eschatologischen Charakter des Heils vernachlässigt, die Unterschiede im Heilsverständnis der Religionen nivelliert und dabei doch gleichzeitig als „christliche“ Interpretation verstanden werden will, nicht in Einklang gebracht werden kann mit einem neutestamentlichen Heilsverständnis, das im auferstandenen Christus nicht nur das Objekt, sondern zugleich das Subjekt des Glaubens erkennt. Neuer nimmt in seiner Monographie, die mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis sowie Bibelstellen-, Personen- und Sachregister versehen ist, den Leser mit hinein in die Gedankenwelt John Hicks und seiner PRT. Er tut das auf sorgfältige Weise und stellt Hicks Position angemessen dar. Auch in seiner Kritik an Hicks Interpretationen von Offenbarung und Heil bleibt Neuer sachlich und formuliert seine Kritik präzise. Dieses Buch bietet all denen, die sich in Studium und Gemeindearbeit mit der Gedankenwelt der PRT auseinander setzen müssen, eine Hilfe zum Verständnis und zur fundierten Auseinandersetzung mit Überzeugungen, die heute – auch außerhalb der akademischen Welt – zunehmend Verbreitung finden. Jürgen Schuster, em 2010-3. |
Neufeld, Alfred. Die alttestamentlichen Grundlagen der
Missionstheologie. Missiologica
Evangelica 5. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 1994. Filbeck, David. Yes, God of the Gentiles, Too. The Missionary Message of the Old Testament. A BGC Monograph. Billy Graham Center, Wheaton: Wheaton College, 1996. Scheurer,
Erich. Altes Testament und Mission: Zur Begründung des
Missionsauftrages. TVG.
Gießen: Brunnen Verlag, 1996. Die alttestamentliche Begründung der Mission rückt erfreulicherweise stärker in den Mittelpunkt der evangelikalen Missiologie, wie unter anderem die drei vorliegenden Titel zeigen. Den besten Einstieg bietet die kurze Arbeit des paraguayischen Missiologen Alfred Neufeld (für AfeM-Mitglieder bei Selbstabholung und auf der Jahrestagung in Korntal zum günstigeren Preis erhältlich). Neufeld stellt zunächst auf 30 Seiten überblicksartig die Bedeutung des Alten Testaments in der Missiologie von rund einem Dutzend Missionswissenschaftler von Warneck bis Verkuyl, Peters und Kasdorf dar. Auf 50 weiteren Seiten trägt er dann aus den Schriften dieser Missiologen und aus eigener Anschauung zusammen, welche Bedeutung die alttestamentliche Begründung für die neutestamentliche Mission spielt. Die Erkenntnis des Schöpfers und der Jahwe- und Thoradienst der Heiden sind das Missionsziel des Alten Testaments. Das Alte Testament enthält bereits den Auftrag, die Jahweerkenntnis als Heil der Völker zu verkündigen. Die beste und gründlichste biblische Erarbeitung der Bedeutung des Alten Testaments für die Missionstheologie findet sich meines Erachtens in der etwas abseits erschienenen Monographie von David Filbeck. Das Alte Testament ist für Filbeck unverzichtbare Grundlage des Missionsbefehls. Dazu behandelt er die wichtigsten Missionstexte des Alten Testaments, bespricht alle Stufen der alttestamentlichen Heilsgeschichte und ihre Bedeutung für die Mission und die Vorbereitung des Kommens des Messias. Schließlich stellt er dar, wie im Neuen Testament, namentlich in den Evangelien, die alttestamentliche Grundlage der Mission aufgegriffen wird. Eine flüssig geschriebene, materialreiche Studie, die dringend ins Deutsche übersetzt werden sollte. Erich Scheurer geht es in seiner Dissertation zunächst weniger um die alttestamentliche Begründung der Mission selbst, sondern um die Frage, wie führende deutschsprachige Theologen (Ausnahme sind Bosch, Blauw, Peters und Kasdorf) mit dieser Frage umgegangen sind. Dazu erarbeitet er eine ausgedehnte Forschungsgeschichte, wobei er die Befürworter und Gegner einer alttestamentlichen Missionsschau nach theologischen Schulen ordnet. Erst am Ende nimmt Scheurer eine eigene Zusammenstellung der Bedeutung alttestamentlicher Aussagen für die Mission vor (S.351-419). Er sieht zwar eine breite Basis für den grenzüberschreitenden Charakter der alttestamentlichen Offenbarung, denn Jahwe ist der einzige und universale Gott, der die Anbetung aller Völker verdient. Damit ist für Scheurer der ‘Missionsgedanke’ vorgegeben, nicht aber eine ausdrückliche Sendung und eine ‘Missionspraxis’. Auch wenn erfreulich ist, daß Scheurer die neutestamentliche Mission nicht im Gegensatz, sondern im legitimen Anschluß an das Alte Testament versteht, greift er meines Erachtens im Gegensatz zu Neufeld und Filbeck und zu manchen von ihm dargestellten Autoren wie Gustav Warneck zu kurz. Es gibt doch Beispiele für die Missionspraxis (z. B. Jona, Daniel und die vielen Bekehrungen von Heiden) und auch für ausdrückliche Sendung (z. B. Jesaja). Außerdem greift das Neue Testament, das Scheurer dazu nicht behandelt, häufig alttestamentliche Sendungsaufträge und Missionsgedanken ausdrücklich auf. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1996-3. |
Neufeld, Alfred. Fatalismus als missionstheologisches
Problem: Die Kontextualisation des Evangeliums in einer Kultur fatalistischen
Denkens – Das Beispiel Paraguay. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft und Asunción: Instituto
Bíblico, 1994. „Wer ein Heiliger sein soll, wird als Heiliger geboren; wer arm sein soll, wird arm geboren“, sagt ein Sprichwort aus Paraguay. Viele Kulturen dieser Welt sind stark von Fatalismus geprägt. Wie muß das Evangelium in einem vom Fatalismus bestimmten Kulturkreis verkündigt werden? Alfred Neufeld, ein Deutsch-Paraguayer Jahrgang 1955 und Dozent am Instituto Bíblico Asunción, versucht in seiner Doktorarbeit an der STH Basel (Doktorvater: Thomas Schirrmacher, Zweitgutachter: Peter Beyerhaus) eine Antwort darauf zu geben. In Teil I entwirft Neufeld methodische Grundlagen für seine ‚kritische Kontextualisierung’. Von hier aus betrachtet er die Christianisierung im lateinamerikanischen Kontext im allgemeinen und die Paraguays im speziellen. Kritische Kontextualisation, wie Neufeld sie in Anlehnung an P. Hiebert versteht, versucht, sowohl die eigenen dogmatischen Formulierungen als auch die zu erreichende Kultur kritisch zu analysieren. Teil II möchte das Phänomen „Fatalismus“ definieren sowie die Erscheinungsformen und Ursachen fatalistischen Denkens in Paraguay aufdecken. Die wesentlichen Grundzüge fatalistischen Denkens sind für Neufeld der Gedanke der Determiniertheit allen Geschehens und der Fremdbestimmung des Lebens durch eine unbekannte, unberechenbare Macht. Die Wurzeln dieser Haltung dürften in der altguaranitischen Religiösität, im spanisch-islamischen ‚Konquista-Christentum’, aber auch in der besonderen paraguayischen Nationalgeschichte und einer ‚Kultur der Armut’ liegen. Teil III möchte dazu helfen, aus der Theologiegeschichte und aus biblischem Denken heraus das fatalistische Denken zu überwinden. Neufeld wendet das Gesagte auf die Bereiche Evangelistik, Katechetik, Systematik und Ethik an. Die Befreiungstheologie betrachtet der Autor wegen ihrer Abhängigkeit von der marxistischen Sozialanalyse als falschen Ansatz. Biblisches Denken, so Neufeld, basiert im Gegensatz zu fatalistischem Denken auf Grundlagen wie Gottes Souveränität, Thora, Bund, Heilsgeschichte, Bekehrung, Mitarbeiterschaft und Anbruch des neuen Äons. Dieser meines Wissens erste Versuch, sich biblisch-missiologisch mit fatalistischem Denken auseinanderzusetzen, ist dem Autor gut gelungen. Die komprimierte, verständliche, theologisch durchdachte und faire Art zu schreiben, zeichnet sich zudem durch gute Lesbarkeit aus. Vieles, was die paraguayanische fatalistische Religiösität betrifft, läßt sich auch auf andere fatalistische Kulturen übertragen. Von daher ist dieses Buch für eine große Zahl von Missionaren und Missionswissenschaftlern interessant. Die äußere Verarbeitung und auch die Manuskripterstellung läßt etwas zu wünschen übrig, hat aber zur Folge, daß das Buch entgegen der Vorankündigung mit 29.95 DM sehr günstig ist. Martin Sachs, em 1997-2. |
Nevius, John L. Die Gründung und Entwicklung missionarischer
Gemeinden, übers. und hg. von
Wolf Christian Jaeschke, edition afem, mission classics 2. Verlag für Kultur
und Wissenschaft: Bonn, 1993. Ein Klassiker in der Tat, der vor über einhundert Jahren Erstaunliches in Gang setzte, das bis heute nachwirkt. John L. Nevius (1829-1893) war Missionar in der Provinz Shandong/China. Über seine Erfahrungen vor Ort schrieb er mehrere Artikel, die 1885 in Buchform veröffentlicht wurden. Dadurch wurde die Nevius-Methode bekannt, die dann vor allem in Korea mit großem Erfolg umgesetzt wurde. Wenn sich Theologen bis heute darüber streiten, ob denn Rufus Anderson oder Henry Venn die Erfinder des Drei-Selbst-Prinzips (Selbstausbreitung, Selbstfinanzierung, Selbstverwaltung) für erfolgreiche Missionsarbeit seien, müssen sie nach dem Studium dieses Buches auch Nevius mit zum Urheber dieser Gedanken zählen. Im ersten Kapitel nimmt Nevius das alte System kritisch unter die Lupe. Das bestand, kurz gesagt, darin, daß man in der China-Mission jener Zeit Neubekehrte ziemlich schnell als mit Missionsgeldern bezahlte Evangelisten anstellte. Nevius dagegen möchte, daß nach 1.Kor.7,20 ‚jeder in dem Stand bleibe, in dem er berufen worden ist’. Die Bekehrten sollen ihr Christsein im alltäglichen Leben bewähren und dort anderen das Evangelium bezeugen. Das heißt für Nevius aber auch, alles zu tun, damit sich die zum Glauben Gekommenen in ihrem neuen Stand auch bewähren können. Im 2. Kapitels „Vom Umgang mit Neubekehrten“ wird das entfaltet. Es besticht, wie Nevius das Für (das seiner Erfahrung entspringt) und Wider (Einwände und Praxis anderer) seines neuen Systems gegeneinander abwägt und Antworten gibt, die bis heute für die Gründung und Entwicklung missionarischer Gemeinden auch anderswo bedenkenswert sind. Die Stärke des Buches ist ganz zweifellos der Praxsibezug. So erfahren wir unter III „Ursprung und Wachstum der Stationen in Zentral-shantung“, wie Schulung und Dienst der ehrenamtlichen Mitarbeiter aussahen. Nevius erwähnt, daß in den meist ländlichen Gebieten bei den Männern einer von zwanzig, bei den Frauen eine von mehr als tausend lesen konnte. Aber das hindert ihn nicht daran, gedrucktes Material bereitzustellen und seine Leute systematisch zu schulen. Etliches geschieht spontan: „Die geistige Entwicklung der Bekehrten und ihre Begeisterung für ihre Studien haben an vielen Orten die Aufmerksamkeit ihrer heidnischen Nachbarn auf sich gezogen und ihre Verwunderung hervorgerufen. An einer unserer Stationen lebt ein des Lesens kundiger Mann namens Fu, der heute über fünfzig Jahre alt und seit über zwanzig Jahren völlig erblindet ist. Er hat seiner Tochter, einem fünfzehnjährigen Mädchen, beigebracht, die Bibel zu lesen. Dabei beschrieb sie ihm die jeweiligen Schriftzeichen, die sie sah, und er sagte ihr, wie sie heißen und was sie bedeuten. Sie hat auf diese Weise über zweitausend Schriftzeichen gelernt. Ihr Vater hat dann von ihrem Mund das Matthäus- und das Johannesevangelium, die Apostelgeschichte, den Römerbrief und viele andere Bibelabschnitte auswendig gelernt …“ Nichts ist unmöglich, wenn Gottes Geist Raum bekommt und wirken kann. „Organisationsform und Zukunftsplanung“ müssen dazu nicht im Widerspruch stehen, wie das 4. Kapitel veranschaulicht. Im letzten Kapitel „Die Anfänge der Arbeit“ gibt der Autor Tips für Missionseinsteiger. Dort findet sich viel Beherzigenswertes auch für Leute von heute, die Gemeinde Jesu bauen wollen, wo es sie noch nicht gibt. Neben Missionaren und Missionsleitern, Missionstheologen und -kandidaten kommen aber auch alle Daheimbleibenden beim Studium dieses hervorragend übersetzten und eingeleiteten Klassikers spätestens dann auf ihre Kosten, wenn ihnen beim Gemeindeaufbau hier Rolle und Zurüstung der nichtbezahlten Mitarbeiter wichtig ist. Und wie erfüllte Prophetie ausschaut – einmal unabhängig davon, daß in der chinesischen Kirche das bei Nevius immer wieder anklingende Drei-Selbst-Prinzip sowie die Mitarbeit von Millionen von Ehrenamtlichen bis heute eine außergewöhnliche Rolle spielen –, veranschaulichen die letzten Zeilen des Autors im Vergleich mit einer Aussage, die mir erst gestern (4.11.96) in einer in Hongkong erscheinenden Zeitschrift begegnet ist. Zunächst Nevius vor über einhundert Jahren: „Wir glauben und hoffen, daß in diesen entlegensten Gebieten Ostasiens, die so lange von Gottes Vorsehung bewahrt (ausgespart) wurden, die so dicht mit seinen verirrten (Menschen-)Kindern bevölkert sind und die erst so jüngst von der Botschaft des Heils erreicht wurden, die Gnade und die Kraft Gottes noch so glorreich triumphieren werden, wie es die Kirche in keiner bisherigen Ära ihrer Geschichte erlebt hat.“ Und die Stimme aus Hongkong heute: „Im heutigen China gibt es wahrscheinlich 50 Millionen Gläubige. Misionsspezialisten sehen darin das größte Wunder und zugleich die bisher großartigsten Ergebnisse in der Geschichte, wenn es um Gemeindewachstum geht.“ Karl Lagershausen, em 1996-4. |
Newbigin, Lesslie. Signs amid the Rubble: the Purposes of God in Human History. Hrsg. Von Geoffrey Wainwright. Wm. B. Eerdmans: Grand Rpids (MT), 2003. Das Buch enthält bisher unveröffentlichte Vorträge von Lesslie Newbigin (1909-1998), einem der Architekten der Ökumenischen Bewegung, Bischof in Indien, Generalsekretär des Missionsrates und des ORK und Professor für Missionswissenschaft im heimatlichen England. Die vier Bangalore-Vorlesungen stammen aus seiner Frühzeit von 1941, die drei Henry-Martin-Vorlesungen an der Universität Cambridge aus der Spätzeit von 1986, und der letzte kürzere Redebeitrag auf einer ökumenischen Konferenz in Brasilien von 1996. Es handelt sich um echte Vorträge ohne Anmerkungen und Belege und weitgehend ohne Gliederung, die eigentlich erst so richtig wirken, wenn man sie laut vorliest. Thematisch geht es grundsätzlich in allen Beiträgen um eine christliche Sicht der Geschichte, die spannend und lehrrreich entfaltet und verteidig wird, aber es werden dabei zugleich zahllose Grundsatzfragen des Glaubens, der Weltmission und der Verkündigung angesichts des Säkularismus angesprochen und angerissen. Auch Fragen des Religionsvergleiches kommen vor, etwa wenn Newbigin das lineare Geschichtsbild der Bibel gegenüber dem Hinduismus verteidigt (S.8-10). Auffällig ist die Auseinandersetzung und – bei aller Anerkennung von Details – grundsätzlichen Ablehnung der Church-Growth-Bewegung von Donald McGavran (z.B. S.85-87+91+97+103), wobei die Beschäftigung mit ihr mit dem gleichzeitigen Wirken beider in Indien zu tun hat. Wenn Newbigin aber daraus schließt, daß die Evangelikaien jetzt sicher enttäuscht seien (S. 97), so muß man dem entgegenhalten, daß die meisten Evangelikaien seine Kritikpunkte teilen würden und McGavran ja nicht für die Evangelikaien spricht. Im Gegenteil drängt sich mir als Evangelikalem beim Lesen seiner Bücher und der vorliegenden Vorträge der Verdacht auf, daß Newbigin der evangelikalen Missi-onsbwegung sehr, sehr nahe steht. So beschreibt er brilliant die Eigenart des Christentums gegenüber dem Hinduismus und anderen Religionen, daß das christliche Dogma historische Tatsachen beschreibt und automatisch hinfällig ist, wenn diese nicht der historischen Wahrheit entsprechen. Er lehnt vehement die inklusivistische Sicht ab, daß es anonyme Christen in anderen Religionen gibt (S.70-72), auch wenn er die Frage offener lassen möchte, wie Gott in seiner Gerechtigkeit mit Menschen umgeht, die das Evangelium nie hören konnten. Die Betonung der Bekehrung nach Begriff und Sache (S.92-94) ist auffällig. Und sein persönlicher Appell von 1996, er habe als Missionar viele Fehler den anderen Kulturen gegenüber gemacht, aber das schlimmste wäre, wenn ihn das davon abhalten würde, von Jesus zu reden und sich selbst nicht mehr als Zeugnis für die göttliche Gnade vorzustellen (S.114), spricht jedem Evangelikaien aus dem Herzen. Prof.Dr. Thomas Schirrmacher, em 2003-3. |
Nicholls,
Bruce (Hrsg.). In Word and Deed.
Paternoster
Press, 1985. Das Buch, im Auftrag des Lausanner Komitees für Weltevangelisation und der Weltweiten Evangelischen Allianz herausgegeben, enthält 9 Vorträge zum Thema des Verhältnisses von Evangelisation und sozialer Verantwortung, die anläßlich der „Consultation on the Relationship between Evangelism and Social Responsibility” (CRESR) im Jahr 1982 in Grand Rapids, Michigan, gehalten wurden. Den Vortragstexten sind jeweils kurze Zusammenfassungen des Herausgebers Bruce Nicholls (Exekutivsekretär der Theologischen Kommission der World Evangelical Fellowship) vorangestellt, gefolgt von einer kritischen Stellungnahme eines der Konferenzteilnehmer, die mehrheitlich evangelikale Führerpersönlichkeiten der Dritten Welt waren. Kurze Zusammenfassung der Vorträge: 1. Die Perspektiven der Kirchengeschichte von der Zeit des Neuen Testaments bis 1960. Dr. Bong Ring Ro, Exekutivsekretär der Asia Theological Association, untersucht hier die verschiedenen Epochen der Kir-cnengeschichte hinsichtlich Lehre und Praxis der Kirche in der Frage der sozialen Verantwortung. 2. Eine kritische
Beurteilung von gegenwärtigen Perspektiven.
Dr. Adeyemo, Generalsekretär
der Evangelischen Allianz von Afrika und
Madagaskar, beleuchtet einige wichtige
regionale und internationale Konferenzen
der letzten zwei Jahrzehnte, die das Denken der Evangelikaien in Fragen der sozialen Verantwortung geprägt haben. Adeyemo
erkennt neun verschiedene Positionen zur
Frage des Verhältnisses von Evangelisation und sozialer Aktion, die
von Evangelikalen vertreten werden. 3. Die Suche nach
einem neuen evangelikalen Verständnis. Dr. David Bosch untersucht zunächst den
Einfluß der ökumenischen Bewegung und
setzt sich dann selbstkritisch mit negativen Einflüssen auf das soziale Engagement der Evangelikalen auseinander. 4. Wie weit geht Rettung in der Schrift? Die Autoren Dr. R. Sider und Dr. J. Parker präsentieren hier eine Studie über die Heilsbegriffe (salvation words) in AT und NT und untersuchen ihre horizontale (soziale) Verantwortung und vertikale (Evangelisation) Dimension für den, der Christus als Herrn bekennt und Glied seiner Gemeinde wurde. 5. Das Königreich Gottes im Verhältnis zu Kirche und Welt. Dr. P. Johnston legt dar, daß sich das Königreich Gottes gegenwärtig als Herrschaft Gottes im Leben seiner Kinder manifestiert und zwar auch in sozialen Veränderungen als Frucht eines erlösten Lebens, es jedoch nicht mit diesen Veränderungen oder irgendeiner politischen oder kulturellen Gruppierung von Menschen zu identifizieren ist. 6. Geschichte und Eschatologie:
Evangelikale Perspektiven.
Dr. P. Kuzmic, Direktor des Biblisch Theologischen Instituts Zagreb, entfaltet hier die drei traditionellen Konzepte über das Millennium (postmillennialism,
amillennialism, premillennialism) und zeigt, inwieweit diese die soziale
Verantwortung
und die evangelistische Zielsetzung der
Kirche gefördert oder gehindert haben. 7. Eine biblische Auseinandersetzung mit
einigen philosophischen und theologischen Systemen der Gegenwart.
Dr. Beyerhaus setzt sich in diesem
Vortrag kritisch mit dem messianischen Marxismus, der modernen Wissenschaftsgläubigkeit
und dem liberalen
Ökumenismus auseinander und warnt vor
falschen Synthesen ohne biblischen Glauben. 8. Evangelisation und
soziale Verantwortung ‑ eine biblische Studie über Prioritäten. Ausgehend
von einer Untersuchung der biblischen Begriffe Gemeinschaft, Bund und
Königreich kommen die Autoren Vinay Samuel und Chris Sugden zu dem Ergebnis, daß die Diskussion über die Prioritäten in
der Mission der Kirche nicht vom Konzept, sondern vom Kontext der Mission
bestimmt sein muß. 9. Die Mission der
Kirche in Theologie und Praxis.
Dr. C. Cho legt Akzentverschiebungen
hinsichtlich der sozialen Verantwortung innerhalb der Evangelikaien
Bewegung zwischen den Kongressen 1966 in
Berlin und 1974 in Lausanne dar.
Als Modell für die Mission der Kirche weist er auf den Dienst Jesu
und auf das Doppelgebot der Liebe hin und folgert, daß es keinen Gegensatz
zwischen
Missionsbefehl (Verkündigung) und dem
Liebesgebot (soziale Aktion) geben kann. Die wachsenden Nöte in unserer Welt und der damit verbundene Druck besonders auf den Missionar in Ländern der Dritten Welt, aber auch auf die Kirchen im wohlhabenden Westen, im Blick auf mehr sozialen Einsatz, lassen das Thema der Konsultation von CRESR besonders wichtig erscheinen. „In Word and Deed“ bietet eine wertvolle Hilfe in der Auseinandersetzung mit diesem Fragenkomplex. Martin Weiss, em 1988-4. |
Nissen, Johannes. New Testament and Mission:
Historical and Hermeneutical Perspectives. Peter Lang: Frankfurt, 1999. Dies 1996 bereits auf Dänisch erschienene Buch will eine Brücke zwischen den Bibelwissenschaften und der Missiologie schlagen, weil – wie der Autor deutlich herausstellt (S.13) – diese beiden theologischen Disziplinen sich im allgemeinen gegenseitig ignorieren. Nissen untersucht als Neutestamentler dazu in jeweils eigenen Kapiteln den Missionsgedanken und die Schwerpunkte in Mt, Mk, Lk/Apg, Joh, bei Paulus, in Eph/Kol und in 1Petr/Offb. Die historisch-kritische Ausgangsposition macht sich eigentlich nur in den Verfasserfragen bemerkbar. In seinen zusammenfassenden Thesen im letzten Kapitel greift der Autor bewußt evangelikale, ökumenische und charismatische Elemente auf. Ziel ist ihm dabei ein trinitarischer Ansatz der Mission (S.176-177 u. ö.). Das Buch enthält viele wertvolle, exegetische Einsichten und zeigt einmal mehr, welch zentrale Rolle die Verkündigung des Evangeliums in aller Welt im ganzen Neuen Testament spielt. Ich befürchte nur, daß dies Buch eines Neutestamentlers am Ende doch wieder nur von Missiologen aufgegriffen wird, während die Exegeten, auch die Evangelikalen, weiter weitgehend ihre eigenen Wege gehen. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2000-3. |
Nitsche, Bernhard (Hg.). Gottesdenken in interreligiöser
Perspektive. Raimon Panikkars Trinitätstheologie in der Diskussion. Unter Mitarbeit v. Guido Bock, Frankfurt a.M./
Paderborn: Lembeck/Bonifatius, 2005. Dieser Sammelband dokumentiert den Ertrag eines von Prof. Dr. B. Nitsche veranstalteten Tübinger Symposions aus dem Jahre 2003. Renommierte Autoren setzen sich in interdisziplinären Beiträgen mit Raimon Panikkars „Gotteslehre“ auseinander. Auch Panikkar selbst kommt zu Wort, führt ins Thema ein und nimmt am Ende des Buchs zu den einzelnen Beiträgen Stellung (48-64 u. 324-357). Der 1918 geborene Raimon Panikkar hat sich die Reflexion interkultureller Begegnung und interreligiöser Verständigung zur Lebensaufgabe gemacht. Er „hat die interkulturelle Hermeneutik maßgeblich initiiert, die indologisch-religionswissenschaftliche Forschung vorangetrieben, die religionstheologische Diskussion zwischen Christentum und Buddhismus bzw. Hinduismus belebt und diese verschiedenen Welten als Sohn eines hinduistischen Inders und einer katholischen Spanierin existentiell durchlebt“, formuliert B. Nitsche. Als international hochangesehener Religions- und Naturwissenschaftler, als katholischer Theologe und Philosoph, wie auch als spiritueller Meister gilt Panikkar als innovativer Wegbereiter einer „Ökumene der Religionen“, ohne dabei einem pseudo-esoterischen Einheitsbrei das Wort zu reden oder die vorhandenen kulturellen und religiösen Unterschiede zu ignorieren. Jede Kultur mit ihren religiösen Grundbefindlichkeiten, sagt er, ist eine Galaxie, ist ein Ganzes und birgt alles in sich. Der Sammelband ist in vier thematische Teile aufgeteilt (A. Zugang, B. Hermeneutische Grundlagen, C. Das Göttliche und seine Trans-Immanenz sowie D. Die Resonanz), denen die insgesamt 19 Aufsätze und die beiden Panikkar-Beiträge zugeordnet sind. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit dem „Dialog der Religionen“, der fundamentalistische Haltungen innerhalb der Religionen überwinden und zugleich die Möglichkeit eines „globalen Weltethos“ andeuten kann. Alle Diskussionsbeiträge setzen sich auf einem hohen intellektuellen Niveau mit Panikkars Lehren auseinander. Wenige stellen allerdings wirklich kritische Anfragen (z.B. Michael Bongardt, 144-157, Heinrich von Stietencron, 159-168, Klaus Butzensberger, 169-191 oder Reinhold Bernhardt, 192-201), die meisten bestätigen lediglich Pannikars interreligiöse Gottesschau oder modifizieren dieselbe im besten Fall. So sehr Harmonie bzw. dialogische Verstehensbemühungen Ausdruck auch einer wünschenswerten und erstrebenswerten akademischen Streitkultur sein müssen (sachgerecht und niveauvoll zu argumentieren, ist gewiss kein Luxus), so sehr fehlt doch ein wahrnehmbarer, deutlicher Widerspruch. Wenigstens drei zentrale Themen wären hier wichtig gewesen: Zum einen müsste die gesamte Diskussion der natürlichen Erkenntnis- und Gott-Begegnungsfähigkeit beim unerlösten Menschen, die bei Panikkar vorausgesetzt oder als möglich angesehen werden, aus offenbarungstheologischer Perspektive erörtert werden (Offenbarung und Glaube, Wort und Geist, Barth vs. Brunner usw.). Zweitens werden die soteriologischen Konsequenzen des Kreuzes Christi und damit die epistemologischen, die harmatologischen wie auch die eschatologischen Dimensionen der theologia crucis kaum beachtet. Und drittens wird die Exklusivität Christi und des Evangeliums eher als eine zu überwindende, niedrigere Erkenntnisstufe zurückgewiesen, wenn Panikkar beispielsweise ohne Widerspruch behaupten kann, Christ und Hindu zugleich sein zu können (353); eine Aussage, die problematisch ist, wenn er „unverzichtbare Grundwahrheiten“ (324) religionsphänomenologisch als Gesprächsgrundlage behauptet, von denen gar nicht geklärt ist, wie sie gemäß der Prämissen biblischer Anthropologie und Soteriologie zu erheben sein können und wie nicht. Die Lektüre des Aufsatzsammelbandes ist jedem missions- und systematischtheologisch Interessierten zu empfehlen. Sich mit den vorgebrachten Thesen zur Trinitätslehre im Gespräch mit Panikkars synkretistischer Interpretation auseinanderzusetzen ist gewiss keine leichte, aber wichtige Aufgabe. |
Nöh, Rüdiger. Pietismus und Mission. Die
Stellung der Weltmission in der Gemeinschaftsbewegung am Beispiel des
Siegerländer Gemeinschaftsverbandes. edition afem, mission scripts Bd. 13, Bonn:
VKW, 1998. Die Bedeutung des Pietismus für das kirchliche Leben in Deutschland ist nach wie vor hoch. Von den rund 1,4 Millionen evangelikalen Christen gehören etwa 300.000 zur Gemeinschaftsbewegung. Es ist davon auszugehen, daß die in der Arbeitsgemeinschaft evangelikaler Missionen (AEM) zusammengeschlossenen Missionsgesellschaften ihre personelle und finanzielle Unterstützung zu einem nicht unwesentlichen Teil aus dem Bereich des Pietismus erhalten. Rüdiger Nöh, Prediger im Siegerländer Gemeinschaftsverband und Absolvent der FTA Gießen, hat in seiner Korntaler Magisterarbeit den Zusammenhang von Pietismus und Mission nun genauer untersucht. In einem ersten Kap. (S.16-47) führt er knapp und präzise in den geschichtlichen Kontext zum Thema ein. Der Pietismus hat die traditionellen Widerstände des Luthertums gegen Weltmission innerhalb des Protestantismus durchbrochen. Doch wurde im Neupietismus mangels einer durchdachten Verbindung von Ekklesiologie und Missiologie die Verantwortung für Weltmission aus den Gemeinschaften auf Missionsgesellschaften und den Einzelnen verlagert, was zu einer Schwäche des Missionsengagements in Gemeinschaftsbewegung und Evangelikalismus führte. Das zweite Kapitel (S.48-81) zeigt, daß der Siegerländer Pietismus von seinen Anfängen um das Jahr 1700 herum mit dem Missionsanliegen verbunden war, unter anderem durch Gestalten wie Jung-Stilling und Stahlschmidt, durch Kontakte ins Wuppertal, durch die Etablierung von Missionshilfsvereinen und speziell zu Missionsgesellschaften wie der Neukirchener Mission und der Mission für Süd-Ost-Europa. Heute zeigen sich in der Siegerländer Gemeinschaftsbewegung Krisenzeichen wie ein abnehmendes Praktizieren des Allgemeinen Priestertums und ein fortschreitender Mitgliederschwund (speziell im Bereich jüngerer Leute und Familien) bei den innerkirchlich arbeitenden Gemeinschaften, was sich auch auf das Missionsengagement der Gemeinschaften auswirkt. – Kapitel drei (S.82-117) gibt in anschaulicher Weise mit Tabellen, Graphiken und treffenden Interpretationen die Ergebnisse einer empirischen Befragung der Gemeinschaften des Siegerländer Gemeinschaftsverbandes zum Thema Mission wieder. Kapitel vier (S.118-141) bietet eine Grundlegung zum Verhältnis von Gemeinde und Mission nach dem Neuen Testament. Und das abschließende fünfte Kapitel (S.142-169) unterzieht die Stellung zur Mission in der Praxis des Siegerländer Gemeinschaftsverbandes einer eingehenden Würdigung und theologisch begründeten Kritik. Theologische Hemmnisse (fehlendes Gemeindebewußtsein, Überbetonung des Erbauungs- und Heiligungsaspekts, gewisse Endzeitszenarien [die aber lieber nicht mit dem – gerade in missionstheologischer Hinsicht gerade sehr fruchtbaren – Dispensationalismus verwechselt werden sollten! Gegen Nöh, S.154f] werden ebenso behandelt wie praktische Probleme (Überalterung der Gemeinschaften, Desiderate für die Missionsgesellschaften). - Rüdiger Nöh hat eine geschichtlich, (missions-)theologisch und empirisch gut gearbeitete kleine Studie vorgelegt, die wegen der Bedeutung des Gemeinschafts-Pietismus für Mission in Deutschland auch außerhalb des Siegerlandes interessierte Leser finden sollte. Dr. Helge Stadelmann, em 1999-3. |
Noor, Farish A., Yoginder Sikand, Martin van Bruinessen (Hg.). The Madrasa in Asia: Political Activism and Transnational Linkages, Amsterdam: Amsterdam University Press, 2007. Das vorliegende Buch ist eine Aufsatzsammlung von neun
Beiträgen zu einem Teilbereich des islamisch-theologischen Bildungssystems
in Asien und dessen Reformbewegungen. Es beschreibt aus anthropologischer
und soziologischer Perspektive die gesellschaftspolitische Entwicklung
und Bedeutung einzelner madrasa,
aber auch ganze Netzwerke in Indien (z. B. die Region Deoband), Farish Noor ist Dozent an der staatlichen Schule für internationale Studien in Singapur (ein Zweig der staatlichen Technischen Universität Nanyang und ein Ableger des Instituts für Verteidigung und Strategien), Yoginder Sikand ist professioneller Autor aus Indien, und Martin van Bruinessen ist Professor (Emeritus) für Soziologie an der Universität Utrecht. Alle Autoren sind oder waren im islamischen Raum im Lehrbetrieb tätig. Zunächst erfolgt ein ausführlicher historischer Einblick darüber, aus welchen Beweggründen sich einflussreiche madrasa in einzelnen Situationen gebildet und wie sie sich theologisch, gesellschaftspolitisch und ökonomisch über lange Zeiträume hinweg entwickelt haben. Die Leistung einzelner Personen, die sich auf sozialem und theologischem Gebiet im islamischen Raum eingesetzt haben, sowie deren Offenheit und Vision für Neues wird deutlich. Erst in der weiteren Entwicklung fand eine Fixierung auf althergebrachte Normen und Standards statt, so dass eine Neuorientierung erschwert wurde. Einhellig sprechen sich die Autoren und die zitierten Leiter der von ihnen untersuchten Schulen für eine Erneuerung und Neuorientierung der islamischen Ausbildung im säkularen Bereich aus, da diese sich zu sehr auf den konservativ-theologischen Bereich fixiert habe. Die Forderung geht dahin, sich international, interkulturell und interreligiös auch für nicht-islamische Kontexte im säkularen Bereich der Wissenschaften zu öffnen. Weltweite Partnerschaften, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Austausch auch mit nicht-islamischen Institutionen stehen zur Diskussion. Diese Reformansätze sind bereits im Gang oder werden mit Nachdruck gefordert. In der Konsequenz würde sich auch der theologisch-konservative Sektor nach außen öffnen, so die Hoffnung. Das übergeordnete Thema der Aufsätze ist die innere und äußere Erneuerung der madrasa sowie der innere und äußere Widerstand dagegen. Damit wird die madrasa selbst zur politischen Institution, in der sich die gegensätzlichen Tendenzen innerhalb des Islam zeigen (Reformer vs. Konservative). Das Buch zeichnet sich durch eine detaillierte Darstellung dieser beiden Einflüsse aus. Beispielhaft untersucht van Bruinessen die Kräfte, die sich in traditionellen und islamistischen Bildungseinrichtungen entwickeln und wie sie sich gesellschaftspolitisch auswirken. Dabei geht er auch auf die seiner Meinung nach geringe, aber vorhandene terroristische und radikale Ideologisierung der Studenten ein. In seinem Artikel wird deutlich, wie abhängig die meisten asiatischen Staaten von diesen zusätzlichen Bildungsangeboten sind und wie diese teilweise von konservativen Ideologen als Netzwerke benutzt werden (z. B. die Nahdlatul Ulama, S. 218–220). Sikand beschreibt demgegenüber wie in indischen madrasa Reformkräfte Veränderungen erwirken, die einer Modernisierung nach westlichem Vorbild gleich kommen. Meines Erachtens verliert das Werk jedoch etwas an Objektivität aufgrund einer Überbewertung dessen, was als „Reformbewegungen“ bezeichnet wird. Diese könnte man ebenso auch als normale gesellschaftliche Anpassungsprozesse an Globalisierung, Postmoderne und Kapitalismus werten und nicht als Bewegungen. Die von den Autoren beschriebenen Aktivitäten, die sich aus den madrasa heraus entwickeln, sind in der Hauptsache eher als anti-reformistisch zu bewerten. Die Darstellung der Reformen wird so etwas relativiert. In der Summe zeichnet sich insgesamt ein für den Leser deutlich beschriebener Spannungsbogen zwischen Reformern und Gegenkräften in diesen Bildungseinrichtungen ab. Einige persönliche biographische Schicksale von Studenten bereichern das entworfene Bild. Es handelt sich um eine übersichtliche Gegenwartsperspektive zum „modernen“ Islam aus einer kritischen gesellschaftspolitischen Perspektive. Nicht umsonst stammt das Forschungsprojekt von einer Institution, die sich mit Strategien zu sicherheitsrelevanten Entwicklungen in Asien auseinandersetzt. Wer sich mit diesem Thema beschäftigt, erhält einen Eindruck über die politisch aktiven Kräfte in diesem Raum, woher sie kommen, wie sie wirken, und wie sie generiert werden. Da madrasa vor allem armen Bürgern den Weg zur Bildung ermöglichen, stellen diese islamischen Bildungseinrichtungen elementare Meinungsmacher dar. Dieses Werk ist auch für diejenigen von Bedeutung, die sich über die unterschiedlichen, derzeit aktiven Netzwerke und Verknüpfungen im asiatisch-islamischen Bildungsbereich informieren wollen. Dr. Eberhard Werner, em 2014-3. |
O’Brien, Peter. T. Gospel and Mission in the Writings of Paul: An Exegetical and Theological Analysis. Baker Book House: Grand Rapids (MI) & Paternoster Press: Carlisle (GB), 1995. Der australische Neutestamentler O’Brien, der länger in Indien am Union Biblical Seminary wirkte, hat eines der besten Bücher über die Missionstheologie des Paulus geschrieben, das zunächst 1993 unter dem Titel ‘Consumed by Passion’ erschienen ist und seitdem immer wieder nachgedruckt wird. O’Brien weist nach, daß für Paulus die missionarische und evangelistische Existenz und Praxis der von ihm gegründeten Gemeinden und aller Menschen, die zu Christus finden, selbstverständlich ist. Neben den zentralen paulinischen Texten zur Mission (z. B. Röm 1, Röm 15, 1Kor 9) exegetisiert O’Brien auch Texte, die seltener mit der Missionspassion des Paulus in Verbindung gebracht werden (z. B. Eph 6, der ganze Philipperbrief). Eine hervorragende, manchmal etwas technische Studie, die einmal mehr zeigt, daß Paulus nicht zufällig, sondern wesensmäßig sowohl der bedeutendste Missionar des ersten Jahrhunderts war, als auch der bedeutendste (systematische) Theologe. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2000-2. |
O’Donnell, Kelly S., Michelle Lewis O’ Donnell (ed). Helping Missionaries to Grow. Readings in Mental Health and Missions. Pasadena: William Carey Library, 1988. Drs. Kelly and Michelle O’Donnell sind promovierte Psychologen und Mitarbeiter von „Jugend mit einer Mission“ (YWAM) in Amsterdam. Dieses neue Handbuch bringt 50 Artikel von 48 Autoren aus den letzten 15 Jahren, unter anderem von Elisabeth S. und E. Thomas Brewster, Marjory Foyle, David Hesselgrave, Brian V. Hill, William F. Hunter, Timothy M. Warner. Die meisten Autoren sind Amerikaner, fast alle ehemalige Missionare. Viele haben in Psychologie promoviert. Unter den Autoren sind 15 Frauen. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt die Breite der behandelten Themen. Nach einer einleitenden Reflektion über das Verhältnis von Psychologie und Mission werden die folgenden Gebiete behandelt: Auswahl der Missionskandidaten, Psychologische Beurteilung, Missionarische Effektivität, Überlegungen zur missionarischen Ausbildung, Familienleben des Missionars, die Kinder des Missionars, Schulausbildung von Missionarskindern, Anpassung an fremde Kulturen, Streß, zwischenmenschliche Beziehungen, die Frau in der Mission, Heimkehr des Missionars, Seelsorge an Menschen anderer Kultur sowie eine 18 Seiten umfassende Bibliographie. Das Buch ist eine Fundgrube an Material für Missionare, Dozenten in der Missionarsausbildung, Heimatleiter von Missionsgesellschaften und Pastoren von Gemeinden, die sich nicht nur oberflächlich für Missionare interessieren. Dietrich Kuhl, em 1990-1. |
O’Donovan, Wilbour. Biblical Christianity in African
Perspective. Paternoster Press: Carlisle/GB, 1996. Zugegeben: ich konnte dieses Buch nicht mehr objektiv lesen, nachdem ich den Autor einige Jahre zuvor als engagierten Denker und Debattierer auf einer amerikanischen Missionshochschule kennengelernt hatte. Nach 20 Jahren Lehrdienst in Nigeria faßte er seine Erfahrungen in seiner Abschlußarbeit, für die er den D. Min. verliehen bekam, zusammen. Diese nun revidierte Ausgabe ist zugleich attraktiver gestaltet und umfassender als die früheren. So schätzen afrikanische Theologen dieses Buch ein: „Die Erfahrung, die Bill O’Donovan in seinen vielen Jahren mit afrikanischen christlichen Studenten gesammelt hat, vermittelte ihm ein umfassendes Verständnis davon, welchen Kämpfen sie ausgesetzt sind, wenn sie dogmatische Fragen auf ihren kulturellen Kontext anwenden“ (Dr. Haruun Ruun, Generalsekretär des New Sudan Council of Churches). Und Dr. Yusufu Ruraki, Sekretär für die theologische Ausbildung des ECWA, Nigeria, urteilt: „Die Stärke des Buches liegt in seiner einfachen Sprache, der klaren Darbietung des Themas unter Einbeziehung biblischer Wahrheiten, sowie der afrikanischen Sichtweise“. Worum geht es also? Beginnend mit der Bedeutung unserer „Weltanschauung“ für unser Tun und Denken behandelt das Buch in 18 Kapiteln die wesentlichen theologischen Themen über Bibel, Offenbarung, Gott, Jesus Christus, den Menschen, Heiliger Geist, Kirche, die Wiederkunft Christi und die Endzeit. Aber auch typisch „afrikanisch heiße Eisen“ wie Ahnenverehrung, Leiden, Zauberei, Bestechung und Flüche werden klar und offen angepackt. Als die „Big Five“ behandelt O’Donovan Fragen über Führung, falsche Propheten, Synkretismus, Mittler, Verantwortung des Christen zur Regierung. Der Stil ist erfrischend einfach. Große theologische Begriffe wie die Dreieinigkeitslehre werden durch einleitende Dialoggedanken (z. B. Muslim, Animist und Christ) angerissen und dann im Frage/Antwortstil mit abschließenden Diskussionsvorschlägen und weiterführender Literatur verdaut. Bestens geeignet für theologisches Ausbildungsstätten. Auf eine Gesamtbibliographie wurde verzichtet, dafür besticht ein recht umfangreicher Sachindex. Abgesehen von vier Referenzen zu afrikanischen Autoren (Adeyemo, Mbiti, Kato, Kimathi) nährt sich das Buch noch ganz von westlichen Quellen. Aber daß der afrikanische Leser dem Autor ganz am Herzen liegt, steht außer Zweifel. Übersetzungen auf Amharisch, Französisch, Haussa und Kiswahili sind bereits voll im Gange. Der Autor antwortet gerne auf Verbesserungsvorschläge und Anfragen. Walter Gschwandtner, em 1998-2. |
Öhler, Markus. Barnabas: Die historische Person und ihre
Rezeption in der Apostelgeschichte. WUNT 156, Tübingen: Mohr Siebeck,
2003. In seiner Habilitationsschrift stellt der Wiener Neutestamenler M. Öhler die These auf, dass Barnabas in der missionarischen Zusammenarbeit mit Paulus „mindestens gleichwertiger, wahrscheinlich aber doch führender Partner war“ (S.389). Die Begründung dieser These beginnt mit einer Auslegung von 1.Kor 9,6. Barnabas, der vermutlich den Auferstandenen gesehen hat, und Paulus verzichten aufgrund der besonderen Missionssituation auf Unterhalt durch die Gemeinde, wobei wohl Barnabas „auf diese Praxis drängte“ (S.17). In Kap. 2 untersucht der Verfasser die Zeit des gemeinsamen Wirkens von Paulus und Barnabas. Nach Gal 2,1-14 erscheint Barnabas als ein „Mann der Einheit“ und ist Hauptansprechpartner auf dem Konvent. Ab Kap. 3 werden die Angaben der Apostelgeschichte über Barnabas untersucht. Mit seinem Einsatz für die Gemeinde, die in der paganen Umwelt als antiker Verein erscheint, wobei ihr Erfolg vor allem in Botschaft und Ethos begründet ist, überwindet Barnabas soziale Schranken und tritt als Wohltäter der Gemeinschaft auf. Erst dadurch wird sein späteres Eintreten für Paulus und sein Wirken in Antiochien recht verständlich. Nach Kap. 5 (Apg 11,19-26) reist Barnabas aus eigener Initiative (nicht aufgrund der Sendung der Urgemeinde) wohl wegen des Interesses an der Heidenmission nach Antiochien. Beim sogenannten Hungerhilfebesuch (Apg 11,27-30; 12,24f) ist er dann die führende Gestalt. Nach der „Aussendung durch die antiochenische Gemeinde (Acta 13,1-3)“ verstehen sich die Missionare „nicht als Einzelkämpfer auf dem Missionsfeld“, sondern sie handeln „in steter Rückbindung an die Gemeinde und ihre Leitung“. In den Kap. 8-12 werden die einzelnen Stationen der 1. Missionsreise dargestellt: Die Mission auf Zypern, im pisidischen Antiochien, in Ikonion, in Lystra und die Rückreise nach Antiochien. Der Verfasser resümiert, dass die Missionsmethoden von Barnabas und Paulus vielfältig waren und ihre Beziehung untereinander sich „als eine zwischen Kollegen bestimmen“ lässt (S.388). Paulus „war eingebunden in eine Mission, deren mindestens gleichwertiger, wahrscheinlich aber doch führender Partner Barnabas war“. Auch beim Apostelkonzil (Apg 15,1-35) sei Barnabas von den antiochenischen Gesandten „die wichtigere Figur“ (S.431), wobei jedoch beide von der Heidenmission berichten. Die Trennung von Paulus und Barnabas (Acta 15,36-41) führt Öhler u. a. auf den Streit um einen Mitarbeiter zurück, so dass Barnabas (vielleicht wegen verwandtschaftlicher oder sozialer Verpflichtungen) das Verhältnis zu Johannes Markus über das zu Paulus stellt. Abschließend folgt „Das literarische Porträt des Barnabas - Autorintention und Leserrezeption“ und ein historischer Rekonstruktionsversuch: Barnabas war ein Mann, der zwischen den Strömungen innerhalb des Christentums vermittelte: „Als Graecopalästiner war er mit Hebräern und Hellenisten gleichermaßen vertraut, als angesehenes Mitglied der Jerusalemer Urgemeinde und Teil der antiochenischen Gemeindeleitung hatte er enge Beziehungen zu den beiden Zentren des frühen Christentums. (…).Barnabas war damit die vermittelnde Persönlichkeit des frühen Christentums“ (S.486). Ein umfangreiches Literaturverzeichnis und Register schließen das Werk ab. Öhlers ausführliche Studie überzeugt durch eine detaillierte Exegese und eine ausgewogene sozialgeschichtliche Interpretation. Die Darstellung des Beziehungsgeflechts um B. eröffnet dem aufmerksamen Leser manche neue Einrichten. Anfragen erheben sich aber vor allem dort, wo der Verfasser die Apostelgeschichte im Zug: der älteren deutschen Acta-Forschung übergeht (58ff, 61, 75, 226f, 270, 436 u. a.). So hätte man bei der historischen Rekonstruktion der Texte meh Zutrauen in die Apostelgeschichte erwartet. Auch aus missiologischer Sicht ist die Studie interessant, weil sie zeigt, wie der grenzüberschreitende Denst des Barnabas den Verlauf der urchristlichen Mission mitgeprägt hat. Im Umgang mit den Finarzen (IKor 9,6) zeigt Barnabas kontextuelles Feingefühl. In der Beziehung zu Mitarbeitern erweist sich Barnabas als Partner und Mentor. Auch Missionare heute brauchen Personen wie Barnabas, cie sie in Dienste einführen, vermittelnd im Heimat- und Missionsdienst agieren und ihnen in Zeiten der Not „Trost“ spenden. Alles in allem ein inspirierender Band, der zur Beschäftigung mit der urchristlichen Mission und zur Anwendung auf unsere Situation einlädt. Alexander Drews, em 2005-1. |
Okoye,
James Chukwuma. Israel and the Nations. A Mission Theology of the Old Testament.
American Society of Missiology
Series 39. Maryknoll: Orbis Books, 2006. Der in Chicago unterrichtende Nigerianer James Chukwuma Okoye präsentiert seine Missionstheologie des Alten Testaments bewusst im Rahmen christlicher, katholischer Theologie und fragt dabei nicht nur nach einer zeitgeschichtlichen Bedeutung der untersuchten Texte, sondern auch nach Implikationen für das moderne Missionsverständnis. Sein Ansatz ist nicht kanonisch, sondern „canon-conscious“ und stützt sich spürbar auf die Ergebnisse älterer historisch-kritischer Forschung. Er beginnt seine Untersuchung mit der Frage nach einer Definition von Mission und kommt zu dem Ergebnis, dass weder das moderne Missionsverständnis, noch ein Verständnis, welches alleine auf einer Wortstudie („senden“) gründet, einen wesentlichen Beitrag leisten können. Das Missionsverständnis im Alten Testament hat für Okoye vier „Gesichter“, denen er die verschiedenen Kapitel seiner Untersuchung zuordnet: Ein universales, ein „Gemeinschaft-in-Mission“-, ein zentripetales und ein zentrifugales Gesicht. (a) Das universale Missionsmodell zeichnet sich durch einen Herrschaftsanspruch Gottes über die ganze Welt (Gen 1) und jedes Individuum (Ps 8) aus. Der Segensauftrag an Abraham (Gen 12,3) wurde zunächst in Form respektvollen religiösen Dialoges durchgeführt (S.54f), später jedoch auch anders interpretiert (S. 47). (b) Bei dem Gesicht der „Gemeinschaft-in-Mission“ geht es
um das Zeugnis Israels durch die Existenz als gerechtes Volk Gottes. Die in
Ex 19,3-8 geforderte Heiligkeit des Volkes bezieht sich nicht nur auf das
Verhältnis zu Jhwh, sondern nutzt sein vor den anderen Völkern geführtes
Leben als Vehikel der Mission. Vor allem der Prophet Amos stellt Israels
Existenz als Volk Gottes unter die Bedingung der gelebten Gerechtigkeit. Der Prophet Jona könne als
„innerbiblical corrective to the apparent xenophobia of the Book of Nahum”
verstanden werden (S.81). (c) Grundlage für die Fähigkeit Israels zu zentripetaler Mission im Sinne der Öffnung des Bundes für Heiden ist das Verstehen der grenzüberschreitenden Gerechtigkeit Gottes. Die Beschneidung des Herzens ist neues Kennzeichen derer, die Mission als Gottes Werk und ihren Teil als Danksagung gegenüber Gott verstehen. Die Nationen sollen an dem Lob Gottes teilhaben (Ps 96). Zion wird zum Zentrum für Weltfrieden und Moral. Da Okoye Jes 2,5 als redaktionelle Einfügung wertet, zielt Jes 2,2-4 für ihn nicht auf religiöse Bekehrung der Nationen, sondern auf Versöhnung und Frieden. (d) Zentrifugale Mission beginnt dort, wo nicht mehr Land oder Blut, sondern das Bekenntnis über die Gemeinschaft bestimmt. Durch das ursprüngliche Volk Gottes geht ein Schnitt. Die neue Gemeinschaft des „Überrests" schließt auch Fremde ein - und lädt sie ein. Der Knecht in den Gottesknechtsliedern in Jesaja hat eine klare aktive Mission. Am Ende wird sich die ganze Welt als Gottes Volk herausstellen. Okoyes Arbeit besticht durch eine ausgezeichnete aktuelle Bibliographie zum Thema, wobei einzelne neuere Veröffentlichungen zu speziellen Fragen fehlen, wie drei Beispiele zeigen: So misst Okoye den von David Bosch 1956 (Evangelisches Missions-Magazin 100: 174-88) aufgegriffenen Konzepten „zentripetal" und „zentrifugal" grundlegenden Wert zu, ohne auf die inzwischen aufgekommene Kritik an ihrer Legitimität einzugehen. Damit wird die Brauchbarkeit seiner vier „Gesichter“ als biblisch-theologische Kategorien in Frage gestellt. Von A. Rétif und P. Lamarche (Das Heil der Völker. Düsseldorf: Patmos, 1960, S.18) übernimmt er den Gedanken einer Veränderung der Bedeutung von Gen 12,3, ohne Bezug zu nehmen auf neuere Untersuchungen wie K.N. Grüneberg, Abraham, Blessing and the Nations. Berlin: De Gruyter, 2003, u.v.m. Auch die unvermittelte Annahme des alten „JEDP“-Modells (S.24, Fn. 1) sollte in einer Zeit nach Rendtorff und Van Seters zumindest begründet werden. Okoyes Buch ist als Arbeitsbuch gedacht und lässt sich durch ausführliche Zusammenfassungen und Diskussionsfragen leicht erschließen. In seinem Gesamtverständnis geht Okoye nicht nur von verschiedenen Wegen der Mission Israels, sondern auch von einer weiteren Bandbreite von unterschiedlichen Zielsetzungen aus. Nicht jede alttestamentliche Vision ziele auf Gotteserkenntnis der Heiden – auch Dialog, Versöhnung und Weltfrieden stellen für Okoye Zielpunkte dar, die sich mit aktuellen „Trends in Mission“ (vgl. S.18-23) in Verbindung bringen lassen. Dabei lässt sich bezweifeln, ob das Alte Testament in seiner vorliegenden Gestalt wirklich eine solche Unterscheidung unterstützt. Dr. Siegbert Riecker, em 2008-2. |
Oldham, J. H. Ein Mensch wagt zu lieben - Florence Allshorn -
Ein Leben im Dienst Christi.
In freier Übersetzung ins Deutsche von Johanna Lorch, 12. Aufl., Giessen:
Brunnen Verlag & Bad Salzuflen: MBK-Verlag, 1994. Dieses Buch erzählt die Geschichte der Florence Allshorn, die als Missionarin mit der Church Missionary Society in Afrika ihren nur vierjährigen Dienst in der Außenmission erlebte. In diesem kurzen Zeitabschnitt lernte sie allerdings eine Lektion für ihr ganzes Leben, und zwar, daß die Liebe Gottes im Menschen, umgesetzt und ausgelebt in einer hoffnungslosen Situation im Blick auf Zusammenarbeit und menschliches Miteinander zur unbesiegbaren, die Widerstände überwindenden Kraft wird. Die Spannungen im Miteinander auf einer Missionsstation in Uganda, die ihre acht Vorgängerinnen alle Kraft gekostet hatten, so daß sie höchstens zwei Jahre aushielten und dann aufgaben, bringen auch Florence an den Rand ihrer Kraft. An dem Punkt hilft ihr eine Afrikanerin, indem sie ihr sagt: „Ihr habt alle das gleiche, nämlich daß ihr gekommen seid, uns den Retter der Welt zu bezeugen. Ich sehe aber nicht, daß er die Situation hier gerettet hat.“ Diese Feststellung wird zum Wendepunkt im Leben der Florence Allshorn. Sie erkennt, daß sie die Liebe Christi, die auch die Feinde lieben heißt, in ihrem Leben braucht, um nicht Schiffbruch zu erleiden. So beginnt sie um diese Liebe für sich zu beten und in dem schwierigen Miteinander mit der älteren Kollegin Wege zu suchen, um einander zu akzeptieren und die Last das Alltags zu tragen. Ein Jahr lang liest sie täglich das 13. Kapitel des 1.Korintherbriefs. Indem sie im Miteinander praktische Schritte tun, erleben sie die von innen her erneuernde Liebe, die auch auf andere überspringt und die Atmosphäre auf der Missionsstation verändert. Aus diesem Erleben einer praktizierten sich-selbst-vergessenden Liebe erwuchs der Dienst der Florence Allshorn in späteren Jahren in England in der Zurüstung von Missionarinnen vor der Ausreise und der Betreuung von Rückkehrenden. Ein unbestechlich klares Verständnis von dem, was Missionare brauchen, um nicht zu stagnieren und nur ‘eine Schaufensterauslage an geistlichen Gütern’ zu präsentieren, kommt in diesem Buch zum Ausdruck. Es gibt darüberhinaus aber auch allgemeingültige Richtlinien für verbindliches christliches Leben und Echtheit im Dienst überhaupt. Es richtet sich von daher nicht nur an Missionare. Allerdings ist der Leser gefordert, die allgemeingültigen Grundsätze aus der manchmal idealisierten Beschreibung einer Persönlichkeit herauszuhören. Diese Tatsache ist eine Schwäche des Buches. Dennoch ist es ein klarer Anruf, aus der Mittelmäßigkeit im Christenleben herauszutreten, und es gibt manche Antwort auf die Frage, wie interpersonelle Spannungen in Dienstgemeinschaften bewältigt werden. Da diese Frage höchst aktuell ist, ist auch das Buch aktuell für jeden, der in einem Dienst steht oder sich darauf vorbereitet. Ursula Pasut, em 1996-2. |
Otminghaus, Christoph und Karl Lagershausen (Hg.): Chancen
entdecken. Kurzzeiteinsätze im Ausland. Porta Impulse 10, (SMD, Postfach 554,
D-35017 Marburg), 1994. (nicht im
Buchhandel!). Aus dem Arbeitskreis für Weltmission der Studentenmission in Deutschland stammt dieser äußerst praktische Leitfaden für alle, die einen missionarischen Kurzeinsatz von 4 Wochen bis 4 Jahren erwägen. Besonders ansprechend fand ich K. Lagershausens „Zehn gute Gründe, Kurzzeiteinsätze zu erwägen“ und die kritischen Gedanken von E. Wolff zur Vermeidung von „Missionstourismus“. Drei Viertel des Heftes sind auch für Nicht-Studenten interessant. Neben vielen Berichten aus allerWelt winken am Schluß ausführliche Tips zu Planung, Finanzen, Gesundheit und Adressen. Christof Sauer, em 1994-3. |
Ott,
Bernhard. Beyond
Fragmentation: Integrating Mission and Theological Education. A Critical
Assessment of some Recent Developments in Evangelical Theological Education.
Regnum Studies in Mission, Regnum
Books International, Oxford 2001. Die vorliegende Dissertation des Studienleiters des Theologischen Seminars Bienenberg, Schweiz, Bernhard Ott, bringt seine Besorgnis über die Geisteshaltung, Qualität und Unterrichtsmethode der missisonstheologischen Ausbildung der Konferenz Bibeltreuer Ausbildungsstätten (KbA) des deutschsprachigen Raumes zwischen 1960 und 1995 zum Ausdruck. Anlass seiner Studie ist der in den letzten Jahrzehnten erfolgte ökumenische Paradigmenwechsel in Mission und theologischer Ausbildung im Westen und in der Zweidrittel-Welt. Aufgrund des holistischen Missionsverständnisses des südafrikanischen Missionswissenschaftlers D. J. Bosch kritisiert Ott das mehrheitlich von Peter Beyerhaus und der Frankfurter Erklärung geprägte heilsgeschichtliche Missionsverständnis der konservativen-evangelikalen Ausbildungsstätten und wirft ihnen Zersplitterung, Isolation und Separation vor. Im ersten Teil (S. 1−24) bringt der Autor seine Sorge über die Zukunft der 36 theologischen Ausbildungsstätten zum Ausdruck, die im deutschsprachigen Raum der Konferenz bibeltreuer Ausbildungsstätten (KbA) angeschlossen sind. Ausgangspunkt seiner Studie ist der in den letzten Jahren erfolge Paradigmenwechsel, wie er innerhalb des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), in der Weltmission und in der theologischen Ausbildung zu erkennen ist. Analog zu S. Holthaus (FTH Giessen) gliedert er die KbA in drei Gruppen ein: Separatistische Fundamentalisten, konservative Evangelikale, moderate Fundamentalisten und offene Evangelikale, wobei der zweite Typus die internationale Missionsbewegung im ausgehenden letzten Drittel des 20. Jahrhunderts am meisten zu prägen vermochte. Die seit den 1990er Jahren ausgehende rückläufige Studentenzahl interpretiert Ott als theologische Identitätskrise, die ihm den wesentlichen Anstoss zu dieser Arbeit lieferte. Im zweiten Teil (S. 25−100) weist der Autor zunächst auf die einheitliche Entwicklung der evangelischen Missionsbewegung und Missionstheologie hin, die in Deutschland durch die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM) 1969, der Frankfurter Erklärung zur Grundlagenkrise der Mission 1970 und der Gründung der Akademie für Weltmission in Korntal (AWM) 1984 in zwei gegensätzliche Lager gespalten worden sei. Seither entwickle sich die deutschsprachige evangelikale Bewegung in die Separation und Isolation. Der Lausanner Kongress für Weltevangelisation 1974 und sein Folgekongress in Manila 1989 hätten den deutschen Evangelikalen Impulse aus der anglo-amerikanischen Welt vermittelt und eine neue Identität gegeben. Daraus sei der Wunsch nach Akkreditierung der 36 Ausbildungsstätten der KbA entstanden. Ihre missionstheologischen Überzeugungen hätten sie jedoch im Gegensatz zu den staatlichen theologischen Fakultäten und dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) definiert. Dieser Darstellung muss widersprochen werden, zumal der Wunsch nach Akkreditierung und Vergleichbarkeit der Ausbildungsprogramme der nicht staatlich organisierten theologischen Ausbildungsstätten in Europa bereits am Ende der 1960er Jahre ausgesprochen wurde. Die konstituierende Sitzung der Europäischen Evangelikalen Akkreditierungsvereinigung (EEAA) war unter Beteiligung von 23 europäischen theologischen Ausbildungsstätten von Skandinavien bis Italien, von Frankreich bis zu den damaligen COMECON-Staaten, am 31.10.1979 unter der Leitung von E. Schmid, Direktor der Pilgermission, in der Friedau auf St. Chrischona bei Basel. Die EEAA entstand weder aus Protest gegenüber dem ÖRK noch aus ekklesiologischen Überlegungen, sondern weil eine Angliederung an staatliche Fakultäten nicht möglich war und sie sich explizit dem „sola scriptura Prinzip“ verpflichtet wusste. Die schweizerische Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM Schweiz) ist im Gegensatz zur AEM Deutschland nicht aus einer Spaltung entstanden. Sie ist sogar älter als die ehemalige Kooperation Evangelischer Kirchen und Missionen (KEM), in der bis 1999 die kirchlichen Missionswerke und die reformierten kantonalen Landeskirchen der Schweiz zusammengefasst waren. Aus missionstheologischen Überlegungen entschieden sich die evangelischen Werke und Kirchen mit dem ÖRK zusammenzuarbeiten und damit für den Weg der Separation und nicht die Glaubensmissionen, die sich der Reformation und dem Pietismus verpflichtet wissen. Um den innerevangelischen Dialog nicht abbrechen zu lassen, fanden zwischen den beiden Dachverbänden AEM Schweiz und KEM, und darüber hinaus den evangelischen Hilfswerken, die berühmten Gloggenhofgespräche in Zürich und zwei längere Retraiten in Montmirail, Neuchâtel statt, an denen leider kein Vertreter des Theologischen Seminars von Bienenberg teilnahm. Der dritte Teil (S.101−202) untersucht die Thesen von D. J. Bosch, die er in seinem Buch „Transforming Mission“ (1991) vorschlägt. Daraus folgert Ott, dass in der nachantikolonialistischen Missionstheologie die KbA-Ausbildungsstätten einen holistischen Paradigmawechsel vornehmen müssten, wie er zwischen Aufkärung und Postmoderne zu beobachten sei. Die Gräben zwischen ökumenischer und evangelikaler Missionstheologie könnten nur im Dialog mit der ganzen Christenheit überwunden werden. Den bohrenden hermeneutischen Fragen aus der Zweidrittelwelt, der Verhältnisbestimmung zwischen Kontextualisierung, Inkulturation, Soziologie, Erlösung und Ekklesiologie sei ein größerer Stellenwert einzuräumen. Ott wirft vielen der KbA-Schulen vor, sie würden ihre Studierenden in die Isolation, Separation, ja sogar ins Sektierertum führen, weil sie sich dem holistischen Missionsverständnis und kritischen hermeneutischen Gegenwartsfragen, wie sie im ÖRK diskutiert werden, verschliessen würden (S.192−195). Statt sich hermeneutischen und epistemologischen Fragen zu stellen, bestünde die Tendenz, die missionstheologische Reflexion allein auf die Autorität der Schrift zu reduzieren. Dabei vergisst der Autor, wie P. Beyerhaus in seinem Buch „Er sandte sein Wort: Theologie der christlichen Mission/ Band 1: Die Bibel in der Mission“ (1996) eindrücklich nachwies, dass ein anderes Schriftverständnis als das reformatorische „sola scriptura Prinzip“ früher oder später zu einem anderen Heils- und Missionsverständnis führen muss. Andererseits haben die CTL-Seminare (Chrischona, Tabor, Liebenzell) die berechtigten hermeneutischen und epistemologischen Gegenwartsfragen der nachantikolonialistischen Missionstheologie seit 1996 in zwei neuen Fächern proaktiv aufgenommen (Theologie der Religionen und Christlicher Glaube in einer säkularen Welt). Im vierten Teil (S.203−280) beschäftigt sich Ott mit der Rolle der Mission in der theologischen Ausbildung und den Erkenntnissen der modernen Erwachsenenbildung als Grundlage selbstkritischer Reflexion und Lernprozesse. Diese pädagogischen Ansätze sind mit der CTL-Studienreform Anfang der 1990er Jahre konstruktiv aufgenommen worden und kommen vor allem in missionswissenschaftlichen, pädagogischen, soziologischen und pastoraltheologischen Fächern voll zur Anwendung. Im letzten Teil (S.281−316) fragt der Autor nach der Allgemeingültigkeit unserer Theologie, insbesondere dem in evangelikalen Kreisen anzutreffenden Verteidigungsmechanismus, der ins Ghetto und zum Stillstand führe. Ott sieht den Grund dieser theologischen Verengung in der Sichtweise der biblischen Wahrheit, die nicht fähig sei, mit Menschen anderer Kontexte in einem Dialog zu stehen. Hier entbrennt vollends die Frage nach dem exklusivistischen Wahrheitsverständnis der Schrift als „norma normans“ der christlichen Theologie. Otts Arbeit schliesst mit diversen Anhängen: einer kompletten Liste der KbA-Schulen, der ökumenischen Konferenzen zwischen 1910-1991, der Konsultationen der Lausanner Bewegung zwischen 1974-1989, gefolgt von der Frankfurter Erklärung 1970 und der Lausanner Verpflichtung 1974. Das Manifest von Manila von 1989 würde diese Liste von Anhängen vervollständigen. Weltoffene pietistische Missionstheologen, die selbst jahrelang den interreligösen Dialog in der transkulturellen Missionsarbeit praktiziert haben, werden Otts Kritik aufnehmen und sich einem holistischen Missionsverständnis nicht verschliessen, solange das Geheimnis der göttlichen Inspiration, die völlige Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Heiligen Schrift nicht preisgegeben und der apostolische Ausschliesslichkeitsanspruch des Heils allein in Jesus Christus (Apg 4,12) nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird. Hans Ulrich Reifler, em 2003-4. |
Ott, Craig, Stephen J. Strauss, Timothy C. Tennent. Encountering Theology of Mission. Biblical Foundations, Historical Developments, and Contemporary Issues. Grand Rapids: Baker Academic, 2010. „Encountering Theology of Mission“ ist der fünfte Band,
der in der missionswissenschaftlichen Reihe „Encountering Mission“ von Baker
Academic erschienen ist. [Vgl. die Rezension zu den Bänden 1–3 in em 2010-1
(Anmerkung der Redaktion).] 2013 erschien mit „Devoloping a Strategy for
Mission“ bereits das sechste Buch. Craig Ott ist Professor für Mission und
Interkulturelle Studien an der renommierten Um es gleich einleitend zu sagen: Ich halte das bisher leider nur auf Englisch verfügbare Buch für eine hervorragende Übersicht über Grundlagen und aktuelle Fragestellungen einer biblisch begründeten Theologie der Mission. Es ist nicht als umfassendes Handbuch der Missiologie konzipiert. Missionsgeschichte oder Einzelfragen der Missionspraxis sind nicht enthalten. Hinsichtlich der biblischen Sicht von Mission könnte ich mir Encountering Theology of Mission aber gut als Textbuch für einen Kurs vorstellen. Teil 1 „Biblische Grundlagen der Mission“ besteht aus sechs Kapiteln. Die ersten zwei Kapitel fassen das Zeugnis von AT (3–24) und NT (25–54) sehr übersichtlich zusammen. Nach einem Kapitel über das sehr aktuelle Konzept der missio dei (55-78) behandelt Kapitel 4 (79–105) „Ziele und Wesen der Mission“. Ott erweist dabei seine Gabe der guten und prägnanten Gliederung: „Doxologie als das Ziel der Mission“, „Erlösung als die Grundlage der Mission“, „Das Reich Gottes als das Zentrum der Mission“, „Eschatologie als die Hoffnung der Mission“, „Die Nationen als der Umfang der Mission“, „Versöhnung als die Frucht der Mission“, „Inkarnation als das Wesen der Mission“. Kapitel 5 (106–136) und 6 (137–162) beschäftigen sich mit der Aufgabe der Mission. Dabei wird auch auf widerstreitende Konzepte Bezug genommen (Verkündigung und Bekehrung, Gemeindegründung und –wachstum, Zivilisation und moralische Verbesserung, Philanthropie, Humanisierung und Befreiung). Ott versucht dabei unter Verweis auf die zwei Mandate (Aufträge), nämlich den Schöpfungsauftrag und den Verkündigungsauftrag, zu eigenen Schlussfolgerungen über die Aufgabe der Mission zu kommen. Der Verkündigungsauftrag ist zwar die Grundlage der Missionsaufgabe. Auch Christen sind aber aufgrund des Schöpfungsauftrags gerufen, Haushalter Gottes in der Welt zu sein und „das Böse in allen seinen Manifestationen (Sünde, Krankheit, Ungerechtigkeit, das Dämonische)“ zu konfrontieren (Ss. 159). Teil 2 (ab S. 165) beschäftigt sich mit „Motiven und Mitteln für die Mission“ (Kapitel 7–10) und geht dabei von einer biblischen Grundlage auf Fragen wie die Berufung zur Mission, die Rolle der Gemeinde in der Mission und die Rolle geistlicher Vollmacht und geistlicher Kampfführung in der Mission ein. Teil 3 (ab S. 265) behandelt drei in der gegenwärtigen missiologischen Diskussion hochaktuelle Themen: „Kontextualisierung und Mission“ (Kap. 11, 265–291), die „Christliche Begegnung mit anderen Religionen“ (Kap 12, 292–316) und „Die Notwendigkeit der Mission“ (Kap 13, 317–338), wo Strauss die heißen Eisen des Absolutheitsanspruchs Jesu, der ewigen Verdammnis und der Frage nach dem Schicksal derer, die nie von Christus gehört haben, angeht. Besonders hilfreich fand ich in Kapitel 12 den guten Überblick über die grundlegenden Positionen zu anderen Religionen in der heutigen Theologie, nämlich Exklusivismus, Inklusivismus, Pluralismus und deren Unterkategorien. Die Autoren schreiben aus einem tiefen Vertrauen zur biblischen Wahrheit heraus, gehen aber auch auf heute aktuelle kritische Fragestellungen kenntnisreich ein. Ein ausführliches Literaturverzeichnis, ein Bibelstellen-Index und ein thematischer Index runden das Buch ab. Als gute Grundlage für eine Theologie der Mission und für erste Antworten auf heutige Herausforderungen christlicher Mission kann ich das Werk sehr empfehlen. Es regt dazu an, bei Einzelfragen anderswo nach Vertiefung zu suchen. Wolfgang Häde, em 2014-2. |
Ott,
Craig; Netland, Harold A. (Hg.). Globalizing theology. Belief and practice
in an era of world Christianity. Nottingham: IVP/Apollos 2007 (US-Ausgabe: Grand Rapids: Baker Academic,
2006). Diese Festschrift für Paul G. Hiebert knüpft an seiner Forderung an, die so genannten „drei Selbst" in der Missionspraxis (self-governing, self-supporting, self-propagating churches) zu ergänzen durch ein viertes „Selbst“: self-theologizing (Hiebert, Paul G.: Anthropological insights for missionaries, Grand Rapids: Baker Book House 1985, 193ff.). Zur Reife und Selbständigkeit einer Kirche gehört die eigenständige theologische Reflexion, die Auseinandersetzung mit dem Evangelium im Licht des eigenen sozio-kultu-rellen Kontexts. Das wirft natürlich neue Fragen auf: Wie sind solche lokalen kontextuellen Theologien einzuordnen im Blick auf das Ganze der Theologiegeschichte und der theologischen Tradition? Und wie sind umgekehrt westliche theologische Ansätze im Kontext dieser theologischen Pluralität zu verstehen? Das sind die Fragen, denen sich die Autoren dieses Bandes zuwenden. Die Aufsätze gehen zurück auf eine Konsultation im Juni 2004 an der Trinity International University in Deerfield zu Ehren von Paul Hiebert zu dem Thema „Doing Theology in a Globalizing World“. Der Band ist in drei Teile gegliedert: (1) Weltchristenheit und theologische Reflexion, (2) methodologische Fragen im Blick auf eine Globalisierung der Theologie, und (3) Implikationen einer Globalisierung der Theologie. In der Einleitung wendet Netland sich den Schlüsselbegriffen des Buchtitels zu. Er beschreibt die Aufgabe der theologischen Reflexion als Aufgabe der ganzen Kirche, die nicht nur die Exegese des Wortes verlangt sondern auch eine Exegese der kontemporären Welt, und die einmünden muss in Weisheit, die Denken und Verhalten verändert. Der erste Teil des Buches umfasst drei Aufsätze von Ti6nou, Whiteman und Walls. Ti6nou weist darauf hin, dass die heutige Wirklichkeit einer „polyzentrischen Christenheit" auch Auswirkungen haben muss auf das Verständnis der Theologie. Er wendet sich gegen eine Marginalisierung von Stimmen aus der Dritten Welt und insistiert auf einem globalen theologischen Diskurs mit einer missiologischen Agenda. Whiteman skizziert die frühen missiologischen Beiträge Hieberts und stellt sich die Frage, zu welchen aktuellen Fragestellungen im Themenbereich Globalisierung - Kirche - Theologie die Ethnologie heute Beiträge leisten kann. Walls in seinem Aufsatz zeigt auf, dass das Überschreiten kultureller Grenzen in der Geschichte der Kirche immer auch zu neuen theologischen Fragen und in der Folge zu einem besseren Verständnis des Evangeliums als Ganzem geführt hat. Ausgehend von dieser geschichtlichen Beobachtung erwartet er von der christlichen Begegnung mit den alten Kulturen Afrikas und Asiens heute neue theologische Impulse, die die theologische Arbeit der Weltchristenheit befruchten können. Der zweite Teil des Buches beginnt mit einem Aufsatz von Vanhoozer, eine Perle in dieser Aufsatzsammlung. Vanhoozer stellt sich zunächst der Kritik an unsrer „big fat Greek method“. Er verweist darauf, dass Theologie dem Geschichtscharakter und dem WeisheitsCharakter der Offenbarung verpflichtet sein muss. Dabei entfaltet er zwei Kriterien für eine Bewertung kontextueller Theologien: das kanonische Prinzip (die Übereinstimmung der Deutung des Evangeliums und seines Lebensbezugs mit dem Charakter des Weges Jesu), und die Frage nach der Adäquanz improvisierender Weisheit, die zum Ziel hat, in neuen Situationen der biblischen Gesamtgeschichte entsprechend zu handeln. Dabei spielt die weltumspannende hermeneutische Gemeinschaft eine entscheidende Rolle für die Gestaltgewinnung des Evangeliums in verschiedenen Kontexten. Es folgen vier weitere Aufsätze zur methodischen Thematik. Strong und Strong analysieren den Bericht über das Apostelkonzil in Jerusalem und leiten daraus Aussagen ab im Blick auf die Rolle der Heiligen Schrift, des Heiligen Geistes und der hermeneutischen Gemeinschaft für den Prozess einer Globalisierung der Hermeneutik. Strauss untersucht am Beispiel der Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo Kirche die Bedeutung kirchlicher Bekenntnisse für eine globale Christologie. Sein Fazit: Während kirchliche Bekenntnisse nicht zu einem allgemein gültigen Maßstab für Rechtgläubigkeit erhoben werden können, dienen sie doch der Kirche als Fallstudien für das immer wieder notwendige theologische Ringen um eine biblisch verstandene Orthodoxie in einem spezifischen Kontext und tragen gleichzeitig zu einer reicheren theologischen Gesamtschau bei. Van Engen beschäftigt sich in seinem Aufsatz zum Thema „The glocal [sic] church“ mit der Interaktion und Interdependenz der globalen und der lokalen Aspekte von Kirche und Theologie. Er spricht von einem sich „gegenseitig befruchtendem Prozess des kritischen Theologisierens“ auf lokaler und globaler Ebene, bei dem die verbindenden Aspekte (common humanness, common faith, common fruit of the Spirit) ebenso berücksichtigt werden wie die lokal spezifischen Aspekte (diverse cultures, diverse faith stories, diverse gifts). Priest plädiert als Ethnologe – in Anlehnung an Geertz‘s „experience-near concept“ – für ein theologisches Arbeiten, das sich nah an der konkreten Erfahrung von Menschen orientiert. Er erläutert Hieberts und Ti6nous Modell einer missionalen Theologie am konkreten Beispiel des moralischen Diskurses zum Thema „Sünde" in der Kultur der Aguaruna Indianer. Der dritte Teil beginnt mit einem Aufsatz von Carroll, der am Beispiel der Armen Lateinamerikas die Bedeutung der wirtschaftlichen Entwicklungen der Globalisierung für die theologische Reflexion reflektiert. Ramachandra betont die Notwendigkeit einer differenzierten geschichtlichen Betrachtung der Interaktion von „Ost“ und „West“ und fordert eine kritische Kontextualisierung des Evangeliums in der westlichen Hemisphäre. Hiebert Meneses bietet aus ethnologischer Sicht Grundlagen für ein Verständnis der politischen Dimension des Nationalstaats und der ökonomischen Dimension einer globalen kapitalistischen Weltordnung. Ihr Ziel ist, die Kirche – hier hat sie zunächst die Kirche in den USA im Blick – zu einer kritischen Reflexion ihres eigenen politischen und ökonomischen Umfelds zu befähigen und auf synkretistische Tendenzen aufmerksam zu machen. Dabei spielt das Hören auf die globale Gemeinschaft der Kirche eine wichtige Rolle. Plueddemann skizziert die Herausforderungen der veränderten Missionssituation heute für bestehende Missionsgesellschaften, während McKinney Douglas Herausforderungen theologischer Ausbildung im globalen Kontext benennt. Paul Hiebert selbst schreibt einen Beitrag zur Rolle des Missionars als Mittler in dem Prozess einer Globalisierung der Theologie. Er sieht den Weg zur Überwindung eines postmodernen theologischen Pluralismus in der Entwicklung eines metakulturellen Rahmenwerks, in dem ein echter pluraler Dialog über die Wahrheit möglich ist. Ott fasst in seinem Aufsatz die Ergebnisse der unterschiedlichen Beiträge zusammen und geht der Frage nach, wie aus den unterschiedlichen Fäden lokaler Theologien eine gemeinsame Tapisserie werden kann. Dabei handelt es sich nicht um fertige Antworten, sondern um Gedanken über einen Weg in die Zukunft, den die Kirche in ihrer globalen Vielfalt gemeinsam gehen muss und nur gemeinsam gehen kann. Die Aufsätze bearbeiten das Thema aus der Sicht unterschiedlicher Disziplinen. Sie sind auch von unterschiedlicher Qualität. Alles in allem handelt es sich hier um ein beachtenswertes Buch zu einem zentralen und aktuellen missionswissenschaftlichen Thema. Dr. Jürgen Schuster, em 2008-3. |
Outler, Albert C. Das theologische Denken John Wesleys. Kommentiert für
unsere Zeit. Theologische
Studienbeiträge Bd. 4, Christliches
Verlagshaus, Stuttgart, 1991. Alle evangelikalen Glaubensmissionen haben in der einen oder anderen Weise ihre Wurzeln in der Heiligungsbewegung, die auf eine Neubesinnung auf die Heiligungstheologie John Wesleys ab etwa 1835 zurückgeht. Da heute in den evangelikalen Missionen eher presbyterianische Theologie vorherrscht, ist es nützlich, sich mit der arminianischen Theologie Wesleys zu beschäftigen, besonders mit ‘seinem Verständnis von Sünde und Heiligung. Dieses Buch bietet einen guten Einstieg für den, der Wesleys Theologie näher kommen will. Klaus Fiedler, em 1992-4. |
Pakendorf, Gunther. Gustav
Pakendorfs Jugend: Eine wahrhafte Geschichte, Berliner Beiträge zur
Missionsgeschichte, Heft 2, April 2001. Der Verfasser der zweiten Veröffentlichung der Berliner Beiträge ist Gunter Pakendorf, Associate Professor im Department of Modern and Classical Languages der Universität Kapstadt und Leiter der Forschungsgruppe „Mission und Moderne“ der National Research Foundation in Südafrika. Gegenstand seines Essays ist das im August 1995 von ihm gefundene Tagebuch, das sein Großvater Gustav Pakendorf in der Ausbildungszeit als Missionar in Berlin führte und im Oktober 1895 mit der Ankunft im damaligen Kaffraria (Südafrika) abschloß. Der 1969 unehelich geborene Pakendorf wächst in einem unkirchlichen, sozialdemokratischen Elternhaus auf. Die Abwesenheit des Vaters wird vom Verfasser als ein Hauptmotiv der Wendung an und des Vertrauens auf Gott verstanden. Im evangelischen Jünglings- und Männerverein findet der junge Pakendorf eine geistliche Heimat. Hier reift der Wunsch, „auch ein Missionar zu werden und das Evangl.von Christo dem Gekrezigten den armen Heiden zu bringen“ (S.10). Der Anlass des Tagebuchs ist vor allem ein seelsorgerlicher: „es bewahrt vor mancher Sünde“ (S.8). Das Tagebuch beschreibt drei Abschnitte: (1) die Aspiratenzeit 1889-1895, die der eigentlichen Aufnahme als Missionskandidat ins Seminar der Berliner Mission vorausging (nach täglich 10 Stunden Arbeit in der Fabrik folgte der abendliche Aspirantenunterricht. Der Vater lehnt die Missionspläne des Sohnes entschieden ab); (2) die Zeit als Zögling im Seminar, (3) die Beschreibung der Reise von Berlin nach Xhosaland 1895. Über die letzen beiden Abschnitte erfährt der Leser in Gunther Pakendorfs Beitrag inhaltlich allerdings so gut wie nichts. So geht es auch nicht um eine theologisch-missionsgeschichtliche Betrachungsweise; vielmehr wird das Tagebuch einerseits sozialpsychologisch „als Protokoll einer für angehende Missionare im 19. Jahrhundert durchaus nicht untypischen Selbstfindung und der Erstellung einer neuen gesellschaftlichen Identität im sozialen Aufstieg des Großvaters vom Sohn eines einfachen Arbeiters zum angesehenen Missionar in Afrika gelesen. Zum anderen wird die Geschichte - sowie der Prozeß des Schreibens und Lesens - als literarischer Vorgang gewertet, unter Heranziehung erzählerischer Modelle aus der Literaturgeschichte, sowie als kommunikativer Akt“. Ein Stück biographischer Missionsgeschichte wird „in einen größeren gesellschaftlichen Diskurs eingebettet, an dem letztlich auch der Enkel als Leser und Vermittler der Geschichte beteiligt ist“ (Presse-mitteilung). Hier werden wichtige Zusammenhänge in interdisziplinärer Perspektive dargestellt. Kritisch anzumerken ist allerdings, daß der Missionar und seine Berufung vollständig aus dem gesellschaftspsychologischen Zusammenhang heraus erklärt werden. Wäre nicht auch eine umgekehrte Sichtweise denkbar und für einen missionsgeschichtlichen Ansatz angemessen: das Evangelium von Jesus Christus als transformierende Kraft, die - bei aller kulturellen Begrenztheit und Konditionierung – wirkliche persönliche und geistliche Veränderung bewirkt – gestern und heute? Dr. Friedemann Walldorf, em 2002-3. |
Palmer, Donald C. Managing
Conflict Creatively.
A Guide for Missionaries and Christian
Workers. Pasadena: William Carey Library, 1990. Dr. Palmer arbeitete 13 Jahre mit Gospel Missionary Union in Kolumbien als Evangelist und Gemeindegründer und anschließend 20 Jahre in der Heimatleitung. Das Buch ist als Seminarunterlage vorgesehen und in fünf Teile (je mit Material für zwei bis drei Stunden) aufgeteilt. Die behandelten Themen sind: 1.) „Die Dynamik des Konflikts“, worin Konflikte als normal und eigentlich sehr positiv dargestellt werden; 2.) „Methoden der Konfliktbewältigung“, worin fünf verschiedene Methoden mit ihren Stärken und Schwächen dargestellt werden; 3.) „Die Bibel und Konflikte“, worin sieben Beispiele in der Schrift untersucht werden; 4.) „Konfliktbewältigung lernen“. Hier geht es darum, eine Strategie zu entwickeln; 5.) „Kulturelle Faktoren“. Hier werden mehrere Beispiele aus der Mission dargestellt. Die beiden Grundfaktoren eines Konflikts, nämlich die Sache (Lehre, Prinzip etc.) und die Beziehung zwischen den zwei Parteien, werden klar dargestellt. Unsere Aufgabe und die eigentliche Kunst ist es, zu erkennen, welcheArt von Konflikt jeweils vorliegt, und welche Methode der Konfliktbewältigung am Besten dazu paßt. Zwei Paradoxe sind erwähnenswert: 1.) Je mehr wir jemand lieben, desto mehr Konflikte werden wir mit der Person habe; 2.) Je mehr Konflikte, desto stabiler wird die Beziehung sein. Konflikte sind nach Meinung des Autors Mittel zu einer positiven Entwicklung von Beziehungen, wenn sie richtig und rechtzeitig verarbeitet werden. Die wenigsten Leiter und Mitarbeiter sind im Bereich Konfliktbewältigung ausreichend vorbereitet. Unbewältigte Konflikte sind nach Palmer ein Hauptgrund, warum Missionare vom Missionsfeld zurückkehren. Weil das Buch so praktisch geschrieben ist, empfehle ich es sehr gerne. Wir haben dieses Seminar mit unseren Leitern mit viel Gewinn durchgeführt. Rod Nidever, em 1994-2. |
Partridge, Christopher
(Hg.). Das Große Handbuch der
Weltreligionen. Wuppertal: Brockhaus, 2006. Das bewährte Handbuch Weltreligionen war zuletzt 1996 (hg. u. neu bearbeitet von Wulf Metz) erschienen. Die aktuelle Neufassung des englischen Originals (The New Lion Handbook „The World's Religions“) liegt nun in deutscher Übersetzung vor. Herausgeber ist Christopher Partridge, Professor für moderne Religionen an der Universität Chester in Großbritannien. Über 60 Autoren, vorwiegend aus Großbritannien, haben die - z.T. neu verfassten - Fachartikel beigesteuert. Das Konzept einer allgemeinverständlichen Einführung in die wichtigsten lebenden Religionen wurde beibehalten. Neu ist, dass nun jeder Religion in mehr oder weniger historischer Reihenfolge ein ganzes eigenes Kapitel gewidmet ist. Das Christentum wird nicht wie in früheren Ausgaben zum Abschluss dargestellt, sondern religionsgeschichtlich zwischen Judentum und Islam eingeordnet. Der Akzent wird damit stärker in Richtung einer möglichst wenig bewertenden Anordnung gesetzt. Dem Zoroas-trismus wurde ein eigenes Kapitel als heute noch lebendiger Religion gewidmet. Dargestellt werden darüberhinaus die Religionen des Altertums (Inkas/Azteken, Alter Vorderer Orient, Ägypten, Griechenland und Rom, Kelten, Skandinavien), die „einheimischen Religionen“ (1996 noch „Stammesreligionen“) sowie Hinduismus, Buddhismus, Jainismus, Sikhismus und die Religionen Ostasiens (China und Japan). Das eröffnende Kapitel „Religion verstehen“ führt gut verständlich in akutelle religionswissenschaftliche Perspektiven zur Interpretation und Erforschung von Religion und Religionen ein. Der gegenwärtigen Bedeutung eines stärker kulturwissenschaftlichen Religionsbegriffs wird Rechnung getragen: „Was immer Religion sein mag oder nicht, sie ist zumindest ein rhetorisches Instrument, das die Mitglieder der betreffenden Gruppe einsetzen, um ihre Gruppenidentität zu klären“ (13). Die Kurzbiographien klassischer Religionswissenschaftler sowie Fragen und Hypothesen der historischen Entwicklung der Religionen (UrMonotheismus-These, Evolutionsthese) werden im Gegensatz zur Ausgabe von 1996 (in der R. Brow vorsichtig zugunsten der MonotheismusThese argumentierte) nicht mehr thematisiert. Die Zeittafel der Religionen wurde beibehalten. Um den systematischen Zugang zu den einzelnen Religionen zu erleichtern, sind die Kapitel soweit wie möglich in jeweils sechs Themenbereiche gegliedert: (1) historischer Überblick, (2) Heilige Schriften, (3) wichtige Glaubenssätze, (4) Riten und Feste, (5) Familie und Gesellschaft und (6) Entwicklungen in der modernen Welt. Das Kapitel über den Buddhismus wurde fast ganz neu geschrieben (leider wurde die übersichtliche Graphik zu den verschiedene Richtungen des Buddhismus entfernt). Mit Recht werden auch problematische Aspekte des tantri-schen tibetanischen Buddhismus zumindest kurz angesprochen (S. 194), was einer möglichst unverstellten Wahrnehmung durchaus nicht abträglich ist. Leider ist der wichtige Artikel über den „Islam in der modernen Welt“ (T. Gabriel) weniger ausführlich und differenziert als der Beitrag von Nazir-Ali 1996. Die neu eingeführten Abschnitte zu „Familie und Gesellschaft“ stellen die religiösen Systeme stärker in den Kontext der Alltagskultur. Die biographisch-persönliche Bedeutung der Religion kommt in „Insider“-Perspektiven unter dem Motto „Ich bin ein… . „ (Hindu, Buddhist, Sikh … etc.) zum Ausdruck. Eine wichtige und notwendige Neuerung stellt auch die Integration eines Abschnitts über „Christentum in China von heute“ im Kapitel über die Religionen Ostasiens dar. Den Abschluss des Buchs bildet das Kapitel über „Religion in der Welt von heute“. Es wurde teilweise aktualisiert, etwa durch einen Abschnitt zu „neuen religiösen Bewegungen“ sowie durch eine Erweiterung von A. Thiseltons religionsphilosophischer Auseinandersetzung mit der Postmoderne. Am Rande kritisch anmerken könnte man, dass im Kapitel über das Judentum die historische Dimension der alten biblischen Religion der Patriarchen und des Volkes Israel im Vergleich zur 1996er Ausgabe stärker in den Hintergrund tritt. Der 1996 enthaltene theologische und historische Perspektiven verbindende Einführungsartikel von David Harley („Die Juden - das erwählte Volk“) findet sich in der Neufassung ebensowenig G. Cowlings Abschnitte über Mose und Esra als historische Persönlichkeiten. Kritisch könnte man auch fragen, warum dem Zoroastrismus mit nur 115.000 heutigen Anhängern ein eigenes großes Kapitel gewidmet wird, während andere und größere religiöse Gruppierungen wie z.B. die türkischen Aleviten oder die kurdische Yezidi-Religion gar nicht erwähnt werden. Das größere Format des Handbuchs bietet ein großzügigeres Layout, das ansprechend mit Farbfotos, Graphiken und Zitaten aus religiösen Quellentexten gestaltet ist. Enthalten ist wieder ein Kurzlexikon mit knappen Informationen zu religiösen Grundbegriffen und Persönlichkeiten. Ein Index ist (wie bisher) leider nicht vorhanden, was zwar aufgrund der neuen Strukturierung leichter zu verschmerzen ist, aber die Gebrauchsmöglichkeit als Nachschlagewerk einschränkt. Auch weiterführende Literaturhinweise sind nicht vorhanden. Insgesamt stellt das neue Große Handbuch eine strukturelle Verbesserung und inhaltliche Aktualisierung eines bewährten Kompendiums dar. Dr. Friedemann Walldorf, em 2007-3. |
Paschke, Boris. Particularism and Universalism in the Sermon on the Mount: A Narrative-Critical Analysis of Matthew 5–7 in the Light of Matthew’s View of Mission (NTA.NF 56) Münster: Aschendorff, 2012. Der Missionsbefehl am Ende des Matthäus-Evangeliums (im Folgenden Mt Ev) ist zweifellos einer der Schlüsseltexte für die Mission der Kirche. Mehrere Studien haben gezeigt, wie sehr der Missionsbefehl in Mt 28 mit dem gesamten MtEv verknüpft ist (etwa F. Hahn, P. Stuhlmacher). Ferner wurde immer wieder im MtEv die Spannung zwischen partikularen, exklusiv auf Israel bezogenen und universalen Aussagen beobachtet, die die weltweite Ausbreitung des Heils im Blick haben. Dabei blieb die Bergpredigt bisher weitgehend unberücksichtigt, obwohl gerade sie als Jüngerbelehrung par excellence Aufmerksamkeit verdient hätte. Die vorliegende Studie (Doktoraldissertation 2009, ETF Leuven, Martin I. Webber) des an der EFT in Leuven, Belgien, lehrenden Boris Paschke gilt den Aussagen der Bergpredigt, die auf diese universale Perspektive hindeuten. Nach knapper Schilderung der Problemlage und einem Forschungsüberblick skizziert Paschke zunächst die anwandte Methodik des narrative critic ism, einem aus der Literaturwissenschaft stammendem Instrument, dass sich insbesondere für Erzähltexte eignet. Paschke plädiert für dessen Anwendung, da die Bergpredigt als nicht-narrativer Text nicht für sich stehe, sondern integraler Bestandteil der Erzählung sei (für das gesamte Evangelium ist die Methodenwahl sicher weiterführend, im Lehrtext der Predigt hilft sie nur bedingt weiter und tritt entsprechend in den Hintergrund). Ferner geht es einführend um die Adressaten der Bergpredigt. Der Hauptteil des Bandes untersucht Mt 5,13-16. Die geforderten guten Werke sind die Mittel des universalen Dienstes der Jünger an den „Menschen“ im Allgemeinen, d.h. Juden und Heiden. Ferner beleuchtet Paschke Inhalt, Ziel und Umfang dieses Dienstes. Von Mt 4,13–17 her ist die Aufforderung an die Jünger „Licht der Welt“ zu sein als universale zentrifugale Bewegungsrichtung zu verstehen und nicht im Hinblick auf die eschatologische Völkerwallfahrt zum Zion (damit werden die Jünger schon vorösterlich im unmittelbaren Anschluss an die Bergpredigt zu Gesandten und Herolden der Gottesherrschaft vor den Völkern, nicht nur im Hinblick auf den späteren Missionsbefehl). Die drei Hinweise auf Heiden in Mt 5,47; 6,7f und 6,31f als Ausdruck der Haltung Jesu Heiden gegenüber sind negative Aussagen über Heiden und nicht als Ausdruck von Partikularismus zu verstehen. Hier sieht Paschke impliziten Universalismus: das anders bestimmte Leben der Jünger Jesu soll die Heiden auf den himmlischen Vater verweisen. Die Aussagen in Mt 7,6 über „das Heilige“ und die Perlen, die nicht den Hunden gegeben bzw. vor die Säue geworfen werden sollen, sind metaphorisch zu verstehen. Dabei handelt es sich um die guten Werke der Jünger verbunden mit erläuternder Belehrung. Bei den „Hunden“ und „Schweinen“ handelt es sich nicht um Heiden, wie oft angenommen, sondern um gefährliche politische und religiöse Führer Israels, die von der Mission der Jünger ausgenommen werden. Da das Gebot nicht die Heiden im Blick hat, ist es kein Ausdruck von Partikularismus. Zu den auf Jesu Lehre hörenden Menschen und ihnen geltenden Verheißungen nach Mt 7,24f gehören auch Heiden, so Mt 4,25, die zentripetal von der Lehre Jesu angezogen werden. Abschließend skizziert Paschke den Universalismus der Bergpredigt im Gesamtzusammenhang der Erzählung sowie die Unterschiede zwischen der auf Israel beschränkten partikularen Mission Jesu (1,21; 2,6; 4,23–25; 7,24–27; 15,24 – die Erzählung bleibt nicht bei der Abweisung der Syrophönizierin stehen, sondern endet mit deren Heilung!) und den „drei Phasen“ der Mission der Jünger Jesu. Paschke unterscheidet eine anfänglich zunächst universale Phase (Hinweise in Mt 4,18; 4,23–25; 5,13–16; 7,28–8,17; 8,18–34; 9,1–34 und 9,34–10,4), der eine partikulare Interimsphase in Mt 10,5–28,17 folgt und einer Phase der universalen Öffnung mit dem Missionsbefehl am Ende des MtEv. Damit ist die Spannung zwischen Universalismus und Partikularismus zutreffend beschrieben, auch wenn die partikulare Phase noch nicht ausreichend erklärt ist (vgl. S. 227–229; Paschke führt theologische und pragmatische Gründe an, er distanziert sich von der verbreiteten heilsgeschichtlichen Erklärung). Bei einigen Anfragen im Detail kann Paschke überzeugend zeigen, dass bereits die Bergpredigt universale Elemente beinhaltet, die sich in den universalen Anfang und das Ende des Evangeliums einfügen. Die hier dargestellte Bewegung (universaler Anfang, zwischenzeitliche Einschränkung, abschließende universale Öffnung) zeigt, dass der nachösterliche Missionsauftrag Jesu fest im Leben und Dienst Jesu, aber auch der vorösterlichen Unterweisung und Nachfolgeethik Jesu verankert ist. Prof. Dr. Christof Stenschke, em 2014-1. |
Pasut, Ursula. Frauen in der Welt in der Mission: Geschichte und
Gegenwart des Deutschen Frauen-Missions-Gebets-Bundes (DFMGB). Telos-Taschenbuch. [Jetzt SCM-Hänssler]. Um die Jahrhundertwende entstand unter Frauen eine Bewegung als Antwort auf die besonderen Nöte der Frau in der Dritten Welt. Aufgrund des Suchens nach ihrem Auftrag in der Welt und in der Mission gründeten einige Frauen den Deutschen Frauen-Missions-Gebetsbund (DFMG) mit dem Ziel, gemeinsam ihre Gaben in den Dienst Gottes zu stellen. Die Aufgaben sind unterschiedlich: Praktischer Dienst auf dem Missionsfeld oder Gebet und Rückhalt in der Heimat. Beide Dienste sind notwendig und gehören zusammen. In lebendiger, übersichtlicher Weise schildert Ursula Pasut, eine der Patenmissionarinnen, die Arbeit des DFMG, seine Anfänge und seine Ziele. Sehr anschaulich sind die persönlichen Zeugnisse der Gründerinnen und Mitarbeiterinnen gehalten. Jede Frau wird durch dieses Buch angespornt zur verbindlichen Zugehörigkeit und Mitarbeit in Gebet, Fürbitte und praktischem Dienst. Die Adresse des DFMG lautet: Heisterkamp 18, 2000 Hamburg 63. Elsbeth Schmid, em 1986-1 |
Pate, Larry D. From Every People. A Handbook of Two-Thirds World Missions with directory / histories / analysis. Monrovia: MARC, 1989. Larry D. Pate möchte Lawrence E. Keye’s Buch «The Last Age of Missions» (Pasadena: W. Carey Library, 1983) auf den neuesten Stand bringen. Lawrence E. Keyes und Larry D. Pate sind Mitarbeiter von Overseas Crusades (OC) Ministries. Keyes ist Präsident von OC, Pate ist seit 1984 der Koordinator der Abteilung «Emerging Missions ». Larry D. Pate möchte die ganze Breite, das Wesen und das enorme Potential der schnell wachsenden Missionsbewegung der „nichtwestlichen“ Kirchen deutlich machen. Vor etwa 18-20 Jahren hat kaum jemand etwas über Missionsgesellschaften der sog. Dritten Welt gehört. Seit James Wongs bahnbrechendem Buch „Missions from the Third World“ (Singapore Church Growth Study Centre, 1972) ist das anders geworden. Weitere Untersuchungen (z.B. Marlin L. Nelson 1976, L. E. Keyes 1980) und Konferenzen (z.B. Bangalore 1982) haben das Thema aufgegriffen. Heute gibt es etwa genauso viele Missionsgesellschaften in der sog. Dritten Welt wie in Nordamerika, Hinzu kommt, daß die Zahl der nichtwestlichen Missionare wahrscheinlich fünfmal so schnell steigt wie die der westlichen. Dies ist der Hintergrund für Larry D. Pates Buch. Es ist ein Handbuch der missionarischen Aktivitäten der Kirchen in Lateinamerika, Aber das Buch hat auch Schwächen. Wo Vergleiche mit westlichen Missionen versucht werden, drängt sich die Frage auf, ob gleiche oder allgemein übliche Kategorien verglichen werden (S. 4, Definition). Da alle Daten auf Angaben der Zwei-Drittel-Welt-Missionen beruhen, muß gefragt werden, ob diese genügend überprüft wurden. In persönlichen Gesprächen mit Dr. Theodore Sri-nivasagam, dem zukünftigen Generalsekretär der Indian Evangelical Mission, und mit Patrick Johnstone, Autor von Operation World / Gebet für die Welt, wurde das im Blick auf die Daten aus Indien und Afrika stark bezweifelt. Dietrich Kuhl, em 1990-2. |
Paul, Frank und Ute Paul. Begleiten
statt erobern. Missionare als Gäste im nordargentinischen Chaco, Schwarzenfeld: Neufeld Verlag, 2010. Wenn es ein Buch über Mission gibt, das unbedingt lesenswert ist, dann dieses. Ute und Frank Paul und ihre Mitautoren entwerfen in Begleiten statt Erobern ein Bild von Mission, das ganz vom Geist Jesu geprägt ist. Ein Bild, in dem nachvollziehbar wird, wie Mission nicht kulturverändernde Einflussnahme von außen, aus einer vermeintlich überlegenen Position heraus sein muss, sondern ein einfühlsames Mit-Gehen und Mit-Leben in einer einheimischen Kultur. Einer Kultur, die entdeckt, dass Jesus Christus nicht „der Fremde“ ist, der Gott der Weißen, sondern die Erfüllung ihrer tiefsten Ahnungen und Hoffnungen. Mision sin Conquista – Mission ohne Eroberung: So heißt der Titel des spanischen Originals. Das knallt! Und zwar gerade im lateinamerikanischen Kontext, in dem die spanische „Conquista“ der Indios mit Schwert und Kanonenpulver vermeintlich im Namen des Kreuzes geschah. Dort war Mission und Eroberung auf das Engste verknüpft. Ein unseliges Erbe, das sich bis auf den heutigen Tag in vielen Bereichen Südamerikas auswirkt. Nicht zuletzt auch in der offiziellen Polemik gegen einheimische evangelische Kirchen als vermeintliche „nordamerikanische Sekten“. Doch die Koppelung von Thron und Altar, von Schwert und Kreuz war und ist immer ein Irrweg, der den Blick auf die befreiende Dynamik des Evangeliums versperrt. Auch deshalb bin ich so froh über dieses Buch. Denn Begleiten statt Erobern ist mehr als ein missionstheologischer Rechenschaftsbericht, mehr auch als ein spannender persönlicher Erfahrungsbericht, mehr als ein Leitfaden zu anteilnehmendem Einfühlen in eine fremde Kultur und Gesellschaft. All das ist es und noch mehr. Ute und Frank ist es gelungen, die Toba, ein indianisches Volk im argentinischen Chaco, für den Leser zu Nahen, zu Nächsten zu machen. Unweigerlich werden wir hineingezogen in das Leben, die Ängste und Freuden, in die Ausweglosigkeiten und tiefen Weisheiten, in die Erfahrungen erlebten Unrechts und die Erfolge der Toba. Die beiden Deutschen haben viele Jahre dort mit den Menschen gelebt, mitten unter ihnen, und haben gemeinsam mit einem internationalen Team von Missionaren aus verschiedenen Konfessionen, ein neues Paradigma von Mission gelernt. Einen Weg, wo nicht der eine über dem anderen steht, nicht die eine die andere lehrt, sondern alle gemeinsam auf dem Weg sind, und der Heilige Geist sich in überraschender Weise als Lehrer aller erweist. Da sein, schweigen, warten, hören, und noch einmal warten. Mate-Tee trinken, Weinen mit den Weinenden, Tanzen mit den Fröhlichen, Protestieren mit den Übervorteilten, das und vieles mehr machte den Alltag der Pauls unter den Toba aus. Nicht nur Missionsinteressierte sollen und müssen dieses Buch lesen. Nein, es enthält ungeheuer wertvolle Einsichten und Wegweiser auch für unsere Aufgabe in unserem Land, einer zerfallenden Kultur neue Hoffnung, neuen Glauben und neue Liebe im Namen von Jesus zu schenken. Dass außer Frank und Ute Paul auch der langjährige Freund und Wegbegleiter der Toba, der kanadische Mennonit Willis G. Horst mit einem Beitrag mit dem Titel „Anfänge und Entwicklung einer eigenständigen indianischen Kirche – Über die indianische Spiritualität der Toba/Qom-Christen im argentinischen Chaco“ zu Wort kommt, macht das Buch doppelt lesenswert. Horst beschreibt die ganz eigenständige Spiritualität der Toba, in der das indianische Erbe nicht verdammt oder verdrängt wird, sondern durch das Evangelium hindurch neu als Geschenk der Vergangenheit begriffen wird, das auch für die Zukunft einen Weg zeigt. Und ganz spannend ist das Kapitel von Orlando Sánchez, selbst ein Toba. Er arbeitet als Ausbilder an der Fachhochschule des Chaco für indianische Lehrkräfte und ist selbst Bibelübersetzer und indianischer Anthropologe. Sein „Einblick in die traditionelle Kultur des Toba-Volkes hat das Ziel: „Diese kurze Darstellung möchte einige unserer Gewohnheiten und Traditionen vorstellen, die über Jahrhunderte mündlich weitergegeben worden sind. Diese Reichtümer wurden von unseren Vätern, Müttern und Großeltern über Generationen bewahrt.“ Sanchez eröffnet uns einen Blick in das Herz der Toba-Kultur. Gerade weil er sie als Reichtum begreift, kann er – so wie die anderen leitenden Toba-Christen – seinen Stammesgenossen auch den Reichtum der Guten Nachricht aufschließen. Dass bei dieser Begegnung indianischer Weisheit und biblischer Wahrheit auch – jedenfalls für uns Deutsche – überraschende Einsichten gewonnen werden können, zeigt ein Abschnitt aus dem Beitrag von Horst. Er beschreibt, wie Joel Jara, ein 55 jähriger Pastor einer Toba/Qom-Kirche, dieses weit verbreitete geistliche Verständnis des Wirtschaftens zum Ausdruck brachte in einer Auslegung zu 2. Thessalonicher: „Schon unsere Vorfahren haben die Liebe Gottes verstanden. Sie wussten, wie man miteinander teilt, wenn jemand nichts hatte. Aus diesem Grunde wissen wir, dass jedes Mal, wenn ein nicht-indianischer Pastor oder Missionar uns zum Arbeiten drängen will und dazu den Text aus 2. Thessalonicher 3.10 verwendet, in dem es heißt: ‚Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen’, dann wissen wir, dass diese Person keine Liebe von Gott in sich hat.“ Begleiten statt Erobern ist ein Buch geschrieben mit Liebe und mit Feuer, mit prophetischer Klarheit und einfühlsamer Zuwendung. Ich danke Ute und Frank Paul, dass sie uns damit ein Geschenk machen, das unser theologisches Denken erweitern und unsere Herzen neu öffnen kann. Es ist nicht nur ein Buch über den Chaco und die Toba. Es ist auch ein Buch über Gott und seine Wege mit uns. Dr. Roland Werner, em 2011-1 |
Pechmann, Ralph; Martin
Reppenhagen (Hg.). Zeugnis
im Dialog der Religionen und der Postmoderne. Aussaat
Verlag & Neukirchener Verlag: Neukirchen-Vluyn, 1999. Pechmann, Ralph; Martin
Reppenhagen (Hg.). Mission
im Widerspruch: Religionstheologische Fragen und Mission morgen. Aussaat Verlag & Neukirchener Verlag: Neukirchen-Vluyn,
1999. Zwei Veröffentlichungen des Deutschen Instituts für Jugend und Gesellschaft der Offensive Junger Christen in Reichelsheim stellen Beiträge zum Thema Christentum und Weltreligionen zusammen, wobei sich beide Bände inhaltlich stark überschneiden. Während der erste Band die Vorträge einer Tagung in Reichelsheim enthält, ist der zweite Band ein dazu als Arbeitswerkzeug dienender umfangreicher Reader mit meist bereits veröffentlichten Artikeln und Buchauszügen. Ziel ist das Gespräch zwischen allen Positionen, ‘exklusiven’ wie ‘inklusiven’, ‘evangelikalen’ wie ‘liberalen’. So finden sich auf der einen Seite Beiträge von Peter Beyerhaus, Werner Neuer, Alister McGrath, Heinzpeter Hempelmann oder Chris Sudgen und Hanna Josua, im Mittelfeld von Lesslie Newbigin, Gerald H. Anderson und David G. Bosch, und schließlich von Henning Wrogemann (‘Multiperspektivischer Inklusivismus’), von Wolfhart Pannenberg und Paul Knitter. Martin Reppenhagen, der als einziger Herausgeber selbst Beiträge beigesteuert hat, vertritt jeweils eine von der evangelikalen Sicht herkommende, den Religionen jedoch sehr offen gegenüberstehende Sichtweise, die er bewußt von Leslie Newbigin herleitet. Insgesamt verstehen sich die beiden Bände weniger als Positionsbestimmung, denn als Anregung für ‘liberale’ Christen, Mission neu zu bedenken, und an ‘evangelikale’ Christen, ihre Sicht der völligen Ablehnung des Wahrheitsgehaltes anderer Religionen zu überprüfen. Was darüber zu denken ist, hat meines Erachtens der evangelikale Anglikaner und Professor in Oxford Alister McGrath im Tagungsband in seinen drei ausgezeichneten Vorträgen am besten dargestellt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2000-2. |
Penner, Glenn M. Im Schatten des Kreuzes. Verfolgung und Christusnachfolge:
Eine biblische Theologie. Wuppertal: SCM R. Brockhaus, 2011. Der kürzlich an Krebs verstorbene Glenn Penner war zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des kanadischen Zweiges von „Voice of the Martyrs“ (Hilfsaktion Märtyrerkirche). Als Sprecher auf Konferenzen und in Kirchen westlicher Länder sowie auf Pastorentreffen in Ländern mit Verfolgung entdeckte Penner, wie ausführlich die Bibel gerade auf die Verfolgung, also das „Leiden um Gerechtigkeit willen“ (S. 14) eingeht. Penners Buch, das zu einer „biblischen Theologie der Verfolgung“ beitragen will, ist – weitgehend in der Reihenfolge der biblischen Bücher – voller exegetischer Studien zu biblischen Aussagen, die aufzeigen, dass buchstäblich von 1. Mose bis zur Offenbarung Verfolgung ein Grundthema der biblischen Botschaft ist. Laut eigener Zielsetzung (S. 180) will Penner im ersten Teil seines Buches zeigen, dass Leiden den Zielen und der Person Gottes nicht fremd sind. Der nachfolgende zweite Teil stellt die Lehren Jesu über Verfolgung und die Verkündigung und Praxis der Apostel dar. Penner deckt eine Linie auf von der ersten göttlichen Verheißung in 1. Mose 3,15 (S. 36 – aufgegriffen in Offenbarung 12, S. 383) bis zum Endsieg Gottes und des „Samens der Frau“: Zum Sieg („Kopf zertreten“) muss es durch Leiden („Ferse stechen“) gehen. Leiden ist die Folge der Tatsache, dass die Welt vom Bösen/Satan beherrscht wird und wir in Verbindung mit Christus gegen ihn kämpfen. Aus der Fülle der von Penner genannten und erläuterten biblischen Belege seien hier nur einige wenige Beispiele genannt: Der erste menschliche Tod in der Weltgeschichte ist ein Märtyrertod („Kain und Abel“, S. 44-47). Verfolgung beginnt dort aufgrund von religiöser Intoleranz und spielt sich im engsten Familienkreis ab. Auf S. 113-115 geht Penner auf die sogenannten „Rachepsalmen“ ein. Sie sind laut Penner Gebete um göttliche Gerechtigkeit, nicht Ausflüsse menschlichen Grimms. Beter schütten ihr Herz vor Gott aus. Die „Rachepsalmen“ werden daher gerade unter verfolgten Christen verstanden und geschätzt. Jesaja (S. 121-124) zeigt prophetisch auf (besonders Jesaja 53), dass Leiden (wie vorher von Penner dargestellt) nicht nur Strafe für Sünde, Disziplinierung zwecks Erziehung oder Verfolgung aufgrund unserer Nähe zu Gott sein kann. Gott setzt Leiden vielmehr auch als Methode ein, seine Ziele in dieser Welt zu verwirklichen. Um Leiden und Tod zu besiegen, benutzt Gott den Weg von Leiden und Tod. Ausführlich legt Penner dar (S. 135-144), dass Gott nicht erst in Christus ein leidender Gott ist, und geht dabei auf das Argument der „Impassibilität Gottes“ (der Lehre, dass Gott aufgrund seiner Unveränderlichkeit nicht leiden könne) ein. Nicht aufgrund von Schwäche, sondern aufgrund seines souveränen Entschlusses zur Liebe geht Gott das Risiko ein, zurückgewiesen zu werden und dadurch zu leiden. Als Liebender leidet er auch mit seinem Volk. Als Jesus dann seine Jünger schult, steht die Vorbereitung auf Leiden und Verfolgung im Vordergrund (vgl. besonders Matthäus 10, 16-42; S. 184-210). Gerade in Matthäus 10 wird deutlich, dass Mission und Leiden untrennbar verknüpft sind (S. 184). Auch in den Briefen des Apostels Paulus finden sich zahlreiche Aussagen über Leiden. Schlüsseltext ist der 2. Korintherbrief (S. 279-292), in dem Paulus seine Stellung als Apostel mit seinen Leiden um Christi willen verknüpft. Penner schließt seine tief gehende Studie ab mit dem Hinweis darauf, dass für die Wiederkunft Jesus nicht nur die Verkündigung des Evangeliums an alle Völker (Matt. 24,14) Bedingung sei, sondern auch die Vollendung der Zahl der Märtyrer (Off. 6,9-11). Er fragt: „Bin ich bereit, der letzte Märtyrer für Jesus zu sein?“ (S. 390) Ausgehend von der weiten Sicht für die weltweite Gemeinde Jesu heute und den tiefen Einblicken in das biblische Zeugnis wird Penners Buch zu einer Herausforderung gerade für uns westliche Christen: Es geht beim Thema Leiden/ Verfolgung nicht nach dem Motto: „Jesus macht Dein Leben schön; aber manchmal wirst du auch etwas leiden müssen!“ Biblische Lehre ist vielmehr: „Leiden um Christi willen ist ausdrücklich Teil deiner Berufung. Weil Gott aus Liebe leidet – und weil in Christus der Weg durch Leiden und Sterben zur Kraft und zum Sieg geht, darum muss sich diese ‘Methodik Gottes’ auch in deinem Leben durchziehen, wenn du Diener in seinem weltweiten Auftrag sein willst.“ Wolfgang
Häde, em 2012-3. |
Penner,
Peter F. (Ed.). Christian Presence and Witness among Muslims. Schwarzenfeld: Neufeld Verlag, 2005. Der vorliegende Sammelband ist eine Veröffentlichung von Referaten, die bei der Konferenz zum Thema „Presence and Witness among Muslims” am International Baptist Theological Seminary (IBTS) in Prag im Februar 2004 gehalten wurden. Teilnehmer aus 31 teils muslimischen Nationen, und renommierte Redner wie Dr. David Shenk von der Eastern Mennonite Missions und Dr. Kenneth Cragg (leider nicht durch einen Aufsatz im Sammelband vertreten) zusammen mit Dozenten des IBTS bedachten miteinander das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen auf der persönlichen und theologischen Ebene. Nicht alle Referate wurden zu Aufsätzen des Sammelbandes. In den Band wurde außerdem die Prague Declaration on Christian Presence and Loving Service among Muslims aufgenommen, die während der Konferenz verfasst worden war. Die einzelnen Aufsätze beschäftigen sich, grob sortiert, mit drei Fragestellungen: 1. Wie lässt sich der christliche Glaube liebevoll und überzeugend einem Muslim erklären? 2. Welche Bedeutung hat die Hijra und das muslimische Verständnis von der Bibel für die Begegnung mit Muslimen? 3. Wie lässt sich der christliche Glaube in spezifischen Kontexten (Mittlerer Osten, Zentralasien, Bektashi-Albaner, multireligiöse Nachkriegsgesellschaft) bezeugen? Das Anliegen des Bandes besteht in der Erreichung eines zeugnishaften Dialogs, der von offener und freundlicher Begegnung und Respekt geprägt ist. Die Prague Declaration geht vom dreieinigen Gott aus und setzt somit ein klares theologisches Zeichen gegenüber dem radikalen Monotheismus des Islam. Der Schöpfergott wird nicht als gemeinsamer Gott bezeichnet, wohl aber die Liebe zu diesem Gott als „gemeinsame Liebe“. Vollständiges Vertrauen zu diesem Gott aber ist erst durch Jesus möglich. Dieser Ansatz verdeutlich schon das Verständnis von Dialog: Wo eine Anknüpfung möglich ist, wird dem Muslim durchaus zugestanden, etwas Gutes zu intendieren oder auch zu praktizieren; dabei muss jedoch deutlich werden, dass durch Jesus ein entscheidender und soteriologisch relevanter Unterschied in der Beziehung zum Schöpfergott besteht. Der Heilige Geist wiederum ermöglicht eine Gemeinschaft der Anhänger Jesu untereinander, die große Diversität erlaubt und somit transkulturell möglich ist. In seinem ersten Aufsatz (Faithful Christian Witness among Muslims; 20-35) weist David W. Shenk darauf hin, dass die Bindung des Islam an die arabische Kultur durch die Göttlichkeit des arabischen Korans unauflösbar ist. Die christliche Kirche dagegen ist transkulturell und genau darin auch ein wichtiges Zeugnis des universalen und kulturell unabhängigen Evangeliums von Jesus Christus. Der eigentlich missionarische Ansatz der Prague Declaration liegt im Aufbau einladender Gemeinschaften. Daneben überwiegen Aussagen zum respektvollen Umgang mit Muslimen, Freundschaftsbeziehungen zu Muslimen, Dienst für einheimische Gemeinden und Einstehen für Verfolgte Christen aus muslimischem Hintergrund. Die Zusammenstellung der Aufsätze wirkt auf den ersten Blick zufällig und unverbunden. Neben den beiden sehr inspirierenden Aufsätzen von David W. Shenk stehen zwei weitere zu spezifischen Fragen des islamischen Glaubens. Alle anderen beschäftigen sich mit spezifischen Regionen. Besonderes Interesse wird der allgemein interessierte Leser deshalb den Referaten von Shenk zuwenden, die in der Tat sehr inspirierend sind. Anhand der Reformbewegung des Islam identifiziert Shenk fünf zentrale Punkte, die für den heutige Islam prägend und wesentlich sind: die göttliche Herabsendung des Koran (tanzil), die Errichtung der islamischen Gemeinschaft in Medina nach der hijra, die Einheit Allahs (tauhid), und die daraus folgende Lehre von der Notwendigkeit der Unterwerfung aller Muslime und letztlich aller Menschen überhaupt unter Allah, das Verbot von Neuerungen (bidah), weil der Islam unveränderlich ist und das Verbot von „Beigesellung“ zu Allah (shirk), das jeden Götzendienst aber auch jede Infragestellung Allahs durch eine andere Autorität, z.B. den Staat, verbietet. Interessant ist nun der Versuch Shenks, die Begegnung der Gemeinde mit der islamischen Gemeinschaft (ummah) entlang dieser fünf Reformanliegen des Islam zu beschreiben. So wird die „göttliche Herabsendung“ (tanzil) mit der göttlichen Inkarnation verglichen und dann auf die Aufgabe der Gemeinde übertragen: kulturelle Inkarnation in jeglichen Kontext, um das Evangelium jeder Kultur gemäß zu verkündigen und zu leben. Der zwingenden Macht der ummah, die nach der hijra errichtet wurde und Vorbild und Muster für alle heutigen Versuche eines politischen Islam ist, steht im vollen Kontrast die Opferbereitschaft der Gemeinde gegenüber, die ihr Kreuz auf sich nimmt und ihrem Herrn nachfolgt. Die Einheit Gottes (tauhid) ist auch im christlichen Glauben nicht in Frage gestellt. Jeder Art von Polytheismus muss vehement gewehrt werden. Neben einer deutlichen Klarstellung, dass Jesus nicht durch einen geschlechtlichen Akt gezeugt wurde, muss nach Shenk die Gemeinde das Vorbild Jesu leben. Der Verweigerung jeglicher Neuerung (bidah) steht die eschatologische Hoffnung der Gemeinde auf einen neuen Himmel und eine neue Erde gegenüber. Diese Hoffnung wird zeichenhaft schon jetzt auf Erden sichtbar und wird deshalb von der Gemeinde aktiv verwirklicht: das Reich Gottes ist schon angebrochen, aber noch nicht vollendet. Allein zum Thema shirk bleibt Shenk kurz angebunden und wenig schlüssig. In seinem zweiten Aufsatz (Christian Presence and Witness among Muslims) entfaltet Shenk anhand von 1.Petrus 2-3 seine Überzeugung von einem zeugnishaften Lebensstil. Die beiden Fachartikel zur Bibel (Corruption and/or Misinterpretation of the Bible) und zur Hijra (The Hijra and its meaning for the Muslim community) sind in ihrem Anspruch sehr unterschiedlich. Während letzterer einen guten Einblick in das politische Verständnis des Islam gibt, ist ersterer sehr anspruchsvoll und für den nicht Vorgebildeten schwer verständlich. Fazit: Die Aufsätze in diesem Band sind kompetent und
anregend, weisen mutig nach vorne und helfen im Gespräch und in der Begegnung
mit Muslimen. Nicht jeder Aufsatz wird den Leser interessieren, wenn er nicht
mit der speziellen Fragestellung zu tun hat. Aber jeder, der sich mit der
Frage auseinandersetzt, wie wir als Christen mit Muslimen leben und unseren
Glauben bezeugen können, wird eine Reihe von hilfreichen Beiträgen guter
Qualität finden. Ulrich Neuenhausen,em 2007-2. |
Penner,
Peter F. (ed.). Ethnic Churches in Europe - A Baptist Response. Neufeld Verlag Schwarzenfeld, Oktober 2006. Dieser Band versammelt Beiträge einer Konferenz zu ethnic churches in Prag im Juni 2006. Es ist lobenswert, dass er so schnell veröffentlicht wurde, denn das Thema ist aktuell. Das Buch gliedert sich in vier Teile. Unter dem Titel „Sociological Studies“ liefert Paul Weller eine exzellente soziologische Analyse der Begriffe „Europa“, „ethnische Minoritäten“ und „changing face“ und reflektiert über die Rolle von Religionen in diesem Feld. Seine „working conclusions“ sind dann theologischer Art: Er ruft die Baptisten auf, sich gegen Fremdenfeindlichkeit zu engagieren und stellt fest, dass die Ekklesiologie einer Glaubenskirche eine „narrative christology“ fordere: Eine solche „christology of invitation rather than a christo-logy of gatekeeping“ ermögliche ein christliches Zeugnis in einem multireligiösen und multikulturellen Kontext. Die Hauptherausforderung, der sich die Kirchen stellen müssten, sei „how to avoid confusing either Christian witness or Christian unity with the promotion of one cultural or confessional form of Church.“ Der zweite Teil unter dem Titel „Ethnic churches - a Biblical mandate“ enthält zwei Aufsätze, die allerdings den Anspruch des Titels nicht vertreten. Eine Studie von Michael Kisskalt zu „The challenge of Immigrants in Old Israel According to the Testimony of the Old Testament“ bietet einen guten biblischtheologischen Überblick mit einigen Konsequenzen für die heutige Praxis im Umgang mit Migranten. Unter dem Titel „Homogeneous Unit Principle, Ephesians 2 and the Early Church Praxis“ liefert Peter F. Penner eine intensive Exegese von Epheser 2 sowie einiger Texte aus der Apostelgeschichte. Er lehnt einen biblizis-tischen Ansatz entweder für oder gegen das homogeneous unit principle ab und zeigt, dass es bereits in der Urkirche ganz unterschiedliche Modelle des Kircheseins gab. Dieser Aufsatz ist für eine innerevangelikale Debatte sicherlich wichtig; im landeskirchlichen Bereich müsste die kritische Auseinandersetzung jedoch eher bei der Identifikation von Evangelium und Kultur ansetzen, die im Konzept von „Volkskirche“ (im Sinne einer ethnischen Kirche!) implizit vorausgesetzt wird. Im dritten Teil geht es um „Issues of Second Generation Immigrants“. Peter F. Penners gelegentlich nur schwer nachzuvollziehender und manchmal arg spekulativ wirkender Artikel über Johannes Markus als Migrant und Christ der zweiten Generation trägt wenig für die Praxis bei. Dagegen ist Michael Kisskalts Artikel über Interkulturalität und Integration übersichtlich, praxisorientiert und pädagogisch gut aufgebaut. Zu bedauern ist allerdings, dass dieser Artikel wissenschaftlich auf dem Stand der neunziger Jahre verbleibt und damit geprägt ist von zu statischen Begriffen von Kultur und Identität. Die gegenwärtige Diskussion um flexible und hybride Identitäten z.B. in den Kulturwissenschaften (ganz zu schweigen von den postcolonial studies) wird überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Der vierte Teil des Bandes schließlich besteht aus Berichten aus verschiedenen Kirchen und Ländern Europas von sehr unterschiedlicher Qualität. Sie zeigen eine Vielfalt von Ansätzen in der interkulturellen Arbeit der Kirchen und die große Unterschiedlichkeit der jeweiligen Kontexte. Besonders konkret sind die Berichte über die International Baptist Convention, die Sarka Valley Community Church im Großraum Prag und vor allem die facettenreiche Studie über die Baptist Union of Great Britain (BUGB). Dass die BUGB in ihrer theologischen Ausbildung ein racism awareness training verpflichtend einschließt, setzt ein Beispiel, das auch anderswo in Europa Schule machen sollte! Alles in allem ist dieser Band ein brauchbares Buch mit einigen Schwächen, dem eine breite Leserschaft auch außerhalb evangelikaler Kreise zu wünschen ist. Claudia Währisch-Oblau, em 2007-3. |
Penner,
Peter F. (Hg.). Theological Education as Mission. Schwarzenfeld: Neufeld Verlag, 2005. Theologische Ausbildung als Mission. Immer noch überrascht der Titel des Buches. Kommt die theologische Ausbildung nicht sachlich und zeitlich nach der Mission? Doch Matth. 28,1820 („lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“) gehört zum sogenannten „Missionsbefehl“. Insofern ist dieses Thema nicht nur hochaktuell, sondern zugleich fest in einer biblischen Tradition verwurzelt, deren wir uns heute all zu oft nicht genügend bewusst sind. Theologische Ausbildung als Mission – der Titel ist zugleich der „rote Faden“ in dieser Sammlung sehr unterschiedlicher Artikel, was Herkunft, Breite und gedankliche Dichte angeht. Peter F. Penner gebührt Dank und Anerkennung für die Herausgabe der beinahe 20 Vorträge und Fallstudien, die im Rahmen einer internationalen Konferenz am Baptist Theolgical Seminary, Prag, im Februar 2005 gehalten wurden. Das Thema der Konferenz lautete: „Theological Education as Mission - Mission in Theological Education“. In dem Sammelband kommen international bekannte Fachleute zu Wort wie z.B.: Andrew Kirk, David W. Shenk, Duane H. Elmer oder Linda Canell. Sie haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder zur Integration von Theologie, Mission und Theologischer Ausbildung angeregt. Dazu kommen dann aber auch aufschlussreiche Beiträge osteuropäischer Theologen. Sie reflektieren gesammelte Erfahrungen im Bereich theologischer Ausbildung - meist im Kontext von Missionsarbeit. Hier werden spannende Fragen gestellt und eigenständige Überlegungen angestellt (z.B. Kap. 11 „Towards Convictional Theological Education“ von Parush R. Parushev). Manchmal überraschen bereits die Titel, wenn z.B. Lina Andronoviene ihren Beitrag überschreibt: „On Baptistic Monasticism as Educational Mission“. Als Leser erhält man Einblicke in Theologische Ausbildungsstätten und ihren jeweiligen Kontext, die hierzulande noch nicht so bekannt sind. Damit wird ein wichtiger Beitrag geleistet im Zusammenwachsen europäischer theologischer Ausbildung. Beim Lesen des Buches stellt sich allerdings auch Ernüchterung ein. Manche der Fragen und Klagen sind nicht wirklich neu. Schon seit Jahren sind sie zu hören und zu lessen, z.B. die Frage nach der Kontex-tualisierung theologischer Ausbildung oder die notwendige Zusammenschau von Mission, Theologie und Fragen der Erwachsenenbildung. Ist theologische Ausbildung wirklich so „träge in ihrem Herzen“, dass (zu) wenig Innovation erfolgt?! Anderseits stellt der Sammelband ein Mut machendes Buch dar, denn er zeigt, wie ein Miteinander von Ost und West bereichernd ist, wenn wir lernbereit sind - in Ost und West. Einige der Artikel erschienen parallel zum Buch im Common Ground Journal Vol. 3 (1/2005), das hiermit ebenso empfohlen sei. Mich personlich hat der Beitrag von Andrew Kirk - einem der „Altmeister“ innovativen Denkens über Theologische Ausbildung - zum Nachdenken herausgefordert. Immer noch hat Kirk die Kraft, unverdrossen, mutig und weit reichend zu träumen, wenn er in seinem Beitrag ein Curriculum entwirft, von dem er sagt: „I do not know personally of any theolgical institution that has adopted a curriculum like this“ (S.16 in seinem Beitrag mit dem Titel: Reenvisioning the Theological Curriculum as if the Missio Die mattered). Wer sich für den Zusammenhang von Mission und Theologischer Ausbildung interessiert, der erlebt beim Lesen, was Peter Penner in seinem Vorwort als Ziel formuliert: „These papers have been collected to stimulate further discussion on theological education“ (S.12). Traugott Hopp, em 2007-4. |
Pfister, Jürg. Motivation der Generation X. Das Potential
der Generation X als Herausforderung für christliche Gemeinden und
Missionswerke. Nürnberg: VTR, 2003. Wenn ein Praktiker sich die Zeit nimmt, strukturiert über sein Lieblingsthema nachzudenken, dann kommt dabei allermeist etwas sehr empfehlenswertes heraus. So ist es auch bei Jürg Pfisters „Motivation der Generation X“. Jürg Pfisters Liebe zur Weltmission verbindet sich in diesem Buch mit seiner Liebe zur Generation X und reflektiert wissenschaftlich die Möglichkeit, die postmoderne Jugend heute für Gottes ältestes Anliegen zu gewinnen, dass „Menschen aus allen Völkern Vergebung, Befreiung und Frieden durch Jesus Christus finden und ihn tief zufrieden und glücklich anbeten.“ Pfister analysiert dafür sehr eindrücklich die Generation X und hilft dem Leser aus seiner reichen Erfahrung heraus diese Generation nicht nur zu verstehen, sondern auch lieben zu lernen. Daraufhin geht er speziell auf die Situation von Gemeinden und Missionswerken ein und erläutert in anschaulicher Weise, wie der Umgang mit der Generation X für alle Seiten am fruchtbringendsten wird. Seine detaillierte Beschreibung der Motive sowie die verschiedenen Beispiele gelungener Motivation der Generation X machen dieses Buch zu einer Fundgrube für interessierte Leser. Der Wert der vorliegenden Arbeit liegt zum großen Teil in seiner Praxisnähe. Meisterlich leitet Pfister hilfreiche Thesen her und untermauert sie mit empirischen Erkenntnissen. Dabei greift er nicht nur auf christliche Autoren zurück, sondern versucht vor allem den aktuellen Stand der Motivationsforschung für diese Fragestellung fruchtbar zu machen. Die Bibliographie enthält wertvolle Hilfen zur Vertiefung des Gesagten. Auch wenn einige seiner Aussagen vielleicht nicht mit den Erfahrungen seiner Leser übereinstimmen, schmälert das nicht den Wert der Studie. Es ist sehr schwierig eine Generation zu beschreiben, die sich mit aller Macht versucht den Kategorien der Wissenschaft zu entziehen. Eine weitere Stärke des Buches liegt in Pfisters kritischer Reflektion der Generation X im Licht der Bibel. So zeigt er Bereiche auf, in denen ihr Blick für Gottes Werk erweitert werden muss und in denen ihre eigenen Lebenseinstellungen durch das Licht des Evangeliums in die richtige Richtung gelenkt werden müssen. Dieser letzte Aspekt hätte aber meiner Ansicht nach ein stärkeres Gewicht bekommen müssen. Pfisters Studie tendiert eher dazu, die positiven Seiten der Generation X herauszustellen. Man spürt dem Stil des Buches auch ab, dass es ursprünglich als eine wissenschaftliche Abschlussarbeit und nicht als ein Leitfaden für Gemeinden und Missionswerke geschrieben wurde. Dennoch ist es gut lesbar. Eine sehr spannende Frage behandelt Pfister leider nur am Rande: Ist die Generation X wirklich ein Vorausläufer späterer Generationen? Stimmt es, dass mit der Generation X eine neue Zeit angebrochen ist und alle folgenden Generationen in ihren Fußspuren gehen? Wenn ja, dann hätte seine Studie nicht nur gegenwärtigen Wert. Jedoch ist es so, dass die Generation Y (oder die Generation @ wie Pfister sie nennt) in unseren Gemeinden heranwächst und bereits in unseren Bibelschulen und auf unseren Missionsveranstaltungen auftaucht. Es zeigt sich, dass diese Generation aber einen ganz anderen Ansatz hat. Dennoch ist Pfisters Buch für das Verständnis und die Motivation von der Generation X das beste, was ich im deutschsprachigen Kontext kenne. Hans Walter Ritter, em 2003-4. |
Pirolo, Neal. Berufen
zum Senden. Praktische Tips für verantwortungsbewußte Christen. Neuhausen: Hänssler, 1993. Wie kann eine Gemeinde Missionare wirksam unterstützen? Zu diesem wichtigen Thema gabes bisher kaum etwas auf Deutsch zu lesen. Pirolo bietet dazu eine Fülle hilfreicher Gedanken. Er unterscheidet sechs Bereiche der Unterstützung: Moralische Unterstützung, verwaltungstechnische Unterstützung (diese beiden Übersetzungen treffen nicht ganz, was gemeint ist, lassen es aber ahnen), Geld, Gebet, Kontaktpflege, Rückkehr. Ein Leitfaden für Gruppenarbeit zu jedem Kapitel soll die einzelnen erkennen lassen, wo ihre Gabe liegt und in welchem Bereich sie für einen Missionar Verantwortung übernehmen wollen. Bei dem Versuch der praktischen Anwendung wird allerdings deutlich, daß ein Buch, das ursprünglich für amerikanische Verhältnisse geschrieben ist, nicht einfach nur ins Deutsche übersetzt werden kann. Es müßte eigentlich neu geschrieben werden unter Berücksichtigung von Strukturen, Frömmigkeit und Theologie im deutschsprachigen Raum. Haben wir denn niemand dazu? Manches in dem Buch wirkt übertrieben: Es beginnt mit dem drastischen Beispiel einer jungen Frau, die sich nach einem Kurzzeiteinsatz das Leben nehmen will, weil ihr Pastor sie in der Gemeinde nicht berichten läßt. Integriert wird ein
Kapitel von Luis Bush über das 10/40 Fenster, dessen Text wenig
überzeugend ist, dessen 7 farbige Karten aber umso attraktiver sind. Leider
sind diese willkürlich mitten im „Leitfaden“ plaziert. (Dieses Kapitel ist auch als Sonderdruck bei OM, Pf
1561, D-74819 Mosbach gegen eine Spende erhältlich.) Christof Sauer, em 1994-3. |
Podobri, Martin. Transformation in Österreich. Kultur- und gesellschaftsrelevanter Bau des Reiches Gottes im freikirchlichen Kontext (Studien zu Spiritualität, Transformation und Gemeindebau in Österreich 1) Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2011. Wie können Freikirchen Österreich mit dem Evangelium verändern? Martin Podobri, Pastor der Mennonitischen Freikirche Linz, entfaltet in seiner Abschlussarbeit für das ITG (Institut für Theologie und Gemeindebau) ein ganzheitliches Missionsverständnis (19-42). Ein ebenso ganzheitliches Menschenbild, die Betonung einer biblischen Schöpfungs- und Gesellschaftsverantwortung und einer kontextualisierten Mission (42-53) stützen es. Haben Gläubige den Auftrag, die Gesellschaft zu verändern (53-56)? „Jeder Christ, der den Missionsauftrag ernst nimmt, wird seine Umwelt ebenso verändern, wie auf Dauer sündige Strukturen.“ (55) Es ginge hier nicht darum, ob wir gesellschaftliche Veränderung wollen, sondern um die Frage: „Wer verändert wen?“ (55) Wachsender Individualismus in Gemeinden zeigt, wie sie sich mit der Gesellschaft ändern. Vom ganzheitlichen Bild weicht das traditionelle Missionsverständnis österreichischer Freikirchen (56-64) ab, sowohl in Verkündigung und Umsetzung („kleine Rettungstrupps, die in die Welt hinausgehen, um das Verlorene zu finden“, 58) als auch einem dualistischen Gemeindeverständnis. Die prägendste Epoche der politischen und religiösen Geschichte Österreichs (65-90) sieht der Autor in der Gegenreformation, die den Ländern großen Schaden und ihrer verbliebenen Bevölkerung eine anhaltende Neurose vermachte (105): „Die Gegenreformation kann als das dunkelste Kapitel in der Geschichte Österreichs bezeichnet werden . . .“ (68). Hier schießt der Autor rhetorisch unglücklich übers Ziel hinaus: Die Gräuel des Nationalsozialismus sind ihm bekannt (71, 99). Die österreichische Kultur und Mentalität (90-114) ist anders als die deutsche und schweizerische eine Schamkultur (98-99). Erwin Ringel diagnostizierte den „österreichischen Minderwertigkeitskomplex“ (100-105) bzw. „die österreichische Neurose“. In jüngster Zeit halten Postmoderne, Globalisierung und Pluralismus Einzug, nur noch 65% der Österreicher gehören der römisch-katholischen Kirche an. Die Geschichte der evangelikalen Freikirchen in Österreich (115-134) wird an vier Gemeindebünden und ihren diakonischen Initiativen illustriert. Wachstum entstand im gemeinsamen Streben nach Gesellschaftsrelevanz und Kreativität in der Weitergabe der guten Nachricht. Podobri kritisiert Freundschaftsevangelisation (135-139) und Gemeindegründungsinitiativen (139-141), gegen die er das Vorbild der Täufer (144-148) hält, die sich durch eine kontextualisierte Botschaft, aktive Frauen, vorbildlichen Lebenswandel und ein völlig anderes Kirchenverständnis auszeichneten. Die evangelikale Bewegung hat in den letzten Jahren erkannt, dass sie über die konfessionellen Grenzen bis in die Großkirchen hinein besteht (148-151). Sie muss nun eine adäquate Antwort auf die österreichische Volksfrömmigkeit (151-153) finden und sich vermehrt diakonisch engagieren, denn Gemeinden, die sich diakonisch engagieren, sind zugleich auch vielfältiger, einladender und offener für neue Besucher (153-157). Konsequenzen (157-206), gemeint ist eine Umsetzung biblischer Werte in Kirche und Gesellschaft, entstammen „[der] Einkehr des göttlichen Friedens“ (158) und der neuen Identität in Christus (160). Häufige Gemeindespaltungen und Identitätsstiftung durch Abgrenzung werden unnötig. Harmoniebedürftige ÖsterreicherInnen lernen, mit Spannungen zu leben, Lob auszudrücken, jüngere Gläubige mitgestalten zu lassen und Leiterschaft als Dienst, nicht Macht, zu verstehen. Einheimische Leiterschaft (166-175) führt zu stärkerer Kontextualisierung. In Bezug auf Geistliche im Angestelltenverhältnis zeigt eine Untersuchung von Joe Ziska: „2006 hatten nur mehr drei [von 53 befragten] Gemeinden einen österreichischen Pastor und eine Frau war teilzeitlich angestellt.“ (167) Die Anstellung von ÖsterreicherInnen scheitert oft an Geldmangel, der sich in einem der reichsten Länder der Erde nur irregeleiteten Prioritäten verdanken könne. Ebenso wichtig ist die Wiederentdeckung der Jüngerschaft (175-180) und die Übernahme sprachlicher und kultureller Elemente (180-188). Christen sollen ihre gesellschaftspolitische Verantwortung wahrnehmen (188-193), ihr „gelebtes Bekenntnis“ (193-198) führt zu Gemeindegründungen (198-200). Modelle eines Paradigmenwechsel (200-205) sind das sozialdiakonische Projekt I-Punkt in Traun und die Gemeindegründungen Vision für Österreich. „Transformation in Österreich“ ist eine – mit dem G. W. Peters-Förderpreis ausgezeichnete – wissenschaftliche Abschlussarbeit, wie wir nicht nur an 811 Fußnoten und 31 Seiten Literaturangaben erkennen. Der Forschungsstand zu österreichischen Freikirchen, die wenige Promille der Bevölkerung stellen, ist verständlicherweise gering, daher wertet die Arbeit auch unveröffentlichte Diplomarbeiten und Dissertationsvorberichte aus. Sie eröffnet aussichtsreiche Fragestellungen für weitere Studien, die etwa auch Gemeindebewegungen untersuchen, die traditionell ohne Hauptamtliche auskommen. Wünschenswert wäre weiters eine Auseinandersetzung mit Themen wie dem Bürgerkrieg, der sich bis heute in der parteipolitischen Aufteilung der zweiten Republik auswirkt, dem Verhältnis zum Tod (siehe dazu Rachel Olney, How Can The Resurrection Hope of 1 Corinthians 15 Be Appropriately Contextualised for Contemporary Austria? Unveröffentlichte Bachelorarbeit, Oak Hill College, London 2009) und den verbreiteten Haltungen wie Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Verdrängung des Holocausts. Wie wirken sich diese österreichischen Spezifika auf Praxis und Theologie der Freikirchen aus? Interessant wäre auch eine Auseinandersetzung mit der soziologischen Forschung, die nahelegt, dass anhaltender gesellschaftlicher Wandel eher nicht von unten oder aus der Peripherie der Gesellschaft, sondern aus dem Zentrum und von den Eliten kommt (z.B. James Davidson Hunter, To Change the World. Oxford University Press: New York, 2010). Der Umstand, dass die Reformation in Österreich sich letztlich nicht, oder nur zu einem geringen Teil halten konnte, wäre ein Beleg für diese These. Interessanterweise nähert sich Podobri mit seinem Konzept des „gelebten Bekenntnis“ Hunters „faithful presence“ an. „Transformation in Österreich“ ein herausforderndes Buch für alle, die im österreichischen Kontext die gute Nachricht von Jesus Christus bekannt machen wollen. Der Autor schreibt flüssig und gut lesbar gegen ein Missions- und Glaubensverständnis an, das wesentliche Aspekte des Menschseins in Gottes wertvoller Schöpfung verleugnet. Er hat Recht: Es gibt zu wenig Verständnis der eigenen Kultur. Martin Podobri hält der Evangelikalen Bewegung in Österreich einen Spiegel vor, der nachdenklich macht. Ist der göttliche Friede wirklich noch nicht in den Freikirchen eingezogen? Suchen sie „neue Wege“, gilt für sie: „Liebe macht erfinderisch.“ (120)? Christian
Bensel, em 2012-4. |
Pohlmann, Karl-Friedrich.
Die Entstehung des Korans. Neue
Erkenntnisse aus Sicht der historisch-kritischen Bibelwissenschaft,
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2012. Karl-Friedrich Pohlmann legt einen Diskussionsbeitrag zur Entstehung des Korans vor, der ausdrücklich aus der Perspektive der historisch-kritischen Bibelwissenschaft geschrieben ist. Dadurch ist sein Buch vor allem durch zwei weichenstellende Aspekte gekennzeichnet. Zum Einen fragt er insbesondere nach der Entstehung(sgeschichte) des Korans. Zum Anderen setzt er für die Beantwortung dieser Frage mit den „bei der Erforschung der alttestamentlichen Prophetenbüchern bewährten historisch-kritischen Untersuchungsmethoden“ (S. 9) ein. Diese Aspekte beschreiben den wesentlichen und zur Reflexion und Diskussionen anregenden Beitrag Pohlmanns auf zusammenfassende Art und Weise. Nach einigen Vorbemerkungen und einer Hinführung (S. 9-17) stellt Pohlmann zunächst den Diskussionsstand hinsichtlich einer wissenschaftlich editierten historisch-kritischen Textausgabe des Korans (S. 19-25) sowie wesentliche Positionen zu der Frage nach Mohammed und der Entstehung des Korans (S. 25-39) dar. Darauf folgt ein Überblick über bibelwissenschaftliche Methoden und Erkenntnissen für die Erforschung alttestamentlicher Prophetenbücher (S. 41-54), bevor er sich einzelnen Fragestellungen und Textpassagen des Korans zuwendet (S. 55ff). Dabei reflektiert der Verfasser zunächst einige Beobachtungen zu Formen der Gottesreden im Koran und Textbearbeitungen nach dem Prinzip der Wiederaufnahme (S. 59-81). Die detaillierte Auseinandersetzung mit einzelnen Themen, nämlich mit den Iblis/Satan-Texten (S. 81-146), den Versionen der Moseerzählung (S. 146-168) und den Aussagen über Rolle und Rang Jesu (S.168-186) nehmen einen wesentlichen Teil des vorliegenden Buches ein. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen fasst Pohlmann auf den abschließenden Seiten (S. 187-194) zusammen. Die detaillierte Auseinandersetzung mit einzelnen Themen (S.81-186) stellt einen großen Teil des Buches dar, soll hier aber nicht weiterführend diskutiert werden. Dem Leser sei die Lektüre der jeweiligen Passagen empfohlen, um die detaillierte Vorgehensweise Pohlmanns nachzuvollziehen. Zweifellos wird man an vielen Stellen gute Beobachtungen und Deutungsmöglichkeiten der Phänomene entdecken, die zum Nachdenken und zur Diskussion anregen. Dazu zählen nicht zuletzt die Überlegungen zu den Formen der Gottesreden im Koran, auch wenn die Unterschiede zwischen Ich-, Wir-Rede Gottes und den Er-Berichten vielleicht nicht so eindeutig auf verschiedene Personenkreise als Verfasser verweisen müssen, wie es Pohlmann behauptet. Die Eindeutigkeit dieser Ergebnisse ist dabei wohl weniger in der Evidenz (also bei den Texten) zu suchen als bei den Voraussetzungen Pohlmann. Deswegen soll im Rahmen dieser Rezension der Blick vor allem auf grundsätzliche Aspekte des vorliegenden Projektes gelenkt werden. Durch seine Vorgehensweise sollen „Hintergründe für die Vielschichtigkeit der Schriften … aufgedeckt und zugleich wesentliche Verständnisbarrieren im Blick auf die Aussageanliegen abgebaut werden“ (S. 15). Dies ist in der alttestamentlichen Forschung gelungen und steht für die Erforschung des Korans nach Pohlmann noch aus. Die Befreiung von traditionellen Vorgaben und von der Voraussetzung, dass der Text selbst zuverlässige historische Daten und Anhaltspunkte liefert, ermöglichte in der alttestamentlichen Forschung erst eine ergebnisoffene Arbeit mit und an den Texten (S. 39). Dieser Schritt wurde für den Umgang mit dem Koran in der Form noch nicht vollzogen und Pohlmanns Arbeit will hier einen Weg weisen. Die detaillierten Textdiskussionen dienen auf dem Hintergrund der methodischen Vorüberlegungen Pohlmanns der Veranschaulichung und Beweisführung, dass die vorgeschlagene Anwendung historisch-kritischer Methoden alttestamentlicher Prophetenbuchforschung auf koranische Texte sowohl nachvollziehbare wie auch überzeugende Ergebnisse liefert. Sie sind ein Versuch „unabhängig von den Vorgaben der Tradition und somit auch unabhängig von der heute überwiegend von Nöldeke beeinflussten traditionellen Koranforschung zu analysieren und aufzudecken, welche Textfolgen als literarisch-redaktionell konzipiert einzustufen sind“ (S.187). Nach Pohlmanns Verständnis ist sein Versuch gelungen, weil er zeigen konnte, dass einzelne Texte und Textpassagen nicht mehr in der Zeit Mohammeds zu verorten sind (S.193). Vielmehr identifiziert er hiermit Hände einer Redaktionsarbeit, die „koranisches Textgut … betreuten, kontrollierten, theologisch reflektierten und so auf dem Wege kreativer Relecture Korrektur- und Ergänzungsbedarf wahrnahmen, also Textfolgen mit neuen Aussagerichtungen konzipierten und kompilierten“ (S.194). Die eingeforderte Unabhängigkeit ist ein wesentliches Anliegen Pohlmann, das wiederholt zur Sprache kommt. Die westliche Islamwissenschaft folge „immer noch“ (S. 51) oder „weiterhin“ (S. 53) den traditionellen Vorstellungen und habe diese Unabhängigkeit noch nicht erreicht bzw. praktiziere sie nur inkonsequent (S. 53). Somit stellt der Verfasser sich mit seinen Untersuchungen sowohl der muslimischen Tradition als auch der westlichen Islamwissenschaft entgegen, die „bis in die Gegenwart an den Sichtweisen und Ergebnissen von GdQ I-III [Nöldeke Geschichte des Qoran, Band I-III; H.W.] orientierten bzw. damit den Vorgaben der islamischen Tradition Rechnung tragen“ (S. 28). Die fehlende Unabhängigkeit bisheriger Forschungen verhinderte nach Pohlmanns Ansicht eine ergebnisoffene Forschung (vgl. S. 39). Zu Recht stellt Pohlmann die Frage, was tragfähige Kriterien sein können, welche die (zeitliche und redaktionelle) Einordnung der Texte ermöglicht. Seine grundlegende Überzeugung dokumentiert sich in der von ihm als „sicheren Kriterium“ dokumentierten Perspektive: nimmt ein Text vorgegebene Textanteile auf, bearbeitet und ergänzt diese, dann liegt ein „literarisch konzipiertes, ja kompiliertes Textgebilde“ vor, „für das nicht mehr ein Prophet und Verkündiger Mohammed als verantwortlich in Frage kommen kann“ (S. 53). Wir sehen vielmehr die Arbeit eines „schriftgelehrten Exegeten“, was eine Wandlung Mohammeds voraussetzen würde. Hier stoßen wir wohl auf eine grundlegende Voraussetzung der Forschungen Pohlmanns, nämlich die kategoriale Unterscheidung von Prophet/Verkündiger und schriftgelehrter Textbearbeitung. Wer sich mit Pohlmanns Thesen auseinandersetzen will, kommt an dieser weichenstellenden Prämisse nicht vorbei. Fragt man nach der konkreten Evidenz für die Redaktionstätigkeit, so verweist Pohlmann für das AT auf „buchkonzeptionelle Inkongruenzen, unterschiedliche theologische Akzentuierungen, sprachlich-stilistische Auffälligkeiten, Dubletten etc.“ (S. 15) und für den Koran auf Beobachtungen von Koranforschern wie Nagel, Nöldeke oder Watt, die auf Wiederholungen, Brüche in der Gedankenführung, Ungereimtheiten im Aufbau, Fehlen einer einheitlichen Ordnung oder auf den „oft sprunghaften Stil des Qorans“ verweisen (S. 16). Kurz gesagt: die Redaktion hat ausreichend „Spuren“ hinterlassen, sodass spätere Generationen deren Handschrift identifizieren können. Auf diesem Hintergrund ist Pohlmanns Buch zu lesen. Das Interesse an der Fragestellung zeigt sich daran, dass bereits ein Jahr nach dem Erscheinen eine (unveränderte) Neuauflage vom Verlag angekündigt ist. Dies ist sicherlich nicht nur der ausgewiesenen Kompetenz des Verfassers bei der Beschäftigung mit alttestamentlichen Prophetenbüchern geschuldet. Die Fragestellung und deren angemessene Forschung sind für viele von besonderem Interesse. Karl-Heinz Pohlmann liefert dazu einen wichtigen und anregenden Beitrag. Prof.Dr. Heiko Wenzel, em 2013-1. |
Poll,
Evert W. van de. Sacred Times for Das vorliegende Buch, eine 2008 von der ETF Leuven angenommene Dissertation, untersucht die Praxis und missiologische Bedeutung der Feier jüdischer Festtage in der messianisch-jüdischen Bewegung. Der Autor ist baptistischer Missionar und Pastor in Frankreich und steht der von ihm untersuchten Bewegung mit Sympathie gegenüber. Der Autor gibt zunächst einen Überblick über die Entstehung der jüdisch-messianischen Bewegung von der jüdischen Emanzipation (schrittweise Beendigung der Diskriminierung und bürgerliche Gleichstellung der Juden in Europa im Zuge der Aufklärung) bis zur Gegenwart (Kap. 2 und 3; 31-192): Die Emanzipation brachte ein Ende der Zwangschristianisierung und ermöglichte den Anfang christlicher Mission unter Juden im Zusammenhang des Pietismus und des Aufbruchs der klassischen Missionsgesellschaften nach William Carey. Aus diesen Missionsbemühungen entstanden im 19. Jahrhundert – auch angesichts von Antisemitismus und Assimilationsdruck – in Europa, Nordamerika und Palästina eigenständige Gruppen und Gemeinden „hebräischer Christen“, die Vorläufer des heutigen messianischen Judentums. Der Autor richtet sein Augenmerk hier vor allem auf den Umgang der Bewegung mit der jüdischen Festpraxis und auf die theologischen Fragen, die im Rahmen dieser Entwicklung diskutiert worden sind, wie die Frage nach der Wiederherstellung Israels (restorationist eschatology) und der Rolle der Beachtung der Thora. Es wird gezeigt, dass die „hebräischen Christen“ im Blick auf die Umsetzung der jüdisch-religiösen Praxis, abgesehen von der Passah-Feier, meist eine „minimalistische“ Position vertraten (86) und einer Integration z.B. der Sabbat-Beachtung in den Gemeinden kritisch gegenüberstanden, da sie die Rechtfertigungslehre unterhöhle und die Einheit der Kirche gefährde. Auch die Verdrängung des eigenen, oft orthodox-jüdischen Hintergrunds habe hier eine Rolle gespielt. Dennoch habe man begonnen, einzelne jüdische Traditionen, wie z.B. Gebete, zu integrieren, um neuen Konvertiten den Zugang zu erleichtern. Damit sei auch das grundlegende theoretische Interesse an den biblisch-jüdischen Festen und der Sabbat-Feier gewachsen, obwohl die Feste abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen nicht praktisch begangen worden seien. Zu einer wachsenden Praxis jüdischer Festtage sei es erst mit dem Aufkommen der jüdisch-messianischen Bewegung seit Ende der 1960er Jahre gekommen. Dieser Neuanfang der Bewegung sei auf dem Hintergrund der Shoa geschehen, des nationalsozialistischen Genozids an der jüdischen Bevölkerung in Europa, der zwar zusammen mit der sonstigen jüdischen Bevölkerung auch die hebräisch-christlichen Gemeinden fast ausgelöscht, andererseits aber die Identifikation der überlebenden hebräischen Christen mit dem Judentum deutlich verstärkt habe. Zum eigentlichen Neuanfang der Bewegung kam es jedoch von ganz anderer Seite her, und zwar im Rahmen der Jesus-People-Bewegung unter den Hippies in Kalifornien Ende der 1960er Jahre. Etwa 30% der bekehrten Studenten und Jugendlichen seien jüdisch gewesen. Diese Anfänge hätten zunächst in den USA, dann auch in Europa und Israel zu einem großen zahlenmäßigen Aufbruch und einer Revitalisierung und Verschmelzung mit der älteren Bewegung geführt. Erst in diesem Zusammenhang habe sich nun auch immer stärker die Praxis der Feier jüdischer Feste als Ausdruck jüdisch-christlicher Identität im Unterschied zu nicht-jüdischen Christen entwickelt und sei zum Durchbruch gelangt. Dabei betonten jüdische Christen, dass es sich dabei weniger um jüdische, als „biblische Feste“ handelt – im Unterschied zum christlichen Festkalender, der nachbiblisch ist. In der Bewegung ließen sich drei Sichtweisen unterscheiden: 1. messianische Juden sollen nur die biblischen (und nicht die christlichen) Feste begehen, 2. sie können darüber hinaus auch die christlichen Feste feiern, 3. auch nichtjüdische Christen sollten zu den biblischen Festen zurückkehren (179). Das 4. Kapitel (193-288) bietet eine detaillierte Analyse der liturgischen Festpraxis (Sabbat, Passah, weitere Feste). Untersucht wird der liturgische Kalender, die inhaltliche Bedeutung der Feste, die rituelle Praxis und die Motivation/ Ziele der Feiern. Das 5. Kapitel (289-361) diskutiert diese Praxis aus missiologisch-theologischer Perspektive. Der Autor belegt hier überzeugend seine These, dass der ausgesprochen missionarische Charakter der Bewegung, das Interesse und die Integration des jüdischen Erbes verstärkt hat und zu einer vertieften Inkulturation und Kontextualisierung geführt hat. Dabei versteht der Autor die messianisch-jüdische Festpraxis durchaus als Restoration jüdischer Wurzeln, aber mehr noch als Inkulturation im Kontext gegenwärtiger jüdischer Religion und Kultur mit dem Ziel, Juden zum Glauben an Jesus einzuladen. Die Feste seien einerseits „boundary markers“ gegenüber anderen christlichen Traditionen, vielmehr aber der Versuch, das Evangelium für jüdische Menschen vertraut und heimisch zu machen. Der Anhang des Buchs enthält eine komparative Tabelle biblischer, jüdischer und christlicher Feste, einen Namens- und Sachindex und eine Bibliographie. Ein empfehlenswertes Buch für alle, die sich näher mit der messianisch-jüdischen Bewegung und grundlegenden Fragen der Kontextualisierung und interkultureller Hermeneutik befassen wollen. Dr. Friedemann Walldorf, em 2009-2. |
Pollock, David C.; Ruth E.
Van Reken. The
Third Culture Kid Experience. Growing up among Worlds. Intercultural Press: Maine/USA, 1999. Vor einigen Wochen bekomme ich einen Brief aus Afrika. Die Absenderin empfiehlt mir wärmstens ein Buch. Ich bin überrascht, denn gerade bin ich dabei, genau dieses Buch zu lesen. Vor kurzem in Amerika erschienen, hat dieses Buch über Missionarskinder (MK) bereits ferne Winkel dieser Erde erreicht. So liegt eine Empfehlung in „em“ nahe. Schon der Titel „The Third Culture Kid Experience. Growing up among worlds“ beeindruckt mich. Er spiegelt meine Erfahrung wider, und ich war gespannt auf die Beschreibung. Als erwachsenes MK, mit einer denkbar guten MK-Vergangenheit, fühle ich immer noch eine innere Unrast. Mich in Deutschland festzusetzen, erscheint mir ‘verwerflich und komisch’. Wie verbindet sich dieses Lebensgefühl mit meinem Christsein? Eine Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Was ist Gottes Ruf? Ehrliche und direkte Sachlichkeit und viel So ein ein positiver Ansatz ist wohltuend. Es geht hier nicht um das inzwischen schon klassische ‘Problem MK’, sondern einfach um das (Er-)Leben von TCKs. Beim Lesen wurde ich oft 15, 25 ja 30 Jahre in die eigene Vergangenheit mitgenommen. Viel Erkennen unter Lachen und Weinen, verstanden werden, aufatmen - und dann ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit für die Mühe der Autoren bleiben mir schon nach dem ersten Lesen dieses Buches. Magdalene Hopp, em 2000-2. |
Porter, David (Hg.). The Word on the Box. Carlisle: Paternoster
Press, 1997. „Wenn jemand voraussagen wollte, wie die Radio- und Fernsehlandschaft in zehn Jahren aussieht, ist nur eines gewiß: Was immer jemand vorhersagen mag, es wird sich als falsch herausstellen“ (Justin Phillips, BBC). Dennoch wagen Philipps und vier weitere in der britischen Medienszene bekannte Fachleute Analysen und Prognosen. David Porter hat redaktionell bearbeitet, was die fünf im Mai 95 in den ‘London Lectures’ des ‘Institute of Contemporary Christianity’ zusammengetragen haben. Auch wenn die Redner bzw. Autoren ausschließlich von Erfahrungen und Trends ausgehen, die britische Radio- und Fernsehsendungen betreffen, bleibt es dem Leser in Zentraleuropa überlassen, Vergleiche anzustellen mit dem heimischen „Markt“. Daß die Veranstalter von Radio- und Fernsehsendungen ihr Publikum als großen Markt betrachten, erfahren inzwischen ja auch wir zur Genüge. Robert McLeish (Ausbildungsleiter bei BBC) stellt die Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk Diener oder Leiter ist. Die Antwort liegt auf der Hand: er ist beides; das begründet McLeish auch. Man wünscht sich sehr, daß sein Rat von verantwortlichen Medienleuten befolgt wird: „Glaubwürdigkeit ist wichtiger als die Kosten.“ Eine leitende Funktion haben Radio und Fernsehen, weil sie nicht nur zu berichten haben über das Was, Wann und Wo, sondern auch über das Wie und Warum. Aufschlußreich ist J. Philipps mit seinem Beitrag „Sind ‘mehr Nachrichten’ eine gute Nachricht?“ Er nimmt Stellung zu der auch hierzulande bekannten Abhängigkeit von der Einschaltquote und dem sträflichen Vergehen der Verantwortlichen, nicht Inhalt und Qualität einer Sendung gelten zu lassen, sondern die Einschaltquote zum alleinigen Gradmesser zu machen. Auf dem Symposium wurde auch über die künftige Entwicklung der elektronischen Medien gesprochen. Nur wenige wissen in Großbritannien (und auch bei uns), was auf die Gesellschaft zukommt. Die meisten ahnen nichts von der elektronischen Revolution, die längst begonnen hat. Christen müssen aufpassen, daß die Entwicklung nicht an ihnen vorbeiläuft! Im letzten Beitrag wird die Frage gestellt, ob „religiöse Sendungen“ für die ganze Nation geeignet sind oder nur für ein Ghetto. Diese Überlegungen sind uns nicht unbekannt. Tim Dean (Commissioning Editor, BBC World Service) warnt z. B. davor, die Redaktion religiöser Sendungen Leuten zu überlassen, die keine Ahnung von der Sache haben. Weiter warnt er davor, religiöse Themen ihrer geistlichen Inhalte zu entleeren bzw. den Glauben nicht ernstzunehmen, den es zu vermitteln gilt. Diese fünf Vorträge von 1995 haben kaum etwas von ihrer Aktualität eingebüßt. Wer wissen will, was Christen in England über „ihren“ Rundfunk denken, und daraus Schlüsse ziehen möchte für unsere Medienlandschaft, der sollte zu diesem Buch greifen. Man wünschte sich vergleichbare Überlegungen auch für Radio und Fernsehen in unserem Land. Horst Marquardt, em 1998-1. |
Poston, Larry. Islamic
Da’wah in the West. Muslim Missionary Activity and the Dynamics of Convention to Islam. New York / Oxford:
Oxford University Press, 1992. Dieses Buch ist eine der wenigen gelungenen Darstellungen muslimischer Missionstätigkeit in der westlichen Welt. Zum Titel muß allerdings einschränkend bemerkt werden, daß Poston unter „the West“ eigentlich nur die USA versteht, deren Boden ca. 1717 die ersten muslimischen Sklaven betreten haben. Gelegentlich wirft Poston einen Blick auf die Situation im benachbarten Kanada; die muslimische Mission in Europa behandelt das Buch jedoch nicht. Erfreulicherweise geht
es in diesem Buch nicht nur oberflächlich um islamische Missionsstrategien,
sondern auch um deren theologischen Hintergrund. Grundsätzlich war in der
Vergangenheit islamische Missionsarbeit dadurch gekennzeichnet, daß der ‚Ruf
zum Islam’ an Nichtmuslime nur dort erging, wo das entsprechende Gebiet zuvor von muslimischen Truppen durch den jihäd erobert worden
war, so daß sich der Islam als
‘Besatzerreligion’ in einer mächtigen Position befand. Christliche
Missionare kamen dagegen vorwiegend in der unterlegenen
Position des Gastes in oft feindlich
gesonnene Länder und versuchten, in einer nichtchristlichen Umwelt einzelne Menschen zum Übertritt zum Christentum zu bewegen. So
bedeutete der Übertritt zum Islam in der Regel Anpassung und Vergünstigung, der Übertritt zum Christentum dagegen
Auflehnung gegen das eigene Volk und Land und häufig Verfolgung. Daß
Muslime in den USA heute nicht in dieser
politisch überlegenen Position sind, führt sie zu neuen Missionsstrategien. Interessant und kenntnisreich ist ferner Postons Analyse sunnitischer und schiitischer muslimisch - missionarischer Gruppierungen. Ihre Wurzeln verfolgt er bis in ihre Herkunftsländer, die die amerikanische muslimische Mission teilweise erheblich unterstützen. Die Darstellung der ägyptischen Muslimbruderschaft und der pakistanischen Anhängerschaft Abu 1-A’lä al-Maudüdis in den USA zeigt die doppelte Stoßrichtung muslimischer Mission auf: Sie möchte Muslime zum missionarischen Leben motivieren sowie Nichtmuslime vom Islam überzeugen. Dies geschieht durch verschiedene Missionsorganisationen - die Poston im einzelnen nennt und beschreibt - und ihre breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit. Aktive Mission geschieht vor allem durch Literatur, aber auch durch Vorträge, Koranverbreitung, Medienarbeit, Jugendlager, Gefängnisarbeit und ‘Freundschaftsevangelisation’ unter amerikanischen Christen (!). Nicht Polemik, sondern positive Überzeugungsarbeit ist auch für muslimische Missionare das Gebot der Stunde. Moscheen sind nicht nur Gebetsräume, sondern nehmen als islamische Zentren vielfältige Funktionen wahr. Sie stärken die muslimische Gemeinschaft nach innen und sind der Ausgangspunkt für verschiedene Aktivitäten nach außen. Den Abschluß des Buches bildet eine ausführliche Analyse der Hintergründe und Motive für die Bekehrungen zum Islam in Amerika, die sich unter anderem auf eine Befragung der ca. 5000 muslimischen Konvertiten in den USA gründet. Dr. Christine Schirrmacher, em 1995-4. |
Pousson,
Edward K. Spreading
the Flame -Charismatic Churches and
Missions Today. Grand Rapids:
Zondervan, 1992. Seitenlange Vorbemerkungen sowie etliche Leerseiten
zwischen den zehn Kapiteln lassen den eigentlichen Text dieser vom Fuller
Seminary angenommenen Dissertation auf 148 Seiten schrumpfen. Der Verfasser,
Edward Pousson, entstammt einer
unabhängigen charismatischen Gemeinde im Süden Louisianas (USA). Bevor er mit dem Theologiestudium begann, war
er als Missionar seiner Gemeinde in Haiti, Ghana
und Malaysia tätig. 1986 gründete er gemeinsam mit anderen die
Missionsagentur „Golf-Staaten“, die von einem Netzwerk charismatisch-unabhängiger
Gemeinden im Süden der USA getragen wird.
Sie gehört zur 1985 gegründeten US
- Charismatischen Dachorga „Spreading the Flame“ ist die erste Dissertation über die charismatischen Missionen. Diesem Unterfangen, eine Tür zu einem bisher missionstheologisch kaum beachteten Thema aufzustoßen, muß man Respekt zollen. Allerdings zeugen Wiederholungen (zB. 78, 83, 89, 107, 112) und redaktionelle Erläuterungen (zB. 114, 129, 136, 155) von einer nicht immer eindeutigen Gliederung. Der Lesefluß wird durch die den einzelnen Kapiteln jeweils angehängten Fußnoten zusätzlich erschwert. Eine Bibliographie fehlt leider völlig. Joost Reinke, em 1995-2. |
Powell, Philipp Wayne. Tree
of Hate. Propaganda and Prejudices Affecting
United States Relations with the Hispanic World. Ross House Books:
Vallecito CA, 1985. Ross House Books druckte 1985 das 1971 in einem großen säkularen Verlag (Basil, New York) erschienene Buch des kalifornischen Geschichtsprofessors Philipp W. Powell nach, in dem dieser versucht, die Legende zu widerlegen, die Spanier seien in der Kolonialisierung besonders grausam gewesen. Im Vergleich zu andern Völkern seien die Spanier, behauptet Powell, im Gegenteil sogar von ihren christlichen Wurzeln her oft eher für einen juristischen Schutz der Indianer eingetreten als andere Völker. Das riesige spanische Weltreich gehörte zu den stabilsten, friedlichsten und deswegen am längsten währenden Reichen der Geschichte. Diese Sicht beinhaltet auch eine Wertschätzung der Geschichte eines von der römischkatholischen Kirche geprägten Volkes und seines Anteils an der Welt- und Missionsgeschichte, die dem protestantischen Amerika sonst fremd ist. Die evangelikale Missiologie hat sich mit der katholischen Missionsgeschichte immer schwer getan. Dies wird besonders daran deutlich, daß sie sich auch kaum mit der ‘katholischen’ Missionsgeschichte vor der Reformation beschäftigt, also mit der Mission zu einer Zeit, als es protestantische Mission noch gar nicht geben konnte (vgl. dazu aber das Bestellangebot S.93). Die These Powells wird neuerdings auch von anderer Seite häufiger vertreten, und zwar auch immer stärker von den Betroffenen Einwohnern Südamerikas selbst (so etwa von Felipe Fernandez-Armesto: „Freispruch für den Angeklagten“. Rheinischer Merkur Nr. 26 vom 26.6.1992. S.19, ganzseitig). Thomas Schirrmacher, em 1993-3. |
Priest,
Doug Jr. Doing
Theology with the Maasai. Pasadena: William Carey Library, 1990. Priest war ein Jahrzehnt Missionar unter den Maasai in Kenya und Tanzania und hat die Maa-Sprache gelernt. Dabei war für ihn das Opferverständnis dieses Hirtenvolkes von zentraler Wichtigkeit. In seiner Studie stellt er nun missionstheologisch und anthropologisch das Opferverständnis im AT und NT dem Maasai-Verständnis und ihrer Opferpraxis gegenüber. Die Unterschiede zeigen sich an den jeweiligen positiven und negativen Funktionen der Opfer. Die positiven Funktionen biblischer Opfer sind auf Gott bezogen: Verehrung, Ergebenheit, Gemeinschaft, Danksagung, Selbsthingabe in Gebet und Leben, sowie Wohltätigkeit. Die negativen Funktionen dagegen betreffen die Sühnezwecke. Biblische Opfer involvieren tierische Opfer, materielle Gaben und reuevolle Herzen. Bei den Maasai sind Opfer Riten zur Kommunikation mit Gott, bei denen meist ein Tier geschlachtet wird. Ihre positiven Funktionen sind mit Verehrung Gottes und Danksagung verbunden, während negativ, wie in der Bibel, Sühne bezweckt wird. In einem weiteren Schritt versucht Priest durch verschiedene Methoden der Kontextualisierung das biblische Verständnis für die Maasai bedeutungsvoll zu machen. Ob ihm das gelungen ist, müssen Maasai beurteilen. Anderen Missionaren empfiehlt er, Riten, denen sie begegnen, erst einmal mit Umsicht und gründlich zu studieren, bevor sie ein Urteil darüber abgeben. Für die Maasai kommt er zum Ergebnis, daß nicht alle ihre Opfer abzulehnen sind, sondern einige auch weiterhin im Christentum praktiziert werden können, z.B. solche, die nur auf Gott ausgerichtet sind. Dies gilt jedoch nicht, wenn sie als Sühneopfer verstanden werden, weil Jesus das letzte Opfer ein für allemal war (Hebr 10,18). Darüberhinaus müsse den Maasai erklärt werden, daß der Segen Gottes nicht durch Opferverhalten erlangt wird, sondern alles aus Gottes Liebe stammt, die in seinem Wesen begründet ist. Ein wertvoller Beitrag für die Missionstheologie und die Arbeit unter den Maasai. Leonard Mtaita, em 1994-1. |
Raeder, Siegfried. Antworten auf den Islam. Texte
christlicher Autoren vom 8. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Neukirchener
Verlag: Neukirchen-Vluyn, 2006. Der unlängst verstorbene Professor für Kirchengeschichte und Lutherforschung an der Tübinger Evangelischen Fakultät hat in seinem letzten Werk eine umfangreiche Sammlung christlicher Verlautbarungen zum Islam aus 13 Jahrhunderten zusammengetragen. Das Buch ist nicht nur für einen historischen Blick in die Geschichte der christlich-muslimischen Kontroverse hilf reich, sondern bietet gerade auch durch die Beleuchtung der Vergangenheit Pespektiven für den heutigen Dialog. Nach einer Einführung in die Geschichte der christlich-muslimischen Kontroverse präsentiert Siegfried Raeder einige kürzere Korantexte, die dem Leser einen kleinen Einblick in die Rolle Muhammads, die koranische Beurteilung Jesu, sowie die islamische Auffassung von Sünde und Vergebung vermitteln. Im dritten und umfangreichsten Teil des Buches werden schließlich Texte christlicher Autoren über den Islam im (ins Deutsche übertragenen) Original zitiert. Es wird deutlich, dass über mehrere Jahrhunderte die christlichen Kirchen den Islam als „Kult der Ismaeliten“ oder „Vorläufer des Antichristen“ (Johannes von Damaskus, Mitte 8. Jh.) zwar polemisch ablehnten, aber sich nicht wirklich fundiert mit seinem Anspruch auseinander setzten. Der Islam galt als „primitiv“ und „lächerlich“, als „Häresie der Sarazenen“ (31), deren moralische Schwächen offensichtlich seien. Eine gründlichere Kenntnis des Islam ist erst ab dem Hochmittelalter zu verzeichnen. Einen Wendepunkt markiert die von dem Abt des Klosters Cluny, Petrus Venerabilis, 1142/1143 in Auftrag gegebene Koranübersetzung ins Lateinische, wurde doch jetzt die erste Quelle des Islam – der Koran selbst – zugänglich gemacht. Es war dies auch eine Zeit, in der die wissenschaftliche Überlegenheit des Orient für Europa offensichtlich wurde und der Gedanke der Notwendigkeit von Mission unter Muslimen Gestalt gewann (so z. B. bei Raimundus Lullus, 12321316). Siegfried Raeder fügt dieser Sammlung von Verlautbarungen aus den ersten Jahrhunderten repräsentative Stimmen der Christenheit bis zum 20. Jahrhundert hinzu (Martin Luther, Samuel Zwemer, Hendrik Kraemer). Schade, dass die neue „Handreichung“ der EKD „Klarheit und Gute Nachbarschaft“ vom Ende des Jahres 2006 nicht mehr in das im selben Jahr gedruckte Werk mit eingehen konnte und daher nur die ältere Fassung aus dem Jahr 2000 besprochen wird, die nach Raeders Auffassung „eher geneigt (war), Illusionen zu nähren als Klarheit zu schaffen“ (212). Man hätte auf die Beurteilung Raeders der neuen „Handreichung“ der EKD von 2006 gespannt sein können. – Insgesamt ein interessantes Studienbuch zur Geschichte der Begegnung zwischen Christentum und Islam. Prof. Dr. Christine Schirrmacher, em 2007-3. |
Raeder, Siegfried. Der Islam und das Christentum. Eine
historische und theologische Einführung. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener
Verlagshaus, 2001. Siegfried Raeder, Prof. em. für Kirchengeschichte an der Universität Tübingen, hat hier eine detaillierte, zweiteilige Studie zum Thema Islam und Christentum vorgelegt. In einem ersten Teil behandelt er die islamische Geschichte mit Ausblick auf einige islamische Länder in der Gegenwart, formuliert Grundzüge der islamischen Theologie, der Philosophie und Mystik und zeichnet Grundlinien des islamischen Rechts nach. In einem zweiten Teil widmet er sich dem Verhältnis zwischen Islam und Christentum und behandelt die einzelnen orientalischen Kirchen, die muslimisch-christliche Begegnung der ersten Jahrhunderte sowie einige der tiefgehenden theologischen Unterschiede zwischen beiden Religionen, die nicht zuletzt die Frage des Heils völlig unterschiedlich beantworten. Es ist Raeder gelungen, einen kompakten wie soliden Überblick über den Islam zu vermitteln, den er immer wieder im Spiegel des Christentums betrachtet. Deutlich erteilt der Autor dabei einer Religionsvermischung eine Absage, um den „Muslim einen Muslim und den Christen einen Christen sein zu lassen“. Ebenso deutlich kommt zum Ausdruck, dass der Islam ein ganz anderes, die Konvertitenverfolgung nicht ausschließendes Menschenrechtsverständnis hat. Geringfügige Ungenauigkeiten (z. B. Himmelfahrt Marias [54]; Unterscheidung zwischen Imamiten und Zwölferschiiten [49]; Gründung der al-Azhar im 10. statt im 11. Jh.; Glaubensbekenntnis nicht korrekt [98]) schmälern den Wert der Studie in keiner Weise. Mehr zu bedauern ist es, daß das Thema „Koran“ nur hier und da ganz kurz gestreift, bzw. die Entstehungsgeschichte des Korans überhaupt nicht behandelt wird. Wenn daher für den Koran pauschal angenommen wird, es handle sich „um lauter authentische Worte Muhammads“ (211) - was nur für Muslime unumstritten ist - während einige von biblischen Texten selbst vorgenommene Datierungen und die Autorschaft einzelner Bücher als ‘vermeintlich bibeltreu’ abgelehnt werden, dann scheinen hier unterschiedliche Maßstäbe angelegt worden zu sein; eine Ausleuchtung der Textgeschichte des Korans hätte durchaus Ansatzpunkte zu umfassender Textkritik geboten. – In jedem Fall ein wertvolles Lehr- und Studienbuch zum Islam aus christlicher Perspektive. Dr. Christine Schirrmacher, em 2003-1. |
Ramachandra, Vinoth. Gods That Fail. Modern
Idolatry and Christian Mission. Carlisle (GB): Paternoster Press, 1996. Suchen Sie etwas Erholsames für den Urlaub? Eine erbauliche, erfrischende Lektüre? Lassen Sie dann dieses Buch lieber im Schrank stehen. Ramachandra möchte uns nicht auferbauen, sondern beunruhigen. Er möchte uns nicht dazu ermutigen, wie bisher weiterzumachen, sondern die Botschaft unserer evangelistischen Arbeit in Frage stellen. Die Welt fordert von uns Relevanz. Ramachandra fordert biblische Wahrheit. Der moderne Mensch hat sich zu seinem eigenen Götzen erklärt. Die Botschaft der christlichen Mission tendiert oft dahin, den Götzen zu ernähren, anstatt ihn zu zerstören. Glaube ohne Buße wird zum Mittel, um materiellen Segen und eine jensseitige Lebensversicherung zu erlangen und ist nicht mehr dankbare Hingabe an den Gott, der sich im Leben, im Tod und in der Auferstehung Jesu Christi offenbart. So wird ein Privatglaube gepredigt, der uns selber ergötzt, nicht aber die biblische Botschaft, die Konsequenzen fordert sowohl für unser privates Leben als auch für das öffentliche Leben, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft miteingeschlossen. Es ist laut Ramachandra das Versagen der westlichen Thelogie, daß Gott von dem Platz verdrängt (displaced) wurde, der ihm gebührt. Nicht die Person und das Werk Jesu Christi stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit westlicher Theologen, sondern die Forderungen des Rationalismus und der philosophischen Apologetik. Die Naturwissenschaften, die ihre Berechtigung aus dem biblischen Schöpfungsbericht ableiten, werden zur Begründung der Theologie herangezogen. Dadurch verliert die Theologie ihren Sinn und ihre Vollmacht, die Naturwissenschaften verlieren ihre Grundlage, ihre Moral und ihren Halt. Ramachandra will uns zeigen, wie das christliche Abendland sich von der Schrift entfernt hat, und möchte uns zu einer biblischen Weltanschauung zurückführen. Er untersucht die Entfernung von der Schrift durch die verschiedenen Philosopien und erläutert den Einfluß von Marx und Freud auf das christliche Denken, sowie die Unterschiede ihrer Ansätze zur biblischen Offenbarung. Damit liefert Ramachandra einen wichtigen Denkanstoß für die moderne Gemeinde Jesu. Cambron Teupe, em 1998-2. |
Rapold, Walter F. Der Gott, der abends heimkommt. Die
Inkulturation des christlichen Gottesbegriffs in Rwanda durch Ernst Johanssen
(1864-1934) anhand der Imana-Vorstellung. Volketswil, 1999. Das vorliegende Buch ist die von der Universität Freiburg/Schweiz 1997 im Fach Missionswissenschaft angenommene Dissertation Walter Rapolds, der 1975-79 und 1986-92 in Butare Theologie unterrichtete. Es ist ein beeindruckender Beitrag zur kontroversen Diskussion über afrikanische Gottesbilder, der von der Entscheidung des Betheler Missionars Ernst Johannssen ausgeht, Gott nicht, wie es die vor ihm angekommenen katholischen Missionare getan hatten, mit dem aus dem Swahili übernommenen Wort Mungu zu übersetzen, sondern mit dem Kinyarwanda Begriff Imana (worin ihm 60 Jahre später die katholische Kirche folgte). Die Arbeit profitiert davon, dass der Autor alle drei nötigen Quellensprachen beherrscht. So kann er sowohl eine über das bisher geleistete hinausgehende Darstellung des Lebens und Denkens Johanssens geben als auch alle vorhandenen Quellen über Imana verwenden und neue nutzen. In diesem Prozess setzt er sich mit zwei Extrempositionen auseinander, zum einen mit Bernardin Muzungu, der unter Nutzung der scholastischen Theologie in den traditionalen Imanabegriff zu viele Elemente rückwirkend hineininterpretiert und mit André Coupez, der das traditionale Verständnis Imanas auf eine diffuse Kraft, praktisch immer mit „Chance“ übersetzbar, reduziert. Rapold argumentiert, dass Johanssen Gott nicht mit Imana übersetzt habe, sondern Imana, im Sinne Paul Ricoeurs, als Metapher verwende, die das traditionale Gottesverständnis mit dem christlichen in Beziehung setzt (S. 434f) und dadurch eine Neuprägung des Begriffs und seine Bereicherung ermöglicht, ein Prozess, der auch stattgefunden hat, sichtbar daran, dass rwandesische Theologen wie Alexis Kagame weite Bereiche des christlichen Gottesverständnisses in die traditionale Zeit zurückprojizieren. Nach ausführlicher Darstellung und Diskussion der Quellen und der unterschiedlichen Interpretationen fragt Rapold, ob die Wahl Imanas für Gott berechtigt und geschickt gewesen sei. Er antwortet, dass Johanssen überlegt und mit guten Gründen den eher diffusen Begriff Imana gewählt habe und die (von Johanssen vorausgesehene) Anreicherung und Korrektur des Imanaverständnisses auch tatsächlich stattgefunden habe, wenn auch einige nichtchristliche Vorstellungen (z.B. Imana als unabwendbares und oft willkürliches Schicksal) noch Wirkmächtigkeit behalten haben. Rapold beklagt aber, dass in diesem Prozess die starken dynamischen Aspekte des Imanaverständnisses nicht genügend bewahrt worden seien, was durch eine Aufnahme des Ruach-Verständnisses im AT gut hätte geschehen können. Rapold schliesst daraus, dass es rückblickend vielleicht besser gewesen wäre, wenn Johanssen für Gott Vater das Wort Rurema (oft als Schöpfer gesehen und nicht klar von Imana getrennt) genutzt hätte und Imana, der ja stark als Kraft gesehen wurde, als Metapher für Gott den Heiligen Geist genommen hätte. Da es für eine Änderung zu spät ist, empfiehlt Rapold, in Predigt und Lehre dem Heiligen Geist und seiner Kraft (aufbauend auf Ansätzen aus der Ostafrikanischen Erweckung und aus der Charismatischen Bewegung) besondere Aufmerksamkeit zu schenken und dazu geeignete Linien aus dem traditionalen Imana-Verständnis zu nutzen. Ich empfehle das Buch gerne allen, die Johanssen oder Rwanda besser kennenlernen wollen, aber besonders denen, die sich mit den Möglichkeiten des afrikanischen Gottesverständnisses genauer auseinandersetzen wollen. Um die grosse Arbeit besser zugänglich zu machen, empfehle ich eine französische Ausgabe und ein Buch in Kinyarwanda (über vernachlässigte Aspekte des Imanaverständnisses). Es wäre auch eine Erleichterung gewesen für die Leser, wenn englische und französische Zitate ins Deutsche übersetzt worden wären. Das Buch kann direkt bei der Buchhandlung des Studienzentrums der AEM, Postfach 1129, 70807 Korntal, e-mail: icb@aem.de bezogen werden; für sFR. 49.90 bei W.F.Rapold@pop.agri.ch. Klaus Fiedler, em 2003-1. |
Raupp, Werner (Hg.). Gelebter
Glaube. Erfahrungen und
Lebenszeugnisse aus unserem Land. Ein Lesebuch. Metzingen: Franz, 1993. Der neueste Titel von G. W. Peters - Förderpreisträger Raupp enthält unter 49 biographischen Lese-Stücken zu württembergischen Glaubensvorfahren auch 7 zur Mission: Johann Martin Mack, Christian Gottlob Barth, Württemberg und Basel, Samuel Hebich, Johann Ludwig Krapf, Friedrich Autenrieth und Karl Hartenstein. Doch auch andere Beiträge erhellen den Hintergrund, aus dem ein wichtiger Beitrag zur deutschen Missionsarbeit hervorgegangen ist. Die aus Archiven und Büchern geschöpften Stücke sind teilweise zum Vorlesen in Missions- und Gemeindekreisen geeignet. Am meisten schmunzeln mußte ich über Hebich, vor dem sich ein englischer Major in Indien unter dem Sofa verkroch. Christof Sauer, em 1994-2. |
Raupp, Werner. Christian Gottlob Barth:
Studien zu Leben und Werk. Quellen und Forschungen zur württembergischen Kirchengeschichte Bd.
16. Calwer Verlag: Stuttgart, 1998. Christian Gottlob Barth gehört zu den großen Gestalten des württembergischen Pietismus, auch wenn er im Schatten seiner Zeitgenossen, Ludwig Hofacker (1798-1828) und Johann Christoph Blumhardt (1805-1880) steht. Wie Friedrich Hegel, Christian Friedrich Spittler und Wilhelm Hoffmann gehörte auch C.G. Barth, Schriftsteller, Pädagoge, Naturforscher und Verleger zu den Nachkommen der Glaubensflüchtlinge, die in Württemberg eine neue Heimat fanden. Durch ein gründliches Quellenstudium rückte Raupp mit diesem hervorragenden Buch den Vertreter der Erweckungsbewegung in ein helleres Licht und schrieb ein bemerkenswertes Kapitel der reichen Geschichte des württembergischen Pietismus und der deutschen Erweckungsbewegung. Nach einem allgemeinen Überblick, der bis zu seinem Tod (1862) reicht, schildert Raupp das Leben des die Grenzen des württembergischen Königreichs überschreitenden Barth. Im zweiten Kapitel beschreibt Raupp kritisch als Barths traditionsgeschichtlich-biographisches Umfeld den klassischen Pietismus ablösenden württembergischen Spätpietismus (ca. 1780-1815) von der Zeit der Französischen Revolution bis zur Neugliederung Württembergs nach Napoleon. Die ersten 25 Lebensjahre lassen sich in drei große Phasen einteilen: Kindheit und Jugendzeit in Stuttgart, wo Barth durch das Elternhaus und den Pietismus unauslöschliche Eindrücke empfängt. Dem folgt die Studienzeit in Tübingen (1817-1821) im Evangelischen Stift, einer der wichtigsten Keimzellen der württembergischen Erweckung und Ort einer hervorragenden Ausbildung. Im Schlußkapitel stellt Raupp als zweiten Schwerpunkt Barths Werke, Lieder und Periodika in einer eindrucksvollen Weise dar und dokumentiert die große Arbeitskraft Barths und seine Wirkungsgeschichte. Das neue aus Literatur und Forschung gewonnene Barth-Bild geht weit über die bisherigen Hauptbiographien hinaus, indem es Barths theologische und missiologischen Werke kritisch untersucht und mit knappen Erläuterungen einführt. Es beschreibt den Volks- und Jugendschriftsteller, Dichter, Publizist und Verleger und zeigt Barth als „eifrigen Förderer der Naturwissenschaften“, wegen seiner „wohl in der Welt einzig dastehenden Sammlung von Exponaten aus dem Gebiet der Fauna und Flora, wie auch der Ethnologie und Paläontologie.“ „Gottes Reich in Stuttgart“ prägte das Denken dieses schwäbischen Querdenkers, der zeitlebens unverheiratet blieb, weil er keine Zeit zum Heiraten fand und vor untätigem „Quietismus“ warnte. Sein Blick ging jedoch weit über die Grenzen Württembergs hinaus. So wurde er zum Förderer der internationalen und die Konfessionsgrenzen sprengenden Basler Mission. Barth war eine schillernde Persönlichkeit. Der imposante und bewunderte „Reich-Gottes-Streiter“ galt als „Sonderling“ und „pietistischer Zyklop“. Er war geistreich und entschlossen und weihte sein Leben „der Verherrlichung des Wortes Gottes“. Barth war überzeugt: „Gottes Reich kommt in Kürze“. Dem rational denkenden Theologen war „die ganze Bibel und nichts als die Bibel“, Standort seines Denkens, Handelns und Lebens. Durch eine „wunderbare Verwandlung“ entstehe der effektiv gerechtfertigte Mensch. Sich selbst bezeichnete Barth als „kleinen Gott“ und „als unnützer Knecht“, der „Gott helfen darf“, aber nicht einmal tue, was er zu tun schuldig sei. Der schwäbische Reich-Gottes-Arbeiter wurde zu einem der größten und bedeutendsten Unternehmer und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Über 600 Schriften und Beiträge, an die 250 veröffentlichten Lieder und über 50 Gedichte, sowie 9 Periodika, an denen er als Begründer und Fortführer maßgeblich beteiligt war, gehen auf ihn zurück. Die eigentliche Größe des mit einem Bein im theokratischen „Altwürttemberg“ und mit dem anderen im verweltlichenden „Neuwürttemberg“ stehenden Barth, war seine Glaubwürdigkeit. Sie machte Barth zum Vorbild eines pietistisch gesinnten Christen und zu einer der herausragenden Gestalt der Erweckungsbewegung der württembergischen Kirche und Landesgeschichte. Werner Raupp hat mit dieser gründlichen wissenschaftlichen Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Geschichte Württembergs und der gesamten Missionsgeschichte geliefert. Prof. Dr. Karl Rennstich, em 1999-4. |
Raupp, Werner. Mission in Quellentexten. Geschichte der
Deutschen Evangelischen Mission von der Reformation bis zur Weltmissionskonferenz Edinburgh 1910. Verlag der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell; Verlag der Evang.-Luth. Mission, Erlangen 1990. Mit diesem Dokumentarband ist endlich eine bereits seit Jahrzehnten (!) bestehende empfindliche Lücke der kirchengeschichtlichen und missionswissenschaftlichen Forschung geschlossen. Zum ersten Mal gibt es damit eine umfassende Zusammenstellung repräsentativer Quellen der Geschichte der älteren deutschen evangelischen Mission, die bekanntlich von der Reformation bis zu ihrem Einmünden in die internationale Missionsbewegung bei der Weltmissionskonferenz Edinburgh 1910 reicht, mit der das Zeitalter der Ökumene beginnt. Aus diesen vier Jahrhunderten hat der Herausgeber, der Kirchengeschichtler Werner Raupp, eine imponierende Fülle an Material zusammengetragen, das auch die Judenmission (z.B. S.448-455 Franz Delitzsch und Gustaf Dalman) und wirkungsgeschichtlich relevante außerdeutsche Beiträge (z.B. S.61-63 Hadrian Saravia; S.301-304 Hudson Taylor) einschließt. Mit Ausnahme der Beiträge des 16. und 17. Jahrhunderts werden die deutschsprachigen Texte im Original wiedergegeben; fremdsprachliche
Quellen – aus dem Lateinischen, Englischen,
Französischen und Jiddischen – sind übersetzt. Die Texte, die Raupp
mit einleitenden Erläuterungen hilfreich
kommentiert, umfassen Dokumente der
Missionstheorie (theologische und missiologische Konzeption, Vorträge, kirchliche Erlasse, Utopien) als auch der missionarischen Praxis (Erlebnisbe Einen verhältnismäßig breiten Raum finden Texte aus den missionslosen ‚saecula obscura’ (Vorwort S.ll), dem 16. (S.13-59) und dem 17. Jahrhundert (S.61-126), wobei die Reformatoren ausführlich zu Worte kommen. Bedeutsam aus diesem Zeitalter sind vor allem die Aufrufe und originellen Pläne von Para-celsus, Justinian von Welz und Arnos Comenius sowie der in Vergessenheit geratene erste protestantische Missionsversuch von 1557 in Brasilien. Aufschlußreich sind auch die im 17. Jahrhundert nicht verstummenden Einwendungen römisch-katholischer Kontroverstheologen, die die passive Haltung der evangelischen Kirchen zur Mission „zu Recht“ (Hg, S.71) heftig kritisierten. Repräsentativ sind auch die Texte des 18. Jahrhunderts (S.127-229). Sie umfassen neben Leibniz und den beiden ersten protestantischen Missionsgesellschaften, der Dänisch-hallischen und der Herrnhuter, unter anderem auch die Aufklärung (Semler, Reimarus) sowie die deutsche Klassik (Goethe, Herder). Das 19. Jahrhundert (S.231-462), das auch als das Große Missionsjahrhundert in die Geschichte einging, beginnt mit der deutschen Erstveröffentlichung von Auszügen aus William Careys klassischer Schrift Enquiry into the punkten, Arbeitsgebieten, Stellung des Missionars und Missionsstrategie gegenübergestellt. Dies führt abschließend zu einer Darstellung von Zukunftsplänen und einer Analyse von Faktoren, die Gemeindebau fördern bzw. hindern. Nach Bömer soll Evangelisation auf die Sättigung des Landes mit lebendigen Gemeinden zielen. Der Anhang macht fast das halbe Buch aus: Quellentexte, Statistiken, Gemeindeordnungen und Satzungen, wichtige Briefe etc. Der Leser erhält einen guten Überblick über die geistliche Situation Österreichs, insbesondere über Freikirchen. Auf Grund der Vielfalt werden andere Konfessionen und Gruppierungen nur kurz gestreift. Seit dem Erscheinen des Buches ist der Bund Evangeli-kaler Gemeinden gegründet worden, ebenso neue Gemeinden. Gewünscht hätte ich mir an manchen Stellen eine bessere Darstellung der Gemeindeaufbaumethodik sowie ein Register. Dennoch ist es ein nützliches Studienbuch für freikirchliche Gemeindegründer. Dieter Trefz, em 1992-4. |
Reifler, Hans Ulrich. Handbuch
der Missiologie. Missionarisches Handeln aus biblischer Perspektive, Edition
afem, mission academics 19. Nürnberg: VTR, 2005. Während die erste Fassung in Schulen und Gemeinden gelesen
wurde und ihre Wirkung hatte, schrieb Dann folgen die Missionsgemeinde, Missionarskinder und die sinnvolle Gestaltung des Heimataufenthaltes. Nach der online-Verbindung mit Freunden wird diskutiert, wie Paulus seine Missionsarbeit finanzierte. Dabei werden Kostenvergleiche mit Missionaren aus der Zweidrittelwelt angestellt und die Funktion gemeinnütziger Organisationen diskutiert. Member Care und Geistesleitung schließen das Kapitel ab. Das letzte Kapitel (30 Seiten) enthält Übungen zu den Texten der Lausanner Bewegung von 1974 und 1989, wobei auch Horst Marquardt zu Wort kommt. Das Forum 2004 in Thailand schließt diese Diskussion ab. Weiterführende Literatur und didaktische Fragen nach jedem Kapitel sind wertvoll und regen zur Verwendung in den Schulen und Gemeinden an. Eine intensive Diskussion, Bewertung dieses Buches sowie eine Auseinandersetzung damit erscheinen zwingend erforderlich. Der wissenschaftliche Tiefgang, die Relevanz für die Praxis sowie die Gewichtung durch den Umfang, die Einordnung der Themen und Verarbeitung der Literatur fordern geradezu zur Diskussion unter Fachleuten heraus. Andererseits sind hier in einem Band für unsere Zeit wichtige Informationen angeboten, die man sich sonst in vielen anderen Büchern zusammensuchen muss. Wie schon angesprochen, wünsche ich Gemeinden und den Schulen, in denen die erste theologische Grundlage gelegt wird, diese Lektüre. Prof.Dr. Klaus W. Müller, em 2006-1. |
Reifler, Hans Ulrich. Missionarisches Handeln am
Ende des 20. Jahrhunderts. Eine Einführung in die Missiologie. Brunnen Verlag: Giessen, 1997. Mit diesem Buch legt der langjährige Brasilienmissionar Hans Ulrich Reifler den beachtenswerten Versuch vor, in einem einbändigen Werk eine „praxisbezogene und allgemeinverständliche Einführung in die wichtigsten Bereiche der Missiologie zu geben“ (S. XIII). Entstanden ist das Buch aus dem Missiologie-Unterricht, den Reifler neben seiner Tätigkeit als Gemeindeleiter nach seiner Rückkehr in die Schweiz am Theologischen Seminar St. Chrischona erteilte. Nach einer Einführung in die Prolegomena zur Missiologie stellt Reifler das Erbe der deutschsprachigen Missiologie dar. Dem Kapitel über Missionstheologie folgen die Bereiche „Missionsanthropologie“ und „transkulturelle Kommunikation“. Danach geht Reifler auf Fragen der Missionsstrategie und der Missionspraxis ein. Abschließend stellt er die ihm wesentlich erscheinenden „Kennzeichen einer evangelikalen Missiologie für das 21. Jahrhundert“ dar (11 S.). In den meisten Kapiteln gibt Reifler zu den jeweils angesprochenen Themen kurz zusammengefaßt die maßgeblichen Gedanken führender evangelikaler Missiologen wieder. Die die jeweiligen Kapitel abschließenden „didaktischen Fragen“ zur Wiederholung des Stoffes und der Hinweis auf „weiterführende Literatur“ lassen den Ursprung des Buches als Lehrkonzept an einem Theologischen Seminar erkennen. An einigen Stellen des Buches läßt der Autor den Leser mit der bloßen Zusammenstellung verschiedener Stellungnahmen aus der Literatur allein, so z. B. bei der Frage, welche Voraussetzungen für den Missionsdienst wichtig seien (S. 219ff.) Eine zusammenfassende Synthese oder persönliche Stellungnahme des Autors wäre an solchen Stellen wünschenswert gewesen. Dadurch, daß Reifler den mutigen Versuch wagt, auf nur 288 Seiten eine Einführung in die wichtigsten Bereiche der Missiologie zu geben, ergeben sich vom Unfang des Stoffes her gesehen einige Fragen: Kommen z. B. in den kürzeren Kapiteln über Missionsanthropologie (24 S.) und Transkulturelle Kommunikation (12 S.) nicht manche Themen zu kurz? So wird z. B. die in der Praxis so entscheidende Frage „Wie denken und fühlen Menschen in unterschiedlichen Kulturen?“ lediglich auf zwei Seiten abgehandelt. Abgerundeter wirkt hingegen das umfangreichere Kapitel über „Das Erbe der deutschsprachigen Missiologie“ (56 S.), das wertvolle Einblicke vermittelt. Dem Buch wäre von daher in einigen Bereichen eine Erweiterung (vielleicht auf die im Vorfeld der Veröffentlichung angekündigten 400 S.) und eine weitere Überarbeitung auch im Hinblick auf einige stilistische Mängel - zu wünschen. Eine Bibliographie, die die gesamte in den Fußnoten aufgeführte Literatur enthält, sollte zudem unbedingt am Ende des Buches abgedruckt werden. Besonders wertvoll macht Reiflers Buch, daß ihm immer wieder die Praxiserfahrung des Autors und sein brennendes Herz für das Anliegen der Mission abzuspüren ist. So kann man das Buch zurecht als eine „hilfreiche und motivierende Einführung“ (S. XI) in die Missiologie bezeichnen. Missionare, Missionskandidaten, Bibelschüler, aber auch andere an der Mission interessierte Christen werden es mit Gewinn lesen. Andreas Baumann, em 1998-2. |
Reinhardt, Wolfgang. Das Wachstum des Gottesvolkes. Biblische
Theologie des Gemeindewachstums. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht,
1995. Wolfgang Reinhardt analysiert in seiner Dissertation das Wortfeld „Wachstum des Gottesvolkes“ im Alten und Neuen Testament und exegetisiert dann ausführlich alle damit zusammenhängenden Texte der Apostelgeschichte und des lukanischen Werkes überhaupt. Es ist faszinierend zu sehen, wie häufig dieses Thema in der Bibel angesprochen wird und ebenso erstaunlich, wie oft es heute überlesen wird. Es sei gestattet, in einer missiologischen Zeitschrift die lingustischen und exegetischen Methoden, die Reinhardt anwendet, undiskutiert zu lassen und gleich auf den in 19 Thesen ausführlich entfalteten systematischen und praktischen vierten Hauptteil hinzuweisen (S. 308-350), der – für eine Dissertation heutzutage ungewöhnlich – direkt von Lukas immer wieder die Linie bis heute zieht. Reinhardt kommt zu dem Ergebnis, daß Lukas den Wachstumsgedanken aus dem Alten Testament übernimmt und dabei die hervorragende Bedeutung des Wortes und der Verkündigung für das Wachstum der Kirche unterstreicht. Wort Gottes und Gebet sind die Hauptursachen des Wachstums und die Bitte um Wachstum, auch und gerade um quantitatives Wachstum, gehört zum Wesen einer lebendigen Gemeinde. Das Wachstum wird von Gott allein geschenkt, aber das schließt die menschliche Aktivität nicht aus, sondern ein. – Es ist erstaunlich, daß eine solche Untersuchung nicht längst vorgelegt wurde, auch nicht in einer anderen Sprache, aber es ist umso erfreulicher, daß sie jetzt zur Verfügung steht. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1996-4. |
Reller, Horst; Hans
Krech; Matthias Kleiminger (Hg.). Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen. im Auftrag der VELKD. Gütersloher Verlagshaus:
Gütersloh, 20005. Das neben dem ‘Hutten’ (Kurt Hutten. Seher, Grübler, Enthusiasten. Quell Verlag: Stuttgart, 198212) zweite große bewährte protestantische Standardwerk über ‘Sekten’ usw., das seit 1952 in Arbeit war und 1978 in 1. Auflage erschien, erscheint hiermit in einer stark aktualisierten Ausgabe. Im ersten Teil werden die klassischen Freikirchen in Deutschland vorgestellt, dabei unter „Pfingstbewegung“ auch 9 Pfingstdenominationen und dazu weitere Bewegungen, die etwas Licht in die sich ständig erweiternde Vielfalt dieser Richtung geben. Im zweiten Teil folgen Sondergemeinschaften, die zwischen den Sekten in Teil 3 und den Freikirchen stehen, so etwa die Adventisten. (Schade ist, daß die Weltweite Kirche Gottes [S.234-244], deren Entwicklung von der Sekte zur Kirche mit klassischem christlichen Lehrgehalt beschrieben wird [bes. S.236-237], dennoch nicht unter ‘Freikirchen’, sondern unter ‘Sondergemeinschaften’ gelistet wird, vor allem wenn man bedenkt, wie großzügig der Begriff Freikirche bei zahlreichen Pfingstdenominationen oder den Quäkern ausgelegt wurde; vgl. dazu meine Idea-Dokumentation 11/2000 „Eine Sekte wird evangelisch“.) Im 3. Teil werden in alphabetischer Reihenfolge die 11 wichtigsten christlichen Sekten in Deutschland beschrieben. Im 4. Teil folgen synkretistische Neureligionen, wie etwa Universelles Leben oder die Mormonen. Im 5. Teil werden esoterische und gnostische Weltanschauungen wie die Anthroposophie beschrieben. Im 6. Teil folgen die früher fälschlich meist ‘Jugendreligionen’ genannten religiösen Bewegungen, die ihren Ursprung in Asien haben, wie etwa Baha’i oder Hare Krishna. Im 7. Teil werden ganz neu vier „Kommerzielle Anbieter von Lebensbewältigungshilfen und Psycho-Organisationen beschrieben, darunter Scientology. Im wesentlichen ist der Aufbau der Beiträge immer gleich, was eine gute Vergleichbarkeit der Gruppen zur Folge hat. Der Hintergrund sind die zu Beginn abgedruckten Erhebungs- und Beurteilungsbögen, die deutlich machen, welche Angaben und Informationen erhoben wurden, ein sicher gelungenes und für den Leser übersichtliches Verfahren. Insgesamt ist die Information gründlich recheriert und sehr zuverlässig. Die Darstellung beschreibt sowohl die Sicht des Insiders treffend, als auch die Schwerpunkte, die einem außenstehenden Protestanten auffallen. Die Information ist auf dem neuesten Stand - auch jüngste Lehrveränderungen bei einigen Gruppen sind eingearbeitet und in der Beurteilung berücksicht. (Dementsprechend wurden auch vier inzwischen unwichtig gewordene Gruppen herausgenommen.) Hilfreich sind die Richtlinien für die lutherischen Kirchen für den praktischen Umgang mit Angehörigen der verschiedenen Gruppen, da sie damit auch die praktischen Belange des Gemeindealltags berücksichtigen. Sie sind immer gleich aufgebaut, so daß leicht zu finden ist, ob ein Anhänger einer Bewegung etwa als Pate in Frage kommt oder es bei der Eheschließung Probleme gibt. Problematisch und für Evangelikale unverständlich sind dagegen die Ratschläge in Bezug auf die Freikirchen, weil sich dabei zeigt, wie engstirnig die oft extrem liberalen und weitherzigen lutherischen Landeskirchen sind, wenn es an Sakramente und Amtshandlungen geht. Statt sich zu freuen, wenn ein aktives Mitglied einer Freikirche Pate wird oder ein Landeskirchler das Abendmahl einer Freikirche besucht, werden hier Bedenken geäußert und Hürden aufgebaut, die sich meines Erachtens in der Realität längst überlebt haben. Dr. Thomas
Schirrmacher, em 2000-4. |
Reller, Jobst (Hg.). „Die Mission ist weiblich“. Frauen in der frühen Hermannsburger Mission. (Quellen und Beiträge zur Geschichte der Hermannsburger Mission und des Ev.-Luth. Missionswerkes in Niedersachsen. Band XXI) Münster: LIT Verlag, 2012. Der vorliegende Sammelband entstand anlässlich der Jahrestagung 2010 des Ludwig-Harms-Symposiums des Ev.-lutherischen Missionswerkes in Niedersachsen, die sich mit der Geschichte seiner weiblichen Mitarbeiter beschäftigte. Der Herausgeber ist Vorsitzender des Kuratoriums des Symposiums und Dozent für Kirchengeschichte und Praktische Theologie an der Fachhochschule für Interkulturelle Theologie (Missionsseminar Hermannsburg). Der Hauptfokus der Aufsatzsammlung liegt auf biographischen Fallstudien von Mitarbeiterinnen der ersten beiden Generationen, die aus dem Archivmaterial des Missionswerkes zusammengestellt wurden und erstmals einem breiten Leserkreis zugänglich werden. Durch die einleitenden Beiträge werden die biographischen Studien eingebettet in den Rahmen der Forschungsgeschichte zur Partizipation von Frauen in der Missionsgeschichte allgemein und in der 1846 gegründeten Hermannsburger Mission im Besonderen. Bemerkenswert ist, dass auch einheimische Missionsmitarbeiterinnen im Blick sind sowie Unterstützerinnen in der Heimat. Schließlich ist dem Band noch ein interessanter Rückblick auf die Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910 aus der Perspektive der Hermannsburger Mission beigefügt. Der einleitende Aufsatz von Lienemann-Perrin (S. 7-23) gibt einen prägnanten Überblick über die Partizipation von Frauen in der Missionsgeschichte seit ihren ersten Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. In Übereinstimmung mit anderen Missionshistorikern hebt die Autorin den Befund hervor, dass Frauen „in der Missionsgeschichtsschreibung größtenteils unsichtbar“ sind und bewertet diesen nicht nur als Ergebnis einer androzentrischen Geschichtsschreibung, sondern auch als Indiz für die in der Missionsgeschichte immer wiederkehrende Verdrängung von missionarisch tätigen Frauen aus ihren Wirkungsfeldern. Dieses Phänomen verfolgt die Autorin von der frühesten Missionsgeschichte bis ins 20. Jahrhundert und bezeichnet es als „Prototyp für die von Europa ausgehende Mission“, der „die ganze außereuropäische Christentumsgeschichte nachhaltig geprägt“ hat (S. 7). Sie zeigt auf, dass dieser Entwicklung jeweils hermeneutische Grundentscheidungen zugrunde liegen (S. 12) und sie folgenschwere Auswirkungen für das Missionsverständnis und die Missionspraxis hat (S. 13). Dieser kluge und herausfordernde Aufsatz regt zum Forschen an und gibt den nachfolgenden Fallstudien Fokus und ein gedankliches Grundgerüst. Mit einer Aufstellung der häufigsten Problemkonstellationen und Handlungsweisen von Frauen in der Mission ist die Brücke zur Konkretion in den nachfolgenden Biographien geschlagen. Der Autor des nachfolgenden Aufsatzes konstatiert zur Anfangsgeschichte weiblicher Missionsarbeit in der Hermannsburger Mission wiederum eine spärliche Berichterstattung. Gleichzeitig hebt der Autor die vergleichsweise große Selbstständigkeit Hermannsburger Missionarsfrauen hervor (S. 41), die sich allerdings stets im Rahmen „eines durch biblische Unterordnungstexte untermauerten Rollenverständnisses und des traditionellen Bildes der deutschen Hausfrau“ (S. 39, 60) bewegten. Im biographischen Teil des Buches tritt folgendes Bild hervor: Bereits in seiner Unterteilung in „Missionarsfrauen“, „Einheimische Agentinnen der Mission“ und „Missionsfreundinnen“ fällt auf, dass in jener ersten Zeit selbstständige weibliche Missionarinnen eigentlich nicht vorkamen (Vgl. S. 106). In den Lebensbeschreibungen bestätigt sich, dass das Quellenmaterial tatsächlich nur spärliche Informationen zu sicher bewegten Biographien hergibt, die vor allem durch die Härten eines Familienlebens in den jeweiligen Pioniersituationen geprägt waren. Eine gewisse relative Selbstständigkeit der Missionarsfrauen in engen Grenzen bestätigt sich. In den Biographien der einheimischen Mitarbeiterinnen beeindrucken verhaltene, aber deutliche Züge einer Selbstständigkeit ihres Denkens und Handelns als Missionarinnen, die sie manchmal in Spannung mit Vertretern der Mission brachten, jedoch in den Berichten nach Deutschland kaum Niederschlag fanden. Über die „Missionsfreundinnen“ der frühen Hermannsburger Mission wird bei aller Verschiedenheit eine Gemeinsamkeit ihrer Lebensgeschichte deutlich: Sie bekamen entscheidende geistliche Impulse durch die Brüder Harms und stellten sich aus Dankbarkeit in den Dienst der Mission. Diese Aufsatzsammlung ist meines Erachtens in zweifacher Hinsicht ein wertvoller Beitrag zur missiologischen Forschung: Zum Einen wurde begonnen, eine konkrete missionsgeschichtliche Lücke zu schließen und es bleibt zu hoffen, dass diese Forschungsarbeit weitergeht. Zum Anderen gibt die Einbettung des biographischen Materials in den Horizont grundsätzlicher Überlegungen zur Partizipation der Frau in der Missionsgeschichte dem Werk einen besonderen Wert. Es wird ein gedankliches Gerüst bereitgestellt, das zur Auseinandersetzung mit dem biographischen Material herausfordert und zum Weiterforschen einlädt. Dabei wird der Leser auch angeregt, Bilanz zu ziehen über den heutigen Stand der Zusammenarbeit zwischen Mann und Frau in der Mission. Hanna-Maria
Schmalenbach, em 2012-4. |
Renck,
Günther. Contextualization
of Christianity and Christianization of
Language. A Case Study from the
Highlands of Papua New Guinea. (Erlanger Monographien 5). Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission, 1990. Dieses auf der Grundlage einer Dissertation entstandene Buch will die Diskussion um das Thema der Kontextualisierung um einen Beitrag bereichern, der Kontextualisierung als linguistischen Prozeß darstellt. Gestützt auf seine eigene, fast 20-jährige Missionserfahrung in Papua Neuguinea, beschreibt Renck am Beispiel des Volkes der Yagaria, wie sich die „Christianisierung“ der Sprache und die Kontextualisierung der christlichen Botschaft gegenseitig bedingen. Anhand ausführlicher linguistischer Studien und zahlreicher praktischer Beispiele zeigt der Verfasser auf, wie sich Sprache wandelt, um christliche Vorstellungen und Denkkonzepte ausdrücken zu können: Theologische und biblische Begriffe werden nicht mit der Hilfe von Fremdwörtern oder Lehnwörtern aus anderen Sprachen in die Sprache der Yagaria importiert, sondern bisher „heidnische“ Begriffe der eigenen Sprache nehmen eine neue, christliche Bedeutung an. An dieser Stelle, so der Verfasser, beginnt Kontextualisierung und die Entstehung einer einheimischen Theologie, wobei auch die Frage nach der Gefahr des Synkretismus nicht ausgeklammert wird. Die praxisorientierte und detaillierte Ausführung dieser Grundaussagen wird durch eine umfassende Beschreibung der Yagaria, ihrer Welt und ihrer Sprache sowie durch Forderungen an eine kirchliche und missionarische „Sprachpolitik“ ergänzt. Das ganze Buch ist in sich klar strukturiert und logisch aufgebaut. Der auf Englisch verfasste Text ist flüssig zu lesen und sprachlich nahezu fehlerfrei, obwohl Englisch nicht die Muttersprache des Autors ist. Eine deutsche Zusammenfassung für Leser, die das Englische nicht so gut beherrschen, wäre allerdings wünschenswert gewesen, ebenso wie ein Register und eine benutzerfreundlichere Plazierung der umfangreichen Fußnoten. Obwohl auf linguistische Fachterminologie weitgehend verzichtet wird, setzen die ausführlichen sprachwissenschaftlichen Analysen ein grundlegendes linguistisches und übersetzungstheoretisches Wissen voraus. Es ist ein Buch aus der Praxis der Sprachforschung und Bibelübersetzung für linguistisch interessierte Missiologen und missiologisch interessierte Linguisten. Dennoch ist es durch sein präzise herausgearbeitetes Anliegen, Sprache als einen wesentlichen Faktor in Mission und Kontextualisierung darzustellen, auch über diesen Leserkreis hinaus empfehlenswert. Silke Sauer, em 1993-3. |
Rennstich, Karl. Korruption: Eine Herausforderung für Gesellschaft und Kirche. Quell-Verlag:
Stuttgart, 1990. Für Rennstich ist in seiner Habilitationsschrift (Teilabdruck) Korruption nicht nur ein privates oder ein wirtschaftliches Problem, ist doch corruptio bei den Kirchenvätern der Begriff für die Erbsünde. Deswegen referiert er zahllose Beispiele von Korruption in der Geschichte und aus aller Welt und untersucht den Stellenwert der Korruption in der Bibel und in der Theologiegeschichte. Sicher werden manche
Evangelikale sich an Rennstichs
Theologie stoßen, etwa an seinem kritischen Umgang mit Bibeltexten oder seiner Sicht anderer Religionen. Aber was
an biblischer Ethik haben sie der Korruption
entgegenzusetzen? Was haben sie zum
Umgang ihrer Missionare mit diesem weltweiten Phänomen zu sagen? Denn selbst wenn man den Bereich der Wirtschaft aus dem
Zuständigkeitsbereich der Kirche ver Wohl basiert Rennstichs Arbeit stark auf dem Alten Testament, das dem Thema Korruption zahlreiche Gesetze widmet und das Thema der Unbestechlichkeit vom Wesen Gottes über die Aufgabe des Staates, des Richters und des Priesters bis hin ins alltägliche Leben verfolgt; doch die gegenwärtige Abwertung des Alten Testaments und seiner Ethik, sei es durch die historischkritische Methode oder die pneumatisch-pietistische Auslegung, die weithin die Verbindlichkeit der alttestamentlichen Moralgesetze im reformatorischen, insbesondere calvinistischen Sinn zugunsten einer persönlichen Geistesführung aufgegeben hat, beraubt die Ethik gerade in diesem Bereich m. E. der Durchschlagskraft. Denn was Rennstich in Basel letztlich an reformiertem Gedankengut als Herausforderung zusammenfaßt, war im klassischen Calvinismus Allgemeingut, weil die biblische Ethik dort nicht auf das Privatleben beschränkt, sondern auf alle Bereiche der Gesellschaft bezogen wurde. Entsprechende Literatur kenne ich nur aus dem Bereich des amerikanischen Calvinismus, etwa in den Werken von Rousas Roushdoony oder Gary North, die von der Irrtumslosigkeit der Bibel ausgehend zu ganz ähnlichen Ergebnissen gelangen: Werke, die Rennstich leider trotz seiner Literaturfülle nicht berücksichtigt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1991-3. |
Rennstich, Karl. Nicht
jammern, Hand anlegen: Christian Friedrich Spittler ‑ Leben und
Werk. Franz, Metzingen, 1987. An Anfang eines neuen geistlichen Aufbruchs im deutschsprachigen Raum um die Wende
vom 18. zum 19. Jahrhundert steht die Christentumsgesellschaft mit dem Sitz in Basel, und ihre wichtigste Persönlichkeit
sowohl für die Missionsarbeit wie für die soziale
Arbeit war der Württemberger Christian Friedrich Spittler. Rennstich
liefert auf
177 Seiten eine gut lesbare Biographie Missionsgeschichtlich interessant ist, daß er erst die Basler Mission gründete, dann Chrischona, und seine Liebe dann, obwohl er nicht an Konkurrenz dachte, doch mehr der späteren Gründung zuwandte, trotz oder wegen der Schwierigkeiten, die Chrischona mit der Arbeit in Jerusalem und mit der „Apostelstraße“ Jerusalem-Ägypten-Äthiopien hatte. Wer sich für die Idee der sich selbst tragenden Handwerker- oder Industriemissionen in Afrika interessiert, findet hier interessantes Material zu ihren Vorstufen. Manche Details sind, weil sie heutigen Theorien widersprechen, bedenkenswert, zum Beispiel was auf S. 131 über Spittlers äthiopische Adoptivtochter Fatme steht. Schade, daß Spittlers Frau, die so wichtig war (S.26), fast nur bei ihrer Hochzeit und bei ihrem Tod erwähnt wird. Rennstich gelingt es zu zeigen, daß so „alte Pietisten“ wie Spittler in vielem sehr modern waren; aber daß das Programm vom „Dienste in Übersee“ schon vorweggenommen wurde (S.43), überzeugt mich nicht. Interessant ist Spittlers konservative Haltung dem Staat gegenüber, verbunden mit seiner Ablehnung des Krieges („lieber die Pest als den Krieg!“). S.140). Dr. Klaus Fiedler, em 1987-3. |
Riccardi, Andrea. Salz der Erde, Licht der Welt:
Glaubenszeugnis und Christenverfolgung im 20. Jahrhundert. Freiburg:
Herder, 2002. Das Interesse am Thema Christenverfolgung wächst weltweit innerhalb und außerhalb der Kirchen. Doch während sich Untersuchungen zur aktuellen Gegenwart ständig vermehren, sind solche zur Geschichte eher selten. Angeregt von dem wachsenden Archivmaterial, das in Rom gesammelt wird, seitdem Papst Johannes Paul II. alle katholischen Teilkirchen und Orden aufgefordert hat, systematisch Material über Märtyrer der Gegenwart und Vergangenheit zu sammeln, hat eine Italienerin eine umfassende Geschichte der Verfolgung katholischer Christen in aller Welt verfasst. Die Autorin teilt den Stoff in neun Kapitel zur Sowjetunion, zum Dritten Reich, zum kommunistischen Osteuropa, zum asiatischen Kommunismus, zur islamischen Welt, zu Mexiko und Spanien, zu Afrika seit der Unabhängigkeit, zur Zählung und Einteilung der Märtyrer und, für Missiologen besonders interessant, in Kapitel IV. über ‚Martyrium und Mission’. Während die anderen Kapitel vorwiegend auf die einheimischen Christen und Kirchen eingehen, wird hier vor allem das Schicksal ausländischer (längst nicht nur westlicher!) Missionare und Angehöriger von Missionsorden geschildert. Das gut ausgestattete und gründlich recherchierte und belegte Werk verwendet natürlich im Original kaum deutsche Quellen und Literatur. Aber neben die zahlreichen Belege vor allem in italienischer und französischer (erstaunlicherweise seltener in englischer) Sprache sind ungewöhnlich viele Belege auf Deutsch getreten und man hat sehr gründlich nach deutschen Übersetzungen der verwendeten Werke gesucht, wie überhaupt die Übersetzung nicht merken lässt, dass der Text gar nicht auf Deutsch verfasst wurde. Das Buch ist historisch ausgerichtet und bietet wenig theologisches Material, etwa zur Frage, wie Christenverfolgung und Martyrium geistlich einzuordnen sind - sieht man einmal vom fünfseitigen Vorwort von Manfred Scheurer ab, der einige Stimmen aus der Kirchengeschichte zitiert und sich wie ich selbst (siehe: Christenverfolgung geht uns alle an, Idea-Dokumentation 15/1999 und Persecution Concerns Us All. VKW: Bonn, 2001) der recht weiten Märtyrer-Definition von Karl Rahner anschließt. Märtyrer anderer Konfessionen erscheinen, wenn es sich aus dem Material oder vorhandenen Büchern ergab, am Rande ebenfalls (außer es handelt sich um berühmte Fälle wie der Genozid an den Armeniern), werden aber nirgends systematisch erfasst oder thematisiert (siehe z.B. S.60-61 über „die Lutheraner, die Baptisten und die Evangelikalen“ in der Sowjetunion der 30er Jahre) - eine eindeutige Schwäche des Werkes, spricht doch der Papst selbst davon, dass die Ökumene der Märtyrer die stärkste Ökumene sei (S. 19-20) und weitet seinen Leidensbegriff weit über seine Kirche hinaus aus (siehe dazu mein Buch ‚Der Papst und das Leiden’. VTR: Nürnberg, 2002). Es ist bedauerlich, dass es derzeit kein ökumenisches, protestantisches oder evangelikales Gegenstück zu diesem Werk gibt und auf absehbare Zeit wohl auch nicht geben wird. Prof. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2003-1. |
Richards, Lawrence O. Praxisbuch Hausbibelkreis, Bd. 2: So
werden Hausbibelkreise lebendig. Neuhausen: Hänssler, 1994. Lebendige Gespräche in Hausbibelkreisen – wie bringt man sie in Gang? Dieses Praxisbuch bietet entscheidende Hilfe für den Gesprächseinstieg. Es enthält ausgearbeitete Fragen für verschiedene Interessengruppen und Themenkreise, darunter auch Mission und Evangelisation. In Band 2 werden ausgesuchte Texte von den Paulusbriefen bis zur Offenbarung und zwei Psalmen behandelt. Die urchristliche Situation ist Vorbild für Mission und Evangelisation. Beides gehört zusammen und wird in diesem umfangreichen Buch in 10 Abschnitten bedacht. Die Symbole für die Themenkreise sind gut gewählt, im Druck jedoch zu klein ausgefallen. Die 54 Studienanleitungen sind klar gegliedert in Überblick, Erläuterungen, Gliederung, Anregung zur Gruppenarbeit. Auch wenn Mission nicht so sehr im Vordergrund des Buches steht, ist es für alle Hausbibelkreise sehr zu empfehlen. Dipl. Ing.
Fritz H. Lamparter, em 1997-1. |
Richardson, Don. Secrets of the Koran, Ventura, CA: Regal Books, 2003. Der
amerikanische Missionar und Missiologe Don Richardson wurde bekannt durch
seine Bücher „Peace Child“, „Lords of the Earth“ und „Eternity in their
hearts“. In diesen Büchern geht es um hilfreiche Analogien und
kulturelle Brückenfunktionen für die Verkündigung des Evangeliums. In seinem
neuesten Buch geht es Richardson darum, den Islam und Koran nach solchen
Analogien und Anknüpfungspunkten zu untersuchen. Um das Ergebnis
vorwegzunehmen: Richardson findet keine und macht sich daran, die negativen
Aspekte und „Geheimnisse des Korans“ aufzudecken. Die Kapitelüberschriften
deuten diese negativen Aspekte an: „A Book of Peace?“ (1), „The Wolf in the Fold“ (2), „Violent
Verses, Violent Deeds“(3), „Critiquing the Koran“ (4), „Polygamy and Islam’s
Prophet“ (5), „How Muslims Try to Defend the Koran“ (6), „Non-Muslim Attempts
to Defend the Koran“ (7), „Old Testament Morals and the Koran“ (8), „New
Testament Morals and the Koran“ (9), „A Warring Prophet’s Supremacist Legacy“
(10),“Islam’s Plan for World Domination“ (11), „Islam’s Penetration of
Western Culture“(12), „A Twenty-First Century Plague of Locusts?“ (13),
„Europe: An Auto-Genociding Continent“ (14), „Louis Farrakhan, Islam and
Slavery“ (15) und „Reviewing ‘Militant Islam Reaches America’“ (16). Warum schreibt Richardson dieses Buch, und was will er erreichen? Sein Ausgangspunkt ist der 11. September 2001: Haben hier Extremisten den Islam ungerechtfertigt und völlig falsch für ihre politischen Ziele in Anspruch genommen? Ist der Islam eine Religion des Friedens, wie westliche und islamische Politiker immer wieder betonen? Oder ist der Koran die eigentliche Quelle der Gewalt? Ruft der Koran alle, die ihn wirklich ernstnehmen, zum Jihad gegen alle Nicht-Muslime auf und zielt letztlich auf Unterwerfung der Welt durch den Islam, auch und gerade mit Gewalt? Don Richardson ist von Letzterem überzeugt und möchte seine Leser warnen. Seine hauptsächlichen Quellen sind Mark A. Gabriel, Bernard Lewis, William Muir, Maxime Rodison, Reza F. Safa, Bat Ye’or und Ibn Warraq. Richardson ist überzeugt, dass Europa im hohen Maße gefährdet ist, vom Islam beherrscht zu werden, und auch Amerika diese Gefahr ernst nehmen muß. Deswegen ist seine Intention „to wage truth on Islam, because truth is the doorway to genuine peace“ (S. 251). Er ist überzeugt, dass weder westliche Politiker noch die Mehrheit der moderaten Muslime den Koran wirklich kennen. Richardson möchte deswegen versuchen, die „dunklen Geheimnisse des Korans“ zu enthüllen, um so die Quelle des gewaltbereiten Jihadismus zu entkräften (vgl. auch Don Richardsons Webseite www.donrichardsonbooksales.com). Vieles ist gut beschrieben und hilfreich zu wissen. Manches müßte eingehender durch Historiker und Islamwissenschaftler geprüft werden. Manches erscheint einseitig oder überbewertet (z.B. „Europe: An Auto-Genociding Continent“, S.194-198), manches ist schlicht falsch (z.B.“Muslim immigrant percentages in the population of various European nations range from 10 to 20 percent“, S.186; „The Five Pillars of Islam“, S.226). Ob das Buch im Dialog mit Muslimen weiterhilft, darf bezweifelt werden. Dr. Dietrich Kuhl, em 2004-3. |
Richter, Julius. Mission und Evangelisation im Orient.
Mit Beiträgen von Eberhard Troeger und Christof Sauer. Evangelium und Islam,
Band 4, Nürnberg: Verlag für Theologie und Religionswissenschaft (VTR), 2006. Dieser Nachdruck der 2. Auflage [1930] von Mission und Evangelisation im Orient, Band II in Julius Richters umfassender Reihe Allgemeine Evangelische Missionsgeschichte, wurde erfreulicherweise in der Reihe „Evangelium und Islam“ neu herausgegeben, da es „bis heute kein vergleichbares Überblickswerk ... in deutscher Sprache gibt“ (Initiator und Mitherausgeber Eberhard Troeger im Vorwort). Richter, der von 1914 bis 1930 Missionswissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität lehrte, beschreibt in diesem Band die Geschichte der protestantischen Missionen im Mittleren Osten vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum Jahr 1930. In einem einleitenden Kapitel setzt sich Richter zunächst mit Grundfragen der missionarischen Begegnung mit dem Islam sowie mit der strittigen Frage auseinander, ob die protestantische Evangelisation und Kirchenbildung unter den orientalischen Kirchen - meist Ansatzpunkt der Missionsbemühungen, die sich dann parallel oder sukzessive auch den Muslimen zuwandten - berechtigt gewesen seien. Im ersten Kapitel gibt der Autor einen kurzen Überblick der „Anfänge der protestantischen Missionsbestrebungen“ im Orient (S. 46-53) von der Reformationszeit bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, wobei er besonders das Wirken Henry Martyns (1780-1812) in Indien und Persien, die von Malta ausgehende „Mittelmeermission“ der Church Missionary Society (CMS) sowie das Wirken der Basler Mission im Kaukasus kurz darstellt. Die weiteren Kapitel widmen sich dann ausführlich den Entwicklungen der protestantischen Missionen in verschiedenen Regionen des damaligen Osmanischen Reiches, bzw. des Mittleren Ostens: Türkei (S.54-107), Syrien und Palästina (108-160), Persien (161-193), Ägypten und Abessinien (194-232). Das Buch enthält des weiteren einen Anhang mit einer Übersicht der damaligen Bibelübersetzungen in die Sprachen des Mittleren Ostens sowie eine statistische Überblickstabelle zu den dargestellten Missionsarbeiten (S. 233-243). In Richters Darstellung wird zunächst die herausragende Rolle des kongregationalistischen American Board of Commissioners for Foreign Mission (kurz AB) sowohl in der Türkei als auch in Syrien/Libanon und Persien betont. Richter beschreibt wie das AB sich zunächst den orientalischen Kirchen zuwandte, z.B. der kulturell aufgeschlossenen Armenier-Kolonie in Konstantinopel. Er zeigt auf, wie die Missionare durch Literaturarbeit, die Übersetzung der Bibel und durch christliche Schulen den Glauben der orientalischen Christen beleben und vertiefen, „die Blüte der armenischen Jugend durch eine gediegene abendländische Bildung anziehen“ (S. 57) und damit auch eine wesentliche Vorarbeit zur Erreichung der muslimischen Bevölkerung leisten wollten. Als katastrophale Zäsur in der Missionsgeschichte des Orients beschreibt Richter „die Vernichtung des armenischen Volkes“ in der Türkei ab 1895. Hier schildert er dann die großen Hilfswerke, die daraufhin in England, Deutschland und Frankreich entstanden (vgl. die Rezension zu Sabine Thüne, Ernst Jakob Christoffel, in dieser Ausgabe). Dass das AB sich in der Folge entschloss, seine Wirksamkeit auf die muslimische Bevölkerung der Türkei zu richten, sah Richter als „bedeutsame Wendung, deren Entwicklung und Folgen wir abwarten müssen“ (S. 96). Neben der Darstellung der protestantischen Arbeit unter den orientalischen Christen gilt Richters Interesse immer wieder der herausfordernden Missionsarbeit unter der muslimischen Bevölkerung. Er schildert z.B. den kurzen, aber wirkungsvollen Einsatz der CMS mit Karl Gottlieb Pfander in Konstantinopel, die amerikanische Arabien-Mission Samuel Zwe-mers, Temple Gairdners Wirken in Kairo oder die Anfänge der Sudan-Pionier-Mission unter den Nubiern. Im Abschnitt über Palästina widmet Richter den deutschen Initiativen besondere Aufmerksamkeit wie dem preußischenglischen Bistum in Jerusalem (in Verbindung mit der CMS) unter der Leitung Samuel Gobats sowie dem Evangelischen Jerusalems-Verein von F.A. Strauß oder dem Syrischen Waisenhaus Ludwig Schnellers. Richters Darstellung ist vom Denken seiner Zeit geprägt und somit auch als Zeitdokument zu lesen, bietet aber zugleich einen wichtigen missionsgeschichtlichen Überblick und Einblick. Der Wert des Buchs wird durch die ergänzenden Beiträge der Herausgeber noch erhöht, die die Brücke zur Gegenwart schlagen. Troeger greift in einem Aufsatz den Faden der Missionsgeschichte nach 1945 wieder auf und beschreibt den „Paradigmenwechsel“ von der „herkömmlichen Missionsarbeit“ zur neuen evangelikalen Missionsbewegung im Mittleren Osten ab den 1960er Jahren. In einem englischsprachigen Beitrag (der auch Teile aus Troegers Vorwort auf Englisch wiedergibt) setzt Sauer Richters Werk in den Kontext der internationalen missionshistorischen Forschung zum Mittleren Osten und bietet eine hilfreiche Gesamtchronologie evangelischer Mission im Orient von der Reformation bis 1990. Hier findet sich auch eine (leider kaum lesbare) historische Landkarte zu den Ausführungen Richters. Das Vorwort hat Recht: Das Buch ist „Pflichtlektüre“ für alle, die sich auf einen Dienst im Mittleren Osten vorbereiten, bzw. sich für die facettenreiche Missionsgeschichte dieser Region interessieren. Dr. Friedemann Walldorf, em 2007-4. |
Riecker, Siegbert. Mission im Alten Testament? Ein
Forschungsüberblick mit Auswertung. Beiheft Interkulturelle Theologie
10. Frankfurt: Lembeck, 2008. Wer sich mit der Fragestellung „Mission im Alten Testament“ auseinandersetzen will, wird an diesem Buch in der näheren Zukunft nicht vorbeikommen. Es stellt eine Neubearbeitung des einleitenden Kapitels von Rieckers Dissertation dar, die 2006 von der ETF in Leuven angenommen wurde und deren Hauptteil unter dem Titel Ein Priestervolk für alle Völker. Der Segensauftrag Israels für alle Nationen in der Tora und in den Vorderen Propheten in der Reihe SBB erschienen ist. Riecker legt eine reiche Materialsammlung vor, die sich darum bemüht nicht nur die Beiträge zum Stichwort „Mission im Alten Testament“ zu nennen, sondern zu charakterisieren und auszuwerten. Dies geschieht nach einem kurzen Problemaufriss (S. 12-16) in erster Linie durch die Einordnung einzelner Beiträge in verschiedene Kategorien: historisch-progressive Ansätze (S. 17-33), thematische Ansätze (S. 34-49), thematisch-dialektische Ansätze (S. 50-72), kanonische Ansätze (S. 73-83), systematische Ansätze (S. 84-98) sowie religionsgeschichtliche Ansätze (S. 99-108). Vor der Zusammenfassung und Auswertung (S. 128-144) stellt Riecker noch Veröffentlichungen zu Teilbereichen (S. 109-121) zusammen und legt einen Exkurs zu Gott als direkter Partner der Völker vor (S. 122-127). Dem Autor gilt der Dank, dass er den Lesern eine Fundgrube an Material und Fragerichtungen vorlegt, auch wenn Riecker bedauerlicherweise Scheurers grundlegenden Beitrag nicht um ältere internationale Beiträge erweitern konnte (S. 15). Die Präsentation der einzelnen Beiträge erfolgt leider uneinheitlich hinsichtlich des Umfangs und des Stils. Manchmal wird ein Beitrag mit einem kleinen Absatz vorgestellt (beispielsweise S. 53 oder mehrere Beiträge auf S. 85) und dann wird ein anderer Beitrag auf drei Seiten (S. 38-41) oder auf sechs Seiten (S. 65-71) breit dargestellt. Mangelnde Einheitlichkeit liegt auch in der Fragestellung vor, mit der die einzelnen Beiträge vorgestellt werden. Manchmal wird auf die Voraussetzungen des jeweiligen Autors und die Folgen seiner Argumentation eingegangen und dann findet sich nur eine kurze Darstellung der jeweiligen Argumentation. Manchmal bietet Riecker Hintergrundinformation zum Autor an und dann fehlt jegliche Einordnung des Beitrages. Manchmal wird der Beitrag direkt kurz ausgewertet und dann ist nichts davon zu entdecken. Manchmal wird der jeweilige Buchtitel oder Zeitschriftenartikel genannt und dann findet sich lediglich eine Jahreszahl verbunden mit dem Namen des Autors. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass bisweilen die Kenntnis der Literatur vorausgesetzt wird. Diese Uneinheitlichkeit erschwert bisweilen das Verständnis für die eigentliche Bedeutung des jeweiligen Beitrages und für eine profilierende Abgrenzung von anderen Beiträgen. Vielleicht hätte die Präsentation dadurch an Wert gewinnen können, dass man ein Raster von wegweisenden Fragestellungen gleichmäßig an alle Beiträge anlegt sowie ihre Voraussetzungen und Folgen reflektiert. Solch ein Vorgehen könnte es für den Leser auch nachvollziehbarer machen, wie die einzelnen Kategorien zur Einordnung der Beiträge zustande kommen und was sie zu ihrem Verständnis sowie der Auseinandersetzung mit der Fragestellung beitragen. Den Aussagen und dem Ansatz von Scheurer sollte weiterhin in der Auswertung oder bei weiteren Forschungen nachgegangen werden. Scheurer bietet nicht nur „einen enzyklopädischen Überblick über die Thematik in der deutschsprachigen evangelischen Literatur des 18.Jahrhunderts bis etwa 1981“ (S. 14), sondern verweist auf „die missionsbegründende Universalität Jhwhs [die] sich in allen genannten Bereichen nicht nur auf die sichtbare Welt der Völker, sondern auch auf die unsichtbare Welt der Götter bezieht“ (S. 67). Damit stehen wegweisende Fragen im Raum; z.B. inwiefern altorientalische Vorstellungen der Götterwelt für die Auswertung einzelner alttestamentliche Aussagen zu der Fragestellung von größter Bedeutung sind. An einigen Stellen wie Ex 12,12 wird diese implizite Auseinandersetzung explizit. Unter Berücksichtigung dieser Dynamik können aus dem altorientalischen Kontext Fragerichtungen entfaltet werden, die Wesentliches zur Thematik beitragen können. Beispielsweise ist dies mit Rieckers Dissertation unter dem Blickwinkel des Segens bereits geschehen. Diese (kritischen) Anmerkungen sollen den Beitrag des Buches nicht schmälern. Vielmehr soll herausgestellt werden, wie viele wertvolle Aspekte des Buches durch weiterführende Ergänzungen und Auseinandersetzungen mit dem Thema den Wert des Buches noch steigern können. Wo Auswertungen von Einzelbeiträgen durchgeführt werden, regen sie zur Reflexion und zur weiteren Beschäftigung mit den jeweiligen Fragestellungen an. Die Zusammenfassung und Auswertung Rieckers identifiziert grundlegende Fragestellungen, wie die Frage nach der Definition von Mission (S. 128-129), dem zugrundeliegenden Paradigma (S. 129), der Entstehung des Missionsgedankens (S. 130) und der Berücksichtigung der unsichtbaren Welt (S. 130). Er stellt klar heraus, dass eine Definition von „Mission“ ebenso verschieden wie weichenstellend ist (S. 138-140) und als neutestamentliches oder missionstheologisches Konzept nicht einfach an das Alte Testament herangetragen werden sollte (S. 142). Ebenso weist er darauf hin, dass mehrere Themen in ihrer Vielfalt nebeneinander stehen bleiben sollten bevor man nach einer inneren Einheit fragt (S. 143). Es ist zu wünschen, dass diese Empfehlungen Rieckers bei weiteren Untersuchungen befolgt werden. Dr. Heiko Wenzel, em 2009-3. |
Riesner, Rainer. Die Frühzeit des Apostels Paulus. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen
Testament 71. J. C. B. Mohr: Tübingen, 1994. Der Tübinger Privatdozent Rainer Riesner hat bereits in seiner Dissertation „Jesus als Lehrer“ die historische Glaubwürdigkeit biblischer Überlieferungen, hier der Evangelien, bei grundsätzlicher Beibehaltung der historisch-kritischen Methode zu erweisen gesucht. In seiner Habilitationsschrift „Die Frühzeit des Apostels Paulus“ unternimmt er mit einer Fülle historischen Materials und detektivischer Kleinarbeit ähnliches für den frühen Paulus, wobei auch vieles für die spätere Lebensgeschichte des Apostels abfällt. In einer missiologischen Zeitschrift sei es jedoch gestattet, lediglich den missiologischen Aspekt des vorliegenden Buches darzustellen und zu beurteilen, also vor allem das mittlere der drei Kapitel mit dem Titel „Stationen paulinischer Missionsstrategie“ (S.204-296). Zunächst einmal ist begrüßenswert, daß Riesner die Reiseroute des Apostels minutiös nachzeichnet und dabei insbesondere der Frage nachgeht, welche Reise- und Transportmittel dem Apostel zur Verfügung standen und wie die jeweilige örtliche Situation aussah, in die hinein Paulus auftrat. Dadurch wird deutlich, welchen Hindernissen die paulinische Mission zu begegnen hatte und daß hinter der Mission – wie heute – eine umfangreiche Planungs- und Vorbereitungsarbeit stand. Theologisch ist von besonderem Interesse, daß Riesner die Missionsmotivation des Paulus vor allem in alttestamentlichen Texten sieht. Zwar könnte man wesentlich mehr Beispiele heranziehen (siehe mein Buch „Der Römerbrief“, Bd. 1+2) und man muß den Grund dafür, daß Paulus sich nicht vorrangig auf den jesuanischen Missionsbefehl stützt, nicht in der kritischen Sicht suchen, der Missionsbefehl sei dafür eine zu späte Basis (S.213), also wohl nicht von Jesus selbst. Aber Riesners Exegese und Erläuterung zu Röm 15 und der dort zitierten alttestamentlichen Texte ist m. E. ein wesentlicher Fortschritt in dieser Frage. Insbesondere geht Riesner davon aus, daß Paulus in den geographischen Angaben von Jes 66,18-21 in der zeitgenössischen Interpretationen der Septuaginta den Weg der Ausbreitung des Evangeliums unter den Heiden und damit seinen eigenen Reiseweg vorgezeichnet sah (S.213-225), auch wenn andere Faktoren ebenfalls eine Rolle spielten. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1996-1. |
Ritchie, Mark Andrew. Der
Geist des Regenwaldes. Die Geschichte eines Yanomamö-Schamanen, Lahr:
St.-Johannis-Druckerei, 2008; übersetzt von Lothar und Gisela Käser. Kein Indianerstamm Südamerikas ist in den vergangenen Jahrzehnten so bekannt geworden wie die Yanomamö im Grenzgebiet von Brasilien und Venezuela durch die Ethnographie des Ethnologen Chagnon. Heute – 40 Jahre später – erscheint in deutscher Übersetzung ein Buch, in dem die Yanomamö ihre Geschichte selber erzählen. Dieses Buch ist eine wichtige Ergänzung zu und Korrektur von Chagnons Darstellung. Es ist das Verdienst des Ethnologen und Animismus-Kenners Lothar Käser und seiner Frau Gisela, uns diesen spannenden Band in einer guten, flüssigen Übersetzung in deutscher Sprache zu präsentieren. In dem Buch des Journalisten Ritchie erzählt „Dschungelmann“ von seinen Erfahrungen als Schamane bei den Yanomamö. Er berichtet von seinem Umgang mit seinen Schutz- und Hilfsgeistern und beschreibt seine Reisen in die jenseitige Welt, um die Menschen in seinem Schabono (eine Art Runddorf) zu beschützen und ihre Feinde zu bekämpfen. Der Leser erhält auf diese Weise aus erster Hand einen Einblick in die Lebenswelt eines Schamanen und seines animistischen Weltbilds. Die Darstellung ist sehr realitätsnah. Dschungelmann beschreibt die Erfahrung von Angst, von Kriegshandlungen und der Tötung von Menschen mithilfe von Geistern ohne dabei ins Voyeuristische abzurutschen. In der Darstellung wird die Durchdringung von sichtbarer und unsichtbarer Welt, die für das animistische Weltbild typisch ist, ebenso deutlich wie das Ineinandergreifen von zwischenmenschlichen Konflikten einerseits und Konflikten in der unsichtbaren Welt andererseits. Der Leser erhält so in der Erzählung Einblick in grundlegende Charakteristika einer animistischen Weltsicht. Darüber hinaus entlarvt dieser Bericht den im Western immer wieder geäußerten Appell, die christliche Mission solle die Einheimischen doch im Frieden in ihrer Religion leben lassen, als eine wirklichkeitsfremde, ideologische Forderung, die nicht dem Denken der Einheimischen entspricht. Dschungelmann hat sich – nach jahrelanger Skepsis – bedingt durch die Veränderungen, die der christliche Glaube in einem der Yanomamö-Dörfer bewirkt hat, von seinen Schutzgeistern getrennt und sich dem Großen Geist, Yai Pada, angeschlossen. Die Abwendung von Gewalt und Blutrache bedeutete für die Menschen dieses Dorfes eine bis dahin nicht gekannte Befreiung aus bisherigen gewalttätigen Verhaltensmustern. Dschungelmann macht keinen Hehl daraus, dass er sich dringend mehr Missionare wünscht, die seinen Menschen die Botschaft des Großen Geistes bringen. So erscheint denn in diesem Buch auch der Missionarssohn Kiliiwa, der unter den Yanomamö aufgewachsen und später als Missionar zu ihnen zurück gekehrt ist, als wahrer Kenner und Freund der Yanomamö. Damit wird eine weitere Konfliktebene angesprochen. Dschungelmann schildert, wie die unterschiedlichen Lebensauffassungen und Verhaltensweisen von Ethnologen und Missionaren, die unter den Yanomamö lebten, von den Einheimischen erlebt wurden. Dabei haben sich nicht alle Naba (Weißen) als wahre Freunde der Yanomamö erwiesen. Die Schilderung dieser Konflikte aus der Sicht der Yanomamö ist eine wichtige Ergänzung und Korrektur bisheriger Darstellungen und zugleich ein Beitrag zur kontroversen Diskussion über die Rolle einzelner Ethnologen und ihrer Arbeit unter den Yanomamö, die Tierney durch seine Publikation angestoßen hat (Tierney, P.: Darkness in El Dorado, New York 2000). Dieses Buch bietet die einzigartige Gelegenheit, einem Yanomamö Indianer zuzuhören, die Welt des Animismus aus der Sicht eines Insiders zu sehen, an den oft schmerzlichen Erfahrungen teilzunehmen, die diese Menschen in ihren Begegnungen untereinander und in ihren Begegnungen mit Weißen gemacht haben, Einflüsse unterschiedlichster Art von der Außenwelt auf die Lebenswelt der Indianer zu beobachten, und in all dem zu sehen, wie das Evangelium befreiend und kulturverändernd – nicht zerstörend! – wirkt. Ein sehr spannendes Buch, das das Leben in einer vom Animismus geprägten Stammeskultur aus bisher nicht gekannter Perspektive schildert. Dr. Jürgen Schuster, em 2009-3. |
Rittner,
Reinhard (Hg.). Glauben
Christen und Muslime an denselben Gott? Bekenntnis Fuldaer Hefte 34. Schriften des
Theologischen Konventes Augsburgischen Bekenntnisses. Hannover:
Lutherisches Verlagshaus, 1995. Schwerpunkt dieses Tagungsberichtsbandes ist die biblisch-christliche und die koranisch-muslimische Sichtweise der Dreieinigkeit Gottes. Kirchengeschichtlich-exegetische Aufsätze christlicher Theologen stehen neben religionsvergleichenden und islamwissenschaftlichen, sowie muslimischen Beiträgen. Gleichermaßen interessant wie ungewöhnlich ist die Tatsache, daß die deutlichste Aufforderung zum Dialog von einem muslimischen Theologen kommt: Mehdi Razvi bezieht hier offen die für die islamische Theologie klare Außenseiterposition, daß nicht nur Muslime, sondern auch gläubige Juden und Christen mit Gottes Erbarmen im Jüngsten Gericht rechnen könnten. Die christlich-islamische Kontroverse über die Trinität ist für ihn inzwischen „derart abgeschwächt und irrelevant geworden, daß wir aufhören sollten, weiterhin darüber gegenseitig zu polemisieren“ (S. 70). – Diese Aufforderung spiegelt allerdings wohl kaum die Wirklichkeit der missionarischen Begegnung von Christen und Muslimen wider. Leider stehen die einzelnen Beiträge inhaltlich recht isoliert nebeneinander – dies liegt allerdings in der Natur eines Tagungsberichtsbandes. Dementsprechend werden teilweise stärker die Unterschiede, teilweise stärker die Gemeinsamkeiten zwischen biblischer und koranischer Dogmatik betont. Wer allerdings eine eindeutige – und wie ich meine, klar zu verneinende – Antwort christlicher Theologen auf die Frage nach demselben Gott sucht, wird sie hier höchstens einmal zwischen den Zeilen angedeutet finden können. Dr. Christine Schirrmacher, em 1997-4. |
Robert,
Dana L. Converting
colonialism: visions and realities in mission history, 1706-1924 (Studies
in the History of Christian Missions), Die Herausgeberin des Sammelbandes lehrt Kirchen- und Missionsgeschichte an der Boston University und plädiert gegen die generelle Ablehnung von Mission sowie für eine Differenzierung der Vergangenheit, insofern der konkrete Kontext zu berücksichtigen sei. Die weiteren Autoren sind international tätige Kirchen- und Missionshistoriker aus Afrika, den USA und Großbritannien, zu denen die Herausgeberin erklärt: „They treat the modern missionary movement […] as a pragmatic product of the historical encounter between Western Christianity and local settings.“ (S.5) Daniel Jeyaraj untersucht Berichte der Tranquebar-Mission über die indische Kultur mit ihrem Einfluss auf Missionsgesellschaften und das westliche Denken des 18. Jahrhundert. Roy Bridges beschreibt das Zusammenwirken von Mission und Imperialismus in Ost-Afrika im Zeitraum von 1844-1890. Geografische/ ethnologische Berichte der Missionare und der Aufbau eigener Infrastrukturen seien Vorarbeiten für spätere Vorstöße Großbritanniens gewesen. Andrew Porter beleuchtet die Wirkung von Imperien-Konzepten auf das missionarische Denken und beschreibt, wie die britische Besetzung des Nahen Ostens/ Nordafrikas und das Zusammentreffen mit dem Islam eschatologische Entwürfe formte und Islam-Angst bzw. missionarischen Einsatz förderte. C. Peter Williams behandelt die wegweisenden Drei-Selbst-Ideale von Henry Venn (Church Missionary Society). Die britisch-anglikanische Siedlungspolitik habe die bestehenden einheimischen Kirchen im 19.Jahrhundert sehr herausgefordert und schließlich entmündigt. Richard Elphick führt diesen Gedanken bei Entwicklungen in Südafrika von 1890-1914 weiter. Die Rassentrennung durch Teile niederländisch-reformierter Christen skizziert er als eine Antwort nationalistischer Identität auf den lokalen Kontext, welche das Anliegen von Gleichheit aushöhlte. Dana Robert setzt bei der Bedeutung von Familie für die angloamerikanische Mission an. Der Gedanke des „christlichen Heims“ habe großen Einfluss auf die protestantische Missionsarbeit unter/ durch Frauen gehabt, was wiederum lokale Gegebenheiten veränderte. Eleanor Jackson beschreibt sodann die Rolle einheimischer Evangelisten in Bengalen/ Ostindien, analysiert ihre Arbeit und präsentiert sogar eine kommentierte Namensliste einheimischer Pioniere. Die Art der Bildungsangebote durch Missionare zeige zudem, wie Missionstheorie durch den Kontext geformt wurde. Der Sinologe R. G. Tiedemann beleuchtet die römisch-katholische Mission im China des 19. Jahrhunderts, welche einer lebendigen Untergrundkirche begegnete. Tiedemanns These besagt, dass im Grunde einheimische Gläubige China im 19. Jahrhundert evangelisierten. Abschließend erfasst der afrikanische Historiker J. F. A. Ajayi exemplarisch die Wirkung ausbildender Missionsschulen auf westafrikanische Eliten. In Spannung zur kolonialen Autorität galten Missionare als Instrument, um Nationalismus und säkulare Bestrebungen gegen eine bibel-orientierte Politik zu unterstützen. Formal gesehen ist der Paperback-Sammelband gut gelungen und praktisch zu handhaben, die Fußnoten verweisen detailliert auf einschlägige Literatur oder kommentieren den jeweiligen historischen Hintergrund. Eine Fundgrube missiologischer Forschung ist die Bibliographie (25 Seiten), ebenso dienlich ist das ausführliche Stichwortverzeichnis. Die verschiedenen Autoren bleiben durchgehend dem oben genannten Forschungsansatz treu, insofern ihr Anliegen die Berücksichtigung ethnisch-kultureller Eigenheiten, die Analyse historischer Kausalitäten sowie generell eine differenzierte sozio-kulturelle Analysen ist. Das Interesse mancher Leser an biblisch-theologischen Bezügen wird nur in Ansätzen bedient und vielmehr auf die geschichtlichen Geschehnisse gelenkt. Der vorliegende Abriss des „langen“ 19. Jahrhunderts überzeugt letztlich durch sein Themenspektrum und die detaillierten Analysen. Der Zusammenhang von Mission und Kolonialismus wird hier nachvollziehbar thematisiert, ebenso die missionarischen Vorstöße für Menschenrechte und Abschaffung von Sklaverei. Auch zeigt sich die Verbindung von pragmatischen und geistlichen Anliegen, eingebettet in konkrete historische Zusammenhänge, welche die ernüchternde und gleichzeitig hoffnungsvolle Komplexität der Missionsgeschichte aufzeigen. Alles in allem ein nützlicher Sammelband für Missiologen und missiologisch Interessierte auf der Suche nach einem realistischen Bild von Mission und Kolonialismus – nützlich sowohl für weitere Forschung als auch für apologetische Argumentationen. Daniel Vullriede, em 2010-4. |
Robert,
Dana L. Occupy
until I Come: A. T. Pierson and the Evangelization of the World. Wm. B. Eerdmans: Grand Rapids (MI), 2003. Nach mehr als einem Jahrhundert wird endlich wieder eine Biografie des legendären Missionsmannes Arthur Tappan Pierson (1837-1911) vorgelegt. Selbst nie Missionar und doch ständig in Sachen Mission auf Reisen, war Pierson die graue Emminenz der weltweiten Studentenmissionsbewegung des 19. Jahrhunderts und der führende Förderer und Verteidiger der Weltmission im evangelischen und evangelikalen Bereich. Die Autorin ist Professorin für Weltmission in der Universität Boston und durch ihr Buch ,American Women in World Mission’ bekannt. Wie in diesem Buch legt sie auch in ihrer Pier-son-Biografie ein historisches Meisterwerk vor, sowohl was das Wirken und die theologische Entwicklung Piersons betrifft, als auch, was das theologische und soziale Umfeld seiner Zeit betrifft. Wer die Biografie an einem Stück liest, erhält ein faszinierendes Gesamtbild der angelsächsischen Frömmigkeit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zwar enthält das Buch leider -und angesichts der Gründlichkeit völlig unverständlicherweise - keine Fußnoten und keine detallierten Quellenbelege, dafür aber eine sehr gute und ausführliche Diskussion der vorhandenen Bücher zum Thema und zum Umfeld. Faszinierend ist der geistliche und theologische Lebenslauf Piersons, der wie so viele Evangeli-kale seiner Zeit mehrere konfessionelle Zugehörigkeiten durchlief und von allen Richtungen lernte und etwas für immer festhielt. Von Haus aus Presbyterianer erbte er von seinen reformierten Lehrern die fundamentalistische Bibelhaltung, den Optimismus in der Evangelisation und den Einsatz für soziale Belange. Doch durch seine weitgespannten Kontakte – vor allem in den USA und in England –, etwa durch seine Besuche bei seinen Freunden Charles H. Spurgeon (S.49-50) und Georg Müller, und durch seinen Einsatz im Rahmen der Evangelischen Allianz und des CVJM wurde aus dem reformierten Evangelisten ein evangelikaler Erwe-ckungsprediger. Eine Midlifekrise wegen der zunehmenden Armut in den Großstädten (S.85ff), gegen die die Evangelisation nichts ausrichten konnte, ließ ihn pessimistischer werden und führte schließlich 1876 zu einer Art zweiter Bekehrung. Pierson schloss sich der Heiligungsbewegung an, nahm sich Charles Finney zum Vorbild (S.89ff) und wurde schließlich 1879 Prämillennialist wie Georg Müller (S.103+106+151), bleibt dabei aber optimistisch was die Zunahme und den Erfolg der Weltmission betrifft. 1886 schließlich beginnt die Studentenmissionsbewegung, als sich 100 Studenten auf einer seiner Bibelfreizeiten entschließen, Missionare zu werden. Pierson verlässt das Pastorat und wird Erweckungsevangelist in Sachen Mission. Sein Buch ,The Crisis of Missions’ (S.140-144) rüttelt die evangelische Welt auf. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere lässt er sich wiedertaufen, nachdem er zwei Jahre ohne Wiedertaufe auf der Kanzel Spurgeons gepredigt hatte. Die Baptisten weltweit warfen ihm jedoch lautstark vor, die Taufe privat im kleinen Kreis durchgeführt zu haben, die Presbyterianer entzogen ihm die Ordination und die ökumenisch orientierten älteren Kirchen die Unterstützung (S.245-249). Viele Freunde wandten sich von ihm ab. Doch die gewonnene Zeit nutzte er für eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die meisten zum Thema Mission, einige außerdem zur Bibel. Denn - was gerne verschwiegen wird, wenn zu Recht Piersons ökumenische Gesinnung hervorgehoben wird - Pierson war immer ,Fundamentalist’ (S.279-283) und schrieb fünf Beiträge für die namensgebende Buchserie des Fundamentalismus ,The Fundamentals’. Sein erstes Buch zur Verteidigung der Bibel verfasste er bereits 1880 (S.97), sein Buch ,God’s Living Oracle’ gilt James I. Packer bis heute als eine der bedeutendsten Verteidungen der Einheit der Bibel (S.266-267). Pierson ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass Bibeltreue, Evangelisation, Förderung der Weltmission, weitherzige Zusammenarbeit, und Einsatz gegen die sozialen Übel dieser Welt Hand in Hand gehen können und dass auch evangelikale Christen immer Lernende bleiben. Prof.Dr. Thomas Schirrmacher, em 2004-2. |
Robert,
Marie-Hélène, et al (eds.). Figures bibliques de la mission: Exègese et théologie de la mission,
Approches catholiques et protestantes (Lectio Divina 234) Der vorliegende Sammelband hat seinen Ursprung in der Association Francophone Oekuménique de Missiologie (vgl. www.afoml.org), die katholische und protestantische Perspektiven miteinander vereint. Ziel ist es, Schriftexegese und Missionstheologie miteinander zu verbinden. Die Teile des Bandes „reflètent bien la dialectique d’ensemble, entre la missio Dei, source et fondement de toute mission, et la part qui revient à l’homme dans le travail missionaire“ (8). Im „Préface“ beschreibt P. Abadie die einzelnen Beiträge und setzt sie zueinander in Beziehung. Der erste Teil gilt dem Handeln Gottes in der Mission: J.-D. Macchi, “La bénédiction dans la Bible hébraïque“ (23-48); C. Vialle, „Esther et Judith: le rôle des païens dans le plan de Dieu“ (49-72) und M.-H. Robert, „Identité d'Israël et mission dans l'Ecriture“ (73-97). Der zweite Teil ist den menschlichen Trägern der Mission (figures missionnaires) gewidmet: É. Cuvillier, „Paul missionnaire: approche historique et théologique“ (101-118); Priscille Djomhoué, „La Samaritaine, une pionnière de la mission évangélisatrice dans le Nouveau Testament“ (119-133) und J.-F. Zorn, „L'appel du Macédonien (Ac 16,9-10): un récit biblique fondateur de la mission?“ (135-157). Teil drei beleuchtet die Mission der Gemeinde (réception communautaire): C. Paya, „Le discours missionaire de Matthieu“ (161-175, der Autor lehrt an der Faculté de théologie évangélique de Vaux-sur-Seine); M. Schöni, „Un modèle centrifuge et un modèle centri‑pète? Jésus et la mission de l'Église selon Luc-Actes et selon Jean“ (177-194); P. Poucouta, „La mission sous le signe de l'altérité: Ac 2.1-41” (195-210) und J. Matthey, “Mission et guérison: le rôle des communautés chrétiennes selon quelques textes choisis du Nouveau Testament“ (210-240). Abschließend schreibt J. Matthey unter den Stichworten missio Dei, eine Mission – unterschiedliche Missionen, missio ecclesiae, ein Zeugnis – unterschiedliche Zeugnisse, eine „Conclusion: convergences et divergences, pôles dynamiques en mission” (241-253). Der Beiträge des gelungenen Bandes sind mit wesentlichen Strömungen der gegenwärtigen internationalen Missiologie im Gespräch. An wichtigen Stellen fehlt das Gespräch mit evangelikalen Beiträgen und mit neuerer exegetischer Literatur zur Mission im Neuen Testament. Christof Stenschke, em 2012-2. |
Roberts,
W. Dayton & John A. Siewert, Mission Handbook: USA/Canada Protestant
Ministries Overseas. 14.
Ausgabe, MARC/ Zondervan: Monrovia/Grand Rapids 1989. Nachdem die dreizehnte Ausgabe dieses Werkes früher ausführlich besprochen wurde, soll nur kurz auf die neue Ausgabe hingewiesen werden. Das unentbehrliche Nachschlagewerk enthält wieder die Adressen aller Missionsgesellschaften in den USA und Kanada mit Arbeitsgebieten, Personal- bestand und Spendenaufkommen. Die Gesamtzahl der amerikanischen Missionsgesellschaften ist um 31 auf 692 gestiegen, die Zahl der Missionare von 58 700 (1985) auf 70 969 (1988), darunter 30 748 Kurzzeitmissionare. Während der eigentliche Aufbau des Buches gleich geblieben ist und aus der Besprechung der 13. Ausgabe ersehen werden kann, wechseln die beigegebenen Aufsätze jeweils. Diesmal enthält der Band neben einer Einführung in die statistische Situation 44 Seiten mit vier Beiträgen: Eine Darstellung der internationalen Lage von William A. Dyrness, ein sehr kurzer Beitrag von J. Christy Wilson über „Zeltmacher“, ein Aufsatz von Arthur F. Glasser über den Beitrag der amerikanischen Missionsvereinigungen zur Weltmission und eine Untersuchung zur Frage, wie die Kirche im Laufe der Geschichte ihre Missionsarbeit organisierte. ‑ Die Aufnahme in das Verlagsprogramm von Zondervan hat der Haltbarkeit des Buches offensichtlich sehr gut getan! Dr. Thomas Schirrmacher, em 1991-3. |
Rommen, Edward. Die
Notwendigkeit der Umkehr. Missionsstrategie
und Gemeindeaufbau in der Sicht evangelikaler Missionswissenschaftler
Nordamerikas. Giessen : TVG, Brunnen Verlag, 1987. Nach einer in Amerika vorgelegten kleineren Dissertation über Deutschland („Namenschristentum“) legt Rommen, Professor an der Trinity Evangelical Divinity School in Deerfield/USA und Dozent am Predigerseminar der Freien Evangelischen Gemeinden in Ewersbach, nun seine zweite in Deutschland (bei Bürkle in München vor seinem Wechsel zur katholischen Fakultät) eingereichte Dissertation über Amerika vor. Rommen ist also für die Verständigung zwischen den USA und Deutschland prädestiniert. In der ersten Hälfte des Buches referiert er über fünf entscheidende evangelikale Ansätze der Missionswissenschaft, nämlich: der systematische von George W. Peters, der anthropologische von Alan Tippett, Charles Kraft u.a., der soziologische von Donald McGavran (Gemeindewachstumsbewegung), der kommunikationswissenschaftliche von David Hesselgrave u.a. und der strategische Ansatz von Ralph D. Winter. Im zweiten Teil systematisiert er die evangelikale Missionswissenschaft Nordamerikas und vergleicht sie mit anderen Ansätzen. Dabei hebt er einerseits die Stärken hervor, von denen wir in Europa lernen können, betont andererseits aber ebenso die Schwächen, die leicht zu weitreichenden Problemen führen können. Diese ausgezeichnete Dissertation kann Brücken bauen und ‑ für eine Dissertation durchaus ungewöhnlich ‑ als Nachschlagewerk dem schnellen Erfassen wichtiger amerikanischer Ansätze dienen. Wer sie gelesen hat, wird manches Gute und Schlechte in der amerikanischen Missionswelt besser verstehen, aber auch begreifen, wieviel die evangelikale Missiologie in Deutschland aufzuholen hat. Schade, daß Rommen in Amerika lehrt und nur gelegentlich in die BRD kommt. Thomas Schirrmacher, em 1988-1. |
Roser, Markus. Hexerei und Lebensriten. Zur
Inkulturation des christlichen Glaubens unter den Gbaya der
Zentralafrikanischen Republik. Missionswissensch. Forschungen; NF Bd. 13. Erlanger Verlag für Mission
und Ökumene: Erlangen 2000. Der Autor hat sich in seiner Heidelberger Dissertation ein ungemein schwieriges, weil komplexes Thema vorgenommen: die Hexerei, ein Phänomen, das besonders charakteristisch ist für schriftlose Gesellschaften, aber auch in den so genannten Hochkulturen vorkommt, und bis zum Zeitalter der Aufklärung in Europa eine unrühmliche Rolle gespielt hat. Bemerkenswert an Rosers Arbeit ist die Breite, mit der sie angelegt ist, die Sachkenntnis, mit der er die ungemein vielschichtige Materie ordnet und die Gründlichkeit, die er im Umgang mit Details an den Tag legt. Er tut dies auf Grund einer eher selten anzutreffenden Fächerkombination: Der Autor ist Theologe und Ethnologe. Darüber hinaus verfügt er offensichtlich auch über ins Einzelne gehende linguistische Kompetenzen, denn er untermauert seine Ausführungen mit semantischen Analysen von Wortformen, die Schlüsselbegriffe im gedanklichen System der Hexerei bei den Gbaya bezeichnen. Dies ist eine Grundvoraussetzung für dichte Beschreibungen von Religionskomplexen überhaupt. Wer sich einarbeiten will in das Verstehen der zahlreichen Funktionen und Wirkungen, die Hexerei als soziales Phänomen auf Menschen ausübt, wer Zugänge sucht zu möglichen Lösungen für schwerwiegende Probleme, die der Glaube an die Fähigkeiten männlicher und weiblicher Hexen im Raum christlicher Gemeinden und Kirchenorganisationen schafft, der findet sie modellartig in dieser Darstellung. Es ist zu vermuten, dass manche Schlüsse, die der Autor als Missionar zieht und manche Vorschläge, die er daraus ableitet, nicht den gewünschten Erfolg haben werden oder in der vorgeschlagenen Form nicht realisierbar sind. Nützliche Ausgangspunkte und Handlungs Prof. Dr. Lothar Käser, em 2001-1. |
Ross, Andrew C. A Vision
Betrayed. The Jesuits in Japan and China, 1542 - 1742. Maryknoll: Orbis,
1994. In diesem Buch versucht der Dozent für Missionsgeschichte an der Universität Edinburgh, Andrew C. Ross, vor dem Hintergrund der Geschichte der Jesuiten-Mission in China und Japan, der Fragestellung nachzugehen, wie weit es den Jesuiten gelungen war, in Ostasien ein von westlicher Kultur weitgehend gereinigtes Christentum zu etablieren. Neben seiner sorgfältigen Darstellung und Analyse der Missionsgeschichte in der behandelten Periode legt Ross einen Schwerpunkt auf die Untersuchung des Verhältnisses zwischen der theologischen Vision der „missio“, die in jener Zeit zum ersten Mal außer auf das Verhältnis von Gott-Vater zum Sohn auch auf die Sendung der Kirche in die Welt angewandt wurde, und dem erwachenden politisch-kulturellen Sendungsbewußtsein der Mittelmeerländer. In diesem Konflikt zwischen Mission als Sendung im theologischen Sinn und der expansiven Machtpolitik stand die frühe Ostasien-Mission der Jesuiten. Und nach Ross endete dieser Konflikt mit dem Verrat an der Vision, allerdings nicht nur durch die Jesuiten, sondern durch alle christlichen Missionen bis zum 18. Jahrhundert. Den weitaus größten Teil der Monographie nimmt dabei die Darstellung einiger Abschnitte der
frühen jesuitischen Missionsgeschichte in Japan und China ein. Dafür greift
Ross jedoch ausschließlich auf westliche Sekundärliteratur zurück. Der Mangel an Arbeit mit den durchaus zugänglichen Quellen zu dem behandelten Thema
birgt stets die Gefahr einer Mißinterpretation der Sekundärliteratur. Daher
liegt der Stefan Müller, em 1995-4. |
Ross-Kinsler, F. & James H. Emery (Hg.): Opting for Change: A Handbook On Evaluation and Planning for Theological Education for Extension. William Carey Library: Pasadena (CA) und World Council of Churches: Genf, 1991. Dies Handbuch zur Überprüfung des Standards und der Qualität von TEE-Kursen und -Programmen wurde von einem evangelikalen Missionsverlag verlegt, aber von Mitarbeitern des Weltkirchenrates in Genf erstellt. Deswegen liegt der Schwerpunkt des Buches nicht auf der inhaltlichen Seite. Die Frage, welche Theologie vermittelt wird, ist also nicht Gegenstand des vorgeschlagenen Weges, Stück für Stück die Trägerschaft, das Gesamtkonzept, die Einbeziehung der kulturellen Vorgaben, die Akzeptanz beim Schüler und das Lehrmaterial zu überprüfen. Da die Seiten einzeln herausgetrennt werden können, ist das Buch gut geeignet, um die einzelnen Bereiche eines TEE-Programmes mit den Betroffenen zu diskutieren, indem jeder den Text in Kopie vorliegen hat. Für ein Handbuch erscheint mir das Buch jedoch zum Teil zu ‘hoch’ angesetzt, werden doch teilweise pädagogische und wissenschaftliche Konzepte in einer Fachsprache diskutiert, die bei der konkreten Überprüfung von TEE-Programmen kaum zu vermitteln sein dürfte. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1994-2. |
Rother, Bernd. Kirche in der Stadt: Herausbildung und
Chancen von Urbanen Profilgemeinschaften. Neukirchen: Neukirchener
Verlag, 2005. Das vorliegende Buch wurde ursprünglich als Disseration an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Prof. Dr. Günter R. Schmidt) verfasst und vom Autor für die Veröffentlichung sprachlich leicht überarbeitet. Die Untersuchung richtet sich an eine akademische Leserschaft, weniger an den praxisorientierten Gemeindemitarbeiter. Die Sprache ist auch nach der Überarbeitung noch stark fachtheologisch geprägt und für den allgemeinen Leser eher schwer verständlich. Interessant ist das Material dennoch! Rother untersuchte eine Kategorie von Gemeindegründungen im urbanen Kontext, die mehr oder weniger freikirchlich funktionieren, aber im Rahmen der Volkskirche stattfinden. Er nennt sie „Urbane Profilgemeinschaften“ (UPG). Im Gegensatz zu Gemeindegründungen, die aus der Volkskirche ausgestiegen sind – Rother beschreibt unter anderem die Anskar-Kirche (S. 23-26) – examiniert Rother das englisch-anglikanische Church Planting Movement, die Schweizer Basileia Vineyard Bern, die französische Communauté St. Nicolas in Strasbourg, die in Süddeutschland beheimate Oase Giengen, die Christliche Gemeinschaft Fürth, und besonders die HOSANNA-Dienst-Gemeinschaft in Heidelberg. Der Autor bewertet diese theologisch eher konservativen Gemeinschaften aus der Perspektive einer immanenten Christologie und Ekklesiologie, die Christus heute in Wort und Sakrament der Kirche als „Gemeinde existierend“ versteht (S. 275 u.a.). Dazu im Gegensatz steht die inkarnatorische Christologie der UPG: die untersuchten Gemeinschaften sehen die Kirche als den Leib Christi, Christus aber als ontologisch unterschieden von der Kirche, der eine Bekehrung zu sich, separat von Kirchenmitgliedschaft, dennoch innerhalb des Leibes Christi, fordert. Rother kritisiert diese inkarnatorische Christologie/Ekklesiologie als „elitäre“ Mentalität, „als könne eine Gemeinschaft als ‚vollkommenere‘ Inkarnation Christi verstanden werden als die Volkskirche“ (S.293). Für Rother scheint dieses „Elitebewußtsein“ gefährlich, weil es auf ein Erneuerungsbedürfnis der Volkskirche deutet. Dennoch intendiert ja auch Rother die Erneuerung der Volkskirche. Mit seiner Forschungsarbeit verfolgt er ja gerade die Frage, „ob durch UPG die evangelischen Landeskirchen an Handlungsfähigkeit und damit an Relevanz in der heutigen urbanen Gesellschaft gewinnen können“ (S.22, wiederholt S.274). Über die Relevanz der erforschten Gemeinden ist nicht zu streiten. Rothers Buch macht deutlich, welche Merkmale die von ihm untersuchten UPG gemeinsam haben: (1) sie arbeiten aufgrund der theologischen Überzeugung, dass Menschen eine persönliche Bekehrung zu Christus brauchen, (2) die meisten UPG haben eine charismatische Tendenz, (3) alle waren schon vor dem offiziellen Beginn des Gründungsprojektes zielbewusst, (4) alle wurden von einer starken und visionären Leitungspersönlichkeit gegründet, (5) sie richten sich auf eine bestimmte Zielgruppe aus, (6) alle haben eine missionarische Ekklesiologie. Besonders hilfreiche Information für urbane Gemeindebauer kommt aus dem dritten Teil des Buches, wo Rother die heutige Urbanität aus soziologischer Perspektive untersucht. Hilfreich ist dort die Information über urbane Netzwerksysteme. Auch das zweite Kapitel, mit den Beschreibungen der aktuellen Gemeindegründungen, bietet dem Gemeindegründer nicht nur hochinteressante Information, sondern auch wichtige Einsichten für die Praxis. Abschließend bewertet Rother die Gründung von UPG im Rahmen der Volkskirche kritisch mit Hilfe der (immanent interpretierten) Confessio Augustana. Rother bejaht die Gründungen von UPG innerhalb der Volkskirche, solange angemessene Strukturen und theologische Übereinstimmung von vornherein existieren (S. 330). Aber gerade hier sehe ich das Problem: Rother will Urbane Profilgemeinschaften, die durch ihre dynamische und relevante Art Leute in die (Volks)Kirche zurücksammeln, will aber auch, dass sich die UPG der - aus meiner Sicht - reduktionistischen Ekklesiologie der Volkskirche anpassen. Diese Anpassung jedoch würde die UPG genauso „erneuerungsbedürftig“ in Dynamik und Relevanz machen wie die Volkskirche. Kirche in der Stadt ist ein Buch voller wichtiger Information, aber leider noch nicht der dringend gebrauchte theologische und praktische Wegweiser, die Stadt in die Kirche zurückzuleiten. Dr. Stephen Beck, em
2006-2. |
Ruokanen,
Miikka. The
Catholic Doctrine of Non-Christian Religions. According to the Second
Vatican Council. Studies in Christian Missions 7. Leiden/New York: E. J. Brill, 1992. Da die Diskussion um eine Theologie der Religionen weltweit in starkem Umfang von katholischen Theologen bestimmt wird, ist es unumgänglich, sich mit der römisch-katholischen Sicht zu befassen. Die vorliegende Untersuchung des finnischen Dogmatikers Ruokanen analysiert schwerpunktmäßig all jene Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils, die sich mit den außerchristlichen Religionen bzw. mit der Frage der Heilsmöglichkeit außerhalb der christlichen Kirche befassen. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, die römische Sicht nicht aus den lehramtlich unmaßgeblichen Auffassungen einzelner Theologen zu rekonstruieren, sondern aus der noch immer neuesten Stellungnahme des römischen Lehramtes zu dieser Thematik, wie sie in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils vorliegt. Nach einer Einführung (7-10) und einer kurzen Darlegung der vorkonziliaren Sicht der nichtchristlichen Religionen (11-34) konzentriert Ruokanen seine Analyse der Konzilstexte zu Recht auf die Erklärung zu den ausserchristlichen Religionen Nostra Aetate, er berücksichtigt aber auch die dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen Gentium, das Missionsdekret Ad Gentes und die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes (35-113). Ruokanens Untersuchung ist methodisch vorbildlich und in ihren Resultaten überzeugend, weil sie sehr sorgfältig an dem Wortlaut der Konzilstexte entlanggeht und im ständigen Gespräch mit den bislang publizierten Auslegungen erfolgt. Ruokanen gelangt im Unterschied zu vielen „progressiven“ katholischen Theologen (z.B. P. Knitter) zum Ergebnis, daß das Konzil die außerchristlichen Religionen ausdrücklich nicht als Heilswege anerkannt habe: Zwar leiteten die Konzilstexte insofern eine Neuentwicklung ein, als sie die Religionen nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Ablehnung, sondern mit Respekt und Offenheit für deren religiöse und sittliche Wahrheiten beurteilten, sie verblieben aber inhaltlich in den Linien der vorkonziliaren Tradition, insofern sie den Religionen (im Sinne von Röm 1,19f. und 2,14f.) nicht mehr als ein gewisses Maß an natürlicher Gotteserkenntnis und ethischer Einsicht auf der Basis einer allgemeinen Schöpfungsgnade zuerkannten. Demnach könnten sich weder Rahners inklusive Theorie von den „anonymen Christen“ noch die heute bei katholischen Denkern beliebte pluralistische Theologie der Religionen auf das Zweite Vaticanum berufen. Ruokanens für manche sicherlich ernüchterndes Fazit: „Insgesamt betrachtet bestätigte das Konzil die klassische katholische Position erneut und führte somit die Kontinuität in der katholischen Lehre vor Augen.“ (Übersetzung aus dem Engl.) Die Studie wird beschlossen durch einen umfangreichen Anhang, der die Textgeschichte von Nostra Aetate dokumentiert (121-131) und eine aufschlußreiche (1990 im International Bulletin of Missionary Research erschienene) Kontroverse des Autors mit Paul Knitter und William Burrows über die Berechtigung seiner Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils widergibt. Diese Debatte unterstreicht noch einmal die Fundiertheit von Ruokanens Analyse. Werner Neuer, em 1996-3. |
Rzepkowski, Horst. Lexikon der Mission. Geschichte, Theologie, Ethnologie. Graz/ Wien/Köln: Styria, 1992. Neben dem 1975 erschienenen „Lexikon zur Weltmission“, dessen protestantische und angelsächsische Herkunft unübersehbar ist, und dem streng auf evangelisch-katholische Parität bedachten „Lexikon missionstheologischer Grundbegriffe“ von 1987 liegt nun ein drittes lexikales Nachschlagewerk vor. Verantwortlich dafür zeichnet der Ordinarius für Missionswissenschaft an der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin, der es – welch herkulische Arbeit – allein verfaßte und damit „auf Fragen nach geschichtlichen Fakten und gegenwärtigen Abläufen eine schnelle Antwort“ geben will. Entsprechend bietet das Lexikon über 750 zumeist mit gut ausgewählter Literaturangabe versehene kurze Artikel, die -bedauerlicherweise - auf Querverweise verzichten. Ebenso vermißt man ein Register; stattdessen ist ein „Verzeichnis der Artikel“ beigefügt. Wie obige Werke, so ist auch dieses – erfreulicherweise – ökumenisch orientiert, wenngleich das römisch-katholische Element merklich vorherrscht – was freilich der Horizonterweiterung des evangelischen Lesers durchaus dienlich sein wird. Erfreulich ist auch die beträchtliche thematische Breite, die das Lexikon auszeichnet: Über die im Untertitel genannten Schwerpunkte hinaus schließt es wichtige Beiträge aus der politischen Zeitgeschichte (z.B. Apartheid, Club of Rome), der vergleichenden Kultur- und Religionswissenschaft (vgl. bes. S.259-261, 358-360) wie auch vor allem aus der Entwicklungshilfe (vgl. bes. S.126-129.137-139. 343f.) mit ein. Den Vorrang haben freilich die Theologie und darüber hinaus die Geschichte, die weniger mit geographischen Artikeln als mit einer Vielzahl von Sachbeiträgen und namhaften Gestalten zu Wort kommt. Personenartikel machen überhaupt etwa ein Viertel aus; des weiteren werden Personen auch in Sachartikeln vorgestellt. Evangelischerseits bietet sich eine recht breite Palette dar, die von Luther über Rhegius(!), Leibniz, Ziegenbalg, Gützlaff und Venn bis zu Otto, Harnack(!) und Marguli reicht. Allerdings vermißt man auch Beiträge, etwa über Jänicke, Nommensen (welcher weniger kundige Leser würde ihn unter „Ba-tak-Kirche“ suchen?) und den ruhmreichen Albert Schweitzer. Etwas weniger Beachtung als die Personen finden die Träger der Mission: Die protestantischen Organisationen werden hauptsächlich in zusammenfassenden Artikeln (Missionsgesellschaften, Glaubensmissionen, Ärztliche Mission u.a.) dargestellt. Exemplarisch werden daneben fünf deutsche und vier angelsächsische Gesellschaften einzeln aufgeführt; allerdings vermißt man dabei die Dä-nisch-Hallesche und die Herrnhuter Brüdermission. Die wichtigsten missiologischen, aber auch damit verwandte allgemeintheologische Begriffe werden in prägnanter, allgemeinverständlicher Weise referiert, wobei sich Rzepkowski mit einer Wertung weitgehend zurückhält. In einigen Artikeln wird jedoch nicht immer ersichtlich, um wessen Meinung es sich handelt, da der Verfasser mitunter ohne Quellenangabe zitiert. Orientiert hat er sich vornehmlich an den Auffassungen des Zweiten Vatikanums (vgl. den entsprechenden Artikel), ohne freilich die von der ökumenischen und der evangelikalen Bewegung geprägten Themen zu vergessen (Ökumenische Mission, Weltmissionskonferenzen, Evangelikai, Lausanner Kongress). Leider haben sich zahlreiche Druck- und Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen; z.B. wurde die Liebenzeller Mission 1899 gegründet, nicht 1892 (S.303); der als bestehend aufgeführte „Deutsche Evangelische Missionstag“ (ebd.) wurde 1974 aufgelöst. Trotz dieser kleinen Mängel wird dieses leicht lesbare Buch schon sehr bald Rang und Ruf eines Standardwerkes erlangt haben. Deshalb gehört es nicht nur in die Bibliothek des missiologischen Fachmanns, sondern stellt auch - trotz des stattlichen Preises - eine lohnende Anschaffung für jeden dar, der sich näher mit der Mission beschäftigt. Werner Raupp, em 1994-2. |
Rzepkowski, Horst. Lexikon der Mission: Geschichte
- Theologie - Ethnologie. Verlag Styria: Graz, 1992. Einmannlexika sind heute recht selten geworden, aber dem katholischen Missionslexikon von Rzepkowski dürfte man wohl kaum anmerken, daß das ungeheure Fachwissen einschließlich der vielen Literaturverweise von nur einem einzigen Mann im Laufe seines langen Lebens zusammengetragen wurde. Natürlich steht die katholische Missionstheologie bei der Auswahl der Themen und Einträge im Vordergrund. Wer die bedeutenden Missionare der katholischen Kirche oder die verschiedenen päpstlichen Missionsenzyklika oder wichtige Dokumente im Geiste des 2. Vatikanischen Konzils kennenlernen will, wird derzeit kaum einen besseren Zugang dazu finden. Doch schon in den dogmatischen Artikeln ist das katholische Element erstaunlich zurückhaltend eingebracht worden. Die protestantische Geschichte der Mission und der Missionswissenschaft wird in vielen eigenen Artikeln berücksichtigt, wenn auch nicht so umfassend, wie die katholische. Gelegentlich haben sogar evangelikale Themen und Gruppen Eingang gefunden (z. B. ‘Evangelikale’, ‘Lausanner Kongreß’), wenn auch praktisch alle Glaubensmissionen fehlen (Ausnahmen z. B. ‘Baptistische Missionen’, ‘Jugend mit einer Mission’). Die theologische Breite der Artikel und der Versuch des Verfassers, seine eigene Theologie nicht zu sehr durchscheinen zu lassen, der natürlich grundsätzlich sehr zu begrüßen ist, führt aber dazu, daß das historische Element sehr stark im Vordergrund steht, die theologische Beschreibung und Differenzierung der einzelnen Gruppen dagegen bisweilen zu kurz kommt und recht flach wirkt. Oft bleibt es bei Kurzurteilen, die - auch wenn man berücksichtigt, daß das Lexikon knapp informieren will – der Thematik kaum gerecht werden. Ein Beispiel muß hier genügen. So beschreibt der Artikel „Dämon“ ausführlich auf zwei kompletten Spalten die klassische Sicht der Dämonisierung fremder Religionen, wie sie die Missionsgeschichte geprägt hat, sowie den Stellenwert des Dämonenglaubens in bestimmten Religionen. An eigener Stellungnahme erfolgt jedoch nur eingangs ein einziger Satz: „Im Bereich der Evangelisierung und der Begegnung mit den Religionen ist die Vorstellung des ‘Dämon’ wenig hilfreich“. Was soll damit gesagt werden? Gibt es Dämonen, aber man sollte weniger von ihnen sprechen oder sie nicht in anderen Religionen sehen? Oder gibt es bestimmte sinnvolle Beschränkungen für einen zu leichtfertigen Umgang mit dem Vorwurf der Dämonie? Oder sind Dämonen mythische Beschreibungen, die heute nicht mehr angebracht sind? Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-4. |
Sahid, Ibrahim. Christen und Moslems. Anregungen
zum Gespräch. Uhldingen:
Stephanus-Edition, 1997. Dieses kleine Taschenbuch erschien 1971 in Afrika und wurde in Indien bereits in vier Sprachen veröffentlicht. Sahid, langjähriger Islam-Missionar in Afrika, möchte Christen praktische Handreichungen geben für missionarische Gespräche mit Muslimen. Er vermittelt nicht nur Grundlagenwissen über gut geeignete Themen. Es versucht auch, Gesprächshilfen zu geben für die ‘heißen Eisen’ wie die Gottessohnschaft Jesu oder die Dreieinigkeit. Zusätzlich wirft er am Ende jeden Kapitels einige Fragen auf, damit eigene Verhaltensweisen und Denkstrukturen neu überdacht werden können. Daß Jesu Liebesgebot gerade auch für Muslime gilt und die Liebe Christen von Furcht und Vorurteilen befreit, kann auch bei uns in Deutschland nicht oft genug betont werden. Sahid vermittelt nicht nur ‘trockenes’ Wissen, sondern auch seelsorgerliche Hilfen für diejenigen, die mit Muslimen im Gespräch sind. Besonders geeignet als ‘Einstiegslektüre’. Dr. Christine Schirrmacher, em 1998-1. |
Samuel, Vinay & Chris Sugden (Hg.). A.D. 2000 and Beyond: A Mission Agenda. Festschrift John Stott. Regnum Books: Oxford, 1991. Diese
missionswissenschaftliche Festschrift zum 70. Geburtstag von John Stott wurde nicht von evangelikalen
Größen verfaßt, wenn man einmal von dem Vorwort von Billy Graham absieht, sondern weitgehend von jüngeren Theologen aus aller Welt, die sich dem Verhältnis
von Mission und sozialem Engagement oder der Auseinandersetzung mit anderen
Religionen widmen und die seit einigen Jahren
von John Stott wesentlich gefördert werden.
Auch der Verlag des Buches geht auf diese Initiativen zurück. Unter
den theologisch weitgestreuten Autoren
finden sich aus England Christopher
Sudgen und der Leiter des All Nations Christian College, aus Asien
John Chew Hiang Chea, Jesudason B.
Jeyaraj, Michael Nai-Chiu und Vinay Samuel, aus Brasilien Valdir Steuernagel, aus Afrika Robert Aboagye
Mensah, aus Pakistan der Leiter der Church
Missionary Society, und schließlich sogar Joachim Wietzke vom
Evangelischen Missionswerk in Hamburg
(über das Verhältnis zum Islam). Eine solche Breite an theologischen Positionen und Themen kann natürlich, wie es meist bei Festschriften der Fall ist, nur schwer vorgestellt und beurteilt werden. Die meisten Autoren beschäftigen sich mit sozialen Fragen oder mit dem Einheimischwerden
des Evangeliums in ihrer oder anderen
Kulturen. Erfreulich ist, daß zu sozialen Fragen sehr stark auch das
Alte Testament herangezogen wird. Dies gilt etwa für Wrights Darstellung der Einzigartigkeit Christi aus
alttestamentlicher Sicht oder den lesenswerten Beitrag zum Verhältnis von
Eltern und Kindern im Alten Testament und
den Folgerungen für von der
Ahnenverehrung geprägte
Gesellschaften. Allerdings wird man bisweilen
den Verdacht nicht los, daß es nur um ein Berufen auf das Alte
Testament geht, wenn es gerade passend
erscheint, denn ein Dr. Thomas
Schirrmacher, em 1992-3. |
Sandgren, David P. Christianity and the Kikuyu. Religious Divisions and Social Conflict. (American University Studies, Series IX History; vol. 45), Peter Lang: New York, 1989. Von ihrer Qualität her zu urteilen, hätte Sandgrens
Dissertation (University of Wisconsin-Madison 1976) nicht so lange (wenn man
von der University Microfilm Int. [UMI] Print-on-Demand Version absieht) unveröffentlicht bleiben dürfen. In
seiner gut lesbar geschriebenen Arbeit untersucht Sandgren für das Gebiet der Africa Inland Mission in Kenya die Begegnung
der Kikuyu mit der christlichen Botschaft, wobei er die AIM als eine Mission schildert, die eng mit ihrer
eigenen Kultur liiert ist und dieser Tatsache wenig kritisch gegenübersteht. Sandgren sieht aber - und hier unterscheidet sich sein Buch von vielen frommen wie gar nicht so frommen Büchern - die Kikuyu nicht als
die passiven Empfänger bzw. Opfer des Handelns
der Mission, sondern als Menschen, In Sandgrens Buch geht es thematisch um die Autonomie der Außenstationen (ohne weiße Missionare), um die Mädchenbeschneidung, um das Schulwesen und um die aus diesen drei Kontroversen hervorgehenden Afrikanischen Unabhängigen Kirchen. Da diese Fragen in der einen oder anderen Form heute noch in vielen Missionen und Kirchen brennend sind, ist das Buch für den praktischen Missionar sehr zu empfehlen, auch wenn er nicht in direktem Kontakt zur AIM steht. Außerdem kann das Buch einer Korrektur der AIM Geschichtsschreibung dienen. Die offizielle Darstellung (Kenneth Richardson: Garden of Miracles. A History of the Africa Inland Mission, London: Victory Press 1968) münzt den Titel zwar auf Gottes Wirken, aber manche Informationen erscheinen schon sehr wundersam. Wenn zum Beispiel berichtet wird, daß nach der Kontroverse um die Mädchenbeschneidung die Zahl der Christen schrittweise wieder zunahm, daß aber die Maßstäbe nie gesenkt wurden, so ist das schlicht nicht wahr, wie nicht nur Sandgren und Jomo Kenyatta (Facing Mount Kenya) belegen, sondern auch John Gration (jetzt Professor of Missions am Wheaton College), dessen Dissertation (The Relationship of the Africa Inland Mission and its National Church in Kenya Between 1895 and 1971, PhD New York University 1974) leider auch noch der Veröffentlichung harrt (allerdings bei UMI als Print-on-Demand Version erhältlich ist). Sandgrens Buch möchte ich Missionaren, die sich mit dem Verhältnis Kirche - Mission und Mission - einheimische Kultur beschäftigen, sehr empfehlen. Diese Empfehlung gilt trotz des bescheidenen Layouts, das den Eindruck erweckt, als gäbe es in Amerika noch keine Computer. Dr. Klaus Fiedler, em 1993-3. |
Sauer, Charlotte. Johannes E. Gossner, Ein Leben für die
Wahrheit. Neuhausen: Hänssler, 1995. Die Lebensgeschichte Gossners (1773-1858) liest sich spannend wie ein Roman. Sehr einfühlsam und klar zeichnet Sauer die Stationen dieses Erweckungspredigers nach. Während 30 Jahren tritt er als kompromissloser Mahner für die Wahrheit des Evangeliums im Kontext seiner katholischen Umgebung ein. Als sich von Seiten der Kirchenführung gegen den Priester Gossner starker Widerstand regt und er mehrfach gemaßregelt und schließlich aus Bayern vertrieben wird, nimmt er eine Berufung nach Petersburg an. Nach Jahren gesegneten Dienstes regt sich auch dort Widerstand. Wieder wird er vertrieben und flieht in eine für ihn ungewisse Zukunft. Schließlich tritt er zum evangelischen Glauben über und übernimmt eine Pfarrstelle in Berlin. Jahre des außergewöhnlich gesegneten Dienstes für das Reich Gottes folgen. In Zusammenarbeit mit seiner treuen Haushälterin richtet er in Berlin Kinder-Warte-Anstalten ein, gründet das heute noch bestehende Elisabeth-Krankenhaus und ruft einen Missionsverein ins Leben. In einem Jahrzehnt werden 80 Männer und fast ebensoviele Frauen als Missionare in die Teile der Welt ausgesandt, in denen noch keine Christengemeinden bestanden. Es tut uns als weitgehend angepaßten Christen des bald 21. Jahrhunderts gut, sich von der Treue und Radikalität eines geistlichen Vaters wie Gossner inspirieren zu lassen! Hartmut Burghoff, em 1996-3. |
Sauer, Christof. Mission und Martyrium. Studien zu Karl Hartenstein und zur Lausanner Bewegung. edition afem - mission Scripts 5, VKW: Bonn, 1994. Der Autor stellt selbst
die Frage: „Warum schreibt ein junger Mensch aus der BRD über ein
Thema, das sich mit der Kreuzesnachfolge befaßt,
wenn er noch nie einen Krieg erlebt oder Verfolgung erlitten hat?“
Seine Antwort: „Es wird immer wieder über
die Bedrängnis von Christen
berichtet. Aber wie gehen wir Christof Sauer geht dem Problem des Martyriums im Zusammenhang der Mission in drei Anläufen nach. Zunächst untersucht er, was die Schriften Hartensteins zur Frage des Leidens und Martyriums zu sagen haben. In einem zweiten Teil analysiert er die Dokumente der Lausanner Bewegung 1974 - 1989. Abschlie ßend versucht er die neutestamentlichen Aussagen zum Thema systematisch zusammenzustellen. Besonderes Interesse dürfte der Teil über Karl Hartenstein (1894-1952) finden. Denn die Untersuchung erschien kurz nach Abschluß des 100. Geburtsjahres des früh verstorbenen Basler Missionsdirektors und Stuttgarter Prälaten. Karl Hartenstein ist in seiner pietistischen (nicht evangelikalen) Theologie geprägt durch die Tübinger Professoren Adolf Schlatter und Karl Heim, aber er hat sich auch mit der Theologie Karl Barths auseinandergesetzt. Nur eine einzige Schrift Hartensteins trägt den Begriff „Leiden“ im Titel. Sie heißt „Das Geheimnis des Leidens in der Mission“, wie in der Fußnote auf S.21 richtig angeführt (nicht wie im Text fehlerhaft zitiert). In Hartensteins Auslegungen zum Propheten Daniel, zu Matthäus 24 und der Offenbarung finden sich viele Gedanken zu einer „Theologie des Martyriums“. Sauer stellt in gründlicher Quellenarbeit die wesentlichen Aussagen Hartensteins zu Leiden und Martyrium systematisierend zusammen. Vieles findet sich zwar in anderer Zusammenstellung auch in dem Standardwerk von Gerold Schwarz über die Theologie Hartensteins (Stuttgart 1980), das noch im Handel erhältlich ist. Doch Sauer geht weit ausführlicher auf das Thema ein. 262 Fußnoten zeigen, wieviel Hartenstein geschrieben hat und daß mehr über ihn geschrieben haben als man denkt, bis hin zum württembergischen Landesbischof i.R. D. Theo Sorg. Fritz H. Lamparter, em 1995-4. |
Sauer, Christof. Reaching the Unreached Sudan Belt:
Guinness, Kumm and the Sudan-Pionier-Mission, Evangelium und Islam Bd. 2,
Nürnberg: Verlag für Theologie und Religionswissenschaft, 2005. Die Forschungsarbeit von Christof Sauer, für die er im Jahr 2002 von der Universität von Südafrika promoviert wurde, konnte endlich 2005 einem breiteren Kreis von Lesern zugänglich gemacht werden. Unter diesen werden alle auf ihre Kosten kommen, die an der Missionsgeschichte im Allgemeinen und an der Geschichte der evangelikalen Missionen im Besonderen interessiert sind. In Kap. 1 stellt der Verfasser Ziele und Methoden seiner Arbeit vor. In ihr geht es um die wissenschaftliche Aufarbeitung der Anfänge der im Jahr 1900 in Assuan/Ägypten und in Eisenach gegründeten Sudan-Pionier-Mission (SPM, Kap. 4-7). Der Verfasser stellt diese Gründung in den weiten Rahmen der Bemühungen, Zentralafrika südlich der Sahara – damals Sudan genannt – der christlichen Mission zugänglich zu machen (Kap.2). C. Sauer stellt die Anfänge der SPM aber auch in den Rahmen der evangelikalen Missionsbewegung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Er würdigt in Kap. 2 ausführlich eine Pionier-Familie, der das Erreichen Zentral-Afrikas besonders am Herzen lag: den Briten Henry Grattan Guinness (1835-1910), seine Frau Fanny (1832-1898) und seine Tochter Lucy (1865-1906). H. G. Guinness gab der internationalen Missionsbewegung starke geistliche Impulse und war der Motor bei der Gründung der SPM. Er ist heute aber nur noch in Fachkreisen bekannt. Es lohnt sich, mehr über ihn zu wissen. Das gilt auch für seinen deutschen Schwiegersohn Karl Kumm (1874-1930), der zusammen mit Lucy Guinness die Anfänge der SPM ins Werk setzte. Der Autor hat sich besonders intensiv mit K. Kumm beschäftigt (Kap. 3 ganz und Kap. 4-6 wiederholt) und dabei eine Fülle neuer Informationen und Erkenntnisse ans Licht gebracht. K. Kumm gründete nach dem Ausscheiden aus der SPM 1904 in England die Sudan United Mission (SUM), die ihn international bekannt machte. Der Verfasser arbeitet in erster Linie historisch, durchdringt die Fülle des Stoffs aber gleichzeitig in missiologischer Reflexion (Kap. 7-9). C. Sauers Werk macht deutlich, dass zwischen großen Zielen und ihrer konkreten Verwirklichung eine erhebliche Diskrepanz bestehen kann. Die deutsche SPM blieb lange auf das südliche Ägypten beschränkt, während die SUM den Sudan-Gürtel sofort erreichte und hier sehr erfolgreich wirkte. Die Gründer der deutschen SPM gingen enthusiastisch, aber wenig professionell ans Werk. Menschliche Unzulänglichkeiten kamen hinzu, so dass der Verfasser kaum in Versuchung kommen konnte, die Vita von Heiligen zu schreiben. Es ist tröstlich, dass die SPM trotz ihres holprigen Starts inzwischen auf eine über hundertjährige Segensgeschichte zurückblicken kann. Die Nachfolgewerke der alten Sudan-Pionier-Mission sind die „Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten“ (Wiesbaden) und die „Mission am Nil“ (Knonau/Schweiz). C. Sauer hat seine Arbeit auf Englisch geschrieben. Dadurch ist sie einem internationalen Leserkreis zugänglich. Dem deutschen Leser hilft ein ausführliches Inhaltsverzeichnis zur raschen Orientierung. Landkarten, Tabellen, ein ausführliches Literaturverzeichnis, ein detailliertes Stichwortregister und ein Anhang mit zitierten Texten aus der Gründungszeit der SPM (68 Seiten) machen das Werk zu einem überaus brauchbaren Arbeitsmittel. Dr. Christof Sauer ist württembergischer Pfarrer und seit 2000 im Auftrag der Vereinigten Deutschen Missionshilfe (Bassum) in Südafrika tätig. Seit 2003 ist er Dozent für Missiologie an der University of South Africa (UNISA) in Pretoria und Academic Liaison Officer der Gesellschaft für Bildung und Forschung in Europa e.V. (GBFE). Eberhard
Troeger, em 2006-2. |
Sauer, Silke. Oralität und Literalität –
Ihre Bedeutung für Kommunikation und Bibelübersetzung. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 1995. Silke Sauers Arbeit behandelt die Bedeutung der Oralität und Literalität für Kommunikation und Bibelübersetzung. Der Unterschied zwischen Oralität und Literalität ist das Fehlen bzw. das Vorhandensein von Schrift in einer Gesellschaft. Allerdings ist diese Trennungslinie in verschiedenen Gesellschaften nicht so klar zu ziehen, da es Mischformen gibt. Oralität und Literalität beeinflussen Denken, Kommunikation und Religion eines Volkes. Die Übersetzung der Bibel in die Sprache einer oralen Kultur ist mit Problemen verbunden, die über die allgemeinen Schwierigkeiten bei der Bibelübersetzung hinausgehen und die inhaltliche Verständlichkeit, die Glaubwürdigkeit und die persönliche Relevanz betreffen. Darüber hinaus geht die Autorin auf die Übermittlung der Bibel in einer oralen Gesellschaft ein. Sie präsentiert methodische Ansätze und Gedanken zur schriftlichen Kommunikation (sprachliche, inhaltliche und formale Gestaltung) und zur oralen Kommunikation (direkte mündliche Rede, Lied und Gesang, verschiedene Medien). Dieses Buch sollte eine „Pflichtlektüre“ für all diejenigen sein, die sich auf dem Gebiet der Bibelübersetzung engagieren. Darüberhinaus ist es für alle Missionare empfehlenswert, die in einer oralen Kultur arbeiten, denn es ist wichtig, darüber nachzudenken, wie eine Bibelübersetzung die Kultur beeinflußt bzw. beeinflußt hat. Mechthild Roth, em 1997-4. |
Sautter, Gerhard. Heilsgeschichte und Mission ‑ Zum
Verständnis der Heilsgeschichte in der
Missionstheologie. Theologische
Verlagsgemeinschaft (TVG) / Brunnen Verlag Gießen, Basel, 1985. Sautter versucht mit dieser Arbeit, die 1984 in Tübingen bei Peter Beyerhaus
als Disser Sautter hat damit die Herausforderung aufgenommen, zu untersuchen, inwieweit die Missionstheologie des 20. Jahrhunderts die Spannungen zwischen dem „schon jetzt“ von Auferstehung und Himmelfahrt Jesu Christi und dem ,,noch nicht“ der Wiederkunft Jesu Christi durchhält. – Die formale Grenze dieser Untersuchung liegt in der Selbstbeschränkung Sautters: Missionstheologie wird reduziert auf die Erklärungen der erwähnten Weltkonferenzen. Eine weitere Grenze der Untersuchung liegt darin, daß sie die „Antworten aus der Theologiegeschichte“ auf zehn Beispiele begrenzt: Auf Irenäus und Augustinus folgt Joachim von Fiore; Martin Luther und Thomas Münzer werden auf exakt zwei Seiten abgehandelt (wobei die für diese Fragestellung so wichtige Zwei-Reiche-Lehre nicht dargestellt wird). Bengel wird erwähnt als Vertreter der „protestantisch-joachimitischen Tradition“; ein Exkurs zu der Darstellung Bengels handelt von „Heilsgeschichte bei Hegel und Marx“, was für mich nicht einleuchtend ist. Aus den letzten hundert Jahren finden nur von Hoffmann, Martin Kahler und (ohne eigenes Kapitel) Oskar Cullmann Erwähnung. Ich halte diese Zusammenfassung in dieser Auswahl und Kürze für ungenügend. Die größte Enttäuschung für mich liegt aber in der Tatsache, daß die Spannung zwischen „schon jetzt“ und „noch nicht“ in der Darstellung nicht durchgehalten wird. Zum Kriterium einer heilsgeschichtlichen Missionstheologie wird nicht diese Spannung, sondern die einseitig und oft ausschließlich futurische Eschatologie. Für mich bedeutet diese Akzentverschiebung auch eine christologische Entscheidung, denn wenn das Reich Gottes nur als ein kommendes erwartet wird, dann ist mit der Inkarnation, dem Leiden und dem Sterben Jesu Christi, mit seiner Auferstehung und Himmelfahrt eben nichts Entscheidendes passiert, dann hat Christus den Sieg über Sünde und Tod und Welt noch nicht errungen. Diese Aussage allerdings würde ich für unbiblisch halten. Ein solches Kriterium wäre für mich in seiner Einseitigkeit falsch. Bei der Darstellung des evangelikalen Standpunktes stellt Sautter ziemlich ausführlich die gesamte evangelikale Bewegung dar und orientiert auch über verschiedene Zweige innerhalb dieser Bewegung (Evangelikale, neue Evangelikale, bekennende Evangelikale, radikale Evangelikale), wobei m.E. das Spektrum der evangelikalen Bewegung sehr viel größer ist, als es hier zur Darstellung kommt. Ich bin mir auch nicht so sicher, daß die Bezeichnungen schon so allgemein anerkannt wären, wie es bei Sautter den Anschein hat. So dankbar diese Übersicht auch zur Kenntnis genommen werden wird, so bedauerlich ist dabei doch die Tatsache, daß die ekklesiologische Frage einfach zu kurz kommt. Es wäre reizvoll und notwendig, die heilsgeschichtliche Sicht in den verschiedenen evangelikalen Gruppierungen einmal vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Ekklesiologie zu sehen und darzustellen. Sautter stellt in seinem Buch eine mögliche und denkbare Sicht der biblischen Heilsgeschichte ausführlich dar. Dafür bin ich dankbar, auch wenn diese Sicht dem biblischen Reichtum und dem vielfältigen Handeln des auferstandenen Christus in Kirche und Mission nicht voll gerecht wird. Theo Wettach, em 1986-4. |
Sawatsky, Walter W.; Peter F. Penner (Hg.), Mission in the Former Soviet Union. Occasional Publications – published in cooperation with International Baptist Theological Seminary [IBTS] of the European Baptist Federation, Schwarzenfeld: Neufeld Verlag, 2005. Die Referate in diesem Sammelband gehen auf eine im Februar 2003 vom IBTS in Prag veranstaltete Tagung zum Thema „Mission in the Former Soviet Union“ zurück. Sie wollen eine ausgewogene Darstellung fremder sowie nationaler Missionsbestrebungen seit dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion und Entstehen der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS – CIS) auf dem Hintergrund der Russisch Orthodoxen Kirche und der sowjetischen Religionspolitik vermitteln. Als Rußlanddeutsche bleibt in den Ausführungen von Peter Penner und Johannes Dyck der Puls der slawischen Seele vernehmbar. Ihr Denken ist von zwei Welten geprägt (Kap.1, 2, 5 u. 7). Penners missiologische Perspektive zeigt, wie die missio dei unter slawischen Völkern von der Kiewer Periode bis glasnost und perestrojka unablässig gewirkt hat. Die Sowjets nahmen den Gläubigen ihre Leiter, aber nicht ihr Zeugnis (S.11-27). Flammen Gottes sind unauslöschlich. Davon zeugt auch Penners Auswertung verschiedener Missionsmittel und -methoden in der GUS (S.120-163). Dycks drei Modelle der Erweckung, die in Nachkriegsjahren zu Neuentstehungen der Gemeinde unter Deutschen in Zentralasien führten, wobei das Priestertum aller Gläubigen als Schlüssel diente, bleiben aktuell (S.74-93). Marina Sergeyevna Karetnikova und Viktor Artemov bringen bodenständige Kenntnis aus Kultur und Geschichte ihres Volkes mit in ihre Beiträge (S.64-73; 226-248). Karetnikova beginnt ihren Beitrag zur Missionsbewegung im 19. und 20. Jahrhundert mit Felician Zaremba, Mitbegründer der Evangelikalen Rußlands, und spricht am Schluß von dem dynamischen Zeugnis einer neuen Generation gläubiger Russen, die zusammen mit einheimischen Absolventen theologischer Institutionen, Deutschen, Amerikanern, und Koreanern für die geistliche Erweckung Rußlands wirken (S.73; 64-73). Artemov ist einer der „neuen Generation“ mit einem Herzen für „Christian Camping in Russia“ (S.226-248), wobei er aus Ergebnissen von Umfragen festzustellen sucht, wie junge Menschen mit dem Evangelium erreicht, in die Gemeinde integriert, und Mitarbeiter als Nachfolger Jesu geschult werden können (S.237-238), Die Angloamerikaner, Mark Elliott und Walter Sawatsky, behandeln einige Themen, die sie als Ausländer anders wahrnehmen als Insider. Elliott spricht über ein heikles Thema, wenn er auf widergesetzliche Diskriminierung hinweist, die ein Auslandsmissionar beim Antrag eines Visums für Rußland erlebt und oft mit einer Absage abgefertigt wird (S.188-201). Sawatsky vertieft sich in die geschichtliche Entwicklung evangelikaler Bewegungen im slawischen Raum und versteht es, den Ertrag tiefgründiger Forschung in einer verständlichen Sprache zu vermitteln. Er führt die Entstehung der Evangeliken auf ausländische sowie einheimische Quellen zurück und nennt die Jahre von etwa 1870 bis 1930 „das goldene Zeitalter“, an dem Evangeliums-Christen, Baptisten und Mennoniten teilnahmen. Jede Gruppe wurde von den Sowjets schwer verletzt, keine total vernichtet. Nach dem 2. Weltkrieg rollten geistliche Neubelebungen über das Land und gaben Anlaß zu neuen Missionseinsätzen (S.38-62). Seine Bewertung der Missionen seit den Achtzigern zeigt, dass echte Frucht weder durch Eifer noch Eingrenzung, sondern aus „Duldsamkeit und Demut unter Gottes Führung“ entstand (S.116; 94-118). Der historische Entwurf zum interkonfessionellen Dialog (S.164-186), sowie der Aufruf zu Gesprächen zwischen evangelikalen Richtungen, helfen irrtümliche Vorstellungen zu eliminieren (S.202-225). Sawatsky schließt mit einem ernüchternden Gedanken im Blick auf die Zukunft der Mission in der GUS (S.250-274): „Wir können‘s nicht ohne Gott; Gott tut‘s nicht ohne uns.“ Das Buch ist nur zu empfehlen, das Register hilfreich; verbesserungsbedürftig bleiben Format und Aufmachung. Prof. em. Dr. Dr.
Hans Kasdorf, em 2007-2. |
Schalkwijk,
Frans Leonard. The Reformed Church in Dutch Brazil (1630-1654). Uitgeverij Boekencentrum: Zoetermeer, 2000. Der Weltmissionsgedanke war bei reformierten Reformatoren wie Calvin und Bucer von Anbeginn greifbar und führte schon im 16. Jh. zu – allesamt gescheiterten – organisierten Missionsarbeiten in Übersee. Insbesondere die Niederlande brachte nicht nur bedeutende Missionsdenker wie Gisbertus Voetius hervor, sondern auch organisierte Missionsunternehmungen. Dies geschah auch schon während der blutigen Entstehungszeit der Niederlande, als der sog. 80jährige Krieg (1568-1648) bis zum Westfälischen Frieden eigentlich die Interessen in die Heimat hätte lenken müssen. Denn in Brasilien entstand 1630 nicht nur eine Kolonie, sondern auch eine ausgedehnte Missionsarbeit unter den Portugiesisch sprechenden Bewohnern (bes. S.152-167) und den Indianern (bes. S.168-185). Die umfangreichste Untersuchung zur Geschichte der reformierten Mission und Kirche in Nordostbrasilien war schon immer minutiöse, oft gerühmte Untersuchung des in den Niederländern geborenen Brasilianers Schalkwijk, die 1986 auf Portugiesisch erschien. Die mit ‘cum laude’ bewertete Dissertation (Sao Paulo) erhielt sogar staatliche Ehrungen. Sie liegt nun endlich in einer überarbeiteten Fassung (mit Register) auf English vor. Die Arbeit schildert sowohl die Vorgänge in der niederländischen Mutterkirche, als auch Theologie und Praxis in Brasilien. Die zugrundeliegende Missionstheologie, die Kirchenstruktur, die Art und Zahl der Taufen, die Katechismen, der dreisprachige Missionskatechismus und die wichtigsten Missionare und Pastoren sind nur einige der Themen. Besonders breiten Raum nimmt die Frage des Umganges mit Lutheranern, Katholiken, Juden und Indianern ein und damit die Frage nach der Religionsfreiheit. Sie war für damalige Verhältnisse nach reformiertem Vorbild sehr groß und viel größer als in der Mutterkirche. Auch wenn die reformierte Kirche durch die Verbindung mit der Kolonialmacht Staatskirche war, wurden Lutheraner in die Kirchen integriert und nahmen am Abendmahl teil, durften Katholiken und Juden nicht nur eigene Gottesdienste abhalten, sondern sogar ihren Glauben öffentlich darstellen und Reformierte ‘abwerben’. Der reformierten Gedanke einer christlichen Theokratie führte nicht zu Zwang, sondern zu einer enormen rechtlichen Gleichheit vor dem Gesetz. Für Juden – immerhin jeder siebte Einwohner – wurde die Kolonie sogar ein „Paradies“ (S.303) auf Erden. Die Indianer wurden aus der Sklaverei befreit (S.171-177), wenn auch oft gegen die Portugiesen instrumentalisiert. Der Verfasser weist zu Recht darauf hin, dass mehrere der
von ihm dargestellten Missionare einer eigenen Untersuchung harren (z. B.
S.210+184). Wahrscheinlich ist der Hintergrund der fehlenden Untersuchungen
ein sprachlicher, muss man dazu doch Niederländisch und Portugiesisch können.
Aber auch der starke Abbau der ökumenischen Missionswissenschaft in den
Niederlanden, dem nicht – wie in Deutschland – das Aufblühen einer
evangelikalen Missionswissenschaft gegenübersteht, dürfte dabei eine Rolle
spielen. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-4. |
Scherer,
James A. & Stephen B. Bevans (Hg.): New Directions in Mission and Evangelization 1. Basic Statements
1974-1991.
Maryknoll: Orbis, 1992. Diese Buch schließt eine empfindliche Lücke. Endlich liegt eine umfangreiche Sammlung von offiziellen Dokumenten vor, die zu Auftrag und Verständnis der Mission Stellung nehmen. Eine letzte vergleichbare Sammlung hat HJ. Marguli vor dreißig Jahren unter dem Titel „Zur Sendung der Kirche. Material aus der ökumenischen Bewegung“ (München 1963) für die Zeit von 1910 bis 1961 herausgegeben. Vorliegender Band berücksichtigt die letzten zwanzig Jahre, die durch das Nebeneinander verschiedener missionstheologischer Strömungen und Ansätze gekennzeichnet sind. Die Texte aus der ökumenischen Bewegung („Conciliar Ecumenical Statements“) sind die Fortführung von Margulis Sammlung. Hier finden sich neben Berichten von den Vollversammlungen des ÖRK (Nairobi 1975, Vancou-ver 1983, Canberra 1991) und den Weltmissionskonferenzen (Melbourne 1980, San Antonio 1989) vor allem die wichtige ökumenische Erklärung zu Mission und Evangelisation von 1982 und die Ergebnisse der Stuttgarter Konsultation zum Verständnis von Evangelisation (1987), an der auch Vertreter der Lausanner Bewegung teilnahmen. Leider fehlt die Erklärung des Luth. Weltbundes zum Verständnis von Mission „Gottes Mission als gemeinsame Aufgabe“ (1988). Daneben machen die Texte aus der katholischen Kirche (u.a. die Enzykliken Evangelii Nuntiandi von 1975 und Redemptoris Missio von 1990) den größten Block aus. Angesichts des beginnenden Dialogs der Evangelikalen mit den orthodoxen Kirchen sind deren bisher kaum beachteten Erklärungen zur Mission besonders wichtig. Hier sind sie leicht zugänglich. Der vierte Teil ist schließlich der evangelikalen Bewegung gewidmet. Die Lausanner Verpflichtung (1974) und das Manila-Manifest (1989) finden sich hier ebenso wie die Ergebnisse der Konsultationen zu homogenen Einheiten (Pasadena 1977), Evangelium und Kultur (Willowbank 1978), einfachem Lebensstil (High Leigh 1980), Weltevangelisation (Patta-ya 1980), sozialer Verantwortung (Grand Ra-pids 1982), Antwort auf menschliche Not (Wheaton 1983), Zeugnis für Juden (Willowbank 1989 und Zeist 1991). Um ein eigenes missionstheologisches Profil zu gewinnen, ist gerade die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen notwendig. Dieses Buch gibt uns dazu das wichtigste Material in die Hand. Deshalb wäre seine weite Verbreitung auch in evangelikalen Kreisen zu begrüßen. Die Herausgeber, ein lutherischer und ein katholischer Missiologe aus den USA, haben neben einer allgemeinen Einleitung jedem Dokument eine kurze Einführung vorausgestellt. Ein Register hilft, das Werk zu erschließen. Dem Verlag und den Herausgebern ist für diesen ersten Band einer neuen Reihe zu danken. Eine ähnliche Sammlung in deutscher Sprache wäre wünschenswert. Dr. Johannes Triebel, em 1993-4. |
Scherer, James A.;
Stephen B. Bevans (Hg.).
New Directions in
Mission and Evangelization 2: Theological Foundations. Maryknoll/N.Y.: Orbis
Books, 1994. Sammelbände erfreuen sich im allgemeinen keiner großen Beliebtheit. Warum eigentlich? Oft bieten sie einen guten, knappen Überblick über ein bestimmtes Fachgebiet. Dies trifft auch für diesen von zwei renomierten Chicagoer Professoren für Missionswissenschaft herausgegebenen Band zu. Ziel dieser geplanten Serie von Sammelbänden ist, die von Anderson und Stransky herausgegebene Reihe „Mission Trends“ fortzuführen, um die sich schnell und umfassend verändernde Situation der Weltmission zu beschreiben. Die insgesammt 16 Beiträge gliedern sich in fünf Bereiche auf: 1) Das Wesen der Mission (8); 2) Historische Hintergründe (3); 3) Missionspraxis (2); 4) Das Studium der Mission (1); 5) Dokumentation (2). Wie im ersten Band der Reihe „New Directions“ kommen auch hier ökumenische, orthodoxe, katholische und evangelikale Stimmen zu Wort (z .B. Costas, Van Engen, Utuk, Schreiter, Gittins). Auch von den Herausgebern selbst stammt je ein Beitrag. Nicht nur aufgrund der zwei hervorragenden Artikel von Lesslie L. Newbigin, „The Logic of Mission“ und von David J. Bosch, „The Vulnerability of Mission“, hat man mit diesem Buch insgesamt eine wertvolle Lektüre zur vergleichenden Missionstheologie. Martin Sachs, em 1997-4. |
Schirrmacher, Bernd. Baumeister ist der Herr. Erfahrungen
göttlicher Kleinarbeit in einem Missionswerk. 1978. Es gibt nur we Em 1988-2. |
Schirrmacher, Christine. Der Islam 1 und 2, Geschichte, Lehre,
Unterschiede zum Christentum. Neuhausen: Hänssler, 1994. Die Bonner Islamkundlerin legt mit diesen beiden Bänden nach ihrer Dissertation (Mit den Waffen des Gegners. Christlich - Muslimische Kontroversen im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin, 1992) eine weitere größere Arbeit vor, welche Christen zu einer sachgerechten Begegnung mit Muslimen helfen soll. Die beiden Bände sind für den theologischen Fernunterricht konzipiert worden, sehr übersichtlich gegliedert und mit tabellarischen Zusammenfassungen versehen, die als Kästen im laufenden Text erscheinen. Das Werk ist allgemeinverständlich geschrieben, gründet sich aber auf die einschlägige wissenschaftliche Literatur. Es setzt keine Vorkenntnisse über den Islam voraus, möchte aber zum Weiterstudium anregen. Dem dient ein umfangreiches Literaturverzeichnis. Trotz des Umfanges der beiden Bände sah sich die Verfasserin genötigt, auf die Darstellung mancher Aspekte des Islam zu verzichten. Die durch den Islam hervorgebrachte Kultur (Kunst, Architektur, Wissenschaft und Philosophie) mußte unberücksichtigt bleiben, um stattdessen auf die Unterschiede zwischen Islam und christlichem Glauben und auf die in vieler Hinsicht kontroverse Begegnung zwischen Christen und Muslimen eingehen zu können. Leider wurde auch die Geschichte der islamischen Gemeinschaft nur sehr kurz behandelt. Band 1 enthält die Darstellung des Umfelds Muhammeds sowie seines Lebens und Wirkens, einen Überblick über Ausbreitung und Leitung des Islam (Kalifat), die Glaubenslehre, die Lebensordnung (Recht) und eine Lektion über die Frauen im Islam. Band 2 ist zunächst den unterschiedlichen Gruppierungen und Bewegungen innerhalb des Islam gewidmet und geht auch auf moderne Fragestellungen ein. Es folgen 7 Lektionen über das Verhältnis zwischen Islam und Christentum, wobei aber nicht in erster Linie der Islam aus biblisch-theologischer Sicht betrachtet wird. Vielmehr geht Christine Schirrmacher von der islamischen Sichtweise aus (Verständnis von Prophetie im Koran, das koranische und islamische Jesusbild, die islamische Sicht der Bibel) und referiert als Beispiel für den islamischen Angriff auf den biblischen Glauben die durch das sogenannte Barnabas-Evangelium ausgelöste Kontroverse. In einer Lektion werden wichtige lehrmäßige Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Islam und ‚Christentum’ (müßte es nicht besser ‚christlichem Glauben’ heißen?) tabellarisch aufgelistet, ohne daß eine theologische Reflexion erfolgt. Weitere Lektionen sind der westlichen Islamwissenschaft und Beispielen aus der Geschichte der Kontroverse zwischen Islam und Christentum gewidmet. Das Werk schließt mit einigen kurzen Lebensbildern evangelischer Pioniermissionare in der islamischen Welt. Trotz der genannten Beschränkungen hat Christine Schirrmacher ein solides Lehrbuch vorgelegt, dem im deutschsprachigen Raum unter Christen, besonders unter Studierenden, eine weite Verbreitung zu wünschen ist. Das Werk drängt aber geradezu zur Weiterarbeit, besonders zur biblisch-theologischen Reflexion als Hilfe zu einem angemessenen christlichen Zeugnis unter Muslimen. Eberhard Troeger, em 1996-1. |
Schirrmacher, Christine. Mit den Waffen des Gegners.
Christlich-muslimische Kontroversen im 19. und 20. Jahrhundert
dargestellt am Beispiel der Auseinandersetzung um Karl Gottlieb Pfanders „Mizän al-haqq“ und Rahmatulläh ibn Halt! al-’Utmäni al Kairänawis „Izhär
al-haqq“ und der Diskussion um das Barnabasevangelium.
Islamkundliche Untersuchungen Bd. 162. Berlin: Klaus Schwarz Verlag,
1992. Diese Bonner Dissertation (1991) behandelt im ersten Teil die missionarisch-apologetische Schrift „Waage der Wahrheit“ des württembergischen Missionars K.G. Pfander (1803-1865), die er 1829 schrieb, um Muslime für den christlichen Glauben zu gewinnen, sowie ihre Aufnahme und Erwiderung in der islamischen Welt, vor allem durch den indischen Theologen al-Kairänawi (1818-1891). In der dadurch ausgelösten literarischen Kontroverse, an der sich zahlreiche christliche und muslimische Autoren beteiligten und die die Verfasserin bis in die Gegenwart verfolgt, ging es vor allem um den muslimischen Vorwurf der Verfälschung der biblischen Schriften. Im zweiten Teil des Buches steht die Kontroverse um die
Person Jesu Christi im Mittelpunkt, wie
sie anhand des „Barnabasevangeliums“ (vermutlich eine spätmittelalterliche
Fälschung)
vor allem in unserem Jahrhundert von muslimischen und christlichen Autoren
geführt wurde. Schwerpunkt der gesamten Arbeit
ist der Nachweis, daß beide Seiten in diesen Auseinandersetzungen die
„Waffen des Gegners“ einsetzten. Kairänawi hat erstmals in großem Umfang die
Schriften der europäischen rationalistischen, kritischen Theologie des 19.
Jahrhunderts benutzt, um den
muslimischen Vorwurf der
„Verdorbenheit“ der biblischen Schriften zu beweisen und das
christliche Bekenntnis zur
Gottessohnschaft Jesu zu widerlegen. Seine Methode machte Schule und wird bis heute von muslimischen Apologeten Die Aufgabe der Verfasserin war eine objektive Darstellung der Kontroversmethoden. Das Urteil über deren Legitimität bleibt dem Leser überlassen. Der große Wert des Buches besteht darin, daß die Verfasserin zahlreiche literarische Quellen, die bisher teils gar nicht oder nur in Fremdsprachen (Arabisch, Urdu ua.) erreichbar waren, zugänglich gemacht und ihre Wirkungsgeschichte übersichtlich dargestellt hat, wodurch der deutsche Leser erstmals Zugang zu dieser umfangreichen literarischen Auseinandersetzung erhält. Der in Zeugnis und Dienst unter Muslimen engagierte Leser wird herausgefordert, sich mit den Methoden der Apologetik auseinanderzusetzen. Dabei erhält er wertvolle Anregungen für sein eigenes theologisches Arbeiten sowie für seine zeugnishafte Begegnung mit Muslimen. Eberhard Troeger, em 1994-2. |
Schirrmacher, Thomas (Hg.). „Die Zeit für die
Bekehrung der Welt ist reif.“ Rufus Anderson und die Selbständigkeit der Kirche als Ziel der Mission. Mit Texten von Rufus Anderson, Theodor Christlieb, Hermann Gundert, Josef Josenhans. edition afem, mission Scripts Bd 3. Bonn:
VKW, 1993. Das Buch kreist um die
zentralen Anliegen Rufus Andersons
(1796-1880), des überragenden Theoretikers und Strategen der amerikani Eigentlich handelt es sich um zwei Bücher in einem: einerseits um die Fortführung einer „literarischen Diskussion“ aus em 1990/91, auf die bereits die Widmung Bezug nimmt; und andererseits um eine Anderson-Auswahlausgabe. Auf beide Aspekte ist hier einzugehen. 1. Als Anderson-Auswahlausgabe wäre das Buch natürlich an der von R. Pierce Beaver herausgegebenen englischen Sammlung To Advance the Gospel (1967) zu messen. Es erhebt allerdings nicht den Anspruch, eine solche zu sein. Die Anderson-Schriften finden sich erst in Teil III und stellen weniger als die Hälfte der 134 Seiten. Bei Beaver dagegen sind es etwa 4/5 von dessen 217 Seiten. Dennoch braucht sich die Sammlung mit ihren fünf Texten (Beaver hat 14) durchaus nicht zu verstecken. Zum ersten ist sie als einzige deutsche Anderson-Ausgabe ohnehin konkurrenzlos. Zum zweiten vermittelt sie bei aller Kürze doch einen recht geschlossenen Gesamteindruck. Zum dritten schließlich ist sie eine erfreuliche Ergänzung zur Beaverschen Ausgabe, denn von ihren fünf Texten finden sich zwei dort nicht. Es sind dies zum einen das vierte Kapitel aus Andersons grundlegendem Werk Foreign Missions, nämlich das über die Missionsprinzipien des Neuen Testaments (Beaver bringt die Kapitel 7, 8 und 9); und zum anderen der Schlußteil aus Andersons Buch über die Mission auf den Sandwich-Inseln (dem einzigen seiner Werke, das auf deutsch schon einmal, nämlich 1872, vorlag). Dieser Text ist besonders willkommen, denn Beaver klammert die großen missionshistorischen Werke Andersons bewußt aus. Die ideale Einleitung zu diesen Texten ist der Anderson-Nachruf Theodor Christliebs aus der Allgemeinen Missions-Zeitschrift 1881, Kernstück von Teil II des Buches, ein kleines Meisterwerk und selbst eine Primärquelle allerersten Ranges. Wer diesen Nachruf liest, profitiert außerdem gleich doppelt: nicht nur Anderson, sondern zugleich Christlieb steht zum Greifen nahe vor Augen. Eine gute Hinführung zu diesem Beitrag ist der Anderson betreffende Ausschnitt aus der Dissertation des Herausgebers über Theodor Christlieb, abgedruckt in Teil I. 2. Am Anfang des Buches steht in Teil I (der auch eine sehr gründliche Bibliographie enthält) die überarbeitete Fassung eines Artikels des Herausgebers aus em 2/1990. Diesem Artikel war von Dietrich Kühl in em 4/1990 sehr dezidiert widersprochen worden. Die Punkte aus em 2/1990, die damals Anstoß erregten, seien kurz umrissen. Erstens wurde behauptet, die Venn-Andersonsche Drei-Selbst-Formel sei nur in ihrer Verankerung in einer klar umrissenen theologischen norma normata sinnvoll, bei Anderson dem Westminster-Bekenntnis, bei Henry Venn den anglikanischen 39 Artikeln. Wer wie die Glaubensmissionen meint, nur die norma normans der Schrift zu exportieren (eine Selbsttäuschung, nebenbei bemerkt, denn man setzt lediglich an die Stelle einer expliziten norma normata eine implizite), braucht sich nicht zu wundern, wenn im Gefolge der Drei-Selbst-Formel schwere theologische Richtungskämpfe entstehen. Kontrovers war weiterhin die Kritik an dem angeblich „mystischen“ Verständnis der Berufung bei den Glaubensmissionen sowie der Hinweis, daß deren Prämillennialismus Andersons Denken wesensfremd sei. Diese Punkte sollen hier kurz anhand der zur eigenen Meinungsbildung abgedruckten Anderson-Texte betrachtet werden. a. Andersons Postmillennialismus wird in einem Traktat
deutlich, das dem Sammelband seinen Namen
gegeben hat. Eine Abgrenzung gegen andere Eschatologien fehlt darin
und war b. Was die Frage des Rufs in die Mission betrifft, so sind genau die beiden Traktate Andersons abgedruckt, die in dieser Frage die wichtigsten sind. Es sind die, die Robert E. Speer später in seiner weitverbreiteten Schrift What Constitutes a Missionary Call verarbeitete. Der Ruf in die Außenmission ist laut Anderson für jeden Christen vorgegeben. Wenn das so ist, dann erledigt sich konsequenterweise die Frage einer besonderen Berufung. Anderson ist einer Versubjektivierung der Berufung entgangen, indem er ihre Allgemeingültigkeit postulierte. Und hier gewinnt nun die Tatsache allerhöchste Bedeutung, daß er die Missionspflicht dem einzelnen aufbürdet und nicht der Kirche als solcher. Der Ruf zur Mission ergeht also weder subjektiv an den einzelnen (so die einen) noch objektiv an die Kirche (so die anderen), sondern objektiv an den einzelnen. Man wird nicht Missionar aufgrund einer Privatoffenbarung (dem umstrittenen „mystischen Erlebnis“), auch nicht aufgrund kirchlicher Abordnung, sondern aufgrund eigener rationaler Abwägung der Faktoren, wobei eine Regel Ausnahme-Vermutung zugunsten der Außenmission besteht. An diesem Punkt kann man sich übrigens nur wünschen, daß das Buch eine grundlegende Diskussion auslöst. c. Zur Verankerung der
Drei-Selbst-Formel in einer klaren Bekenntnisgebundenheit geben die
beigefügten Anderson-Texte wenig her. Der
Kongregationalist Anderson war zweifellos
Calvinist im Sinne des Westmin-ster-Bekenntnisses (bzw. dessen
kongregationalistischer Überarbeitung, der Savoy-Erklärung), trug dieses
Bekenntnis aber mehr im Herzen als auf den Lippen. Er war eben doch auch Kind der Erweckung, stand also den
Pres-byterianern der New School nahe, die in der Mission mit den
Kongregationalisten kooperierten,
nicht denen der Old School, die diese Kooperation ablehnten. Christlieb zitiert in einem Atemzug Lyman Beecher und Charles Hodge,
zwei Männer, zwischen denen es theologisch knisterte, als Freunde Andersons.
Zwei Generationen später war der Abstand schon größer. Der bereits genannte, aus dem Student Volunteer
Movement hervorgegangene Robert E.
Speer, für viele der kongenialste Nachfahre Andersons, wurde in einen
heftigen Disput mit J. Gresham Machen
hineingezogen, dem Princetoner
Neutestamentier, der das Indepen-dent Board for Presbyterian Foreign
Missions gründete. Die Kontroverse wurde 1932 durch den von W. E. Hocking herausgegebenen
Berichtsband Rethinking Missions ausgelöst. Prominenter Gegner des
Berichts war Machen, prominente Befürworterin die als Missionarstochter in
China aufgewachsene Pearl S. Bück. Das
Ergebnis war (um die Charakterisierung der nachmaligen
Nobelpreisträgerin zu zitieren), daß
Machen zur Vordertür der Presbyteri-anischen Kirche hinausflog und sie
zur Hintertür. Wer war also der legitime
Erbe Andersons, der dogmatisch
zunehmend weitherzige Speer oder
der nach schweren inneren Kämpfen nunmehr bekenntnisgebundene Machen? Wie
stark fand Andersons Drei-Selbst-Formel bei ihm selbst tatsächlich ihr „notwendiges Korrektiv in
seinem streng reformierten
calvinistischen Bekenntnis“ (Schirrmacher)? Versucht man, Anderson in deutsche Kategorien einzuordnen (allerdings
hie lutherisch, da reformiert), dann Fazit: Das Buch ist quellenmäßige Fundgrube und Herausforderung zum aktuellen Nachdenken zugleich. Wer beides oder auch nur eins von beidem liebt, ist gut bedient. Wolf- Christian Jaeschke, em 1995-1. |
Schirrmacher, Thomas / Klaus W. Müller (Hg.). Scham-
und Schuldorientierung in der Diskussion: Kulturanthropologische,
missiologische und theologische Einsichten, edition afem – mission
academics. Nürnberg: Verlag für Theologie und Religionswissenschaft; Bonn:
Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2006. Die Herausgeber haben ein Team kompetenter Fachleute um sich gesammelt und das Doppelthema vom scham- und schuldorientierten Gewissen im missiologischen Denken und missionarischen Handeln vielseitig diskutiert. Wer mit den Autoren näher vertraut werden möchte, dem sind die Kurzbiographien (S. 301-302) zu empfehlen. Nach Format und Inhalt ist das Buch aus vier Teilen unterschiedlichen Umfangs aufgebaut: I. Kulturelle Zusammenhänge; II. Religiöse Implikationen; III. Missiologische Diskussion; und IV. Theologische Grundlagen. Diese Ansatzpunkte bilden den jeweiligen Kontext, in welchem sich die Verfasser unabhängig voneinander mit dem brisanten Thema über Bedeutung und Funktion des Gewissens auseinandersetzen. Alle gehen davon aus, (a) dass jeder Mensch mit einer Veranlagung zu einem Gewissen geboren ist; (b) dass sich das Gewissen durch Erbanlagen, Erziehung und Umfeld grundlegend verschieden entwickelt; (c) dass das Gewissen als sozial-ethisches Organ die Menschen gesellschafts-, kultur- und religionsfähig macht; (d) dass es Völker und Kulturen gibt, in denen das Gewissen auf Verstöße vorhandener Normen mit einem Schuld- oder Schamgefühl reagiert; (e) dass die Vorkenntnis dieser Dinge bei der Vermittlung des Evangeliums vom Reich Gottes eine wichtige Rolle spielt (s. S. 5, 9, 15-17, 169-170). Was Lothar Käser obenan im I. Teil unter „Kultur und Über-Ich” behandelt, ist m. E. das Schlüsselkapitel zum Buch (S. 7-41). Hier entschlüsselt er Fachbegriffe und Forschungsgebiete, die aus anderen Sprachen und Wissenschaften in die deutsche Missionswissenschaft eingedrungen und von ihr übernommen worden sind – wenn auch nicht unumstritten. Bei der Gewissensorientierung sind nach Käser zwei grundsätzliche Dimensionen zu berücksichtigen: die horizontale und die vertikale. Bei der einen geht es primär um Funktionen des Gewissens auf sozialer Ebene, wobei der Mensch bei Verletzung vorhandener Regeln um Wahrung seines Prestiges ringt; bei der anderen handelt es sich mehr um religiöse Funktionen, wobei der Einfluss auf das Gewissen von Gott oder einer anderen höheren Autorität herkommt und sich als Schuldgefühl manifestiert. Im gleichen Teil zeigt Hannes Wiher als Facharzt und Psychologe aus seinen Erfahrungsbereichen in Westafrika und Europa wie zwei Gewissensorientierungen aufeinanderprallen und unterschiedliche Reaktionen auslösen (S.42-48). Nebst Beschreibung und Evaluierung brauchbarer Gewissensmodelle (S. 49-57) ist das Kapitel über „Persönlichkeit als Funktion der Gewissensorientierung” besonders wichtig. Dieser Beitrag mit Tabellen, Fragebogen und ausgewählter Literatur enthält Lehrstoff für ein ganzes Wochenendseminar (S. 60-86). Die wenigen Zeilen, die Wiher (S. 87-91) über „Generation X” schreibt, sollte jeder Jugendarbeiter lesen. Die letzten Beiträge in diesem Teil sind Reflexionen aus der Missionspraxis. Klaus Müller bringt hier eine offene Auswertung von Lichtstrahlen und Schattenseiten in die Diskussion von dem, was er als junger Missionar aus Deutschland unter den Chuuk-Insulanern in Mikronesien erlebte, deren schamorientiertes Gewissen durch politische Macht belastet war und die Gemeindearbeit erschwerte (S.91-115). In der Erforschung des Themas „Die Lüge als Überlebensstrategie” bei den Totonakindianern in Mexiko zeigt die Missionsärztin, Hanna-Maria Schmalenbach, dass die Lüge „etwas Boshaftes und Unrechtes” an sich trägt, was „das Vertrauen und das Wohlwollen der Menschen untereinander unterhöhlt”(S. 117). Ermutigend ist ihr Nachweis, wie der Einfluss des Evangeliums sich auf die Wahrhaftigkeit im Leben junger Totonakchristen auswirkt (S. 124-127). Im II. Teil vermittelt Martin Lomen mit scharfer Klarsicht und Kenntnis der Thematik den Lesern einen durchaus hilfreichen Beitrag zum Dialog zwischen Christen und Muslimen. Wer Lomens Kapitel liest (S. 131-163) wird fortan die biblischen Berichte von Schöpfung und Fall, sowie vom Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu mit vertieften Einsichten und Herausforderungen lesen. Der III. Teil ist der Missiologie gewidmet (S. 164-214). Hier tritt der Missiologe Klaus Müller als Pädagoge auf. Meisterhaft versteht er den Begriff elengchein (beschämen; schuldig erklären), sowie dessen komplexen Zusammenhang mit synedeisis (Gewissen, Mitwissen) aus dem Denken der antiken Welt zu heben und in der verdeutschten Form “Elenktik” heutigen Lesern als „Die Lehre vom scham- und schuldorientierten Gewissen” zu deuten (S. 169-170). Unter dem Titel „Elenktik: Gewissen im Kontext” untersucht Müller Tiefe und Breite der Thematik, wie sie in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen besprochen wird. Anhand ethnologischer Unterlagen konstruiert er hilfreiche Modelle (S. 192-211), um zu verdeutlichen, dass das „Gewissen im Kontext der Kultur erfassbar [wird], in der es gebildet wurde” (S. 191). Diese These verdient weiter untersucht zu werden. Anschließend folgen im IV. Teil „Theologische Grundlagen”. Dazu entwirft Wiher ein umfangreiches „biblisch-soteriologisches Gewissensmodell aufgrund einer interdisziplinären Studie” (S. 215-236). Hier finden Christen wertvolle Hilfe, wie sie im Alltagsleben mit Menschen mit komplexen Gewissensbelastungen befreiend umgehen können. In seinem ausführlichen Beitrag über „Die christliche Botschaft angesichts von Schuld- und schamorientierten Gewissen und Kulturen” (S. 237-300) definiert Thomas Schirrmacher das Gewissen als „eine Instanz, die alles miterlebt und bezeugt, was ein Mensch tut und denkt” (S. 289). Seine Listen sämtlicher Schriftstellen, wo im NT das Wort „Gewissen” und im AT der äquivalente Begriff „Niere” vorkommen, sowie eine neunseitige Liste mit empfehlenswerten Schriften sind eine Hilfe zum Selbststudium. Zusammenfassende Bemerkungen: (a) Ähnlich wie mich vor fast 50 Jahren das Thema „elenctics” in der englischen Ausgabe von Bavincks Inleiding in de Zendingswetenschap als wesentlicher Aspekt der Missionswissenschaft packte, so bin ich als lernender Leser von Tiefe und Breite der Einsichten der Autoren dieses Sammelbandes dankbar beeindruckt. (b) Laut Aussagen im Vorwort sind „andere solcher Veröffentlichungen” geplant, was hoffen lässt, dass das Thema von einem angstorientierten Gewissen auch erforscht werden wird. Schmalenbach spricht es im Kontext ihrer Arbeit unter den Totonakindianern zwar an, führt es aber nicht aus. War es beim Sündenfall (Gen 3) nicht vor allem die Angst, die unsere Ureltern ins Versteck trieb? So auch unter Völkern im Bann der Geisterwelt. (c) Die Bedeutung des Beitrags über „Politische Macht...” bleibt an und für sich unumstritten; Schreibfehler, Stil und Struktur sind jedoch korrektur- und bearbeitungsbedürftig. (d) Nebst Ethnologie und Psychologie sollte auch die Soziologie bei missionswissenschaftlichen Forschungen wahrgenommen werden, was in diesem Buch fehlt. (e) Ein Namen- und Sachregister würde den Wert dieses so wertvollen Sammelbandes noch um einige Stufen heben. Prof. em. Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 2009-1. |
Schmid, Cathy. Un
enfant, deux cultures … . St Legier: Editions Emmaüs & Institut
Évangélique de Missiologie, 2002. Cathy Schmid ist verheiratet. Sie lebte 14 Jahre in Afrika und gebar dort drei Kinder. Wieder in der Schweiz ist sie mit ihrer Familie im französisch sprechenden Teil des Landes zu Hause. Dort unterrichtet ihr Mann Missiologie an der Bibelschule Emmaus mit einer multikulturellen Studentenschaft. Kathy organisiert unter anderem auch Treffen mit Missionarskindern. Somit hat sich ihr Einblick erweitert und zu dem Buch geführt. Kinder haben und in die Mission gehen, ist das überhaupt unter einen Hut zu bringen? Käthi Schmid zeigt in ihrem Buch auf, wie sie und Dutzende von Familien es erlebt haben. Die frischen, kurzen Insider-Zitate aus Kindesmund sind wie Perlen. Käthi Schmid fädelt sie auf, zusammen mit Gedanken aus den Herzen der Eltern und Einblicken von Fachleuten. Bilder und Skizzen lenken das Augenmerk auf das Wichtige. Was sagen die Fachleute? Es kann zu Schwierigkeiten kommen, wenn Kinder aufs Missionsfeld verpflanzt werden. Und bei der Rückkehr in die Heimat geht nicht alles von alleine in Ordnung. Weder beschönigt Käthi Schmid die Probleme, noch fördert sie Schuldgefühle. Eins wird beim Lesen ihres Buches klar: ohne Gottes Gnade geht es nicht. Aber auch mit der Gnade braucht man Weisheit, um die rechten Entscheidungen fällen zu können. Wünschen Sie zu erfahren, mit welchen Schwierigkeiten man rechnen kann, Sie zögern aber, darüber zu sprechen? Sie suchen nach Fakten, nicht nach Träumereien? Dann greifen Sie zu. Dieses Buch wird Ihnen viele Einsichten vermitteln. Nur ein Nachteil muss noch erwähnt werden: die Grundversion des Buches gibt es zur Zeit nur im Urtext - französisch. Welche Leser können von diesem Buch lernen? * Missionare, die ausziehen * Missionare, die auf dem Feld sind * Missionare, die zurück in die Heimat kommen * Freunde, die Familie und die Gemeinde, die Missionarskinder begleiten wollen, aber nicht ganz wissen wie. Dr. Matthias
Radloff, em 2002-2. |
Schmid, Edgar (Hg.). Wenn
Gottes Liebe Kreise zieht: 150 Jahre
Pilgermission St. Chrischona (1840-1990). Brunnen Verlag
Gießen/Basel 1990. Am Übergang von den Klassischen Missionen zu den Glaubensmissionen steht St. Chrischona bei Basel, 1840 als Schulungsstätte für Handwerkermissionäre von Christian Friedrich Spittler gegründet. Zum 150. Jubiläum ist jetzt eine informative und reich ausgestattete Festschrift erschienen. Sie vermittelt einen Überblick über die gesamte Chrischona-Arbeit: Ausbildung, Gemeinschaftswerk, Verlag, Diäkonie, Mission. Für Ekklesiologen ist interessant, daß Chrischona in der Schweiz und in Frankreich freikirchlichen Charakter hat, in Deutschland fast ausschließlich den Charakter einer Gemeinschaftsbewegung innerhalb der Landeskirche. Für Missiologen ist die historische Darstellung der Geschichte Chrischonas (S.6-44) interessant, wobei besonders das Eingehen Chrischonas auf die Heiligungsbewegung unter Carl Heinrich Rappard (1874), die Chrischona für die Glaubensmissionen öffnete, zu beachten ist. Von besonderem missiologischem Interesse ist der Artikel von Lutz Behrends (S.106-117) „Gottes Werkzeuge in aller Welt. Die Pilgermission und die Äußere Mission“, der die wechselhafte Geschichte der verschiedenen
mit Chrischona verbundenen Missionsunternehmen
im Überblick beschreibt. Von
besonderem Interesse erscheint
mir dabei die Beschreibung der Apostelstraße (mit Karte und Faksimileausschnitt des Programms). Die Festschrift Zwei kleine Kritikpunkte zum Abschluß: Ich bezweifle, daß die Edinburgher Missionskonferenz von 1910 (nicht 1890) wesentlich neue Impulse für die evangelikale Weltmission gab (S.110); zum anderen wäre es schön gewesen, wenn in die Festschrift ein Verzeichnis der Literatur zu Chrischona aufgenommen worden wäre. Dr. Klaus Fiedler, em 1990-3. |
Schmid, Stefan. Mark Christian Hayford
(1864-1935). Ein Pioneer aus Westafrika. VKW: Bonn, 1999 (edition afem mission scripts
15). Obwohl er keinen Missionar je sah, gründete der Ghanaer Mark Hayford eine französische Mission in der Elfenbeinküste, die Mission Biblique. Stefan Schmid, zwölf Jahre Mitarbeiter dieser Mission, zeichnet liebevoll das Portrait eines Mannes, der einflußreich war, aber dessen Visionen wohl immer mit den Realitäten in Konflikt standen. Deswegen verbrachte er immer wieder Jahre im Ausland, um dort für seine Projekte zu werben und (nie genug) Geld zu sammeln. Rev. Hayford kam aus der gebildeten Schicht Ghanas uud gab eine gute Stellung im Dienst der Regierung auf, um Pastor zu werden; zuerst als Methodist, dann als Gründer und Leiter der „Baptist Church and Mission“ in Cape Coast. 1919 gründete er in der Elfenbeinküste Gemeinden der „Baptist Church and Mission“, für die er 1925 in Frankreich Missionare suchte. Er fand sie an der Bibelschule Nogent: Laura und Daniel Richard wurden später von der Tabernacle Baptistengemeinde in Paris übernommen. Es ist zu begrüßen, daß einer so schillernden, bedeutenden und zugleich tragischen Figur eine Untersuchung gewidmet wird, die auf Primärquellen aus mehreren Ländern beruht. Das Buch stellt gut lesbar eine vielseitige, aber insgesamt leztlich nicht voll überzeugende Karriere dar. Stefan Schmid macht zudem interessante Dokumente zu Hayford’s Leben zugänglich. Dr. Klaus Fiedler, em 2000-1. |
Schmidt, Cordula (Hg.). Einmal hin und anders
zurück. Neukirchen-Vluyn:
Aussaat/-VEM, 1993. Einmal hin - nicht als Tourist, sondern in eine missionarisch-diakonische Aufgabe zu einer Kirche oder Organisation in Übersee. Davon berichten Entwicklungshelfer bei Einsätzen bis zu zwei Jahren. Spannend geben sie Einblick in ihre Erfahrungen von einer völlig anderen Situation. Sicher kommen sie „anders zurück“, weil sie nicht nur ihren Horizont erweitert, sondern auch für ihr geistliches Leben viel gelernt haben. Kreuz und quer geht es in den Berichten durch Afrika und Asien in die Partnerkirchen der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM), Wuppertal. Die aus Briefen zusammengestellten Beiträge sind thematisch unter Überschriften geordnet, die auch junge Leser motivieren können. Fritz Lamparter, em 1994-3. |
Schmidt, Norbert. Von der Evangelisation zur
Gemeindegründung. Die Geschichte der Marburger Brasilienmission. Marburg: Francke Verlag, 1991. Norbert Schmidt beschreibt in dieser gründlichen missionsgeschichtlichen Forschungsarbeit die Spannung zwischen Mission in einem anderen Kulturkreis im eigentlichen Sinne und der evangelistischen bzw. erwecklichen Betreuung der Nachfahren deutscher Einwanderer im Süden Brasiliens. Es wird der schwierige Weg von den Anfängen der Arbeit als Gemeinschaftsarbeit, zu der die ersten Missionare nach Brasilien kamen, zu einer eigenständigen, unabhängigen Gemeinde beschrieben. Die Basis der Marburger Brasilienmission und der von ihr ausgesandten Missionare ist der deutsche innerkirchliche Pietismus. Hieraus ergibt sich die Problematik der Gemeindegründung durch Missionare und Missionswerke mit einem mehr kulturell als biblisch orientierten Gemeindeverständnis, das einfach die eigene christliche Kultur mit ihrer spezifischen volkskirchlichen Struktur ins Ausland zu verlagern versucht. Neben dieser Schwierigkeit wird das Ringen zwischen der Missionsgesellschaft der Heimat und der jungen brasilianischen Gemeinde um die Verantwortung für die Arbeit aufgezeigt. Gute, zum besseren Verständnis dienende Ergänzungen sind die Kapitel über die Geschichte der Gnadauer Brasilienmission mit ihrem auch in Brasilien klar innerkirchlichen Weg, über die Mutterhausdiakonie in Brasilien sowie der ausführliche Anhang. Ein interessantes Werk, insbesondere für den mit den kulturellen und kirchlichen Verhältnissen Südbrasiliens vertrauten Leser. Heinrich Finger, em 1998-1. |
Schmied, Martina. Familienkonflikte zwischen
Scharia und Bürgerlichem Recht. Peter Lang: Frankfurt, 1999. Martina Schmied geht in ihrer rechtswissenschaftlichen Dissertation der Frage nach, wie im Raum Wien lebende Muslime Ehe- und Familienkonflikte angesichts ihres Herausgerissenseins aus ihrem großfamiliärem Umfeld lösen, da im Einwanderungsland traditionelle Konfliktlösungsmöglichkeiten nicht im selben Maß wie im Heimatland zur Anwendung gebracht werden können. Welche Wege zur Konfliktlösung in Familienstreitigkeiten werden beschritten, welche stehen im Immigrationsland überhaupt zur Verfügung? Die Autorin hat zur Beantwortung dieser Fragen Interviews sowie einschlägige Gerichtsurteile verwendet. Drei Dinge scheinen mir aus der Fülle der wertvollen Informationen zum islamischen Recht bemerkenswert: 1. Wie selten sich muslimische Familien hilfesuchend an österreichische Gerichte wenden, mag im Vergleich mit der Zahl der in Österreich ansässigen Muslime zunächst erstaunen, öffnet jedoch den Blick dafür, daß es auch in einer muslimischen Ehe - in der aus westlicher Perspektive die Frau unterdrückt und entrechtet scheinen mag – für sie Möglichkeiten des Protestes und Widerstands gegen unangemessene Behandlung und Verstöße gegen den einmal geschlossenen Ehevertrag gibt. Dieser Protest ist allerdings eingebettet in die Werte und Handlungsspielräume der islamischen Kultur. Es drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß ein Schlüssel zum Verständnis des Islam eine vermehrte Erforschung seiner kulturellen Werte, Rechtsnormen und gesellschaftlichen Maßstäbe sein müßte, um den Islam nicht nur punktuell, sondern als ganzes, geschlossenes System begreifen zu können. 2. Muslimische Immigranten versuchen, auch im westlichen Ausland im Ehe- und Familienrecht soweit wie möglich der Befolgung islamischer Rechtsnormen nachzukommen. Ist dies einerseits aus dem Anspruch des Islam erklärlich, nicht nur religiöses, sondern auch politisches und gesellschaftliches System zu sein, gibt es doch andererseits zu Bedenken Anlaß, daß ein aktives Befürworten und Eintreten für westliche Rechtsnormen in größerem Umfang bei muslimischen Immigranten keinesfalls in Sicht ist - was sicherlich nicht nur für Österreich Gültigkeit haben dürfte. 3. Und schließlich stellt die Autorin fest, daß das Wissen bei Vertretern des österreichischen Rechts über islamische Rechtsnormen im allgemeinen als recht gering einzuschätzen ist - und das, obwohl Muslime in großer Zahl seit vielen Jahrzehnten in Österreich leben und arbeiten. Diese Feststellung ließe sich sicher fast unbesehen auf deutsche Verhältnisse übertragen und macht den dringenden Bedarf nach (günstigstenfalls christlichen) Juristen deutlich, die gleichzeitig profunde Kenntnisse des islamischen Rechts aufweisen. Viele Gerichtsentscheidungen der kommenden Jahre werden wohl andernfalls fast zwangsläufig im „Dunkel der Unwissenheit“ gefällt werden. – So scheint heute mehr denn je eine tiefgreifende Beschäftigung mit Islam das Gebot der Stunde zu sein. Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-2. |
Schmutterer, Gerhard. Tomahawk und Kreuz. Fränkische Missionare unter
Prärie-Indianern
1858-1866. Freimund-Verlag, Neuen-dettelsau/Verlag der Ev.-Luth. Mission, Erlangen (Erlanger Taschenbücher Band 79). Man sollte heute nicht meinen, daß Amerika auch einmal deutsches Missionsgebiet gewesen ist. Schmutterer vermittelt einen Einblick in die nur acht Jahre währende Geschichte der von der deutschen Auswandererkirche der Iowa Synode unter den Indianern betriebenen Mission, in der u.a. der in Crimmitschau geborene und in Neuendettelsau ausgebildete Moritz Bräuninger zum Märtyrer wurde. Das Buch beruht auf Primärquellen und leistet deshalb auch einen Beitrag zur Missionsforschung. Em 1988-2. |
Schnabel, Eckhard J. Das Reich Gottes als
Wirklichkeit und Hoffnung. Neuere Entwicklungen in der evangelikalen Theologie. Wuppertal/Zürich: Brockhaus, 1993. Eckhard Schnabel, bis vor kurzem Dozent am Missionshaus Bibelschule Wiedenest, jetzt Dozent an der Freien Theologischen Akademie in Giessen, veröffentlicht hier seinen Beitrag zur Jahrestagung der „Konferenz Bibeltreuer Ausbildungsstätten“ im Oktober 1990. Die Jahrestagung behandelte neuere Entwicklungen in der evangelikalen Theologie zum Thema „Reich Gottes“. Zunächst skizziert der Autor in einem historischen Rückblick das theologische Erbe der Evangelikalen seit der Reformation. Im zweiten und längsten Kapitel beschäftigt er sich mit „sozialethischen Fragen“ der sog. „radikalen Evangelikalen“. Er erläutert insbesondere, wie die Lausanner Bewegung in ihren Veröffentlichungen zu sozialethischen Fragen das Konzept „Reich Gottes“ rezipierte. Im dritten bis fünften Kapitel betrachtet Schnabel die Positionen der sog. „bekennenden“, „restaurativen“ und „charismatischen“ Evangelikalen. Am Ende eines jeden Kapitels bewertet der Autor die geschilderte Position. Im letzten Kapitel präsentiert Schnabel mit Belegen aus dem Neuen Testament seine eigene Position zum Thema „Reich Gottes“. Er untermauert sie mit Hinweisen auf wichtige anderweitige Veröffentlichungen zum Thema und weist auf die Relevanz der Ergebnisse für den ersten Teil seines Buches hin. Schnabel gelingt es, dem Leser anhand von Beispielen die zwei Gefahrenpunkte beim Thema „Reich Gottes“ im evangelikalen Lager klar vor Augen zu stellen: Die „radikalen“, die „restaurativen“ und die „charismatischen“ Evangelikalen stehen in der Gefahr, das Reich Gottes zu stark in seiner jetzigen Verwirklichung zu sehen bzw. zu erwarten. Die „bekennenden“ Evangelikalen hingegen neigen eher zu einer starken Verjenseitigung des Reiches Gottes, was auch nicht dem neutestamentlichen Befund entspricht. Hier ist eine klare Darstellung gelungen, die so manchen zum Nachdenken anregen sollte. Nur scheint mir das 135seitige Büchlein für 29,80 DM etwas überteuert. Andreas Wieland, em 1997-2. |
Schnabel, Eckhard J. Das Reich Gottes als Wirklichkeit und
Hoffnung. Neuere Entwicklungen in der
evangelikalen Theologie. Wuppertal/Zürich: Brockhaus, 1993. Schnabel, bis vor kurzem Dozent an der Bibelschule
Wiedenest und jetzt an der FTA Gießen, skizziert zunächst in einem
historischen Rückblick das theologische Erbe der Evangelikaien zum Thema seit der Reformation. Im zweiten und
längsten Kapitel beschäftigt er sich mit „sozialethischen
Fragen“ der sogenannten „radikalen Evangelikalen“. Er zeigt, wie die Lausanner Bewegung das Konzept „Reich Gottes“
in ihren Veröffentlichungen zu sozialethischen
Fragen rezipierte. Im dritten bis fünften Kapitel betrachtet Schnabel
die Positionen der „bekennenden“, „restaurativen“ und „charismatischen“ Evangelikalen. Am Ende Schnabel gelingt es, dem Leser die beiden Gefahrenpunkte zum Thema „Reich Gottes“ klar anhand von Beispielen im evangelikalen Lager vor Augen zu stellen. Die „radikalen“, die „restaurativen“ und die „charismatischen“ Evangelikalen stehen in der Gefahr, das Reich Gottes zu stark in seiner jetzigen Verwirklichung zu sehen bzw. zu erwarten. Die „bekennenden“ Evangelikalen hingegen neigen eher zu einer starken Verjenseitigung des Reiches Gottes, was auch nicht dem neutestamentlichen Befund entspricht. Schade, daß die anregende Darstellung mit DM 29,80 für 135 Seiten etwas überteuert ist. Andreas Wieland, em 1995-3. |
Schnabel, Eckhard J. Sind Evangelikale Fundamentalisten? R. Brockhaus Verlag: Wuppertal/Zürich, 1995. Schnabel hat in dieser Schrift die wichtigste Literatur der neueren Fundamentlismus-Debatte verarbeitet und stellt mit Recht ferst, daß es keine allgemein anerkannte Definition des Fundamentalismus-Begriffs gibt, weshalb besser auf ihn verzichtet werden sollte (29). Trotz der Gefahr, als Fundamentalist bezeichnet zu werden, sind Fundamente nötig. Schnabel benennt aus der Sicht eines „konservativen Evangelikalismus“ (51) vier: den Glauben an den Einen Gott und die Wahrheit des Evangeliums, das Bekenntnis zur Autorität der Heiligen Schrift und die Aufgabe von Mission und Evangelisation. „Vielleicht ist es besser, wenn man als evangelikaler Fundamentalist diffamiert und damit wenigstens wahrgenommen wird, als wenn man … wegen argumentativer Unsichtbarkeit ignoriert wird“ (50). Er betont aber auch, daß die Wahrheit nicht ohne Liebe vertreten werden darf. Wer sich mit dem Fundamentalismusvorwurf gegen sich selbst auseinandersetzen will, mag hier Trost finden. Mir selbst, der ich kein „konservativer Evangelikaler“ bin, erscheinen in der Tat einige Ansichten Schnabels „fundamentalistisch“. Dr. Johannes Triebel, em 1996-4. |
Schnabel,
Eckhard. Paul, the Missionary:
Realities, Strategies and Methods, Dieser Band ist größtenteils eine Kurzfassung des Paulusteils von Schnabels umfangreicher Studie Urchristliche Mission (Wuppertal: R. Brockhaus, 2002, 887-1424). Doch geht er auch darüber hinaus, indem er neben dem Verlauf der paulinischen Mission stärker nach Strategien und Methoden des Apostels fragt. Zunächst diskutiert und definiert Schnabel die Begriffe Missionsstrategie und Methode, beschreibt das Ziel der Mission, zeigt die Problematik der Suche und Anwendung von Missionsmethoden auf und spricht grundlegende hermeneutische Fragen an. Inwieweit handelt es sich bei den Berichten von der Mission des Paulus schlicht um Beschreibung? Was und wie viel davon hat mit welchen Gründen gleichzeitig auch normativen Charakter für christliche Mission? Kapitel zwei gibt einen Überblick über den Ablauf der paulinischen Mission (39-122). Nach einführenden biographischen Angaben und der Betonung, dass es sich bei dem Damaskusereignis um eine Bekehrung und Berufung des Paulus gehandelt hat, geht es um das Verhältnis des Paulus zu Jerusalem. Dann wird sein Dienst in fünfzehn Phasen beschrieben, wobei darauf hingewiesen wird, dass der Begriff „Missionsreise“ irreführend sei. Im Dienst des Evangeliums hat Paulus um die 25.000 km zurückgelegt. Im dritten Kapitel zeichnet Schnabel nach, wie Paulus in einzelnen Briefen von seiner Missionsaufgabe spricht (123-54). In ihnen erweist sich Paulus als Missionar, Pastor und Theologe (151-54, wenig zu den programmatischen Aussagen in Röm 11 und zu Röm 14f). Anschließend beschreibt Schnabel die Missionsverkündigung des Paulus (155-208) vor jüdischen und heidnischen Hörern sowie die Entfaltung des Evangeliums vor Behörden. Zur ideologischen Konfrontation gehört die Verkündigung Jesu als Messias und Herr (kyrios). Die kulturelle Konfrontation geschieht in der Erläuterung des Evangeliums. Pastorale Konsolidierung findet in der Ermutigung und Ermahnung der Gläubigen statt. Zudem ereignet sich apologetische Konfrontation in der Verteidigung des Evangeliums. So verstanden ist die Missionsverkündigung nicht auf die missionarische Erstverkündigung begrenzt, sondern erstreckt sich auf die ganze Verkündigung einschließlich derjenigen im gemeindlichen Kontext, die als Frucht der Mission von ihr nicht zu trennen ist. Zu den Missionszielen des Paulus (209-55) gehören die Verkündigung des Evangeliums an Juden und Heiden, die Mobilität der Missionare, die Bekehrung Einzelner, die Gründung von Gemeinden, die Unterweisung der Bekehrten und Weitergabe des Missionsauftrages an die Gemeinden indem neue Missionare ausgebildet und gefördert werden. Weiter beschreibt Schnabel ausführlich die Missionsmethoden des Paulus (258-373). Dazu gehört die Bedeutung von Städten, Regionen und Provinzen sowie von Synagogen, Marktplätzen, Schulräumen, Werkstätten und Privathäusern. Paulus war sich der ethnischen Herkunft, Schicht und Kultur seiner Hörer bewusst und hat sie in seinem Dienst berücksichtigt. Ferner geht es um seine Rolle als Verkündiger in der Öffentlichkeit, um die Überzeugungskraft der Botschaft und die Art ihres Vortrags, um die Glaubwürdigkeit des Botschafters und um zwölf Erklärungen für den Erfolg der Botschaft, die allerdings dem Gebet der Missionare und dem Wirken Gottes nicht Rechnung tragen (370-73). Abschließend umreißt Schnabel auf diesem Hintergrund die Aufgaben der Mission im 21. Jh.: Berufung und Sendung von Missionaren, der Inhalt der Missionsverkündigung, Evangeliumsverkündigung und Gemeindegründung, die Unterweisung der Nachfolger Jesu, Zweck und Auftrag örtlicher Gemeinden, die Herausforderung durch Kultur und die ungeminderte Macht Gottes, sein Heil bis an die Enden der Erde durchzusetzen. Ein ausführliches Literaturverzeichnis und verschiedene Register beenden den Band. Schnabels Studie besticht durch ihre Gründlichkeit und Nüchternheit. Er zeigt, wie viel und wie wenig wir von der Mission des Paulus tatsächlich wissen. Wiederholt setzt er sich mit verschiedenen Thesen und Programmen auseinander, die den Apostel vor ihren Karren spannen wollen. Insofern ist das Buch heilsam für Missionare und Missiologen, die schnell und hermeneutisch unreflektiert von ihrer eigenen Praxis, Erfahrung, Strategie und Vision her auf Paulus zurückgreifen, teilweise sehr selektiv den Paulus des NT wahrnehmen, auf wenige einfache Prinzipien reduzieren und manche paulinische Herausforderung und Korrektiv übersehen. Auch die Fehlanzeigen sind heilsam: Manches, was heute hoch gehandelt wird, spielte anscheinend für Paulus keine Rolle. Vielleicht ist Schnabels Buch in Manchem zu zurückhaltend. Dennoch bietet gerade die gründliche Arbeit an den neutestametlichen Texten viele neue Einsichten in die damalige Mission und reichlich Inspiration für Missionare, Missiologen, Studierende und Neutestamentler. Durchweg zeigt sich, dass Schnabel selbst einige Jahre als Missionar gearbeitet hat und bis heute der Mission in vielfältiger Weise verbunden und mit ihren Herausforderungen vertraut ist. Prof. Dr. Christoph Stenschke, em 2010-4. |
Schnabel, Eckhard. Urchristliche Mission, Wuppertal:
Brockhaus TVG., 2002. Das vorliegende Buch hat 7 Teile, 35 Kapitel und 1806 Seiten (davon 110 Seiten Bibliographie). Hinter dem kurzen Titel „Urchristliche Mission“ verbirgt sich ein so umfassendes und komplexes Werk, wie es seit A. v. Harnacks „Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten“ (4. Aufl. 1924) nicht mehr angegangen worden ist. Dabei konzentriert Schnabel sich vor allem auf die neutestamentliche Zeit. Sein Ziel: „Eine Studie, die missionsstrategisch … relevante Fakten darstellt und missionstheologisch relevante Aspekte erläutert und dabei die Ergebnisse der vielen größeren und kleineren Studien der letzten Jahrzehnte zu einem Gesamtbild integriert“ (S.8). Der Autor definiert Mission als praktische „Aktivität einer Glaubengemeinschaft…, die darauf hinarbeitet, andere Menschen… zu gewinnen“ (S.11). Diese Aktivität könne sich als „expansive Proklamation“ (zentrifugale Dimension) oder als „gewinnende Präsenz“ (zentripetale Dimension) äußern. Diese historisch-praktische Definition ist für eine vorwiegend historische Arbeit durchaus sinnvoll. Vielleicht könnte sie missionstheologisch noch ergänzt werden um die Dimension der missio Dei, die missionarische Aktivität Gottes selbst, auf die Schnabel immer wieder Bezug nimmt (vgl. z.B. S.1517), zu berücksichtigen. Hilfreich ist eine Aufschlüsselung und Darstellung des neutestamentlichen Wortfeldes zum Sachfeld „Missionspraxis“ (Träger, Adressaten, Orte, Verkündigung, Inhalte, Ziele, Tat-Mission, Interpretation, Mühen, Missverständnisse). Die sieben aufeinander aufbauenden Teile des Buches spannen den Bogen von der altestamentlichen Urgeschichte bis zu heutigen Fragen der Missionsstrategie. In Teil I: Verheißung (S.57-178) beschreibt Schnabel die Vor-Geschichte der urchristlichen Mission. Anhand alttestamentlicher, früh- und diasporajüdischer Texte zeigt er die universale (internationale) Dimension des vorchristlichen Judentums als „heilsgeschichtliches Fundament der späteren urchristlichen Mission“ auf (S.62). Er übernimmt E. Scheurers Schlussfolgerung, dass im AT zwar deutlich Missionsgedanken zu finden seien, aber „von praktischer Sendung … wie dies im Neuen Testament berichtet wird, ist im Alten Testament nichts zu finden“ (S.59). Stimmt das so? Waren die Propheten nicht in einer praktischen Sendung (v.a. an Israel) aktiv? War nicht Israel als ganzes Volk gesandt und beauftragt, den lebendigen Gott vor aller Welt zu bezeugen – auch mit praktischen Dimensionen (z.B. 1Kön. 8,41-43), die in ihrer zentripetalen Grundausrichtung auch im NT weiter gültig bleiben, z.B. Mt. 5,13-14? In Teil II : Erfüllung (S.179-380) untersucht der Autor die „Mission Jesu“ und seiner Jünger in der Spannung zwischen der primären heilsgeschichtlichen Sendung an Israel und der aufleuchtenden Sendung auch an die Nichtjuden mit ihrer Kulmination im nachösterlichen Missionsbefehl. Teil III: Die Anfänge (S.381-542) widmet sich der Mission der Apostel in Jerusalem. Besonders ausführlich untersucht und belegt Schnabel hier die mögliche missionarisch-geographische „Maximalperspektive“ der Apostel, die nicht nur bis Spanien (Paulus), sondern sogar bis nach Indien (Thomas) gereicht haben könnte. Der zweitlängste Teil IV: Aufbruch (S.543-886) erzählt die Geschichte der von Jerusalem ausgehenden missionarischen Aktivitäten der Apostel und Gemeinden. Schnabels Schilderung zeichnet sich durch großes Interesse am konkreten historischen Kontext dieser Mission aus, der kenntnisreich bis in Einzelheiten hinein beschrieben wird (Stadt u. Land, Baden u. Bäder, Reisen, Buchwesen, Schulen, Sprachen, Mysterienkulte etc.). Schwerpunkte bilden dabei die Mission des Petrus und die Mission der Judenchristen. Immer wieder fällt auf, dass es heißt: Missionare unbekannt, leider keine Informationen. Dennoch wendet Schnabel viel Mühe und Akribie darauf, zumindest die historischen Ränder des missionsgeschichtlichen Schweigens der Quellen genau zu dokumentieren: so listet er auf vier kleingedruckten Seiten ca. 80 Dörfer im 25km-Umkreis Jerusalems auf, in denen christliche Gemeinden „entstanden sein … könnten“ (S.720-725). Entsprechendes tut er auch für Samarien (S.745-749), die Mittelmeerküste (S.750-759) etc. Wie sinnvoll solche „Ausflüge in die Umgebung“ sind, sei dahingestellt. Hilfreich jedoch sind Schnabels umfassende Auswertung und Integration neuester Studien zu einzelnen Zügen dieser missionarischen Epoche, die er wie Puzzleteile in das große Gesamtbild einfügt, so beispielsweise A. v. Dobbelers Studie zum Evangelisten Philippus (Tübingen, 2000), dessen Mission er in 11 Beobachtungen beschreibt und in 7 Punkten ihre Bedeutung für das Verständnis der urchristlichen Mission zusammenfasst (S.657-665). Gleichzeitig geht der Autor immer wieder unmittelbar zum Text des NT und nimmt den Leser mit in exegetische Detailstudien, die den Gang der Missionsgeschichte erhellen. In dieser Hinsicht erweist sich Schnabels Werk immer wieder als detailreiches und aktuelles Forschungskompendium zu historischen und theologischen Facetten der urchristlichen Mission. Der „Löwenanteil“ von Schnabels Werk ist unter Teil V: Pioniermission (S.887-1426) der Mission des Apostels Pauls gewidmet. Hier kondensiert und verarbeitet Schnabel die Ergebnisse der Paulus-Forschung im Blick auf sein Verständnis, seine Wirken und seine Wirksamkeit als herausragender Missionar. Im Blick auf das Selbstverständnis des Missionars Paulus vermittelt der Autor unmittelbare exegetische Einblicke in Texte der Korintherbriefe, des Römer- und Kolosserbriefes. Er zeigt Paulus im Netzwerk der Beziehungen zwischen Absprache und Konflikt. Auf gut 250 Seiten beschreibt Schnabel geographisch geordnet das Missionswerk des Paulus von Damaskus bis nach Spanien. Er setzt sich ausgehend von der Clemens-Notiz, dass Paulus bis an die „Grenze des Westens“ gelangt sei, für die Wahrscheinlichkeit einer Spanien-Mission des Apostels ein. Von hier ausgehend sammelt Schnabel viele interessante Informationen über Bedingungen und mögliche Missionsorte in Spanien (Liste wichtiger spanischer Städte der Epoche, S.1219-1224). Auch wenn hiermit nichts bewiesen ist, werden doch interessante Perspektiven im Blick auf missionsgeschichtliche Möglichkeiten eröffnet. Die missiologische Strategie und evangelistische Kommunikation des Apostels beschreibt Schnabel auf knapp 200 Seiten. Besonders interessant und evangelisationstheologisch aufschlussreich ist seine ausführliche Analyse der Missionspredigt bei Paulus, die er in sechs Kategorien beschreibt: (1) Christologische Kommunikation vor Juden, (2) theologische Kommunikation vor Heiden, (3) dialogische Kommunikation, (4) ideologische Konfrontation gegenüber Heiden und Juden, (5) apologetische Konfrontation in den Gemeinden, (6) pastorale Konkretion in den Gemeinden. Auf die Frage, warum Paulus den Gemeinden keine Missionsbefehle gegeben habe, folgt Schnabel weitgehend der Argumentation von O`Brien zur missionarischen „Logik des Evangeliums“, die bei Paulus eine Sendung der Gemeinden als Missionszentren impliziere. In Teil VI: Wachstum beschreibt Schnabel die missionstheologischen Gedanken bei Matthäus, Markus, Lukas, Johannes und Petrus, die er als Beitrag zur Konsolidierung und zum weiteren Wachstum missionarischer Gemeinden sieht. War das NT bisher als Quelle für die Geschichte der Mission benutzt worden, so wird es nun als Ausdruck und Interpretation dieser Mission gelesen. Teil VII fasst den Ertrag (S.1477-1528) der Studie zusammen. Selbstverständnis, Praxis (Wort, Dialog, Rahmenbedingungen) und Botschaft (Evangelium, neue Identität, Verheißung der Vollendung) der urchristlichen Mission werden profiliert auf den Punkt gebracht. Das letzte Kapitel versucht den Brückenschlag in die gegenwärtige missiologische Diskussion vor allem im Sinne eines Gesprächs zwischen historisch-exegetischen Erkenntnissen und strategisch-praktischer Missiologie. Hier sei bei der Übertragung vermeintlicher biblischer Prinzipien auf die heutige Situation exegetisch genauer hinzuschauen. So könne z.B. das Zeltmacher-Konzept sich nicht auf Paulus berufen, was aber auch nicht notwendig sei, da Gott immer innovative Ideen genutzt habe, um das Evangelium weiterzutragen. Nicht „alle Aktionen und Initiativen“ müssten mit einer Bibelstelle begründet werden. Andererseits identifiziert Schnabel eine Reihe von missiologischen Themen, die sich aus seiner Sicht zu weit vom biblischem Befund entfernen, wie z.B. das von ihm beobachtete Ersetzen der Begriffe „Mission“ und „Evangelisation“ durch „Offenheit“ oder „Attraktivität“ (findet das wirklich so in der Missiologie statt?): Die urchristlichen Gemeinden seien nicht nur attraktiv und offen gewesen, sondern hätten aktiv missioniert. Hier spielt Schnabel m.E. unnötigerweise im biblischen Missio Dei –Verständnis zusammengehörige Aspekte gegeneinander aus. Die Argumentation von A. Köstenberger aufgreifend wendet sich Schnabel auch gegen den Begriff der „Inkarnation“ als Beschreibung der Mission (z.B. bei J. Stott). Hier werde ein einzigartiger biblischer Vorgang beschrieben, den die christliche Mission nicht nachvollziehen, sondern bezeugen solle. Besser seien Begriffe wie „Kontextualisierung“ oder „Inkulturation“. Auch hier steht m.E. wieder ein auf die Praxis verengter Missionsbegriff im Hintergrund, da die Inkarnation neben der Schöpfungstheologie die missionstheologische Grundlage für „Inkulturation“ und „Kontextualisierung“ bildet. Ein weiterer Kritikpunkt Schnabels: das ganzheitliche Heilsverständnis z.B. bei D. Bosch gehe von einer zu optimistischen Sicht des kosmos aus, die mit der johanneischen Sicht nicht übereinstimme. Auch hier stellt Schnabel wichtige Fragen, führt die Diskussion allerdings auch wieder etwas verkürzt, was auch insgesamt für den „Brückenschlag“ des letzten Kapitels in die gegenwärtige missionstheologische Diskussion gilt. Die spannende Frage bleibt: Was können wir heute von der urchristlichen Mission lernen? Wie lässt sich der „Erfolg“ der urchristlichen Mission erklären? Schnabel zeigt auf, dass bereits v. Harnacks soziologisch geprägte „praeparatio evangelica“-Erklärung nicht ausreicht. V. Harnacks Sichtweise wird heute wesentlich differenzierter weitergeführt. Man sieht die wichtigsten Gründe für die schnelle Ausbreitung in (1) Wundern und Dämonenaustreibungen, (2) im Mut der Märtyrer und (3) in der Nächstenliebe und Praxis christlicher Wohltätigkeit. Doch auch diese Erklärungen greifen zu kurz. Schnabel hat recht: „Vielleicht ist es mehr als ein ‘christliches Vorurteil’, wenn man das Wachstum der Kirche … als Resultat des Wirkens Gottes sieht“ – ein Geheimnis der göttlichen Gnade (S.1498). Dieser implizite Hinweis auf die Missio Dei und die damit verbundene Betonung, dass alleine das von Gott geoffenbarte Evangelium Jesu Christi zur Vergebung der Sünden Grund und Inhalt der Mission der Gemeinde Jesu sein kann, schließt dieses neue und empfehlenswerte Standardwerk treffend ab. Der Anhang enthält neben der Bibliographie 40 Seiten mit Karten und verschiedenen Abbildungen zum Text sowie ein Stellenregister zu AT, NT, frühjüdischer Literatur, neutestamentlichen Apokryphen, apostolischen Vätern, Kirchenvätern, heidnischen antiken Schriftstellern, Inschriften und Papyri, sowie ein geographisches und ein Personen- und Sachregister. Dr. Friedemann Walldorf, em 2004-4. |
Schockehoff, Eberhard. Zur Lüge verdammt? Politik,
Medien, Medizin, Justiz, Wissenschaft und die Ethik der Wahrheit. Herder: Freiburg, 2000. Der katholische Ethiker Schockenhoff liefert hier sowohl eine detaillierte Geschichte des Wahrheits- und Lügeverständnisses in Theologie und Philosophie des Abendlandes, als auch eine Darstellung der aktuellen Diskussion in den verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft. Wenn er auch nicht die Heilige Schrift als letzte Norm versteht, sondern eher historisch-kritisch und vom katholischen Lehramt ausgehend vorgeht, sind auch seine Ausführungen zum Alten und Neuen Testament hochinteressant. Da es leider weder auf Englisch noch auf Deutsch eine ausführlichere evangelikale Darstellung zu Lüge und Wahrheit, geschweige denn über deren Aktualisierung in auch für Missionare wichtigen Bereichen wie Politik, Medien oder Kultur gibt, ist das Buch als Einstieg zu empfehlen, auch wenn es bisweilen sehr breit und technisch über die Geschichte bestimmter Begriffe und Sichtweisen referiert. Wahrheit ist gerade für Evangelikale ein Kernbegriff ihres biblischen Gottes- und Glaubensverständnisses. Deswegen können wir uns nicht einem nebulösen Empfinden für Wahrheit und Lüge überlassen, sondern müssen in unserer Ethik einer Welt, die vom Vater der Lüge regiert wird, begründet und deutlich verkündigen, was Wahrheit und was Lüge ist und wie sich dies auch in den komplizierten Situationen unserer Welt, etwa vor Gericht, am Kranken- und Sterbebett, im Nachrichtenwesen (also auch im Rundbrief des Missionars) oder im Umgang mit Gerüchten in unseren Gemeinden bewährt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-2. |
Schott, Hanna. Matomora Matomora: Der längste Umweg führt nach Hause, Schwarzenfeld: Neufeld Verlag, 2012. Hanna Schott arbeitet als freie Journalistin und Autorin mit einem Schwerpunkt auf Biografien und „Afrika“. Nach einem Vorwort von Dr. Horst Deichmann entfaltet sie in 15 Kapiteln anschaulich den Lebensweg des tansanischen Arztes Dr. Matomora Kibwana Saidi Matomora (geb. 1944) und sein Wirken im südlichen, eher wenig entwickelten Tunduru-Distrikt an der Grenze zu Mosambik. Aufgewachsen in einer muslimischen Familie schlägt Matomora eine (für damalige Verhältnisse) ungewöhnlich lange Schullaufbahn ein und bekehrt sich als Jugendlicher durch den Einfluss deutscher und tansanischer Christen zum christlichen Glauben. Diese Entscheidung eröffnet ihm zwar neue Perspektiven, stellt ihn aber auch vor neue Herausforderungen. Statt eine afrikanische Universität zu besuchen, tritt er mit Unterstützung des Missionshauses Wiedenest nach einigen Umwegen ein Medizinstudium in Köln an, um später als Missionar in sein Heimatland zurückzukehren. Neben der fremdartigen deutschen Kultur und mancher neuer Freundschaft hinterlässt auch das ereignisreiche Jahr 1968 seine Spuren bei Matomora – es weckt sein politisches Anliegen für Afrika, was ihn jedoch mit der deutschen Missionsleitung in Konflikt bringt. Das letzte Drittel des Buches beschreibt sodann Matomoras Weg nach seiner Loslösung von Wiedenest, sein Engagement im Bereich public health sowie die Zusammenarbeit mit deutschen Unterstützern und tansanischen Behörden im Aufbau des christlichen Projektdorfes KIUMA. Das letzte Kapitel fasst noch einmal die spannenden Entwicklungen im Tunduru-Distrikt zusammen, skizziert aber ebenso die Rückschläge und Geduldsproben, mit denen die Mitarbeiter dort zu kämpfen hatten. Die Biografie, die mit Unterstützung des Hilfswerkes wortundtat entstanden ist, bietet neben zwei Landkarten und 21 Schwarz-Weiß-Fotos aus Matomoras Leben auch 16 Farbfotos von KIUMA. Durch den guten Schreibstil der Autorin ist das Buch angenehm zu lesen, auch weil die biografischen Fakten immer wieder in thematische Exkurse und Schlüsseldialoge eingeflochten sind. Über das reine Lesevergnügen hinaus weisen die Beschreibungen von Matomoras persönlicher Entwicklung den aufmerksamen Leser auf diverse Themen hin: gelungene Partnerschaften und Missverständnisse zwischen einheimischen und ausländischen Christen; die Herausforderungen einer wachsenden Globalisierung; geistliche und praktische Nöte von abgelegenen Volksgruppen; der Einfluss von Kultur und historischem Kontext auf die eigenen Entscheidungen; das Ringen um Gottes Führung; die Frage nach Kompetenz und Integrität im christlichen Dienst, u.v.m. Insgesamt wirkt Matomoras Lebensbild solide recherchiert, doch wäre es übertrieben, Schotts Buch als missiologischen Quellen- oder Forschungstext heranzuziehen. Während man gerade im ersten Drittel einen guten Eindruck vom Leben und Denken der geschilderten Personen bekommt, verlieren die Darstellungen im Laufe des Buches etwas an Substanz. Die Erzählungen und Problemstellungen wirken übermäßig gerafft oder stark vereinfacht dargestellt und auch mögliche Hintergründe, die dem Leser vorher geschickt vermittelt wurden, werden seltener. Während Literaturhinweise für Tansania-Interessierte gänzlich fehlen, wäre z.B. ein Verweis auf das Buch „Meine afrikanischen Jahre“ von Ulrich Bockemühl (Wiedenester Missionar und väterlicher Freund Matomoras) sinnvoll gewesen, an dem Schott auch selbst mitgewirkt hat. Wer Dr. Matomora selbst einmal kennengelernt hat, wird bestätigen können, welche Faszination seine Person ausstrahlt. Im Klappentext formuliert der Verlag daher durchaus treffend: „Eine Geschichte vom Suchen und Finden des eigenen Weges, von Berufung und Zweifel, von großen Hoffnungen und vorläufigen Enttäuschungen. Ein Buch, das Mut macht, groß zu denken und im alltäglichen Kleinen den langen Atem zu bewahren.“ In diesem Sinne informiert Schott zwar über den verändernden Einfluss des Evangeliums in Südtansania, doch soll der Leser vielmehr für das eigene Leben inspiriert werden. Wer das Buch also mehr aus einer persönlichen und weniger aus einer fachlichen Motivation heraus zur Hand nimmt, wird trotz mancher Knappheiten nicht enttäuscht werden. Daniel Vullriede, em 2014-3. |
Schreiber, Annelie. Mit Zauberrassel und
Bambusstab. Erlebnisse bei den Guarani-Indianern. Hänssler: Holzgerlingen, 1999. Annelie Schreiber, von 1984-1993 als Missionarin unter den Guarani-Indianern Brasiliens und Paraguays tätig, erzählt tagebuchartig und leicht verständlich von ihren vielen Aha-Erlebnissen im Urwald. Da liest man von Patricio, der sowohl bei den Missionaren als auch bei den Schamanen seines Stammes Hilfe für sein eiterndes Bein sucht. In einem anderen Kapitel wird Felipa geschildert, wie sie ein Kind geboren hat, aber ihr Mann das Kindbett hütet, um so die Geister irrezuführen. Dann ist da auch der Bericht über Frauenstunden auf der Missionsstation, die zum allgemeinen Familienfest werden und wie die Autorin sich müht, nicht nur die Guarani-Sprache, sondern auch den Dialekt der Mbya zu erlernen, um noch besser die Kultur dieses Volkes zu verstehen. Die Guarani haben einerseits große Sehnsucht nach spirituellen Werten und leben andererseits in ständiger Existenzangst. Sie führen z. B. die meisten Krankheitssymptome auf den Einfluß böser Mächte zurück. Und einen schlafenden Menschen solle man nicht wecken, da die Seele beim Schlafen den Körper verläßt. Die Harmonie nach einem Streit wird hergestellt, indem einer der Beteiligten den Wohnort wechselt. Die Deutsche Indianer-Pioniermission versucht, einen Teil der etwa 50.000 in Paraguay lebenden Indianer zu erreichen. Denn entgegen der Meinung mancher Ethnologen, man solle den Indianern ihre Kultur und Religion lassen, glaubt Annelie Schreiber an die befreiende Macht des Evangeliums, welches auch diesen Indianern neue Identität und Hoffnung geben kann. Wilma Neufeld, em 2000-1. |
Schröder, Sabine. Konfessionslose erreichen.
Gemeindegründungen von freikirchlichen Initiativen seit der Wende 1989 in
Ostdeutschland. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2007. Die vorliegende Arbeit wurde im Herbst 2005 von der Theologischen Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt Universität in Greifswald als Dissertation angenommen. Das Thema ist äußerst wichtig und bisher wenig beleuchtet: Die Neugründung von Freikirchen nach der Wende in Ostdeutschland. Bei einer Konfessionslosigkeit von 70% sahen sowohl Kirchen als auch Frei kirchen die Chance, das religiöse Vakuum neu zu füllen. Sabine Schröder geht explizit der Frage nach, wie Freikirchen in Form von Gemeindegründungsprojekten in den Jahren 1989 bis 2003 auf diese Herausforderung reagiert haben. Bevor sie dies empirisch erhebt, setzt sie sich mit der Geschichte, dem Begriff der Freikirchen besonders im historischen Kontext Ostdeutschlands auseinander. Dabei legt Schröder wert darauf, dass Freikirchen nur aus der geschichtlichen Sichtweise verstanden werden können und beschreibt daraufhin wichtige inhaltliche Einflussfaktoren der Freikirchen. Zu diesen zählt sie unter anderen den ekklesiologischen Ansatz Bonhoeffers, das Priestertum aller Gläubigen, starke Bibelorientierung und kontextualisierte Ausdrucksformen (S.45-114). Da die Identität der Freikirchen eng mit ihrem Auftrag verbunden ist, legt die Autorin im Hinblick auf Gemeindegründung einen besonderen Fokus auf den missionarischen Auftrag der Gemeinde. Daraus resultierend entwickelt Schröder Fragen wie: Ist die neue Gemeinde eine Christus hörende, Christus thematisierende und auf Christus hoffende Gemeinde? Wer ist wirklich wichtig – Christus oder die Gemeinde selbst? Weist sie auf ihn hin oder auf sich selbst? Ist ein neu entstandener Hauskreis, der zu keiner Gemeinde gehört, in dem aber das Wort Gottes verkündet und das Abendmahl gefeiert wird, eine neue Gemeinde? Sollte eine Gemeinde einen rechtlichen Status besitzen? Bevor sie das Thema Gemeindegründung aufgreift, legt sie herausfordernde Kriterien für eine sichtbare Kirche fest, die den missionarischen Auftrag der Kirche widerspiegelt. Dabei stellt sie fest, dass die ausgewählten Strategien und Programme vieler Gemeinden an der nichtchristlichen Zielgruppe vorbeizielen. Sabine Schröder nimmt in ihrer Darstellung der Gemeindegründung immer wieder Bezug auf Gemeindepflanzungsprojekte (church planting) der anglikanischen Kirche. Denn anhand der Kirchengeschichte Englands ließe sich erkennen, wie die „Pflanzung" von Gemeinden für eine beständige Erneuerung der Kirche Sorge tragen könne. Im vierten Kapitel wird die empirische Erhebung vorgestellt. Planung, Methoden, Konzeption der Fragebögen und die entsprechende Durchführung der Erhebung werden umfangreich mit vielen Tabellen und Statistiken beschrieben. Die zentralen Forschungsfragen bei der empirischen Erhebung von Gemeindegründungsprojekten in den Jahren 1989 bis 2003 lauten: Wie wird Gemeinde gegründet? Wie verstehen sich die Gemeinden? Sind Freikirchen ein geeignetes Mittel um Konfessionslose zu erreichen? Ist Wachstum in den Gemeindeinitiativen zu beobachten? Unter Zuhilfenahme eines Marktforschungskonzeptes (nach Bereko-ven) und des Kirchenmarketings (nach Tscheu-lin/Dietrich) wurde ein quantitativer Fragebogen erarbeitet, der an alle bekannten freikirchlichen Bünde und Gemeindegründungsinitiativen ausgegeben wurde. Die Briefwechsel (E-Mails) und die angewandten Methoden (Fragebogen) sind im Anhang einzusehen. Nicht klar nachzuvoll-ziehen ist die Methodologie des empirischen Ansatzes. Warum ausgerechnet ein Marketingkonzept? Und nach welchen methodologischen und soziologischen Paradigmen wird verfahren? Hier wäre eine höhere Transparenz hilfreich gewesen. Die inhaltlichen Ergebnisse werden in statistischer Form ausführlich dargestellt. Von der Fülle der Ergebnisse seien nur ein paar herausgegriffen: 73% der durch Gemeindegründungsinitiativen erreichten Bevölkerungsschicht kamen aus der Mittelschicht und davon waren die Mehrheit weiblich. Dabei hatte „Gemeinschaft“ den höchsten Stellenwert, sowohl hinsichtlich der Gemeindeaktivitäten als auch der evangelistische Methoden. Interessant ist, dass sich kein einheitliches Konzept oder eine besondere Methode herauskristallisiert hat. Im fünften Kapitel werden nun die Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der empirischen Erhebung und der theoretischen Vorarbeit gezogen und Prinzipien für eine Gemeindegründung in Ostdeutschland erarbeitet. Dabei werden vier Konzeptionen von Gemeindegründung skizziert und jeweils mit den Ergebnissen der empirischen Studie verglichen. Dabei kommt Schröder zu der Feststellung, dass sich alle vier Konzepte nicht mit der Frage der Inkulturation des Evangeliums beschäftigen, denn sie scheinen zu stark von der eigenen Denomination der Initiatoren geprägt zu sein. So kommt sie folgerichtig zu dem Schluss, dass eine stärkere Auseinandersetzung mit der Gesellschaft den Konzeptionen gut tun würde. Zusammenfassend bietet dieses Buch interessante Anregungen, Erkenntnisse und Reflexionen rund um das Thema Gemeindegründung in Ostdeutschland und darüber hinaus viele Anregungen die eigene – missionarische – Gemeindepraxis zu hinterfragen, besonders was die Frage der Kontextualisierung und Inkulturation von unterschiedlichen Milieus betrifft. Dr. Tobias Faix, em 2008-3. |
Schrupp, Ernst. Gott macht Geschichte. Die Bibelschule und das
Missionshaus in Wiedenest.
Wuppertal: R. Brockhaus, 1995. Ernst Schrupp, langjähriger Leiter des Wiedenester Werkes, beschreibt die bewegte Entstehungsgeschichte und den Werdegang des Missionshauses Bibelschule Wiedenest. Das Buch erscheint im 90. Jahr des Bestehens dieses Glaubenswerkes. Auf dem Hintergrund der Zeitereignisse in kriegs- und krisengeschüttelter Zeit, zeigt Schrupp das Wirken Gottes im Leben und durch das Leben der prägenden Gründer - und Leiterpersönlichkeiten des Werkes auf. Christoph Köhler und Johannes Warns eröffneten 1905 in der damaligen Reichshauptstadt Berlin den ersten Bibelschulkurs mit 12 Schülern. Nach 14 Jahren wurde die Schule nach Wiedenest verlegt. Während Köhler die Autorität der Heiligen Schrift besonders betonte, galt das Interesse Johannes Warns hauptsächlich aller Förderung des Priestertums der Gläubigen in der Gemeinde nach dem Neuen Testament. Es war das Verdienst von Erich Sauer, wegweisende Akzente in der Entwicklung einer biblisch-heilsgeschichtlichen Sicht zu entwickeln. Im 2. Teil des Buches entfaltet der Verfasser ein weiteres, zentrales Anliegen der Wiedenester Arbeit: Im Chor der Bibelschulen setzt Wiedenest den Akzent auf eine starke Gemeindeverbundenheit und die Integration von Gemeinde und Mission. Schrupp liefert in diesem Buch einen wertvollen Beitrag zum Verständnis der Schwerpunkte, Überzeugungen und deren Umsetzung in die Praxis der „offenen Brüder“ im deutschsprachigen Raum. Zahlreiche Hintergrundinformationen, eine fleißige Quellenarbeit, sowie 38 Abbildungen legen ein beredtes Zeugnis davon ab, daß Gott auch in schwierigen Zeiten Geschichte macht. Das Buch macht Mut zu Gemeinde und Mission. Hartmut Burghoff, em 1996-3. |
Schultz, Tobias. Faszination, Enttäuschung, Wut: Wie Araber
den Westen sehen – Persönliche Begegnungen und Medienberichte. Band 3
der Reihe: Orient et Occident 3, hrsg. von Dr. Christine Schirrmacher. Bonn:
Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2002. Tobias Schultz (– neuer Leiter von OM Deutschland –) lebte mehrere Jahre in Ägypten. Im Laufe der Zeit wurde ihm bewusst, dass die Menschen aus dem Westen meistens kein Gefühl dafür haben, wie sie auf die Bevölkerung der arabischen Welt wirken. Deshalb beschreibt er in seinem Buch aufgrund von persönlichen Begegnungen und Medienberichten, wie bei den Arabern der Mann auf der Straße den Westen erlebt, was ihn fasziniert und was ihn abstößt. Schultz will „deutschen Lesern so gut es geht die Brille aufsetzen, durch die sie von ihren arabischen Nachbarn gesehen werden.“ (S.9). In einem ersten Kapitel („Die glitzernde Welt“, S.15ff) beschreibt er die große Faszination, die der Westen auf die arabische Welt ausübt. Der westliche Wohlstand, die technologischen Errungenschaften, aber auch politische Werte – wie etwa Demokratie und persönliche Meinungsfreiheit – üben durchaus auf viele Araber eine starke Anziehungskraft aus. Demgegenüber stehen aber eine Vielzahl von kritischen Punkten, die der Araber am Westen beobachtet, wie z.B. der Verfall der Familie („Gemeinschaft – die Armut der Reichen“, S.24ff) und vor allem der Verfall der Moral („Die große Schamlosigkeit“, S.29ff). So kommt es, dass man sich kulturell, sittlich und religiös gegenüber dem Westen für weit überlegen hält: „Ihr habt mehr Wohlstand als wir, wir dagegen haben Religion. Ihr seid uns technologisch und militärisch überlegen – aber wir sind euch sittlich und charaktermäßig überlegen. Ihr habt viele Kenntnisse auf dem Gebiet der Wissenschaft – wir dagegen kennen Gott“ (S.45). Eine wichtige Rolle spielt dabei der Umstand, dass im Westen die Religion weithin aus dem öffentlichen Leben in die Privatsphäre des Einzelnen verbannt ist, eine Tatsache die für das allumfassende Religionsverständnis von Muslimen undenkbar ist („Die Welt der Gottlosen“, S.45ff). In einem weiteren Kapitel („Wer sind die wahren Terroristen“, S.51ff) geht Schultz vor allem auf politische Fragen ein und zeigt, wie Araber den Westen (und hier vor allem die USA) als voreingenommen und voller Doppelmoral erleben: So weist man z.B. darauf hin, dass niemand aus dem Westen ernsthaft versucht habe, die UN-Resolutionen gegen Israel zur Durchsetzung zu bringen, während man z.B. gegenüber dem Irak bereit sei, Gewalt anzuwenden. Das letzte Kapitel („Von wem geht die Bedrohung für Frieden und Sicherheit aus?“, S.80ff) besitzt gerade durch die Geschehnisse am Golf eine besondere Aktualität. Denn obwohl viele Araber Saddam Hussein nicht besonders mochten, sind sie der festen Überzeugung, dass die stärkste Bedrohung eher von George Bush (oder Ariel Scharon) ausgeht. So weisen sie z.B. darauf hin, dass die Amerikaner lange vor den arabischen Staaten Massenvernichtungswaffen gebaut (und eingesetzt) haben. In einem Schlussteil (S.86ff) stellt Schultz die Frage, wie man mit solchen Vorwürfen gegen den Westen umzugehen habe? Die menschliche Reaktion ist die Verteidigungshaltung. Und sicher gibt es viele Gegenargumente und auch Fehler auf arabischer Seite, auf die man hinweisen könnte. Aber der ausgestreckte Zeigefinger hilft nicht wirklich weiter. „Was im wahrsten Sinne des Wortes notwendig ist, ist ein ehrlicher, gründlicher, und wahrscheinlich schmerzhafter Blick in den Spiegel“ (S.88), bei dem wir nicht nur die Politik, sondern auch das soziale, kulturelle und geistliche Leben in unseren Gesellschaften einmal selbstkritisch betrachten sollten. Es kann sicher nicht darum gehen, einfach dem Westen die Schuld für alle möglichen Entwicklungen in die Schuhe zu schieben. Aber tatsächlich gibt es auch auf unserer Seite Versagen, dem wir uns stellen sollten. Schultz gelingt es dem Leser die sonst ungewohnte Sichtweise der Araber von der westlichen Welt deutlich zu machen. Er vermittelt so ein Stück der heute so wichtigen Fähigkeit, die Welt mit den Augen des anderen sehen zu können. Zwar gab es schon bisher Literatur zu ähnlichen Fragestellungen (z.B. das Buch: Khoury & Hagemann, Christentum und Christen im Denken zeitgenössischer Muslime, Würzburg / Altenberge: 2. Aufl. 1994; oder den zweiteiligen Aufsatz von C. Schirrmacher, „Wie Muslime Christen sehen“ aus der Zeitschrift des Instituts für Islamfragen, Nr. 0 + 1 / 2001), das Besondere hier ist jedoch, dass Schultz seine eigenen Erlebnisse und persönliche Erfahrungen zur Sprache kommen lässt. Das macht seine Ausführungen lebendig und interessant. Erfreulich ist, dass Schultz keine Schwarz-Weiß-Malerei betreibt, sondern z.B. auch auf mancherlei Widersprüchlichkeiten der arabischen Einschätzung des Westens hinweist. Das Buch ist ein echter Augenöffner! Deshalb ist ihm weite Verbreitung zu wünschen. Jedem, der die „arabische Seele“ besser verstehen möchte oder mit Menschen aus der arabischen Welt zu tun hat, wird dieses Buch eine wichtige Hilfe bieten. Gerade manchem Politiker hätte man diese Lektüre gewünscht … Aber schauen wir nicht auf andere: Jedem Christen, der dieses Buch mit offenem Herzen liest, wird mit Erschrecken auffallen, dass viele der Kritikpunkte, die Araber an unseren westlichen Gesellschaften äußern, auch aus christlicher Sicht sehr berechtigt erscheinen (Verfall der Familie, Verfall der Moral, Geringschätzung des Alters, Anbetung des Mammon …). Einziger Wermutstropfen: Ein niedrigerer Preis (als 15 Euro für 90 Seiten) hätte dem Buch sicher eine weitere Verbreitung erleichtert. Andreas Baumann, em 2003-4. |
Schulze, Heinz. Arbeitsgemeinschaft
Sozialpolitischer Arbeitskreise (Hrsg.), Menschenfischer ‑ Seelenverkäufer. Evangelikale und
fundamentalistische Gruppen und ihr Wirken
in der Dritten Welt, München
1987. Wenn man bedenkt, welche Rolle Kritik an den Institutionen einer freien Gesellschaft spielt und welches Ausmaß sie unter Umständen erreichen kann, erreichen muß, um ihrer gesellschaftlichen Kontrollfunktion gerecht zu werden, dann kommen evangelikale und fundamentalistische Gruppen in der Bundesrepublik vergleichsweise ungeschoren davon. Der Grund dafür ist nun keinesfalls darin zu sehen, daß es an ihnen nichts zu kritisieren gibt, sondern vielmehr darin, daß ihre Aktivitäten und Initiativen im Inland oder auch in Übersee von einer breiteren Öffentlichkeit bei uns eher selten wahr- und noch seltener ernst genommen werden. Kritik an evangelikalen und fundamentalistischen Organisationen allerdings zeigt sich, wenn sie überhaupt auftaucht, gern in zweierlei Art und Weise merkwürdig. Die eine Art findet sich meist in Berichten, die für Tageszeitungen geschrieben werden, deren Autoren Denkweisen und Strukturen solcher Organisationen nur selten einigermaßen genau oder gar von innen heraus kennen. Solche Art Kritik wirkt daher auf Insider eher etwas naiv. Die andere Kritik ist zwar seltener und auch weniger naiv, hat aber dafür größere Wirkungen bei denen, die sie nicht nur lesen, sondern sich ihre Argumente zu eigen machen, auch wenn darin gar nicht echt oder sogar manipulativ argumentiert wird. Diese Art der Kritik findet sich in der hier besprochenen Publikation von Heinz Schulze. Sie ist nicht die erste dieser Art. Da war, überaus problematisch, vor einigen Jahren schon „Die Frohe Botschaft unserer Zivilisation“ (Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker, Göttingen und Wien 1979). Was Heinz Schulz und andere hier nun zusammengestellt haben, liest man zunächst mit Stirnrunzeln, bald aber nur noch mit fassungslosem Erstaunen. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Ich leide nicht unter dem Bedürfnis, die mit großem Fleiß zuwege gebrachte Arbeit eines anderen herabzuwürdigen oder hämisch zu kommentieren. Auch ist Schulzes ständiger Hinweis auf die Tatsache, daß Evangelikale und Fundamentalisten dazu neigen, korrupten Regierungen in der Dritten Welt und anderswo gegenüber eher indifferent zu bleiben, durchaus berechtigt, und die Kritisierten täten gut daran, der Kritik zuzuhören, wie immer sie auch ausfallen mag. Aber: Wenn Kritik in einer Form vorgebracht wird, wie es hier geschehen ist, dann beraubt sie sich selbst jeglicher Wirkung auf denjenigen, an die sie sich richtet. Das Ganze ist in der Tat so schlimm, daß es mir bei der gebotenen Kürze schwer fällt, Symptomatisches so herauszugreifen, daß ein repräsentatives Bild vom Ausmaß der Mängel entsteht, die Schulzes Arbeit kennzeichnen. Abgesehen davon, daß der Autor die Tätigkeit evangelikaler und fundamentalistischer Organisationen in Deutschland als Griff nach der Macht mißversteht und sie in ihren diesbezüglichen Möglichkeiten völlig überschätzt, ist ausgeprägte Einseitigkeit typisch für die Auswahl seiner Fakten. Auch besteht die Dritte Welt, von der im Untertitel die Rede ist, fast ausschließlich aus Lateinamerika. Zwar betont der Autor im Vorwort, es sei nicht sein Anliegen, die Ausnahmen vorzustellen, sondern die Regel (S.5). Gerade das aber tut er dann in der Folge ständig. Völlig verwirrend sind die „Klärungsversuche zu Beginn“ (S.7). Wenn ich nicht gewußt hätte, was die Begriffe „Fundamentalismus“ und „evangelikal“ bedeuten, wäre ich trotz größtmöglicher Bereitschaft zum Verstehenwollen nicht in der Lage gewesen zu erkennen, was damit gemeint ist. Immer widerwilliger folgt man den Ausführungen des Autors, wenn man auf so merkwürdige Formulierungen stößt, in denen von den „bösen, selbstherrlichen Männern der Evangelischen Allianz und des Gnadauer Bundes“ die Rede ist (S.9), wenn man sinnlose Sätze lesen muß wie „ … für die Mehrheit ist die Religion eine Bestätigung ihrer Existenz als Individuum mit einer ganz persönlichen Erlösungsgeschichte in der Ewigkeit“ (S.60), oder salbungsvolle wie dieser: „Viele der fundamentalistischen Missionsgesellschaften sind Kinder der Krise und die Frucht ihres Leibes ist krisenbringend“ (S.43). Auffallend ist die geringe Sorgfalt, mit der die Namen von Organisationen und Personen zitiert werden. Der „Gnadauer Bund“ (S.9,14 usw.) heißt erst gegen Ende richtig „Gnadauer Verband“ (S.120), und ein in die Schlagzeilen geratener amerikanischer Fernsehprediger erscheint auf ein und derselben Seite als „Jimmy Swaggart“ und „Swaggard“ (S.87). Die Liste ist leicht fortzusetzen, es wimmelt von Beispielen. Schwer fällt es auch, eine Abhandlung über die Rolle des amerikanischen Präsidenten im Rahmen des Themas ernstzunehmen, die den Titel „Ronnies Jesus-Mission“ trägt (S.15). Hier ist das Niveau einer Schülerzeitung erreicht. Besonders bedenklich ist das Verfahren, Tatsachenbericht und Kommentar nicht deutlich erkennbar zu trennen oder von Zitat zu Zitat zu springen, wobei der Zusammenhang zuweilen völlig verloren geht (S.28). Einen in anderer Weise zusammenhanglosen Eindruck macht der Beginn der Ausführungen über „Die elektronische Kirche“ (S.23). Mitten in einer Buchbesprechung über dieses Phänomen in den USA und Lateinamerika erscheint das Signet des (deutschen) Evangeliumsrundfunks, dann wird das ursprünglich begonnene Thema weitergeführt, um wiederum durch ein belangloses Photo, den Ausriß des Programmzeitschrift-Titels des ERF und zwei völlig nichtssagende Sätze über diesen, unterbrochen zu werden. Viel zu oft benützt der Autor unklare Begriffe wie „die
nordamerikanische Eroberung“ (S. 7)
oder, höchst seltsam im Zusam Problematisch sind die Verbindungen zwischen Ereignissen und Fakten, die durch die viel zu starke Verkürzung von Informationen suggeriert werden, im Zusammenhang mit Bildmaterial (S.67) und mit Katastrophen (S.48). Im letzteren Fall muß ein nichtinformierter Leser, der laut Vorwort informiert werden soll, schließen, das ILV selbst habe die Flugzeugabstürze inszeniert. Die Argumentation, wenn sie überhaupt geführt wird, ist selten überzeugend (S.33 ist ein Graffito als „starker Protest“ gegen ein christliches Hilfswerk bezeichnet), manchmal in eindrucksvoller Weise realitätsfern: Wie will der Autor im Ernst einer Mutter aus den Slums von Lima, deren Kind anders keinerlei Chancen hätte, oder gar einem elternlosen Kind selbst einsichtig machen, daß „Kinderpatenschaften … entwicklungspolitisch abzulehnen“ (S.57) und „die Arbeit des Kinderhilfswerks Lima … europäisch ausgerichtet und nicht in die Struktur der Basisorganisationen eingebunden“ seien (S.93)? Selbst einfachsten Maßstäben für Wissenschaftlichkeit genügt Schulzes Arbeit nicht. Zitiert werden fast keine Primärquellen, viel zu oft Berichte aus Zeitungen und Blättern von höchst begrenzter Bedeutung, mit dem längst unüblichen Kürzel „a.a.O.“ oft weder auffind- noch nachprüfbar. Die im Impressum als Mitherausgeber firmierenden Organisationen, darunter besonders die studentischen, täten daher gut daran, sich, falls noch nicht geschehen, umgehend von der insgesamt blamablen Publikation zu distanzieren. Lothar Käser, em 1988-4. |
Schuster, Jürgen, Volker Gäckle (Hg.). Der Paradigmenwechsel in der Weltmission. Chancen und Herausforderungen nicht-westlicher Missionsbewegungen (Interkulturalität & Religion 1), Berlin: LIT-Verlag, 2014. Der vorliegende Sammelband dokumentiert das erste Symposium (2014) der Forschungsstelle Interkulturalität und Religion an der Internationalen Hochschule Bad Liebenzell. Thematisch geht es um nicht-westliche Missionsbewegungen, die als Paradigmenwechsel verstanden und als „Chance und Herausforderung“ für westliche Christen diskutiert werden. Damit knüpft der Band an aktuelle Diskurse zur Wahrnehmung „veränderter Landkarten“ des globalen Christentums und seiner polyzentrischen Geschichte (K. Korschorke, A. F. Walls u.a.) sowie zur Reverse Mission der Migrationskirchen in Europa (B. Dümling, C. Währisch-Oblau, A. Bünker u.a.) an. Was genau unter „nicht-westliche Missionsbewegungen“ verstanden wird, bleibt allerdings recht vage: Es geht um „Missionare aus der südlichen Hemisphäre“ „vor unserer eigenen Haustür“ (Einführung, S. 3). Der Sammelband umfasst neun Fachbeiträge, die von Länge, thematischer Relevanz und Qualität her recht unterschiedlich ausfallen. Die ersten beiden Beiträge befassen sich in systematischer und geschichtlicher Perspektive mit der Hermeneutik und den Motiven der evangelischen Mission. Rolf Hille spürt dem Konzept des „reinen Evangeliums“ nach und argumentiert, dass die Identifizierbarkeit und Wesenhaftigkeit des Evangeliums keinen Gegensatz zu seiner Kulturbezogenheit und Kontextualität darstelle. Allerdings nicht im Sinne des Idealismus als Unterscheidung zwischen einer abstrakten Idee und deren historischer Umsetzung. Vielmehr sei das Evangelium als heilschaffende Offenbarung Gottes in der Inkarnation Christi „Fleisch“ geworden und als „Text“ in der Bibel in konkreten sprachlich-kulturellen Formen bezeugt. Dieser „Text“ habe Vorrang vor allen „Kontexten“. Erst durch „das gründliche Studium des biblischen Textes“ „ergibt sich eine souveräne Freiheit gegenüber dem Kontext. Dieser darf den Text nicht verschlingen“ (S. 16). Darüber hinaus verortet Hille sein normatives Verständnis vom Wesen des Evangelium in der Reformation, in der der Anspruch einer „reinen“ Verkündigung („evangelium pure docetur“, CA VII) eine Schlüsselrolle spielte und kritisierbar wurde durch die Normen des sola gratia und sola fide – eine Einsicht, die für evangelische Theologie seitdem „konstitutiv und aufgebbar“ (sic! S. 18) sei (hier hat sich ein offensichtlich ein Druckfehler eingeschlichen, da es sicherlich „unaufgebbar“ heißen sollte.) Gerade die sich wandelnden Kontexte christlicher Mission stellten Christen immer neu vor die Aufgabe „zu klären, was das Wesen des Evangeliums ausmacht“ (S. 17). Bernd Brandl bietet eine Analyse der „historischen Sendungsmotive“ westlicher Mission von der katholischen Kolonialmission in Lateinamerika bis zu den Glaubensmissionen des späten 19. Jahrhunderts (S. 26–60). Ausgehend vom neutestamentlichen Motiv des „Gesandt wie Christus“ stellt er in der Geschichte verzerrende imperiale, koloniale und kulturzivilisatorische „Überlagerungen“ des „biblischen Sendungsmotivs“ fest. Genuin biblische Motive findet Brandl u.a. bei Las Casas, Ricci, Eliot, vor allem aber in der Mission von Pietismus, Erweckungsbewegung sowie bei den Glaubensmissionen. Im Pietismus (Ziegenbalg etc.) sei eine „grundlegende Wende“ (S. 35) zu einem geistlichen Grundmotiv erfolgt. Auch die unlösbare Einheit von Evangelisation und humanitären Aktivitäten in der Erweckungsmission sei aus heutiger Sicht vorbildlich. Im Blick auf die Glaubensmissionen betont Brandl mit Recht deren stärkere Unabhängigkeit von kolonialistischen und nationalistischen Verflechtungen, zu wenig kritisch – gemessen am biblischen Motiv der Sendung Christi – wird allerdings das an der ewigen Verdammnis aller Unerreichten orientierte Missionsmotiv der Glaubensmissionen betrachtet. Nach dieser hermeneutischen und historischen Grundlegung gehen die folgenden fünf Beiträge auf die nicht-westliche Thematik des Sammelbandes ein. Bernd Dinkelaker setzt sich am Beispiel des Ghanaer Theologen Kwame Bediako mit afrikanischen Theologien auseinander. In acht Thesen zeigt er wesentliche Merkmale sowie Anfragen an westliche Theologie und Mission auf. Afrikanische Theologie sei eine Hermeneutik afrikanischer Identität, in der sich heute widersprüchliche Tendenzen zeigten: Während traditionelle AICs afrikanische Religion integrieren, lehnen neue pentekostale Kirchen dies als synkretistisch ab, vertreten aber zugleich ein Weltbild der unsichtbaren Mächte und Geister verbunden mit Wohlstandskonzepten. Die Übersetzung der Bibel werde von afrikanischen Theologen als wesentlicher Beitrag westlicher Mission gesehen. Dies mache deutlich, „dass die universale Gültigkeit des Evangeliums von Jesus Christus … konkret und partikular Ausdruck finden muss, in der Begegnung …. zwischen dem Evangelium und der jeweiligen Kultur (S. 73). Norbert Schmidt versucht einen Perspektivenwechsel und reflektiert „die kommende Christenheit“ aus der Sicht des brasilianischen Neopentekostalismus und der Befreiungstheologie. Die Bilanz ist ernüchternd: Westliche Theologie werde als irrelevant erlebt für die „dringenden Fragen des Alltags“ (S. 86). Im Neopentekostalismus erhalte die „Praxis“ nicht nur Priorität (wie in der Hermeneutik der Befreiungstheologie), sondern werde „zum fast alleinigen Faktor“ eines „willkürlich erscheinenden Pragmatismus.“ Eine fruchtbare Auseinandersetzung mit dem brasilianischen Neopentekostalismus in der westlichen Theologie sieht Schmidt bisher kaum. Dafür macht er einen „theologischen Imperialismus“ (S. 88) sowohl auf evangelikaler wie liberaler Seite verantwortlich, dem diese Ausprägung „suspekt“ sei. Die Bewegung der „Iglesias Iniciadas por Latinos“ sei allerdings längst „ungefragt fröhlich“ in Europa angekommen. Während Schmidt nicht in die „vernichtende Kritik“ einstimmen will, sieht er die Bewegung kritisch als „postprotestantisch“, da sie die Bibel nicht mehr brauche und das sola gratia der Reformation durch das Wohlstandsevangelium auf den Kopf stelle. Der Beitrag von Jürgen Schuster befasst sich mit ekklesiologischen Grundlagen der Begegnung zwischen westlichen und neuen nicht-westlichen Missionsbewegungen. Ausgehend von ekklesiologischen Einsichten Lesslie Newbigins sieht Schuster als wichtigste Zukunftsaufgabe, einen „Gesprächsraum zu schaffen“ für „gemeinschaftliches Theologisieren“ in einer globalen hermeneutischen Gemeinschaft (S. 121). Nicht nur angesichts der Begegnung mit „sozio-zentrischen“ Kulturen sei eine stärkere Integration von partizipativen Modellen von Kirche für die Zukunft wichtig. Um die von Newbigin hervorgehobene Einheit der Kirche (und Mission) angesichts der kulturellen Diversität zu ermöglichen, betont Schuster zwei Aspekte: die Herstellung einer interkulturellen theologischen Basis durch eine dynamische (anstatt einer statischen) Hermeneutik sowie eines gemeinsamen Rahmens durch die Akzeptanz größerer Vielfalt unter einem gemeinsamen Dach („mixed economy church“). Klaus Wetzel analysiert „heilsgeschichtliche Denkansätze in nicht-westlichen Missionsbewegungen“ (z.B. das „Back to Jersualem“-Motiv der chinesischen Kirchen), nimmt allerdings einen sehr langen Anlauf über die westliche Theologiegeschichte und die Geschichte der nicht-westlichen Missionen, so dass der Beitrag unübersichtlich und deutlich zu lang gerät (64 Seiten). Er bietet allerdings quasi nebenbei verschiedenste Ein- und Überblicke zum Thema des Sammelbands und verarbeitet viel relevante Literatur (z.T. in sehr langen Fußnoten). Jean-Georges Gantenbein widmet seinen Beitrag einem wesentlichen Zielgebiet nicht-westlicher Missionsbewegungen und fragt, ob die Sicht von „Europa als Missionsland“ einen Anachronismus oder einen Ansatz zur Innovation darstellt. Angesichts der längst erfolgten Überwindung eines geographischen Missionsverständnisses sieht er das Konzept zwar als Anachronismus, die Perspektive nicht-westlicher Missionsbewegungen könne jedoch durch die kulturelle Außenperspektive und das Fehlen der unglücklichen Trennung zwischen „Mission“ und „Evangelisation“ neue Sichtweisen anregen. Welchen Beitrag die Aufsätze von Idar Kjolsvik (Norwegen) und Maik Arnold zum Thema des Sammelbands leisten sollen, bleibt unklar. Kjolsvik schreibt über die Geschichte der skandinavischen Kirchen und Erweckungs- und Missionsbewegungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ein interessantes Thema, allerdings fehlt jeglicher Bezug zu nicht-westlichen Missionen. Der Beitrag des Kulturwissenschaftlers Maik Arnold zum Selbstverständnis von westlichen Missionaren bietet anhand eines qualitativen Interviews mit einer deutschen Kurzzeit-Missionarin bei Jugend-mit-einer-Mission zwar wichtige (wenn auch wenig überraschende) interkulturell-psychologische Einsichten. Der Bezug zur nicht-westlichen Missionsbewegung fehlt auch hier. Warum der Aufsatz als einziger in (einem recht umständlichen) Englisch geschrieben ist, bleibt unklar. Fazit: Die Stärke des lesenswerten Sammelbandes liegt in der wichtigen Auseinandersetzung mit hermeneutischen und ekklesiologischen Fragen nach Einheit und Vielfalt, die durch die Begegnung zwischen (in sich höchst diversen) westlichen und nicht-westlichen Missionsbewegungen aufgeworfen werden. Diese normative Fragestellung stellt den eigentlichen roten Faden des Bandes dar („reines Evangelium“, „legitime Missionsmotive“, „postprotestantische Bewegung“, „hermeneutische Gemeinschaft“, „dynamische Hermeneutik“, „mixed economy church“). Was fehlt, sind empirische Bestandsaufnahmen, zumindest jedoch ein empirischer Überblick über die nicht-westlichen Missionsbewegungen in ihrem Bezug zum deutschsprachigen Raum. Wetzel verweist auf S. 142 auf einen solchen Überblick im Rahmen des Symposiums, der aber offensichtlich keinen Eingang in das Buch gefunden hat. Prof. Dr. Friedemann Walldorf, em 2014-4. |
Schwarz, Christian A. Die natürliche Gemeindeentwicklung
nach den Prinzipien, die Gott selbst in seine Schöpfung gelegt hat. C & P: Emmelsbüll & Oncken: Wuppertal, 1996. (Kurzfassung: ders.
Das 1 x 1 der Gemeindeentwicklung. C & P: ebd. 34 S. geheftet.). Das in zehn Sprachen und 12 Länderausgaben erscheinende Buch geht auf eine breitangelegte Untersuchung von 1000 Gemeinden in 32 Ländern auf allen 5 Kontinenten zurück. Dazu haben Gemeindeleiter und Mitarbeiter ebenso wie ‘normale Mitglieder’ und Besucher detaillierte Fragebogen über ihre Gemeinden ausgefüllt. In seinem graphisch ausgezeichnet aufgemachten, übersichtlichen und flüssig geschriebenen Buch belegt Schwarz acht Qualitätsmerkmale ‘guter’ Gemeinden, in denen Gebet und Seelsorge, Evangelisation und Schulung eine wichtige Rolle spielen und die zugleich wachsen: (1) „Bevollmächtigende Leitung“, wobei die Leiter stark auf persönliche Beziehungen setzen und sich von außerhalb der Gemeinde beraten lassen, (2) „Gabenorientierte Mitarbeiterschaft“ mit gründlicher Schulung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, (3) „Leidenschaftliche Spiritualität“ wie intensives Gebetsleben, Begeisterung für den Gottesdienst und klare theologische Überzeugungen, (4) „Zweckmäßige Strukturen“, in der die Strukturen den Menschen angepaßt werden und nicht umgekehrt, (5) „Inspirierende Gottesdienste“, wobei es interessanterweise auf das Wachtum und die Qualität praktisch keinen Einfluß hat, wenn der Gottesdienst sich vorrangig an Nichtchristen wendet (S. 31), (6) „Ganzheitliche Kleingruppen“, (7) „Bedürfnisorientierte Evangelisation“ und (8) „Liebevolle Beziehungen“. Diese Prinzipien bringt Schwarz dann mit sechs „biotischen“ Prinzipien in Verbindung, also Prinzipien, mit denen sich die Schöpfung erhält und vermehrt und die seines Erachtens nur zum Schaden der Gemeinde durch technische Prinzipien ersetzt werden können. Es sind „Vernetzung“, „Multiplikation“, „Energieumwandlung“, „Mehrfachnutzen“, „Symbiose“, „Funktionalität“. Schwarz fordert einen zweipoligen Gemeindebegriff, der dynamische und statische Elemente gleichermaßen berücksichtigt (S.84ff). Reiner Spiritualismus ist genauso eine Gefahr wie Technokratie. Bereitschaft zur Veränderung und Spontanität haben genauso ihren Platz in der Gemeinde Jesu wie Festhalten an Bewährtem und gründliche Planung. Mit seinen erfreulichen und studierenswerten Ergebnissen entfernt sich Schwarz immer weiter von der klassischen Gemeindewachstumsbewegung, deren Exponent er war und ist. Als herausragendste Entdeckung der Untersuchungen bezeichnet Schwarz die Feststellung, daß Gemeinden, die einen bestimmten Qualitätsindex übersteigen, ausnahmslos auch wachsende Gemeinden sind (S.39). Qualitatives Wachstum und quantitatives Wachstum stehen nicht gegeneinander, sondern bedingen einander – ein Ergebnis, das die biblische Offenbarung eindrucksvoll bestätigt. Schwarz schreibt: „In vielen Gemeindewachstumsbüchern läßt sich ein hartnäckiger Mythos aufspüren: Eine Gemeinde, die wachsen will, brauche ganz konkrete numerische Wachstumsziele … Keine andere Forderung hat sich im Bewußtsein der christlichen Öffentlichkeit so sehr mit dem Wesen von ‘Gemeindewachstum’ verbunden wie diese. Ein Ergebnis unserer Studie ist, daß nur 31 Prozent aller überdurchschnittlich wachsenden Gemeinden mit derartigen Zielen arbeiten.“ (S.44). Nun mag man sagen, daß viele Ergebnisse für den Praktiker immer schon auf der Hand lagen. Daß größere Gemeinden meist schlechter abschneiden als kleinere (S.46), weiß jeder, der sich vor Ort umgeschaut hat. Größere Gemeinden haben eben oft nur eine größere Presse. Aber dem Mythos der möglichst großen Gemeinde konnte nur eine Untersuchung dieser Art abhelfen. Auch, daß die ‘schlechtesten’ und zudem schrumpfenden Gemeinden durchweg Pastoren haben, die Theologie studiert haben (S.23), da das Theologiestudium offensichtlich oft zu beziehungsarmen Gemeindeleitern führt, ist zwar eine sattsam bekannte Erscheinung, die aber nun belegt ist und dringend zur radikalen Reform des Theologiestudiums - auch des bibeltreuen - führen müßte! Daß nur wenige wachsende Gemeinden einen sogenannten ‘Seeker-Service’, also einen ganz auf Außenstehende ausgerichteten Gottesdienst, haben (S.30), ist ebenso nicht verwunderlich, denn der Gottesdienst ist nun einmal zuerst dafür da, daß die Gemeinde Jesu sich von ganzem Herzen auf Gott ausrichtet, und nicht als Evangelisationsveranstaltung. Fehlt der gemeinsame Gottesdienst der Christen, fehlt der Gemeinde meist auch ein Stück echter Lebendigkeit. Ich glaube, daß die Gemeindewachstumsbewegung nun mit ihren eigenen Waffen geschlagen wurde. Ich habe mit vielen anderen Missionswissenschaftlern schon vor Jahren vertreten, daß die Gemeindewachstumsbewegung zu falschen Schlußfolgerungen kommt, weil sie nur über ein eingeschränktes Wissen verfügt. Geographisch war sie meist auf eine Gemeinde oder eine Region beschränkt. Sie interessierte sich selten für den Gesamtzustand der Gemeinde, sondern stellte nur bestimmte Fragen. Und sie war meist auf kurze Zeiträume beschränkt, untersuchte also beispielsweise selten, warum vorübergehend stark wachsende Gemeinden oft Jahre später wieder kollabierten. Damit ist nun Schluß: Eine weltweite Untersuchung, die in 1000 Gemeinden ein möglichst breites Spektrum an Bereichen erfaßte und möglichst viele Menschen befragte (Pastoren, Gruppenleiter, Mitglieder, Besucher) zeigt, daß Gemeinden eben am natürlichsten wachsen, wenn sie gesund sind. Wer sich um die umfassende Gesundheit einer Gemeinde kümmert, kümmert sich automatisch auch um ihr zahlenmäßiges Wachstum. Dabei darf man unter gesund eben nur nicht einfach ‘rechtgläubig’ verstehen - worin Schwarz voll zuzustimmen ist, sondern alle im Neuen Testament vorgegebenen Qualitätsmerkmale wie Gebet, Gemeinschaft, Förderung, erhebender Gottesdienst, Evangelisationsdrang usw., Dinge, mit denen gerade ‘rechtgläubige’ Gemeinden - zumindest in Deutschland - oft wahrhaftig Probleme haben. (Daß bei Schwarz die Frage der ‘Rechtgläubigkeit’ dafür fast ganz unter den Tisch fällt, ist allerdings bedauerlich.) Vieles von dem, was Schwarz beschreibt und fordert, könnte
der Gemeindewachstumsbewegung eine neue, m. E. gesündere Richtung geben.
Es ließe sich natürlich fragen, ob nicht Schwarz selbst früher als Redakteur
der Zeitschrift ‘Gemeindewachstum’ der von ihm kritisierten Entwicklung
Vorschub geleistet hat und seinerzeit nicht Kritik am Kurs der deutschsprachigen
Gemeindewachstumsbewegung vorschnell als Kritik an Gemeindewachstum
überhaupt verstanden wurde. Aber jedenfalls kündigte sich schon lange an,
daß Schwarz die Qualität einer Gemeinde immer weniger aus den reinen Zahlen
ableiten wollte und den inneren Zusammenhang zwischen qualitativem und
quantitativem Wachstum immer stärker betonte. Wenn er schreibt: „Es scheint
mir einer der großen Irrtümer der Gemeindewachstumsbewegung zu sein, daß
sie Gemeindewachstumsdenken als eine ‘a-theologische Methodologie’ zu präsentieren
versucht“ (S. 94), so bleibt dabei offen, ob er sich auch selbst damit meint
oder nicht. Aber angesichts dessen, was Schwarz heute präsentiert, ist diese
Frage von rein historischem Interesse. Wichtiger ist jetzt, daß die Gemeindewachstumsbewegung
auf Schwarz hört und mit einer geänderten Zielsetzung auch jene Christen für
einen neuen Aufbruch gewinnen kann, für die bisher gewisse theologische
Probleme der Gemeindewachstumsbewegung Alibi für den toten und schrumpfenden
Zustand der eigenen Gemeinde waren! Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-3. |
Schwatlo, Winfried. Das Verständnis der Reilsgewissheit in
Afrika: Wege zu ihrer Kontextualisierung unter den Christen der Wakaguru.
Evangelische Missiologie Monographien Bd. 2, hg. v. Heinzpeter Hempelmann,
Bad Liebenzell: Verlag der Liebenzeller Mission, 2001. In dieser „Korntaler-Abschlussarbeit“ nimmt der Autor die „nahezu gänzlich fehlende Einsicht“ der Christen in Afrika auf, „dass Gott Heilsgewissheit schenken kann“. Am Beispiel der Wakaguru, einer Ethnie in Tansania wird in die Problemstellung eingeführt und werden Lösungswege gesucht, die dann als Kontextualisierung vorgestellt werden. Dem voraus geht eine exegetische Studie zu Römer 8,3-8f. Schwatlo hält diesen Text für den Schlüssel zum Thema Heilsgewissheit, weil die für Afrika so wichtige Dimension der „Mächte und Gewalten“ berücksichtigt wird. Darauf folgt ein kleiner theologiegeschichtlicher Überblick zum Thema. Anschließend führt Schwatlo in die Kaguru-Kultur ein, wobei er auch Einflüsse der Missionsgeschichte berücksichtigt. Die Ähnlichkeit der Kaguru zu anderen Bantu-Kulturen ist offensichtlich, weswegen diese Studie auch über die Kaguru-Kultur hinaus Relevanz besitzt. Das darauffolgende Kapitel 4 ist eine allgemeine Erörterung zum Thema Kontextualisierung der biblischen Botschaft in Afrika. Der Fokus fällt dabei auf die Christologie, die präsentisch verstandene Soteriologie und die Bekehrungstheologie afrikanischer Evangelikaler. Im abschließenden Kapitel 5 kontextualisiert der Autor die biblische Lehre der Heilsgewissheit für die Christen der Wakaguru. Interessant ist sein breit angelegter Ansatz: Angefangen von traditionellen Ka-guru-Texten, bis zu dem auf Kiswaheli vorhandenen theologischen Schulmaterial, über den Einsatz von Dramen und relevanten Kirchenliedern bis hin zu symbolischen Zeremonien versucht er das Verständnis für die Heilsgewissheit zu wecken. Dieser Ansatz überzeugt. Jedoch bleiben Fragen offen. Ist mangelnde Heilsgewissheit das Hauptproblem oder sind andere theologische Inhalte defizitär? Überblickt man das ostafrikanische Christentum, so kann man beispielsweise in Kenia Christen sagen hören: „I’m saved“ mit dem hastigen Zusatz „today“, als ob sie sich ihres Heils morgen nicht mehr sicher sein könnten. In Tansania lassen sich bei Evangelisationsveranstaltungen Scharen von Gemeindeglieder zum wiederholten Male nach vorne rufen. Was sie verbindet ist ihre „Heilsunsicherheit“. Aber warum sind sie sich ihres Heils nicht gewiss? Man wird vermuten dürfen, dass Sünde trotz Errettung als bleibende, negative, lebenseingreifende Macht erfahren wird, mit der man nicht fertig wird (übrigens fehlt die Sünde in der Aufzählung von Rom 8,3-8f). Deswegen wäre eine andere reformatorische Lehre vonnöten, nämlich die (selbst in der deutsch-protestantischen Theologie kontrovers diskutierte) Einsicht des simul Justus et peccator (gerecht und Sünder zugleich). Wie sich aber eine konsequente Anwendung dieser Einsicht auf afrikanisches Christsein auswirken könnte, wirft viele Fragen auf. Könnte es zu einer ethischen Gleichgültigkeit, gar zum Libertinismus führen? Könnte sich dann trotz Schamkultur Buße bzw. Beichte in Theologie und Praxis ändern? Könnte sich dann auch ein Bischof einer konkreten Tatsünde bezichtigen ohne dabei sein Gesicht zu verlieren, denn er ist Sünder und Gerechter zugleich? Fragen zu deren Erörterung Schwatlos Buch schweigt, weil es sich einerseits auf den schmalen Brennpunkt der Heilsgewissheit beschränkt, andererseits aber in unrelevante Randthemen wie z.B. die Spannung zwischen Glaube und Werke und der Streit um die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ verliert. In diesem Zusammenhang sei außerdem auf die unverhältnismäßig umfangreichen Fußnoten hingewiesen. Schwatlo häuft in den Fußnoten seitenweise Literatur an und man fragt sich als Leser irritiert, ob alle angeführte Literatur für sein Thema Relevanz besitzt. Trotzdem ist dieses Buch eine empfehlenswerte Lektüre, die zum Weiterdenken und Forschen geradezu anregt. Elmar Spohn, em 2003-3. |
Scott, James M. Paul and the Nations: The Old
Testament and Jewish Background of Paul’s Mission to the Nations with Special
Reference to the Destination of Galatians.
Wissenschaftliche Untersuchungen
zum Neuen Testament 84. J. C. B. Mohr: Tübingen, 1995. Die vorliegende Dissertation gehört eigentlich in den Bereich der Einleitungswissenschaften und will die Frage beantworten, an wen der Galaterbrief geschrieben wurde. Dazu holt der Verfasser zunächst aber auf 180 Seiten ungeheuer weit aus, um dann auf den letzten 40 Seiten die Konsequenzen für die Einleitungsfragen zu ziehen. Es sind diese 180 Seiten, die das Buch für den Missiologen interessant machen. Scott will nämlich seine These belegen, daß Paulus den Begriff für Volk/Völker (‘ethnos’) und die Geographie seiner Missionstätigkeit im Lichte der Völkertafel von 1Mose 10 verstand, also davon ausging, daß sich das Evangelium genau an die Völker der Welt wendet, die sich seit der Sintflut von Gott abgewandt haben. Dazu geht Scott minutiös auf die Verwendung des Begriffes Volk/Völker (‘ethnos’) und auf die Auslegungsgeschichte von 1Mose 10 im Judentum ein. Außerdem diskutiert er die einschlägigen Stellen bei Paulus, besonders Röm 15,19 und Apg 17,26. Ich denke, daß Scott der Beweis seiner These gelungen ist, womit wieder einmal mehr feststeht, wie stark das Missionsverständnis des Paulus vom Alten Testament her bestimmt wurde. Ähnlich hat Rainer Riesner ja erst kürzlich die Bedeutung der geographischen Angaben von Jes 66,18-21 in der zeitgenössischen Interpretation der Septuaginta für den Weg der Ausbreitung des Evangeliums unter den Heiden durch Paulus und damit für dessen eigenen Reiseweg belegt (siehe meine Rezension von Rainer Riesner. Die Frühzeit des Apostels Paulus aus derselben Buchreihe in em 12 (1996) 1: 25-26). Im übrigen dürfte Scotts Werk die derzeit gründlichste und wichtigste Darlegung des jüdischen und neutestamentlichen Verständnisses des Völkerbegriffes (‘ethnos’) sein. Die Sicht der Bedeutung von 1Mose 10 für die paulinische Missionsstrategie ist für Scott schließlich die Grundlage dafür, sich bei der umstrittenen Frage, an welche ‘Galater’ Paulus schrieb, für die sog. ‘südgalatische Theorie’ und gegen die ‘nordgalatische’ Theorie zu entscheiden. Daß der Galaterbrief im Jahr 49 n. Chr. an die Gemeinden in Südgalatien geschrieben wurde, die Paulus bei seiner ersten Missionsreise gründete, dürfte tatsächlich auch aus anderen Gründen die richtige Sichtweise sein (s. Helge Stadelmann. „Die Vorgeschichte des Galaterbriefes“. Bibel und Gemeinde 82 [1982] 2: 153-165), weswegen diese erneute Bestätigung sehr erfreulich ist. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-3. |
Seung-Pil Na. Das Evangelium und die Mission vom Apostel Paulus unter heilsgeschichtlichem Aspekt, Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2010. Nach der umfangreichen Darstellung der Mission des Paulus durch Eckhard J. Schnabel (Die urchristliche Mission; Wuppertal, Zürich: R. Brockhaus, 2002 und Paul, the Missionary: Realities, Strategies and Methods; Nottingham: IVP/Apollos, 2008; vgl. meine Rezension in em 26, 2010, 218–220) liegt nun eine weitere umfangreiche Untersuchung der paulinischen Mission vor. Sie geht auf die Doktoraldissertation des Verfassers unter Betreuung von Thomas Schirrmacher am Whitefield Theological Seminary zurück und kombiniert theologische und historische Perspektiven. Im ersten Teil (25–354) beschreibt Na die missionstheologischen Grundlagen der paulinischen Mission. Zu Recht weist der Verfasser auf den engen Zusammenhang zwischen Mission und Theologie des Paulus hin. Die einzelnen Kapitel untersuchen Bedeutung und Geltungsbereich des Evangeliums in der Bibel, Gott als Urheber der Rettung des Menschen (hier u.a. auch die paulinische Anthropologie und Hamartologie), den Heilsplan und die Heilsgeschichte Gottes, Gottes Verheißung in der Form eines Bundes, die typologische Bedeutung der Heilsgeschichte durch Jesus Christus, Jesus als wahrer Gott und wahrer Mensch sowie die Erlösung des Menschen durch Christus. Trotz teilweise langer Zitate fehlt die Auseinandersetzung mit der neueren Paulusforschung, die die Arbeit an vielen Stellen profiliert hätte und gerade mit ihrer Berücksichtigung der alttestamentlichen/ frühjüdischen Prägung des Paulus und seiner Theologie dem Anliegen des Verfassers gedient hätte. Bei der großen Bedeutung, die Na der Heilsgeschichte beimisst, hätte man eine gründlichere Reflektion dieses Konzeptes erwartet (vgl. S. 101–116). Teil zwei gilt der Mission als Verheißung unter heilsgeschichtlichem Aspekt (355–630). Na beleuchtet das Missionsverständnis des Paulus (355–476; Gott als Urheber und Initiator der Mission, die Mission als das alttestamentliche Ziel und die Verheißung in der Heilsgeschichte, Jesus als der erste Missionar, Paulus als Apostel und Missionar), die Gestaltung und Inhalt der Verkündigung und der Gemeindegründung (477–550; die Verkündigung des Evangeliums, Darstellung des Evangeliums des Paulus, Gemeindegründung als Missionsertrag, die Verkündigung des Evangeliums vor Juden und Heiden, hier auch knappe Überlegungen zu Mission und Kontextualisierung) sowie die Mission und Missionsstrategie des Paulus (551-630). Zunächst zeichnet Na den bekannten Verlauf der paulinischen Mission nach seinen Briefen und der Apostelgeschichte nach, stellt dann die daraus erkennbare „Missionsstrategie“ des Paulus dar und betont abschließend, wie sehr die Mission des Paulus unter der Führung des dreieinigen Gottes stand. Der Band schließt mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis (631–662). Das sehr detaillierte Inhaltsverzeichnis (7–11) erlaubt die schnelle Orientierung und Verwendung des umfangreichen, großformatigen Bandes als gründliches und anregendes Nachschlagewerk. Leider fehlen bei den einzelnen Kapiteln, den beiden Teilen, aber auch für den ganzen Band Zusammenfassungen und Würdigungen, so dass es mühsam ist, die hier vorgelegte theologische Interpretation der paulinischen Mission zu erfassen und ihre eigenen Akzente zu erkennen. Der Band folgt den Themen evangelikaler Missionstheologie und befragt von daher das Neue Testament (ein legitimes Vorgehen); ausgehend von Paulus selbst und der Apostelgeschichte wäre man zu anderen Akzentsetzungen gekommen. Zur Mission des Paulus gehören sicher auch die vielen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in unterschiedlicher Nähe zum Apostel, die Rolle der Gemeinden in der Mission (sowohl in der Unterstützung des Apostels als auch durch ihr eigenes missionarisches Engagement vor Ort), die Bedeutung und Funktion der Kollekte für die Heiligen in Jerusalem sowie die Frage nach den materiellen Grundlagen der Mission (vgl. dazu C. R. Little, Mission in the Way of Paul: Biblical Mission for the Church in the Twenty-First Century, Studies in Biblical Literature 80; New York, etc.: Peter Lang, 2005). Durchweg hätte der Band von der Auseinandersetzung mit Schnabels Paul the Missionary profitiert, der an vielen Stellen zu ähnlichen Ergebnissen kommt. Ferner vermisst man eine aktualisierende Reflektion für Mission heute, wie sie etwa die erwähnten Bände von Schnabel bietet. Dies wäre gerade aus der Feder eines in Deutschland unter Ausländern wirkenden koreanischen Missionars von Interesse gewesen. Christof
Stenschke, em 2012-3. |
Shenk, Calvin E. Who Do You Say That I Am? Christians Encounter Other Religions. Herald Press: Scottdale (USA), 1997. Das Buch des mennonitischen Religionswissenschaftlers Calvin E. Shenk ist in erster Linie für Christen im Westen geschrieben, die sich angesichts einer zunehmenden religiösen Pluralität fragen, wie sie Menschen anderer Religionen begegnen können. Mit der schon klassischen Aufteilung in Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus zeigt Shenk die verschiedenen christlichen Modelle im Verhältnis des Christentums zu den anderen Religionen auf. Einer Definition der verschiedenen Positionen folgt eine ausführliche Beschreibung und Auseinandersetzung mit den Sichtweisen. Shenks Maßstab ist dabei das heilvolle Handeln Gottes in Jesus Christus, das es zu bezeugen gilt. Ohne die Einzigartigkeit der Person Jesu Christi gibt es weder Evangelium noch Mission. In zwei weiteren Kapiteln werden die Perspektive des AT und NT über die Religionen verhandelt. Die Bibel selbst kennt verschiedene Begegnungen des biblischen Glaubens („biblical faith“) mit anderen Glaubensformen („other faiths“), ohne eine systematische Theologie der Religionen zu entwickeln. Die Religionen erscheinen multidimensional und ambivalent. Es finden sich gute wie böse Aspekte in den Religionen. Sie reflektieren damit Gottes Handeln in der Welt, die Suche des Menschen nach Gott und seine Flucht vor Gott. Wie stehen nun Schöpfungs- und Christusoffenbarung, Universalismus und Partikularismus zueinander? Shenk stellt beides in eine dialektische Spannung. Nachdem Shenk bereits mehrmals auf die Normativität Christi in der Begegnung des Christen mit anderen Religionen verwiesen hat, führt er dies aus: Wer ist Christus? Die Heilsbedeutung des inkarnierten Christi und damit seine Einzigartigkeit werden in Beziehung zur Trinität Gottes aufgezeigt. Dabei verweist Shenk auf die Bedeutsamkeit der Inkarnation. Wo die Partikularität der Inkarnation zugunsten einer einseitigen Logoschristologie oder eines kosmischen Christus aufgegeben werden, geht auch das einzigartige Heil in Jesus Christus verloren. Das heilschaffende Handeln Gottes in Jesus Christus verlangt nach dem Zeugnis der Gemeinde in aller Welt. An dieser missionarischen Ausrichtung muß sich jede Theologie der Religionen messen lassen. Auffällig bei Calvin E. Shenk ist die Offenheit gegenüber den Spuren Gottes in den Religionen und der deutliche Verweis auf die missionarische Dimension des Evangeliums von Jesus Christus, das es gilt, allen Menschen zu bezeugen. Hier stehen sich Offenheit und Bekenntnis nicht diametral gegenüber, sondern verlangen einander. Martin Reppenhagen, em 1999-4. |
Silva, Silva, Moisés. Biblical Words and Their Meaning: An Introduction to Lexical Semantics. überarbeitete Ausgabe. Zondervan: Grand Rapids (MI), 1994. Kaiser, Walter C. & Moisés Silva. An Introduction to Biblical Hermeneutics: The Search for Meaning. Zondervan: Grand Rapids (MI), 1994. Silva, Moisés (Hg.). Foundations of Contemporary
Interpretation: Six Volumes in One. Zondervan: Grand Rapids (MI), 1996. Moisés Silva, langjährig Professor für Neues Testament am Westminster Theological Seminary, hat sich maßgeblich für eine eindeutig bibeltreue, aber auch am modernsten Forschungsstand orientierte Erforschung der biblischen Sprachen und der Bedeutung des biblischen Textes eingesetzt. In ‘God, Language and Scripture’ will Silva die allgemeine Lingustik (Erforschung der Sprachen) für die Auslegung der Bibel nutzen. Er geht zwar davon aus, daß die Lingustik der Bibel selbst untergeordnet werden muß und beginnt deswegen mit einem Kapitel über die Sprache aus biblischer Sicht. In einer dienenden Funktion kann aber die Lingustik vor Irrwegen bewahren. Dazu stellt Silva die Grundlagen der modernen Lingustik dar und wendet sie dann an, indem er die biblischen Sprachen nach Aussprache, Wortformen und -bedeutung, Satzbau und weiteren Aufbau darstellt. Im Gegensatz zu den anderen Bänden der Reihe ‘Foundations of Contemporary Interpretation’ setzt dieser Band gewisse Kenntnisse der biblischen Sprachen voraus. Der Stoff ist etwas trocken, wird aber gut aufgebaut dargeboten. In ‘Biblical Words and Their Meaning’ will Silva den für die Auslegung vielleicht wichtigsten Teilbereich der Linguistik, die Semantik (Lehre von der Bedeutung) der Worte, darstellen und auf die Bibel anwenden. Es handelt sich dabei um die derzeit beste Darstellung der biblischen Wortbedeutungslehre aus evangelikaler Feder. Nur wenigen Bibellesern ist bewußt, welchen Einfluß die lexikale Semantik auf die Auslegung hat, aber von der Frage, wie man die Bedeutung eines Wortes – dazu noch antiker Sprachen – gewinnt, hängt oft entscheidendes für die Bedeutung einer biblischen Aussage ab. Silva wendet sich immer wieder gegen die auch heute noch weit verbreitete Vorgehensweise, die Bedeutung eines Wortes zu stark von seiner ursprünglichen Herkunft (Etymologie) und von seinen theoretisch möglichen Bedeutungen her zu verstehen und zu wenig vom Sprachgebrauch im Zusammenhang eines Satzes her. Das Buch arbeitet sehr stark mit Beispielen und ist zur Einführung für Theologiestudenten geschrieben, setzt also gewisse, wenn auch nicht gründliche Kenntnisse der biblischen Sprachen voraus. Die zusammen mit einem der maßgeblichen bibeltreuen Alttestamentler, Walter C. Kaiser, verfaßte biblische Hermeneutik (Verstehenslehre) Silvas verzichtet weitgehend auf eine Geschichte der Hermeneutik und auf eine Auseinandersetzung mit historisch-kritischen Entwürfen und beschreibt stattdessen, wie man unter Einbezug des neuesten Forschungsstandes der Lingustik, aber auch unter Berücksichtigung seiner Inspiriertheit die Bedeutung des Textes der Heiligen Schrift erarbeiten kann. Wer sich keine Rechenschaft ablegt, wie er mit dem Text umgeht, neigt dazu, sich für jeden Bibelvers eine eigene Auslegungsmethode zurechtzulegen und die Sprache zu mißbrauchen. Dabei wird die Hermeneutik von vorne herein in eigenen Kapiteln zu den literarischen Gattungen (z. B. Evangelien, Propheten, Briefe) dargestellt. Diese ausgezeichnete Hermeneutik sollte unbedingt ins Deutsche übersetzt werden. Der Sammelband ‘Foundations of Contemporary
Interpretation’ enthält sechs Bücher der gleichnamigen, von Moisés Silva
herausgegebenen Serie. Es handelt sich um folgende Titel bibeltreuer
Theologen: Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-4. |
Simatupang, Tahi Bonar. Gelebte Theologie in Indonesien. Zur
gesellschaftlichen Verantwortung der Christen. Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht 1992. Während die Werke deutscher Theologen in alle Länder auch der sogenannten Dritten Welt exportiert und übersetzt werden, kommt der umgekehrte Verkehr eher langsam in Gang. Hier füllt die Aufsatzsammlung T.B. Simatupangs eine wichtige Lücke. Gerade die kurzen, programmatischen Aufsätze aus der „pabrik ceramah“ („Vortragsfabrik“ – so der indonesische Spitzname dieses wohl bekanntesten indonesischen Laientheologen) eignen sich hierfür besonders gut. Der Hamburger Missionstheologe Prof. Olaf Schumann und der langjährige Mitarbeiter der Evang. Zentralstelle für Entwicklungshilfe, H.J. Fischer, sind beide hervorragende Indonesienkenner und haben das Buch mit vielen Erläuterungen auch für den weniger Indonesienkundigen Leser sehr gut aufbereitet. Auch die oft schwierige indonesische Begrifflichkeit wurde von Dorothea Reiß fast immer treffend übersetzt; einzig die Übersetzung des Begriffes „kemakmuran“ (Wohlergehen, Wohlfahrt, Gedeihen) mit „Wohlstand“ mag in unserer Wohlstandgesellschaft etwas mißverständlich klingen, läßt sich aber schwer besser übersetzen. Wie schon der Untertitel der Sammlung zeigt, liegen S. sozialethische Fragen besonders am Herzen. Gerade durch den religiösen Sozialismus Reinhold Niebuhrs hatte General Simatupang in den 50er-Jahren einen neuen Zugang zum christlichen Glauben gefunden. Diese Prägung schimmert z.B. durch, wenn sich nach S. die Kirche auf dem „‘langen Marsch’ … von Pfingsten bis zur Wiederkunft Christi“ befindet. (61) So hat er gerade evangelikalen Christen zu sagen, „Christen dürfen sich nicht damit begnügen, die Seelen der Menschen zu retten … , in der Hoffnung, daß gute Menschen auch eine gute Regierung hervorbringen werden.“ (73) Demgegenüber sieht S. die Verantwortung der Kirchen für die Entwicklung („pembangunan“) in Indonesien. Unter diesem Vorzeichen versteht S. auch sein vielfältiges Engagement in der ökumenischen Bewegung. Angesichts der Vielzahl der indonesischen Kirchen ist S. der Meinung, „daß ein gemeinsam formuliertes Bekenntnis … keine Lösung des Problems bringen wird.“ Vielmehr sieht S. eine Chance für die Einheit der Kirche allein darin, „vom gemeinsamen Auftrag der Kirchen auszugehen, den Glauben inmitten der gegenwärtigen indonesischen Gesellschaft zu bekennen.“ (85) Dieses Glaubensbekenntnis findet nach S. seinen Ausdruck vor allem in der gesellschaftlichen Verantwortung. Dieser politische Auftrag führt Simatupang dann auch zur Zusammenarbeit und zum Dialog mit den indonesischen Muslimen. Allerdings ist sich S. dabei bewußt, daß auch „etwaige Gemeinsamkeiten unter dem Aspekt der grundsätzlichen Verschiedenheit der Religionen gesehen werden müssen, da sie sonst nur Mißverständnisse hervorrufen. … So ist es nur natürlich, wenn die Zusammenarbeit die Dimension des Bekennens enthält.“ (112) Nur auf dem Hintergrund dieses deutlichen missionarischen Bekenntnisses kann S. einen Dialog mit den Muslimen bejahen. Damit erweist sich S. letztlich als ein theologisch konservativer Denker, wenn auch sein provozierender religiöser Sozialismus evangelikale Leser zunächst vor den Kopf stoßen mag und er den Schwerpunkt seines Denkens allzusehr auf den politischen Auftrag der Kirchen legt. Daher verwundert es nicht, wenn seine früher so viel zitierte Formel von einem positiven, kreativen, kritischen und realistischen gesellschaftlichen Beitrag der Kirchen (50f) heute immer öfter kritisiert wird. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die von Simatupang wesentlich mitgeprägte „Pembangungan- (Development-/Entwicklungs-) Theologie“ in Indonesien immer mehr von stärker befreiungstheologischen Ansätzen verdrängt wird. Doch gerade deshalb hat es der am 1.1.1990 verstorbene Simatupang verdient, daß sein Werk auch der außerindonesischen Öffentlichkeit erhalten bleibt. Dr. Christian Goßweiler, em 1996-1. |
Smalley,
William A. Translation
as Mission. Bible Translation in the Modern Missionary Movement. Macon, Georgia: Mercer Univ. Press,
1991. Wer war zuerst da: die Bibelübersetzung oder die Kirche? Hat die Übersetzung in die Sprache einer Volksgruppe deren Kirche entstehen lassen oder hat eine bereits bestehende Kirche die Bibelübersetzung nötig gemacht? Beides ist in der Missionsgeschichte vorgekommen, wie die Übersetzung der Bibel z.B. ins Chinesische oder Malayische zeigt. Jesu Missionsauftrag lautet zwar nicht: „Übersetzt!“, aber um ihn zu erfüllen ist, indirekt, Bibelübersetzung als Mittel zur Festigung der Lehre notwendig. Translation as Mission hat dieses Mittel zum Inhalt: seine Geschichte, seine Ausführenden, die Empfänger, die Wirkung. Für William Smalley sind die Empfänger ein wichtigerer Faktor als ich es anderswo gelesen habe. Da die Kultur eines Volkes der Sattel ist, auf dem die biblische Aussage den Sitz im Leben findet, ergeht an den Übersetzer die Herausforderung: studiere nicht nur die alten Sprachen, sondern auch die Kultur und Sprache deiner Empfänger. Der Autor, selbst Übersetzer und langjähriger Mitarbeiter der Bibelgesellschaften, spricht aus Missionserfahrung. Ich schätze seinen pragmatischen Ansatz, denn wozu ist eine noch so geschliffene Exegese nütze, wenn die Hörer und Leser sich nicht in die Jüngerschaft rufen lassen, weil sie den Ruf überhaupt nicht verstanden haben? Smalley scheut sich nicht, heiße Eisen anzupacken, - wie z.B. Kirchenspaltungen aufgrund von Übersetzungen oder Kulturveränderung durch Mission - er stellt missionarische Übersetzungsbemühungen in Frage, erklärt aber auch, warum einheimische Übersetzer in ähnliche Fehler verfallen können. Seine Sicht ist realistisch und fair. Er kreidet nichts an, ohne auch Wege zur Verbesserung der Übersetzungsqualität zu zeigen. Seine wichtigste Empfehlung an die Übersetzer ist die der Absage an jegliche Überheblichkeit. Der rote Faden durch das weitgefächerte Angebot des Verfassers ist die Frage, inwieweit eine Übersetzung den Zugang zur Bibel gibt, oder inwieweit sie gezwungenermaßen die ursprüngliche Aussage verändert. Im einzelnen kann der Leser schnell in einer Übersicht nachschlagen: wer war der Übersetzer ins Melanesische, ins Twi, oder ins Kikongo? Wie wurde Gottes Reden bekannt in Indien, in China, oder Peru? Dabei gibt das Buch
Einblick in die Werkstatt von William Carey oder die von Maurice Leenhardt,
und es beschreibt die weltumspannende Arbeit der Bibelgesellschaften, des
Sommerinstituts für Linguistik, sowie
anderer Übersetzergemeinschaften.
Es ist ein Buch zur Orientierung, zur Selbstprüfung für Übersetzer oder zur
Vorbereitung auf diese Art von
Missionsarbeit und zum Unterricht in Missiologie. Selbst wenn jemand
nicht übersetzt, wird er auf Fragen stoßen,
die Smalley aufwirft: Wie lange hält der Christa Link, em 1994-2. |
Smith,
David W. Against
the Stream. Christianity and Mission in an Age of Globalization. Leicester: IVP, 2003. Der Autor dieser Aufsatzsammlung ist Missionswissenschaftler und lehrt Urban Mission and World Christianity am International Christian College in Glasgow, Schottland. In seinen bisherigen Veröffentlichungen hat er sich mit der sozialmissionarischen Kompenente im britischen Evangelikalismus (Transforming the World) und mit der missionarischen Verkündung im postmodernen Umfeld (Crying in the Wilderness) befasst. Hier legt er nun acht Aufsätze zu aktuellen missiologischen Themen vor: „Globales Christentum und die Heilung der Nationen“ (S.11-26) beleuchtet die Bedeutung des Evangeliums für die Globalisierung und die Versöhnung zwischen den Nationen. In „The Shape of Holiness in the Twenty-First-Century“ (S.27-43) geht es um historische Aspekte der Heiligungsbewegung und die missiologische Bedeutung von Heiligkeit in der Postmoderne. Weiterer Aufsätze befassen sich mit dem Zusammenhang zwischen Fundamentalismus und christlicher Mission (S. 80-99), der Mission in Afrika (100-113) und dem Islam in der westlichen Kultur (65-79). Die Aufsätze bieten auf knappem Raum interessante historische und zeitgenössisch-missiologische Perspektiven und regen zum Weiterdenken an. Eine informierte und pointierte Einführung in aktuelle missiologische Themen. Dr. Friedemann Walldorf, em 2006-1. |
Smith, David W. Transforming the World? The
Social Impact of British Evangelicalism. Paternoster Press: Carlisle, UK, 1998. Dies ist ein wichtiges Buch, das die Diskussion über das rechte Verhältnis von Evangelisation und sozialer Verantwortung befruchten kann, unabhängig davon, ob man Smith’ Aussagen und Schlußfolgerungen immer zustimmt oder nicht. Der Autor, seit 1990 Direktor des Northumbria Bible College, geht von der These aus, daß die evangelikale Bewegung in Großbritannien aus der Erweckung des 18. Jahrhunderts hervorging und ihrem Wesen nach weltverändernd (world-transformative) war. Ihr gelang es, die Bekehrung des Einzelnen als zentrale Mitte des Evangeliums festzuhalten und mit der Betonung sozialer Verantwortung zu verbinden. Smith führt das darauf zurück, daß viele der leitenden Persönlichkeiten der ersten Generation Calvinisten waren, die ihre geistlichen Wurzeln bewußt in der Reformation Calvins und im Puritanismus suchten. Sie gingen grundsätzlich davon aus, daß die Verkündigung des Evangeliums zunehmend wesentliche soziale Konsequenzen haben würde und haben muß. Smith weist darauf hin, daß die führenden Evangelikalen der ersten Generation überzeugte Postmillennialisten waren, was wiederum ihre Ansicht bestärkte, daß die Verbreitung des Evangeliums soziale Auswirkungen hat und haben muß. Sie erwarteten den Anbruch eines goldenen Zeitalters kurz vor der Wiederkehr Jesu. Die sozialen Veränderungen im Zuge der Erweckungsbewegung unter John Wesley deuteten sie als Zeichen der Zeit und als Künder eines globalen Zeitalters, in dem Frieden und Gerechtigkeit herrschen würden. Smith geht der Frage nach, ob die evangelikale Bewegung in Großbritannien die Welt tatsächlich verändert hat oder ob sie selbst durch den Einfluß der Moderne verändert wurde. Er stellt damit die gleiche Frage im Blick auf den Evangelikalismus, die Soziologen wie Max Weber, Emile Durkheim und Bryan Wilson allgemein im Blick auf die Rolle der Religion gestellt haben. Die Mehrzahl der Soziologen geht davon aus, daß die Bedingungen und Faktoren der modernen, industrialisierten Kulturen die soziale Bedeutung der Religion notwendigerweise unterhöhlt. Die Religion und die religiöse Überzeugungen werden auf die private Sphäre zurückgedrängt. In fünf faszinierenden Kapiteln untersucht Smith diese Fragen anhand von Aussagen, Veröffentlichungen und sozialen Bemühungen der britischen Evangelikalen in den letzten beiden Jahrhunderten; der sich verändernde Methodismus nach dem Tode John Wesleys 1791; die Entstehung des anglikanischen Evangelikalismus; die Bemühungen um die politisch Einflußreichen und die wachsende Mittelklasse mit der Gefahr, die bestehende soziale Ordnung der Herrschenden zu zementieren und die Aspirationen der Armen zu enttäuschen; den abnehmenden Einfluß eines optimistischen Postmillennialismus und die zunehmende Bedeutsamkeit eines mehr apokalyptischen Verständnis der Geschichte (Prämillennialismus, John Nelson Darby); die Spaltung der evangelikalen Bewegung in eine Mehrheit, die das Establishment als Bollwerk gegen das Chaos sahen, und in eine Minderheit, die es als größtes Hindernis für die Ausbreitung der Herrschaft Christi sahen; die einsamen Rufer in der Wüste (Edward Miall, Thomas Guthrie, Andrew Mearns, William Booth und Charles Haddon Spurgeon); viktorianischer Evangelikalismus im Zeitalter Charles Darwins und Charles Dickens; abnehmender Einfluß, Wiedererstarken und Gefährung des Evangelikalismus im 20. Jahrhundert. In einem letzten Kapitel beschreibt Smith die Haltung zur sozialen Frage in sechs verschiedenen Strömungen des Evangelikalismus in Großbritannien (mainstream of modern Evangelicalism, evangelical Anglicans, evangelicals committed to Reformed theology, charismatic House Churches, neo-Anabaptist Movement and the Fundamentalists). Zum Abschluß zeigt der Autor die Aufgaben auf, die sich heute dem Evangelikalismus im Blick auf die soziale Veantwortung stellen. Das Buch wirft eine Reihe hochinteressanter Fragen auf und fordert zur Auseinandersetzung heraus, gerade auch dort, wo man dem Autor nicht folgen will, z. B. bei der Bewertung des negativen Einflusses der Betonung der Unfehlbarkeit der Schrift auf die soziale Verantwortung. Manche soziale Entwicklungen werden wohl zu einseitig oder vorschnell auf bestimmte theologische Überzeugungen zurückgeführt. Nicht alle Kapitel sind gleich gut recherchiert oder dargestellt. Das Buch ist sorgfältig ediert. Ich habe nur einen Druckfehler gefunden. Mit 36.00 DM ist das Buch für ein Paperback mit 146 Seiten allerdings nicht ganz billig. Dr. Dietrich Kuhl, em 1999-3. |
Smith, Marilyn B.;
Ingrid Kern (Hg.). Ohne
Unterschied? Frauen und Männer im Dienst für Gott. Brunnen: Gießen, 2000. Diese Studie der Kommission für Frauenfragen der Weltweiten Evangelischen Allianz (World Evangelical Fellowship) hat bereits in ihrer englischen Fassung viel Staub aufgewirbelt, wurde sie doch als einseitiges Plädoyer der WEA für die Frauenordination verstanden oder besser mißverstanden. Denn weder erhebt die Studie irgendeinen Autoritätsanspruch - sie will lediglich als Diskussionsbeitrag von führenden evangelikalen Frauen aus allen Erdteilen verstanden werden - noch stellt sie irgendwelche konkreten Forderungen wie die Frauenordination, sondern bittet nur darum, die Auslegung einschlägiger Schriftstellen neu zu überdenken und zu überprüfen, ob die Rolle der Frau in evangelikalen Gemeinden und Werken wirklich der Würde der Frau und dem biblischen Zeugnis gerecht wird. Dazu werden einerseits Bibeltexte behandelt, die die Würde der Frau als Geschöpf und als Kind Gottes unterstreichen, andererseits ausführlich die traditionelle (im Buch wird ‘traditionalistisch’ gesagt, aber ‘traditionell’ wäre besser, denn das englische ‘traditional’ hat keinen negativen Beigeschmack) Auslegung der klassischen Bibeltexte zur Rolle der Frau (bes. 1Mose 1-3, 1Kor 11+14 und 2Tim 3) mit der inzwischen verbreiteten ‘gabenorientierten’ Sichtweise verglichen (vgl. bes. die übersichtliche Gegenüberstellung S.149-152). Die traditionelle Sichtweise wird korrekt und nicht polemisch beschrieben. Die ‘neue’, ‘gabenorientierte’ Sicht, wie sie hier vorgetragen wird, verzichtet völlig auf bibelkritische Ansätze (z. B. Texte gelten als zeitbedingt oder später eingefügt), sondern geht ebenfalls von der Gültigkeit der biblischen Normen aus, meint aber, dass viele Texte bisher mit außerbiblischen Vorurteilen gelesen wurden. Das Buch bietet einen ausgezeichneten Vergleich zwischen den beiden evangelikalen Sichtweisen und benennt die konkreten exegetischen Entscheidungen, die beiden Sichtweisen zugrunde liegen. Es bietet sich daher als Gesprächsgrundlage für ein sachliches und konkretes Gespräch an. Dr. Thomas Schirrmacher, em 2001-1. |
Solheim, Magne. Im Schatten von Hakenkreuz, Hammer und Sichel. Judenmissionar
in Rumänien
1937-1948. Erlangen: Verlag der Ev. Luth. Mission 1986. Dies ist der erste Teil einer aus dem Norwegischen übersetzten Autobiographie. Der junge norwegische Theologe Solheim trat 1936 in den Dienst der Norwegischen Israelmission, bereitete sich am Institutum Judaicum Delitzschianum in Wien vor und wirkte von 1938-1948 in Galatz, Rumänien missionarisch unter Juden. Dabei wurde er für viele in den 6 Jahren nationalsozialistischer Herrschaft zum Lebensretter. Nach 4 Jahren Kommunismus wurde er wie alle verbliebenen ausländischen Missionare des Landes verwiesen und zog nach Israel. Daß er Missionar war und auch jüdische Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringen konnte, unterscheidet ihn wohl von vielen anderen Helfern der Juden in jener Zeit. Als wertvolles Zeitzeugnis und ein Stück rumänischer Geschichte durchaus aktuell! Gundula Richter, em 1993-1. |
Solon, Gidada. Jenseits
der Dunkelheit, Hrsg. Gerd Röhm, Köln: Rüdiger Köppe Verlag, 2003. Es ist die faszinierende Geschichte der Ausbreitung des Evangeliums in West-Äthiopien zwischen 1920 und 1975. Faszinierend, weil ein Einheimischer sie erzählt. Das besondere daran: der Einheimische ist ein Blinder, der zum „Apostel der Oromo“ wurde. Der „blinde Apostel“ Gidada Solon (1901-1977) ist der Vater des vorletzten Staatspräsidenten Äthiopiens, Dr. Negasso Gidada (von 1995 bis 2001). Das Buch beschreibt die Lebensgeschichte und die Missionstätigkeit Gidadas, wie er sie zwei Missionarinnen erzählte. Mit 5 Jahren erblindet, entwickelte er eine erstaunliche Fähigkeit, Einzelheiten im Gedächtnis zu behalten und viele Gespräche in wörtlicher Redewendung wiederzugeben. Das macht diese besondere ‘Autobiographie’ abwechslungsreich und leicht zu lesen. Wie nebenbei erfährt man vieles über die Kultur der Oromo in dieser Zeit und auch einiges über allgemeine geschichtliche Ereignisse in Äthiopien. Die Missionare der Sudan Missionary Association, die 1919 die erste Missionsstation in West-Äthiopien aufbauten, spielen in der Erinnerung Gidadas keine Hauptrolle. Hauptakteure dieser Missionsgeschichte sind die einheimischen Evangelisten und späteren Pastoren, die sich unermüdlich und ohne Furcht für die Ausbreitung des Evangeliums einsetzten. In den ersten Jahren zogen sie als Laien mit brennendem Eifer von Dorf zu Dorf und bezeugten ihren Glauben. Später erhielten einige eine Ausbildung und wurden ordiniert, darunter auch Gidada. Als blinder Bettler kam er in Kontakt mit den Missionaren und nach seiner Bekehrung evangelisierte er zuerst unter den Bettlern. Viele Menschen nahmen das einfache Zeugnis des Blinden ernst und fanden zu Christus. Später lernte er bei den Missionaren Englisch und die Brailleschrift. Die Bibelteile in Braille wurden ab da seine ständigen Begleiter. Es ist beeindruckend zu lesen, wie der „Apostel Gidada“, ähnlich wie die Apostel in neutestamentlicher Zeit, Wochen und Monate zusammen mit Begleitern zu Fuß von Ort zu Ort zog, evangelisierte, Gemeinden gründete, Älteste einsetzte und die Gemeinden erneut besuchte und ihnen in schwierigen Situationen zur Seite stand. Gidada schildert die Ereignisse chronologisch, aber der aufmerksame Leser entdeckt dabei nebenbei die Grundzüge des Gemeindeaufbaus der sog. ‘Bethelkirchen’, ihre kulturellen Besonderheiten, die Widerstände und Rückschläge, aber auch das beständige Wachstum. Wer in dem Buch thematisch etwas zur angewandten Missionsstrategie, zu Gemeindewachstumsfaktoren, zur Auseinandersetzung mit dem Schamanentum oder Ähnlichem sucht, muss mühsam zwischen den Geschichten und Erzählungen danach suchen, aber er wird fündig werden. Interessant ist die Entwicklung dieser unabhängigen Gemeinden, wie sie sich behutsam aber überzeugt neben der Äthiopisch Orthodoxen und der Römisch-Katholischen Kirche behaupten. Auch wenn Gidada die Ereignisse seines Lebens und seiner missionarischen Tätigkeit aus subjektiver Sicht schildert, ist es ein wichtiger Beitrag zur Missions- und Kirchengeschichte Äthiopiens. Das Vorwort und die Anhänge (Zeittafel, Fotos, Landkarte) enthalten hilfreiche Ergänzungen zur Geschichte Äthiopiens und Daten über wichtige missionarische und kirchliche Entwicklungen bis heute. Friedhelm Haas, em 2004-3. |
Spartalis, Peter James. Karl Kumm - Last of the
Livingstones. Pioneer,
Missionary, Statesman. Nachwort von E. Troeger. Deutsche Zusammenfassung von C. Sauer, edition afem
- mission Scripts 2. Bonn:
VKW 1994, 116 S., DM 19,80. Noch immer ist das Kenntnisdefizit zur Person Hermann Karl Wilhelm Kumms in Gemeinde- und Missionskreisen auffallend groß. Nur wenigen Insidern ist sein Leben und Werk bekannt. Nur wenige wissen, daß Kumm vor der Gründung der Sudan United Mission (SUM, heute: Action Partners) auch die deutsche Sudan-Pionier-Mission (SPM) ins Leben gerufen hat. Dies soll sich nun durch die in Englisch abgefaßte Kurzbiographie ändern. Dabei empfiehlt sich der Australier Peter James Spartalis als Autor für diese Studie. Als Missionshistoriker doziert er an der Nairobi Evangelical Graduate School of Theology, Kenia. Seine umfassenden Kenntnisse zur Person Kumms bezieht Spartalis aus seiner intensiven Einarbeitung in das SUM-Archiv, zahlreichen Besuchen und missionarischen Kurzzeiteinsätzen in den Ländern, in denen Kumm wirksam war und aus seiner Zugehörigkeit zum Heimatvorstand der SUM in Australien / Neuseeland. In den ersten zehn Kapiteln stellt der Autor das Leben und Werk Kumms vor, bevor er seine Studie mit einer kurzen Auswertung abrundet. Die sich anschließende Bibliographie, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, stellt ein wertvolles Hilfsmittel für die weitere Forschungsarbeit dar. Das Nachwort von E. Troeger, dem Leiter der Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten (EMO), bietet einen Abriß der historischen Entwicklung der SPM nach der Trennung von Kumm. Eine deutsche Zusammenfassung erleichtert sicher manchem Leser den schnelleren Zugang zum Inhalt der Lektüre. Wer ist nun H.K.W. Kumm? Ein bahnbrechender Visionär, ein leidenschaftlicher Pionier, ein opferbereiter Leiter, ein unaufhaltsamer Missionsstratege, ein überzeugter Inter-denominationalist, ein feuriger Redner und begabter Autor. Jeder, der die feine Studie von Spartalis in die Hand nimmt, wird Mühe haben, sie beiseite zu legen, ohne sie bis zu Ende gelesen zu haben. Es gelingt dem Autor, den Leser zu fesseln und herauszufordern, indem er Kumms Vision für die noch unerreichten Völker vom Niger bis zum Nil und dessen Bereitschaft, jedes Opfer für die Verwirklichung seiner Vision zu bringen, herausstellt. Das erklärte Ziel des Autors ist, die breite christliche Öffentlichkeit über die herausragenden Leistungen des Missionspioniers zu informieren. Grundsätzlich könnte die in gut lesbarem Stil abgefaßte Arbeit dies auch leisten. Praktisch allerdings muß dieses Ziel für die anglophone Welt nur ein Wunsch bleiben, solange die Auflagenhöhe nicht drastisch gesteigert werden kann. Für die deutschsprachige Leserschaft müßte der größeren Breitenwirkung wegen eine deutsche Version dieser Studie, oder besser eine unabhängige deutsche Kumm-Biographie erstellt werden. Mit der vorliegenden Fassung werden bestenfalls stark missionsinteressierte Leser bzw. die Fachwelt erreicht. Dies wird sich auch durch die deutsche Zusammenfassung am Ende der Biographie nicht wesentlich ändern. Auf einige inhaltliche Schwächen sei abschließend noch hingewiesen. Leider hat Spartalis die Quellen der deutschen SPM und auch der englischen Nordafrikamission (NAM; heute Arab World Ministries, AWM) nicht mit eingearbeitet, worunter die Darstellung des „frühen Kumm“ (1898-1902) erheblich leidet. So kommt z.B. das seelsorgerliche Ringen des SPM-Vorstandes um den jungen Kumm im Vorfeld der Trennung überhaupt nicht zur Sprache. Ebenso könnte das Quellenmaterial der NAM einen wichtigen Beitrag zur Erhellung der frühen Missionstätigkeit Kumms und seiner Persönlichkeit leisten. Auffallend ist auch, daß Spartalis sich über die letzten
Lebensjahre Kumms in den USA ziemlich ausschweigt, sodaß auch der „späte
Kumm“ größtenteils im Dunkeln bleibt. Auch wenn der Autor hier und da auf
Schwierigkeiten der Arbeit Kumms und auch auf Kritik an seiner Person
hinweist, muß die gesamte Darstellung als relativ unkritisch bezeichnet werden.
Den Anspruch, eine wissenschaftlich Es bleibt das Verdienst von Spartalis, das lange Schweigen zur Person Kumms gebrochen zu haben und als Vertreter der SUM in einer beispielhaften Kooperation mit der EMO das Erscheinen dieser Kurzbiographie ermöglicht zu haben. (Dadurch konnten auch historische und geographische Unrichtigkeiten, verbunden mit der Anfangszeit der SPM und der späteren Entwicklung der EMO und der Schweizerischen Evangelischen Nilland Mission, SENM, korrigiert werden.) Damit hat er einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung des Kummschen Erbes und der historischen Entwicklung beider Missionen geleistet. Gerald Lauche, em 1995-3. |
Spartalis, Peter James. Karl Kumm - Last of the Livingstones: Pioneer,
Missionary, Statesman,
Nachwort von Eberhard Troeger, deutsche Zusammenfassung von Christoph Sauer,
edition afem - mission scripts 2, Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn,
1994. Noch immer ist das Kenntnisdefizit zur Person Hermann Karl Wilhelm Kumms in Gemeinde- und Missionskreisen auffallend groß. Nur wenigen Insidern ist sein Leben und Werk bekannt. Nur wenige wissen, daß Kumm vor der Gründung der Sudan United Mission (SUM, heute: Action Partners) auch die deutsche Sudan-Pionier-Mission (SPM) ins Leben gerufen hat. Dies soll sich nun durch die in Englisch abgefaßte Kurzbiographie ändern. Dabei empfiehlt sich der Australier Peter James Spartalis als Autor für diese Studie. Als Missionshistoriker doziert er an der Nairobi Evangelical Graduate School of Theology, Kenia. Seine umfassenden Kenntnisse zur Person Kumms bezieht Spartalis aus seiner intensiven Einarbeitung in das SUM-Archiv, zahlreichen Besuchen und missionarischen Kurzzeiteinsätzen in den Ländern, in denen Kumm wirksam war und aus seiner Zugehörigkeit zum Heimatvorstand der SUM in Australien/ Neuseeland. In den ersten zehn Kapiteln stellt der Autor das Leben und Werk Kumms vor, bevor er seine Studie mit einer kurzen Auswertung abrundet. Die sich anschließende Bibliographie, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, stellt ein wertvolles Hilfsmittel für die weitere Forschungsarbeit dar. Das Nachwort von E. Troeger, dem Leiter der Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten (EMO), bietet einen Abriß der historischen Entwicklung der SPM nach der Trennung von Kumm. Eine deutsche Zusammenfassung erleichtert manchem Leser den schnelleren Zugang zum Inhalt der Lektüre. Wer ist nun H. K. W. Kumm? Ein bahnbrechender Visionär, ein leidenschaftlicher Pionier, ein opferbereiter Leiter, ein unaufhaltsamer Missionsstratege, ein überzeugter Interdenominationalist, ein feuriger Redner und begabter Autor. Jeder, der die feine Studie von Spartalis in die Hand nimmt, wird Mühe haben, sie beiseite zu legen, ohne sie bis zu Ende gelesen zu haben. Es gelingt dem Autor, den Leser zu fesseln und herauszufordern, indem er Kumms Vision für die noch unerreichten Völker vom Niger bis zum Nil und dessen Bereitschaft, jedes Opfer für die Verwirklichung seiner Vision zu bringen, herausstellt. Das erklärte Ziel des Autors ist, die breite christliche Öffentlichkeit über die herausragenden Leistungen des Missionspioniers zu informieren. Grundsätzlich könnte die in gut lesbarem Stil abgefaßte Arbeit dies auch leisten. Praktisch allerdings muß dieses Ziel für die anglophone Welt nur ein Wunsch bleiben, solange die Auflagenhöhe nicht drastisch gesteigert werden kann. Für die deutschsprachige Leserschaft müßte der größeren Breitenwirkung wegen eine deutsche Version dieser Studie, oder besser eine unabhängige deutsche Kumm-Biographie erstellt werden. Mit der vorliegenden Fassung werden bestenfalls stark missionsinteressierte Leser bzw. die Fachwelt erreicht. Dies wird sich auch durch die deutsche Zusammenfassung am Ende der Biographie nicht wesentlich ändern. Auf einige inhaltliche Schwächen sei abschließend noch hingewiesen. Leider hat Spartalis die Quellen der deutschen SPM und auch der englischen Nordafrikamission (NAM; heute Arab World Ministries, AWM) nicht mit eingearbeitet, worunter die Darstellung des „frühen Kumm“ (1898-1902) erheblich leidet. So kommt z.B. das seelsorgerliche Ringen des SPM-Vorstandes um den jungen Kumm im Vorfeld der Trennung überhaupt nicht zur Sprache. Ebenso könnte das Quellenmaterial der NAM einen wichtigen Beitrag zur Erhellung der frühen Missionstätigkeit Kumms und seiner Persönlichkeit leisten. Auffallend ist auch, daß Spartalis sich über die letzten Lebensjahre Kumms in den USA ziemlich ausschweigt, so daß auch der „späte Kumm“ größtenteils im Dunkeln bleibt. Auch wenn der Autor hier und da auf Schwierigkeiten der Arbeit Kumms und auch auf Kritik an seiner Person hinweist, muß die gesamte Darstellung als relativ unkritisch bezeichnet werden. Den Anspruch, eine wissenschaftlich erschöpfende und ausgewogene Darstellung des Lebens und Werkes Kumms zu präsentieren, kann diese Studie somit nicht erheben (was sie auch nicht tut). Sie kann aber wohl Anstoß und Grundlage für eine solche sein. Es bleibt das Verdienst von Spartalis, das lange Schweigen zur Person Kumms gebrochen zu haben und als Vertreter der SUM in einer beispielhaften Kooperation mit der EMO das Erscheinen dieser Kurzbiographie ermöglicht zu haben. (Dadurch konnten auch historische und geographische Unrichtigkeiten, verbunden mit der Anfangszeit der SPM und der späteren Entwicklung der EMO und der Schweizerischen Evangelischen Nilland Mission, SENM, korrigiert werden.) Damit hat er einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung des Kummschen Erbes und der historischen Entwicklung beider Missionen geleistet. Gerald Lauche, em 1996-1. |
Spohn, Elmar. Mission und das kommende Ende:
Karl Hartensteins Verständnis der Eschatologie und dessen Auswirkungen auf
die Mission. Verlag der
Liebenzeller Mission: Bad Liebenzell, 2000. Prälat Karl Hartenstein war der Basler Mission eng verbunden und ein großer Förderer von Mission und weltweiter Ökumene. In dieser vom AfeM preisgekrönten Arbeit wird zwar auch sein Leben kurz skizziert und grundsätzlich seine Theologie aus den Quellen erhoben, aber der Schwerpunkt liegt auf seiner Eschatologie und ihrer Aktualität (S. 47-87+129-167) und auf der Auswirkungen auf die Missionstheologie Hartensteins und auf die Weltmissionskonferenzen 1938-1952. Die Arbeit ist gut aus den Quellen recheriert und flüssig geschrieben. Hartenstein grenzte sich nach Spohn gegen vier Bewegungen ab (S.30-35): 1. die Kerygmatheologie Bultmanns, 2. den Fundamentalismus, 3. den Dispensationalismus und 4. gegen „die lutherische Individualisierung des Erlösungswerkes Christi“ (S.30). Israel spielte in seiner Eschatologie eine große Rolle, aber gegen den Dispensationalismus lehnte er die Fortdauer der Landverheißung für Israel - ebenso wie die Vorentrückung der Gläubigen - ab (S.65-78). Von der reichsgeschichtlichen Offenbarungsauslegung geprägt, verstand er die Kirche vor allem als leidende Minderheitenkirche, weswegen die Theologie des Martyrium seine Eschatologie und Missiologie bestimmte (bes. S.54-59). Seine fehlende Grundsatzkritik am Dritten Reich verhinderte allerdings die Anwendung dieser Sicht auf die Kirche unter dem Nationalsozialismus (S.62-63). Der Martyriumstheologe Hartenstein wurde – je länger desto mehr – im Gegensatz zum frühen Hartenstein mehr und mehr zu einem Verfechter der Allversöhnungslehre württembergischer Prägung (S.79-87). Etwas mühsam scheint mir der Versuch, die Auswirkungen der Eschatologie und Missiologie Hartensteins über die Weltmissionskonferenzen hinaus bei George W. Peters und der Lausanner Verpflichtung ebenso wie im 2. Vatikanischen Konzil oder den Pfingstmissionen (S.92ff) und manch anderen Stellen zu zeigen. Zumal sich in allen Fällen nur die Parallele ergibt, daß die Eschatologie für die Missionstheologie wichtig ist, während die jeweils konkrete Eschatologie sich stark von Hartenstein unterscheidet. Zwar wird zugegeben, daß es sich praktisch immer um selbstständig entstandene parallele Aussagen und Bewegungen handelt, aber es wird von „Auswirkungen“ und „Aufnahme“ der Sicht Hartensteins gesprochen und dadurch der Eindruck erweckt, als hätte Hartenstein über den württembergischen Bereich hinaus großen Einfluß gehabt. Hier hätte man sich eine klare Unterscheidung zwischen echter und nachweisbarer Beeinflussung durch Hartenstein und von ähnlich denkenden Bewegungen gewünscht. Auch die zitierte Aussage, daß Hartenstein mit Barth und Brunner zu Lebzeiten die theologische Szene Westeuropas dominiert hätte (S. 19), scheint mir doch zu weit zu gehen. Dazu war Hartenstein einfach nicht bibelkritisch genug! Dr. Thomas Schirrmacher, em 2000-4. |
Spohn,Elmar. Die Allianz-Mission und der Bund Freier Evangelischer Gemeinden. Die Geschichte ihrer Beziehung und deren theologische Begründung (Geschichte und Theologie der Freien Evangelischen Gemeinden, Band 6.1), Witten: Bundes Verlag, 2011. Die Geschichte der Allianz-Mission (AM) als einer der frühen deutschen Glaubensmissionen ist bis heute noch weitgehend unerforscht. Es ist daher von großem wissenschaftlichen Interesse, dass der Verfasser des vorliegenden Buches einen Teilaspekt dieser noch sehr im Dunklen liegenden Vergangenheit der AM erforscht hat und sie ans Licht bringt. Er konzentriert sich dabei sicherlich auf eine der interessantesten Entwicklungen innerhalb der AM: Ihr Weg von einer dezidiert interdenominationellen Glaubens- und Allianzmission hin zu einer im wesentlichen denominationellen Mission des Bundes Freier Evangelischer Gemeinden (FeG) in Deutschland. Diese Entwicklung ist in Deutschland einzigartig und von daher doppelter Aufmerksamkeit wert. Dem Autor ist es weiter wichtig, seine Arbeit auch in einen größeren Horizont der theologischen und kirchenpolitischen Auseinandersetzungen zu stellen, die um eine adäquate Zuordnung von Mission und Kirche geführt wurden. Gut dokumentiert ist diese Diskussion im Raum der evangelischen Landeskirchen. Die parallel dazu verlaufende Geschichte innerhalb der Freikirchen und ihren Missionen bildet dagegen noch eine Forschungslücke. Die vorliegende Arbeit beleuchtet nun eindrücklich diese Entwicklung für den speziellen Bereich der FeG. Dabei hatte der Autor mit verschiedenen Hindernissen zu kämpfen. Vor allem ist die Quellenlage zur Geschichte der AM sehr schwierig, da durch den Zweiten Weltkrieg wichtige Primärquellen vernichtet wurden. Es ist nun ein besonderes Verdienst Spohns, dass er zum ersten Mal überhaupt für die AM die ihm noch verfügbaren Archivalien sinnvoll ordnend zusammenstellte, dokumentierte und in Bezug auf sein Thema auswertete. Dadurch wurde wichtige Vorarbeit geleistet, um später einmal eine Gesamtdarstellung der Geschichte der AM zu schreiben. In den vier Hauptkapiteln gelingt es dann dem Autor unbekanntes Quellenmaterial sinnvoll zu verarbeiten, Verknüpfungen herzustellen, Personen in ihrer Prägung und Bedeutung für die AM zu skizzieren und kreativ (da, wo er nur auf Vermutungen angewiesen ist) eine plausible Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der AM und ihre Beziehungen zu den FeGs herzustellen. Spohn erkennt auch richtig die theologie- und erweckungsgeschichtlichen Hintergründe, Zusammenhänge und Prägungen der AM in ihrer Frühphase (Heilungs- und Heiligungsbewegung) und zeigt die wachsende Denominationalisierung der AM und auch der FeG auf. So entsteht eine spannende Darstellung der sehr wechselvollen Geschichte der Beziehungen zwischen der AM, der FeG und anderer Missionen (z.B. der Neukirchener oder der China-Inland-Mission) und verschiedener Kirchen auf. Überraschend ist am Ende das Ergebnis der Untersuchung Spohns: Es waren auf Seiten der AM keinesfalls theologische oder ekklesiologische Gründe, die zur Eingliederung der AM in den Bund der FeG führten. Vor allem pragmatische Gesichtspunkte leiteten die Verantwortlichen, um den Zusammenschluss zu vollziehen, wobei auf Seiten des Bundes der FeG die wachsende Kirchwerdung eine wichtige Rolle spielte; man wollte als FeG auch selber Mission betreiben und als Gemeindebund mitbestimmen. Richtig bemerkt der Autor jedoch in seiner kritischen Würdigung, dass die recht schwache theologisch-ekklesiologische Grundlegung des Verhältnisses von Gemeinde und Mission bis heute im Bund der FeG noch weiterer theologischer Reflexion bedarf. Schade ist, dass Spohn es versäumte, die umfangreichen Archive der Neukirchener und der Vereinigten Evangelischen Mission in Wuppertal-Barmen und Neukirchen zu konsultierten. Beide Missionen lagen der AM geographisch und im Falle der Neukirchener Mission auch theologisch und erweckungsgeschichtlich sehr nahe. Hier schlummert sicherlich noch manche Primärquelle, die dazu beitragen könnte, die verlorengegangenen Archivalien der AM zu ersetzen und das Dunkel über manche Aspekte ihrer Geschichte zu erhellen. Mit der vorliegenden Arbeit gelingt es Elmar Spohn, einen weiteren Baustein zur umfassenden Aufarbeitung der Geschichte der Glaubensmissionen beizusteuern, welche Ende des 19. Jahrhunderts entstanden und der deutschen Missionsbewegung neue Impulse gaben. Prof. Dr. Bernd Brandl, em 2013-4. |
Spuler-Stegemann,
Ursula. Muslime
in Deutschland – Nebeneinander oder Miteinander. Herder: Freiburg, 1998. Ursula Spuler-Stegemanns Bestandsaufnahme des Islam in Deutschland ist sowohl kenntnisreich als auch sehr anschaulich geschrieben. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf dem türkischen Islam und seinen unterschiedlichen Gruppen und Strömungen, was angesichts der Zahlenverhältnisse (2,1 Mill. Türken von 2,7 Mill. Muslimen in Deutschland) durchaus gerechtfertigt ist. Die Autorin bemüht sich um eine faire, aber zugleich realistische Darstellung der Lage. Einerseits weckt das Buch bei seinen Lesern Verständnis für die besonderen Schwierigkeiten der Muslime in Deutschland. Andererseits erstickt es nicht in politischer Korrektheit, denn U. Spuler-Stegemann wagt es, auf existierende Probleme, etwa bei den hierzulande weitgehend ungehinderten Aktivitäten extremistischer Gruppen deutlich hinzuweisen. Gleichermaßen positiv überrascht der nur selten gezogene Vergleich zwischen den weitreichenden Rechten der Muslime in Deutschland und der beängstigenden Lage der Christen in der islamischen Welt ebenso wertvoll die Erörterung des gespaltenen Verhältnisses der Muslime zur deutschen Verfassung, sowie die nüchterne Betonung der Tatsache, daß der Islam überall – auch in Deutschland – das Ziel verfolgt, die Scharia (das islamische Gesetz) durchzusetzen. Und schließlich muß eine Professorin für Türkisch und Religionsgeschichte allzu dialogbereite Kirchenvertreter in unserem Land über muslimische Missionspraktiken unter Christen aufklären: „Die verständnisvolle Haltung mancher wohlmeindender Kirchenvertreter wird mit Wonne ausgenutzt“ (301), da oft gerade mit denjenigen muslimischen Gruppen der Dialog gepflegt werde, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen. „Blauäugiger geht es wohl nicht“, so der muslimische Originalkommentar. Stattdessen plädiert die Autorin dafür, endlich die Unterschiede zwischen Islam, Christentum und Judentum „in aller Klarheit herauszuarbeiten“. Der faire Eindruck des Buches wird unterstrichen durch das andernorts gegebene Versprechen der Autorin, die vereinzelten pauschalen Aussagen über die „Aggressionen der Evangelikalen“ für eine weitere Auflage sorgsamer zu prüfen. „Muslime in Deutschland“ – ein unentbehrliches Nachschlagewerk für jeden, der die vielen muslimischen Gruppen und ihre Aktivitäten in unserem Land besser verstehen möchte. Dr. Christine Schirrmacher, em 1998-4. |
Staats, Reinhart. Das Glaubensbekenntnis von
Nizäa-Konstantinopel. Historische und theologische Grundlagen. Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1996. Das in seiner endgültigen Form 381 n. Chr. verabschiedete Glaubensbekenntnis der Konzile von Nizäa und Konstantinopel, das die meisten Kirchen an hohen Feiertagen im Gottesdienst bekennen, spielt in der ökumenischen Diskussion eine immer größere Rolle, da es (bis auf einen kleinen Zusatz zum Heiligen Geist – „filioque“) das identische Bekenntnis der abend- und morgenländischen Kirchen ist. Der Kieler Kirchengeschichtsprofessor Reinhart Staats hat in diesem Band das sonst nur verstreut zu findende Wissen über dieses Bekenntnis allgemeinverständlich und dennoch gründlich belegt zusammengetragen. Vorgeschichte und Geschichte, liturgische und kirchenrechtliche Funktion, sowie Theologie und Auslegung der einzelnen Aussagen ihrer historischen Bedeutung entsprechend sind auf diese Weise sinnvoll unter einem Dach versammelt. Ein entsprechendes Werk zum Apostolischen Glaubensbekenntnis wäre wünschenswert. Dr. Thomas Schirrmacher, 1997-1. |
Stackhouse, John (Hg.). No Other Gods Before me: Evangelicals and the Challenge of World Religions. Grand Rapids: Baker, 2001. Yong,
Amos. Beyond
the Impasse: Toward a Pneumatological Theology of Religions. Grand Rapids: Baker Academic, 2003. „Evangelikale Theologen haben bisher über das Schicksal der vom Evangelium Unerreichten nachgedacht. Diese Frage, die an den Nerv evangelikaler Theologie und Mission rührt, verdient tatsächlich volle Beachtung. Aber es ist mit Sicherheit nicht die einzige Frage, die wir im Blick auf die Weltreligionen zu stellen haben. Außerdem kann auch diese Frage außerhalb einer umfassenderen Theologie der Religionen nicht voll beantwortet werden. Dieses Buch will evangelikale Theologen zu diesem größeren Unterfangen anregen“ (aus dem Vorwort von John Stackouse in No Other Gods, meine Übersetzung). Nicht nur dieses Anliegen verbindet die beiden oben genannten Bücher von Stackhouse und Yong, vielmehr hat Yong auch ein wichtiges Kapitel in dem von Stackhouse herausgegebenen Sammelband No other Gods geschrieben. No other Gods ist kein geschlossener Entwurf. Vielmehr- hat J. Stackhouse, Professor of Theology & Culture am Regent College in Vancouver, eine Reihe prominenter evangelikaler Missiologinnen und Theologen aus den USA gebeten, ihre Perspektiven anzubieten. Gerald R. McDermott, Professor elf Religion and Philosophy am Roanoke College, Salem, Virginia, eröffnet den Reigen mit der provokanten Frage: „What if Paul Had Been from China? Reflections on the Possibility of Revelation in Non-Christian Religions“. Er vertritt die These, dass Juden und Christen immer auch von Menschen aus anderen Religionen lernen konnten (Abraham lernt von Melchisedek, Petrus lernt durch die Begegnung mit Cornelius, Paulus zitiert heidnische Dichter). Von Jonathan Edward entlehnt er die Anschauung, dass sog. „Offenbarungsmuster“ (revealed types) wie Tieropfer auch in anderen Religionen vorkommen, die sowohl als Anknüpfungspunkte: als auch als Verständnishilfe für biblische Aussagen helfen können. Ein weiterer wichtiger Beitrag stammt von Arnos Yong, einem charismatisch-evangelikaler Theologen, der aus Malaysia stammt, in Amerika lebt und Professor am Bethel College, St. Paul, Minnesota ist. Sowohl in seinem Beitrag „Discerning the Spirit(s) in the World of Religions“ in No other Gods als auch in seinem eigenen Werk Beyond the Impasse: Toward a Pneumatological Theology of Religions (Baker, 2003) plädiert Yong für eine evangelikale und pneumatologische Theologie der Religionen. D. h. der universal gegenwärtige Schöpfergeist Gottes ist in jedem Menschen aktiv und spielt darum auch in den Weltreligionen eine bewahrende, offenbarende und heilsame Rolle. Im Vertrauen auf den Heiligen Geist können Christen im Dialog mit Andersgläubigen deren Religion besser verstehen, eigene Probleme erkennen, zwischen Dämonischem und Göttlichem unterscheiden und Menschen zum Glauben an Jesus führen. Sein Ansatz ist komplex und kann hier nicht ausführlich gewürdigt werden, bietet aber wichtige Anstöße, und regt an, sich tiefer damit auseinanderzusetzen. Miriam Adeney, Anthropologin und Professorin für Global and Urban Ministries an der Seattle Pacific University stellt in ihrem Beitrag „Rajah Sulayman Was No Water Buffalo“ die Frage, ob Muslime Christen werden können, ohne den Islam als kulturell-religiöses System zu verlassen und ob sie in diesem System auch als Christen wachsen können. Auf die erste Frage findet sie ein Teil-Ja, da der Islam als Kultur und Religion auch Wahrheiten enthalte, die als Schritte zum Glauben dienen könnten. Auf die zweite Frage findet sie ein „Nein“, da das islamische System grundlegende biblische Wahrheiten (Gottessohnschaft Jesu, Kreuz und Auferstehung Jesu etc.) ablehne und keine Gemeinschaft im Evangelium bieten kann. Sechs weitere Kapitel u.a. von dem indischen Theologen Ken R. Gnanakan (Generalsekretär der Asian Theological Association, Bangalore), Stanley J. Grenz (Professor am Carey Theological College und Regent College, beide Vancouver), Paul J. Griffiths (Buddhologe und Religionsphilosoph an der University of Illinois at Chicago) bringen Licht in die Thematik und werfen weitere Fragen auf.- Der Band lädt nicht zu uneingeschränkter Übereinstimmung ein, sondern stellt einen mutigen und sicherlich auch provokanten Versuch dar, einerseits eine erste Bilanz evangelikalen Denkens zum Thema zu bieten, andererseits die „Baustelle auszumessen“ und zur weiteren Bearbeitung anzuregen. Dabei scheuen sich manche Autoren nicht, auch einmal ungesicherten Boden zu betreten, um neue gangbare Wege zu finden. Dr. Friedemann Walldorf, em 2005-4. |
Stadler, Jürgen. Die Missionspraxis Christian Keyßers in
Neuguinea 1899-1920: Erste Schritte auf dem Weg zu einer einheimischen Kirche,
edition afem, Nürnberg: VTR, 2006. Nach seinem Theologiestudium in Neuendettelsau und Tübingen absolvierte der Verfasser ein Gastvikariat und wurde 1992 Pfarrer in der Bayerischen Landeskirche. Sein theologisches Interesse vertiefte er mit dieser biographisch-missiologischen Untersuchung des Neuendettelsauer Missionars, Christian Keyßer (1877-1961), der von 1899 bis 1920 in Neuguinea tätig war. In 15 Kapiteln mit einer Fülle von Unterteilen zeichnet Stadler nach, wie Keyßer “sein Missionskonzept intuitiv-situativ […] entwickelte und entfaltete” (S.31), was ich hier unter Berücksichtigung größerer Abschnitte versuche anzusprechen. (Zahlen zwischen runden Klammern (…) geben fortan Buchseiten an.) Stadler skizziert Keyßers missionarisches Werden von seiner Kindheit bis zum Abschluss der theologischen Ausbildung (32-72). In seinem dritten Lebensjahr starb sein Vater, 10 Jahre später die Mutter, die ihn „immer wieder zum Guten ermahnte und zu GOTT wies“ (33). Trotzdem begann er „seelisch zu verwahrlosen“ (71) bis er nach Nürnberg kam. Bei seinem Oberlehrer der Industrieschule einquartiert, sah Keyßer diesen „Betbruder“, ohne Buch, „frei und frisch von der Leber weg“ beten (37). Hier kam er zum Glauben und vernahm den Ruf: „Du mußt Missionar werden“ (40-41). Darauf schrieb er an Inspektor J. Deinzer am Missionsseminar Neuendettelsau: „[Ich] möchte gerne in Ihre Anstalt eintreten, um dem Herrn als Missionar allein und mit allen Kräften zu dienen“ (44). Unter Bedingung einer doppelten Probezeit wurde er aufgenommen und erwarb sich „eine gründliche theologische Ausbildung“ (55). 1899 traf Keyßer in Neuguinea ein. Sein erster Eindruck von den „braunen Spitzbuben [war] schauderhaft“ und die Eingewöhnungsphase auf der Station Sattelberg schattenreich, jedoch nicht ohne Lichtstrahlen (73-146). „Wie wohl wir von Natur untüchtig und nichts sind, so können wir doch durch die Gnade Gottes etwas werden“, sagte er in seiner Ordinationspredigt (89). In diesem Bewusstsein stürzte er sich mit Eifer in die Erforschung der Sprachen, Kultur, Religion und Sitten der Papua und begann sich in kontextgemäßer Missionsarbeit zu entfalten. Auch seine Ehe mit Emilie Heumann, die sich „als echte Missionarsfrau in den Dienst der Mission einbrachte“ (90-91), der Kontakt mit anderen Missionaren sowie Gustav Warnecks Evangelische Missionslehre und die AMZ vertieften seine innovative Missionspraxis. In Kapitel 7-10 gibt Stadler detaillierte Nachzeichnungen über die Entwicklung der Sattelbergmission unter Keyßers Leitung von 1904 bis zur Hauptkonferenz 1914. Dazu gehören Bekehrung und Erweckung der Papua (147-164); Taufunterricht und -praxis der Sattelberggemeinde bis 1920 (165-183); Entstehung und Entwicklung der Sattelberger Gemeindemission (184-250); die Sattelbergordnung bis 1914 (251-318). Stärker als andere Missionare stellte Keyßer seine europäische Kultur hinten an, tauschte manche Grundsätze Neuendettelsaus durch neue Akzente aus, adoptierte melanesische Kommunikationsformen und suchte Zugang zu den Herzen der Heiden als Familie und Volk, ohne aber Kraft und Inhalt des Evangeliums zu schmälern. Er rang um kollektiven „Stimmungsumschwung unter den Einheimischen“, die anfingen über die in ihrer Kultur verwurzelten Anschauungen wie balum (Initiationsritus und Geisterkult unter den Jabêm; ngosa unter den Kâte), Krieg, Blutrache, Zauberei, Ahnenkult und was sonst zu ihrer heidnischen worldview gehört, nachzudenken (147; 478-482). „Das Gewissen wacht allmählich auf“, berichtete Keyßer, wenn er „bei seinen Dorfbesuchen vom Versöhnungstod Jesu, vom Gericht und von letzten Dingen zu den Papua sprach“ (148; vgl. 99; 253). Ihm ging es weniger um Einzelbekehrung als um Klan- und Stammesbekehrungen, wie sie auch von Missionaren der Rheinischen Mission unter den Batak in Sumatra angestrebt wurden. An diesem Punkt bedauerte Keyßer, dass die Neuendettelsauer nicht als Missionare, sondern als Pastoren ausgebildet worden seien. „Das ist in etwa so, wie wenn man einen, der Offizier werden will, als Maurermeister ausbildet“, schrieb er (214-215). Daher investierte er alle geistigen, seelischen und physischen Kräfte, den „braunen Spitzbuben“ das Wort Gottes in ihrem sozial-kulturellen Kontext zu vermitteln, selbst wenn er von seinen Kollegen oft nicht verstanden wurde, wie Stadler ausführlich nachweist (253-318). In den nächsten drei Kapiteln registriert der Verfasser die Entwicklung der Mission in Neuguinea von der Konferenz 1914 bis Keyßers Rückkehr nach Deutschland sechs Jahre später: (a) Verlauf, Verhandlungen und Entscheidungen der Hauptkonferenz erwiesen sich überwiegend für Keyßer als Bestätigung, Anerkennung und Aufwertung seiner bisherigen Arbeitsweise, wobei Karl Stecks Besuch und Verkündigung auf dem Sattelberg nicht übersehen werden dürfen (319-354). „Die Diskussion der Neuendettelsauer Missionare in den folgenden Jahren zeigt jedoch, daß der Grundentscheidung und ihren missionstheologischen und -methodischen Implikationen nicht ohne weiteres gefolgt wurde“ (354). (b) Das Ringen um Verständnis missionstheologischer und -methodischer Fragen, wie sie sich im indigenen Kontext auf dem Missionsfeld unter Keyßers Leitung der Sattelberger Muttergemeinde und Umgebung manifestierten, hat sich im Rückblick mehr als eine Verhärtung als eine gegenseitige Annäherung der Position herauskristallisiert (355-444). (c) Auch zeigt Stadler, dass nach Ausbruch des 1. Weltkrieges die deutsche Kolonie „Kaiser-Willhelms-Land“ in Neuguinea an Australien abgegeben wurde und wie die Mission sich unter der neuen Regierung bis Keyßers Rückkehr nach Deutschland 1920 entwickelte (445-467; 15-31). Die letzten Kapitel stehen unter den Themen „Ergebnis“ und „Anhang“ (468-559). Unter Ergebnis gewährt Stadler den Lesern ein einsichtsreiches Profil von „Christian Keyßer als Missionar“ (468-470) und „Christian Keyßer als Missionstheologe“ (471-477), was nur durch Keyßers eigenes Schriftgut übertroffen werden kann. Der „Anhang“ besteht aus hilfreichen Texten, Karten, Begriffs- und Abkürzungsverzeichnissen. Der gesamte Text ist mit einer Anzahl von Zitaten aus primären und sekundären Quellen sowie mit 1998 Fußnoten und einem 36seitigen Literaturnachweis untermauert. Das spricht für Umfang und Gründlichkeit der Arbeit, die sowohl Studierenden und Lehrenden als auch Pastoren und Missionaren bestens zu empfehlen ist. Nur schade, dass dem Buch ein Sach- und Namenregister fehlt. Prof. em.
Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 2009-3. |
Stark, Rodney. Der Aufstieg des Christentums:
Neue Erkenntnisse aus soziologischer Sicht. Beltz Athenäum: Weinheim, 1997. Selten war eine soziologische und eine auf die frühe Kirchengeschichte bezogene Studie so aufschlußreich für die Missionswissenschaft, wie diese 1996 an der Princeton University erschienene Studie „The Rise of Christianity“. Die Thesen Starks sorgen seitdem für viel Diskussionsstoff. Einige Thesen seien kurz genannt: 1. Das Christentum breitete sich in den ersten vier Jahrhunderten fast ausschließlich innerhalb des Freundes- und Bekanntenkreises entlang soziologischer Strukturen durch Einzelbekehrungen aus. Persönliche Beziehungen waren das Geheimnis des Erfolges der Christen. 2. Die ersten Christen waren größtenteils nicht arm, sondern stammten aus dem wohlhabenden Mittelstand, was auch die Finanzierung der Missionsarbeit sicherstellte. 3. Der entscheidende Faktor waren die Frauen, die dann oft anschließend ihre Männer für das Christentum gewannen. Sie bekehrten sich nicht nur häufiger, sondern waren auch unter den christlichen Kindern in der Überzahl, da Mädchen und Jungen bei Christen als gleichwertig galten, während die Heiden soviele Mädchen töteten, daß es statistisch einen enormen Männerüberhang gab. 4. Das Christentum wuchs in den ersten vier Jahrhunderten statistisch verhältnismäßig gleichmäßig, so daß die Suche nach außerordentlichen Wachstumsfaktoren zu bestimmten Zeiten überflüssig ist. 5. Ein wesentlicher Wachstumsfaktor war die höhere Kinderzahl der Christen, da diese gegen Abtreibung und Kindesaussetzung - namentlich von Mädchen - waren, was zudem Adoptionen einschloß, und intakte Familien hatten. 6. Ein weiterer wesentlicher Faktor war der soziale Einsatz von Christen zu Zeiten von Seuchen, der mehr Christen überleben ließ als Heiden und viele Heiden zu Christen werden ließ. 7. Konstantin machte das Christentum zur Staatsreligion, da dieses sich durch Bekehrungen schon soweit ausgebreitet hatte, daß ihm gar nichts anderes übrigblieb, um das römische Reich zu retten. 8. Das Christentum wuchs nach Konstantin nicht schneller als vorher, so daß die Sicht, nach Konstantin seien die Massen in die Kirchen geströmt, weil sie sich irdische Vorteile erhofften, falsch ist. Sicher bezieht Stark seine soziologischen Kenntnisse, wie religiöse Gruppen heute wachsen, die er dann als Modell an die ersten drei Jahrhunderte der Kirchengeschichte heranträgt und überprüft, von überall her, etwa von den Mormonen, hinduistischen Sekten und anderen religiösen Gruppen. Auch ist Stark die Frage, ob die Ausbreitung des Christentums ein Glück oder ein Unglück für das römische Reich war, gleichgültig. Auch mag man Stark manchmal widersprechen, wenn er das Neue Testament auslegt und überhaupt nimmt Stark auf die religiösen Gefühle von überzeugten Christen wenig Rücksicht. Und trotzdem fühlt man sich zum Teil in eine moderne missiologische Debatte unter Evangelikalen versetzt, etwa wenn es um die Frage geht, welche Rolle medizinische oder sozialethische Arbeit (z. B. im Einsatz gegen die Abtreibung oder das Kastenwesen) in der Mission spielt oder wenn darauf hingewiesen wird, daß Großevangelisationen wie ProChrist nur erfolgreich sind, wenn Christen ihre Verwandten, Freunde und Nachbarn einladen. Das Buch von Stark zeigt, daß viele der heute diskutierten Fragen zur Mission auch schon die frühe Kirchengeschichte bestimmt haben und daß manches von uns mühsam immer wieder neu entdecktes ‘Geheimnis’ der Evangelisation schon zu Beginn der Christenheit die entscheidende Rolle gespielt hat. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1999-3. |
Staub, Brigitte. Trommeln, Palmwein, Hexen.
Erlebnisse im Grasland von Kamerun. Sternberg:
Metzingen, 2000. Als „Fraternal Worker“ der Basler Mission arbeitete Schwester Brigitte von 1984 bis 1988 in einem Töpfereiprojekt, das mit „Brot für die Welt“ aufgebaut wurde. Es ging dabei um die Wiederbelebung einer traditionellen Handwerkskunst, die im Plastikzeitalter verkümmert ist. Brigitte Staub erhebt nicht den Anspruch, eine wissenschaftliche Arbeit präsentieren zu wollen, sondern sie möchte die Leser mit dem Alltag in Kamerun bekannt machen, der sich typisch interreligiös-afrikanisch gestaltet. Anhand vieler kleiner Begebenheiten mit den Lehrlingen der Töpferei und ihren Familien, dem stolzen Mercedesbesitzer und Häuptling, mit dem respektierten Moderator der Presbyterianer und dem hilflosen weißen Pastor und vielen Einheimischen schildert sie mit viel Humor ihren Alltag als „White Man“ unter Schwarzen. Die Problematik der Hexen, Zauberer und Medizinmänner ist auf dem Erfahrungshintergrund einer „ungläubigen Deutschen“ ehrlich und anschaulich beschrieben. Was für die afrikanischen Christen selbstverständlich erscheint, will ihr absolut nicht einleuchten. In einer kritischen Situation und ohne ärztliche Hilfe läßt Schwester Brigitte sich schließlich auch auf eine undruchsichtige Kräuterbehandlung ein. Obwohl sie von der Bevölkerung angenommen ist, bleiben ihr als Weiße die letzten Geheimnisse verschlossen. Die spannend geschriebenen Erlebnisse bieten sich als ausgezeichnete authentische Beispiele im Bereich der Anthropologie an. Vermißt werden Beiträge über das geistliche Leben, die es außer dem peinlichen Auftritt des weißen Pastors wohl auch gegeben haben muß. Konrad Brandt, em 2000-4. |
Stearns, Bill
und Amy. Catch the Vision 2000. Bethany House:
Minneapolis, 1991. Die Unerreichten in den Blickpunkt der Christen zu rücken, ist der Wunsch von Bill und Amy Stearns, den Mitarbeitern der Adopt-A-People-Bewegung in Colorado Springs, USA. Anhand praktischer Beispiele zeigen sie, wie Gott jeden in der Mission gebrauchen kann. Als Schöpfer hat er schon Großes in der Welt getan und will es weiterhin durch jeden Christen tun. Mission ist keine „Dennoch-Aufgabe“ für Unerschütterliche, die nur aus Gehorsam gegen den Missionsbefehl getan werden muß. Das beweisen folgende Beispiele: Täglich werden 20.000 neue Christen in Afrika gezählt. Auf jeden Christen kommen heute statistisch nur noch 7 Nicht-Christen, während es im Jahre 100 noch 360 waren. Um wie Abraham ein Segen für die Völker zu sein und den Auftrag als Priester in dieser Welt zu erfüllen, muß sich jeder für Weltmission engagieren. Weltmission ist die größte Herausforderung für die Christen. Es gilt, 11.000 Unerreichte Volksgruppen zu erreichen, besonderes Gewicht wird auf das 10/40 Fenster gelegt. Diese Aufgabe kann nur wahrgenommen werden, wenn neue Wege bzw. Strategien gewählt werden. Neue Strategien, wie z.B. den „Non-Residential Missionary“ (der Missionar, der nicht in seinem Missionsgebiet wohnen kann), und andere Methoden werden an konkreten Beispielen vorgestellt. Es gilt die Heimatgemeinde mobil zu machen, nicht nur zu beten, sondern sich konkret zu informieren und sich Zeit für die Weltmission zu nehmen, damit Mission nicht nur ein frommer Wunsch bleibt. Konkrete Vorschläge werden gemacht, wie man den eigenen Lebensstil umkrempelt und sich, seine Freunde und die Heimatgemeinde für Mission offen hält. Sogar ein „Catch the Vision-Seminar“ für die Gemeinde wird angeboten. Das Buch hat in Australien, Neuseeland und anderen englisch-sprechenden Ländern ein sehr gutes Echo gefunden, sodaß sich Gemeinden und einzelne Christen neu für Weltmission interessiert und engagiert haben. Im deutschsprachigen Raum wird es sich schwer tun, da es zu „amerikanisch“, enthusiastisch und pragmatisch geschrieben ist, obwohl es auch auf viele missionstheologische Aspekte eingeht. Es gibt positive Anstöße und informiert den Leser über die großen Dinge, die sich zur Zeit in der Weltmission ereignen, stellt neue Strategien vor und weitet den Blick für Mission, ohne Fachchinesisch zu sein. Die Rückschläge und Schwierigkeiten, die es in der Weltevangelisation auch gibt, werden für deutsche Ohren sicher zu wenig herausgestellt, da das Buch bewußt jeden Christen zum frohen Engagement in der Weltmission aufrufen will. Als Leserkreis eignen sich alle Gemeindemitglieder, die
Englisch können und
Schlüssel Dr. Veronika J. Elbers, em 1995-4. |
Steer, Roger. Georg Müller. Vertraut mit
Gott. Bielefeld: CLV,
1995. Ein Unbekannter ist er nicht: George Müller. Dieses Buch aus der CLV-Biographien-Reihe beschreibt ein spannendes, langes und ungewöhnliches Leben. Auf seine ungestüme und unchristliche Jugendzeit folgen nach seiner Bekehrung einige Wanderjahre im christlichen Dienst. 1837 gründet er sein Glaubenswerk: die Waisenhäuser in Bristol. Ohne Startkapital und nur im Vertauen auf Gottes Fürsorge begegnet er der großen sozialen Not seiner Zeit. Ein ausgedehnter Reisedienst um die ganze Welt beschließt sein erfülltes Leben, bis er 1898 im Alter von 93 Jahren stirbt. Eine inspirierende Biographie, die zum Gebet und zu festem Gottvertrauen ermutigt. Allerdings darf man nicht in den Fehler verfallen, Müllers Leben zum Maßstab für geisterfülltes Christsein zu machen. Durch den Berichtsstil des Verfasser wird diese Neigung, aus christlichen Leitern geistliche „Übermenschen“ zu machen, leider unterstützt. Martin Sachs, em 1997-3. |
Steer, Roger. Im Herzen Chinas. J. Hudson Taylor. Ein
Mann des Glaubens. Gießen: Brunnen, 1994. Noch ein Buch über Hudson Taylor? Sollten das Vorwort von Billy Graham und Nachwort von James Hudson Taylor III etwa Zeichen dafür sein, daß auch der Autor, Roger Steer, diese Bedenken hatte? Nötig wären sie nicht gewesen, denn diese Biographie mit ihrem lebendigen Stil ist es durchaus wert, gelesen zu werden. Das Leben des bekannten China Missionars Hudson Taylor (1832-1905) wird vom „Gebet der Eltern“ bis zu seinem „Weg in den Himmel“ Schritt für Schritt in den gängigen Bahnen nachgezeichnet. Der guten Übersetzung von A. Findeisen ist es zu verdanken, daß auch der deutsche Leser auf fast 400 Seiten einen bewegenden Anteil an den täglichen Glaubenssiegen Hudson Taylors, seinen Sorgen und seiner Freude an den wunderbaren Führungen erhält. Trotz aller Recherchen des Autors erhebt sein Buch nicht den Anspruch, eine wissenschaftliche Biographie zu sein. So arbeitet er mit allen bekannten Bildern und Assoziationen - und leider auch allen Vorurteilen über China und die China Mission, wie sie sich seit den Tagen Hudson Taylors bis heute hartnäckig halten. Will man sich also über China, über die Person des Missionars oder Mission in China informieren, wird man besser zu anderen Büchern greifen. Diese Biographie hat
aber auch ein anderes Ziel: Hudson
Taylor soll als ein Mann des Glaubens vorgestellt werden. Es wird
hier ein Idealbild an Glaubensstärke
und geistlicher Haltung gezeichnet, wie es eigentlich nur in erbaulichen
Biographien vorkommen kann. Mit diesem Bewußtsein gelesen, kann das Buch zur
Bereicherung des eigenen Glaubenslebens
werden. Stefan Müller, em 1995-4. |
Steer, Roger. Mit Hudson Taylor unterwegs. Mut zur
Nachfolge. Brunnen Verlag: Giessen, 1998. In acht großen Themenkreisen geht es in diesem Buch um Fragen des persönlichen Glaubenslebens: Gott kennen, Gottes Werk - nach Gottes Willen getan, das Geheimnis des Gebetes, der Segen des Kreuzes, Mission und Respektierung fremder Kulturen. Das Buch ist in 100 Lektionen (oder Leitgedanken) unterteilt. Dort finden sich Zitate oder Briefauszüge von Hudson Taylor selbst, von seinen Freunden oder auch Zusammenfassungen des Herausgebers. Ihm ist unbedingt zuzustimmen, wenn er schreibt: „Man muß das ganze Buch lesen, um die Lektionen im Zusammenhang zu verstehen“. Erst das neunte Kapitel vermittelt einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse im Leben Hudson Taylors und die von ihm neugegründete Mission, wodurch viele zuvor erwähnten Geschehnisse und Erlebnisse verständlich werden. Die Person Hudson Taylors wird bei alledem mit viel Liebe, aber nicht überzogen dargestellt. Es geht um seinen Glauben an den einen großen Gott, der durch Höhen und Tiefen seine Leute ans Ziel bringen will und wird. Das Buch ist ein hilfreiches Handbuch für das persönliche Glaubensleben, aber auch für die Motivierung und Zurüstung von Missionaren. Diakonisse Renate Binder, em 2000-3. |
Steinbach, Jürgen u. Klaus W. Müller (Hg.). Theologie – Mission – Verkündigung. Festschrift
zum 60. Geburtstag von Helmuth Egelkraut. edition afem - mission academics 6. Verlag für
Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1998. Mit dieser Festschrift zum 60. Geburtstag von Helmuth Egelkraut erscheint erstmals seit der Festschrift für Goerge W. Peters 1988 ein Sammelband, der einen repräsentativen Querschnitt zur akademischen und missionarischen Arbeit an der Freien Hochschule für Mission (FHM) in Korntal gibt. Auf 145 Seiten tragen sämtliche Dozenten des Studienzentrums zu der thematischen Trias bei, die das theologische Lebenswerk Helmuth Egelkrauts markiert. Die Herausgeber, Jürgen Steinbach und Klaus W. Müller, stellen den Themen Theologie, Mission und Verkündigung jeweils ausgewählte Aufsätze von Helmuth Egelkraut voran, die dann durch eine Reihe weiterer Artikel der Fakultät und einiger früherer Kollegen ergänzt werden. Die Beiträge werden durch einige Kurzfassungen ausgewählter Magisterarbeiten von Studenten der FHM abgerundet. Die thematischen Schwerpunkte reichen von der exegetischen und missiologischen Bedeutung der Apstelgeschichte, der Bedeutung der Lehre von der Jungfrauengeburt, dem Stellenwert des theologischen Studiums im Pietismus, über den Beitrag von heilsgeschichtlicher Theologie, Anthropologie und Ethnologie zu einer evangelikalen Missiologie, bis hin zu einer weltweiten Missionspraxis, die dem modernen Menschen die Zuwendung Gottes überzeugend nahebringt. Dieses Spektrum von exegetischen, missiologischen und praktisch-theologischen Beiträgen spiegelt in vorzüglicher Weise die Vielfalt der Akzente und zugleich die Einheit der Perspektive in der wissenschaftlichen Arbeit der FHM wieder. Die 21 Artikel der Festschrift werden durch eine Biographie sowie eine ausführliche Bibliographie von Helmuth Egelkraut abgerundet, die erstmals seine zahlreichen Veröffentlichungen vor allem in Aufsatzsammlungen, Zeitschriften und Lexika dokumentiert. Die aufgeführten Monographien, überarbeiteten Übersetzungen, Andachten und Rezensionen vervollständigen das Bild seines literarischen Schaffens. Somit erhält der Leser dieses empfehlenswerten Buches einen Einblick in die Spannbreite theologischer Arbeit an der FHM und zugleich eine Dokumentation des theologischen Schaffens ihres nun emeritierten Dekans Helmuth Egelkraut. Dr. Markus Piennisch, em 1998-4. |
Stine, Philip C. (Hg.). Bible Translation and the Spread of the Church. The last 200 years. (Studies in Christian Mission, Bd. 2), Leiden: Brill, 1992. Der Herausgeber kommt aus den USA und ist seit 1984
Translations Service Coordinator der United
Bible Societies. Davor war er Übersetzungsberater bzw. Übersetzungskoordinator für Afrika. Das von
ihm herausgegebene Buch beinhaltet die
Hauptreferate einer Konferenz, die
1988 in Princeton, New Jersey, stattfand. 50 Kirchenführer, Theologen, Missiologen und Wissenschaftler
waren dort zusammengetroffen, um sich
über den Zusammenhang zwischen
Bibelübersetzung und der Ausbreitung der
Kirche in den letzten 200 Jahren Gedanken zu machen. Die Einleitung gibt einen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen der
Konferenz, sowie über Reihenfolge und Inhalt der einzelnen Referate. Das Spektrum der Referate reicht von kulturellen Themen bis hin zu
einheimischen Theologien (z.B. Befreiungstheologie).
Bei allen Referaten war die Herausforderung,
den Zusammenhang zwischen
Bibelübersetzung und dem Wachstum der
Kirche darzustellen. Am deutlichsten wird dieses Anliegen in Darrel Whitemans
Beitrag, der sich mit
Bibelübersetzung und Entwicklung befaßt.
Dabei geht er weniger auf konkrete Fallstudien ein, sondern versucht vielmehr,
das theoretische Rüstzeug für weitere Studien dieser Art zu geben. Dieser Artikel ist ein Muß für
jeden, der sich mit der Situation
der dritten Welt und mit
Entwicklungshilfe befaßt. Das Referat
Louis Lutzbetaks streicht die Bedeutung anthropologischer Studien für
die Arbeit des Übersetzers heraus. Nur
wer wirklich lernt, auf die Kultur
zu achten, wird in der Lage sein, eine
kulturell relevante Übersetzung zu produzieren. Lamin Sanneh betont, wie wichtig es für die Ausbreitung des Christentums war und ist, daß es nicht an eine spezifische Sprache oder an einen Ort gebunden ist, sondern daß es in andere Sprachen und Kulturen übersetzbar ist. Daniel Archea befaßt sich in seinem Referat
Christiane Lauschitzky, em 1993-4. |
Stöckle, Johannes. Du warst mir fremd, jetzt
bist du mein Bruder. Als Missionar in Afrika. Verlag Ernst Franz: Metzingen, 1997. Die Autobiographie des 1911 geborenen schwäbischen Missionars ist ein Stück Missions- und Zeitgeschichte. Nach gründlicher beruflicher, theologischer, pädagogischer und sprachlicher Ausbildung reist. J. Stöckle 1938 mit der Basler Mission nach NW-Kamerun. Der Krieg führt ihn in die Internierung. Seine Missionsarbeit geht weiter in Deutschland in ökumenischen Begegnungen zwischen Jugend und Kirchenleuten v. a. aus Afrika und Asien, dann in Ghana und später von Deutschland aus in zahlreichen kurzen Aufenthalten in Kamerun und Ghana. Der Autor erzählt lebendig und mit interessanten Details von seinem Lernen, seinen Erlebnissen, seiner vielseitigen Arbeit, seinen reichen Erfahrungen und Begegnungen. Sein Interesse für die fremde Kultur wirkt ansteckend. Stöckle beweist Respekt vor der Religion und den Bräuchen der animistischen und muslimischen Volksgruppen. Zugleich berichtet er von seinem unermüdlichen Bemühen, Muslimen Gott als den Vater zu bezeugen und Animisten Jesus Christus als den zu zeigen, der alle Geistermächte besiegt hat. In Deutschland trägt er den Missionsgedanken in die Gemeinden und arbeitet aktiv daran, durch gegenseitige Besuche eine Brücke zwischen afrikanischer und europäischer Kirche zu bauen. Das Buch ist reich bebildert. Die letzte Episode stammt von 1964. Ein kurzer Rückblick und biographische Hinweise bilden den Schluß des Buches. Es wäre interessant gewesen, mehr von der weiteren inneren Entwicklung der Kirchen in West-Kamerun und in Ghana zu erfahren. - Ein lesenswertes Buch für Missionare und Missionsinteressierte. Hanna Weiberle, em 1998-4. |
Stolle, Volker. Wer seine Hand an den Pflug legt. Die
missionarische Wirksamkeit der selbständigen
evangelisch-lutherischen Kirchen in Deutschland im 19. Jahrhundert. Oberursel/Gross-Oesingen,
1992. Zum 100jährigen Jubiläum der Bleckmarer Mission legt der Oberurseler Professor V. Stolle eine nur von außen schmal wirkende Abhandlung über die Mission der luth. Freikirchen im 19. Jahrhundert vor. Interessant ist sein Ansatz, gleichermaßen historische Abläufe und theologische Denkstrukturen sowie deren gegenseitige Beeinflussung darzustellen. Stolle mißt verschiedene missionstheologi sehe Konzepte an einer lutherischen Worttheologie und dem Modell der „Integration von Kirche und Mission“ und gelangt so zu einer kritischen Perspektive, die keineswegs nur Rückblick ist. Kritisiert werden insbesondere eine überzogene (konfessionelle) Rückbindung des Missionars an die „sendende Kirche“ und eine ethische oder geschichtstheologische Begründung von Mission. Schwierigkeiten beim Lesen bereitet leider die Komplexität des historischen Stoffes. Hier wäre eine kurze, übersichtliche Einführung in die Entstehung der Freikirchen und in die Mission im 19. Jahrhundert hilfreich gewesen. Ohne eine solche zerfallen die vielen exakt recherchierten Einzeldaten und die in langen Fußnoten beigegebenen Zitate leicht in Bruchstücke. Auch kann die ausschließliche Beschränkung auf selbständige Kirchen zu verzerrenden Ausschnitten führen. Hinsichtlich des Materialreichtums und der theologischen Denkanstöße halte ich das Buch für empfehlenswert. Christian Weber, em 1993-1. |
Stone,
Frank A. Academies
for Anatolia: A Study of the Rationale, Program and Impact of the Educational
Institutions Sponsored by the American Board in Turkey, 1830-2005. Frank
Stone war Professor für „International Education“ an der University of In den ersten vier Kapiteln des Buchs wird zunächst das Umfeld und die frühe Entstehungsgeschichte der Schularbeit des American Board in Anatolien behandelt. Dabei wird nicht nur das anatolische Umfeld der Schulen unter die Lupe genommen, sondern auch das Heimatumfeld der Missionare. Stone zeigt auf, wie stark die Schularbeit in der Anfangsphase beeinflusst war von der Herkunft der Missionare aus den erweckten reformierten Kreisen in den ländlichen Gebieten Neu-Englands: So brachten sie u.a. eine starke Betonung der praktischen Arbeit für die Charakterbildung mit sich, eine Sensibilisierung für die Freiheitsrechte aller Menschen, sowie ihre antikatholische Einstellung. Im zweiten Teil der Studie werden zahlreiche Einblicke in die einzelnen Schulgründungen in Anatolien gegeben. Aufgegliedert ist dieser Teil nach geographischen Gesichtspunkten in die drei Kapitel: Westtürkei, Zentraltürkei und Osttürkei. Ging es der Schularbeit zunächst darum, die alten orientalischen Kirchen zu beleben, bekam sie bald einen neuen Schwerpunk: Nach der Exkommunikation der mit dem Protestantismus sympathisierenden Armenier aus der Armenisch-Apostolischen Kirche, ging es ab 1846 hauptsächlich darum, die Ausbildung für die neu entstandene armenisch-evangelische Denomination zu gewährleisten. Im dritten Teil des Buches werden die sieben höheren Bildungsanstalten behandelt, die vom American Board in Aintab, Marash, Harput, Marsovan, Tarsus, Konya und Smyrna gegründet wurden. Die Initiative zur Gründung dieser Colleges ging auch von den einheimischen Christen selbst aus, unter denen ein deutliches Bewusstsein gewachsen war: „Wenn Menschen gute Christen sein sollen, gute Väter und Mütter und nützliche Mitglieder der Gesellschaft, müssen sie ausgebildet werden!“ Neben der Beschreibung der eigentlichen Schularbeit enthalten die einzelnen Kapitel eine Fülle von historischen und biographischen Details, wie etwa die interessante Geschichte der „Boston Rat Trap Factory“ in Bebek oder die Geschichte des „Caesarea Boys’ Club“, einer Art CVJM, der ab 1905 zeitweise von täglich bis zu 100 Jungen aus allen Bevölkerungsgruppen (Türken, Armenier, Griechen etc.) besucht wurde. Dabei weitet Frank Stone allerdings das Feld seiner Untersuchung nicht zu weit aus, so dass etwa die Evangelisationsarbeit oder die medizinische Arbeit des American Board weitgehend unberücksichtigt bleiben. Im vierten und letzten Teil wird schließlich ein Überblick gegeben über die geschichtliche Entwicklung der American-Board-Schulen in der türkischen Republik bis in das Jahr 2005 hinein. Der Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges und die weitgehende Vertreibung der verbliebenen Christen im Zuge der chaotischen Folgejahre bedeuteten einen klaren Schnitt in der Geschichte der Bildungsinstitutionen. Einige der Einrichtungen wurden in die Nachbarländer Griechenland, Syrien und in den Libanon verlegt (So können heute etwa noch die Amerikanische Universität und die Near East School of Theology in Beirut als Nachfolgeinstitutionen betrachtet werden). Da aber auch die türkische Republik dringend höhere Bildungseinrichtungen benötigte, wurden einige der Einrichtungen in der Türkei weitergeführt – allerdings unter sich ändernden Vorzeichen. Nun war es nicht mehr möglich in den Schulen zu evangelisieren und die Schulen kamen stärker unter staatliche Kontrolle. Bereits 1927 waren etwa nur noch ein Viertel der Schüler in den verbliebenen neuen Schulen Mitglieder einer christlichen Minderheit. Zunehmend war die Arbeit Kritik ausgesetzt – sowohl in der Türkei als auch in der amerikanischen Heimat. Die Notwendigkeit der Schulen begründete man nun damit, dass sie durch ihre Erziehung zur Demokratie befähigen würden: Man lerne dort Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen, konstruktive Problemlösungen zu finden und Vorurteile abzubauen. Stone sieht in dieser Schwerpunktverschiebung u.a. einen Einfluss des „Social Gospel“. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu weiterer Professionalisierung und Internationalisierung der Schulen. Die verbesserten amerikanisch-türkischen Beziehungen trugen in dieser Zeit zu einer besseren Akzeptanz der Schulen bei. Nachdem türkische Pädagogen mehr und mehr Verantwortung übernommen hatten, wurden schließlich die Schulen in die Trägerschaft einer türkischen NPO mit dem Namen Saglik ve Egitim Vakfi (Stiftung Gesundheit und Erziehung) übertragen. Die Leitung der Schulen lag nun endgültig nicht mehr bei Missionaren, sondern bei Leuten, die in internationaler Pädagogik ausgebildet waren und die oft keine engere Verbindung mehr zur United Church of Christ hatten. Stone widmet sich mit seiner Studie über die Bildungseinrichtungen des American Board in Anatolien einem wichtigen Kapitel der Missionsgeschichte des Nahen Ostens. Das Ausmaß der geleisteten Arbeit war enorm: Schon 1855 hatte man 44 Schulen in der Türkei gegründet, dazu neun kleine theologische Seminare. 1909 gab es 337 Schulen in der Türkei. Nicht zu Unrecht spricht Stone geradezu von einer „educational explosion in Anatolia“. Ohne Frage hat sich die Schularbeit des American Board in mehrerer Hinsicht große Verdienste erworben: Der gegenseitige Bezug von Gemeinde und Schule war in der Armenisch-Evangelischen Kirche von Anfang an sehr stark. Im Gefolge neu entstehender armenisch-evangelischer Gemeinden kam es immer zur Gründung neuer Schulen. Und die äußerst gute Ausbildung ihrer Mitglieder stärkte im Gegenzug die Armenisch-Evangelische Kirche. So ist es beachtlich, dass schon im Jahre 1872 bereits 82% der evangelischen Armenier lesen und schreiben konnten. Dass die evangelischen Armenier nach dem Ausschluss aus der Armenisch-Apostolischen Kirche durch das Anathema von 1846 überhaupt überleben konnten, hatte eine Ursache darin, dass sie darin geschult waren, unabhängig ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. In späterer Zeit dann war die gute Bildung auch für diejenigen ein großer Vorteil, die infolge des Armenischen Völkermordes zu Flüchtlingen geworden waren und sich in der Fremde eine neue Existenz aufbauen mussten. Auf diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass bis heute die Arbeit der Union der Armenisch-Evangelischen Kirchen im Nahen Osten stark von der Verbindung von Gemeinde und Bildung geprägt ist und dass man noch heute Mission primär als Lehrauftrag versteht. Die Geschichte dieser Schulen ist aber auch für die allgemeine osmanische und türkische Bildungsgeschichte von großer Bedeutung. Die Bildungsarbeit des American Board führten viele Innovationen in das osmanische Bildungswesen ein, die später von anderen Ausbildungsinstitutionen im Land übernommen wurden. So z. B. im Bereich der frühkindlichen Erziehung durch die Eröffnung der ersten Kindergärten im osmanischen Reich ab dem Jahr 1884 und die daraus resultierende Ausbildung von Kindergartenlehrerinnen, sowie durch die Eröffnung der ersten öffentlichen Kinderspielplätze. Im Bereich der Frauenbildung leistete man ebenfalls Pionierarbeit – so ist es kein Zufall, dass sowohl die erste ausgebildete Krankenschwester osmanischer Herkunft als auch die erste Ärztin aus den Institutionen des American Board stammten. Auch in der Sonderpädagogik für Blinde und Taube und in Bezug auf handwerkliche und landwirtschaftliche Ausbildung waren die Missionsschulen Vorreiter im türkischen Bildungssystem. Außerdem bekam ein beachtlicher Strom von einflussreichen Persönlichkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen der türkischen Gesellschaft seine Grundlagen in einer der amerikanischen Internatsschulen vermittelt. Aufgrund dieser großen Verdienste der untersuchten Schularbeit enthält das Buch von Frank Stone sowohl für Missiologen als auch für Pädagogen vielfältige interessante Informationen. Die Aussagen des Buches werden unterlegt mit zahlreichen Quellenhinweisen und Kommentaren in Fußnoten. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis, ein 13-seitiges Namens- und Begriffsregister und einige „Fragen zur Diskussion“ regen zu einer weiteren Beschäftigung mit den Themen der Studie an. Etliche Bilder und Zeichnungen lockern das Buch auf, leider lässt die Wiedergabequalität dieser Abbildungen jedoch zu wünschen übrig. Aus missiologischer Sicht ist die Entwicklung einer Frage in der Studie besonders spannend: Wie haben sich Zielsetzung und Arbeitsweise der Schulen verändert, inmitten des Spannungsfeldes von Änderungen im soziokulturellen Umfeld, sich ändernden staatlichen Vorgaben, ökonomischen und finanziellen Rahmenbedingungen, aber auch des eigenen Missionsverständnisses der Handelnden. So ist schwer vorstellbar, dass etwa die Gründergeneration der Missionsschulen sich mit einer Zielsetzung wie dem „Austausch von Überzeugungen und Einsichten“ (wie in jüngerer Zeit formuliert) zufrieden gegeben hätte. Dr. Andreas Baumann, em 2009-4. |
Strobl, Anna. Islam in Österreich. Eine religionssoziologische
Untersuchung. Peter
Lang: Frankfurt u. a., 1997. Anna Strobl entwirft in ihrer Dissertation ein umfassendes Bild des österreichischen Islam. Die beiden Schwerpunkte des Buches sind a) der Islam in Glauben und Leben der 300.000 Muslime in Österreich und b) die Reaktion der nachchristlich-säkularisierten Bevölkerung auf die muslimische Präsenz. Gleichzeitig möchte die Arbeit einen „Beitrag zur christlich-islamischen Ökumene leisten“ und durch sachliche Informationen zum „Abbau bestehender Spannungen und Ressentiments beitragen“ (15). Die sachlichen, breit angelegten und gründlich recherchierten Informationen, die außerordentlich dicht angeordnet sind, vermitteln ein abgerundetes Gesamtbild des österreichischen Islam, das zugleich von großer Tiefenschärfe gekennzeichnet ist. Sehr sachlich werden Themen wie Menschenrechte und Rolle der Frau in Islam und Christentum angegangen. Viele Grundlageninformationen zum Islam werden nebenher vermittelt, so daß das Buch nicht dazu verurteilt ist, nur von Insidern verstanden zu werden. Vielleicht hätten mehr Zwischenüberschriften oder ein Register die vielen im Text angeschnittenen Themen leichter auffindbar gemacht. – Auf jeden Fall ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, für die die religiöse Situation in Österreich von Interesse ist. Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-1. |
Sundermeier, Theo. Konvivenz und Differenz. Studien zu einer
verstehenden Missionswissenschaft. Erlangen: VELM, 1995. Anläßlich seines 60. Geburtstages am 12.8.1995 wurden diese missionstheologischen Studien Theo Sundermeiers von Volker Küster herausgegeben. Ihm ist auch das Schriftenverzeichnis des Jubilars und das Vorwort zu verdanken, das in sehr guter Weise zur Person hin- und in die Sache einführt. Will man nur einen Aufsatz herausgreifen, so ist es Sundermeiers „Plädoyer für eine verstehende Missionswissenschaft“. Er sieht sowohl ein heilsgeschichtliches Verständnis der Mission (d. h. Mission geschieht zwischen dem ersten und zweiten Kommen Jesu als kirchliche Aktivität) als auch ein Missionsverständnis im Sinne der ‚Missio Die’ (Mission als Sache Gottes zur Aufrichtung seines Schalom; die Kirche ist daran nur mitbeteiligt, nicht aber Subjekt) an ein Ende gekommen. Einen neuen Ansatz sieht S. in einem Missionsverständnis, das in Theorie und Praxis „Begegnung der Kirche mit den ihr Fremden“ (S.32) bedeutet. Kirche ist Kirche mit anderen, d. h. Kirche im Gegenüber und in der Begegnung mit Fremden, mit fremden Menschen, Kulturen und Theologien. Davon handelt vor allem der zweite Teil, der Zeugnis von Sundermeiers reichem, vor allem afrikanischen Erfahrungsschatz gibt. Als Fachtheologe wird man an der einen oder anderen Stelle Kritik anmelden. Nach neutestamentlichem Verständnis etwa wäre es doch wohl unvorstellbar, das Abendmahl für Nichtchristen zu öffnen. Ebendies möchte Sundermeier (S.102-112). Als Praktischer Theologe freue ich mich, in welchem Maß die Kategorie der Konvivenz für die Missionstheologie entdeckt wird. Nirgendwo wird vermerkt, daß sie aus der Liturgie stammt. Diese Kritik u. a. Nachfragen dürften durchaus im Sinne des Jubilars sein. Denn sich begegnen schließt ja sich befragen und sich in Frage stellen nicht aus, sondern gehört zur Konvivenz. Dr. Gerhard Maier, em 1996-3. |
Sundermeier, Theo. Mission – Geschenk der Freiheit. Bausteine
für eine Theologie der Mission. Frankfurt a. M: Verlag Otto Lembeck,
2005. Der Autor lebte jahrelang in Afrika und ist Professor em. der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg. Neben zahlreichen Arbeiten zur Hermeneutik und zur christlichen Kunst hat er missions- und religionswissenschaftliche Essays veröffentlicht. Der Ertrag seiner erfahrungsreichen und wissenschaftlichen Vielfalt ist in diesem Buch stark reflektiert, wie schon die Überschriften der Hauptteile erwarten lassen: „Zur Grundlegung der Mission“ (S.11-74); „Zur Praxis der Mission“ (75-192); „Mission im Dialog“ (193-294). Unter dem ersten Thema versucht der Verfasser zunächst den Titel des Buches biblisch zu begründen, systematisch einzuordnen und durch religionsgeschichtlich gewonnene Einsichten zu beleuchten. Davon ausgehend, dass das Wort „mission“ im angelsächsischen Sprachraum nicht so viel negative Rückwirkungen auslöst wie der Begriff „Mission“ im deutschsprachigen Bereich, verwendet er den Terminus „Freiheit“ als eigentlichen Kern der Mission. Damit hofft er, die Mission von den „negativen Reaktionen“ zu befreien und ihr „die Würde zurückzugeben, die ihr zukommt“ (S.13-14). Er versteht Mission nicht primär als Gehorsamsakt, der auf den sogenannten Missionsbefehl des auferstandenen Christus in Mt. 28,18-20 zurückgeführt wird, sondern vielmehr als „das Kirchesein“ der Jünger, das nach Mt. 5,13-14 in der „Gründungsurkunde der Kirche“ beruht. „Jesus spricht den Jüngern das Kirchesein zu. Es ist ein Geschenk“, und daher frei. „Die Jünger sind 'das Salz der Erde', sie sind 'das Licht der Welt'„ (S.17). In „Salz“ und „Licht“ sieht der Verfasser sowohl „die zentrifugale Dimension der Kirche“ als auch ihre „zentripetale Funktion“ versinnbildlicht (S.18,19). Wie Salz und Licht nur für andere da sind und zur Freiheit führen „so besteht Freiheit nur in Relation zum Anderen. Sie verwirklicht sich so, dass andere durch sie frei werden. Freiheit ist immer missionarisch“ (S.21). Demzufolge besteht das Herzstück der Mission mehr im Sein als im Tun. An diesem Punkt fordert der Verfasser Leserinnen und Leser auf, das Missionsverständnis als geschenkte Freiheit sorgfältig „durchzubuch-stabieren“ (S.21): Dabei spielen die unter schiedlichen Interpretationen des Missio dei-Begriffs in der heutigen Diskussion evange-likaler und ökumenischer Missionstheologie (S.31ff.), sowie „missionstheologische Aspekte“ der Moltmannschen „Theologie der Hoffnung“ (S.59-74) eine zentrale Rolle. Der zweite Teil des Buches ist dem praktischen Bereich gewidmet. Hier greift der Verfasser auf Texte und Referate zurück, die er sonstwo veröffentlicht oder vorgetragen hat. Ihre besondere Bedeutung liegt im inhaltlichen Charakter der einzelnen Gegenstände, die ein breites Spektrum abdecken, wie es Teilnehmer an Missionssymposien und ähnlichen Tagungen erwarten. Dazu gehören u.a. herausfordernde Themen wie „Verstehen und Übersetzen als Grundproblem missionarischer Existenz“ (S. 77-104); „Heil und Heilung“ (125-139); „Kulturelle Sensibilität und Kreuzestheologie“ (169-192). Im letzten Teil, „Mission im Dialog“, werden im Rahmen von Theologie und Religionsgeschichte aktuelle Themen wie „Das Christentum im Spiegel anderer Religionen“ (S. 195-227) und „Zusammenleben mit Menschen verschiedener Religionen und Kulturen“ (265-295) behandelt. Sundermeier schlussfolgert, dass „Mission, Dialog [und] Konvivenz“ zusammengehören, und dass der Dialog nur im Zusammenleben geschieht und missionarisches Zeugnis möglich ist (271). Wer bereit ist, Mission – Geschenk der Freiheit „durchzubuchstabieren“ kann Bausteine für eine Theologie der Mission entdecken. Prof. em. Dr. Dr. Hans Kasdorf, em 2007-3. |
T’ien
Ju K’ang. Peaks
of Faith. Protestant Mission in
Revolutionary China. Leiden: Brill, 1993. Hinter diesem Titel verbirgt sich eine brillante Studie über die Geschichte der protestantischen Mission unter sieben Völkern im Süden Chinas (Miao, Yi, Lahu, Wa, Lisu, Hani, Jingpo/ Karen). Den Rahmen dieser bis in die gegenwärtige Situation der dortigen Kirche reichenden Studie bildet eine Beschreibung der geographischen und geschichtlichen Situation der Völker Südchinas. In der gelungenen Kombination von zahlreichen konkreten Beispielen aus der Mission und ihrer Analyse anhand der ethnologischen, sozialen, politischen und geographischen Verhältnisse unter den Völkern in der Provinz Yünnan wird der Leser in den aufopfernden Dienst der Missionare und einheimischen Christen mit hineingenommen. Die genaue Analyse der Erfolge und Mißerfolge in den knapp 100 Jahren der Missionsgeschichte führten den Autor zu konkreten Anregungen für weitere evangelistische Bemühungen zum Aufbau der Kirche unter den Völkern Südchinas. Neben der offen anklingenden Freude über die Ausbreitung des Evangeliums dürfen aber auch die Warnungen des Autors nicht überhört werden. Anhand vieler historischer Beispiele wird sehr deutlich gezeigt, an welchen Punkten Gefahren für die Entwicklung der aufblühenden Kirchen lauern. Der Autor, Tien Ju-K’ang (Tian Jukang) gilt im In- und Ausland als einer der berühmtesten Gesellschaftswissenschaftler der Volksrepublik China. Er ist Professor für Geschichte und der Direktor der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften an der Fudan-Universität von Shanghai. Tiens genaue Kenntnisse der behandelten Völker, seine monatelangen Reisen durch die abgelegenen Regionen der Völker Südchinas, persönliche Erfahrungen mit den Christen in diesen Regionen und eine Fülle an hochwertigem chinesischen Material verarbeitet er unter starker innerer Beteiligung in dieser missiologischen Studie. Sie ist ein beachtenswertes Beispiel dafür, mit welcher Selbstverständlichkeit missiologische Forschungen bekennender Christen in der Volksrepublik China ihren Platz innerhalb der akademischen Gesellschaftswissenschaften gefunden haben. Eine klare Gliederung der vielen thematisch aufgebauten Kapitel, eine Fülle an Tabellen und Graphiken machen das Buch zu einem wertvollen Handbuch über die behandelten Völker. Die Ergebnisse von Tiens Analyse der Mission und Entwicklung der Kirche unter den Völkern Chinas sind aber durchaus auch auf andere Völker Südost- und Ostasiens zu übertragen. Daher sollte jeder Christ, der ein Anliegen oder eine Verantwortung für Ost- oder Südostasien hat, dieses Buch sehr genau studieren und diese einmalige Gelegenheit nutzen, Gedanken und Anregungen zur Mission aus der Sicht eines einheimischen Fachmannes zu erhalten. Stefan Müller, em 1995-4. |
Tang, Edmond und Jean Paul Wiest (Hg.). The Catholic Church in
Modern China. Perspectives. Maryknoll: Orbis, 1993. Durch eine jahrhundertelange isolierte Entwicklung der katholischen Kirche in China ist dort eine Form von Kirche entstanden, die mit dem, was im Westen als katholische Kirche bekannt ist, kaum noch etwas zu tun hat. Leider fehlt jedoch in diesem Sammelband von 17 Aufsätzen hochqualifizierter katholischer Chinaexperten und chinesischer Geistlicher eine grundlegende Aufklärung darüber, was „katholische Kirche“ in China bedeutet. Dafür gehen die Aufsätze sofort in eine Darstellung der römisch-katholischen Sicht zu den katholischen Kirchen in der Volksrepublik China über. Die drei Teile des Bandes behandeln die Entwicklung des Verhältnisses der katholischen Kirchen zum chinesischen Staat seit 1949, das Recht einer von der Autorität des Papstes unabhängigen, chinesisch-katholischen Kirche neben der papsttreuen römisch-katholischen Kirche und Zukunftsperspektiven für die katholische Kirche in China. Auf wissenschaftlich sehr hohem Niveau wird die alte Frage des Verhältnisses der römisch-katholischen Kirche zur papstfreien chinesisch-katholischen Kirche verhandelt. Dabei stehen die strukturellen und organisatorischen Entwicklungen der katholischen Gruppen in China im Mittelpunkt, ihre Theologie bleibt völlig außerhalb des Blickfeldes. Interessant sind im Zusammenhang dieses Sammelbandes dennoch einige Aufsätze, die sich mit der Inkulturation und den Chancen des spezifisch Chinesischen in der katholischen Kirche in China beschäftigen. Ihnen gelingt es, zumindest einige positiven Seiten der Entwicklung einer chinesisch-katholischen Kirche zu würdigen und damit das Spektrum der in diesem Buch vertretenen Positionen zu erweitern. Stefan Müller, em 1995-4. |
Tariq Ramadan. What I Believe. Oxford: Oxford
University Press, 2010. Der islamische Reformer Tariq Ramadan geht mit seinem Buch What I Believe in die Offensive. Als kurze Zusammenstellung führt es in seine Ideen ein (S.7). So kann der Leser sich mit Ramadans Gedanken vertraut machen kann (S.1). Er will zeigen, dass man ganz Muslim und ganz in der westliche Welt integriert sein kann (S.20). Nachdem er über Jahre Kritik von vielen Seiten einstecken musste (vgl. seine Zusammenstellung auf S.96-111) dreht er den Spieß explizit um. Der Vorwurf der Doppelzüngigkeit (doublespeak) wird kurzerhand als selektives Hören (double hearing; S. 4) zurückgegeben. Ramadan beginnt mit seiner persönlichen Geschichte, die ihn vom Schullehrer zum umstrittenen Intellektuellen führte (Early Years; S.8-16; A Muslim, and a ‚Controversial Intellectual; S.17-19). Überhaupt bindet er wiederholt eigene Erfahrungen in seine Argumentation ein (z.B. auch S. 119-121), was seinen Lebensweg und seine persönliche Betroffenheit zeigt. Er begreift sich als Brücke, als Mediator, zwischen zwei Welten (S.14), die beide mit Krisen, Zweifeln, Widersprüchen und Machtspielen zu kämpfen haben (S.16). Dies entfaltet er auf den folgenden 100 Seiten aus verschiedenen Perspektiven, indem er z.B. die Krisensituationen der Kulturen (S.24-29), die Fortschritte (S.51-55) oder die Herausforderungen des Projektes (S.56-61) skizziert oder zum Thema Frauen beispielhaft beschreibt (S.62-66). Ramadans Rolle bringt zwangsläufig Anfeindungen mit sich, und zwar von beiden Seiten. Viele Zeitgenossen begreifen ihn ausschließlich als Teil der einen oder der anderen Welt. Aus ihrer Sicht ist Ramadan dann natürlich ein Verräter, Heuchler oder die Speerspitze einer Verschwörung. Bei dieser Kritik spielt die Voraussetzung, dass diese beiden Welten grundsätzlich unvereinbar sind, auf beiden Seiten eine weichenstellende Rolle. Wie kann Ramadan auch versuchen etwas zu verbinden, was nicht verbunden werden kann oder darf?! Wenn man genauer hinschaut, kann man sich also nicht mehr sicher sein, ob Ramadan das Problem ist oder auf unübersehbare Probleme im Selbstverständnis seiner Leser hinweist. Wer den einen zu westlich und den anderen zu muslimisch ist, kommt seinem Ideal, eine Brücke zu sein, wohl recht nahe. Sicherlich sind viele Aspekte seines Brückenbauprojektes kritisch zu hinterfragen. Ramadan geht davon aus, dass beide Welten gemeinsame Werte haben, die einen gemeinsamen Weg möglich machen. Er plädiert in diesem Zusammenhang für Demut, Respekt und Konsequenz (S.22). Demut, dass keine Zivilisation oder Nation ein Monopol auf universelle Werte oder „das Gute“ hat. Respekt vor dem anderen in der Überzeugung, dass der andere uns bereichern kann. Konsequenz („consistency“), weil die Anwesenheit des anderen als Spiegel meine Widersprüche und Unzulänglichkeiten aufdeckt. Diese Konsequenz fordert Treue zu den eigenen Werten sowie die Bereitschaft zur Kritik und Selbstkritik. Dies ist für Ramadan selbstverständlich, denn Widersprüche und Mehrdeutigkeiten gibt es auf beiden Seiten reichlich (S.22-23). Doch wie reagieren Beteiligte auf diese Voraussetzung und auf diese Forderung? Zeigen die Reaktionen nicht, dass viele auf beiden Seite sich darauf nicht einlassen können oder wollen? Wie ernst ist Ramadan als muslimische Stimme zu nehmen, wenn er wenig Rückendeckung von Muslimen bekommt? Woher kommen diese (gemeinsamen) Werte? Für Muslime ist
es selbstverständlich, dass diese Werte religiös angebunden und
begründet sind. Alles andere würde für die Mehrheit von ihnen dem Abfall vom
Glauben gleichkommen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
verzichtet ganz bewusst auf eine religiöse Begründung. In der Entwicklung
der westlichen Welt in den letzten Jahrzehnten ist eine religiöse Anbindung
schon problematisch. Wie soll mit dieser grundlegenden Frage verfahren
werden? Soll es einfach pragmatisch gehandhabt werden? Nicht zuletzt
stehen dabei weichenstellende Fragen im Raum, ob primär von Menschenrechten oder menschlichen Pflichten zu sprechen ist. Oder die
Frage, welche Rolle das Individuum im Verhältnis zur Gemeinschaft hat.
Ramadans Argumentationslinie und explizite Aussagen (S.88) legen eine
hohe Wertschätzung und „Unabhängigkeit“ des Individuums nahe. Ist das für die Mehrheit der Muslime
akzeptabel? Ramadan weiß, dass er für die Verwirklichung seines Projektes nichts weniger als ein „neues Wir” benötigt: „A ‚We‘ that would bring together men and women, citizens of all religions – and those without religion – who would undertake together to resolve the contradictions of their society: the right to work, to housing, to respect, against racism and all forms of discrimination, all offenses against human dignity” (S.130). Muslime müssen dazu die Opfermentalität aufgeben, Verantwortung übernehmen und sich in die Gesellschaft einbringen. Dies sollte von westlichen Gesellschaften anerkannt und dazu ermutigt werden (S.70). Ein großes Projekt – aber findet Ramadan ausreichende Unterstützung auf beiden Seiten? Weil das Projekt so groß ist, legt er wohl so großen Wert auf die lokale Ebene. Eine Revolution von unten?! Aber diese Anfragen ändern nichts daran, dass Ramadan zum Nachdenken provoziert. Die Vielfalt und die Gegensätzlichkeit der Kritik an Ramadans Werk zeigen unzweifelhaft, dass er den einen oder anderen Nerv getroffen hat. Und dazu gehört sicherlich nicht zuletzt die Identitätskrise, mit der die westliche und die islamische Welt zu kämpfen haben. Auf der Suche nach der eigenen Identität oder deren Vergewisserung ist Abgrenzung vom Anderen ein einfacher und beliebter Weg. Beide Seiten verschließen dabei gerne die Augen vor unerwünschten Aspekten der Vergangenheit und Gegenwart. Deswegen liegt Ramadan sicherlich richtig, wenn er für einen gemeinsamen Weg eine Revolution des Selbstvertrauens und gegenseitiges Vertrauen fordert (S.29). Wenn ein friedliches Zusammenleben möglich sein soll, wird es wohl kaum anders gehen. Dr. Heiko Wenzel, em 2011-1 |
Taylor, William D., Antonia van der Meer, Reg Reimer. Sorrow and Blood – Christian Mission in Contexts of Suffering, Persecution and Martyrdom, Pasadena: William Carey Library, 2012. Es ist eine düstere Realität, dass in 64 Ländern der Erde heute Christen diskriminiert, unterdrückt, verfolgt, ja umgebracht werden. Darunter sind etliche große Länder, in denen 70 % der Weltbevölkerung leben, und 200 Millionen. Christen sind davon betroffen. Verfolgung ist somit keine seltene Randerscheinung, ein dunkler Alptraum aus längst vergangenen Zeiten, sondern bitterer Alltag von vielen. Christen sind sogar ganz besonders Verfolgung ausgesetzt: 75% aller religiös Verfolgter weltweit sind Christen (S. 3). Dies passt gar nicht in unser Bild von einer modernen, zivilisierten Welt, der Erwartung von Gesundheit, Erfolg und menschlichem Glück – und unserem Verständnis von Gottes Güte und Bewahren. Mit dieser bedrückenden Realität befasst sich der vorliegende Sammelband. Er enthält 75 Beiträge von 68 Autoren aus 22 Ländern; die Mehrheit kommt aus dem Globalen Süden und viele publizieren erstmals in Englisch. Ein faszinierendes Werk, das mit einigen einführenden Grundsatzartikeln beginnt: Christof Sauer und Thomas Schirrmacher zeigen die vielfältigen Ursachen für Christenverfolgung auf, die oft im erstaunlichen Wachstum der örtlichen Gemeinden, ihrem Engagement für Demokratie und Menschenrechte sowie gegen Korruption liegen, und in der engen Verbindung zwischen Nationalismus und Mehrheitsreligion. Oft wird das Evangelium auch als Religion des Westens, der Kolonialmächte angesehen – als fünfte Kolonne der US-Politik. Beram Kumar benennt einige kritische Bereiche in der Mission, die auch zu Verfolgung führen können, wenn etwa Kinder ohne Zustimmung ihrer Eltern evangelisiert werden, soziale Strukturen übergangen, konfrontativ gepredigt, mangelhaft kontextualisert oder besonders „kreativ“ verkündigt wird, so dass Zuhörer sich getäuscht fühlen. Auch das müssen wir selbstkritisch berücksichtigen. Reg Reimer erläutert die drei grundsätzlichen Reaktionen auf Verfolgung an NT-Beispielen: Flucht, geduldiges Ertragen und Inanspruchnahme der Rechte/politische Lobbyarbeit. Todd Johnson schätzt die Anzahl der christlichen Märtyrer in den verschiedenen Geschichtsepochen ab und kommt auf insgesamt 70 Millionen; Thomas Schirrmacher unterzieht diese Schätzwerte einer kritischen Analyse und vermutet erheblich geringere Zahlen. Charles Tieszen befasst sich mit der Definition von religiöser Verfolgung – in vielen Fällen liegen ethnische, wirtschaftliche oder persönliche Gründe vor – formuliert als Kriterium: würde die Person anders behandelt, wenn sie nur einer anderen Religion angehören würde? Im theologischen Teil bemerkt Bill Taylor, dass 99,4% der Bibeltexte aus oder in eine Situation von Unsicherheit, Gewalt, Exil geschrieben wurden. Rose Dowsett entfaltet eine Theologie des Leidens anhand der Lehre und des Leben Jesu sowie der frühen Kirche, Antonia van der Meer anhand der Evangelien und NT-Briefe. Wolfgang Häde und Glenn Penner beschreiben Verfolgung als ein zentrales Thema der ganzen Bibel. Marvin Newell betrachtet Mt 10, Margaretha Adiwardana 2.Kor 11 und 1.Petr 4 sowie Offenbarung. Isaiah Dau vergleicht die westliche und afrikanische Sicht von Bösem und Leiden. Miriam Adeney fragt, in welchem Umfang Biographien auch die dunklen Seiten einer Persönlichkeit beleuchten sollten. Grant LeMarquand und Femi Adeleye entlarven das Wohlstandsevangelium als Irrlehre. Weitere Beiträge erörtern, wie der Glaube durch Verfolgung reift (Ronald Boyd-MacMillan), betrachten die Themen Menschenrecht (Thomas Schirrmacher, Thomas L. Johnson), politische Lobbyarbeit für Verfolgte (Reg Reimer, Chris Seiple), empirische Forschung (Christof Sauer, Thomas Schirrmacher, Steve Moon) und Gebet für verfolgte Gemeinde (Mindy Belz, Faith J. McDonnell), wofür Yvonne C. Taylor eine Liturgie vorstellt. Einen Schwerpunkt bilden die Fallbeispiele aus der frühen Kirchengeschichte (Bill Taylor, Kelley Magill), aus der Türkei (Carlos Madrigal), aus Japan (How Chuang Chua), Russland (Mark Elliott, Johannes Reimer, Eugene Bakhmutsky), bewegende Erfahrungsberichte aus Korea (David Tai-Woong Lee), aus dem Orient (Andrew Edward), dem säkularen Westen (Janet Epp Buckingham), aus Angola (Antonia van der Meer), Ruanda (Antoine Rutayisire, Célestin Musekura), China (Bob Fu, Wright Doyle), Sri Lanka (Godfrey Yogarajah , Roshini Wickremesinhe), Indien (Richard Howell, Abhijit Nayak, Iris Paul), Vietnam (Reg Reimer, Dave Thompson), Iran (Maryam Rostampour, Marzieh Amirizadeh), Afghanistan (David Tai-Woong Lee, Steve Moon) sowie von brasilianischen (Antonia van der Meer) und nigerianischen Missionaren (Reuben Ezemadu). Missionsleiter berichten über ihren Umgang mit Krisen. Was bedeuten diese für die Vorbereitung und Betreuung von neuen Missionaren global (Rob Brynjolfson), aus Nigeria (Stephen Panya Baba) Kanada (Paul Estabrooks), Brasilien (Paulo Moreira Filho, Marcos Amado) und USA (Kent Parks)? Wie kann Seelsorge und Traumaverarbeitung angeboten werden (Laura Mae Gardner, Kyle Miller, Patricia Miersma)? Besonders wertvoll sind auch die Richtlinien für Besuche bei einheimischen Verfolgten und für deren Unterstützung sowie zum Krisenmanagement von Missionswerken. Diese muss sich jeder Missionar und Leiter zu Herzen nehmen. Die einzelnen Beiträge unterscheiden sich in Stil, Format und Tiefgang; oft findet sich jeweils ein Beitrag aus westlicher und südlicher Perspektive, doch sind diese Beiträge leider nicht zueinander in Beziehung gestellt. Einige Bibeltexte werden sehr häufig genannt und kurz ausgelegt, andere dafür gar nicht erwähnt. Hier hätten die Herausgeber etwas mehr Regie ausüben können. Jeder Beitrag schließt mit einigen Fragen zur persönlichen Reflektion, Literaturhinweisen sowie einem Gedicht, Zitat oder eindrücklichen Foto. Im Anhang findet sich eine umfassende Bibliographie, Buchbesprechungen, Links zu einschlägigen Websites und Member Care Ressourcen. Dort ist auch die Bad Urach-Erklärung zur Verfolgung abgedruckt. Das Buch ist Pflichtlektüre für alle Missionare und Missionsleiter – ja alle Christen, denn Nachfolge Jesu hat überall ihren Preis. Dr. Detlef Blöcher, em 2013-3. |
Tejirian, Eleanor H. und Simon, Reeva S. Conflict, Conquest, and Conversion. Two Thousand Years of Christian Missions in the Middle East. New York: Columbia University, 2012. Eleanor H. Tejirian (Forschungsassistentin) und Reeva S.
Simon (stellvertretende Direktorin) arbeiten beide am Middle East Institute
der Columbia University in 2000 Jahre auf weniger als 300 Seiten abzuhandeln ist sowohl Stärke als auch Schwäche des Buches. Es ist eine Stärke, weil die Autorinnen Entwicklungsstränge und Themen aufzeigen können, die Christen in dieser Region immer wieder beschäftigt haben. Ein solcher mit Längsschnitten operierender Ansatz scheint mir hilfreich zu sein, um die Tatsache besser verstehen und einordnen zu können, die im letzten Satz des Buches als Resümee erscheint: „Der Mittlere Osten ist mehr als je zuvor zur Islamischen Welt geworden“ (S. 207). Tejirian und Simon konzentrieren sich auf die geschichtliche Periode zwischen der „Ersten Großen Erweckung“ (David Brainerd, Jonathan Edwards) in den damals noch britischen nordamerikanischen Kolonien während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und dem nachfolgenden Start der protestantischen Missionsbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Autorinnen weisen jedoch zu Recht darauf hin, dass alle, die die Ankunft der ersten Missionare des „American Board of Commissioners for Foreign Missions“ in Izmir im Jahr 1820 als Beginn der christlichen Mission im Mittleren Osten betrachten, „die lange Geschichte der Beziehung zwischen dem, was wir heute als West und Ost betrachten, ignorieren“ (S. 68). Kapitel 1 behandelt „Die ersten tausend Jahre“ auf 24 Seiten (S. 1–24), beginnend mit der Mission der Apostel (im Mittleren Osten!) und reicht bis zum großen Schisma zwischen Ost- und Westkirche im Jahr 1054. Positiv fiel mir auf, wenigstens einige Bemerkungen (z. B. S. 17.21) über die oft vernachlässigten großartigen missionarischen Unternehmungen bis nach China durch die Nestorianer, die „Kirche des Ostens“, zu finden. Kapitel 2 (25–44) berichtet über die Begegnungen von Christen aus dem Westen mit dem Mittleren Osten durch Pilgerfahrten zu den „heiligen Orten“, durch die Kreuzzüge und die daran anschließende und nie gänzlich abbrechende katholische Präsenz in der Region. Kapitel 3 (44–68) lässt den Höhepunkt und den beginnenden Niedergang der Osmanischen Herrschaft Revue passieren, die katholischen Bemühungen, orientalische Christen in „volle Gemeinschaft mit Rom“ unter dem Supremat des Papstes zu bringen und das zögerliche Verhalten der verschiedenen aus der Reformation hervorgegangenen Strömungen in Bezug auf Mission im Mittleren Osten. Kapitel 4 (69–93) beschreibt den Beginn der neuen protestantischen Missionsbewegung und ihre Auswirkungen auf die Region. Kapitel 5 (94–114) und 6 (115–137) stellen die Missionare und ihre Arbeit in den Kontext europäischer Diplomatie und imperialistischer Ziele bis zum Ersten Weltkrieg. Kapitel 7 (138–166) versucht eine Zusammenfassung der „Errungenschaften und Folgen“ dieser Zeitperiode. Besonders gegen Ende dieses Zeitraums wurde innerhalb der Missionsbewegung diskutiert, ob die Bekehrung des Einzelnen oder die Umwandlung der Gesellschaft im Vordergrund stehen sollten. Dieses Kapitel geht auch auf die Rolle der Missionare bei der Entstehung und Entwicklung von Nationalgefühlen und Unabhängigkeitsbewegungen unter den christlichen Minderheiten ein. Kapitel 8 (167–186) zeigt, wie der Erste Weltkrieg eine Katastrophe für die einheimischen Christen darstellte und eine äußerst schwierige Herausforderung für die Missionare aus kriegführenden Nationen. Das abschließende Kapitel 9 zieht die Linien bis zur Gegenwart. Es zeigt, wie Teile der großen Kirchen (mainline churches) fast den Ruf zur Bekehrung abgeschafft haben. Die Autorinnen fügen jedoch hinzu: „die wirkliche Expansion weltweit hat in der evangelikalen und der pfingstkirchlichen Gemeinschaft stattgefunden“ (S. 206). Trotz dieser neuen missionarischen Bewegungen habe die christliche Bevölkerung im Mittleren Osten beständig abgenommen. Eine ausführliche Bibliografie und ein hilfreicher Index beschließen das Buch. Die Schwächen des Buches liegen, wie ich schon erwähnte, zum Teil auch in seiner Kürze. Natürlicherweise können Tejirian und Simon nicht in jedes Detail der aufgeworfenen Fragen gehen und müssen ihre Thesen weitgehend auf Sekundärquellen stützen. Die Beziehung zwischen der Missionsbewegung und Politik, Diplomatie sowie Kolonialismus ist von solcher Wichtigkeit, dass weitere tiefer schürfende Studien nötig erscheinen. An vielen Stellen wird der Einfluss von Prämillenarismus bzw. Postmillenarismus auf die Missionsbewegung behauptet (vgl. z. B. 72), ohne diesen schlüssig zu erklären. Die heutige Antimissionars-Kritik in Ländern des Mittleren Ostens (vgl. kurz 196 für Ägypten) und ihr Verhältnis zur Geschichte der Missionsbewegung ist ein weiteres Desideratum für Forschung. Nur am Rande sei bemerkt: Dort wo Tejirian und Simon über den Konflikt zwischen Jakobus und Paulus schreiben, scheinen sie sich auch eher auf Sekundärliteratur als auf den biblischen Text zu stützen. Insgesamt aber ist die Arbeit eine sehr wertvolle Quelle für ein besseres Verständnis von Mission im Mittleren Osten in ihrem historischen Kontext. Wolfgang Häde, em 2014-3. |
Teuffel, Jochen. Mission
als Namenszeugnis. Eine Ideologiekritik in Sachen Religion, Tübingen: Mohr Siebeck, 2009. Der Autor des vorliegenden Buches ist Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und war von 2002 bis 2008 Dozent für Systematische Theologie am Lutheran Theological Seminary in Hongkong. Ausgehend von gegenwärtiger und historischer Missionskritik (William Hocking, Pearl S. Buck) entfaltet Teuffel eine zeitgenössische Apologetik christlicher Mission, die eine hohe Achtung vor dem biblischen Text mit postmoderner Geschichts- und Religionskritik und lutherischen theologischen Perspektiven verbindet. Das Buch bietet drei thematische Schwerpunkte: eine kulturelle Apologetik der Mission, die den konstruktiven Beitrag christlicher Mission in der interkulturellen Begegnung aufzeigt (Kapitel 1 – 5), den Ansatz einer „Mission als Namenszeugnis“ (Kapitel 6 – 10) und Anstöße für die „Zukunft der missionalen Kirche“ in Deutschland (Kapitel 11). In seiner Apologetik christlicher Mission weist Teuffel auf die kulturell überholte Eurozentrik westlicher Missionskritik und die Selbstbestimmtheit asiatischer und afrikanischer Missionsbewegungen hin, „die auf ihre eigene Weise die christliche Botschaft weitertragen, ohne sich dabei um irgendwelche europäischen Vorbehalte in Sachen Mission zu kümmern.“ Menschen erlebten die Botschaft von der Erlösung und Sündenvergebung durch Christus als Befreiung aus existentiell erlebtem Unheil. Christliche Mission sei rezeptorbestimmt, d.h. die Aufnahmebereitschaft und Bedeutung der christlichen Botschaft im Kontext asiatischer oder afrikanischer Religion und Kultur lege nicht der Missionar, sondern die Empfängerkultur fest: „Was manchen Christen in Europa als Fundamentalismus erscheinen mag, ist … emanzipatorische Schriftlektüre in der eigenen Muttersprache.“ „Kulturelle Auswirkungen der Mission“, wie die Verschriftlichung von Stammessprachen, die Einführung von Schulen und Krankenhäusern sowie die Relativierung des Machismo durch lateinamerikanische Pfingstbewegungen seien von (meist marginalen) Volksgruppen oder Gesellschaftsschichten begrüßt und als befreiende Alternative zu dominanten religiös-kulturellen Einflüssen gewählt worden. Ethnische Gruppen seien in der Lage, für sich selbst zu entscheiden, ob eine „neue Heilsbotschaft lebensdienlich“ sei oder nicht. Umgekehrt könne christliche Mission zu grenzüberschreitender Solidarität beitragen. Gerade die „evangelikale Mission, die auf eine Rettung einzelner Menschen durch deren eigenes Christusbekenntnis aus ist, [führt] zu einer weltweiten Solidarität der Christusbekehrten“ und könne so vor Tribalismus bewahren. Seinen eigenen Ansatz einer „Mission als Namenszeugnis“ (Kap. 6-10) verbindet Teuffel mit einer postmodernen Kritik historisch-kritischer Standardpositionen akademischer Theologie. Teuffel definiert christliche Mission als „namensbestimmt“, „was nichts anderes heißt, als Jesus Christus mit eigenen Worten und Taten anderen gegenüber zu bezeugen, so dass diese durch den Namen Jesu IHM ihr Vertrauen schenken können.“ Dies begründet er mit der alttestamentlichen Gottesoffenbarung, die nicht einen allgemeinen Gottesbegriff zum Inhalt habe, sondern den konkreten Namen JHWH, der sich jeder religiösen Verallgemeinerung und Vereinnahmung verweigert. Offenbarung und Heil sind an den konkreten Namen und die konkrete Geschichte JHWHs und Jesu Christi gebunden. Von da aus entfaltet sich Mission dreifach (1) als kerygmatisches Namenszeugnis, (2) als diakonisches Namenszeugnis und (3) als „geschwisterliche Gemeinschaft, die ‚Kirche des Gottes‘“. Dadurch entfalle „die vermeintliche Dichotomie zwischen individueller Seelenrettung als evangelikaler Mission und gerechtigkeitsbezogener sozialer Aktion als konziliarem Ökumenismus“. Die historisch-kritische und religionsgeschichtliche Einebnung der Einzigartigkeit des JHWH-Namens und seines geschichtsmächtigen Handelns zu einem „endogenen Kulturprodukt“ als „eine lokale Berg- und Wettergottheit aus der Region nördlich des Golfes von Akaba“ in weiten Bereichen der alttestamentlichen Bibelwissenschaft kritisiert Teuffel als literarische „Fiktion“. Demgegenüber betont er das „Vergangensein der Vergangenheit“ und – mit der postmodernen Geschichtskritik Richard Rortys – die Unmöglichkeit einer objektiven historischen Forschung und Geschichtsschreibung. Erforderlich sei vielmehr eine „fides historica“, eine Glaubenslektüre, die „das Erzählgeschehen einfach gelten lässt.“ Die Idee einer historischen Welt oder einer erforschbaren Universalgeschichte sei zu verabschieden. Allein der „Schriftkanon“ könne Grundlage des Namenszeugnisses sein. Dieser (stellenweise wohl zu steilen) postmodernen Geschichtskritik folgt die theologische Kritik religiöser und interreligiöser Konzeptionen. Teuffel dekonstruiert die Universalidee „Religion“ als „neuprotestantische, antikirchliche Ideologie“, die weder dem Selbstverständnis des christlichen Glaubens noch den religiösen und kulturellen Wirklichkeiten der Völker gerecht werde. Lessings Nathan, der Weise sei „die literarische Fiktion eines kirchenentfremdeten ehemaligen Theologiestudenten aus der Oberlausitz“. Einen auf dieser Grundlage ideologisch verstandenen interreligiösen Dialog, der „keine Namensbindung, sondern die erfahrungsbezogene Ausformung einer allgemeinmenschlichen Religion“ als Grundlage habe, stellt er in Frage (womit er zumindest teilweise an der Vielfalt interreligiöser Dialogpraxis vorbei argumentieren dürfte, da Glaubensperspektive und menschliche Religionserfahrung sich kaum pauschal auseinander dividieren lassen). Die platonische Dialektik als Grundmethode mache einen solchen Dialog zu einem eigenen Sprachspiel, das die Namensbindung der jeweiligen Religionen hintergehe. Südliche Christen hätten dafür oft ein klares Gespür, da es „mit ‚Buddhisten‘ oder Muslimen … eben kein gemeinsames Namensspiel geben“ könne. Dies bedeutet jedoch keine Abwertung von „namensgebundene[n] Praktiken von Nichtchristen“, da die biblische Götterpolemik nicht an die Völker, sondern an das Volk Gottes gerichtet sei. Auch führe dies nicht zu Intoleranz, sondern zu einer vertieften Toleranz im Sinne einer theologia crucis: „Christen müssen daher ertragen, dass andere Menschen nicht den NAMEN für sich selbst anerkennen können.“ Die eigentliche Herausforderung sei nicht der Bau von Moscheen und Tempeln, die in „dieser Weltzeit“ ihren Platz hätten, sondern „dass Menschen egal welcher kulturellen Herkunft nicht den Namen anzurufen wissen“. Trotz der Wertschätzung evangelikaler Mission finden sich auch kritische Anfragen z.B. an Mission als „menschliches Seelenrettungsunternehmen“ oder an die „Bekehrung“ als die „eigene Entscheidung“ als Maß aller Dinge. Vor dem Hintergrund buddhistischer Höllenkonzepte und eines religiösen Denkens im Tun-Ergehens-Zusammenhang habe dies in Asien auch zur Gesetzlichkeit von deathbed conversions und „moralischer Regeltreue“ mit dem Ziel der Segnung durch Gott beigetragen. Dennoch könne nicht auf den Ruf zur Bekehrung verzichtet werden, da das NT kein anonymes Christsein kenne. Heil in Christus könne nur dem konkret an Christus Glaubenden zugesprochen werden, das eschatologische Heil bleibe jedoch Sache der „göttlichen Heilsökonomie“, da alleine Gott das Urteil zustehe. Abschließend (Kap. 11) skizziert Teuffel unter der Überschrift „Zukunft der missionalen Kirche“ Perspektiven christlicher Mission in der westlichen Kultur, die nicht unter Ausnutzung „geopolitische[r] Kalküle“ eine Re-Christianisierung des Abendlands zum Ziel haben könne, sondern aus der Versammlung der Gemeinde und „aus der liturgischen Christusanamnese …de[n] NAMEN anderen Menschen bezeugt.“ Dem Buch sind ein Bibelstellen- sowie ein Namens- und Sachregister beigefügt, eine Bibliographie fehlt leider, die bibliographischen Angaben finden sich verstreut in den Fußnoten. Fazit: Teuffel setzt spannende und kontroverse Akzente und rückt das christliche Bekenntnis als Zentralperspektive gegenüber philosophischen Konzepten neu ins Blickfeld. Ein lesenswertes Buch, das die missionstheologische Diskussion mit herausfordernden Thesen aus systematisch-theologischer und interkultureller Sicht an wichtigen Punkten vertieft und anregt. Friedemann Walldorf, em 2011-4. |
Thiede, Carsten Peter
(Hg.). Bibelübersetzung
zwischen Inkulturation und Manipulation. Symposion des Deutschen Instituts für Bildung und Wissen vom 2. bis 4.
Juni 1993 in Paderborn. Paderborn: Deutsches Institut für Bildung und Wissen
1993. Vorliegender Band versteht sich als ‚Beitrag zur Diskussion’, und das leistet er auch. Theologen, Linguisten und Altphilologen zweieinhalb Tage im Gespräch über Bibelübersetzung im allgemeinen und deren theoretische Grundlage im besonderen. Einleitend kommen neben den Theologen K. Haacker und H. Riesenfeld die Linguisten Th. Bearth, A. Findeisen und A. Holzhausen in Form von Arbeitspapieren zu Wort. Im Anschluß werden vier Gesprächsrunden als Tonbandnachschrift geboten. Es geht um die Frage der Inkulturation, also um das Problem, die jahrtausendealte von jüdischer Kultur geprägte Botschaft in andere Kulturen umzusetzen. Während die in der Feldarbeit stehenden Bibelübersetzer sich zum Fürsprecher der Zielgruppen machen, heben die Philologen im Gespäch immer wieder auf die Ausgangssprachen ab. Im Blick auf konkrete Übersetzungsprobleme im AT wie NT werden zahlreiche Einzelbeispiele erörtert. Zuletzt steht noch einmal die Diskussion um Nida/Taber im Mittelpunkt und die Überzeugung von der Notwendigkeit eines ‚Übersetzungspluralismus’. Das Buch zeigt, ohne es zu wollen, die noch immer tiefe Kluft zwischen Altphilologie und moderner Linguistik. Aber gerade darin liegt auch die Stärke. Ungeschminkt treffen die unterschiedlichen Ansätze aufeinander. Hier die vom Linguisten geforderte ‚pragmatische Äquivalenz’ als Kriterium einer guten Übersetzung und dort die sog. Intuition des Altphilologen. Hätte die ‚Missionssituation’ mehr im Mittelpunkt gestanden, bzw. die säkularisierte Gesellschaft, wären die (lediglich) mit Revisionen innerhalb des europäischen Sprachraums tätigen Altphilologen deutlicher herausgefordert gewesen, sich den brennenden Fragen der ‚cross-cultural-communication’ zu stellen. Nichtsdestotrotz: das Buch selbst ist eine wichtige Standortanalyse. Ralf Richter, em 1996-1. |
Thiessen, Elmer John. The Ethics
of Evangelism: A Philosophical Defense of Proselytizing and Persuasion.
Downers Grove, IL: IVP Academic, 2011. Durch meine Arbeit in den
evangelikalen Gemeinden in der Türkei musste ich mich schon oft mit den in
der türkischen Öffentlichkeit massiv erhobenen Vorwürfen, Missionsarbeit
arbeite mit „unethischen“ Methoden, auseinandersetzen. So erregte Thiessens
Buch leicht meine Aufmerksamkeit. Zwar spricht Thiessen in seiner „Ethik der
Evangelisation“ in erster Linie zu einem westlichen, postmodern
beeinflussten Publikum. Seine Monografie behandelt aber das Problem des
Proselytismus [Das englische „proselytizing“ ist im Deutschen nur
schwer wiederzugeben, weil das Verb „proselytieren“ im Deutschen quasi nicht
vorhanden ist. Ich übersetze mit dem Substantiv „Proselytismus“, um
wiederzugeben, dass Thiessen bewusst an einem eher negativ klingenden Wort
festhält.] auf einer generell philosophischen
Ebene. Daher finde ich es hilfreich auch dafür, zum tieferen Nachdenken über
die Frage nach ethisch begründeter christlicher Mission in einem
islamischen Kontext anzuregen. John Elmer Thiessen lehrte
36 Jahre lang Philosophie am Medicine
Hat College in der kanadischen Provinz Alberta. Seit seiner Emeritierung
im Jahr 2007 ist er nun als Dozent für Philosophie und Theologie an verschiedenen
Universitäten mehrerer Länder tätig. Selten habe ich ein Buch
gelesen, das so klar strukturiert ist wie The
Ethics of Evangelism. Bei jeder neuen Stufe seiner Argumentation gibt der
Autor ausdrücklich und nachvollziehbar Auskunft über seine Strategie.
Aufgrund der großen Klarheit seiner Argumentation ist es leicht, den Inhalt
des Buches kurz zusammenzufassen: In Teil I (S. 3-50) gibt
Thiessen einige grundlegende Begriffsdefinitionen und erklärt den
Hintergrund der Auseinandersetzung über Proselytismus. Teil II (53-129)
behandelt „Einwände gegen Proselytismus“, Teil III (133-153) liefert Gründe
für eine Verteidigung des Rechts auf Proselytismus. Bis zu diesem Punkt ist
es Thiessens ausdrückliches Ziel zu beweisen, dass Proselytismus (für die
Definition s.u.) nicht „an sich
falsch“ ist (53, Hervorhebung von Thiessen), wie manche Kritiker
vorauszusetzen scheinen (vgl. 19). Er glaubt, philosophisch gut begründet,
für ein Recht, ja sogar eine Pflicht, zum Proselytismus eintreten zu können. Nachdem Thiessen
festgestellt hat, dass Proselytismus nicht an sich unethisch ist, bemüht er
sich in Teil IV (157-211), Kriterien für eine Unterscheidung zwischen
ethischem und unethischem Proselytismus aufzustellen. Das Abschlusskapitel
(Teil V, 215-233) zielt auf die praktische Anwendung und bietet Vorschläge,
wie ethische Richtlinien für den Proselytismus auch durchgesetzt werden
können. Thiessen ist sich der
Tatsache bewusst, dass der Begriff „Proselytismus“ oft „in einem abwertenden
Sinne gebraucht wird, um evangelistisches Fehlverhalten zu bezeichnen“ (12, Hervorhebung durch Thiessen).
Er zieht es jedoch vor, das Wort „in einer neutralen Weise, die die
Möglichkeit für ethische und unethische Arten des Proselytismus zulässt“
(13) zu gebrauchen. Thiessen benutzt oft nahezu synonym „Beeinflussung/Überzeugungs-arbeit“
(persuasion) und definiert Proselytismus als „jede Aktivität, die versucht
zu einer Konversion zu führen“ (15). Zwar schreibt Thiessen vor allem über
religiösen Proselytismus und im noch engeren Sinne über christliche Mission,
wie schon der Buchtitel „Ethik der Evangelisation“ andeutet. Er lenkt aber
immer wieder die Aufmerksamkeit darauf, dass Proselytismus/Überzeugungsarbeit
„ein natürlicher Teil menschlicher Existenz“ (58) ist und außerdem auch
regelmäßig in säkularen Lebensbereichen, wie etwa in der Erziehung, der
Werbung oder der Politik angewandt wird. Im Wesentlichen richtet
Thiessen seine Ausführungen an zwei Gruppen von Adressaten. Zum einen
spricht er zu einem weiten Spektrum von Gegnern des religiösen
Proselytismus. Einige von ihnen argumentieren von einem postmodernen Hintergrund
her gegen jeglichen Wahrheitsanspruch, andere richten sich in ihrer Kritik
gegen vorgeblich falsche Methoden der Überzeugungsarbeit. Oft tun sie das, so
Thiessen, auf eine Weise, die nicht mehr viel Raum für „guten Proselytismus“
zu lassen scheint. Zum Zweiten richtet sich Thiessen an evangelikale
Christen, für die das Evangelisieren ein Wesensbestandteil ihres Glaubens
ist. Thiessen fühlt sich dieser Ausprägung des Christseins zugehörig, stellt
jedoch fest, dass Evangelikale „die Frage der Ethik der Evangelisation kaum
ernsthaft durchdenken“ (ix). Thiessen legt seinen
eigenen Standpunkt als Christ deutlich offen. Wenn er für das Recht zum
Proselytismus plädiert, so bemüht er sich jedoch um eine ethische
Grundlegung, die, so hofft er, auch von Menschen anderer oder keiner
religiösen Überzeugung akzeptiert werden kann. Beispielsweise geht der Autor
in seiner Argumentation vom christlichen Glauben aus, der die Würde des
Menschen darin begründet sieht, dass er im Bild Gottes geschaffen wurde (45).
Gleichzeitig baut er jedoch philosophisch auf Immanuel Kants säkulare
Version der Menschenwürde und zitiert zustimmend Hans Küng, der „Kants
kategorischen Imperativ im Wesentlichen als eine Modernisierung und
Säkularisierung der Goldnen Regel sieht“ (48). Neben Kant ist der von
Thiessen am häufigsten zitierte Gewährsmann Aristoteles, insbesondere seine
„Rhetorik“ (vgl. z. B. 186, 187, 208). Einige beachtenswerte Ergebnisse von
Thiessens Studie: Der Autor tritt sehr
überzeugend für das Recht des Menschen ein, anderen davon überzeugen zu
wollen, wovon man selbst überzeugt ist. Der Versuch, andere zu überzeugen,
ist für ihn Bestandteil der Menschenwürde, denn „Proselytismus schließt
wesenshaft eine Aussage zur eigenen Identität ein“ (145) und diese Abgrenzung
gehört zum Menschsein. Proselytismus im guten Sinne weist sogar darauf hin,
dass man die Würde dessen achtet, den man zu überzeugen sucht, indem man
seine Suche nach Wahrheit ernst nimmt. „Ich werde danach streben, die Suche
des anderen nach Wahrheit zu unterstützen“ (147). Der Versuch, falsche
Konzepte von Toleranz, bzw. Intoleranz zu entkräften (105-114) ist ein
weiterer Höhepunkt in der Argumentation des Autors. Thiessen listet sehr
differenziert Kriterien für ethische Evangelisation auf. Dazu gehören für
ihn z. B. die Achtung vor der Menschenwürde des anderen, der Verzicht auf
Zwang und Verführung und die wahrheitsgetreue Angabe von Gründen, die den
anderen in die Lage versetzen sollen, eine fundierte Entscheidung zu
treffen. Wer überzeugen will, soll demütig sein und das kulturelle Umfeld
dessen respektieren, den er zu überzeugen sucht. All diese und einige
weitere Kriterien (vgl. auch ihre kurze Zusammenfassung im Anhang 1, 234-237)
sollten weiter entwickelt und praktisch angewendet werden, und zwar besonders
von denen, die in der Evangelisierung tätig sind. Thiessen warnt dabei aber
(nach meiner Meinung zu Recht) vor einem rigoristischen und dann unrealistischen
Gebrauch dieser Kriterien. Das könnte nämlich leicht wieder zu einer vollständigen
Ablehnung des Proselytismus führen. So ist z. B. Wahrhaftigkeit beim
Überzeugen Bestandteil ethischen Verhaltens. Allerdings soll man, so Thiessen,
berücksichtigen, dass jeder bei der Darstellung seiner/ihrer Überzeugungen in
einem gewissen Maße selektiv vorgeht (188-190). Ähnlich gilt: Liebe gehört zu
den unbedingten Anforderungen für ethisches Evangelisieren; aber „unsere
Motivation ist niemals absolut rein“ (200). Thiessen fordert sehr
deutlich eine spezifischere Weiterentwicklung von Kriterien für ethisches
Evangelisieren innerhalb des Rahmens der jeweiligen Religion selbst
(219-223). Er warnt andererseits vor der Illusion, mit gesetzlichen und
staatlichen Mitteln die rigoros ausgelegte Idee von ethischem Proselytismus
durchsetzen zu können (226-230). Die Grenze zwischen ethisch und unethisch
kann nicht immer exakt definiert werden. Eine zu rigorose Anwendung ethischer
Maßstäbe könnte außerdem den Grundwert der Religionsfreiheit gefährden, zu
der eben auch das Recht auf Proselytismus gehört. Als Thiessen sein Buch
schrieb, war die gemeinsame Erklärung des Ökumenischen Rates der Kirchen,
des Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog und der Weltweiten
Evangelischen Allianz mit dem Titel „Das christliche Zeugnis in einer
multireligiösen Welt“ noch nicht veröffentlicht worden, auch wenn Thiessen erwähnt,
dass daran gearbeitet werde (247). Der Untertitel dieser Erklärung zu ethisch
verantworteter Evangelisierung, die 2011 erschien, schlägt allerdings den
gleichen Ton an wie Thiessen: „Empfehlungen für einen Verhaltenskodex“.
Ethische Maßstäbe für Evangelisationsmethodik sind notwendig in einer
Welt, in der Menschen unterschiedlichen Glaubens immer näher zusammenleben.
Um nicht gleichzeitig das Recht auf Proselytismus zu gefährden, ist es
jedoch ratsam, von „Empfehlungen“ zu sprechen. Zwei vorsichtige kritische
Anfragen habe ich an Thiessens Studie. Zum einen stellt sich die Frage, ob
die allgemeine Offenbarung, auf die ja Thiessen in seiner philosophischen
Argumentation aufbaut, umfassend genug und ob der Bezug auf Kant und
Aristoteles wirklich überzeugend genug ist, um zu einer weltweiten
Übereinkunft über Regeln für ethisch begründetes Evangelisieren zu kommen.
Thiessens „Glaube und Hoffnung, dass andere letztendlich auf Ideale, die
positiv und gut sind, reagieren werden“ (233) ist eine der mich weniger
überzeugenden Ansichten in diesem Buch. Zum Zweiten möchte ich aus
biblisch gegründeter theologischer Perspektive anmerken, dass in Thiessens
Buch die eschatologische Dringlichkeit, jeden zu Christus zu rufen, nicht in
die Betrachtungen einbezogen wird. Die Aufgabe der Christen, Menschen in
das Reich Gottes zu rufen, bevor der König wiederkommt, erfordert manchmal
möglicherweise prophetische Aufrufe, die sich nicht so leicht in das
einordnen lassen, was Außenstehende als wohlunterrichteten Austausch von
Ideen definieren würden. Allerdings war es ja auch nicht Thiessens Absicht,
eine biblische Theologie der Evangelisation zu schreiben. Ich bin allerdings davon
überzeugt, dass der Ruf nach einer „Ethik der Evangelisation“ nicht nur
deshalb notwendig ist, damit Menschen verschiedenen Glaubens in Frieden
zusammenleben, sondern dass eine solche Ethik ein Erfordernis dafür ist,
Jesus Christus in der Welt angemessen zu repräsentieren. Wolfgang
Häde, em 2015-3. |
Thomas, Norman E. (Hg.). Classic Texts in Mission and
World Christianity. Maryknoll: Orbis Books, 1995. Dieser Textband ist als Ergänzungsband (Reader’s Companion) zu David Boschs Missionstheologie „Transforming Mission“ gedacht. Ursprünglich wollte Bosch ein zweibändiges Werk mit etlichen historischen Quellen herausbringen. Da dies seitens der Verleger nicht möglich war, entschloß sich Norman E. Thomas zur Herausgabe eines eigenen Quellenbandes, der sich an der Kapiteleinteilung von Boschs Werk orientiert. Jedem Kapitel und jedem Dokument ist eine Einleitung des Herausgebers vorangestellt. Auszüge aus Dokumenten verschiedener ökumenischer Konferenzen und des Vaticanums II stehen neben Theologen der verschiedensten Strömungen. Auch evangelikale Stimmen sind berücksichtigt. Damit liegt eine eindrückliche Sammlung vor, die neben nordaltlantischen Autoren auch eine ganze Reihe von Theologen aus der südlichen Hemisphäre zu Wort kommen läßt. Jeder, der mit Boschs Missionstheologie arbeit, wird auch gern zu dieser Sammlung greifen, die eine gute „literarische Illustration“ zur Darstellung Boschs bietet. Ein Arbeitsbuch zur Missionsgeschichte und -theologie! Dr. Johannes Triebel, em 1999-4. |
Thomas, Norman. Readings in World Mission. London: SPCK, 1995. Hedlund, Roger E. Roots of the Great Debate in
Mission. Mission in Historical and Theological Perspective. Bangalore:
Theological Book, 19932. Bei beiden Büchern handelt es sich um Quellensammlungen. ‘Readings in Worldmission’ ist der ergänzende Band zu David J. Boschs missionstheologischem Monumentalwerk ‘Transforming Mission’. Das parallele Lesen beider Bücher bietet sich daher an. Neben historischen Texten von Diognet bis hin zu John R. Mott findet der Leser die wesentlichen Texte missionstheologischer Diskussion des 20. Jahrhunderts. Besonders hilfreich ist dabei die in Anlehnung an Bosch systematische Anordnung der Quellen nach Stichworten, z. B. ‘Mission als Kirche für andere’ oder ‘Mission als Evangelisation’. In Kombination mit ‘Transforming Mission’ erhält der Leser ein profundes Wissen über die missionstheologischen Entwicklungen von der Zeit Jesu bis zum Ende des 20. Jahrhunderts und Einblick in wesentliche Dokumente der verschiedenen Epochen. Für den deutschen Leser bemerkenswert ist die Berücksichtigung von reformatorischen und pietistischen Texten. Wer jedoch besonders nach evangelikalen Texten sucht, wird ein wenig enttäuscht sein. Hier bietet sich für das 20. Jahrhundert Hedlunds Buch als Ergänzung an. Von New York 1900 bis Canberra 1989 hat Hedlund die wichtigsten ökumenischen, katholischen, evangelikalen und charismatischen Dokumente und Veröffentlichungen zusammengestellt. Dabei geht Hedlunds Werk weit über eine einfache Quellensammlung hinaus, da er wichtige Zusatzinformationen über das Zustandekommen der Texte gibt. Damit erhält der Leser einen guten Einblick in die Abläufe der verschiedenen Konferenzen und Diskussionen. Hier und da wäre eine gründlichere theologische Auseinandersetzung hilfreich gewesen. Ob dies allerdings in der gebotenen Kürze zu leisten ist, ist zu bezweifeln. Die ausführliche Bibliographie bietet jedenfalls genug Anregungen zum Weiterstudium. Martin Reppenhagen, em 1997-4. |
Thompson,
T. Jack. Christianity
in Northern Malawi. Donald Fraser’s Missionary Methods and Ngoni Culture.
Leiden/New York/Köln: Brill, 1995. Malawi ist als ursprünglich presbyterianisch/reformiertes Missionsgebiet für den deutschsprachingen Raum als Missionsland weniger wichtig. Aber die Kirchengeschichte Malawis, eines Staates dessen heutige Grenzen (wenn nicht sogar seine politische Existenz) auf die Church of Scotland Mission (Blantyre Mission) zurückgeht, hat dem Missiologen zu Fragen der Missionsmethode und zu Fragen des Verhältnisses Kirche und Staat viel zu bieten, und sie ist auch – besonders von Schotten – gut erforscht worden. Jack Thompson’s Buch ist eine Frucht solcher Forschung. Es stellt einen der bedeutendsten frühen Missionare der Livingstonia Mission der Free Church of Scotland vor, der als einer der Pioniere unter den kriegerischen Ngoni im Norden Malawis arbeitete. Unter Frasers Leitung kam es um 1898 (bis etwa 1910) unter den Ngoni zu einer großen Erwekkung mit Versammlungen von Tausenden von Teilnehmern, die u. a. zu einer bedeutenden missionarischen Bewegung nach Zambia hinein führte. Die Erweckung knüpfte in vielen ihrer Formen an die traditionelle Kultur der Ngoni an, zB. hatten die großen „Conventions“ (88ff) manche Ähnlichkeit mit dem traditionellen Fest der Erstlingsfrüchte (incwala). Für die Missiologen besonders interessant bei dieser Erweckung sind die prägenden Kräfte der Keswick-Bewegung, deren Einfluß nicht nur auf die Glaubensmissionen, sondern auch auf die klassischen Missionen groß war. Das Buch kann dem Leser, der sich mit dem Verhältnis des Evangeliums zur afrikanischen Kultur beschäftigt, gute Anregungen bieten: Fraser ließ sich tief auf die Ngoni Kultur ein (1935 wurde er wie ein Häuptling im Viehkraal bestattet), verband dies mit der unkonventionellen Theologie der Heiligungsbewegung und blieb dabei noch ein richtiger Presbyterianer. Thompson leistet auch einen guten Beitrag zur Diskussion über das Verhältnis zwischen Kolonialismus und Mission. Die Livingstonia Mission begann in Malawi 1875, über zehn Jahre vor dem Beginn der britischen Kolonialherrschaft. Sie half den Ngoni auf der einen Seite, länger unabhängig zu bleiben, auf der anderen Seite ermöglichte sie, den Übergang zur Kolonialherrschaft (friedlich) zu bewältigen. Das Buch ist sehr gut lesbar und zeichnet sich durch sorgfältige Analyse und treffende Darstellung aus. Die Ausstattung entspricht dem Preis. Thompson schreibt, daß Frasers Frau, wie viele Missionarsfrauen ihrer Zeit, für ihre Arbeit viel zu wenig Anerkennung erhielten. Das ist wahr. Thompson selbst erwähnt Frau Dr. Agnes Fraser, „eine sehr fähige und eigenständige Frau“, nur viermal, und davon dreimal als Witwe! Dr. Klaus Fiedler, em 1996-4. |
Thune, Sabine. Ernst Jakob Christoffel: Ein Leben im
Dienst Jesu. Evangelium und Islam, Band 3. Nürnberg: Verlag für Theologie
und Religionswissenschaft (VTR), 2007. Die Serie „Evanglium und Islam“ möchte einen Beitrag leisten zur Erforschung der Begegnung zwischen biblischer Verkündigung und islamischem Glauben. Der nun erschienene Band 3 dieser Serie widmet sich der Person Ernst Jakob Christoffels. Bekannt sein dürfte er vor allem als Gründer der heutigen Christoffel-Blindenmission in Bensheim, einem der führenden Christlichen international tätigen Werke für Menschen mit Behinderungen. Während dieses Werk heute weithin bekannt ist, kennen vermutlich nur Wenige das missionarische Umfeld, aus dem heraus Ernst Jakob Christoffel seine Arbeit begonnen hat: Die deutschsprachige evangelische Armenierhilfe. Bis heute ist diese Bewegung in Deutschland in ihrer Bedeutung weder erkannt noch hinreichend gewürdigt worden, vor allem in ihrer Funktion als Vorbild für viele spätere Entwicklungen auf dem Gebiet international tätiger Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen. Was heute zu wenig bekannt ist: Auch auf diesem Gebiet waren die damals „Frommen im Lande“ wesentliche Vorkämpfer und Impulsgeber; denn es waren bewusste Christen, die damals als erste und mit dem größten Engagement auf die Armenier-Massaker in der Türkei, den „ersten Genozid des 20. Jahrhunderts“, reagierten. Die von Christoffel gegründete Christliche Blin-denmission im Orient (1908) kann deshalb ursprünglich als „jüngere Schwester“ neben Ernst Lohmanns Christlichem Hilfsbund im Orient (1896) und Johannes Lepsius Deutscher Orient-Mission (1895/1900) betrachtet werden. Gleichzeitig gehören diese Werke gewissermaßen als Untergruppe zu der größeren Gruppe der neuen deutschen „Orientmissionswerke“, die um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert entstanden sind (Evang. Karmelmission, SudanPionier-Mission u.a.). Auch diese Geschichte der deutschsprachigen evangelischen Missionsarbeit im Nahen Osten ist heute zu wenig bekannt. Wer weiß beispielsweise, dass in Malatia, der durch die grausame Ermordung dreier evangelischer Christen jetzt in der Missionswelt bekannt gewordenen Stadt in der Süd-Ost-Türkei, eine deutsche Hilfs- und Missionsstation existierte, an der auch schon damals deutsche Missionsmitarbeiter ihr Leben ließen (Christoffels Nichte Hildegard Schuler starb 1918 im Alter von 22 Jahren an Blutvergiftung). Sabine Thüne, die fast 20 Jahre als Bild-dokumentarin der Christoffel-Blindenmission arbeitete, bietet in der von ihr vorgelegten Arbeit eine Fülle von solchen Hintergrundinformationen. Zunächst stellt sie in sieben Kapiteln Leben und Wirken von Ernst Jakob Christoffel dar. Dabei wird deutlich, dass Ernst Jakob Christoffel in die vorderste Reihe der deutschen Missionspioniere gehört - nicht umsonst wurde ihm als erstem evangelischen Missionar das Bundesverdienstkreuz verliehen. Im Anschluss an jedes Kapitel finden sich zahlreiche Textanhänge, in denen bisher unveröffentlichte Briefe und Texte des Missionars, Auszüge aus gedruckten Publikationen der Blindenmission, aber auch zahlreiche Dokumente aus anderen Archiven und Abschnitte aus relevanter Sekundärliteratur zu finden sind; zudem sind jedem Kapitel noch einige interessante Bilddokumente beigegeben. An die sieben biographischen Kapitel schließen sich dann nochmals fünf thematische Kapitel an, etwa zum Thema „Blinde im Orient“ oder „Mission im Islam“. Ein Literatur- und Personenverzeichnis sowie eine Zeittafel runden das Buch ab. Außerdem ist dem Buch ein 17-seitiger Aufsatz von Dr. Christof Sauer in englischer Sprache beigegeben, der Leben und Wirken von Ernst Jakob Christoffel kurz zusammenfasst und auch einen Abschnitt über „Christoffels missiology and Christian mission among Muslims“ enthält. Somit bietet das Buch von Sabine Thüne beides: Sowohl einen guten, schnell überschaubaren und doch gründlichen Überblick über Leben und Werk von Ernst Jakob Christoffel, als auch vielfältige Zusatzinformationen (z.B. zu weiteren Mitarbeitern und Personen aus Christoffels Umfeld), Literaturhinweise und Quellenausschnitte, die zum Weiterforschen in diesem Themenumfeld anregen. Wenn das Werk auch nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen Forschungsarbeit für sich in Anspruch nimmt, so darf sein Wert für die missiologische Forschung nicht unterschätzt werden: Es könnte kaum eine bessere Grundlage und „Startrampe“ für eine akademische missiologische Forschungsarbeit über die Arbeit von Ernst Jakob Christoffel, sein Missionsverständnis oder etwa sein Verhältnis zum Islam (evtl. auch in Gegenüberstellung zu Johannes Lepsius oder Ernst Lohmann) geben, als diese gründliche Arbeit, die Sabine Thüne vorgelegt hat. So ist dem Werk nicht nur eine weite Verbreitung zu wünschen, sondern vor allem, dass es sich als Inspiration für weitere Forschungen in diesem Themenumfeld erweist. Dr. Andreas Baumann, em 2007-4. |
Tibi, Bassam. Im Schatten Allahs. Der Islam und die
Menschenrechte. München: R. Piper, 1996 (erw. Tb.ausgabe). Der international renommierte syrische Politikwissenschaftler Bassam Tibi hat hier ein bemerkenswertes Buch zum Thema ‚Islam und Menschenrechte’ vorgelegt. Selbst Muslim und Bürger zweier Welten tritt er für eine Weiterentwicklung des traditionellen Islam zu einem ‚Euro-Islam’ ein, da – so seine These – nur ein aufgeklärter, von der Institution Staat getrennt existierender Islam eine durchgängige Beachtung der Menschenrechte garantieren kann. Zwar haben die meisten islamischen Länder Menschenrechtserklärungen unterzeichnet, dulden oder betreiben jedoch gleichzeitig die Verurteilung und Tötung von Apostaten (vom Islam Abgefallenen). Überall dort nämlich, wo das islamische Gesetz (die sharia) Gültigkeit besitzt - sie sieht die Todesstrafe für Apostaten vor - werden automatisch Teile der Menschenrechtserklärungen zur Freiheit der Religionsausübung und Unantastbarkeit der Menschenwürde außer Kraft gesetzt. Nicht umsonst haben islamische Staaten daher stets betont, daß Menschenrechte nur insofern gewährt werden könnten, wie sie nicht die Bestimmungen der sharia berühren. Daher erkennt Tibi für den an der sharia orietierten Islam der meisten islamischen Länder keinerlei Möglichkeit, wirkliche Fortschritte in der Menschenrechtsfrage zu machen und beurteilt das Rechtsgutachten (fatwa) Khomeinis gegen Salman Rushdie als einen „Rückfall in die Steinzeit“ (S. 119). Nur durch eine – allerdings derzeit für ihn utopische – Reform des Islam hin zu einer Anerkennung von Werten, die nicht der sharia unterstehen, könnten diese Fortschritte s. E. erreicht werden. Bassam Tibi hält jedoch nicht nur der islamischen Welt ihre Unfähigkeit zu Demokratisierung und zum Garant von individuellen Rechten vor. Gleichermaßen kritisiert er das heuchlerische Schweigen Europas im Bosnien-Konflikt. Wenn das freiheitsgewohnte Europa nicht bereit ist, seine einstmals erkämpfte Demokratie und Freiheit zu verteidigen, so Bassam Tibi, wird es dem von Migranten und Flüchtlingen nach Europa importierten Fundamentalismus hilflos gegenüberstehen. – Ein mutiges, persönliches, engagiertes Buch, das trotz seiner zeitweisen Weitschweifigkeit dem interessierten Leser wertvolle Einblicke und Anstöße vermittelt. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-4. |
Timmer, Daniel C. A Gracious and
Compassionate God. Neue theologische Einsichten in das am ausgiebigsten kommentierte Buch des Alten Testaments zu gewinnen – darum bemüht sich der reformierte amerikanische Alttestamentler Daniel Timmer mit Erfolg, was sich vor allem methodisch begründet: Er arbeitet stark narrativ (Don Carson redet im Vorwort von close reading) bestürmt den Text mit Fragen nach Handlung, Charakteren, Aufbau und Erzählperspektiven. Er arbeitet stark kanonisch, scheut sich nicht vor Bezügen bis in das Neue Testament hinein („christozentrische Interpretation“). Und er arbeitet mit starkem zeitgeschichtlichem Interesse, fragt nach Texten der Umwelt und der politischen und religiösen Situation Ninives im achten Jahrhundert vor Christus. Bevor er die vier Kapitel des Buchs Jona sukzessive theologisch bearbeitet (man erwarte hier keine Vers-für-Vers-Exegese), geht er auf die Themen Mission, Bekehrung und Spiritualität ein. Hierbei wird nicht deutlich, wieso gerade dies die für ihn wichtigen Themen des Buchs sind (vgl. S. 19, 59, 135). Seine Definition von Mission lautet: „the transmission of testimony regarding God’s person and works of salvation and judgment, usually for the intended purpose of producing faith in his promises of salvation and judgment and conformity to his character and will“ (S. 39). Wichtiger dabei ist wohl, was diese Definition offen lässt: Ob die Initiative beim Zeugen liegt, ob Mission durch Wort oder Tat geschieht, durch einzelne oder eine Gemeinschaft, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, wie sehr der Zeuge Gott kennt, und inwiefern Verheißung eine Rolle spielt. Damit darf auch Jona ein „Missionar“ sein, und seine Botschaft zumindest indirekt missionarisch (S. 39-41). Timmer akzeptiert eine missionarische Funktion der Fremdvölkersprüche und der Psalmen. Seine Beobachtungen hier hätten durch eine Auseinandersetzung mit Richard Schultz, „‚Und sie verkünden meine Herrlichkeit unter den Nationen.‘ Mission im Alten Testament unter besonderer Berücksichtigung von Jesaja“, in: H. Kasdorf und F. Walldorf (Hg.), Werdet meine Zeugen. Weltmission im Horizont von Theologie und Geschichte, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, 1996, S. 33-53, deutlich vertieft werden können. Auf die theologische Problematik einer passiven Übersetzung des Nif‘al in Gen 12,3 vor allem im deutschsprachigen Raum geht er nicht ein (S. 34). Zur Frage der Bekehrung im Alten Testament zieht Timmer mit B.B. Warfield (1911) und John Murray recht betagte Quellen heran, hier wäre ein Einblick in die neuere Konversionsforschung, auch von humanwissenschaftlicher Seite her hilfreich gewesen, wie ihn etwa Philipp Enger, Die Adoptivkinder Abrahams, Frankfurt: Lang, 2006, S. 31-54 gewährt. Timmer nimmt die „Bekehrung“ Abrahams als Muster, um zwischen einem einfachen Glauben nach Hebr 11 in Gen 12, einem Glauben nach Röm 4 (an die Verheißung des Samens) in Gen 15, und einem Glauben nach Jak 2 (mit Werken) in Gen 22 zu unterscheiden. Bezüglich der Bekehrungen von Seeleuten und Assyrern im Buch Jona fällt ihm eine Einordnung jedoch schwer (S. 56). Aus dem zeitgeschichtlichen Kontext heraus vermutet er zudem, dass Ninive sich nicht vollständig bekehrt (S. 104). Timmer schließt sein Buch mit einem ausführlichen christozentrischen Rück- und Ausblick unter den Schwerpunkten Sünde, Gericht und Evangelium (einschließlich der Frage nach der Bedeutung des Heiligen Geistes). Eine große Stärke und gleichzeitig große Schwäche des Werks liegt in der 32-seitigen Bibliographie. Sie ist eine wahre Fundgrube für Literatursuche in den Bereichen Jona und Mission. Theologisch folgt Timmer hier Don Carson (zitiert gerne Themelios und die NSBT-Reihe), sowie reformierten Theologen bis hin zu Calvin selbst. In Fragen alttestamentlicher Mission bevorzugt er Köstenberger und O’Brien (2001), Eckhard Schnabel (2004, I. Teil, englische Ausgabe) und Chris Wright (2006). Zu Jona empfiehlt er Sasson, Stuart, Magonet, Trible, Wolff und Lux (S. 9). Timmer liest liberale deutsche Literatur, doch fehlen evangelikale deutsche Veröffentlichungen fast vollständig. Selbst Erich Scheurer (1996) und ein Großteil der durch ihn vorgestellten Beiträge bleiben so unberücksichtigt. Dieser Missstand wirft die Frage nach einer stärkeren internationalen Vernetzung auf, damit evangelikale Theologie nicht zu einer angloamerikanischen Einbahnstraße wird. Dr. Siegbert Riecker, em 2011-3. |
Tiplady,
Richard. Postmission,
World Mission by a Postmodern Generation. Carlisle, Cumbria: Paternoster Press, 2002. Viele junge Missionare fühlen sich in den traditionellen Missionswerken nicht wohl. Warum ist das so und wie müssten Missionswerke sich entwickeln, damit sie der jungen Generation entsprechen? Eine Gruppe von 17 Personen der Generation X (definiert durch die Geburt zwischen 1965-1980), aus fünf verschiedenen Nationen, alle betraut mit verantwortlichen Aufgaben in der Weltmission, ging dieser Frage nach. Sie trafen sich für fünf Tage im März 2001, zu gemeinsamer Anbetung, gegenseitigem Zuhören, herausfordernder Diskussion, Essen, Beten und gemeinsamem Erleben. Das Buch „Postmission“ ist ein Ergebnis dieses Projektes. Es fasst die wichtigsten Gedanken in einzelnen Artikeln zusammen und richtet sich sowohl an Missionsleiter also auch an junge Menschen der Generation X in traditionellen Missionswerken. Dabei zielt es zum einen darauf ab, Verständnis für die veränderte Weltsituation der Postmoderne und die Charakteristika der Generation X zu schaffen, zum anderen aber auch Anregungen zu geben, wie traditionelle Missionswerke verändert werden könnten, um den Anforderungen der neuen Zeit und den neuen Mitarbeitern (Generation X) besser zu entsprechen. Im ersten Teil wird darauf eingegangen, wie sich die Generation X versteht, bzw. wie sie wahrgenommen werden will. Besonders wird erklärt, was den Menschen dieser Generation in Missionswerken Schwierigkeiten macht. Einen prominenten Platz nimmt dabei die Diskussion der Leitungsstile ein. Im zweiten Teil des Buches behandeln die Autoren Anfragen der Postmoderne an bestehende Organisationsstrukturen. Im dritten Teil werden Ansätze aufgezeigt, die traditionelle Missionswerke auf ihrem Weg zu postmodernen Strukturen helfen sollen. Das Buch ist gespickt mit hilfreichen Anregungen: z.B. Gedanken zur Veränderung von Leitungsstilen in Missionswerken, die grundsätzlich Ermutigung zu viel mehr Kommunikation zwischen Missionsleitung und Mitarbeitern, die Hervorhebung der Wertschätzung von Mitarbeitern, die neu begründete Betonung des Mentoring usw. Dabei hat es aber auch eine sehr deutliche Botschaft: Entweder passen sich die Missionswerke den Gegebenheiten der neuen Zeit an oder sie werden für die postmoderne Welt und ihre postmodernen Missionskandidaten (Generation X und folgende) irrelevant sein. In seiner ganzen Aufmachung und Entstehung atmet „Postmission“ bereits postmoderne Luft. So lehnt sich die Bucheinteilung an Titel eines postmodernen Liedinterpreten an (REM, Michael Stripe). Der Inhalt des Buches wird von einem gleichberechtigten Autorenteam präsentiert. Die einzelnen Beiträge sind mal mehr, mal weniger durchzogen von der Kritik des Status Quo. Diese ist gepaart mit Frust, Zerbruch und Hoffnung auf Veränderung, um des Evangeliums für die postmoderne Welt willen. Man spürt den Autoren eine Leidenschaft und einen Willen nach vorne ab. Ihr Sendungsbewusstsein für die Menschen ihrer Zeit und der folgenden Generationen lässt sie mutig und selbstkritisch auf die traditionellen Missionswerke zugehen. Dieses Buch ist ein Muss für Kandidatensekretäre, Feldleiter und alle, die in Missionswerken leitende Verantwortung tragen und/ oder mit der neuen Generation Kontakt haben. Bei der Lektüre darf man sich jedoch nicht von den bereits erwähnten postmodernen Ausdrucksformen abhalten lassen, die vielen positiven Ansätze wahrzunehmen und die eigene Position hinterfragen zu lassen. Hans Walter Ritter, em 2003-4. |
Torjesen, Edvard P. A Study of
Fredrik Franson: The
Development and Impact of his Ecclesiology, Missiology and
Worldwide Evangelism. University Microfilms International, Ann Arbor, London, 1984. Er gründete mehr als
ein Dutzend Missionen und Kirchen in Amerika und Europa, davon drei im deutschsprachigen Raum, und alle existieren heute noch. Trotzdem gehört
Franson eher zu den großen Unbekannten der
Missionsgeschichte. Aus der
skandinavischen Erweckung kommend schloß sich Franson der
interdenominationellen Gemeinde Moodys in
Chicago an und begann seinen weltweiten evangelisti Überall war sein Dienst inter-denominationell, und doch leistete er einen wesentlichen Beitrag zum Thema der Ekkesiologie, das heute in den inter-denominationellen Missionen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Im deutschsprachigen Raum (S.370-393) beeinflußte Franson besonders die Freien evangelischen Gemeinden und die Gemeinschaftsbewegung (Allianz Mission Barmen, Deutscher Gemeinschaftsdiakonieverband, Schweizer Allianz Mission). Der Autor ist Missionar von TEAM (The Evangelical Alliance Mission) USA, zur Zeit Repräsentant von TEAM in Nordeuropa. (In Deutschland arbeiten TEAM und die DMG zusammen.) Das besprochene Buch ist das Ergebnis von 12 Jahren Arbeit, wovon 10 Jahre der Materialsammlung in ebensovielen Ländern gewidmet waren. Torjesens Sprachkenntnisse (nur Armenisch und Finnisch beherrscht er nicht!) ermöglichten ihm den Zugang zu den Primärquellen, auf denen seine Darstellung ausschließlich beruht. Das Buch ist eine ausgezeichnete Forschungsarbeit. So wie Torjesen es hier tat, müßten noch eine ganze Reihe von Themen evangelikaler Missionsgeschichte erfaßt werden. Klaus Fiedler, em 1986-1. |
Towery,
Britt. Christen in China. Oncken Wuppertal/Kassel
1987. Dieses Buch, ursprünglich 1986 in Hongkong erschienen als „The Churches of China: Taking Root Downward, Bearing Fruit Upward”, gibt in verschiedenen Kapiteln Einblicke in die Geschichte und Gegenwart der Kirche in China und will dazu beitragen, die Entwicklungen dort, die ja nicht nur die Missiologen sehr überrascht haben, verständlich zu machen. Und falls Sie einmal nach China reisen wollen, so finden Sie auf S. 140-166 auch die wichtigsten kirchlichen Adressen in den 29 Provinzen, Stadtgemeinden und autonomen Regionen Chinas. Em 1988-2. |
Troeger, Eberhard. Kreuz und Halbmond. Was Christen vom Islam
wissen sollten. Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, 1996. Der Leiter der Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten (EMO) Eberhard Troeger legt hier die stark überarbeitete und erweiterte Neuauflage seines 1981 veröffentlichten Buches „Islam im Aufbruch – Islam in der Krise?“ vor. Diese Neuauflage zielt nicht in erster Linie auf eine chronologische Darstellung der islamischen Geschichte oder auf eine systematische Darstellung der koranischen Dogmatik, obwohl diese Themen auch angesprochen werden. Vielmehr beleuchtet der Autor schlaglichtartig die islamische Vergangenheit und Gegenwart, sowie querschnittartig diejenigen Fragen, die die islamische Lebenswirklichkeit ausmachen wie z B. das Menschenbild des Islam, Frauen und Männer in der islamischen Welt, der Heilige Krieg oder die Ausbreitung des Islam. Dadurch wird dem Leser deutlich, daß „Islam“ eben nicht nur die bloße Zugehörigkeit zu einer Religion bedeutet, sondern Dogmatik, Ethik, Geschichte, Politik, Volksislam und Mystik zugleich umfaßt. Der Autor bleibt jedoch nicht bei der Darstellung des Islam stehen, sondern nimmt sachkundige Beurteilungen aus biblischer Sicht vor. Der Leser erhält damit zugleich Anknüpfungspunkte für die missionarische Begegnung mit Muslimen, wenn es etwa um die fehlende Heilsgewissheit im Islam oder die Ablehnung des Kreuzestodes Jesu und seines Erlösungshandelns im Islam geht. Leider sind in der Literaturliste aufgrund der ungewöhnlichen Anordnung gesuchte Titel nicht ganz leicht auffindbar: Die Titel sind nämlich nicht alphabetisch nach dem Nachnamen des Autors angeordnet, sondern nach dem jeweiligen Erscheinungsjahr des Buches. Hilfreich dagegen ist das ausführliche Register und dies insbesondere aufgrund der Querschnittstruktur des Buches. Das Buch ist unbedingte Pflichtlektüre für jeden Christen, der den Islam im In- und Ausland besser verstehen möchte. Dr. Christine Schirrmacher, em 1996-3. |
Tucker, Ruth A. Bis an die Enden der Erde:
Missionsgeschichte in Biographien. Metzingen: Ernst Franz Verlag, 1996. Ruth A. Tuckers Standardwerk zur Missionsgeschichte ‚From Jerusalem to Irian Jaya’, das 1994 in 17. Auflage erschien, liegt nun endlich auf Deutsch vor. Das Original beschreibt die Missionsgeschichte anhand von 100 Biographien von Missionaren und Missionsförderern von Paulus bis heute, wobei der Schwerpunkt beim 17. bis 20. Jahrhundert liegt. Karl Rennstich hat die deutsche Ausgabe bearbeitet und dazu leider ca. 40 Biographien gestrichen, wobei nicht zu erkennen ist, nach welchem Prinzip die Auswahl erfolgte. Stattdessen hat Rennstich das Werk um 15 Biographien meist deutschsprachiger Missionare ergänzt, wobei diese Ausarbeitungen qualitätsmäßig ausgezeichnet sind und meist weit mehr Fakten verarbeiten, als die oft erzählend dargebotenen Beiträge von Ruth Tucker selbst. Auch diese deutschen Biographien sind nicht vor allem repräsentativ ausgewählt, sondern entstammen meist dem Umfeld der Basler Mission, der Rennstich verbunden ist. Eine theologische Wertung der dargestellten Personen wird kaum vorgenommen, weswegen auch umstrittene Personen wie Paul Yonggi Cho, der zudem wohl kaum als Missionar einzustufen ist, aufgenommen wurden, wobei erstaunlicherweise Tucker wenige Seiten später in Bezug auf Korea, aber ohne Bezug auf Cho, vor einer „Schamanisierung des Christentums“ (S. 411-412) in Korea warnt. Kurzum: ein wichtiges, weil konkurrenzloses Buch zur Missionsgeschichte, auch wenn die Auswahl der Missionare verbesserungswürdig ist. Ein von Christof Sauer erarbeitetes kommentiertes ausführliches Literaturverzeichnis ist für jeden, der sich für Missionsgeschichte interessiert, ein ausgezeichneter Einstieg in die große Flut der Literatur zum Thema. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-1. |
Tucker, Ruth A. From Jerusalem to Irian Jaya. Academic Books, Zondervan Publishing House, Grand Rapids (Michigan), 1983. In 5 Teilen und auf
knapp 500 Seiten umreißt die Autorin ihr Anliegen einer ,,2000 Jahre langen Fortsetzung der Apostelgeschichte“. Die fünf Teile sind betitelt: Das
unwiderstehliche Vordringen (Römerreich, Christianisierung, Herrnhuter
Brüdergemeine, frühe Mission unter Indianern
Nordamerikas). Das „große
Jahrhundert“ (Mission im 19. Jhdt.: Südliches Asien, Schwarzafrika,
Fernost, Pazifik). Das zunehmende
Engagement (die ledige Missionarin, die „Studenten-Freiwilligen“, die Glaubensmissionen). Der
Ruf nach dem Spezialisten (Arzt, Bibelübersetzer, Radiotechniker, Pilot in der Mission). Der Drang zur Nationalisierung (Märtyrer im 20. Jhdt.,
Sendboten von Kirchen in der Dritten Welt,
neue Strategien). Es ist Ruth Tucker gelungen, die Fülle des Stoffs klar und gut überschaubar anzuordnen. Dies im besonderen dank ihrer Gabe,
die menschliche Seite des Missionsunternehmens in mancher fesselnden Darstellung hervorzuheben. Die eine Seite bleibt das Bewußtsein der heiligen Berufung durch den Herrn der Ernte; die andere Seite,
die in diesem Buch erfrischend realistisch zum Ausdruck kommt, ist der
Aspekt der Weitergabe des Evangeliums in
Raum und Zeit, in zahlreichen menschlichen (manchmal allzu menschlichen) Einzelzügen. Ein bedeutsamer Schwerpunkt in manchen der Lebensbilder ist die Dimension der Ehe und der Familie, die oft ergreifend und manchmal
erschütternd angesprochen
wird. Als Frau hat Ruth Tucker diesen in
den herkömmlichen Biographien
gerade der „großen“ Männer Gottes oft übergangenen Aspekt gebührend hervorgehoben. In manch einer feinen, bald humorvollen, bald ernsten Schilderung begegnen uns auch die Kämpfe und
die Siege der unverheirateten Dienerin Gottes.
Hier liegt zweifellos die besondere Stärke dieser Darstellung. Sprache
und Stil sind lebhaft
und zeitgemäß; das Buch ist auch Lesern, die sich auf ihr Schulenglisch verlassen müssen, gut
zugänglich. Susanne Mayer, em 1985-1 |
Tucker, Ruth A. und Walter L. Liefeid. Daughters of the Church, Women and Ministry from New Testament Times
to the Present. Academic Books, Zondervan
Publishing
House, Michigan. Von dem Volumen und der Aufstellung her eher ein Nachschlagewerk, entwickelt sich das Buch bald zur faszinierenden Lektüre, wobei die Autoren nicht vom feministischen Aspekt ausgehen, sondern bemüht sind, das biblische Verständnis der Frau hervorzuheben. Von der neutestamentlichen Zeit bis hin zur Gegenwart wird die durchaus bedeutsame Rolle der Frau in Kirchen- und Missionsgeschichte beschrieben. Die Bewertung der Frau im christlichen Dienst wurde bislang in den Hintergrund gestellt, obwohl die Nachforschungen deutlich machen, daß gerade Frauen eine Pionierstellung eingenommen haben. Diese Tatsache läßt die Autoren nicht nur die kulturellen Faktoren, sondern auch den Trend biblischer Exegese der verschiedenen Zeitabschnitte untersuchen, inwieweit sie die Rolle der Frau beeinflußten. Besonders die frühe Kirche besaß einen großen Reichtum an einflußreichen Frauen, deren Einsatz meistens unterschätzt und sehr oft unterdrückt wurde. Der Kampf um Anerkennung der Frau im Dienst der Kirche begleitet die Geschichte bis hin zu den Anfängen der Mission. Bedeutende Frauen wie Susanna Wesley, um nur eine von vielen zu erwähnen, spielten während der Erweckungsbewegungen im 18. und 19. Jahrhundert eine große Rolle, doch geschah ihr Einsatz meistens im Hintergrund, indem sie Gebetstreffen in ihren Häusern organisierten und persönlich evangelisierten. Nach Auffassung der damaligen Theologen hatte eine Frau in der Gemeinde immer noch zu schweigen. Trotzdem zeichnet sich das 19. Jahrhundert dadurch aus, das sich mehr Frauen die Freiheit nehmen, öffentlich zu predigen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, wurden sie jedoch von der damaligen Zeit als Sektierer betrachtet. Erst das weite Feld der Außenmission bot Frauen unvergleichliche Gegelenheiten zu erfüllendem Dienst, was nach Ansicht der Autoren selbst in den bedeutenden Missionsgeschichtswerken von Latourette und Neill kaum erwähnt und gewürdigt wird. Umso mehr bemühen sich Tucker und Liefeid, die Verdienste der Frauen in der Mission hervorzuheben, deren Tätigkeitsfeld von Evangelisation und Gemeindebau bis hin zur Bibelübersetzung und zum Unterricht an Theologischen Seminaren reicht. Bei dem Versuch, die
wichtigsten Frauen der
Missionsgeschichte zu erfassen, haben sich die Autoren offensichtlich nicht immer an Primärquellen gehalten. So wird
Priscilla Studd, um ein Beispiel zu nennen, neben Mary Livingstone als eine von vielen Missionarsfrauen erwähnt, deren Männer sie krank und untauglich in der Heimat zurückließen.
Was nicht berichtet wird, ist die Tatsache, daß CT. Studd seine Frau ermutigte, im Glauben vom Krankenlager aufzustehen, Auch leitende Frauen der Dritte-Welt-Kirchen finden Erwähnung als solche, die westliche Missionarinnen zum Vorbild hatten und in ihren Diensten wesentlich durch sie geprägt wurden. Nicht zuletzt werden Frauen der gegenwärtigen Zeit aufgeführt und in den Kontext der verschiedenen Strömungen mit ihren unterschiedlichen Ansichten gestellt. Ein Anhang mit theologisch hermeneutischen Erörterungen, dem Versuch einer Exegese zum Thema und der Frage nach Ordination und Autorität der Frau in der Gemeinde beschließt das Buch. Die Autoren beanspruchen nicht, die umfassende Geschichte der Frau in der Kirche erfaßt zu haben. Dennoch ist es ihnen durchaus gelungen, einen guten Gesamtüberblick zu geben. Christel Meyer, em 1990-1. |
Tworuschka, Monika und Udo. Kleines Lexikon Islam. Christen
begegnen Muslimen. Konstanz: Christliche Verlagsanstalt, 1992. Die Autoren, eine Islamwissenschaftlerin und ein Theologe, beklagen zu Recht die oberflächlichen und teilweise falschen Informationen der Medien über den Islam. So ist das Buch als Gegengewicht dazu gedacht, als Instrument des Dialogs, um Christen unter 121 Stichworten ein besseres und sympathischeresVerständnis des Islams zu vermitteln. Dennoch nehmen die Autoren hin und wieder Wertungen vor, die sich weniger gegen den Islam richten (Ausnahme: das Todesurteil über Salman Rushdie beurteilen sie als etwas „Ungeheuerliches“, S.17) als gegen das Christentum: So sind sie zum Beispiel der Ansicht, der christliche Fundamentalismus lehne pauschal die „Ergebnisse der modernen Wissenschaft“ in Technologie und Ökonomie ab (S.46/47). Ferner urteilen die Autoren, daß im Christentum im Zusammenhang mit der Lehre von der Erbsünde eine „parallel einhergehende(r) Verunglimpfung der Sexualität“ zu finden sei (S.91). Aussagen des Korans wie etwa die Anweisung an Ehemänner, ungehorsame Ehefrauen erst zurechtzuweisen und dann zu schlagen (Sure 4,34), werden unter dem Stichwort „Ehe“ dagegen nicht erwähnt. Eine Auswahl an Stichworten in einem Lexikon muß immer bis zu einem gewissen Grad willkürlich sein. Unklar bleibt etwa, warum nur wenigen Personen wie Gamal ad-Din al-Afgani ein Abschnitt gewidmet wurde, nicht jedoch großen und einflußreichen islamischen Denkern wie al-Ghazali oder at-Tabari. Einige Ausführungen scheinen angesichts der Brisanz der Themen etwas kurz gekommen zu sein wie etwa die Artikel „Glaubensbekenntnis“, „al-Azhar“ oder der Artikel „Muslimbrüder“, der nur 6 Zeilen umfaßt. Im letzten Fall hätte man etwa auf die Auseinandersetzung der Muslimbrüder mit Israel und die politische Bedeutung dieser Gruppe anhand der Ermordung Sadats 1981 durch den Muslimbruder Khalid al-Islambuli hinweisen können. Kleine Fehler lassen
sich in einem Lexikon wohl kaum vermeiden, ‚irtidat’ statt richtig ‚irtidad’ (S.17) könnte auch ein Druckfehler sein.
Die Prophetenenkel al-Hasan und al-Husain
wurden aber keinesfalls 661 „bei Kerbela … belagert und fanden
schließlich den Tod“ (S.19). Vielmehr
starb al-Hasan, der auf das Kalifat
661 verzichtet hatte und nach Medina gezogen war, dort zwischen 670 und 678,
während al-Husain 680 bei der
berühmten Schlacht von Kerbela den Tod fand. Ferner wird in der islamischen
Tradition üblicherweise nicht von Trotz der erwähnten Kritikpunkte bietet das „Kleine Lexikon Islam“ vergleichsweise umfassende, positiv wertende Informationen über den Islam, behandelt auch rare, sehr interessante Themen wie etwa ‚Abtreibung’, ‚Menschenbild’, ‚Menschenrechte’ oder verschiedene Feste des islamischen Kalenders. Es ist zur Information fraglos jedem auflagenstarken populärwissenschaftlichen Romanwerk über den Islam weit vorzuziehen. Christine Schirrmacher, em 1993-4. |
Übler, Hans
und F. Christian Trebing. Softwarekatalog
für Theologie, Kirche und Diakonie. Ein PC-Handbuch mit den
aktuellen Programmen. Wort im Bild,
Ringstr. 18a, D 6451 Hammersbach. Wer neue Computer-Software sucht, findet hier gute Erstinformation. Auch Missiologen kommen auf ihre Kosten
im Bereich Literaturverwaltung und
Textverarbeitung mit fremdsprachlichen Zeichen. Echt missiologische
Datenbanken wie „World Muslim Population Growth
1970-2000“ (Light of Life, Villach) oder kartographische Programme wie
die von Global Mapping International wurden freilich dort noch nicht gemeldet. Christof Sauer, em 1993-3. |
Ustorf, Werner. Christianized Africa – De-Christianized Europe? Missionary Inquiries into the Polycentric Epoch of Christian History. Amersbek bei Hamburg: Verl. an der Lottbek Jensen. Werner Ustorf, geb. in Hamburg, ist seit 1990 Professor für Missionswissenschaft an der University of Birmingham und am Selly Oak College. In seinem aus mehreren Studien zusammengesetzten Buch geht es um einen neuen missiologischen Ansatz in der sog. dritten Epoche des Christentums. Im ersten Teil beschreibt er in drei Studien afrikanische Ansätze zu einer christlichen Identität im Widerstreit mit der europäischen kulturellen Dominanz. Im zweiten doppelt so langen Teil entfaltet er in sechs Kapiteln bzw. Studien sein Programm für die westliche Christenheit: ausgehend von einem faktischen Pluralismus fordert er eine Transformation des bisherigen Missionsansatzes, der Kirche und schließlich der Welt zu sozialer Gerechtigkeit, gleichberechtigter und friedlicher Koexistenz der verschiedenen Kulturen und Wahrheitsfindung durch Diskurs. Damit liegt er im Trend ökumenischer Theologie, die hier in vielen lose miteinander verknüpften Einzelstudien in theoretisch-technischem Englisch ihren Ausdruck findet. Martin Sachs, em 1996-1. |
Verwer,
George. Out
of the comfort Zone - Grace, Vision, Action. Carlisle, Cumbria: OM Publishing, 2000. Suchen Sie ein Buch, das Menschen zu Mobilmachern für Weltmission macht? Hier ist eines. Im Stil, klassisch George Verwer, geschrieben nach seinen Predigtkassetten und daher lebendig, frisch und voller Herausforderung. George Verwer hat ein brennendes Herz und dieses Herz schüttet er dem Leser aus. Mission ist nicht ein Geschäft von Funktionären, sondern von dir und mir, von den Kleinen und Großen, von den „Gehern“ und „Sendern“, von den Spendern und Betern, von den Reichen und den Armen, von den Westlern und Nicht-Westlern… Alle haben Anteil an Gottes Mission. Alle sind berufen mitzuarbeiten. Alle sind von ihm eingeladen, seine Vision und seinen Auftrag mitzutragen. Doch gerade da ist oft das Problem: „Where two or three of the Lord’s people are gathering together, sooner or later there will be a mess“ (:xiii) (Übersetzung: Wo zwei oder drei Christen zusammen sind, da entsteht früher oder später „Chaos“). Das Buch soll helfen, auch noch im „Chaos“, mobil zu machen für den Auftrag des HERRN. Eindringlich geht George Verwer den einzelnen Herausforderungen der Mobilisation zur Weltmission nach. Was braucht einer, der andere für Weltmission mobil machen will? Zuallererst ein gnadenvolles Herz („Grace Awakening“), um mit all denen in Einheit zusammenzustehen, die Gott zu diesem Werk berufen hat. Danach eine Gottesbeziehung, die die Ziele Gottes reflektiert. Als Drittes die Bereitschaft voranzugehen, und Verwer zeigt welche Qualitäten für die Leiterschaft in der Mobililsation notwendig sind. Anschließend beschäftigt er sich in einem ganzen Kapitel mit den Aufgaben eines Mobilmachers für die Weltmission. Nach diesen Erörterungen widmet er sich drei grundsätzlichen Fragen: der oft gegeneinander ausgespielten Notwendigkeit für einheimische und ausländische Missionare, der Finanzierung der Weltmission und der Vision von AD2000 and Beyond 200.000 Missionare auszusenden. Ermutigend und inspirierend versteht es George Verwer die zentralen Punkte anzusprechen, die einen Menschen zu einem Mobilmacher für die Weltmission machen. Aus seiner reichen Erfahrung heraus bringt er oft entlarvend, aber immer demütig und liebevoll, Dinge auf den Punkt. Man darf von diesem Buch keine theologischen Ausführungen oder hohe akademische Abhandlungen erwarten. Aber es ist ein Buch von der Praxis für die Praxis. Es ist ein Buch zum selbst Lesen, aber auch zum Verschenken. Ein Buch, was nicht im Bücherschrank vermodern darf. Persönlich habe ich es bereits vielen jungen Menschen weitergeben und versucht mit ihnen darüber ins Gespräch zu kommen. (Die deutsche Fassung erschien 2001 bei Hänssler unter dem Titel „Mobil für Mission“.) Hans-Walter Ritter, em 2004-3. |
Vittoz, Robert. Jenseits der Wälder. Das abenteuerliche
Leben des Indianermissionars James Evans. Giessen: Brunnen Verlag, 4. Tb.auflage 1994. Die weißen Eroberer Kanadas trieben die Indianer zur Zeit von James Evans (1801-1846) immer weiter westwärts. Als Kind eines Einwanderers wurde Evans von einem Indianer entführt, aber aus Mitleid wieder freigelassen. Als Erwachsener suchte er diesen „edlen“ Indianer mit allen erdenklichen Mitteln, um ihm das rettende Evangelium zu sagen. Über seine Fahrten führte er ein Tagebuch. – Robert Vittoz hat aus verschiedenen Quellen die verlorengegangenen Aufzeichnungen möglichst authentisch wieder zusammengestellt. Der Leser lernt beide Rassen kennen, Weiße und Indianer. Unter beiden begegnen uns sowohl rohe und grausame als auch liebenswürdige Menschen. Vor allem ein Indianer, Hassel, der zum Glauben fand und für sein Volk starb, wird für James Evans zum gesuchten „edlen Indianer“ seiner Kindheit. Auch für Kinder ab etwa 10 Jahren zeigt das Buch einprägsam, wie falsch die heute verbreitete Vorstellung vom „edlen Indianer“ sind, denn es wird eindrücklich dargestellt, wie edel auch der verruchteste Mensch werden kann, wenn ihm nur jemand die Rettung durch Jesus nahebringt. Ein Buch, das Kindern und Erwachsenen in bester Erinnerung bleibt. Christof Sauer, em 1997-2. |
Vogt, Peter (Hg.). Zwischen Bekehrungseifer und
Philosemitismus: Texte zur Stellung des Pietismus zum Judentum. Kleine Texte
zum Pietismus 11, Leipzig: EVA, 2007. Diese Quellenausgabe enthält dreizehn Texte von elf Autoren, die das ganze Spektrum des kirchlichen und radikalen Pietismus repräsentieren. Dabei handelt es sich um Texte, die direkt an Juden gerichtet waren, um Bibelauslegungen, Auszüge aus Predigten und zwei Berichte von konkreten Begegnungen zwischen Pietisten und Juden (Callenberg, Mackinet). Sie umfassen den Zeitraum von 1695-1764. Vertreten sind H. Horch, J.W. Petersen (2 Texte), E.C. Hochmann von Hochenau, J. Tennhardt, Ph.J. Spener, J.H. Callenberg, G. Schulius, S. Lieberkühn (2 Texte), N. L. von Zinzendorf, B.D. Mackinet und F.C. Oetinger. Zur Auswahl der Texte schreibt Vogt: „Dabei benennen die Stichworte ‚Bekehrungseifer’ und ‚Philosemitismus’ die beiden grundlegenden Positionen, die in jeweils unterschiedlichen Graden dieses Verhältnis geprägt haben. Weithin begegnen wir dem Wunsch bzw. der Hoffnung, dass die Juden sich ‚bekehren’ und Christus als ihren Messias erkennen mögen. Demgegenüber findet sich zugleich die Bereitschaft, den besonderen Rang der Juden als auserwähltes Volk Gottes anzuerkennen und zu würdigen. Die spannungsreiche Konstellation, in der diese beiden religiös motivierten Anliegen stehen, zieht sich wie ein roter Faden durch alle ausgewählten Texte und markiert die Brisanz der Thematik“ (118). In der „29. Homilie über die Wundenlitanei“ von 1747 (66-70) bezieht sich etwa Zinzendorf auf Römer 11 und Joh.10,16. Schon vor der endzeitlichen Rettung Israels könne man beginnen, die Juden in die Kirche aufzunehmen („Wir wollen sie schon derweilen in unseren Stall nehmen,… bis man ihnen auch einen bauet“, 67), da sich der Heiland schon jetzt über die Erstlinge unter ihnen erbarmen, sie segnen und überzeugen kann. Die Juden werden das Zeichen des Menschensohns in den Wolken sehen und sich dadurch bekehren. Doch sollen ihnen jetzt schon die Zeichen des Gekreuzigten vor Augen gemalt werden („der mahlt seinen Heiland, seinen Schöpfer, seinen blutigen Gott und Marter-Lämmlein“, 69). Zinzendorf resümiert: „Das ist die Methode, wie der Heiland in diesen unseren Zeiten die ungläubigen und feindseligen Menschen … noch wird in seine Sache und Partie ziehen, daß sie werden im Geist erblikken den Platz, darein jene gestochen haben [vgl. Sach.12.10f; Joh.19.37; Offb.1.7], und werden in derselben Wunde ihren Herrn und ihren Gott erblikken, und alsdann wird der Heiland sagen: Nun … komm Israel nach dem Fleisch, komm zu deinen jüngeren Geschwistern, zu den jüngeren Schaafen, zu den Schaafen aus einem anderen Stall, damit eine Heerde und ein Hirte werde“ (70). Aus heutiger Sicht überrascht, dass Zinzendorf dabei mehrfach Juden und „Atheisten“ gleichsetzt („Wie werden die Juden überzeugt? Ins ganze so wie die Atheisten …“, 68). Von Spener stammen „Unmaßgebliche gedancken, wie es mit den jüden ihrer Bekehrung wegen, zu halten seye“ (1702, 38-50). Nach Spener sollen Juden geschützt und unter Christen leben dürfen („auch noch eher und mehr gelegenheit haben zu ihrer bekehrung“, 38). Sie sollen ihre Religion ausüben dürfen. Gottes Verheißungen an die Juden tragen bei, „mit gebet, sanfftmüthigem und gerechten bezeugen gegen sie, bey gelegenheit freundlichen zuspruch und kundmachung unser religion, sonderlich aber vorleuchtung mit heiligem Wandel und austruckung der lehr ihres Heilandes in ihrem lebenm, zu thun schuldig“ (39). Die Obrigkeit soll wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, die den Juden ein reguläres und legales Einkommen ermöglichen (in seinem ganzheitlichen Ansatz denkt Spener u.a. an Umsiedelungen in dünn besiedelte Gebiete, um Juden Ackerland zuweisen zu können). Ein Glaubenshindernis für Juden ist das „böse Leben der Christen“, insbesondere die öffentliche Entheiligung des Sonntags und der Umgang mit den Juden. Auch manche zwielichtigen Judenchristen seien ein Hindernis, überhaupt sei der Umgang mit den Judenchristen schwierig. Die Obrigkeit darf keinerlei Gewalt zur Bekehrung der Juden anwenden („durch keine gewaltsamen mittel … die bekehrung zu versuchen seye, als welcherlei Mittel aller art der Religion, sonderlich unserem Christenthum schnurstracks entgegen sind“, 43). Obwohl die Obrigkeit die regelmäßige Verkündigung des Evangeliums vor Juden zwar verordnen könne, lehnt Spener dies aus verschiedenen Gründen ab. Nach Mahnungen an die Pfarrer fordert Spener besondere Ausbildung in orientalischen Sprachen, damit man auch gelehrten Juden begegnen kann. Speners Ausführungen zeugen von Liebe zu den Juden und einem hohen Maß an Toleranz. Gleichzeitig zeigen sie das spannungs- und facettenreiche religiöse Miteinander von Christen und Juden in Europa vor der Aufklärung und dem Holocaust. Im Nachwort (118-23) führt Vogt gekonnt in die Thematik ein, nennt wichtige Sekundärliteratur und würdigt die Position des Pietismus. Gemeinsam ist den Texten „die Überzeugung, dass die Juden in Gottes Heilsplan noch eine besondere Rolle spielen werden und zuletzt ihre ursprüngliche Würde wiedererlangen. Aus dieser heilsgeschichtlichen Orientierung ergibt sich die für den Pietismus charakteristische Doppelposition: einerseits das dezidierte Interesse an der Judenbekehrung, anderseits jener Impuls von Respekt und Anerkennung, den man „als Philosemitismus des biblisch-chiliastischen Typs bezeichnen kann. Möglichkeiten und Grenzen des Gesprächs zwischen Pietisten und Juden waren damit vorgezeichnet“ (122). Zu den einzelnen Texten gibt es keine Einleitungen. Die Texte zeigen, dass dem Pietismus in der Geschichte der jüdisch-christlichen Beziehungen eine besondere Rolle zukommt. Im Vergleich zur der protestantischen Orthodoxie war der Pietismus stärker am Judentum interessiert und zur Begegnung bereit. Beweggründe seitens der Pietisten waren zum einen der Missionsgedanke (nicht umsonst gab es sogar eigene Liedsammlungen zur Judenmission!) als auch verschiedene heilsgeschichtliche Erwartungen. Die heutigen evangelikalen Positionen gegenüber dem Judentum, dem Staat Israel, zu der nach wie vor umstrittenen Judenmission und zur Heilsgeschichte haben hier ihre Wurzeln (vgl. D. L. Bock, M. Glaser, Hrsg., To the Jew First: The Case for Jewish Evangelism in Scripture and History; Grand Rapids: Kregel Academic & Professional, 2008). Mit ihrer Sicht der besonderen Rolle Israels haben die Pietisten Positionen vertreten, die erst im erneuerten Israelverständnis der letzten fünfzig Jahre (Theologie nach Auschwitz, jüdisch-christlicher Dialog, neue Verhältnisbestimmungen zwischen Israel und Kirche durch verschiedene Konfessionen) wieder thematisiert wurden. Prof. Dr. Christoph Stenschke, em 2009-2. |
Voigt, Karl Heinz. Die Heiligungsbewegung zwischen
Methodistischer Kirche und Landeskirchlicher Gemeinschaft: Die „Triumphreise“ von Robert
Pearshall Smith im Jahr 1875 und ihre Auswirkungen auf die zwischenkirchlichen
Beziehungen. TVG. Brunnen
Verlag: Gießen, 1996. Wie der Untertitel bereits erkennen läßt, geht es Karl Heinz Voigt darum, die Ereignisse der sogenannten „Triumphreise“ des amerikanischen Glasfabrikanten Robert Pearshall Smith durch Deutschland und die Schweiz nachzuzeichnen. Im zweiten Teil des Buches beschäftigt sich der methodistische Theologe dann u. a. mit der Frage, inwieweit sich die Heiligungsbewegung auf das Verhältnis der verschiedenen christlichen Kirchen und Gemeinschaften untereinander ausgewirkt hat. An einigen Stellen reichen die im zweiten Teil des Buches aufgeführten Belege nicht aus, um Voigts Rückschlüsse wirklich nachvollziehbar zu machen - so z. B. wenn der Eindruck vermittelt wird, die Organisation der Deutschen Gemeinschaftsbewegung sei wesentlich vorangetrieben worden durch die „Furcht vor einer weiteren Arbeit von Smith“, die „den methodistischen Gemeinden Auftrieb geben würde“ (S. 193). Einen Vorteil haben die manchmal ungenügend belegten Rückschlüsse Voigts jedoch: Sie reizen enorm dazu an, das Thema „Heiligungsbewegung“ weiter zu erforschen. Wer einen allgemeinen Überblick über die Heiligungsbewegung und ihre Fragestellungen („Biblische Heiligung“, „Geistestaufe“ usw.) sucht, wird ihn in diesem Buch nicht finden. Auch zum Thema „Heiligungsbewegung und Weltmission“ (so eine Überschrift S. 187) findet sich nichts wesentlich Neues. Wer sich jedoch speziell mit der Triumphreise von Smith auseinandersetzen möchte, wird an diesem Buch kaum vorbeikommen. Andreas Baumann, em 1998-4. |
Waack, Otto und Mitarbeiter. Indische Kirche und Indienmission I, Erlanger Monographien aus Mission und Ökumene 1994. Vieles, was indische Christen und wir heute gerne über handelnde Personen wissen wollten, wurde nie gefragt, gesammelt oder aufgeschrieben. Otto Waacks Buch über die Geschichte der indischen Partnerkirche und dem Breklumer Anteil der Jeypore Kirche von 1876-1914 ist hier dokumentiert. Es wurde höchste Zeit, die zugänglichen Bruchstücke zu sammeln und zu sichten. Der Autor nimmt ernst, daß zur Entstehung der Jeypore-Kirche zwei Kulturen und Traditionen beitrugen, von indischer wie von deutscher Seite. Orissa ist ein kleiner Staat im Nordosten des Subkontinents Indien, und die Jeypore-Kirche ist eine kleine lutherische Kirche unter den wenigen Christen in diesem Gebiet. Vieles in diesem Buch ist aus indischer Sicht geschrieben und vor allem für die einheimische Kirche als ihr Geschichtsbuch gedacht. Es ist eine in sehr viele Einzelheiten gehende und sehr intensive Forschungsarbeit, die anregt, auch anderen „jungen“ Kirchen in Asien, Afrika und Lateinamerika ihre Geschichte zu dokumentieren. Nach diesem umfangreichen Buch darf man gespannt sein, wie die Geschichte von 1915 bis heute weitergeht. Das soll in einem zweiten Band 1995 vorgelegt werden. Fritz H. Lamparter, em 1996-2. |
Wagner, C. Peter (Hg.):
Territoriale Mächte. Ebenen der strategischen Kampfführung.
Verlag Gottfried Bernard: Solingen, 1991. Die Besprechung erfolgt auf der Grundlage des englischen Originals: Territorial Spirits. Insight on Strategic-level Spiritual Warfare from Nineteen Christian Leaders. Sovereign Word: Chichester 1991. Die (nicht ganz fehlerfreie) deutsche Übersetzung ergänzt inzwischen auf Deutsch erschienene Titel und ist an einigen Stellen ausführlicher. Was ist missiologisch relevant an diesem Reader? Er stellt (auf dem Buchrücken) die Frage, ob Dämonen geographischen Gebieten zugeordnet sind. Da die Antwort duchgehend positiv ausfällt, geht es vielmehr darum, welche Konsequenz diese Beobachtung für christliche Missionsmethode und -strategie hat. Der Herausgeber C.P. Wagner, seit 21 Jahren Professor am Fuller Theological Seminary, Pasadena USA, hat in den letzten Jahren geistliche Kampfführung zu seinem Hauptthema gemacht. (Mitherausgeber von „Wrest-ling with Dark Angels“, Regal Books 1990, demnächst auch auf Deutsch bei G. Bernard, und Autor von „Warfare Prayer“, Monarch, 1992, dem ersten Titel einer Trilogie). Das ist es, nach seiner
Meinung, was der Heilige Geist in unserem Jahrzehnt den Ge Wagner hat nun seine Lesefrüchte zu diesem Thema zusammengetragen. Nur zwei Beiträge von neunzehn waren bisher unveröffentlicht. Die anderen sind überwiegend nach 1989 in den USA erstmals erschienen. Meist sind sie charismatischen Ursprungs. Von den drei Teilen des Buches ist der erste der Einführung und dem Überblick gewidmet. Hier sind die beiden eigenen Beiträge Wagners zu finden, sowie Auszüge von Timothy M. Warner (Trinity), Arthur Mathews (OMF) und Thomas B. White. Unter den
Erfahrungsberichten des zweiten Teils ragen die aus Zimbabwe, Zaire und Argentinien
heraus. Die anderen sechs Artikel jedoch, z.T. Nachdrucke aus der Zeitschrift
„Charisma & Christian Life“, machen diesen Teil zum schwächsten und oberflächlichsten des
ganzen Buches. Im dritten Teil folgen Beiträge auf wissen-schaftlich-missiologischer bzw. theologischer Ebene. Die Zusammenfassung einer unveröffentlichten Fuller-Seminararbeit von Vernon B. Sterk über „Territorialgeister und Evangelisation in feindlicher Umgebung“ untersucht, inwieweit Christenverfolgung im Missionskontext von Territorialgeistern verursacht ist. Der Autor verwertet dabei u.a. Missionserfahrung bei den Tzotzil-Stämmen in Mexiko. Der zweite missiologische Beitrag ist ein Auszug aus der Zeitschrift „Missiology“. Der mennonitische Anthropologe und UBS-Übersetzungsberater Jacob Loewen beschreibt unter der Überschrift: „Welchen Gott predigen Missionare?“, daß die meisten ländlichen und Stammes-Gesellschaften ihre Gottheiten als stammesmäßig, geographisch oder funktionell spezialisiert betrachten. Theologisch-biblischer Höhepunkt des ganzen Buches ist der Auszug „Principalities and Powers“ aus Michael Greens Buch „I believe in Satans Downfall“ (Grand Rapids 1981). Er wirkt zugleich spekulativen Tendenzen mancher Beiträge eindeutig entgegen: Die neutestamentlichen Autoren hatten kein Interesse daran, „Dämonologien“ zu erstellen, sondern wollten nur zeigen, daß diese feindlichen Mächte allesamt durch Jesus Christus entwaffnet worden sind (S. 181). Nicht weniger Niveau hat der Auszug aus O. Cullmanns Buch „Christus und die Zeit“ (engl. 1950) über „Die Unterwerfung der unsichtbaren Mächte“. Cullmann weist nach, daß im NT „Mächte und Gewalten“ nicht ausschließlich politische Herrscher bezeichnen, sondern häufig die Mächte der unsichtbaren Welt. Allerding überfordert der Stil akademischer Auseinandersetzung (mit Griechisch im Text) wohl die meisten Leser des populär zugeschnittenen Sammelbandes. Eine Gesamtwertung fällt schwer: Das beschriebene
Phänomen der territorialen Wirksamkeit von Geistern zu vernachlässigen oder gar zu leugnen, widerspräche biblischen Andeutungen,
missionarischer Erfahrung und anthropologischer
Erkenntnis. Das könnte die Wirksamkeit
von Missionaren einschränken. Andererseits
lassen sich bei einem Teil der Auch ist das Thema nicht gar so neu, wie mancher Autor denken macht. So vermutet Wagner zurecht, daß sich bei gründlicheren Nachforschungen Belege aus der gesamten Kirchengeschichte beibringen ließen. Wider die Traditionslosigkeit! Ein stärkeres Anknüpfen an die heilsgeschichtliche Missionstheologie, die auf Cullmann aufbaut, könnte sich gerade bei diesem Thema als äußerst fruchtbar erweisen. Fazit: Zwei Drittel dieses Buches sind nützlich zu lesen. Doch wird es wahrscheinlich (oder hoffentlich) bald von einem gründlicheren Buch eines einzelnen Autors abgelöst werden. Wünschenswert wäre, das Thema nicht so sehr zu isolieren und in den Vordergrund zu stellen (vgl. White S.65). Christof Sauer, em 1992-3. |
Wagner, Siegfried. Franz Delitzsch - Leben und Werk. Gießen: Brunnen 2. durchges. Aufl., 1991. Die vorliegende Arbeit wurde schon 1963 als Habilitationsschrift der Leipziger Theologischen Fakultät vorgelegt. Sie erschien, leicht überarbeitet, 1978 im Christian Kaiser Verlag, München. In der nun vorliegenden zweiten Auflage wurden einige Druckfehler korrigiert, die neueste Literatur nachgetragen und das Namensregister noch einmal sorgfältig durchgesehen. Das Werk gliedert sich in vier Teile: 1. Delitzschs Leben (15-206). 2. Wesen und Bedeutung des wissenschaftlichen
Lebenswerkes (207-429). 3. Schluß und Würdigung (430-445). 4. Bibliographie und Literaturverzeichnis (446-510). Das besondere Interesse Wagners gilt der wissenschaftlich-theologischen Leistung dieses einflußreichen alttestamentlichen Exegeten des 19. Jahrhunderts. Ein besonderes Gewicht liegt dabei auf dem Herausarbeiten der eigenständigen Position von Delitzsch im heftigen Streit um die historisch-kritische Auslegung der Heiligen Schrift. Wagners Versuch, das theologisch-exegetische Werk Delitzschs darzustellen, kann sicher als gelungen bezeichnet werden. Dies gilt mit gewissen Einschränkungen auch für den biographischen Teil des Werkes. Die Bedeutung von Delitzsch für die Theologie und Praxis der Judenmission scheint mir dagegen eindeutig zu kurz gekommen zu sein, obwohl Wagner zugesteht, daß sie ein wichtiger Bestandteil von Delitzschs Lebenswerk war. Er beschränkt sich hier fast völlig auf die Aufzählung seiner Aktivitäten in diesem Bereich. Ein gewisser Nachteil des Buches ist auch die relativ selbständige Behandlung der einzelnen Themen, die immer wieder zu Überschneidungen führt (etliche Zitate tauchen mehrfach auf), die einzelnen Teile des Werkes aber dennoch relativ unverbunden nebeneinander stehen läßt. Als Information über Franz Delitzsch, seine theologische Entwicklung und Bedeutung, sowie über die Geschichte der Theologie des 19. Jahrhunderts ist das Buch für Theologen und Studenten der Theologie lehrreich und interessant. Im Blick auf die Geschichte, Theologie und Bedeutung der Judenmission kommt es über erste, wenn auch gute und brauchbare Ansätze jedoch nicht hinaus. Hartmut Renz, em 1993-2. |
Wagner, William L. North American Protestant Missionaries in Western Europe: A Critical Appraisal. edition afem: mission academics 1, Bonn: VKW, 1993. Westeuropa, einst als „Wiege der modernen Missionsbewegung“ geachtet, gilt – spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges – im Bewußtsein vieler nordamerikanischer Christen als Missionsfeld. Doch statt von europäischen Kirchen mit offenen Armen empfangen zu werden, stoßen amerikanische Missionare in Europa nicht selten auf Skepsis und gelegentlich sogar auf offene Ablehnung. Das Überzeugtsein vom „American Way of Life“ gepaart mit einem mitunter ausgeprägten Sendungsbewußtsein trägt häufig zur Vertiefung des gegenseitigen Mißtrauens bei und verhindert so eine gedeihliche Zusammenarbeit in Evangelisation, Gemeindeaufbau oder theologischer Ausbildung. Der Amerikaner Bill Wagner, Professor für Missionstheologie an der Evangelischen Theologischen Fakultät in Heverlee/Belgien, geht in seiner von dem inzwischen verstorbenen Missiologen David Bosch angenommenen Dissertation den vielschichtigen Ursachen für die Spannungen zwischen nordamerikanischen Missionaren und westeuropäischen Kirchen nach. Als ausgewiesener Kenner Europas schöpft Wagner aus langjähriger Missionserfahrung als Beauftragter der Southern Baptists für Gemeindebau in Europa und Nahost. Durchweg einfühlsam und spürbar um ein ausgewogenes Urteil bemüht, stellt Wagner die Stärken und Schwächen nordamerikanischer Missionspraxis in (West-) Europa dar und geht dabei besonders auf jene theologischen Fragen ein, die in Europa und Nordamerika unterschiedlich verstanden oder anders akzentuiert werden. Mit bemerkenswerter Offenheit deckt er nicht nur Spannungsursachen auf, sondern bietet darüberhinaus stets auch Lösungsansätze und praktische Anregungen zur Entschärfung von Konflikten an. Das für eine Dissertation ungewöhnlich stark in den Vordergrund tretende geistlich praktische Anliegen dieses Buches macht sowohl seine besondere Stärke als auch seine wesentlichste Schwäche aus. Während sich der wissenschaftlich-kritische Leser an einer Reihe von Verallgemeinerungen stören und nicht selten Quellennachweise oder zumindest statistische Belege für pauschale Behauptungen und Beobachtungen vermissen wird, dürfte sich der nach konkreter Hilfestellung suchende Leser über das von nur wenigen Fußnoten unterbrochene Lesevergnügen freuen. Besonders zu empfehlen ist dieses in durchweg leicht verständlichem Englisch verfaßte Buch europäischen Pastoren und Missionaren, die mit Kollegen aus Nordamerika zusammenarbeiten und dabei um ein gutes Miteinander bemüht sind. Die Arbeit entstand in einer Zeit epochaler Umbrüche in Europa. Es wäre zu wünschen, daß die hier geschilderten Fehler in Osteuropa nicht wiederholt würden. Dem Verlag ist zu danken, daß er durch eine preiswerte Ausgabe die Voraussetzung für eine weite Verbreitung dieses Buches schuf. David Poysti, em 1995-2. |
Währisch-Oblau,
Claudia. The
Missionary Self-Perception of Pentecostal/ Charismatic Church Leaders from
the Global South in Europe: Bringing back the Gospel, Das vorliegende Buch ist die überarbeitete Fassung einer Heidelberger Dissertation von 2007. Es analysiert das Selbstverständnis der Pastoren pfingstlich-charismatischer Migrationskirchen aus Asien, Afrika und Lateinamerika in Deutschland, geht dabei aber auch auf die Integrations- und Zusammenarbeitsbemühungen der traditionellen einheimischen Kirchen ein. Dabei liegt der Fokus auf Deutschland, vor allem Nordrhein-Westfalen, es werden aber auch kurze Überblicke über die Situation in anderen europäischen Ländern (Holland, Frankreich, England, Italien) gegeben. Der Text ist vollständig auf Englisch verfasst, um eine Rezeption über Deutschland hinaus zu erleichtern. Die ersten beiden Kapitel erläutern die Methodik der Studie. Sie konzentriert sich auf die Auswertung von 24 ausführlichen und 80 kürzeren Interviews mit Pastoren und (zwei) Pastorinnen von Migrationskirchen. Die Studie ist eingebettet in die teilnehmende Beobachtung im Rahmen mehrjähriger persönlicher Kontakte mit den Gemeinden und ihren Leitern. Die Interpretation folgt einem konstruktivistischen Ansatz: Es geht darum, zu verstehen, wie die Migranten ihre Rolle als Pastoren und Missionare konstruieren, nicht ob diese Konstruktionen historisch zutreffend sind (S. 25). Im Gegensatz zu funktionalistischen Ansätzen der Religionsforschung, bei denen religiöse Verständnisse psychologisch oder soziologisch gedeutet werden und die die Autorin als reduktionistisch bewertet, möchte die Studie die religiösen Motivationen als solche ernst nehmen. Ein Ziel der Studie ist es, die gängige europäische Fremdsicht auf die Migranten als „Opfer“ aufgrund ihrer Selbstsicht als religiös selbstbestimmt Handelnde zu hinterfragen (S. 26-32). Konkreter Hintergrund der Studie ist das 1998 begonnene Kooperationsprogramm der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Migrationskirchen und traditionellen deutschen Kirchen. Die in diesem Zusammenhang erstellte Datenbank von 431 beteiligten Migrationskirchen diente als Basis der Untersuchung. Anhand ausführlich reflektierter Kriterien (S. 36-47) wird gezeigt, dass über Zweidrittel (S. 291) dieser Gemeinden dem pfingstlich-charismatischen Spektrum zuzurechnen sind. Schwieriger sei die Beschreibung im Blick auf die Herkunftsländer, da viele Gemeinden sich als „international“ bezeichnen (S. 48). Die größte Gruppe von Kirchen kommt aus dem afrikanischen Bereich, die zweitgrößte Gruppe aus Asien. Lateinamerikanische und nahöstliche Gemeinden stellen einen kleinen Anteil dar. Während die Kirchen mit afrikanischer Mehrheit meist multiethnisch zusammengesetzt sind, sind asiatischen Kirchen eher monokulturell (Sprache als Maßstab). Die Kapitel drei bis fünf thematisieren die inhaltlichen Schwerpunkte und Ergebnisse der Interviews. Das dritte Kapitel widmet sich der Selbstsicht der Missionare als Pastoren. Sie sehen sich als „Vater“, „Hirte“ und Vermittler zwischen Gemeinde und Gott („mediator“). Diese Autorität wird durch eine besonderen Ruf initiiert und durch ein vorbildliches und opferbereites geistliches Leben unterstrichen und erhalten. Das vierte Kapitel thematisiert den Auswanderungsprozess im Selbstverständnis der Migranten. Sie verstehen die Migration als Ausdruck, Vorbereitung oder Folge einer göttlichen Berufung. Hier durchbricht das Buch gelegentlich die rein konstruktivistische Beschreibung mit kritischen Einschätzungen. So wird beispielsweise kommentiert, dass das (erfahrungsgemäß schwierige) Erlangen eines Visums in der Interpretation der Migranten oft unrealistisch einfach dargestellt worden sei, um so den göttlichen Ruf zu unterstreichen (z.B. S. 181): „Das Problem dieses Ansatzes ist es, …, dass die allzu realen Probleme sozialer, politischer und ökonomischer Ungleichheiten eher ausgeblendet werden zugunsten einer spiritualisierten Interpretation der Situation.“ (S. 318, Übersetzung FW). Im fünften Kapitel geht es um das Missionsverständnis. Zunächst wird die Praxis beschrieben (Gebet, Straßenevangelisation, Traktate, Gospelkonzerte, soziale Projekte u.a.), dann die dahinterstehenden Konzepte herausgearbeitet. Dabei zeigte sich bei afrikanischen Pastoren teilweise eine „symbolic master map“ (S. 255), in der überraschenderweise eine quasi-koloniale Sicht vom christlichen Norden/Westen zum Ausdruck komme: „The old map still seems persistently dominant; it is only characterized as currently inaccurate“ (S. 269f). Europa wird aufgrund der missionarischen und kolonialen Vergangenheit als messianische Nation und Wohltäter Afrikas verstanden. Diese Rolle soll nun durch die reverse mission wieder hergestellt werden. Doch nicht alle Migranten teilen diese Sicht. Vor allem asiatische Leiter lehnen ein quasi-koloniales Europabild ab: „Indonesians have been called to be missionaries just as Europeans were, and colonial history does not establish any kind of divinely ordained European dominance” (S. 270). Währisch-Oblau zeigt auf, dass mit diesen Sichtweisen nicht nur die westliche postkolonial-kritische Lesart der Missionsgeschichte relativiert, sondern auch die gesellschaftliche Deutung von Migration auf den Kopf gestellt wird. Migration wird nicht als Problem, sondern als missionarische Chance für Europa verstanden. Die Missionare sehen sich als Erwecker der schlafenden Kirchen Europas. Das Verständnis von Evangelisation und Mission weicht dabei allerdings deutlich vom ökumenischen Konsens ab: Statt einer sensiblen dialogischen Evangelisationspraxis stehen geistliche Kampfführung und konfrontative Predigt im Mittelpunkt (S. 271ff; vgl. 321). Während die evangelischen Landeskirchen die Missionsbemühungen der Migrationskirchen wenig ernst nähmen, bemühten sich evangelikale und freikirchliche Verbände um mehr missionarische Zusammenarbeit, allerdings mit begrenztem Erfolg (S. 319). Auch hier sehe man die Visionen der Migranten mit einem gewissen Abstand und betone die Notwendigkeit weiterer Ausbildung und Integration in europäische Netzwerke (S. 320). Im abschließenden sechsten Kapitel „Consequences“ (S. 305-336) werden Schlussfolgerungen für die Zusammenarbeit mit deutschen Kirchen anhand der Themenfelder Pastorenrolle, Einwanderung sowie Mission und Evangelisation in ekklesiologischer, gesellschaftlicher und theologischer Sicht diskutiert. Die deutlich gewordenen Kontraste zwischen Migrationskirchen und einheimischen Kirchen werden als Herausforderung und Chance verstanden. Wesentlich für eine positive Entwicklung sei die Erarbeitung einer biblischen „Theologie der Migration“ und Fremdlingsschaft (S. 316), in der Migration nicht als Problem, sondern als theologische Grundsituation der Kirche verstanden wird. So könnten gerade die deutschen Kirchen den Migrantenkirchen als geistlichen Partnern auf dem gemeinsamen Weg mit einem gemeinsamen Auftrag begegnen und damit eine Rolle übernehmen, die von der Gesellschaft im Allgemeinen nicht wahrgenommen wird. Von hier ausgehend plädiert das Buch für einen gegenseitigen Lernprozess, in dem die europäischen Kirchen und Gemeinden lernen müssten, dass nicht sie allein das Christentum vertreten. Es sei an der Zeit, nicht nur eine Theologie der Mission, sondern auch eine Theologie des Empfangens zu entwickeln und in eine gemeinsame Praxis umzusetzen (S. 336). Dafür dürfte dann auch die kritische Auseinandersetzung mit problematischen Aspekten auf beiden Seiten eine wichtige Rolle spielen, die hier nur am Rande vorkam. Das Buch bietet wichtige Einblicke und Analysen zur Theologie, Biographie und Praxis südlicher Missionare und Migrantenpastoren in Deutschland und zeigt deutlich, wo Herausforderungen und Chancen für die kirchliche und missionarische Zusammenarbeit liegen. Dr. Friedemann Walldorf, em 2014-1. |
Walldorf, Friedemann. Die Neu-Evangelisierung Europas. Missionstheologien
im europäischen Kontext. Giessen: Brunnen, 2002. Um es gleich
vorweg zu sagen: Friedemann Walldorf gelingt es mit diesem Buch (seine
überarbeitete Dissertation [Friedemann Walldorf, Mission und
Neuevangelisierung in Europa. Grundlinien kontextueller Missionskonzepte
1979-1992, eingereicht am 6.10.1999 an der staatlichen Universität von
Südafrika (UNISA).]), ein brennend aktuelles Thema, über das viel Verwirrung
herrscht, klar und verständlich darzustellen. Walldorf vermittelt gute
Orientierung im Dickicht unterschiedlicher Missionstheologien zum
europäischen Kontext. Die Lektüre ist daher besonders wertvoll für
diejenigen, denen die geistliche Erneuerung der Kirchen und Völker Europas
wichtig ist. Wer nicht mit
Scheuklappen durch die Welt geht weiß, dass die Bedeutung des Christentums im
alten, ehemals „christlichen“ Europa seit Jahrzehnten rasant abnimmt und die
Erosion der Kirchen an ihren Rändern immer bedrohlichere Formen annimmt. Das
Fehlen eines Gottesbezuges in dem Entwurf zu einer europäischen Verfassung
innerhalb der EU zeigt, wie irrevelant der Glaube für die politischen Eliten
Europas geworden ist. Säkularisierung, Materialismus, Wissenschafts- und
Fortschrittsgläubigkeit, Überalterung und Schwund der traditionell
christlichen Bevölkerung bei gleichzeitiger Immigration von Angehörigen
anderer Religionen (bevorzugt Islam), Spannungen zwischen progressiven und
konservativen Bewegungen innerhalb der Großkirchen, Finanz- und
Identitätsverluste haben die Kirchen Europas in eine tiefe Krise geführt.
Neben diesen krisenhaften Entwicklungen brachte aber auch der Zusammenbruch
des Sozialismus in Osteuropa Ende der achtziger Jahre neue Chancen und
Herausforderungen für die Kirchen mit sich. Ist jetzt nicht die Zeit gekommen
für eine „Neuevangelisierung“ Europas, so wie es Papst Johannes Paul II.
schon 1979 auf seiner ersten Polenreise verkündigte? (Johannes Paul II, „‘…mag
sich auch die Welt verändern’, Predigt in der Heilig-Kreuz-Kirche von Mogila
am 9.6.1979“, Predigten und Ansprachen von Papst Johannes Paul II bei
seiner Pilgerfahrt durch Polen, Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls
10, hg. v. Sekr. d. Deutschen Bischofskonferenz, Bonn, S. 102-106.) Dieser
Begriff, von Papst Johannes Paul II zum erstenmal in breiter Öffentlichkeit
geprägt, wirkte wie eine Initialzündung in allen Kirchen bis hin zur
evangelikalen Bewegung. Eine Flut von
Veröffentlichungen zu diesem Thema wurde daraufhin in den nächsten Jahren
herausgegeben, angefangen von der katholischen Kirche in Europa über die
Konferenz Europäischer Kirchen (evangelische und Orthodoxe Kirchen, verbunden
mit dem ökumenischen Rat der Kirchen in Genf) bis hin zur evangelikalen
Lausanner Bewegung, die in ihrem Europäischen Komitee über die
Re-Evangelisierung Europas (im Gegensatz zur Erstevangelisierung in Gegenden,
die nie christianisiert wurden) nachdachte. Besonders im
Zeitfenster ab 1979 (mit der Papstrede von der Neuevangelisierung Europas in
Polen) bis 1992 entstand in allen Kirchen und Gruppierungen eine intensive
Suche nach neuen Konzepten zur Missionierung des ehemals christlichen Europas
mit dem Ziel einer möglichen Rückgewinnung dieses Europas für den
christlichen Glauben. Vor diesem
Hintergrund macht sich F. Walldorf auf, in dem undurchsichtigen Dschungel von
missionstheologischen Ansätzen im Blick auf Europa (begrenzt auf das oben
skizzierte Zeitfenster) Licht in das Dunkel zu bringen und dem interessierten
Leser Orientierungshilfe zu geben, wer unter Mission oder „Neuevangelisierung“
Europas etwas versteht. Denn wenn Begriffe wie „Mission“ oder „Evangelisation“
aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt werden, angefangen vom Papst über die
Konferenz Europäischer Kirchen bis zur Orthodoxen Kirche, dann ist es nur zu
wahrscheinlich, höchst unterschiedliche Inhalte zu den Begriffen geliefert zu
bekommen. Hier hat sich F.
Walldorf mit großer Geduld und Sachkenntnis darangemacht, den verschiedenen
Konzepten und Denkschulen in Bezug zur „Neuevangelisierung“ Europas
nachzugehen. Mit großem Einfühlungsvermögen gelingt es ihm in seiner Studie,
die Stärken und Schwächen der jeweiligen Konzeption herauszuarbeiten, sie zu
würdigen und zu werten. Dabei sind meines
Erachtens vor allem die detaillierten Darstellungen der katholischen Position
zum Konzept der „Neuevangelisierung“ wertvoll, in Sonderheit die Impulse und
Vorstellungen des jetzigen Papstes Johannes Paul II (S. 40-105). Besonders
evangelikale Leser wird dieser Abschnitt helfen, da für sie Vorstellungen
einer „Neuevangelisierung“ Europas, so wie die katholische Kirche sie
versteht, doch reichlich fremd erscheinen dürften. Walldorf kann mühelos
nachweisen, dass römisch-katholische Neuevangelisierung Europas nichts mit
evangelikalen Konzepten von Evangelisierung zutun haben (S. 45-72 +307-314).
Für den Papst geht es um die Wiedererweckung einer verlorengegangenen (seit
der Reformation?) einheitlichen christlich-europäischen Kultur durch die
sakramentale Institution Kirche. Neuer Gehorsam zu Christus ist hier immer
gebunden an den Gehorsam zum römischen Lehramt. Aber auch
Walldorfs Darstellung der verwirrenden Positionen aus dem Raum der Konferenz
Europäischer Kirchen (S.106-189) zeigt deutlich, wie unterschiedlich Mission
oder Evangelisation verstanden werden können. Obwohl eine einheitlich
formulierte Konzeption fehlt, kann doch nachgewiesen werden, dass hier
Positionen von Hoekendijk nachwirken, der die missio Dei direkt in den
säkularen Geschichtsprozessen der Gesellschaft suchte, als Frucht des
Evangeliums. Walldorf kritisiert meines Erachtens zu recht dieses, wie er es
nennt, „kosmozentrisches“ Modell, da es die Trennung zwischen Gott und Welt,
Evangelium und Kultur, Weltgeschichte und Heilsgeschichte, Gemeinde und
Gesellschaft monistisch verwischt und damit „zum Verlust geistlicher
Identität und „… der missionarischen Auftragsgewissheit“ führt (S.320). Ausführlich lässt
Walldorf auch die evangelikale Lausanner Bewegung in seinem Buch zu Wort kommen
(S.193-303). Er nennt die evangelikale Position zur Re-Evangelisierung
Europas das „bibliozentrische Übersetzungs- oder Inkarnatorische Modell“
(S.322). Ziel sei dabei, „Jesus Christus als Hoffnung für Europa zu bezeugen.“
Dabei erkennen die Vertreter der Lausanner Bewegung richtig, dass Wort und
Tat, das Vorleben christlicher Existenz durch die Präsenz lebendiger
Gemeinden gerade im europäischen Kontext unabdingbar sein müssen. Walldorf sieht in
dieser evangelikalen Position eine große Chance, da hier Mission und „Neuevangelisation“
Europas aus der Rückkehr zu den biblischen Quellen heraus entwickelt wird.
Damit werde nach Walldorf dem kulturübergreifenden biblischen Evangelium die
Möglichkeit gegeben, losgelöst von normierender Kirchlichkeit, kultureller
Vereinnahmung und kosmischer Verchristlichung seine erneuernde Kraft im
Kontext des alten Europas und seiner Christenheit neu zu entfalten (S.180). Am Ende seines
Buches versucht Walldorf auf gut 25 Seiten eine eigene Position zu
formulieren. Dabei wird unschwer deutlich, wo seine Sympathien liegen. Er
nennt sein Modell „Grundlinien einer biblisch-kontextuellen Missionstheologie
für Europa“ (S.343). Ausgehend vom evangelikalen Modell der Lausanner
Bewegung sieht Walldorf im Herzen der Missio Dei für Europa die
Konzentration auf das biblische Evangelium von Jesus Christus. Nicht die
Kirche (katholisches Modell) noch die Kultur (Ökumenisches Modell) könne laut
Walldorf Norm für die missionarische Erneuerung in Europa sein (S.343). Dies
könne nur die „einzigartige gute Nachricht von der rettenden Tat Gottes durch
das Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi“ leisten, wenn sie „in Wort,
Tat und Sein“ der Christen Europas glaubwürdig weitergegeben werde (S.343).
Weiter legt Walldorf die Betonung darauf, dass Evangelisation niemals
losgelöst von „anderen Dimensionen“ der Gemeinde und der Nachfolge Christi
geschehen kann. Sie muß ganzheitlich geschehen, und hier weißt Walldorf
meines Erachtens folgerichtig hin auf die Schlüsselfunktion „Christozentrischer
Gemeinden“, die als „missionarische Lebensbasis“ für Evangelisation dienen.
Hier sieht der Autor richtig das alttestamentliche zentripetale
Missionsmodell der „missionarischen Attraktion“ neben der
grenzüberschreitenden Sendung in europäische Subkulturen als eine wichtige
Missionsmethode an, die für das moderne, von Individualismus, Säkularismus
und Materialismus zerrissenen Europa wegweisend wäre. Nur hier, in der
lobpreisenden, dienenden und Christus nachfolgenden Gemeinde werde, laut
Walldorf, durch die „dynamische Beziehung zum biblischen und heute
gegenwärtigen Christus als dem Zentrum,“ neue Hoffnung für Europa wachsen (S.
349-350). Dabei können Formen und Rahmenbedingungen, in denen die communio
sanctorum sich sammelt, sehr unterschiedlich sein – angefangen von
traditionellen Strukturen bis hin zu kreativen Neuansätzen. Nach Walldorf habe
die Neuevangelisierung Europas nur dann eine Chance, wenn die Gemeinde Jesu
als „Mit-, Für-, und Gegenkultur“ zum gegenwärtigen Europa zur Basis der Missio
Dei im europäischen Kontext wird (S.352). Mit diesen
abschließenden Gedanken ist es Walldorf gelungen, ausgehend von den
evangelikalen Ansätzen der Lausanner Bewegung, für das zentrale Anliegen
einer Neuevangelisierung Europas neue und weiterführende Perspektiven zu
eröffnen. Sein Buch ist ein sehr guter Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion
um eine geistliche Erneuerung Europas. Dr. Bernd Brandl, em 2003-4. |
Wander, Bernd. Trennungsprozesse zwischen
Frühem Christentum und Judentum im 1. Jh. n. Chr. TANZ 16. Francke Verlag: Tübingen/Basel, 2. Aufl.
1997 (1994/1). Wander (W.) geht der Frage nach, welche Faktoren zu der Trennung von frühem Christentum und Judentum im 1. Jh. geführt haben. Anders als viele Rekonstruktionen dieses Trennungsprozesses, setzt W. bei den Hintergründen der Verurteilung Jesu ein (S.54-97). Der hilfreiche Überblick zu diesem Thema kommt zu dem Schluß, daß Jesus wohl aus Gründen der Staatsraison an die römische Justiz ausgeliefert, verurteilt und hingerichtet wurde. Damit konnte die Jesusbewegung von Anfang an kriminalisiert werden. Mit der Verkündigung der Auferweckung Jesu durch die zwölf Jünger (Apg 3,5) wurden Fakten, die für die jüdische Aristokratie erledigt waren, neu aufgeworfen, und die Predigttätigkeit von Stephanus und seinen Freunden (Apg 6,7), in welcher der Tempelkult keine Rolle mehr spielte, sowie die Verbindung des Gekreuzigten mit dem zweiten Thron neben Jahwe führten zu Verfolgung in Jerusalem bzw. zur Auswanderung (S. 98-145). Die vom judäischen König Agrippa I. veranlaßte Verfolgung von führenden Jerusalemer Christen, die Hinrichtung von Jakobus und die Inhaftierung von Petrus (Apg 12,1ff) war politisch motiviert. Agrippa I. war in Rom aufgewachsen und erzogen worden und hatte bei der Proklamation des Claudius zum Kaiser im Jahr 41 eine wichtige Rolle gespielt. Er erkannte in Rom die Bedeutung und die Rolle der Gemeinschaft der Christusanhänger schlagartig, als Claudius ein Edikt erließ (von W. in das Jahr 41 datiert), das die Juden aufforderte, Rom zu verlassen: ihre Zahl hatte zu stark zugenommen, und vor allem hatte es wegen „Chrestus“, d.h. wegen der Verkündigung von Jesus Christus, Unruhen gegeben. Wenn die Rechtsbasis der jüdischen Diasporagemeinden nicht gefährdet werden sollte, mußten Unruhen durch missionierende Judenchristen unterbunden werden - also ging Agrippa I. rigoros gegen die führenden Christen vor (S.212-234). Paulus wird verhaftet, weil Diasporajuden die Auswirkungen seiner Heidenmission als Bedrohung jüdischer Identität und palästinische Juden diese als mangelnde Solidarität in der Zeit nationaler Sammlung ansehen mußten (S.235-262). Die Ausführungen von W. sind materialreich, sehr informativ und gut lesbar. Auch wenn man manche Rekonstruktionen nicht teilt (z.B. im Blick auf das Verhältnis der Mission von Petrus und der Mission von Paulus, S.192-211): deutlich wird jedenfalls, daß der Tod Jesu und die frühe urchristliche Mission die Hauptgründe für die Trennung zwischen der christlichen Kirche und der jüdischen Synagoge waren. Dr. Eckhard J. Schnabel, em 1998-3. |
Weber,
Charles W. International
Influences and Baptist Mission in West Cameroon. German-American Missionary Endeavour under International Mandate and British Colonialism. Brill: Leiden / New York / Köln, 1993. Als ich auf der Reise von Douala in Kamerun nach Jos in Nigeria auf einer Missionsstation Nachtquartier fand und fragte, ob es über die Geschichte der Missionsarbeit dort etwas zu lesen gäbe, lieh man mir einen Bildband, aus dem ich ua. lernte, daß das erste deutsche baptistische Missionsehepaar in Kamerun Amerikaner, und daß eine Anzahl der ersten „baptistischen“ Missionare dort Mennoniten-Brüder waren. Ich war nach einem halben Tag Eisenbahnfahrt durch den Urwald müde und hatte keine Gelegenheit mehr zu lernen, daß die baptistische Missionsarbeit im westlichen, englischsprachigen Kamerun noch bis Januar 1941 rechtlich in deutscher Verantwortung stand, und auch nicht, daß ein entfernter Onkel von mir (Paul Gebauer aus Bolkenhain, Schlesien) in der Zeit eine wichtige Rolle spielte. Bisher hat erst wenig wissenschaftliche Beschäftigung mit der deutschen Kamerunmission stattgefunden. (Jürgen Günther: Mission im kolonialen Kontext. Beiträge zur Geschichte der Mission der deutschen Baptisten in Kamerun 1891-1914. Initiative Schalom: Burgdorf 1991 leidet unter seinen Vorurteilen.) Weber füllt hier eine Lücke. Nach einer kurzen Übersicht über die Vorgeschichte seit 1840 (Missionare aus England und Jamaika, dann aus Deutschland) stellt er die Zeit von 1922-1945 dar, die gekennzeichnet ist durch den Vorstoß in die „Grassfields“ und überaus schnelles Gemeinde Wachstum. Er zeichnet die internationalen Verflechtungen sorgfältig nach und zeigt die überaus wichtige Rolle der Missionsschulen (und der in ihnen tätigen Kameruner Lehrer) in der Ausbreitung der Gemeindearbeit auf. Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Missionsgeschichte des deutschen Baptismus, und in einer Zeit, in der Missionsschulen wieder vermehrt gefragt sind, bietet es dem am Thema interessierten Leser konkretes Material für ein bestimmtes Gebiet, das bisher (und auch damals) wenig beachtete West Kamerun. Dr. Klaus Fiedler, em 1994-1. |
Wende, Peter. Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs. (Beck’sche Historische Bibliothek) München: C. H. Beck, 2012. Ein wesentlicher Teil der protestantischen Mission im 19. und 20 Jahrhundert fand in Gebieten statt, die zum britischen Weltreich oder zu seiner Einflusssphäre gehört haben. Zu dem besonderen Verhältnis zwischen Mission und Empire (große Nähe, aber auch Spannungen) liegen mehrere Untersuchungen aus kirchenhistorischer bzw. missiologischer Perspektive vor. Der vorliegende Band eines säkularen Historikers bietet eine umfassende Darstellung der Geschichte von Werden und Vergehen des Empires, das auf seinem Zenit ein Viertel der Erdoberfläche umfasste. Wendes Band ermöglicht es, das besondere Verhältnis zwischen christlicher Mission und Empire im größeren Kontext des Empires, seiner Entwicklung und des damals damit verbunden politisch-nationalen Sendungsbewusstseins vieler Briten zu verstehen. Nach einem Prolog und einer knappen Zusammenfassung schildert Wende zunächst „Das ältere Empire – Handel und Herrschaft (1607–1783)“, das hauptsächlich in Nordamerika lag (35–122; die Kolonien, Handel, Schifffahrt, Seemacht, politische Organisation, Aufstieg zur Weltmacht, Krise und Ende des älteren Empire). Dem folgt „Das klassische Empire – Herrschaft und Mission (1784–1914)“ in Afrika und Asien (123–239). Zunächst geht es um die allgemeinen Tendenzen und Strukturen (Seemacht, Handel, territoriale Expansion und die globale Mission des Empire). Daran schließen sich Kapitel zu Indien, den ersten sog. Dominions, zur Entwicklung in Afrika vom Kap bis nach Kairo und den Entwicklungen zwischen Großbritannien und seinem Empire im Zeitalter des Imperialismus an. In diesen Kapiteln wird der hohe Anspruch des damaligen Empires deutlich, der auch das christliche Missionsverständnis dieses Zeitalters geprägt hat. Aufgrund der in der territorialen Expansion immer wieder bewiesenen Vorrangstellung nicht nur der weißen, sondern einer spezifisch britischen Rasse wurde deren Mission als „die Verbreitung der moralischen und zivilisatorischen Errungenschaften des modernen England über den Globus begriffen, denn – wie Cecil Rhodes es einmal formulierte – ‚die Briten sind die Rasse mit den besten Eigenschaften, und je mehr wir von der Welt in Besitz nehmen, umso besser ist es um die Zukunft der Menschheit bestellt‘“ (136). Der Erwerb des Empire wurde als Verpflichtung gegenüber dem Gang der Geschichte verstanden, denn „es waren vor allem die Vertreter der britischen Rasse dazu ausersehen, die Bürde des weißen Mannes zu tragen und das Licht europäischer Kultur in das Dunkel der fernen Kontinente zu bringen. Dabei mischten sich in solche Grundüberzeugungen … rassistische Überheblichkeit und die ideologische Verbrämung kolonialer Ausbeutung mit dem Sendungsbewusstsein eines durchaus wohlwollenden ‚Erziehungskolonialismus‘. Dann wurde Kolonialherrschaft als Geschenk und Gnadenakt der Zivilisation verherrlicht, da durch sie dem fern von Europa vorgefundenen Chaos eine Ordnung auferlegt werde“ (136f). Dass dabei die Grenzen zwischen britischer und christlicher Kultur fließend waren (bzw. kein Widerspruch empfunden wurde; was freilich für die anderen Kolonialmächte ebenso gilt!), wird immer wieder deutlich (speziell zur Rolle der christlichen Mission und ihrer über weite Strecken beidseits profitablen Symbiose mit dem Empire S. 140–142). Der letzte Teil schildert Ende und Erbe des Weltreiches und den Übergang vom Empire zum Commonwealth (241–322; Krisenmanagement zwischen 1914 und 1945, das Ende des indischen Reichs, imperiales Intermezzo im Nahen Osten, der Rückzug aus Afrika und der Übergang vom British Commonwealth zum People’s Commonwealth). Abschließend zieht Wende eine „Bilanz“ (325–336). Als instruktive Fallstudie beleuchtet der Band das komplexe Verhältnis zwischen christlicher Mission und den politisch-nationalen Rahmenbedingungen und dem Selbstverständnis sowohl auf Seiten der Sender als auch der Empfänger der Mission. Ferner beschreibt er Entstehung und Entwicklung des vielschichtigen Verhältnisses, das bis heute die Beziehungen zwischen Europa, Afrika und Asien prägt. Prof. Dr. Christoph Stenschke, em 2013-2. |
Wendlandt-Homann, Luise. Zugvögel kennen ihre Zeit Als
Missionarsfrau in vier Erdteilen. Verlag
der Ev.-Luth. Mission Erlangen / Missionshandlung Hermannsburg, 1987 (Erlanger Taschenbücher Bd. 81). Viel zu wenig Raum – dafür ist auch diese Zeitschrift ein Beweis – wird in der Missionsliteratur den Missionarsfrauen eingeräumt. Als Luise Homann, verwitwete Wendlandt, geborene Bensen, am 19.8.1932 in Brighton/Südaustralien im Alter von 95 Jahren starb, hinterließ sie auch, in klarer Süterlinschrift geschrieben, auf 154 Seiten ihre Lebenserinnerungen, die uns Inge Prien, sprachlich leicht geglättet, in diesem Buch zugänglich macht. Es vermittelt aus erster Hand Einblicke in die frühe deutsche Missionsgeschichte (Leipzig, Hermannsburg, indischer Kastenstreit, Mission in Südafrika, Mission und Auswanderermission in Australien). Zudem kann dieses Buch stellvertretend für das Erleben vieler Missionarsfrauen jener Zeit stehen. Em 1988-2. |
Wenzel, Uwe Justus (Hg.). Was ist eine gute Religion? Zwanzig
Antworten. München: Beck, 2007. Der Titel dieses Buches macht neugierig. Die vorliegenden zwanzig Essays, die von März 2006 bis Mai 2007 in der „Neuen Zürcher Zeitung" erschienen, machen Appetit auf mehr. Sie wurden von namhaften Autoren verfasst, z.B. Friedrich Wilhelm Graf („Lob der Unterscheidungen“, S.11-15), Wolfgang Huber („Der Geschmack von Freiheit und Mündigkeit“, S.16-20), Karl Kardinal Lehmann („Dialog ohne Machtanspruch“, S.21-25), Jan Assmann („Verborgene Weisheit“, S.36-41) oder Navid Ker-mani („Es ist wichtiger, ein guter Mensch zu sein als ein guter Muslim“, S.55-60). Die Vielfalt der Antworten sowie insbesondere die Art und Weise auf die Frage einzugehen provozieren zum weiterführenden Nachdenken und Fragen, wie der Herausgeber mit seinen knappen aber sehr hilfreichen Einführungsgedanken (S.7-9) unterstreicht: Was ist der Maßstab anhand dessen man von einer „guten“ Religion sprechen kann? Was ist eine angemessene Definition von Religion? Kann „Religion“ als westlich geprägter Begriff überhaupt hilfreich sein? Inwiefern kann Religion von außen überhaupt angemessen beschrieben werden oder verliert sie bei distanzierter Betrachtung nicht Entscheidendes, was sie ausmacht? Im Zusammenhang aktueller Fragestellungen stellt der Herausgeber zwei weichenstellende Eigenschaften von Religionen heraus: sie sind „ideologieverdächtig“ und „ideologieanfällig“ (S.7). Er ist sich wohl bewusst, dass diese Begriffe definiert werden müssen, aber er weist damit auf die Brisanz des Themas in einer aufgeheizten „religionspolitischen Atmosphäre“ (S.7) hin, was die Beiträge auf zweierlei Weise beeinflusst. Zum einen muss die westliche Öffentlichkeit bzw. westliche Intellektuelle sich mit dem Phänomen der „Wiederkehr der Religion“ auseinandersetzen. Die Überzeugung, dass Religion für einige wenige vielleicht im privaten Bereich noch von Bedeutung sein könnte, aber auf der gesellschaftlichen und politischen Ebene in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird, wird durch Ereignisse und Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit erschüttert. Nun muss man sich mit der Frage auseinandersetzen, für was Religion überhaupt „gut" sein kann, wie es Mark Lilla formuliert (S.79) bzw. wenn es denn schon Religion sein muss, dann soll es wenigstens eine gute sein (Chakravarthi Ram-Prasad, S.74). Zum anderen zieht sich ein unausgesprochener Konsens durch die Beiträge, sich von (gewaltbereitem?) Fundamentalismus abzugrenzen. Das Gute von Religion zeigt sich damit insbesondere an den Auswirkungen für den Menschen oder, wie Theunissen die Ausgangsfrage versteht, „inwiefern Religion gut sein könne für das Zusammenleben von Menschen in einem Gemeinwesen oder mit Fremden“ (S.116; vgl. auch Kermani, S.58). Die ersten drei Beiträge (Graf, Huber, Lehmann) bemühen sich ausführlich darum, die Kompatibilität von Religion und modernem Denken aufzuweisen: „Gute Religion sehe ich [Wolfgang Huber] durch diese beiden Leitmotive bestimmt: Mündigkeit zu wirken und Freiheit zu befördern“ (S.17). Die Achtung der Menschenrechte ist für Huber ein Prüfstein. Ganz ähnlich klingt Lehmann, wenn Religion „die recht verstandene Freiheit der Menschen“ bzw. die „eigene Kritik- und Denkfähigkeit“ fördern muss (S.23). Huber stellt in diesem Zusammenhang ein „Bündnis mit der Aufklärung“ heraus: „jede gute Religion steht vor der Anforderung, sich den Anfragen der Aufklärung zu stellen. Religion, die das Bündnis mit der Aufklärung aufkündigt, verweigert sich einem kritischen Wahrheitsanspruch“ (S. 18). Für Graf wird und kann Religion nur gut sein, „wenn sie sich durch autonome theologische Rationalität immer neu in Frage stellen, auf ihre immanenten Perversionspotenziale hin analysieren lässt – um reflektierter Freiheit der einzelnen Frommen willen" (S.15). Angesichts dieser Argumentationsmuster wird m.E. allerdings zu wenig deutlich, was der durch nichts anderes zu ersetzende positive Beitrag der Religion ist. Eine Außenperspektive nehmen auch Michael von Brück und Jan Assmann ein. Gute Religion, so von Brück, „entsteht unter Menschen, die den dialogischen Diskurs über ,gute Religion‘ führen“ (S.31). Allein seligmachende Wahrheitsansprüche müssen ausgeschlossen werden, weil Wissen (auch wenn es sich auf Offenbarung beruft) immer vorläufig ist. Nach Assmann muss gute Religion verstehen, sich auf „den Begriff einer allgemeinen, verborgenen ,Menschheitsreligion‘“ hin zu relativieren (S.41). Diese Beiträge legen nicht nur einen Maßstab an Religion von außen an, sondern machen ihre religionstheologischen Prämissen zum Maßstab. Wenn man diese Maßstäbe anlegt, muss man wohl mit Christoph Türcke aufgrund der Religionsgeschichte schlussfolgern, dass keine bestehende Religion gut sein kann, weil keine Einfluss oder Macht gewonnen habe, „ohne einzuschüchtern, zu demütigen, zu verfluchen, zu quälen und zu morden“ (S.27). Aber ist es angemessen, diese hoffnungslos europäische Frage an „Religion“ (wie immer man sie definiert) zu richten und damit Lessings Ideal einer natürlichen Religion vorauszusetzen (Jochen Teuffel, S.102)? Vielleicht geht Ram-Prasad zu weit, aber sein Einwand sollte die weitere Reflexion und Diskussion (den Appetit auf mehr) begleiten: „Wer festschreibt, was eine ,gute Religion‘ ist, erlegt anderen eine hegemonistische Idee auf“ (S.77). Dr. Heiko Wenzel, em 2008-4. |
Werner, Eberhard. Bibelübersetzung in Theorie und Praxis: Eine Darstellung ihrer Interdisziplinarität anhand der Ausbildungspraxis, Hamburg: Verlag Dr Kovač, 2011. Dieser Band geht der Frage nach, wie die „Diskrepanz zwischen den Möglichkeiten der modernen Wissenschaft zur Übersetzung” (xx) und den tatsächlich verwendeten Modellen in der Übersetzungsarbeit vermindert bzw. sogar vermieden werden kann. Werner vermutet, dass einerseits in der Ausbildung von Bibelübersetzern die Vermittlung der Modelle nicht gelingt und andererseits „Fragen der praktischen Nutzung dieser Modelle nicht ausreichend geklärt sind” (xx). Er untersucht deshalb, „wie Übersetzer am besten auf ihre Tätigkeit vorbereitet werden können und welche Kriterien in der Wissenschaft zur Bibelübersetzung” (xx) gegenwärtig Anwendung finden müssen. Im ersten Kapitel beschreibt Werner Inhalt und Standort der Bibelübersetzung (1-28). Er gibt eine Einführung in aktuelle Modelle der Kommunikation und betont die Ausbildung als wegweisend für die Übersetzung. Sie ist interdisziplinär (theologisch-missiologisch zentriert, linguistisch orientiert und durch relevante Sozialwissenschaften unterstützt). Zur Sprache kommen ferner die Verortung der Bibelübersetzung in der Missiologie, Inspiration und Übersetzung sowie Hermeneutik und Übersetzung. Das Kapitel endet mit einem Mandat zur Bibelübersetzung. Kapitel zwei ist das längste Kapitel überhaupt (29-194)! In ihm diskutiert Werner zunächst die äußeren Rahmenbedingungen der Bibelübersetzung, nämlich, Wissenschaft der Kommunikation und Übersetzung. Angestoßen durch Nida, entwickelte sich der Begriff Wissenschaft der Kommunikation, obwohl es bis heute keine eigene Wissenschaft zur Kommunikation gibt. Festzuhalten ist, dass Kommunikation fachspezifisch verhandelt wird, individuell, disziplin- und verhaltensabhängig ist. Daraus ergeben sich Kommunikationsprinzipien, deren Kern vier Maxime bilden. Werner widmet sich daraufhin der Sprache, den Begriffen „Übersetzung“ und „Übersetzen“, dem „Übersetzer“, dem Text und schließlich dem inneren Rahmen der Bibelübersetzung. Der erste Teil endet mit einer kurzen Debatte über moderne Bibelübersetzungen. Im zweiten Teil des Kapitels beschäftigt sich Werner mit den Modellen der Kommunikation und Übersetzung. Nach einem historischen Überblick über moderne Kommunikationsmodelle, wendet er sich den einzelnen Modellen im Detail zu. Diskutiert werden Shannon-Weavers Kode-Modell, Nidas dynamische/funktionale Äquivalenz und deren Weiterentwicklungen (Wendland et al), das Skopos-Modell von Reiß & Vermeer, Nords funktionales Übersetzen, Katans Kulturbezogenes Kommunikationsmodell, die Massenkommunikation nach Maletzke & McQuail, wörtliche Übersetzungsmodelle sowie Gutts Relevanz-Theorie. Besondere Bedeutung kommt der christlichen Kommunikation zu, da säkulare Modelle die transzendente Dimension der Kommunikation völlig außer Acht lassen. Weil Kommunikation aber im Wesen Gottes verankert ist, muss eine Bibelübersetzung eine transzendente Ansprache vermitteln. Anschließend setzt sich Werner eingehend mit den Modellen der Übersetzung auseinander (195-254). Ausgehend von Nidas Äquivalenz-Modell erfolgt für jedes weitere Modell eine Diskussion. Stärken und kritische Elemente werden jeweils dargestellt und auf ihre Anwendbarkeit in der Praxis geprüft. Werner kommt zu dem Ergebnis, dass in der Ausbildung von Bibelübersetzern modellübergreifend gearbeitet wird, da dadurch die Schwächen eines Modells ausgeglichen werden können. Das dynamisch-äquivalente Modell und wörtliche Modelle werden dann favorisiert, wenn andere Modelle nicht greifen. Daraus ergibt sich die Frage, warum eine Diskrepanz zwischen den theoretischen Angeboten an Zugängen für die Bibelübersetzung und der praktischen Nachfrage derselben besteht. Auf der Suche nach einer Antwort präsentiert Werner seine empirische Studie zur Ausbildung von Bibelübersetzern (240-54). Die empirische Studie zeigte, dass Übersetzer verschiedene Modelle der Kommunikation und Übersetzung kannten, aber nur wenige ein Interesse daran hätten, eine zusätzliche Ausbildung in Theorie und Praxis anderer Modelle zu machen. Die Studie stellte eine eindeutige Ablehnung des wörtlichen Ansatzes und eine Favorisierung von Mischmodellen fest, da „die Stärke solcher Mischmodelle in deren Vermittelbarkeit und Praktikabilität” (253) liegt. Im vierten Kapitel diskutiert Werner das Verhältnis von Missiologie und Bibelübersetzung (255-332). Nach einer historischen Reflektion (257-281) fordert er eine wichtige Unterscheidung „zwischen Bibelübersetzung als Produkt und Gegenstand christlichen Handelns” und der „Institution Bibelübersetzung als Wissenschaft und wissenschaftliche Diziplin anderer Fachgebiete” vorzunehmen (255). Der historische Rückblick führt ihn zu dem Schluss: Bibelübersetzung ist der „Brückenkopf der Missiologie” (281). Damit ist jedoch noch nicht geklärt, welche Elemente das Mandat zur Bibelübersetzung begründen. Die Verortung in Kirchengeschichte und Theologie reiche dabei nicht aus. Entscheidend sei, dass christliche Entwicklungshilfe der Bibelübersetzung bedarf und zugleich durch sie motiviert und angeregt wird. Obwohl Bibelübersetzung einen interdisziplinären Zugang erfordert, bildet Kommunikation das „verbindende Glied interkultureller Begegnung” (293) welche jedoch in der Missio Dei begründet ist und dem theologisch-missiologischen Rahmen von Bibelübersetzung Rechnung trägt. Der Missio Dei-Rahmen wird anschließend unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert (301-332). Im abschließenden Epilog umreißt Werner die Missio Dei als den „kommunikativen Akt der Offenbarung”, der in der Missio Christi seinen Höhepunkt findet und von welchem sich alle Formen der göttlichen Kommunikation (Communicatio Dei) ableiten (333-340). Aus der Communicatio Dei ergibt sich ein Mandat zur Kommunikation, das in der Konkretion zu einem Mandat der Bibelübersetzung führt, welches historisch gesehen als Fundament der „Entfaltung christlicher Entwicklungshilfe” (335) zu sehen ist. Zwei Anhänge und drei Anlagen sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis und verschiedene Register beenden den Band. Werners Studie glänzt durch ihre Fleißarbeit. Sie deckt alle Bereiche der Bibelübersetzung ab, befasst sich eingehend mit der Ausbildung von Bibelübersetzern und kann als Nachschlagewerk über Kommunikation, Bibelübersetzung (Theorie und moderne Modelle) gesehen werden. Es gibt wohl kein anderes Werk zu diesem Thema (in deutscher Sprache), in dem so unglaublich viel Literatur verarbeitet wird. Die Verortung der Bibelübersetzung in der Wissenschaft, vor allem aber in der Missiologie, ist ein wichtiger Beitrag. Gleichzeitig stellt er sein eigenes Christlich-Biblisches Kommunikationsmodell vor – und somit auch zur Diskussion. Zu bemerken ist die „trockene“ Sprache, in der Werner seinen Stoff präsentiert. Er verlangt dem Leser viel Breitschaft ab, weiter zu lesen. Ist die umfangreiche Bibliografie (407-52!) und der Sachindex beeindruckend, hätte dem umfangreichen Band ein Personenregister auch nicht mehr geschadet. Alles in allem wird es Lesern, die sich für alles interessieren, was mit Kommunikation, Bibelübersetzung und Ausbildungskonzepten zu tun hat, einen Reichtum an Inhalten bieten. Robert Badenberg em 2012-1. |
Werner, Roland (Hg.). Die Christus-Treff Story. Neukirchen:
Aussaat Verlag, 2002. Das von Dr. Roland Werner, Theologe, Afrikanist und Mitbegründer des Christus-Treffs, herausgegebene Buch erzählt die Geschichte einer christlichen Lebensgemeinschaft in der hessischen Stadt Marburg, die sich seit 1981 verbindlich trifft, mit dem Ziel, Christsein intensiv zu leben, sich gegenseitig zu unterstützen, offen zu sein für andere und für das Reden Gottes. Was aus dieser Gemeinschaft bis zum Jahr 2002 entstanden ist, wird in Schwerpunktthemen innerhalb der 15 Kapitel genauer beschrieben. Die offene Gottesdienstarbeit (Donnerstag abends) in Marburg bildet eine Hauptaufgabe der Gemeinschaft. Damit verbunden sind vielfältige andere Bereiche wie Hauskreise, Kinderarbeit und Ausländerarbeit. Außerdem wird das Evangelisationsprojekt „FRIENDS“ und die diakonisch-missionarische Arbeit der Gemeinschaft Jerusalem und Berlin vorgestellt. Die Darstellung persönlicher Erlebnisse machen die Relevanz für unsere heutige Gesellschaft deutlich, was zum einen die Wirksamkeit der Projekte zeigt, die aus der Gemeinschaft entstanden sind und zum anderen die Öffentlichkeitsarbeit von Roland Werner. Das Buch vermittelt einen Blick für weltweite Mission und missionarische Arbeit vor Ort. Abgerundet wird das aus unterschiedlichen Beiträgen zusammengestellte Buch von einem ChristusTreff-Alphabet, das knappe Beschreibungen zu Schlagworten aus zum Christus-Treff gehörenden Begriffen enthält, einer knappen Christus-TreffChronologie und einer Liste mit Publikationen. Das Buch liest sich sehr gut und ist durch die Originalberichte von Christus-Trefflern anschaulich. Durch die zum Teil unterschiedlichen Verfasser treten manche Überschneidungen auf, was aber nicht hindert einen guten Überblick über die Aufgaben und Tätigkeitsfelder zu gewinnen. Die Gestaltung in kurzen Sinnabschnitten, die mit Fotos ergänzt sind, erleichtert den Zugang. Mathis Kögel, em 2004-1. |
Werth, Martin. Theologie der Evangelisation.
Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2004. Martin Werth ist Dozent an der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal. Das vorliegende Buch ist die leicht überarbeitete Fassung seiner Dissertation an der Ruhr-Universität Bochum. Die Studie soll dazu beitragen, die Evangelisation als landeskirchliches Handlungsfeld theologisch zu reflektieren und „von dem Geruch des außerkirchlichen Sonderwegs“ (Klappentext) zu befreien. Der Autor entfaltet sein Thema in fünf Teilen. Zunächst geht es um „biblisch-theologische und historische Erkundungen, Begriffserklärungen“. Werth kommt zu dem Schluss, dass „Mission“ und „Evangelisation“ als synonyme Begriffe zu betrachten seien, „Evangelisation“ aber durch den inhaltlichen Bezug zu „Evangelium“ zu bevorzugen sei. Die Entscheidung ist respektabel und begründet, allerdings scheint mir die einfache Gleichsetzung der Begriffe (ohne weitere Differenzierung der Konzepte) missionstheologisch zu pauschal. Differenz und Zusammenhang der Begriffe hätten auf dieser Ebene tiefergehend thematisiert werden können. Interessant ist die historische Perspektive zur Evangelistenschule Johanneum und die Analyse einer programmatischen Rede T. Christliebs (1888), in der dieser bereits den Begriff der „Neuevangelisierung“ gebraucht! Im zweiten Teil untersucht der Autor ausgewählte evangelisationstheologische Entwürfe mit Bezug zum deutsch-europäischen und landeskirchlichen Kontext seit 1970 (Hollenweger, Boff, Costas, Castro, Newbigin, Briese, Ahonen, Huber), die knapp skizziert und schlüssig beurteilt werden. Der dritte Teil beschäftigt sich zunächst mit grundlegenden ökumenischen Dokumenten zur Mission (Evangelii Nuntiandi, Repemptoris Missio, Lausanner Verpflichtung, Manifest von Manila, Ökumenische Erklärung 2;u Mission und Evangelisation), dann mit kirchlichen Missionsdokumenten für den Kontext Deutschland („Zeit zur Aussaat“ DBK 2000, Arnoldshainer Konferenz, Leipziger EKD-Synode 1999, EKD-Text „Das Evangelium unter die Leute bringen“). Im vierten Teil reflektiert der Autor die systematisch-theologischen Aspekte einer Theologie der Evangelisation im Kontext der Landeskirchen: Gott, Mensch, Kirche. Überzeugend skizziert Werth eine theologische An:hropologie der Bekehrung. Evangelisation als Ruf zur biographischen Bekehrung zu Christus habe auch in den ev. Landeskirchen Relevanz. Mit Recht betont Werth, dass Bekehrung prozesshaften Charakter hat und der Weg über Kindertaufe und kirchliche Integration sinnvoll sein kann, aber angesichts der kirchlichen Lage im postmodernen Deutschland „das Hineinwachsen in den Glauben ohne eine Initialzündung im Sinne einer punktuellen Bekehrung“ kaum gelingen kann (S.279). Im letzten Teil richtet der Autor sein Augenmerk auf praktisch-theologische Aspekte: Dimension und Intention, Kultur und Kontext, Kybernetik und Mitarbeiter der Evangelisation: Laien, Hauptamtliche, Evangelisten. Hier finden sich viele gute Perspektiven, die deutlich machen, dass Evangelisation Sache der ganzen Gemeinde und Kirche ist. Eines scheint mir jedoch zu fehlen: der Aspekt der missionarisch-evangelistischen Begegnung mit Menschen aus anderen Religionen und Kulturen – also der multireligiöse Kontext, in dem auch landeskirchliche Gemeinden sich befinden. Der religionstheologische Aspekt als Teil einer Theologie der Evangelisation findet hier zu wenig Beachtung. Als Zielgruppen der Evangelisation nennt der Autor die Kerngemeinde, die distanzierten Kirchenmitglieder und die Nichtmitglieder (S.296). Gerade bei der Behandlung der kontextuellen Aspekte (S.310- 316) wäre die Beschäftigung mit dem Kontext z.B. muslimischer Menschen in Deutschland für eine Theologie der Evangelisation im Rahmen auch der Landeskirchen wesentlich. Auch der Aspekt missionarischer Ge-meindegmndung, der sowohl im anglikanischen als auch im ökumenischen und freikirchlichen Kontext von wachsender Bedeutung ist, fehlt in den evangelisations-ekklesiologischen Überlegungen („Die Kirche als Träger und Ziel der Mission“, S.282f). Zusammenfassend bleibt festzustellen: Werths Buch bietet gute Analysen neuerer Entwürfe und wichtige Ansätze als Beitrag für eine Missionstheologie für den deutschen Kontext. Dr. Friedemann Walldorf, em 2005-4. |
Weston, Paul. Lesslie Newbigin: Missionary Theologian: A Reader. London/Grand Rapids: Society for Promoting Christian Knowledge/W. B. Eerdmans, 2006. Paul Weston hat mit der Herausgabe dieser Sammlung von Auszügen aus Newbigins Schriften einen wichtigen Beitrag geleistet, Newbigins Werk zu sichten und den Ertrag seiner Arbeit dem interessierten Leser zugänglich zu machen. Die kurze Biographie in der Einleitung zeigt die verschiedenen Stationen in Newbigins Leben. Nur auf diesem Hintergrund sind seine missionstheologischen Beiträge zu verstehen. Weston gliedert dann in zwei große Themenbereiche: ‚Theologische Grundlagen für Mission‘ (77 Seiten) und ‚Missionarische Theologie in der Praxis‘ (171 Seiten). Jeder Themenbereich ist unterteilt in kleinere thematische Abschnitte. Am Beginn jedes Abschnitts erklärt Weston kurz den geschichtlichen Hintergrund der einzelnen Textauszüge, die er zum Thema ausgewählt hat. Dabei bemüht er sich, in der Textauswahl die ganze Breite von Newbigins literarischem Schaffen zu berücksichtigen und wählt bewusst Texte aus den verschiedenen Epochen von Newbigins Wirken. Jeder Abschnitt schließt mit einigen kurzen Verweisen auf weitere Texte Newbigins zum Thema. Die Abschnitte im ersten Themenbereich sind überschrieben: (1) Die Erkenntnis Gottes, (2) Der Tod Christi, (3) Erwählung und das Volk Gottes, (4) Christus als Schlüssel zum Verstehen der Geschichte, (5) Die ökumenische Vision, und (6) Trinitarische Mission. Im zweiten Abschnitt fasst Weston Newbigins Beiträge zu folgenden Themen zusammen: (7) Christus und die Kulturen, (8) Das Wesen und die Berufung der Kirche, (9) Das Evangelium und die Weltreligionen, (10) Die missionarische Krise im Westen, sowie (11) Das Evangelium und das öffentliche Leben. Dabei gelingt es Weston, die zentralen Themen Newbigins aufzugreifen und den Leser an sein Werk heranzuführen. Dass der zweite Teil wesentlich ausführlicher ausfällt als der erste ist von der Sache her begründet. Gerade in der Beschäftigung mit den aktuellen Herausforderungen der christlichen Mission wurde Newbigins theologisches Denken geprägt. Und dieser Teil führt den Leser hin zu den Fragen, die uns heute in der Missionstheologie in Europa beschäftigen (müssen). Dazu gehört die Auseinandersetzung mit den Religionen genauso wie die Auseinandersetzung mit dem westlichen Weltbild. Der zunehmende Einfluss des Islam in Europa wirft dabei die Frage auf, welche Rolle das Evangelium spielt bzw. spielen muss in der Diskussion um das öffentliche Leben, ein Thema, das Newbigin bis in sein hohes Alter hinein beschäftigt hat. Weston gibt uns einen kompakten Reader in die Hand, der auf gut 250 Seiten den Leser einführt in die Grundlagen von Newbigins theologischem Denken und in die missionstheologischen Themen, mit denen er sich auseinander gesetzt hat. Wer eine Einführung in Newbigins literarisches Werk sucht, ist gut beraten, zu diesem Buch zu greifen. Dr. |
Weth, Rudolph (Hg.) Bekenntnis zu dem einen Gott?
Christen und Muslime zwischen Mission und Dialog. Neukirchener Verlagshaus: Neukirchen-Vluyn,
1999. Die Jahrestagung der Gesellschaft für Evangelische Theologie beschäftigte sich 1999 mit dem Thema: Islam - Dialog oder Mission? So breit das theologische Spektrum der Referenten - auch Muslime gehörten dazu - so unterschiedlich natürlich auch die Positionen der hier veröffentlichten Beiträge. Viele verschiedene Themen aus den Bereichen islamische Ethik, Politik, Theologie und, übergreifend, der Vergleichenden Religionswissenschaft werden angeschnitten und auf die islamische Realität im In- und Ausland angewendet. Gelegentlich finden sich verhalten kritische Anfragen an den Islam (Terrorismus im Namen des Islam, Einschränkung der Menschenrechte, Stellung der Frau), daneben jedoch ebenso die Auffassung, daß Christen und Muslime im Kampf für die universellen Menschenrechte vereint seien (119/120); eine Behauptung, für die die Belege angesichts spezifisch muslimischer Definitionen von Menschenrechten mit der Aberkennung jeglicher Rechte für Konvertiten bisher ausstehen. – Insgesamt ein informatives Buch für jeden, der sich mit der Bandbreite theologischer Auffassungen zum Thema Islam in unserem Land beschäftigen möchte. Eine kleine Anmerkung zum Schluß: Gerade dort, wo man bei derartigen Tagungen und Veröffentlichungen versucht, Muslimen gerade nicht mit Überheblichkeit zu begegnen, sollte doch unbedingt der Begriff „mohammedanisch“ (S.11) vermieden werden, der für Muslime immer einen unmittelbaren Affront darstellt (stattdessen „muslimisch“). Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-3. |
Wetzel, Klaus. Kirchengeschichte Asiens. TVG. Wuppertal: R. Brockhaus, 1995. Klaus Wetzel, 1987-1993 Dozent in Batu/Indonesien und
heute neben Pfarrvikariat Dozent in Korntal, legt hiermit seine in Indonesien
gehaltenen Vorlesungen zur Kirchengeschichte Asiens vor. Sie gehen weniger
auf Forschungsarbeit zurück als auf eine breit angelegte Zusammenfassung
von Standardwerken, weswegen in den Anmerkungen intensiv auf meist
deutschsprachige Lexika, Handbücher, Kirchen- und Missionsgeschichten und
Werke wie ‚Operation World’ (‚Gebet für die Welt’) verwiesen wird.
Kirchengeschichte Asiens wird dabei im weitesten Sinne verstanden: chronologisch
vom Neuen Testament bis heute, geographisch (z. B. einschließlich asiatisches
Rußland) und konfessionell. Außerdem Dr. Thomas Schirrmacher, em 1997-2. |
Wetzel, Klaus. Wo die Kirchen wachsen. Der
geistliche Aufbruch in der Zwei-Drittel-Welt und die Folgen für das
Christentum. Brockhaus:
Wuppertal, 1998. „Offensichtlich ist, daß wir uns mitten in einer
Umbruchphase der Kirchen- und Missionsgeschichte befinden, deren epochale
Bedeutung dem Weg des Evangeliums zu den nichtjüdischen Völkern in
neutestamentlicher Zeit, der Konstantinischen Wende und der Reformation in
nichts nachsteht“ (92). Diese Kernaussage bezieht sich auf umfangreiches
Zahlenmaterial, das der Verf. zusammengestellt hat. Die Statistiken spiegeln
zum einen den Stellenwert des christlichen Glaubens innerhalb der ihn jeweils
umgebenden Gesellschaft wider, zum anderen veranschaulichen sie weltweite
zahlenmäßige Verschiebungen: Europa bzw. die westliche Welt ist nicht länger
das Zentrum der Christenheit. Die Kirchen der Zwei-Drittel-Welt wach- Wie in der Einführung erläutert, soll die vorliegende Darstellung „Mut machen zum verstärkten Engagement für Weltmission bei sich verändernden Rahmenbedingungen“. Dem aufmerksamen Leser des bekannten Buches „Gebet für die Welt“ werden viele Aussagen nicht neu sein; sie werden vom Verf. mit weiteren Quellen kombiniert. So wird ausführlich dargestellt, „wo die Kirchen wachsen“. Leider sind jene Passagen etwas knapp geraten, die der Frage nach dem „warum“ des Wachstums und nach den Konsequenzen für die westlichen Christen nachgehen. Für Einsteiger in Sachen Weltmission ist die Darstellung hilfreich, um einen Überblick der gegenwärtigen Situation zu erhalten. Harald Börner, em 1998-4. |
Wienecke, Werner A. Die Bedeutung der Zeit in
Afrika in den traditionellen Religionen und in der missionarischen Verkündigung. Frankfurt: Peter Lang Verlag, 1992. Jeder Mitteleuropäer, der schon intensiver mit Afrikanern Kontakt hatte, wird deren fundamental anderes Verhältnis zur Zeit bemerkt haben. Im Alltag ist es unübersehbar. Doch wie steht es mit religiösen Fragen? Welche Rolle spielt die Raum-Zeit-Dimension in den afrikanischen Religionen im Unterschied zum Christentum? Und wie müssen wir uns in der christlichen Verkündigung darauf einstellen? Viel zu lange machten sich westliche Missionare zu wenig Gedanken über die traditionellen afrikanischen Religionen und die afrikanische Kultur, und zu viel Mißverständnisse entstanden daraus. Werner A. Wienecke, Jahrgang 1924, erlebte dies zwischen 1954 und 1966 ganz schmerzlich im Dienst als Missionar im damaligen Südwestafrika (heute Namibia). Tausende von Herero trennten sich von der lutherischen Missionarskirche und gründeten ihre eigene afrikanische Kirche. Die hier veröffentlichte Doktorarbeit, die Wienecke nach seiner Pensionierung 1991 an der University of South Afrika vorlegte, versucht die Ursachen dieser Trennung ein wenig zu erhellen. In einem einführenden Kapitel schildert Wienecke die Probleme, die zur Trennung der christlichen Herero von den Missionaren führten und wirft dabei Fragen nach Inkulturation, Synkretismus und einer afrikanischen Theologie auf. Weiter versucht er über die von John S. Mbiti aufgezeigten Unterschiede zwischen afrikanischem und westlichem Zeitverständnis einen Zugang zu den angesprochenen Fragen zu erhalten. Im dritten Kapitel beschreibt er anhand von Mbiti die Auswirkungen des afrikanischen zweidimensionalen, m. E. nur Gegenwart und Vergangenheit umfassenden, Zeitverständnisses auf die afrikanischen Religionen. Dem folgt die Auseinandersetzung mit Mbitis Darstellungen und mit seiner „afrikanischen Theologie“ vor allem entlang des Zeitbegriffes der Afrikaner. Er zeigt, daß dieser dem biblischen insofern ähnelt, als er mehr ereignisverbunden ist als der westlich-lineare oder östlich-zirkulare. Afrikaner haben die Zukunftsdimension oft weit weniger im Blickfeld. Im fünften Kapitel versucht Wienecke dann die Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnisen über afrikanische Weltanschauung für die Verkündigung der westlichen Missionare zu ziehen. Im großen und ganzen folgt Wienecke also den Vorstellungen von Mbiti und bewertet die afrikanischen Religionen positiv und als Wegbereiter für das Evangelium. Das Wissen der Afrikaner über Gott ist für ihn eine natürliche Form der Gottesoffenbarung. Das afrikanische Gemeinschaftsgefühl, das Afrikanern eine Verbindung zu ihren Ahnen ermöglicht, sollte nicht zerstört werden, sondern das „Totengedenken“ sollte einen legitimen Platz in der christlichen Gemeinde haben. Seiner eigenen Forderung nach einem tiefergehenden Verständnis der afrikanischen Welt kommt der Autor also gut nach. Es wäre nun aber zu wünschen, daß er gleichermaßen die Aussagen der Bibel beachten würde und gleichzeitig seine Zurückhaltung gegenüber westlichem Denken beibehielte. Gerade im letzten Kapitel werden einige theologische Schwächen deutlich, wo m. E. der Autor zu schnell versucht, afrikanische Simultanität zu rechtfertigen, und afrikanische Theologie nicht sorgfältig genug von der Bibel her hinterfragt. So z.B., wenn er wie Mbiti kaum die biblischen Aussagen zum Wesen und Wirken des Heiligen Geistes beachtet, sondern seine Untersuchung mit der Feststellung beendet, daß „man um die Wirksamkeit des Heiligen Geistes [weiß] und sie vor allem in den A[frikanischen] U[nabhängigen] K[irchen]“ erlebt (S.264). Seine Darstellung afrikanischer Denkweise in Bezug auf Zeit und Religion ist allerdings differenziert und sachkundig. Negativ fallen die zahlreichen Flüchtigkeitsfehler und der hohe Preis des Buches auf. Dieser wird den potentiellen afrikainteressierten Leser abschrecken, so daß das Buch möglicherweise sein Dasein in Händen von Fachleuten und in Regalen von Fachbibliotheken fristen wird. Martin Sachs, em 1997-3. |
Wiher, Hannes. Missionsdienst in Guinea. Das
Evangelium für eine schamorientierte, von Animismus und Volksislam geprägte
Gesellschaft. edition
afem, mission scripts Bd. 14. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 1998.
„Ein Handbuch für Missionare in Guinea zu verfassen“ (S.13) war das Ziel des Autors im Blick auf das vorliegende Buch. Tatsächlich hat er jedoch eine sehr wertvolle Hilfe für jeden Missionar geschaffen, der in einer von Animismus und/oder Volksislam geprägten afrikanischen Kultur südlich der Sahara arbeitet. Nach einer kurzen Einleitung beschreibt der Autor in Kap. 2 die Hauptelemente der Gesellschaft Guineas. Dabei skizziert der Anthropologe Wiher kurz, aber klar und verständlich die vorherrschenden Weltanschauungen (Animismus und Volksislam), das prestige- und schamorientierte Gewissen („Über-ich“), sowie die Prägung der im Land existierenden Kirchen und den Einfluß des säkularen Materialismus. In Kap. 3 geht es um das biblische Gottes-, Menschen- und Heilsverständnis. Eine ganze Anzahl hilfreicher Wortstudien mit Bezug auf die biblischen Ursprachen lassen den Theologen Wiher zu Wort kommen. Das Herz des Buches bildet Kapitel 4. Hier erläutert der Missiologe Wiher die Folgerungen aus Kapitel 2 und 3 für die Missionspraxis in Guinea. Dabei geht er u. a. auf folgende Aspekte ein: Konzept von Sünde/Heil, Evangelisation, Gemeindepraxis, Seelsorge, Ehe und Familie, Personalführung, Medizin. Die vielen praktischen Ratschläge sind nicht nur für den Neuling eine große Hilfe. Auch nach mehrjährigem Aufenthalt in einer animistischen Kultur ließ mir die Lektüre von Wihers Buch so manches Licht aufgehen, z. B. zu Themen wie Polygamie (welche afrikanische Kirche hat nicht damit zu kämpfen?), Evangelisation unter Muslimen oder zum Heilsverständnis in einer prestige-/schamorientierten Gesellschaft. Neben konkreten Ratschlägen zeigt der Autor auch Hintergründe für häufig vorkommende falsche Lehrmeinungen in der Kirche auf, z. B. im Blick auf das Abendmahl. Wihers Stärke ist seine kompakte, klare Darstellungsweise. Er bietet viel Inhalt auf wenig Seiten. Selbst ein „vielbeschäftigter Missionar“ kann die 125 Seiten meistern. Es gibt aber auch eine Kehrseite der Kompaktheit: Nach einigen wenigen Abschnitten bleibt beim Leser der Eindruck zurück, daß das betreffende Thema kaum berührt wurde, z. B. die Struktur der Großfamilie und daraus resultierende Verpflichtungen und Konsequenzen. Sollte Hannes Wiher einmal ein ausführlicheres Werk zum vorliegenden Themenbereich publizieren, gehörte ich zu den ersten Käufern. Im Anhang sind einige statistische Daten über das Land Guinea zusammengestellt. Weit über 200 Fußnoten, die überwiegend auf weiterführende Literatur verweisen, sowie eine extensive Bibliographie (16 Seiten) bieten dem Leser eine Fülle von Möglichkeiten, einzelne Themen weiter zu verfolgen. Thomas Deusch, em 2000-1. |
Wiher, Hannes. Shame and Guilt. A Key
to Cross-Cultural Ministry. Edition iwg – mission academics 10. Verlag für
Kultur und Wissenschaft. Bonn 2003. Vorliegende Arbeit wurde als Dissertation an der
Potchefstroom University for Christian Der Autor greift ein wichtiges Thema auf, das in der missiologischen Literatur eher sporadisch diskutiert wurde und erst in den vergangenen 20 Jahren eine Popularität erhalten hat, die seiner Wichtigkeit entspricht: Elenktik ist die Wissenschaft vom Gewissen im kulturellen Kontext. Nach der Einführung im ersten Kapitel führt der Autor im zweiten in die missiologische Diskussion mit allen relevanten Hilfsdisziplinen ein. Er erklärt, wie die betreffenden Autoren das Thema aus ihrer Sicht behandeln und definieren. Dabei wird deutlich, dass eine Zusammenschau, wie es der Missionswissenschaft eigen ist, erst zu ganzheitlichen und deshalb brauchbaren Ergebnissen führt. Das ist eine hervorragende Zusammenstellung der aktuellen und geschichtlichen Literatur zum Thema. Durchgehend durch das ganze Buch setzt er sich immer wieder mit den wichtigsten Autoren zum Thema auseinander. Um die Erkenntnisse an der Schrift zu prüfen und zu messen, geht der Autor im dritten Kapitel den Schlüsselbegriffen Scham und Schuld sowie deren Gegensätzen Ehre und Gerechtigkeit auf den Grund. Er arbeitet mit hebräischen und griechischen Begriffen, die im Kontext der Sprachen und Kulturen auf ihre Bedeutung geprüft werden, er vergleicht und führt mit umfangreichen Beispielen durch die gesamte Bibel. Daraus erhärtet sich seine These, dass in der Bibel ein balanciertes Verhältnis von Schuld und Scham besteht, sowohl im Umgang Gottes mit den Menschen als auch in den Kulturen, in denen die Bibel entstanden ist. Diese These ist besonders für Theologen wichtig, denen durch ihre Kulturbefangenheit der Blick für die Zusammenhänge des Schamempfindens im Wort Gottes fehlt. Das heraus zu arbeiten ist auch eines der wichtigen Verdienste des Autors. Mit dem 4. Kapitel beginnt ein zweiter Teil. Der Autor verlässt den analytischen Ansatz zugunsten eines breiten Anwendungsforums, das keine Lücke lässt: Die theoretischen Implikationen für den interkulturellen Dienst. Die These der balancierten Scham- und Schuldorientierung wird auf bekannte missiologische Literatur angesetzt und durchgehend bestätigt. Persönlichkeit, Animismus, Theologie sind Beispiele der Grundsatzdiskussion. Im 5. Kapitel werden praktische Implikationen für den interkulturellen Dienst in den Bereichen Kommunikation und Kontextualisierung, Evangelisation, Gemeindeleben und Seelsorge vermittelt. Vereinfacht könnte man die praktischen Schlussfolgerungen so zusammenfassen: Korrigiere die westlichen Ansätze zu mehr scham- und die nicht-westlichen zu mehr Schuldorientierung und man ist auf der richtigen Spur. Die tiefen Rinnen der westlichen Denkmuster sollen durch die vielen Anwendungen deutlich werden und Theologe sowie Missionar zu neuen Ansätzen animiert werden. Die praktischen Hinweise z.B. für die Evangelisation im Islam, im Animismus, für die Anwendung beim Power Encounter und im Westen für die Generation X sind außerordentlich hilfreich für die Missionsmethodik. Hier beweist der Autor seine kompetente Einsicht. Es ist bezeichnend, welch starkes Gewicht der Autor auf die zuverlässige biblische Grundlage legt und immer wieder darauf verweist. Andererseits unterliegt die enorme Weitläufigkeit einer gewissen Oberflächlichkeit, so dass die Glaubwürdigkeit der Analyse stellenweise leidet. Manche Behauptungen sind so kurz skizziert, das sie vom Leser nicht konsequent nachvollzogen werden können. Wihers Studie ist angereichert mit 60 Tabellen bzw. Graphiken. Sie enthält eine umfangreiche Bibliographie, die die ganze Breite der Forschung reflektiert (74 S.), ein Abkürzungsverzeichnis und einen Index für Autoren und wichtige Begriffe (11 S.). Prof.Dr. Klaus W. Müller, em 2006-2. |
Wilhelm, Jörn. Samuel Hebich - der große Seelengewinner.
Züge aus seinem Leben und Wirken. Lahr: St. Johannis 1993/4. Samuel Hebich arbeitete 25 Jahre lang als Missionar in Indien unter Indern und englischen Kolonialbeamten. Wer mit dem Lebensbild von Hebich noch nicht vertraut ist, muß sich durch die ersten 30 Seiten regelrecht hindurchkämpfen. Die Sprache ist für jüngere Leser einfach zu klischeehaft. Dennoch lohnt sich die Überwindung. Vor allem in der zweiten Hälfte lernte ich einen Mann kennen, der mir zeigt, daß es einen direkten Weg zum Herzen des Nächsten gibt. Erfrischend ist die Schilderung, wie Hebich z. B. einen hochgestellten Major buchstäblich unter dem Sofa hervorholte und ihn ohne Umschweife zur Umkehr aufforderte: „Sie haben keine Aussicht zu entrinnen. Sich müssen sich bekehren von all ihren Sünden“. – Ich stimme mit der Aussage des Rückentextes überein: „Samuel Hebich gehört zu den interessantesten Persönlichkeiten der Missionsgeschichte des 19. Jahrhunderts“. Die Lektüre wird jeden Missionar zum unerschrockenen Zeugnis ermutigen, auch wenn seine Sprachkenntnisse noch mangelhaft sind. Die Liebe zu den Verlorenen und Gottes treues Wirken waren bei Samuel Hebich der Schlüssel zum Gelingen. Theo Wüst, em 1996-4. |
Wilkinson,
John. The
Coogate Doctors. The History
of the Edinburgh Medical Missionary Society 1841 to 1991. EMMS: Edinburgh, 1991. Dies kleine Buch ist eine gut lesbare Geschichte der ersten ärztlichen Missionsgesellschaft überhaupt und ist deswegen für alle nützlich, die sich mit den Anfängen der ärztlichen Mission beschäftigen. Gegründet auf Anregung von amerikanischen China Missionaren, breitete sich die Idee der ärztlichen Mission als eigenständigem Zweig der Missionsarbeit von Edinburgh weltweit aus. Ua. stand das Vorbild der EMMS 1898 Pate bei der Gründung des Stuttgarter Vereins für ärztliche Mission, der Vorstufe des Deutschen Instituts für ärztliche Mission (1906) in Tübingen (23f). Die EMMS ist vorwiegend in der Ausbildung ärztlicher Missionare engagiert, ist aber auch für ein Hospital (Nazareth) direkt verantwortlich. Dr.
Klaus Fiedler, em 1994-2. |
Williamson, Mabel. Haben wir keine Rechte? Fundamente für Nachfolge und Dienst. Neuhausen: Hänssler, 1992. In erster Linie sind mit dieser älteren Erbauungsschrift einer Chinamissionarin Missionare angesprochen. Dabei ist die Frage „Haben wir keine Rechte?“ weniger provokativ als seelsorgerlich gemeint. Die Autorin erlebte selbst, daß es leichter fällt, um des Dienstes willen Mühen auf sich zu nehmen, als auf Rechte zu verzichten. Ihre Antwort, mit vielen Beispielen aus China garniert, orientiert sich an Paulus: „Ich habe von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht…. damit ich möglichst viele gewinne“ (1 Kor 9). Christof Sauer, em 1994-3. |
Wright, Christopher J. H. „Mission as a Matrix for Hemeneutics and Biblical Theology“, in C. Bartholomew, M. Healy et al. (eds.), Out of Egypt: Biblical Theology and Biblical Interpretation. Scripture and Hermeneutics Series (Carlisle: Paternoster, 2004), 102-143. Wright ist der International Ministries Director der Langham Partnership International Stiftung in Großbritannien. Zuvor war er einige Jahre Missionar in Indien und sowohl Dozent als auch Direktor des All Nations Christian College. In seinem Beitrag „Die Mission als Matrix für Hermeneutik und Biblische Theologie“ umreißt Wright, was es bedeutet, die Bibel umfassend von der Mission Gottes und der Mission seiner Gemeinde her zu verstehen. Nach Wright enthält die Bibel nicht nur eine Reihe von Texten, die Begründungen für unsere Missionsbemühungen liefern, sondern Wright plädiert: „… the whole Bible is itself a 'missional' phenomenon. The writings that now comprise our Bible are themselves the product of, and witness to, the ultimate mission of God. The Bible renders to us the story of God's mission through God's people in their engagement with God's world for the sake of the whole of God's creation“ (103). Nach einer Einführung und Definitionen zeigt Wright anhand von Lk 24.4547, dass Christen die Schrift nicht nur christologisch/messianisch, sondern auch mis-sionsorientiert lesen müssen. Mit der Aussage „Es steht geschrieben“ Jesus „seems to be saying that the whole of the Scriptures … , finds its focus and fulfilment both in the life and death and resurrection of Israel's Messiah and in the mission to all nations, which flows out from that event. ... The proper way for disciples of the crucified and risen Jesus to read their Scriptures is from a perspective that is both messianic and missional. … a messianic reading of the Old Testament has to flow on to a missional reading - which is precisely the connection that Jesus makes in Luke 24“ (107). Für die Durchführung fordert Wright: „To attempt a missional hermeneutic, then, is to ask: Is it possible, is it valid, is it profitable, for Christians to read the Bible as a whole from a missional perspective, and what happens when they do?“ (109). Im Folgenden beschreibt Wright die notwendigen Schritte auf dem Weg zu einer „missionalen Hermeneutik“. Dabei geht es um mehr als eine biblische Begründung für Mission (109-13), um mehr als multikulturelle hermeneutische Perspektiven und „advocacy readings and postmodern hermeneutics“. Zu den Umrissen dieser Hermeneutik (120-37) gehört die Einsicht, dass die Bibel selbst Ergebnis der Mission Gottes ist. „This means reading texts in the light of God's purpose for his whole creation … , in light of God's purpose for human life in general on the planet… , in light of God's historical election of Israel … , in light of the centrality of Jesus of Nazareth … , in the light of God's calling of the church, the community of believing Jews and Gentiles who constitute the extended people of the Abrahamic covenant, to be the agent of God's blessing to the nations in the name of, and for the glory of, the Lord Jesus Christ“ (137). Ein anregender Aufsatz für Missiologen und für Bibelwissenschaftler und eine Einladung zum interdisziplinären Gespräch. Prof. Dr. Christoph Stenschke, em 2007-2. |
Wright,
Christopher J. H. The Mission of God. Unlocking the Bible’s grand narrative. Nottingham/UK: IVP, 2006. 1931 sprach Karl Hartenstein zum erstenmal von der Missio Dei. Seitdem und vor allem seit Vicedoms gleichnamiger Veröffentlichung nach Willingen 1952 wurde dieser Begriff zu einem zentralen Ausgangspunkt kreativen missionstheologischen Denkens im 20. Jahrhundert. Im vorliegenden Buch entfaltet ein evangelikaler Bibelwissenschaftler eine umfassende biblische Theologie vom Gesichtspunkt der missio Dei aus. Der Autor ist Alttestamentler, ehemals Dozent in Indien und England (All Nations) und gegenwärtig Direktor der Langham Partnership International/ John Stott Ministries. Sein Buch hat vier große Teile. Im ersten Teil „The Bible and Mission“ (S.29-70) formuliert Wright seine These, dass die missio Dei als hermeneutischer Interpretationsrahmen wesentlich zum Verständnis des biblischen Kanons beitragen kann. Dann lädt er den Leser ein zur theozentrisch-missio-nalen Re-Lektüre der großen biblischen Erzählung. Er struktuiert seine Darstellung nicht historisch oder dem Verlauf der biblischen Bücher folgend, sondern entlang des thematischen Dreiecks Gott, Volk Gottes und Welt. Er bezieht immer beide Testamente ein und vermittelt so eine gesamtbiblische Perspektive. In Teil 2 wird die theozentrische Perspektive entfaltet: „The God of Mission“ (S.71-188). Ausgangspunkt von Wrights Darstellung eines „dynamischen missionalen Monotheismus“ (S.532) ist Israels Erfahrung der Gnade Gottes im Exodus. Dabei macht Wright deutlich, dass die heilbringende missionarische Offenbarung Jahwes im AT und Jesu Christi im NT den Konflikt mit den falschen Göttern und Götzen einschließt. Neben einer Erörterung des biblischen Verständnisses von Göttern und Dämonen werden praktische Fragestellungen wie Irrwege eines geistlichen Triumphalismus (in extremen Ansätzen des spiritual warfare) oder religiöser Aggression diskutiert: „Wir kämpfen gegen den Götzendienst … um den Menschen zu segnen … mit tiefer Liebe, Demut und Barmherzigkeit – so wie Jesus es uns gezeigt hat“ (S.179). Eine tiefergehende Diskussion der Thematik Gewalt und Mission im Alten Testament findet sich hier jedoch nicht. Teil 3 entfaltet die Mission Gottes durch sein Volk im
Alten und Neuen Testament „The People of Mission" (S. 189-392) und
beginnt bei der Segensverheißung Gottes an Abraham, die ausführlich
exegetisch behandelt wird. Dabei arbeitet der Autor die missionale Dimension
des Segensbegriffs heraus. Anhand des Exodus-Geschehens und der Verordnung
des Jubel-Jahres entwickelt der Autor eine befreiungstheolo-gisch-holistische
Soteriologie, die geistliche, soziale, ökonomische, ökologische und
politische Dimensionen integriert und warnt vor dem Auseinanderreißen des
sozial-diakonischen und geistlich-evangelistischen Auftrags: „I beg to
dissent from the notion that evangelism by itself will result in social
change, unless Christians are also taught the radical demands of discipleship
to the Prince of Peace ... and his justice“ (S.321). Die jeweils ganze örtliche Gemeinde Jesu habe
den missionarischen Auftrag „through the combined engagement of all its
members [to apply] the redemptive power of the cross of Christ to all the
effects of sin and evil in the surrounding lives, society and environment”
(S.322). Im vierten Teil, „The Arena of God's Mission“, geht es um Gesellschaft und Welt als Ort der missio Dei. Themen sind hier die Erde als Schöpfung und Besitz Gottes und der damit einhergehende Auftrag zu ihrer Bewahrung und Pflege, die auch als Teilnahme an der Mission Gottes zu verstehen sind, das Bild der Nationen im AT und NT sowie das Weltbild der Weisheitsliteratur, das die Grenzen des Wachstums und der Machbarkeit ernstzunehmen lehrt. Als Konkretion der menschlichen Spannung zwischen Gottesebendbildlichkeit und Sünde in einer gefallenen Welt wird der Umgang mit HIV/ AIDS beschrieben und aufgezeigt, dass ganzheitliche missionarische Zuwendung gerade angesichts der unmittelbaren Wirklichkeit des Sterbens die ultimative Wirklichkeit der Rettung durch den auferstandenen Jesus bezeugt (S. 439-441). Wrights großes Werk ist sowohl für bibelwissenschaftlich als auch missiologisch interessierte Leser ein Gewinn. Es enthält ausführliche Namens-, Themen- und Bibelstellenregister, eine Bibliographie, ein kurzes Inhaltsverzeichnis und ein detailliertes „Outline“, letzteres leider ohne Seitenangaben, was das Auffinden bestimmter Abschnitte etwas erschwert. Dr. Friedemann Walldorf, em 2008-1. |
Wrogemann, Henning. Interkulturelle Theologie und Hermeneutik: Grundfragen, aktuelle Beispiele, theoretische Perspektiven (Lehrbuch Interkulturelle Theologie / Missionswissenschaft 1 ) Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2012. Interkulturelle Begegnungen sind heute in Gesellschaft und Gemeinde selbstverständlich, doch das gegenseitige Verstehen ist gar nicht so einfach. Mit dieser Herausforderung befasst sich Henning Wrogemann, Professor für Religions- und Missionswissenschaft an der kirchlichen Hochschule Wuppertal-Bethel, in dem vorliegenden Buch. In 1. Kapitel erläutert Wrogemann die Grundzüge von interkulturellem Verstehen: die Bedeutung von Zeichen (Semiotik), Fremdem, religiösen Symbolen und Kultur, und gibt einen Abriss über die abendländische Hermeneutikgeschichte von Augustinus, Luther, Troeltsch, Aufklärung, Bultmann, Gadamer bis hin zu Clifford Geertz, Roland Bathes, John & Jean Comaroff und Erving Goffmann. Er diskutiert den Einfluss interkultureller Begegnungen auf muslimische Reformer wie Muhammed Abduh (89ff) und des Britische Empires auf die gesellschaftlichen Entwicklungen in Indien (93ff), beschreibt die Bibelashrams in Indien (98ff) in ihrem Bemühen um Inkulturation des Evangeliums und die heftige Kritik der Dalits an diesen Entwürfen (114ff): Wird Jesus als Meditationsmeister oder Ausgestoßener verstanden? Wrogemann zeigt auf, wie das Vorverständnis von Kultur das interkulturelle Verstehen wesentlich prägt, und erläutert dies an geschichtlichen Beispielen, etwa der Bedeutung der Kleidung von Missionaren im südlichen Afrika (141ff), Missionsstationen, Grabfeldern, Familienordnung (144ff), Sprache und Schulwesen (146ff) sowie kolonialen Machtstrukturen (151). Im 2. Kapitel beschreibt Wrogemann verschiedene Arten der kontextuellen Theologie: evangelische Mainline-Kirchen in Afrika (161ff) sowie in Indien und Südkorea (165), Befreiungstheologien in Lateinamerika (169ff), Africa Initiated Churches in Nigeria (173ff) und feministische Theologien in Afrika (181ff, 199ff). Ist Jesus Christus als Repräsentation des fürsorgenden mütterlichen Handelns (Merci Amba Oduyoye, 202) zu verstehen, „Proto-Ahn“, der die Lebenskraft verkörpert (Benezet Bujo, 191), als Initiationsmeister (Titianma Anselme Sanon, 193) oder der „ältere Bruder“ (195)? Dabei setzt er sich kritisch von Tite Tienou (206ff) und Byang Kato (209) ab, denen er einen naiven Umgang mit der Schrift und ungenügende Reflektion ihres eigenen kulturellen Kontextes vorwirft (209). Im 3. Kapitel bietet Wrogemann einen geschichtlichen Rückblick, wie christliche Mission fremden Kulturen begegnet ist. Er beginnt mit der katholischen Mission in Lateinamerika ab dem 16. Jahrhundert, die indigene Kulturen weitgehend als Teufelswerk angesehen und zu ersetzen suchte, wobei er die differenzierte Praxis von Dominikanern und Franziskanern nicht unerwähnt lässt, die indigene Kulturen vor spanischen Siedlern zu schützen suchten, ebenso die radikale Kritik von Bischof Bartholome de Las Casas an den Grausamkeiten der Spanier und die Bulle „Sublimis Deus“ (1537) von Papst Paul III, dass alle Völker ihrer Natur nach wahre Menschen sind, ihre Freiheit und Besitz genießen sollen und weder beraubt noch versklavt werden dürfen. Kurz darauf wurde die Versklavung von Indianern eingestellt – jedoch durch den Import von Schwarzen aus Afrika ersetzt (239). Bei den Herrnhuter Missionaren (247ff) sieht Wrogemann einen „indifferenten“ Umgang mit lokalen Kulturen. Er anerkennt zwar ihren Dienst in Niedrigkeit, im Vertrauen auf das Wirken Gottes und die frühe Übergabe der Leitung in einheimische Hände, jedoch hätten sie ihre Kleidung und Sozialstruktur importiert und damit den „den Faktor Kultur unterschätzt“ (251) – ein hartes Urteil, wie ich finde. Dem stellt er das „Veredlungsmodell“ der Deutschen Ostasienmission im 19. Jahrhundert gegenüber (257ff), das weniger Bekehrung, als vielmehr Hebung des Bildungsstandes zum Ziel hatte: Mission als Erziehung und religiöser Ideenaustausch entsprechend dem optimistischen Kulturprotestantismus. Das Indigenisierungsmodell (Bruno Gutmann, Christian Keysser, 265ff) sucht die urtümlichen Beziehungen in der Volksgemeinschaft zu stärken, die durch den Sündenfall beschädigt worden seien: „Christus ist Urtyp der Gemeinschaftlichkeit“ (269). Nach Gutmann führt Zivilisation zur Individualisierung und damit zur Desintegration der Gemeinschaft (271); darum seien indigene Völker näher an der von Gott gegebenen Schöpfungsordnung, so dass nur solche Bräuche, die dem Evangelium direkt widersprächen, aufzugeben seien (270). Im Aneignungsmodell werden die einheimischen Nichtchristen als eigentliche Akteure des Inkulturationsprozesses verstanden, die (einige) Elemente des Evangeliums in ihre Kultur integrieren (280f). Dazu zählt Wrogemann auch „intuitive Inkulturationen“, in denen rituelle Innovationen durch Erfahrungen mit transzendenten Mächten wie Träumen und Visionen initiiert werden (283f). Er erläutert dies am Beispiel der Shembe-Kirche in Südafrika und der Redeemed Christian Church of God in Nigeria, kritisiert jedoch deren „geistliche Kampfführung“ und Wohlstandsevangelium. Im 4. Kapitel stellt Wrogemann verschiedene systematische Konzepte der Inkulturation vor, erklärt den Unterschied zu Akkomodation und Indigenisierung (298ff), das Drei-Selbst-Konzept (Henry Venn, Rufus Anderson), Aleida Assmanns Polarität zwischen „Kultur und Monument (biblischem Text)“, Francis D’Sas Unterscheidung zwischen Inkulturation auf ontologischer Ebene und Interkulturation auf Handlungsebene und Teresa Okures Inkulturation als of-fener Prozess der gegenseitigen Bereicherung (307f). Er erläutert Synkretismus (314ff) bzw. Theologie der Religionen am Beispiel von Exorzismen (316) und afrikanischen Reinigungsriten (321ff). Er diskutiert die Konzepte Interkulturalität (332ff), Hybridität (334f) Transkulturalität (338ff) und illustriert diese Austauschprozesse am Beispiel des Ökumenischen Rates der Kirchen (342ff), der Pfingstbewegung (347ff) und der Evangelikalen (352ff). Abschließend benennt er einige Querschnittsthemen, wie Gerechtigkeit, Entwicklung, Weltwirtschaftsordnung, Heilung, Pandemien, Versöhnung, Gender, Korruption, Ökologie, die kontextuelle Theologien heute prägen und in ihrer Sehnsucht nach dem Reich Gottes bestärken (368). Wrogemann untersucht Riten und Theologien vor allem darauf hin, welche Macht sie ausüben (370) und Wirkung auf Gemeinden und Öffentlichkeit haben (224) – meines Erachtens ein typisch westliches Denken. Wrogemanns Diskurs ist wesentlich geprägt vom analytischen Erkenntnisprozess und scheint mir im rationalen Weltverständnis verhaftet zu sein (bzw. für solche Leser geschrieben zu sein) und dabei transzendente Dimensionen auszublenden. Das Buch richtet sich in erster Linie an Hochschulstudenten mit landeskirchlichem Hintergrund. Wrogemann gibt eine gute Einführung in die grundlegenden Konzepte der Interkulturellen Theologie und umspannt dabei einen weiten Horizont. Er sucht Brücken zu bauen zwischen den verschiedenen Frömmigkeitsstilen und bemüht sich um gegenseitiges Verstehen. Es beschreibt verständnisvoll die pentekostalen Gruppen sowie Africa Initiated Churches. Mit evangelikalen Personen und Gruppen scheint der Autor jedoch wenig vertraut – da hat das Buch deutliche Lücken – doch empfehle ich es allen, die sich einen Überblick über akademische interkulturelle Theologie verschaffen wollen. Detlef Blöcher, em 2012-4. |
Wrogemann, Henning. Mission und Religion in der
Systematischen Theologie der Gegenwart. Das Missionsverständnis deutschsprachiger protestantischer Dogmatiker
im 20. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen, 1997. Vor 70 Jahren (von O. Kübler 1929 und E. zur Nieden 1928) ist ein ähnlicher Versuch gemacht worden, nämlich die systematische als die am deutlichsten normative Disziplin der Theologie nach ihrer Stellung zur Mission zu befragen. Hier geschieht aber mehr – es wird auch nach dem Stellenwert von Religionen gefragt, und dies in systematischer Weise. Kein bequemes, aber ein erstaunlich lehrreiches Buch, auch gut gemacht, mit ca. 600 Titeln Literatur und einem Register der Bibelstellen (leider schmal!) und der Personen. Zwei Kritikpunkte am Rande: Ludwig Wiedenmanns (SJ) Studie über Mission und Eschatologie fehlt, die einen Teilaspekt untersucht hat. Der andere ist die historische These, das Christentum sei die derzeit größte Religion der Erde, und das „verdankt das Christentum aber nicht zuletzt den gewaltsamen Mitteln, mit denen die europäischen Kolonialmächte ihre Kultur und Religion in den letzten Jahrhunderten verbreitet haben“. Das kann man – wenigstens weitgehend – auch ganz anders sehen. Eine systematische Studie, die systematisch fragt, da spielt also auch eine Philosophie (die von E. Levinas) als Hinweis auf die Fremdheit des Fremden eine Rolle, und die Position von Th. Sundermeier, der die Hermeneutik des Fremden als Aufgabe der Christenheit in ihrer Mission besonders betont. Positiv sei auch gewürdigt, daß der Verfasser eine Auswahl trifft, und wie er sie trifft. Da werden für die erste Hälfte des Jahrhunderts Martin Kähler, Ernst Troeltsch, Paul Althaus, Karl Barth und Paul Tillich ausgesucht, knapp analysiert und kritisch gewürdigt. Für die zweite Hälfte dann Wolfhart Pannenberg, Helmut Thielicke, Jürgen Moltmann sowie Michael von Brück und Friedrich Wilhelm Marquardt. Zuerst tendierte der Rezensent dazu, das Buch „kritisch“ zu lesen, und fand reichlich Stoff zur Kritik; dann aber etwas freundlicher – als eine Wegbeschreibung für (Teile des deutschen) Protestantismus; eklektisch also, und fand sehr viel Lehrreiches, viel Klärendes. Besonders gilt das nun auch für das kritische Element in der Auswahl: von Brück und Marquardt gelten als Beispiele, wie im Einlassen auf eine andere Religion christliche Theologie von Identitätsverlust bedroht sein kann. Zu dieser Wegbeschreibung des 20. Jahrhunderts kommt noch der letzte Teil hinzu – eine Art Resümée am Rastplatz, am Ende dieses 20. Jahrhunderts (S.275-318). Darin wird aber nicht nur im weiten Umgriff Fazit gezogen und Desideria aufgestellt. Es wird auch ein Ausblick gewagt, der nun von der Fremdheit des Anderen und der Mühe, ihn zu verstehen (ohne ihn zu vereinnahmen) redet. Dabei ist theologisch wesentlich die Unterscheidung zwischen Gottes Segen, der nach der Schrift auch unter Heiden wirkt, und Gottes Rettung, die an sein Wort gebunden ist. Dabei wirkt auch der Begriff der Konvivenz nüchtern-hilfreich. Man kann etwas mit diesem Buch anfangen; man muß auch weiterarbeiten. Wie fremd sind uns eigentlich unsere säkularisierten Zeitgenossen geworden? Oder anders: Wie wenig Übereinstimmung besteht zwischen der Kultur, in der wir leben (und in der sich das Christentum hat auswirken können) und dem Anspruch des Evangeliums? Ein dichterer Bezug zur Heiligen Schrift hätte vielen potentiellen Lesern den Gebrauch des Buches leichter gemacht; aber man kann nicht alles auf einmal tun, und der Autor versucht durchaus, exegetische Befunde und Einsichten zur Geltung zu bringen, insbesondere im letzten Teil. Prof. Dr. Niels-Peter Moritzen, em 1998-4. |
Wrogemann, Henning. Missionarischer Islam und
gesellschaftlicher Dialog. Eine Studie zur Begründung und Praxis des Aufrufs
zum Islam. Verlag Otto Lembeck, Frankfurt/M, 2006. Das Buch des Leiters des Missionsseminars in Hermannsburg und Privatdozenten für Religionsgeschichte und Missionswissenschaft an der Theologischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg ist die leicht überarbeitete Habilitationsschrift des Verfassers, die im Jahr 2005 unter dem Titel „Da’wa islâmîya – Der Ruf zum Islam. Eine Studie zur Begründung und Praxis des Aufrufs zum Islam im internationalen sunnitischen Diskurs“ von der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommen wurde. Die Arbeit untersucht aus christlich-theologischer Sicht das muslimische Konzept der Da’wa, des Aufrufs in den Islam bzw. zum wahren Islam. Die Verwendung des Begriffs „missionarisch“ im Buchtitel begründet der Vf. damit, dass zahlreiche muslimische Autoren, die auf Englisch schreiben, das arabische Wort „da’wa“ mit „mission“ übersetzen. Der Vf. macht in seinem Werk auf jeden Fall deutlich, dass der Islam eine „missionarische“ Religion ist, auch wenn manche Muslime das bestreiten. (Dahinter steht die Unterstellung, dass christliche Mission „Proselytismus“ sei). Der erste Hauptteil des Buches steht unter dem Thema „Ausbreitung des Islam und Geschichte des da’wa-Diskurses“. Der Vf. analysiert relativ knapp das Verständnis von da’wa im Koran, ohne auf das damit verwandte Konzept des ğihâd (Eifer, Einsatz für Allah, „Heiliger Krieg“) einzugehen. Es folgen kurze Überblicke zur Ausbreitungsgeschichte des Islam und zu den islamischen Reformbewegungen im 19. und 20. Jahrhundert. In Teil II („Da’wa-Bewegungen im 20. Jahrhundert“) bringt der Vf. einen Überblick über die Gruppen und Einrichtungen, die Da’wa auf unterschiedlichste Weise betrieben haben. Dabei wird deutlich, wie weit der „Ruf zum Islam“ gefasst werden kann: als Einladung zur Annahme des Islam, als Ruf zur islamischen Einheit, als Bemühen um die Islamisierung der Muslime und der Gesellschaft und schließlich als Instrument nationaler und transnationaler Ideologien. Die Frage nach der Beziehung der Da’wa zum Ĝihâd erörtert der Vf. vor allem im Zusammenhang der Ideologie Sayyid Quţbs (§ 6, Abs.3.3 und 4). Im Kern des Buches und umfangreichstem Teil III (S.187-375) wird „der internationale Diskurs: da’wa-Theologien und da’wa-Strategien für das 21. Jahrhundert“ behandelt. Da die muslimische Literatur zur Da’wa mit den darin vorgetragenen Begründungen, Konzepten und Methoden in den letzten Jahrzehnten fast unübersehbar geworden ist, beschränkt sich der Vf. auf den sunnitischen Islam und auf die Untersuchung von acht, nach seiner Ansicht einigermaßen repräsentativen, zeitgenössischen Autoren (I. al-Farûqi, M. Shafîq, S.A. Siddiqi, R. ´Ibn Hâdî, A. von Denffer, F. Esack, T. Ramadan, und A.H. Shakr). Aus den vorgestellten Da’wa-Konzepten entwickelt Wrogemann eine Typologie, in der er vier Modelle von Da’wa unterscheidet: 1. die reformatorisch-organisatorische Da’wa (moderat salafitisch), 2. die revolutionär-prozedurale Da’wa (neusalafitisch, integristisch, islamistisch), 3. die purifizierend-individualistische Da’wa und 4. die befreiungstheologisch-kooperative Da’wa (modernistisch-salafitisch). Im entscheidenden und abschließenden Teil IV „Islamische da’wa, christliche Mission und die Frage des gesellschaftlichen Pluralismus – Ausblick“ diskutiert der Vf. das Verhältnis von christlicher Mission und islamischer Da’wa zueinander und die Implikationen beider Konzepte im Blick auf Dialog, Toleranz und gesellschaftlichen Pluralismus sowie ihre möglichen Beiträge zum gesellschaftlichen Frieden. Die Analyse moderner Konzepte von Dialog, Toleranz, Pluralismus, Wahrheit und Gerechtigkeit durch den Vf. zeigt, wie sehr diese im Westen aus der christlichen Tradition heraus gewachsenen Vorstellungen von den muslimischen Sichtweisen abweichen, auch wenn Muslime heute in ihrer Da’wa die westliche Begrifflichkeit benutzen. Wrogemann hofft aber, dass christliche Mission und islamische Da’wa in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft nebeneinander existieren und sogar miteinander einen Betrag zu gesellschaftlicher Gerechtigkeit leisten können. Dabei redet er nicht einer Harmonisierung von „Letztbegründungsansprüchen“ das Wort, sondern sucht nach Schnittmengen, die Koexistenz, Verstehen und begrenzte Zusammenarbeit ermöglichen. Er sieht Ansätze dafür, dass auch unter muslimischen Gelehrten ein Prozess der kritischen Selbstreflexion und des Verzichts auf religiöse Eigenmächtigkeit in Gang gekommen ist. Das Buch ist detailliert gegliedert und lässt sich deshalb auch als Nachschlagewerk benutzen. Ebenso hilfreich ist die umfangreiche Bibliographie (S.451-500) aus Primär- und Sekundärquellen. Bei allen Fragen, die zum Teil IV bleiben, ist das Buch ein wertvolles Arbeitsmittel zum Thema „Da’wa“. Eberhard Troeger, em 2006-4. |
Wrogemann, Henning. Missionstheologien der Gegenwart. Globale Entwicklungen, kontextuelle Profile und ökumenische Herausforderungen. (Lehrbuch Interkulturelle Theologie/Missionswissenschaft 2) Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2013. „Der christlichen Religionsformation eignet seit ihren Anfängen ein missionarischer Charakter, da sich ihre Botschaft gleichermaßen an alle Menschen richtet. Dieses grenzüberschreitende und transformierende Wirken ist Gegenstand des Fachs Interkulturelle Theologie/Missionswissenschaft. Wie aber geschieht ‚Mission’? Wie wird sie begründet, welche Ausdrucksgestalten findet sie und nach welchen Zielvisionen richtet sie sich aus? …“ Mit diesen Worten beginnt der jetzt erschienene 2. Teil von Henning Wrogemanns dreiteiligem „Lehrbuch der Interkulturellen Theologie/Missionswissenschaft“, und der einleitende Satz ist wahrhaft Programm, das der Autor in seiner Vielgestalt und im ökumenischen Horizont entfaltet: Die Zeit der großen Missionstheologischen Entwürfe sei vorbei; Missionstheologie könne heute nur noch „kontextuell, fragmentarisch und damit skizzenhaft betrieben werden“ (24). Wrogemann beginnt mit einem kurzen Abriss der Missionsgeschichte (Kap. 1), um sich dann auf die letzten 100 Jahre zu konzentrieren: Gustav Warneck, Karl Hartenstein, Walter Freytag, Johann C. Hoekendijk, und insbesondere die großen Themen der neueren Weltmissionskonferenzen bis aktuell Busan 2013. Im 2. Kapitel beschreibt er das zeitgenössische römisch-katholische und orthodoxe Missionsverständnis – hier wächst das Buch zu faszinierender ökumenischer Breite – um anschließend auf die nordamerikanischen (freikirchlichen) Protestanten (Donald McGavran, Bill Hybels, Rick Warren), das Church Planting Movement der britischen Anglikanischen Kirche und die Pfingstbewegung einzugehen. Im 3. Kapitel („Kontinente – Kontexte – Kontroversen“) diskutiert der Autor einige Querschnittsthemen: Befreiungstheologien (Jon Sobrino, Reich Gottes, Basisgemeinden), Armut und Reichtum (Aloysius Pieris, Enoch Adeboye, Prosperity Gospel), Krankheit und Heilung, (medizinische Mission, Exorzismus, Diakonie, Denise Ackermann), Interreligiöser Dialog (Dialoginitiativen, M.M. Thomas, Theo Sundermeier, Konvivenz); Versöhnung und Konfliktbewältigung (Robert Schreiter, Wahrheits- und Versöhnungskommissionen); Frauenthemen (Beitrag von Missionarinnen, feministische Missionstheologien, Empowerment) sowie Konversion & Religionswechsel (Religionssoziologie). Im 4. Kapitel wendet sich Wrogemann den aktuellen deutschen Kontexten in den Evangelischen Landeskirchen zu (Säkularisierung, missionarischer Gemeindeaufbau, Gemeindeentwicklung, Regionalisierung der Dienstleistungen, Parochie und Funktionsdienste, Theorie kirchlicher Orte, milieutheoretische Ansätze, Gemeindeneugründungen, Glaubenskurse), um im 5. Kapitel seine Missionstheologie als „oikumenische Doxologie“ zu formulieren: die Verherrlichung Gottes als Grundlage und Ziel der Mission (413). Christen benötigten eine „Vergewisserung ihrer geistlichen Grundlagen“ (405), dann könnten sie auch „das Thema Mission … in seiner befreienden Wirkung erfahren“ (405). Gotteslob als „Quelle der Kraft“ (415), „gemeinschaftlich-leibliche Erfahrung“ (417) und in seiner „identitätsstiftenden Bedeutung“ (419). Wrogemann fasst zusammen: „Christliche Mission gründet im Gotteslob und zielt auf die Vermehrung des Gotteslobs aus dem Mund seiner erlösten Geschöpfe“ (409). Dies könne nur in Solidarität (Ethik) (424f), kultureller Vielfalt (426f), partnerschaftlicher Zusammenarbeit (428f) und mit ökologischem Bewusstsein (429) geschehen, und gerade daran erweise sich dieser Entwurf als kontextuell und interkulturell anschlussfähig sind (410). Im letzten Kapitel geht Wrogemann auf aktuelle Chancen ein, wie internationale Begegnungsreisen und Jugendfreiwilligendienste (434), Migration und Migrantengemeinden (439), um mit den Herausforderungen des modernen Pfarrerberufs abzuschließen (435) und dafür eine Zukunftsvision zu skizzieren (436f): Wertschätzung der Laienmitarbeiter, eine Kultur der Ermutigung, neue Formen der Pfarrerausbildung und Gemeinden. Das Werk ist eine immense Fundgrube für vielfältige Aspekte der Mission im ökumenischen Horizont, auch wenn sich der Autor auf die doxologische Begründung der Mission und einige Querschnittsthemen beschränkt, wobei beispielsweise bei Sobrinos Theologie der Befreiung eine kritische Diskussion entfällt (S. 287). Zuweilen verallgemeinert der Autor den Missionsbegriff auf merkwürdige Weise (S. 355f); hin und wieder blitzen auch klassische Klischees über Kurzzeitler (368) und „us-amerikanische Fundamentalisten“ (328) durch. Pentekostale Frömmigkeit und ihre Missionsbewegungen beschreibt Wrogemann recht wohlwollend (239-64) – wenn auch gelegentlich ein rationalistisches Weltbild durchschimmert, als könne er sich ein übernatürliches Eingreifen Gottes nicht vorstellen (259). Einige Praxisbeispiele aus dem Globalen Süden (z.B. Nigeria, Indien, Sri Lanka, Philippinen, Pakistan) beleben das Arbeitsbuch, doch wirken sie zuweilen zufällig und selektiv (227, 288f, 338) – da hätte ein größerer Überblick über typische Trends gut getan. Während Wrogemann die großen Themen der Weltmissionskonferenzen ausführlich diskutiert, werden die Lausanner Bewegung und World Evangelical Alliance nur in wenigen Sätzen (meist in Fußnoten) abgehandelt. Die evangelikale Missionsbewegung und -theologie (inklusive Landeskirchlicher Pietismus) wird nicht erwähnt, obwohl sie die Mehrheit der evangelischen Missionsbewegung darstellt. Die Kapstadt-Erklärung der Lausanner Bewegung 2010 wird in einer Zeile (166) abgehandelt, und die missionstheologischen Arbeiten von WEA und Lausanne Kommissionen beispielsweise zu Oralität, Urbanität, elektronische Medien, Flüchtlingen, Partnerschaft, Social Justice, etc. nicht einmal erwähnt. Ebenso wenig die großen Missionsbewegungen des Globalen Südens wie COMIBAM, EMS/ECWA, PMA, 24/7, etc. und ihre missionstheologischen Beiträge. Das Literaturverzeichnis ist sehr umfangreich, eine wahre Fundgrube, doch finden sich darin kaum evangelikale Autoren – nicht einmal J. Mandryks enzyklopädisches „Operation World“ 2010 ist dort zu finden, obwohl Wrogemann sich um demographische Angaben bemüht. In dieser Hinsicht weist das Buch erhebliche Lücken auf. Evangelikale Leser können jedoch mit diesen Leerstellen leben, da sie in diesem Bereich allgemein gut informiert sind. Diese Lücken sind jedoch auch eine Anfrage an uns, in wieweit wir zitierfähig sind und in relevanten Fachzeitschriften publizieren. Trotz der Einschränkungen ist das Buch allen sehr zu empfehlen, die sich einen Überblick über aktuelle interkulturelle Theologien im ökumenischen Kontext verschaffen wollen. Dr. Detlef Blöcher em 2014-1. |
Yamamori, Tetsunao. Unerreichte Völker. Neue Strategien für einen großen Auftrag. [God’s Special
Envoys: Penetrating Missions’ Final Frontier],
Neuhausen: Hänssler, 1994. Der Präsident der christlichen Hilfsorganisation „Food for the Hungry“ entwickelt in seinem Buch „Unerreichte Völker“ ein neues Missionskonzept mit der Überzeugung, daß bisherige evangelistische Bemühungen nicht in der Lage sind, auf die heutigen Entwicklungen einzugehen. Das Erfüllen des missionarischen biblischen Auftrages kann laut Yamamori mit „Gottes Sonderbotschaftern“ geschehen. Die Sonderbotschafter (SB) sind intelligente, finanziell gesicherte, beruflich erfolgreiche Jünger Jesu, die sich durch eine hohe Flexibilität und kulturelle Anpassungsfähigkeit in wirtschaftlich und geistlich armen Ländern einsetzen. Der SB ist eine Mischung aus Entwicklungshelfer, Zeltmacher und traditionellem Missionar. In der Vielfalt der Anforderungen, die an den SB gestellt werden, zeigt sich eine Schwäche des Buches. Lesenswert ist das Buch, weil es eine Fülle von praktischen, biblischen und missionstheologischen Ansätzen beschreibt und den Fokus der „Unerreichten“ nie verliert. Nebst dem 10/40 Fenster von Bush sind im Anhang die Kontinentkarten des Adopt-A-People-Clearinghouse mit dazugehörenden Statistiken vorgestellt. Leider weicht anderes Zahlenmaterial seines Buches zum Teil erheblich von bekannten Angaben ab. So wird z.B. der Anteil der bibelgläubigen Christen an der Weltbevölkerung des Jahres 1992 mit 14,7% angegeben (S.50). Im Vergleich dazu gibt Johnstone ohne evankelikale und charismatische Katholiken 8,7% an (Gebet für die Welt; 1994). Ähnliches gilt für Yamamoris Aussage, daß nur gerade ein Tausendstel aller Missionsarbeit für die „Unerreichten Völker“ getan wird (S.47). Yamamori weist auf die vielfältigen Möglichkeiten hin, die sich durch die aktuellen Kriegs- und Katastrophenherde ergeben. Er wünscht sich eine agierende und nicht nur reagierende Missionsbewegung. Yamamori bedient sich soziologischer Erkenntnisse für missionsstrategische Überlegungen. Seine Analyse basiert auf dem Erforschen des von ihm benannten „Assimilations- und Identifikationsfaktors“ einer ethnischen Gruppe oder des „Gastfreundschaftsindex“. Die durch Umfragen ermittelten Werte sensibilisieren die SB für den eigentlichen Auftrag. Von der neutestamentlichen Missionstheologie her beurteilt fehlt jedoch in seinem Buch die Sicht für den apostolischen, gemeindegründenden Pionierdienst. Sein Aufruf zur Sendung von 600 000 SB darf nicht überhört werden. Marco Gmür, em 1995-4. |
Yang, Nak Heong. Reformed Social Ethics and the Korean Church. Asian Thought and Culture 21. Peter Lang: New York, 1997. Im Peter Lang Verlag (hier: New York) sind mittlerweile erfreulich viele evangelikale Dissertationen erschienen, so auch die vorliegende Dissertation am Fuller Theological Seminary von Nak Heong Yang, Assistenzprofessor für Ethik und Kirchengeschichte am Korea Theological Seminary. Auf den ersten 100 Seiten gibt Yang einen guten Überblick über die reformierte politische Ethik von Calvin, Knox und Beza aus der Vergangenheit und vier niederländisch-reformierten, einem anglikanisch-reformierten (John Stott) und einem methodistisch-reformierten (Stephen Mott) Theologen der Gegenwart. Dabei stellt er besonders den Gegensatz einer bewußten Veränderung und Gestaltung der Gesellschaft auf der reformierten und die reine Beschränkung auf Evangelisation in manchen anderen evangelikalen Richtungen heraus. Im zweiten Teil des Buches stellt Yang die Geschichte des
Verhältnisses der Kirchen – vor allem der evangelikalen presbyterianischen
Kirchen – zum koreanischen Staat seit 1884 und besonders seit 1945 dar. Er
kommt zu dem Schluß, daß die liberalen Kirchen so auf Politik konzentriert
waren, daß das christliche Zeugnis kaum mehr erkennbar war, während andererseits
evangelikale Gemeinden passiv blieben. Wenn überhaupt, dann unterstützten
sie nur die vielen christlichen Politiker des Landes, Auch wenn man sich gewünscht hätte, daß der Verfasser am Ende etwas deutlicher skizziert, was er denn von den evangelikalen Kirchen in Korea nun erwartet, ist das Buch nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Situation in Korea, sondern zur Frage des Verhältnisses von Evangelisation und gesellschaftlicher Verantwortung überhaupt. Dr. Thomas Schirrmacher, em 1998-4. |
Yohannan, K. P. Weltmission auf neuen Wegen. Kreuzlingen: Dynamis Verlag, 1994. Yohannan, Leiter von „Gospel for Asia“, beschreibt seinen Werdegang als Missionsleiter und die Missionssituation in seinem Heimatland Indien. Seine Hauptthese lautet: „Millionen von Menschen könnten das Evangelium in den nächsten Jahren hören und annehmen, falls indische Missionare von westlichen Finanzgebern unterstützt würden.“ Die Beispiele aus der Geschichte der 7000 einheimischen Missionare von ‚Gospel for Asia’, die Yohannan in seinem 1994 in deutscher Sprache übersetzten Buch vorlegt, sind erfrischend und glaubwürdig. Der Leser wird immer wieder auf die eigene Hingabe an Christus angesprochen. Diese Botschaft braucht der Westen. Yohannan kritisiert die westliche „Missionsindustrie“ (insbesondere die USA), weil sie mehrheitlich den Schwerpunkt des Auftrages Gottes, nämlich Menschen zu Christus führen und den damit verbundenen Gerneindebau zu Gunsten von sozialen Arbeiten aufgegeben hat. Es stört Yohannan, daß „Unterm Strich … ein westlicher Missionar dreissig bis vierzigmal mehr Geld benötigt als der einheimische“ (S.171) und er fordert eine Umverteilung der Gelder. Seine Anklagen sind teilweise berechtigt, Der informierte Leser fragt sich jedoch, inwiefern es sich um „neue Wege“ handelt. Die Frage, ob es „noch Platz für westliche Missionare in Asien gibt“, beantwortet Yohannan damit, daß es nur noch zwei Länder für den Einsatz westlicher Missionare gibt, Afghanistan und die Malediven (S.167). Mit seiner Aussage „die Zeit ist vorbei, wo westliche Missionare in noch nicht evangelisierte Länder gingen. Ein neues Zeitalter hat angefangen – Gott wird durch einheimische Leiter in jeder Nation die Aufgabe weiterführen“ grenzt er jede personelle Zusammenarbeit aus. Zusammenfassend müssen sich westliche Missionare und Missionsorganisationen sagen lassen, daß sie sich noch mehr auf ihre Stärken besinnen müssen und nicht mehr für alle Dienste gefragt sind. Yohannan muß entgegengehalten werden, daß der biblische Auftrag der Weltmission für die europäischen Nationen bestehen bleibt und sich nicht auf eine finanzielle Dimension reduzieren läßt. Marco Gmür, em 1996-2. |
Yohannan, K.P. The Coming Revolution in World Missions. God’s Third Wave. Creation House, 1986. Manche Buchtitel gefallen mir nicht. Wenn man von Gottes dritter Welle spricht, sagt man, daß sich zwei verlaufen haben, nimmt die dritte für sich selbst in Anspruch und denkt nicht an eine vierte. Ich mag auch nicht, wenn ein Buch über die eigene Lebensführung und die von einem selbst gegründete Mission gleich eine „Revolution der Weltmission“ für sich in Anspruch nimmt. Trotz des mir zu hoch greifenden Titels ist das Buch eine Auseinandersetzung wert. In ihm beschreibt K.P. Yohannan seine (und seiner deutschen Frau Gisela) Lebensgeschichte. Er begann als reisender OM Evangelist in Nordindien, stellte nach sieben Jahren fest, daß die Einsätze bei großen Opfern zwar allerhand Bekehrungen, aber wenig bleibende Frucht hervorgebracht hatten, weil man den Aufbau von Gemeinden vergessen hatte, ging zum Studium ans Criswell Bible Institute in Dallas/Texas, war dort einige Jahre Pastor einer Gemeinde und gründete dann 1983 „Gospel for Asia“, eine nordamerikanische Mission, die keine amerikanischen Missionare aussendet, sondern nur (inzwischen über 3500) asiatische Missionare, die in ihren eigenen (inzwischen 10) Ländern als Evangelisten und Gemeindegründer arbeiten. Yohannans Position ist klar: Die Missionare des Westens (1. Welle: Zeit des NT und danach; 2. Welle: William Carey 1792 bis ca. 1950) waren nötig, um die Botschaft Jesu nach Asien zu bringen, und manche tun (meist als Spezialisten, z.B. als Bibelübersetzer) noch heute einen guten Dienst. Aber jetzt ist nicht mehr die Zeit der amerikanischen und europäischen Missionare. Wenn der Auftrag der Weltmission erfüllt werden soll, ist jetzt die Zeit der (einfachen) asiatischen Missionare gekommen. In Asien leben die meisten Menschen, die keine Christen sind. Asiatische Missionare können in vielen Ländern frei arbeiten (z.B. in Indien), die keine ausländischen Missionare einreisen lassen. Sie brauchen keine lange Ausbildung, können ihre Arbeit „on the job“ lernen, die nötigen Zehntausende von Evangelisten sind vorhanden. Und da sie so ähnlich leben wie die Menschen, unter denen sie missionieren, arbeiten sie billig (vielleicht brauchen sie zusätzlich noch ein Fahrrad und einen Lautsprecher). Was dieser ständig wachsenden Missionsbewegung fehlt, ist Geld. Der beste Dienst, den Christen im Westen tun können, ist der, asiatische Evangelisten (30 solcher Evangelisten kosten weniger als ein westlicher Missionar) zu finanzieren. Yohannan vertritt genau das Gegenteil der sich auf Roland Allen berufenden „Indigenous Church Principles“, die besagen, daß die junge Kirche für ihre Missionsarbeit selbst aufzukommen habe. Genauso widerspricht Yohannan der weitverbreiteten Ansicht, daß die Mission wohl Material und „Projekte“ bezahlen dürfe, aber auf keinen Fall Personal in geistlicher Arbeit. Außerdem sind für Yohannan „Projekte“ nicht Aufgabe der Mission. Es ist nicht Mission, wenn es in Nordindien z.B. ein Missionshospital gibt, aber in 75 Jahren in der Umgebung von dort aus noch keine einzige Gemeinde gegründet worden ist. Yohannans Definition
von Mission ist eng und klar: Verkündigung des Evangeliums, Gründung von Gemeinden. Deswegen sind 80 oder
90% aller westlichen „Missionare“ keine Für einen „westlichen Missionar“ liest sich Yohannans Buch, wenn auch freundlich geschrieben, nicht gut, und gewiß ist es einseitig. Es gibt aber Antwort auf Fragen, die wir ernst nehmen sollten: (1) Wie können die Millionen Indiens (und anderer asiatischer Länder) in überschaubarer Zeit mit dem Evangelium erreicht werden? (2) Ist es zu begründen, westliche (teure) Missionare zu finanzieren, zugleich aber (sehr genügsamen) asiatischen Missionaren die finanzielle Unterstützung zu verweigern? (3) Yohannan weist auf die „Welle der einheimischen Missionare“ hin. Wie nehmen wir diese Bewegung wahr, und wie stellen wir uns zu ihr? Ich bin in Asien nie weiter gekommen als bis Baghdad. Ich wünsche mir, daß ein Missionar mit Asienerfahrung dieses Buch noch einmal rezensiert oder auch direkt zu den angeschnittenen Fragen Stellung nimmt. Dr. Klaus Fiedler, em 1993-3. |
Zacharias, Ravi. Jesus - der einzig wahre Gott? Christlicher
Glaube und andere Religionen. Gießen: Brunnen, 2002. In den Vereinigten Staaten ist der gebürtige Inder Ravi Zacharias ein gefragter Redner und inzwischen auch ein bekannter Autor. Mit dem ersten Buch, das von ihm nun in deutscher Sprache erscheint, will Zacharias nach eigenen Worten eine „Verteidigung der Einzigartigkeit der christlichen Botschaft“ (S.7) vorlegen. Er wählt dafür den Weg, die Antworten Jesu auf wesentliche menschliche Fragen (z.B. etwa die Frage nach dem Leid in der Welt) mit Antworten anderer Religionen zu vergleichen. Dabei werden zwar einzelne Details aus Islam, Hinduismus und Buddhismus beschrieben, zu einem zusammenhängenden Bild dieser Religionen kommt es jedoch nicht. Zur Illustration seiner Gedanken verwendet Zacharias eine Fülle von Beispielen aus seinem eigenen Erleben, sowie Beispiele aus Kunst, Philosophie und Literatur. Seit seinem Erscheinen hat das Buch bereits begeisterte (christliche) „Fans“ gefunden, die die Argumente des Autors für absolut brillant und stichhaltig halten (vgl. die Leser-Rezensionen bei www.amazon.de). Dabei sind die Ausführungen von Zacharias für einen kritischen Leser nicht immer überzeugend. So z.B. wenn Zacharias unterstreicht, dass Jesus einen anderen Anspruch gehabt habe, als die verschiedenen Religionsstifter: Jesus wollte nicht nur die Wahrheit lehren, sondern er nahm (im Gegensatz etwa zu Mohammed) für sich in Anspruch, selbst die Wahrheit zu sein (S. 114f). Zacharias weiß also, dass Jesus und Mohammed mit unterschiedlichem Anspruch und Selbstverständnis auftraten, behauptet dann aber trotzdem: „Islam und Christentum … sehen die Wahrheit zuletzt in zwei verschiedenen Personen offenbart … Das macht einen Vergleich dieser beiden Personen notwendig“ (S. 199). Trotz solcher argumentativer Unschärfen enthält das Buch jedoch eine Fülle von interessanten und hilfreichen apologetischen Gedankengängen. Andreas Baumann, em 2002-4. |
Zaretsky, Tuvya (Hg.). Das Evangelium − auch
für Juden. Basel: Brunnen
Verlag, 2006. Das Evangelium - auch für Juden ist das Abschlussdokument der Arbeitsgruppe Nr. 60 „Evangelisation unter Juden” des Lausanner Forums 2004 in Pattaya. Das Thema des Fo-rums war „Eine neue Vision, ein neues Herz und eine erneuerte Berufung”. Diese Thematik zieht sich durch die sechs Kapitel hindurch und ist mit den Anhängen belegt. Die Frage der Evangelisation der Juden wird aus den
verschiedensten Gesichtspunkten beleuchtet und dokumentiert. Das erste
Kapitel ist dem Bundesschluss Gottes mit seinem Volk gewid-met. Wie gehen wir
heute damit um in unserem persönlichen Denken, in unserer Theologie? Können
wir uns auf die biblische Wahrheit berufen oder sind wir einfach Mitläufer einer der vielen Strömungen? Fragen wie „Wenn Gott seinen Bund mit
dem Volk Israel nicht aufgehoben hat, brauchen Juden zur Erlösung dann noch
Jesus?” werden nicht ausgeklammert. Die Legitimität des Dialogs wird
diskutiert und verschiedene Abhandlungen, welche die Evangelisation der Juden
bejahen, respektive ablehnen, werden aufgeführt und beurteilt, bis hin zur
heutigen Toleranzfrage und dem Wahrheitsanspruch der Christen wie auch der
Juden. Obwohl es weltweit nur vierzehn Millionen Juden gibt, sind diese eine sehr divergierte Gesellschaft bezüglich ihrer Heimatländer, Kulturen, und ihrer religiösen und philoso-phischen Überzeugungen. Ihre Gemeinsam-keiten nebst der Wanderschaft und dem Opferschicksal sind die Identifikation mit Israel und der Hunger nach Spiritualität. In Israel bekehren sich mehr Nichtjuden zum Judentum als zu Christus. Schätzungen reden von 50 000 bis 332 000 jüdischen Jesusgläubigen weltweit, wovon ungefähr 5 000 in Israel wohnen und eine der 100 messianischen Gemeinden besuchen. Sie haben die Möglichkeit eine theologische Ausbildung in Israel zu erhalten. Diese Ausbildungsstätten sind zusammen mit den Gemeinden herausgefordert, den Jesus-gläubigen zu helfen, ihre Identität sowohl im Leibe Christi wie in der israelischen Gesell-schaft zu finden und zu definieren. Versöhnung und Eschatologie können Ermutigung zur Evangelisation sein. Christen benötigen jedoch Weisheit und Taktgefühl in ihren evange-listischen Bemühungen. Im Speziellen wird auf die Situation der Juden in Russland, der ehemaligen Sowjetunion, Deutschland und Nordamerika eingegangen. Verschiedene Fallstudien zeigen, wie einzelne jüdische
Gesellschaftsgruppen mit dem Evangelium erreicht werden können. Speziell wird
darauf hingewiesen, dass theologische Ausbildungsstätten in den USA die
Möglichkeit anbieten, bestimmte Studienfächer in Israel zu belegen. Leider
hätten dabei nur wenige in ihrer Ausbildung die Betonung auf die
Evangelisation der Juden gelegt. Hier könnten die Mitglieder des Lausanner Kommittees für Evangelisation
unter Juden (LCJE) durch Vorlesungen und Diskussionsgruppen die
theologischen Ausbil-dungsstätten unterstützen, bis hin zu spezi-fischen
Leiterschaftskursen für die heutige Situation in
der Evangelisation der Juden. Das sechste und letzte Kapitel schließt mit dem
Gebet für ein neues Herz, eine neue Vision und eine erneuerte Berufung der
Kirche. In den fünf Anhängen wird das LCJE vorgestellt, verschiedene Erklärungen der LCWE zusammengefasst und statistische Zahlen der jüdischen weltweiten Bevölkerung aufgelistet. Im Besonderen wird noch einmal auf die Mischehen eingegangen. Die Bibliographie enthält ausschließlich englische Titel. Sowohl der englischen wie der deutschen Ausgabe kann der interessierte Leser gut folgen. Die Schrift gibt einen ausgewogenen Überblick, weckt das Interesse zum Weiterstudium und gibt Anregung zu kultur- und religionsübergreifender Kontextualisierung. Dr. Philipp
P. Schmuki,em 2007-1. |
Zehnder, Markus. Umgang mit Fremden in Israel: Ein Beitrag
zur Anthropologie des „Fremden“ im Licht antiker Texte. BWANT N.F. 8,
Stuttgart: Kohlhammer, 2005. Bei der anzuzeigenden Arbeit handelt es sich um die Habilitationsschrift von Dr. Markus Zehnder, Privatdozent an der Universität Basel. Die Monografie untersucht in einer knappen Einleitung die ethnische Fremdheit in soziologischer Sicht (S.21-47), behandelt im ersten Hauptteil den Umgang mit Fremden in Assyrien (S.48-278), im zweiten den Umgang mit Fremden im biblischen Israel (S.279-541). Abschließend wird ein zusammenfassender Vergleich gezogen, der die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Assyrien und Israel in Form von 49 Thesen herausarbeitet (S.542-554). Ein Abkürzungsverzeichnis, Namens- und Stellenregister sowie eine 40-seitige Bibliografie helfen das umfangreiche Werk zu erschließen. Beim methodischen Vorgehen fällt auf, dass Zehnder nicht auf literarkritischen Hypothesen aufbaut, sondern grundsätzlich von einer „kanonischen“ Perspektive ausgeht und von einer historischen Einordnung der Gesetzessammlungen absieht. Ob B.S. Childs, auf den Zehnder sich dabei beruft (S.12, vgl. 12-14, 288, 311), mit diesem Vorgehen einverstanden wäre, scheint fraglich, da sich bei Childs viel Redaktionsgeschichtliches findet und infolge dessen viele biblische Schriften von ihm und anderen Vertretern des kanonischen Ansatzes spät datiert werden. Die soziologische Untersuchung des Fremden bietet eine allgemein verständliche, meist thesenartige Einführung in die Problematik der ethnischen Fremdheit und definiert sinnvollerweise die wirkungsgeschichtlich belasteten Begriffe wie „Ethnie“, „Rasse“, „Rassismus“, „Nation“, „Nationalismus“, „Multikulturalität“ usw. Hier finden sich auch mancherlei Anregungen für die Missionswissenschaft und für die aktuelle politische Debatte über Immigranten und deren Integration. Die Habilitationsschrift bietet die diskutierten assyrischen Quellen in (nicht eigener) Übersetzung. Daneben werden bildliche Darstellungen einbezogen, im Buch aber nicht abgebildet. Für Kapitel 3, das sich mit dem biblischen Israel beschäftigt, werden Hebräisch-Kenntnisse vorausgesetzt. Die Patriarchenzeit wird ausgeklammert. Aus der Fülle der Textbeobachtungen und Ergebnisse kann hier nur einiges wiedergegeben werden: Im alten Israel begegne keine ethnisch oder rassisch begründete Fremdenfeindlichkeit; das Vernichtungsgebot (Ex 23; 34; Num 33; Dtn 7) gelte nicht grundsätzlich, sondern nur bestimmten Völkern und nur in einer historisch einmaligen Situation (S.401). Aufgrund der Expansionspolitik der Assyrer, die in Israel ohne Parallele ist, gehe es in Assyrien vorwiegend um unterworfene Fremde und kaum um Immigranten. Fremde würden im „Kerngebiet“ der beiden Staaten weitgehend assimiliert, was Assyrien in den eroberten Gebieten jedoch nicht gelang. Im Gegensatz zu Assyrien genießen Fremde in Israel einen besonderen Rechtsstatus; allerdings werde in Israel eine religiöse Integration erwartet. Auch finde sich nur bei den Propheten Israels eine eschatologische Perspektive für den Fremden. Vor uns liegt ein anspruchsvolles und stattliches Werk auf
hohem wissenschaftlichen Niveau, das sich durch große Sorgfalt, präzise
Argumentation und vorbildlichen Umgang mit den Primärquellen auszeichnet.
Nicht für jeden Leser von Evangelikale
Missiologie wird es die geeignete Lektüre darstellen. Aber mit gutem
Grund hat die Arbeit den Dr. |
Ziefle, Helmut. Gegen Hitler und das Reich.
Erinnerungen an eine glaubensstarke Mutter. Mit einem Geleitwort von Dr. Rolf Hille. Ernst
Franz Verlag: Metzingen, 2000. Mutter Ziefle ist die Heldin dieses Buches. Mit vielen sehr persönlichen Äußerungen und Gebeten weist sie auf ihren Herrn und Heiland Jesus Christus hin, mit dessen Kraft und Beistand sie dem Führer das „Heil Hitler“ versagte. Die Familie erlebte alle denkbaren Facetten dieser unheilvollen Zeit, vom Sanitätsdienst im Inferno des brennenden Heilbronn über den Militärdienst der beiden Ältesten bei der Luftwaffe und in der Waffen-SS bis hin zur siebenjährigen Kriegsgefangenschaft eines Sohnes. Ziefles erlebten die brutale, menschenverachtende Ideologie, die auch gegen die eigene Verwandtschaft gerichtet war, den Fanatismus im Opportunismus primitivster Prägung, den Kampf ums tägliche Brot und um das nackte Leben ebenso wie die wunderbaren Zeiten der Bewahrung Gottes. Helmut Ziefle gewährt uns als Jüngster der vier Kinder einen Blick in seine Familiengeschichte, die erschütternd und mutmachend zugleich zum Zeugnis für manchen Spötter und zur Stärkung für Gläubige gewordenist. Es ist ein Buch, das sich inhaltlich zunächst an überzeugte Christen wendet und darum vom Vokabular her dem Glauben Fernstehende nicht ohne weiteres erreicht. Trotzdem eignet es sich als Gesprächsgrundlage für Hauskreise, wo es eine Brücke darstellen kann zur gegenwärtigen „braunen Gefahr“ in unserem Land. Es beleuchtet anschaulich die Hintergründe eines Regimes, das leider bis heute seine Anhänger hat. Konrad Brandt, em 2000-4. |
Zimmerling, Peter. Die charismatischen Bewegungen: Theologie
– Spiritualität – Anstöße zum Gespräch. Vandenhoeck & Ruprecht:
Göttingen, 2001. Eine Habilitationsschrift eines deutschen lutherischen Landeskirchlers, der in der evangelikalen Welt im weiteren Sinne beheimatet ist, und das zu einem der theologisch brisantesten Themenbereich der Gegenwart – das verspricht interessant zu werden. Zimmerling, längere Zeit als Pfarrer in Bensheim bei der Offensive Junger Christen tätig, kommt zwar immer wieder einmal auf die historische Entwicklung zu sprechen, will aber vor allem erheben, was den charismatischen Bewegungen – er spricht bewußt in der Mehrzahl – theologisch wichtig ist. Mit souveräner Quellenbeherrschung und gut lesbar stellt er jeweils das Anliegen der klassischen Pfingstbewegung, der charismatischen Bewegung innerhalb der bestehenden Kirchen (katholisch, evangelisch, freikirchlich) und der sog. Dritten Welle dar. Dabei bewegt ihn jedoch kein rein kirchengeschichtliches oder beschreibendes Interesse, sondern die kritische Würdigung. Unabhängig von den klassischen Streitfeldern der Thematik versucht er jeweils zu würdigen, welches Defizit der Kirchen die Charismatiker aufgezeigt oder gefüllt haben und wo ihre Stärken und ihre Schwächen liegen. Das tut er nicht pauschal, sondern für jedes Thema einzeln, so etwa zu Geistestaufe, Zungenrede, Prophetie, Heilung, Gottesdienst-gestaltung, Liedgut, Geistliche Kampfführung, innere Heilung, Gebetsbewegungen, Wohl-standsevangelium. Seine jeweiligen Empfeh-lungen an die Kirchen und an die Charismatiker sind sehr ausgewogen und sollten für das Gespräch – auch weltweit – beherzigt werden. Dabei wird besonders auch versucht, die jeweilige Kritik oder gar Warnung gründlich biblisch-exegetisch und besonders syste-matisch-theologisch zu begründen. Auch wenn der Autor vor allem die deutsche Situation im Blick hat und internationale Vertreter vor allem aufgrund ihres Einflusses dort in den Blick nimmt, gibt es derzeit meines Wissens keine vergleichbare Studie, die dem Missionar oder christlichen Weltbürger einen sachlichen Einblick in das theologische Anliegen der verschiedenen charismatischen Strömungen gibt und hilfreiche Anstöße für ein fruchtbares Gespräch vermittelt. Ohne Namen, em 2002-2. |
Zimmerling, Peter. Pioniere der Mission im älteren Pietismus. Gießen:
Brunnen-Verlag, 1985 (Theologie und Dienst
47). Auch angelsächsische Missionswissenschaftler (z.B. Kane,
A Global View of Christian Missions,
S.76.77), sprechen davon, daß die Die Darstellung erschließt, wie die Dänisch-Hallesche Tranquebar-Mision „einen missionsmethodischen Maßstab setzte, der nicht mehr überboten wurde“ (S.19). So ist die Dänisch-Hallesche Mission sowohl was die sie tragenden Kreise als auch die Arbeit vor Ort betrifft, international (S.18.21.26 ff.) und in gewissem Sinne auch überkonfessionell (S.20.26 ff). Ziel Ziegenbalgs war von Anfang an der Aufbau einer selbständigen einheimischen Kirche (S.21) mit einheimischen Mitarbeitern (S.21). Diesem Ziel diente die Arbeit an der Bibelübersetzung (S.19), zu der die Erforschung der einheimischen Sprache notwendig war, und der Aufbau von Bildungseinrichtungen bis hin zum Seminar (S.21). Auch die Erforschung des religiösen und kulturellen Umfeldes nahm in der Arbeit Ziegenbalgs einen wichtigen Platz ein (S.20). In der Heimat wurde der Blick für die Verantwortung von Kirche und Gemeinde für die Mission geöffnet (Missionskollekten, Patenschaften, erste evangelische Missionszeitschrift). Hatte so die Dänisch-Hallesche Mission fast alle Defizite (S.8.9) der evangelischen Kirchen auf dem Gebiet der Weltmission beheben können, stand doch ein entscheidender Schritt noch aus, den Zimmerling bei der Darstellung der Herrnhuter Mission anhand der Missionstheologie Zinzendorfs belegt: Die Verantwortung der ganzen Gemeinde für die Weltmission wieder aufzudecken (S.33). Dabei war das Missionsziel Herrnhuts „im Grunde kein anderes als das Halles: Es ging darum, Heiden zu Jüngern Jesu zu machen“ (S. 34). Für die Herrnhuter Mission traten dabei die Menschen in den Mittelpunkt, „an die sich sonst niemand machen würde“ (S.36), in heutiger Terminologie: die „Unerreichten“ (S.40). Wichtigste Missionsmittel sind die christozentri-sche Missionspredigt (S.39) und „Wandel und Gebet der Missionare“ (S.41). So stellt die Herrnhuter Mission nicht nur wegen ihrer raschen weltweiten Ausdehnung (S. 42-44) Fragen an das Missionsengagement der heutigen evangelischen Christenheit in Deutschland. Leider kann Zimmerling wegen des beschränkten Umfangs viele Fragen nur kurz ansprechen. Überhaupt hätte man sich manche Darstellung und manches Zitat ausführlicher gewünscht. Die Kürze tut aber der Wirkung des Bandes als Anfrage und Motivation im Blick auf den gegenwärtigen missionstheologischen Aufbruch keinen Abbruch. Klaus Wetzel, em 1988-2. |
Zimmermann, Johannes (Hg.). Darf Bildung missionarisch sein? Beiträge zum
Verhältnis von Bildung und Mission (BEG-Beiträge zu Evangelisation und Gemeindeentwicklung, Bd. 16) Neukirchen-Vluyn:
Neukirchener, 2010. Die wissenschaftliche Buchreihe BEG wird vom Greifswalder Institut zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung verantwortet. Herausgeber des Sammelbandes ist der Pfarrer und praktische Theologe Johannes Zimmermann, der einführend den Kontext der Beiträge bespricht. Die Anliegen des EKD-Impulspapiers „Kirche der Freiheit“ sollen weitergeführt werden, indem man das Verhältnis von kirchlicher Erwachsenenbildung und missionarischen Angeboten beleuchtet. Der erste Teil des Bandes bietet Situationsanalysen und praktische Ansätze. Heraus kommen ein kommunikationsorientiertes Bildungsmodell mit starkem Taufbezug (Christian Grethlein) und die Einordnung der evangelischen Erwachsenenbildung als missionarische Vorübung. Erwachsenenbildung könne nicht selbst missionarisch sein und sei auf die Kirche angewiesen (Rudolf Weth/ Reinhard Hempelmann). Michael Nüchtern thematisiert kontroverse Anfragen an den Missionsbegriff: evangelische Erwachsenenbildung könne aber unter bestimmten Bedingungen eine Form des Missionarischen sein. Er kritisiert Engführungen bei Glaubenskursen und Bildungsangeboten gleichermaßen und zeigt Veränderungsmöglichkeiten auf. Der zweite Teil beschäftigt sich mit den in vielen Kirchengemeinden beliebten Glaubenskursen und dem darin erkennbaren Verhältnis von Mission und Bildung. Burghard Krause gibt Eckdaten eines reformatorisch geprägten Bildungsbegriffs und postuliert den Weg zum Glauben als Bildungsaufgabe. Auch untersucht er Glaubenskurskonzepte anhand etablierter Bildungsstandards. Danach geht es um Unterschiede von Bildungs- und Glaubensprozessen (Beate Hofmann) sowie um die Differenzierung einer „Hermeneutik der Vermittlung bzw. der Verständigung“. Die These ist, dass die Inszenierung des Glaubens von einem liturgischen Rahmen abhängt. Innerhalb von Bildungsangeboten sollte höchstens zur Auseinandersetzung mit dem Glauben eingeladen werden. Michael Herbst fragt, ob Bildung missionieren oder Mission bilden kann. Christliche Bildung erkennt er als Vorstufe der Konversion. Der Autor reflektiert den neuzeitlichen Bildungsbegriff und kritisiert die Überschätzung menschlicher Möglichkeiten angesichts der Sünde. Antje Rösener erklärt hingegen das Anliegen diverser Bildungsstandards und betont, dass verschiedene Milieus verschiedenartig angesprochen werden sollten. In einem zweiten Beitrag geht Herbst auf Kritik an Glaubenskursen ein und verteidigt ihre Ergebnisunsicherheit. Johannes Zimmermann erkennt in seinem Beitrag Konvergenzen von Bildung und Mission, sieht beides von der missio Dei her und verweist auf die performative Religionspädagogik. Zudem geht er auf die Intentionalität und Offenheit von Bildungsprozessen ein. Der letzte Teil des Bandes erfasst ergänzende Perspektiven. Hartmut Rupp untersucht diverse Gemeindeentwicklungskonzepte und erarbeitet so Perspektiven für eine missionarische (nicht missionierende) Bildungsarbeit. Danach fragt Jens Martin Sautter nach der „Inszenierung einer Antwort des Glaubens“ als allgemeinem Kritikpunkt an Glaubenskursen. Geistliche Geschehen sichtbar zum Ausdruck zu bringen erkennt er als liturgische Herausforderung, was er mit der Ergebnisoffenheit von Bildungsprozessen verbindet. Der letzte Beitrag (Anna-Konstanze Schröder) wählt einen religionspsychologischen Ansatz und verknüpft Gedächtnis- mit Konversionsforschung. Auf Konversionserfahrungen hätten nicht die kirchlichen Bildungsangebote den größten Einfluss, sondern die religiösen Vorerfahrungen des Einzelnen. Die Beiträge des Sammelbandes unterscheiden sich in ihren Anliegen, der Lesbarkeit und Qualität. Der Band klärt insgesamt über die Debatte innerhalb der EKD auf und zeigt Positionen von Bildungs- und Missionsvertretern. Positiv zu sehen ist der Versuch, Mission und Bildung ins Verhältnis zu setzen, was nicht immer ganz gelingt. Teilweise werden Thesen geliefert, deren Axiome nur unzureichend erörtert werden. Beispielsweise findet sich eine differenziertere Reflexion des Bildungsbegriffs nur bei dem Theologen Herbst, nicht bei den Pädagogen. Wer die Beiträge aus einer freikirchlichen Perspektive liest, wird sich möglicherweise über die dargelegten Tauf- und Missionsverständnisse wundern. Der Band ist größtenteils für die Arbeit in landeskirchlichen Strukturen geschrieben, manche Ansätze überzeugen jedoch auch für die gemeindliche Praxis außerhalb der EKD. Die Inhalte weisen auf Grundsätzliches hin und fordern zu einer notwendigen pädagogischen Reflexion heraus, die bei manchen Missionsstrategien zu kurz kommt. Der Band ist insofern lesenswert, als dass Fragen über das Wesen von Mission und Bildung in den gesellschaftlichen Kontext der Postmoderne gestellt werden. Dies lädt zum Weiterdenken ein und macht den Bedarf an weitergehender Forschung deutlich. Verantwortliche im missionarischen und pädagogischen Bereich werden hier also zahlreiche Denkanstöße finden. Daniel Vullriede, em 2011-4. |
Zirker, Hans. Der Koran. Zugänge und Lesarten. Primus Verlag: Darmstadt, 1999. Hans Zirker ist Professor für katholische Fundamentaltheologie an der Gesamthochschule Essen und legt hier ein weiteres Buch zum Thema „Islam“ vor. Er versteht es, in fünf Kapiteln sowohl Nichtfachleute in das nicht leicht durchschaubare Ausgangswissen zum Thema „Koran“ einzuführen, als auch Insidern einiges Lesenswerte und interessante Betrachtungsweisen des Themas zu vermitteln. Hervorzuheben ist zum einen Zirkers Bemühen, den Koran selbst in vielen Selbstzeugnissen zu Wort kommen zu lassen, als auch sein Ansatz, die orthodoxe muslimische Position der nichtmuslimischen Betrachtungsweise gegenüberzustellen, anstatt sofort Darstellung und (Be)Wertung zu vermischen. Auf diese Weise wird der unterschiedliche Blickwinkel von Muslimen und Christen in Bezug auf die Beurteilung des Korans gut deutlich: Wenn es z. B. um die Beurteilung der christlichen Überlieferung geht, so ist für Muslime der Islam die einzig wahre Offenbarung, die von Adam an bestand und abschließend verkündet wurde und daher das, was der Koran über das Christentum sagt, ultimativ und nicht zu hinterfragen. Christen können dagegen mit dieser verkürzenden und engführenden Darstellung ihres Glaubens natürlich nicht zufrieden sein. Zirker untersucht vor allem das muslimische, kontrastierend dazu aber auch das christliche Selbstverständnis ihrer jeweiligen Offenbarungsschrift, ihrer beider Struktur, Aufbau und Inhalt. Der Autor zeigt auf diese Weise Grundlinien zum Verständnis des Korans auf, für die besonders der dankbar sein wird, der bereits ohne umfangreiche Kenntnis der frühislamischen Geschichte, Personen und theologischen Fachtermini versucht hat, den Koran einmal am Stück zu lesen und zu verstehen. Viele übergreifende Aussagen vermitteln Einsichten in die koranische Theologie: „Am häufigsten bitten die Gebete des Koran um Vergebung angesichts der eigenen Verfehlung“ (86), „Der Koran kennt nicht wie die neutestamentliche Bergpredigt das Gebot der Feindesliebe“ (146), oder „Für den Koran ist es nicht denkbar, daß sich die gläubigen Menschen klagend oder gar anklagend gegen Gott wenden, wie es in biblischen Zeugnissen der Fall ist“ (165). Und schließlich verhehlt Zirker auch nicht, daß für ihn am Ende eine Reihe Fragen an den Koran offen bleiben: Nirgends erhält der muslimische Theologe (geschweige denn, der ‘einfache’ muslimische Gläubige) klare Anweisung, welche Koranverse durch die Abrogation (Auffassung, daß bestimmte Koranverse durch andere ungültig wurden) „aufgehoben“, also heute nicht mehr gültig sind und welche Verse andere Verse „aufheben“. Auch die Tatsache, daß viele Anweisungen des Korans ohne umfangreiches extra-koranisches Hintergrundwissen nicht zu verstehen sind, ist eine Anfrage an den alleinigen und historisch umfassenden Wahrheits- und Allgemeingültigkeitsanspruches des Korans. Ein aufschlußreiches Buch zum Koran also, das dem Leser hilft, Strukturen und Schneisen im koranisch-muslimischen theologischen Denken zu finden. Dr. Christine Schirrmacher, em 2000-4. |